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Strukturveränderndes Marketing

Dargestellt am Beispiel der Vermarktung von Erdgasfahrzeugen durch Gasversorgungsunternehmen

©2004 Diplomarbeit 163 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Strukturveränderndes Marketing, das bedeutet (pro)aktives, antizipatives und gestaltendes Handeln entsprechend den aktuellen Herausforderungen des jeweiligen Marktes. Insbesondere bei innovativen oder modifizierten Produkten ist eine zielorientierte Beeinflussung der Bedürfnisse, Erwartungen, Forderungen sowie der vorherrschenden Denk- und Verhaltensmuster der verschiedenen Austauschpartner ein „Muss“, um erfolgreich am Markt zu agieren.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Thema der Etablierung von Erdgasfahrzeugen im deutschen Automobilmarkt auseinander. Das Themenfeld wird aus der Perspektive von Gasversorgungsunternehmen (GVU) durchleuchtet, welche als treibende und integrierende Kraft im entstehenden Marktsegment verstanden werden.
Das gesellschaftsorientierte Marketing-Management-Verständnis, welches die Relevanz gesellschaftlicher Anspruchsgruppen in Theorie und Praxis moderner Marketingkonzepte verdeutlicht, dient als Grundlage der Untersuchung.
Die Aufgaben, vor denen das Marketing steht, liegen in der Entwicklung von Strategien für GVU, die Lösungswege für bestehende Probleme aufzeigen. Dabei ist die Leitidee einer erheblich erweiterten Umweltorientierung von zentraler Bedeutung. Nach dieser Leitidee müssen neben den üblichen techno-ökonomischen Gesichtspunkten immer auch politisch-rechtliche, sozio-kulturelle sowie ökologische Aspekte und speziell gesellschaftliche Änderungsprozesse sowie (langfristige) Konsumentenbedürfnisse explizit strategisches Denken und Handeln prägen.
Deshalb sind die Einflüsse verschiedener Institutionen der weiteren Unternehmensumwelt und deren Integration in eine Marketingkonzeption zu untersuchen: Wie können neben Marktakteuren staatliche Institutionen, Massenmedien, Interessenverbände und der Kunde als Bürger in ein Marketingkonzept einbezogen werden, um Unternehmensziele zu verwirklichen?
Diese Organisationen oder Personen sollten aktiv genutzt werden, um Marketingstrategien umzusetzen. Das Aufspüren von Einflussfaktoren, die die Markt- und Umweltbedingungen für den Absatz von Erdgasfahrzeugen beeinträchtigen, mit der Absicht, diese in günstigere umzuwandeln, kann somit als Herausforderung an das Marketing von GVU verstanden werden. Deshalb ist eine weite Markt- sowie Bedürfnisperspektive erforderlich, in der der Kunde im Mittelpunkt als „Brennglas“ verstanden wird, der die vielfältigen Einflussfaktoren durch sein von Bedürfnissen und Einstellungen geprägtes Verhalten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Methodik und Gang der Untersuchung

2 Grundlagen zu Erdgasfahrzeugen und dem Marketingverständnis
2.1 Erdgasbetriebene Fahrzeuge
2.1.1 Erdgas als Kraftstoff
2.1.2 Charakteristika und Typen von Erdgasfahrzeugen
2.1.3 Tankstelleninfrastruktur für Erdgasfahrzeuge
2.2 Konzeption und Ausrichtung des Marketing
2.2.1 Umweltbezüge des Marketing
2.2.2 Strukturveränderndes Marketing-Konzept
2.2.3 Stakeholder-Ansatz
2.3 Management externer Austauschbeziehungen

3 Analyse der Marketingsituation
3.1 Institutionen des regulativen Umfeldes
3.1.1 Politische Institutionen
3.1.1.1 Verhältnis: Politische Institutionen und Unternehmen
3.1.1.2 Relevante gesetzliche Rahmenbedingungen
3.1.2 Massenmedien und Public Relations
3.1.2.1 Klassische und neue Massenmedien
3.1.2.2 Reichweite und Wirkung von Massenmedien
3.1.2.3 Public Relations - Der Nutzen der Massenmedien
3.1.3 Interessenverbände
3.1.3.1 Definition und Typologisierung von Interessenverbänden
3.1.3.2 Interessenvermittlung unter Berücksichtigung der Massenmedien
3.1.3.3 Ausgewählte Interessenverbände und deren Bedeutung für das Marketing
3.2 Märkte und Situation der GVU im Geschäftsfeld erdgasbasierter Mobilität
3.2.1 Relevante Märkte und Strukturen
3.2.1.1 Mobilitätssektor und zugehörige Branchen
3.2.1.2 Strukturen und Tendenzen im Gasmarkt
3.2.1.3 Struktur des Tankstellenmarktes und mögliche Distributionskanäle für CNG
3.2.1.4 Struktur des Automobilmarktes, Vertriebskanäle für Erdgasfahrzeuge und das Angebot an NGV
3.2.2 Marktsituation aus der Perspektive der GVU
3.2.2.1 Geschäftsfeld: Erdgasbasierte Mobilität
3.2.2.2 Chancen und Risiken für GVU im erdgasbasierten Mobilitätssektor
3.3 Bedürfnisse und Wünsche der Kunden
3.3.1 Tendenzen im Kosumentenverhalten
3.3.1.1 Konsumentensouveränität und Bedürfnisbeeinflussung
3.3.1.2 Erlebnisorientiertes Konsumentenverhalten
3.3.2 Der Kunde als „Brennglas“
3.3.2.1 Determinanten des Konsumentenverhaltens - Das S-O-R-Modell
3.3.2.2 Einflussfaktoren des Konsumentenverhaltens bei innovativen Produkten
3.3.2.3 Kundenstrategien und Kosten- Nutzenkomponenten bei der Automobilkaufentscheidung
3.3.2.4 Imageaspekte und Informationsverhalten zu Erdgasfahrzeugen
3.4 Grundlegende Strategien der Absatzförderung

4 Handlungsempfehlungen für die Marktpolitik der GVU
4.1 Ausgestaltung der Distributionspolitik
4.2 Ausgestaltung der Preis- und Kontrahierungspolitik
4.3 Ausgestaltung der Produktpolitik
4.4 Kommunikationspolitik
4.4.1 Kommunikationsziele
4.4.2 Integration des regulativen Umfeldes
4.4.3 Integration der Marktpartner
4.4.4 Schwerpunkte der Kommunikationspolitik nach Ziel- und Aufgabenbereichen

5 Resumée und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit - Bezugsrahmen

Abbildung 2: Umwelten eines Unternehmens

Abbildung 3: Grundlegende Ziel- bzw. Aufgabenfelder sowie "Vollzugsorgane" eines am GOM-Konzept ausgerichteten Management von Umweltbeziehungen

Abbildung 4: Klassifizierung klassischer und neuer Massenmedien

Abbildung 5: Das Einstellungskonzept in der Massenkommunikationsforschung

Abbildung 6: Verbandliche Interessenvermittlung unter Berücksichtigung der Massenmedien

Abbildung 7: Relevante Märkte innerhalb des Sektors konventioneller und erdgasbasierter Mobilität

Abbildung 8: Vertriebssysteme in der Automobilbranche.

Abbildung 9: Geschäftfelder für GVU

Abbildung 10: Ein erweitertes Profilierungskonzept

Abbildung 11: S-O-R-Modell des Käuferverhaltens

Abbildung 12: Entscheidungskriterien beim Automobilkauf - Umweltverträglichkeit als integrierter Bestandteil

Abbildung 13: Vereinfachter Kosten-Nutzen-Vergleich am Beispiel der Modelle Opel Zafira 1,6 CNG und 1,6 Ecotec Benzin

Abbildung 14: Push- und Pullstrategie zur Absatzförderung

Abbildung 15: Kontextbezogene Strategie: Einbeziehung der Massenmedien

Abbildung 16: Kontextbezogene Strategie: Bürger als Wähler

Abbildung 17: Push-Strategie: Kommunikation über Marktpartner

Abbildung 18: Kompetenzfelder einer Marke

Abbildung 19: Know How und Unterstützungspotential gegenüber Ergasfahrzeugen und der Tankstelleninfrastruktur

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleich der Mineralösteuersätze

Tabelle 2: Kilopreis von Erdgas als Äquivalentbetrag in Litern

Tabelle 3: Neuzulassungen von Personenkraftwagen nach Segmentgruppen Januar bis Dezember 2003 und das Angebot an serienmäßigen CNG-PKW

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Problemstellung

Die Etablierung von Erdgasfahrzeugen im deutschen Automobilmarkt schreitet nur zögerlich voran. Derzeit ist Deutschland noch ein Erdgasfahrzeug-Entwicklungsland. Gerade einmal 19.600 Erdgas-Autos rollen bundesweit, ein vergleichsweise beschei-dener Anteil angesichts von mehr als 47 Millionen zugelassenen Fahrzeugen (PKW, LKW, Omnibusse) auf deutschen Straßen (Stand: Januar 2004)[1].

Der Preis für Erdgas als Kraftstoff liegt in Deutschland 30% unter dem aktuellen Diesel- und rund 50% unter dem derzeitigen Benzinpreis (BMU 2003, S.23). Zudem belastet Erdgas die Umwelt im erheblich geringeren Ausmaß als konventionelle Kraftstoffe. 25% weniger Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) gegenüber Benzin und eine fast vollständige Vermeidung von Schwefeldioxid (SO2), Ruß und anderen Partikelemissionen im Vergleich zu Diesel (ebenda, S.13). Doch trotz dieser offensichtlichen ökonomischen und ökologischen Vorteile entscheiden sich Neuwagenkäufer nur selten für das alternative Antriebskonzept Erdgas.

Die Gasversorgungsunternehmen (GVU)[2] besitzen ein besonderes Interesse an der Etablierung von Erdgasfahrzeugen. Der Absatz von Erdgas, der das Kerngeschäft der GVU darstellt, steigt mit jedem weiteren Erdgasfahrzeug und ist somit mittelbar mit dem Absatz von Erdgasfahrzeugen verbunden. Vor diesem Hintergrund erscheint es angebracht, dass die GVU nach Mitteln und Wegen suchen, um die Etablierung von Erdgasfahrzeugen im Automobilmarkt voranzutreiben.

Die Entwicklung des Marktsegments Erdgasfahrzeuge innerhalb des Automobilmarktes in Deutschland erfordert neben dem Angebot eines modifizierten Produktes, den Aufbau einer kompletten Infrastruktur, die eine ausreichende Kraftstoffversorgung und Serviceleistungen rund um das Erdgasfahrzeug sicherstellt. Beide Herausforderungen sind unbedingte Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marktentwicklung und bedingen sich gegenseitig. Denn ohne den Ausbau eines hinreichenden Tankstellen- und Service-Netzes durch Mineralölunternehmen und GVU zögern die Fahrzeughersteller, ihr Angebot auszuweiten, et vice versa. Dieses Dilemma wird als Henne-Ei-Problem bezeichnet und es wird gefordert, beiden Problemen entgegenzuwirken: gleichzeitig die Infrastruktur und das Angebot an NGV auszubauen, damit die Alternative Erdgas-Auto für den Kunden attraktiv wird. Diese angebotsseitigen Defizite sind mit hohen Investitionen verbunden und werden nur angegangen, wenn auf der Nachfrageseite ein ausreichendes Potential vorhanden ist. Deshalb ist es notwendig, die Nachfrage für NGV zu erhöhen, also Kunden für das Erdgas-Auto zu gewinnen (vgl. Brandtner 2003, S.26).

Die Aufgaben vor denen das Marketing steht, liegen in der Entwicklung von Strategien für GVU, die Lösungswege für diese Probleme aufzeigen. Dabei ist die Leitidee einer erheblich erweiterten Umweltorientierung von zentraler Bedeutung. Nach dieser Leitidee müssen neben den üblichen techno-ökonomischen Gesichtspunkten immer auch politisch-rechtliche, sozio-kulturelle sowie ökologische Aspekte und speziell gesellschaftliche Änderungsprozesse sowie (langfristige) Konsumentenbedürfnisse explizit strategisches Denken und Handeln prägen (Raffée/ Wiedmann 1989, S.580).

Auf Märkten agierende Unternehmen stehen heute nicht allein vor der Analyse strategischer Herausforderungen, die Beschaffungs- und Absatzmärkte sowie das eigene Unternehmen reflektieren. Erfolgsrelevante Faktoren liegen in Herausforderungen, die sich aus der Prägung menschlichen Verhaltens durch gesellschaftliche Determinanten ergeben (vgl. ebenda, S.583). Deshalb sind die Einflüsse verschiedener Institutionen der weiteren Unternehmensumwelt und deren Integration in eine Marketing-konzeption zu untersuchen: Wie können neben Marktakteuren staatliche Institu-tionen, Massenmedien, Interessenverbände und der Kunde als Bürger in ein Marketingkonzept einbezogen werden, um Unternehmensziele zu verwirklichen?

Dabei geht es zum einen um die Erfüllung von Anforderungen, die diese Institutionen an ein Unternehmen stellen (Erfüllung rechtlicher Vorschriften, Berücksichtigung von Verbraucheransprüchen, Beantwortung von Presseanfragen, Zusammenarbeit mit Marktpartnern usw.).

Darüber hinaus sollten diese Organisationen oder Personen aktiv genutzt werden, um Marketingstrategien umzusetzen. Das Aufspüren von Einflussfaktoren, die die Markt- und Umweltbedingungen für den Absatz von Erdgasfahrzeugen beeinträchtigen, mit der Absicht, diese in günstigere umzuwandeln, kann somit als Herausforderung an das Marketing von GVU verstanden werden. Deshalb ist eine weite Markt- sowie Bedürfnisperspektive erforderlich, in der der Kunde im Mittelpunkt als „Brennglas“ verstanden wird, der die vielfältigen Einflussfaktoren durch sein von Bedürfnissen und Einstellungen geprägtes Verhalten widerspiegelt.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Der Leitgedanke der vorliegenden Arbeit zeichnet sich dadurch aus, die Absatzschwäche von Erdgasfahrzeugen aus Sicht der Gasversorgungsunternehmen nicht als gegebenes Schicksal hinzunehmen, sondern mit aktiver Marktbearbeitung unter Einsatz adäquater Mittel auf diese zu reagieren.

Gründe für den schwachen Absatz sind dabei nicht nur in der unzureichenden Infrastruktur oder dem noch dürftigen Fahrzeugangebot zu suchen. Die Ursachen für die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Abnehmer und dem wahrgenommenen Angebot sind neben der Leistungspolitik in der Kommunikations-, Kontrahierungs- und Distributionspolitik zu ergründen. Dabei wird in der vorliegenden Arbeit der Schwer-punkt auf die Kommunikationspolitik als marktpolitisches Instrument gelegt.

Trivial ausgedrückt liegt die Aufgabe der Arbeit in der Beantwortung der Frage: „ Wie lassen sich die derzeit ungünstigen Spielregeln des Marktes und der Umfeld-bedingungen durch die GVU so beeinflussen, dass Neuwagenkäufer Erdgasfahr-zeuge als lohnende Alternative zu konventionell betriebenen Automobilen wahrnehmen?

Diese Intention soll nachfolgend unter der Prämisse eines strukturverändernden Marketing betrachtet werden. Dabei sollen die an Markt- und Umweltprozessen beteiligten Institutionen unter folgenden Fragestellungen untersucht werden:

- Welche Aufgaben/Funktionen übernehmen die Institutionen hinsichtlich der Markt- und Umweltprozesse, und
- wie können diese Institutionen durch den Einsatz des marktpolitischen Instrumentariums insbesondere durch die Kommunikationspolitik der GVU in ein Marketingkonzept integriert werden?

Das zentrale Ziel besteht somit darin,

für Gasversorgungsunternehmen adäquate Handlungsalternativen auf der Basis von Marktbeeinflussungsstrategien zu entwickeln, welche primär das Marktpotential für Erdgasfahrzeuge erhöhen und gleichzeitig die Positionierung der GVU als Schlüsselfiguren im Bereich Kraftstoffversorgung innerhalb des neuen Marktsegments sicherstellen.

1.3 Methodik und Gang der Untersuchung

Die Methodik orientiert sich primär an einem exploratorisch-explikativen Forschungsdesign. Beziehungen bzw. ursächliche Zusammenhänge innerhalb des angesprochenen Marktsegments und aus dem weiteren Umfeld sollen analysiert werden und die momentan ungünstige Marketingsituation erklären helfen. Aus diesen in deduktiver Vorgehensweise erarbeiteten Erkenntnissen sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die die Absicht beinhalten, gegebene Marktregeln gezielt zu beeinflussen (vgl. dazu Hansen/Bode 1999, S.12).

In dem an die Einführung anschließenden Kapitel 2 werden zunächst praktische und theoretische Grundlagen zur Problemstellung dargestellt. Technische Eigenschaften und Besonderheiten im Zusammenhang mit erdgasbetriebenen Fahrzeugen werden in deskriptiver Weise aufgezeigt. Als theoretische Grundlage zur weiteren Untersuchung wird das gesellschaftsorientierte Marketing-Management-Verständnis dargestellt, welches die Relevanz gesellschaftlicher Anspruchsgruppen in Theorie und Praxis moderner Marketingkonzepte verdeutlicht. Die strukturverändernde Ausrichtung des Marketing wird erläutert und soll im weiteren Verlauf der Arbeit durch zu entwickelnde Beeinflussungsstrategien konkretisiert und schließlich in den Implikationen gedanklich umgesetzt zu werden.

Das dritte Kapitel der Arbeit umfasst die Analyse der Anspruchsgruppen innerhalb des definierten Bezugsrahmens aus der Perspektive der GVU (siehe Abbildung 1).

Die im Bezugsrahmen berücksichtigten Anspruchsgruppen spiegeln ein (wenn auch nicht vollständiges) Bild der Institutionen wider, die ein Unternehmen in die Gestaltung der externen Austauschbeziehungen einbeziehen sollte. Unternehmensinterne An-spruchsgruppen, wie etwa Eigenkapitalgeber oder Mitarbeiter werden berücksichtigt, aber nicht explizit untersucht.

Gemäß der deduktiven Vorgehensweise soll von der allgemeinen Bedeutung der Anspruchsgruppen auf deren spezifische Stellung bezüglich des aufgezeigten Problemfeldes geschlossen werden. Dabei werden zuerst die Institutionen des regulativen Umfeldes und deren Einflussnahme auf die Marketingsituation untersucht (Abschnitt 3.1). Die Auswirkungen politischer Institutionen, der Einfluss von Massenmedien und Interessengemeinschaften sind hier Untersuchungsgegenstände.

Daran anschließend erfolgt die Untersuchung der unmittelbaren Marktteilnehmer (Abschnitte 3.2 und 3.3). Um der zentralen Bedeutung der Kunden im Marketing-verständnis gerecht zu werden, wird zwischen Kunden und sonstigen Marktteilnehmern differenziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit - Bezugsrahmen

In Abschnitt 3.2 soll zunächst die Marktsituation anhand einer Analyse der beteiligten Branchen (Erdgas, Mineralöl (Schwerpunkt Vertrieb durch Tankstellen) und Automobile) aufgezeigt werden. Darauf aufbauend sollen das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure und speziell die Beziehungen der Mineralölkonzerne bzw. Tankstellenpächter und Automobilhersteller und -händler zu den GVU untersucht und das sich neu entwickelnde Marktsegment als Geschäftsfeld für erdgasbasierte Mobilität definiert werden. Daran anschließend werden Chancen und Risiken für die GVU im neuen Geschäftsfeld aufgezeigt.

Die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden sind zentraler Untersuchungsgegenstand in Abschnitt 3.3. Dabei wird auf aktuelle Tendenzen in den Bereichen Konsum- und Wertewandel eingegangen. Allgemeine Determinanten des Konsumentenverhaltens und Faktoren, die das Kundenverhalten bei der Adaption innovativer Produkte beeinflussen, werden untersucht. Zudem werden Kosten- und Nutzenfaktoren, Imageaspekte und das Informationsverhalten der Kunden im Zusammenhang mit Erdgasfahrzeugen analysiert.

Am Ende des dritten Kapitels werden grundlegende Strategien der Absatzförderung erläutert (Abschnitt 3.4), die u.a. als Grundlage für die Kommunikationspolitik in Kapitel 4 herangezogen werden.

Aus den in Kapitel 3 gewonnenen Erkenntnissen werden im 4. Kapitel Gestaltungs-empfehlungen für das Marketing von Erdgasfahrzeugen aus der Perspektive der GVU abgeleitet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Ausgestaltung der Kommunikations-politik, die eine integrierende Funktion in Bezug auf andere Marketinginstrumente erfüllen soll.

In Kapitel 5 werden abschließend die zentralen Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick vorgenommen, der auch den weiteren Forschungsbedarf beinhaltet.

2 Grundlagen zu Erdgasfahrzeugen und dem Marketingverständnis

2.1 Erdgasbetriebene Fahrzeuge

2.1.1 Erdgas als Kraftstoff

Erdgas gehört ebenso wie Erdöl und Kohle zu den fossilen Energieträgern und ist ein organischer Stoff, dessen Hauptbestandteil die brennbare Kohlenwasserstoffverbindung Methan (CH4) ist (vgl. BMU 2003, S.9). In Deutschland ist Erdgas der wichtigste Energieträger im Haushalt, wo er zur Wärmeerzeugung und zum Kochen genutzt wird.[3]

Im Automobilbereich hat Erdgas als alternativer Antriebsstoff in Deutschland seit Mitte der 90er Jahre Bedeutung erlangt. 1995 gingen die ersten Fahrzeuge mit Erdgasantrieb in Serie, wobei BMW und Volvo zu den Vorreitern bei den Serien-fahrzeugen gehörten (vgl. WVGW 2003, S.4).

Erdgas ist aufgrund seines gasförmigen Zustands leitungsgebunden und wird per Rohrleitungsnetz bis zu den Verbrauchsstätten (Haushalte, Betankungsanlagen) verteilt. In das vorhandene Versorgungsnetz wird Gas unterschiedlicher Qualität (H-Gas und L-Gas) eingespeist. H-Gas steht für hohe Qualität, L-Gas hingegen ist von minderer Güte. Erdgas der Gruppe H (auch High-Gas) besitzt einen höheren Anteil an Methan (zwischen 84 und 99 Volumenprozent) als das methanärmere L- oder Low-Gas (zwischen 80 und 87 Volumenprozent). Bei den ergänzenden Anteilen handelt es sich um Stickstoff (N2) und Kohlendioxid (CO2). H-Gas hat einen höheren Energiegehalt (kWh/m3) und als Kraftstoff eingesetzt ergibt sich bei gleicher Menge eine höhere Reichweite im Vergleich zum L-Gas (vgl. BGW 2003a, S.4).

Als Kraftstoff kann Erdgas in zwei verschiedenen Formen verwendet werden (vgl. ebenda):

- Komprimiertes Erdgas CNG (Compressed Natural Gas), das weitestgehend in dem Zustand, in dem es gefördert wird, Verbrennungsmotoren antreiben kann.
- Flüssiges Erdgas LNG (Liquified Natural Gas) wird bei ca. minus 160 °C verflüssigt. Dabei reduziert sich das Volumen auf 1/600. Erforderlich ist hierbei eine aufwändige Thermoisolierung.

Des weiteren ist LPG (LPG= Liquified Petroleum Gas) zu unterscheiden, das auch als Autogas bezeichnet wird (Propan/Butan-Gemische).

Der Kraftstoff Erdgas[4] zeichnet sich durch sehr hohe Sicherheitsstandards aus. Er verfügt mit 540° C über eine vergleichsweise hohe untere Zündgrenze. Dadurch ist die Unfallgefahr bei potentiellen Leckagen geringer als bei konventionellen Fahrzeugen. Zudem sind die Druckgasbehälter mit einer Sicherheitstechnik ausgerüstet, durch die etwa bei einem Unfall oder einem Autobrand Erdgas kontrolliert abgeblasen wird (BMU 2003, S.9; Eclareon 2001, S.31).

Im Vergleich zu den Kraftstoffen Benzin und Diesel emittieren erdgasbetriebene Fahrzeuge wesentlich weniger Schadstoffe. Beispielsweise reduziert sich der Ausstoß von Stickstoffoxiden um bis zu 80% gegenüber Diesel- und um bis zu 60% gegenüber Benzinfahrzeugen. Auch die Schadstoffe Kohlenmonoxid und -dioxid lassen sich durch den Einsatz von NGV erheblich verringern (vgl. BMU 2003, S.13).

Erdgas wird gemeinhin als Brücke zum Wasserstoff betrachtet. Auf einem Weg zu einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft leistet der Aufbau einer Erdgastank-stelleninfrastruktur wichtige Pionierarbeit, da das Netz langfristig für den Wasserstoff-transport genutzt werden kann (vgl. Krümmel 2003, S.32).

2.1.2 Charakteristika und Typen von Erdgasfahrzeugen

Erdgasfahrzeuge können grundsätzlich nach dem Fahrzeugkonzept und nach der Antriebsart unterschieden werden (vgl. WVGW 2003, S.7).

Bei den Fahrzeugkonzepten handelt es sich entweder um erdgasbetriebene Serienfahrzeuge oder um nachträglich umgerüstete bzw. auf den Erdgasantrieb erweiterte Fahrzeuge. Die meisten benzinbetriebenen Fahrzeuge können durch Fachbetriebe umgerüstet und mit einem zusätzlichen Erdgastank versehen werden.

Die Unterscheidung nach der Antriebsart unterteilt Erdgasfahrzeuge in mono- und bivalente Fahrzeuge (vgl. BGW 2003a, S.7). Bivalente Fahrzeuge können sowohl mit Erdgas als auch mit Benzin betrieben werden. Fahrzeuge die nur mit Erdgas als Kraftstoff betrieben werden können, bezeichnet man als monovalent. Sowohl nachträglich umgerüstete als auch erdgasbetriebene Serienfahrzeuge können mono- oder bivalent betrieben werden.

Die nachträgliche Umrüstung bzw. Erweiterung ist mit erheblichen Nachteilen verbunden. Neben den hohen Umrüstungskosten, die bei Pkw je nach Modell zwischen 2.500 und 5.600 Euro variieren (vgl. BGW 2003a, S.17), sind Platzverluste durch die nachträgliche Installation der Gastanks im Innenraum sowie Antriebsverluste der benzinoptimierten Fahrzeuge zu berücksichtigen.

Die angeführten Nachteile des Um- bzw. Nachrüstungskonzeptes treffen auf Erdgasantrieb optimierte Neufahrzeuge nur eingeschränkt zu. Die im Vergleich zu Benzinversionen höheren Anschaffungskosten, die bei Pkw je nach Fahrzeugtyp zwischen 1.500 und 3.500 Euro liegen (vgl. BGW 2003a, S.19), sind niedriger als die Umrüstungskosten.

Erdgasbetriebene Serienfahrzeuge sind darüber hinaus so konzipiert, dass nur geringe Raum- und Leistungsverluste bei bivalentem Antrieb gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen auftreten. Monovalente, also auf reinen Erdgasantrieb ausgelegte Serienfahrzeuge besitzen sogar einen besseren Wirkungsgrad und entsprechend weniger Kraftstoffverbrauch und eine höhere Leistung als vergleichbare Benzinfahrzeuge (vgl. BMU 1998, S.24; Eclareon 2001, S.31). Erdgasautos ab Werk erhalten durch die Unterfluranbringung zudem den Nutzraum uneingeschränkt und bieten so mehr Komfort als umgerüstete Fahrzeuge.

Die auch bei Neufahrzeugen überwiegend bivalente Option hat Auswirkungen auf die Nutzung der verwendbaren Treibstoffe. So bestimmt die niedrigere Oktanzahl (bis 98 ROZ[5] ) von Benzin und Super die Auslegung der Motoren. In bivalenten Autos kann die hohe Klopffestigkeit von Erdgas nicht in eine höhere Verdichtung umgesetzt werden, da das Fahrzeug ansonsten im Benzinbetrieb nicht „laufen“ würde (vgl. BMU 1998, S.23). Monovalente Erdgasfahrzeuge hingegen sind bereits auf Erdgas optimiert, dass aufgrund seiner hohen Klopffestigkeit eine andere Kompression erlaubt (BGW 2003a, S.7).

Bivalente Neufahrzeuge nutzen die hohe Klopffestigkeit von Erdgas jedoch bereits effektiver als herkömmliche Ottomotoren umgerüsteter Fahrzeuge. Weitere Argumente, die gegen eine Umrüstung und für Serienfahrzeuge sprechen, sind ungeklärte Haftungsfragen[6], der mögliche Verlust des Kfz-Steuervorteils (vgl. BGW 2003a, S.20) und auftretende Motorprobleme bei nachgerüsteten Fahrzeugen.

Der bivalente Antrieb wird kurzfristig trotz der Überlegenheit der monovalenten Fahrzeugtechnik dominieren. Die noch unzureichend ausgebaute Tankstellen-Infrastruktur verhindert derzeit noch die nötige Versorgungsdichte reiner Erdgasfahrzeuge. Allerdings sollte mittel- bis langfristig die bivalente Antriebstechnik als Übergangslösung gesehen und die monovalente Nutzungsweise weiter ausgebaut werden. Denn die technischen und damit verbundenen wirtschaftlichen und ökologischen Potentiale kann ein solcher „Doppelantrieb“ nicht voll ausschöpfen.

2.1.3 Tankstelleninfrastruktur für Erdgasfahrzeuge

Gegenwärtig stehen den zirka 19.600 mit Erdgas betriebenen Fahrzeugen rund 400 Erdgastankstellen in Deutschland gegenüber, von denen mehr als die Hälfte öffentliche Markentankstellen sind. Die deutsche Gaswirtschaft hat sich bis 2010 das Ziel gesetzt, 1000 Erdgastankstellen an den gewohnten Markentankstellen einzurichten (vgl. Krümmel 2003, S.31)[7].

Die Realisierung des „1000- Tankstellenprogramms“ soll durch die erdgasmobil GmbH & Co. KG erfolgen, einem breiten Bündnis von 19 deutschen Ferngasgesellschaften (u.a. BEB, AVACON), lokalen Energiedienstleistungsunternehmen und führenden Mineralölgesellschaften wie ARAL, ESSO und TOTAL (vgl. o.V. 2003b, S.2). „Mit der Gründung der Gesellschaft erdgasmobil wurde ein, wenn nicht der entscheidende Schritt für die Bereitstellung der Mobilitätsenergie Erdgas in Deutschland vollzogen“, so das Statement von Bundesumweltminister Jürgen Trittin anlässlich der Gründung der Gesellschaft auf der Hannover Messe 2002 (o.V. 2002, S.1). Hier wird deutlich, wie entscheidend Kooperationen beim Aufbau der Infrastruktur für Erdgasfahrzeuge sind. Neben der Bündelung von technischen Kompetenzen können durch Kooperationen die Investitionskosten gesenkt werden. Durch das „1000-Tankstellen-Programm“ der erdgasmobil reduzieren sich die Konstruktions- und Baukosten für jede einzelne Tankstelle - je nach Größe - um bis zu 25%. Dadurch werden die GVU als Investoren entlastet (vgl. o.V. 2003b, S.4). Eine Minderung der Investitionskosten beschleunigt die Amortisation und ist entscheidend, da die nötigen Investitionen bei Erdgastankstellen mehrfach höher sind als bei Tankeinrichtungen für Flüssigkraftstoffe (vgl. et-Redaktion 2003, S.109).

Das entstehende Versorgungsnetz ermöglicht es dem Autofahrer dann in Städten alle 5 Kilometer, in Mischgebieten alle 10 bis 15 Kilometer und auf dem Land alle 20 bis 25 Kilometer eine Erdgastankstelle zu erreichen. Mit diesem flächendeckenden Netz wäre nach Schätzungen des BGW die Versorgung für etwa eine Million Erdgasfahrzeuge gewährleistet (o.V. 2003b, S.2). Das zügige Voranschreiten des Netzausbaus ist eine elementare Voraussetzung für die erfolgreiche Etablierung von Erdgasfahrzeugen.

Das bestehende Netz beinhaltet zu mehr als einem Drittel Tankstellen, die sich auf Betriebshöfen von Flottenbetreibern oder Stadtwerken befinden. Diese haben insbesondere den Nachteil der verbraucherunfreundlichen Öffnungszeiten. Darüber hinaus können Kunden an Marken-Tankstellen zum Teil die flexibleren Abrechnungs-modalitäten und alle weiteren Services rund um den Tankstellen-Shop nutzen. Alles Verbrauchervorteile, die für die Integration von Erdgaszapfsäulen in vorhandene Marken-Tankstellen und gegen Lösungen sprechen, Tankstellen zu errichten, die Erdgas als einzigen Kraftstoff anbieten. Es ist wichtig, dem Verbraucher in Hinsicht auf die Versorgungssicherheit und dem zugehörigen Serviceangebot ein Bild der Normalität vermitteln zu können. Das gilt auch für den Betankungsvorgang selbst. Dabei fördert die Standardisierung der Anlagentechnik die Anwenderfreundlichkeit. Das Betanken mit CNG unterscheidet sich „kaum noch“ vom gewohnten Verfahren bei konventionellen Kraftstoffen, so dass eine schnelle Akzeptanz möglich scheint (vgl. Eclareon 2001, S.31; Schöffl 2002, S.9).

Die Erdgasbetankung kann durch zwei Arten erfolgen, wobei die Geschwindigkeit des Betankungsvorganges erheblich variiert. Schnellbetankungsanlagen (Fast-fill) arbeiten mit Kompressoren, die einen Zwischenspeicher mit einem Druck von 250 bar füllen, aus dem das komprimierte Erdgas in das Fahrzeug fließen kann. Diese Tankanlagen ermöglichen eine Betankung mit gleicher Geschwindigkeit wie Zapfsäulen für konventionelle Kraftstoffe. Bei Slow-fill-Anlagen wird das Gas direkt aus den Versorgungsleitungen genommen und von einem Kompressor in den Fahrzeugtank gedrückt. Bei dieser Vorgehensweise verlängert sich die Füllzeit auf fünf bis sieben Stunden (vgl. BMU 1998, S.39). Für öffentliche Tankstellen sind Schnellbetankungs-anlagen, die bezüglich der Tankgeschwindigkeit mit konventionellen Tankanlagen konkurrieren können, unabdingbar.

Abschließend sei noch auf die Entwicklung der Tankstellen-Infrastruktur auf europäischer Ebene hingewiesen. Hier sind neben nationalen Initiativen europäische Lösungen gefragt, um internationale Reisemöglichkeiten und einen problemlosen Transitverkehr durch Europa mit NGV zu gewährleisten. Dies erfordert eine Abstimmung der Technik, aber vor allem den gemeinsamen Willen, CNG-Fahrzeuge als alternatives Antriebskonzept in Europa zu etablieren. Die Bildung der ENGVA (European Natural Gas Vehicle Association) stellt hier einen Lösungsansatz zur Abstimmung technischer Differenzen, aber auch zur politischen und wirtschaftlichen Kooperation dar. Foren wie das für „Nachhaltige Mobilität in Europa – mit CNG in die Zukunft“ auf der IAA 2003 in Frankfurt werden ebenfalls genutzt, um die europaweite Etablierung von NGV voranzutreiben. Politiker und Wirtschaftsexperten aus 10 europäischen Ländern diskutierten auf dem vom BGW ausgerichteten Kongress eine europaweite, flächendeckende Tankstellen-Infrastruktur. Dabei zeigte sich z.B., dass Frankreich im Gegensatz zu Deutschland nicht die Strategie verfolgt, großräumig in eine öffentliche Tankstellenstruktur zu investieren. In Frankreich werden Erdgasfahrzeugbesitzern stattdessen Haustankanlagen zur Verfügung gestellt (vgl. Krümmel 2003, S.31). Dieses Beispiel verdeutlicht die Notwendigkeit einer europaweiten Koordination beim Aufbau einer Infrastruktur für Erdgasfahrzeuge.

Zusammenfassend kann als Ziel eine den herkömmlichen Fahrzeugen entsprechende Fahrzeug- und Betankungsqualität konstatiert werden. Denn nur dann können Erdgasfahrzeuge mit benzin- und dieselbetriebenen Straßenfahrzeugen auf „gleicher Augenhöhe“ konkurrieren und die notwendige Akzeptanz seitens der Kunden erlangen.

2.2 Konzeption und Ausrichtung des Marketing

2.2.1 Umweltbezüge des Marketing

Unternehmerisches Marketing vollzieht sich innerhalb verschiedener Umwelten (Umsysteme), wobei es versucht, die Umwelt gemäß bestimmten Zielen zu beeinflussen (Raffée 1979, S.3). Diese sehr allgemeine aber treffende Aussage bezüglich der Aktionswelt des Marketing verdeutlicht zwei konstituierende Voraussetzungen für ein erfolgreiches unternehmerisches Handeln. Zum einen das Bewusstsein des Eingebettetseins eines Unternehmens in unterschiedliche Teilumwelten und zum anderen die Notwendigkeit der Einflussnahme auf diese Teilumwelten. Die Teilumwelten lassen sich nach zwei Umwelten kategorisieren (vgl. ebenda, S.4-8), wobei komplexe Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den Umwelten bestehen (siehe Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Umwelten eines Unternehmens

Die Umwelt I umfasst die Absatz- und Beschaffungsmärkte einer Unternehmung. Im Bereich der Absatzmärkte herrscht oft die Denkhaltung, die auch als Ethos der Marketingorientierung bezeichnet wird (Pohl 2001, S.44): „Gestalte Deine Leistungen nach den Bedürfnissen und Wünschen der Zielkunden - und Du schlägst die Konkurrenz dauerhaft!“ Dabei wird übersehen, dass es beim Marketing nicht ausschließlich um die Befriedigung vorhandener Wünsche und Bedarfe geht, sondern auch um deren Formung und Weckung (Raffée 1979, S.3). Neben den Absatzmärkten, die sicherlich eine zentrale Rolle spielen, gehören zur Umwelt I weitere unmittelbare Märkte, die sich als Beschaffungsmärkte einer Unternehmung zusammenfassen lassen. Dazu gehören die Beschaffungsmärkte für Sachgüter, Rechte und Fremddienste (Beschaffungsmärkte i.e.S.), die Arbeitsmärkte und die Kapitalmärkte.

Die Umwelt II beschreibt weitere Umwelten bzw. Umsysteme eines Unternehmens, die sich grob klassifiziert in die natürliche und die gesellschaftliche Umwelt enteilen lassen. Die gesellschaftliche Umwelt, die hier von besonderem Interesse ist, besteht aus Individuen und Institutionen, die Einflüsse auf ein Unternehmen ausüben, ohne dass diese den Charakter von effektiven oder potentiellen marktlichen Austauschprozessen haben. Hierzu gehören staatliche, politische, kulturelle Institutionen (z.B. Regierung, Parteien, Kirche), aber auch gesellschaftliche Gruppen und Zusammenschlüsse (z.B. Verbraucher- und Naturschutzorganisationen) bis hin zu Einzelpersonen mit Einfluss-potential (Prominente aus Sport, Politik, Kultur). Wichtige Institutionen der gesell-schaftlichen Umwelt sind schließlich die Massenmedien, die zur Bildung der öffentlichen Meinung wesentlich beitragen.

Die natürliche Umwelt umfasst den Bereich der natürlichen Ressourcen und die durch Produktion und Konsum anfallenden Rückstände (Schadstoffe), die die Natur belasten.

Dieses sehr grob strukturierte Bild der Unternehmensumwelt soll veranschaulichen, dass ein Unternehmen nicht losgelöst von verschiedenen Anspruchsgruppen seiner Umwelt betrachtet werden kann. Ein detailliertes Bild der Unternehmensumwelt und deren Bedeutung für die Ausgestaltung der Marketingkonzeption eines Unternehmens werden im Lauf der Arbeit herausgearbeitet.

2.2.2 Strukturveränderndes Marketing-Konzept

Sollen die gegebenen Bedürfnisse, Erwartungen, Forderungen sowie die vorherr-schenden Verhaltensmuster der verschiedenen Austauschpartner (Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter etc.) lediglich als Datum betrachtet oder zielorientiert beeinflusst werden? Die Beantwortung dieser Frage stellt die Weichen für die Ausrichtung der Marketing-Konzeption eines Unternehmens. Liegt der Fokus der Konzeption auf der Beeinflus-sung vorhandener Bedürfnisse und Einstellungen und der Veränderung von vorherrschenden Denk- und Verhaltensstrukturen, wird diese Ausrichtung als strukturveränderndes Marketing bezeichnet. Den Gegenpart stellt das adaptive Marketing dar, bei dem die Befriedigung vorhandener Bedürfnisse und Wünsche und die Anpassung an Denk- und Verhaltensstrukturen im Vordergrund stehen (Raffée 1994, S.143).

Das strukturverändernde und adaptive Marketing verkörpern zwei Grundfunktionen des Marketing: die Bedarfsdeckungsfunktion und die Beeinflussungsfunktion (Bedarfs-lenkung bzw. Bedarfsweckung). Welche der beiden Variationen im konkreten Fall dominiert, hängt wesentlich davon ab, in welchem Ausmaß die Bedürfnisse, Erwartungen und Forderungen der Austauschpartner mit den Zielen der jeweils Marketing treibenden Organisation (im Folgenden auch als Marketer bezeichnet) kompatibel sind. Je geringer die Übereinstimmung, desto mehr kommt die Beeinflussungsfunktion zum Tragen (et vice versa) (vgl. Wiedmann 1993, S.190).

Dem Gratifikationsprinzip folgend, das davon ausgeht, dass in erwarteten oder auch vorweggenommenen Belohnungen und Bestrafungen die maßgeblichen Antriebskräfte des Verhaltens von Individuen und Organisationen liegen (vgl. ebenda, S.171), leitet sich die Forderung nach einer konsequenten Orientierung an den Bedürfnissen, Erwartungen, Forderungen und Lebensbedingungen der Austauschpartner ab. Demnach gilt es (ebenda, S.190),

- zunächst die Bedürfnisse, Erwartungen, Forderungen und Lebensbedingungen der Austauschpartner (Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter etc.) systematisch zu erforschen,
- um darauf aufbauend im Wege der Gestaltung eines Marketing-Mix gezielt wirksame Gratifikationskonzepte entwickeln zu können – und zwar je nach Konstellation in Gestalt von „Beeinflussungskonzepten“oder „Bedarfs-deckungskonzepten“.

Eine enge Verbindung des Konzeptes des strukturverändernden Marketing besteht zu proaktiven Strategien des Marketing-Managements. A proactive strategy attempts to influence events in the environment rather than simply reacting to environmental forces as they occur (Aaker 1992, S.13). Ziel dieser Strategien ist die Partizipation an der Gestaltung oder zumindest die Beeinflussung relevanter Umweltbedingungen. Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung solcher Strategien ist ein umfangreiches Informationssystem. Nur wer die Bedürfnisse und Wünsche seiner Austauschpartner genau kennt, über politisch-rechtliche Rahmenbedingungen aktuell informiert ist etc., kann an den effizienten und effektiven Hebeln ansetzen, um die Umweltbedingungen anforderungsgerecht zu beeinflussen.

Im Vordergrund sowohl proaktiver Strategien als auch des strukturverändernden Marketing steht die Eigeninitiative. Das am Markt agierende Unternehmen sollte mit Tatkraft und Unternehmungsgeist versuchen, die Spielregeln zu gestalten und zu beeinflussen und nicht als gegeben hinnehmen. Die aktive oder proaktive Partizipation an der Gestaltung (Steuerung) der Spielregeln in Gesellschaft, Markt und Wettbewerb, wird unter diesem Gesichtspunkt an Relevanz gewinnen. Es besteht die Notwendigkeit, das Gesetz des Handelns selbst in die Hand zu nehmen (Darasz 1994, S.10). Pro-aktiv sein wird in den „Golden Standards“ des Ritz-Carlton-Hotels in Berlin beispielsweise als „Vorwegnahme und Erfüllung auch der unausgesprochenen Wünsche unserer Gäste“ interpretiert (vgl. Smoltczyk 2004, S.112).

Die Ausrichtung einer strukturverändernden Unternehmensstrategie erfordert zudem eine Hinwendung zu einem ganzheitlichen Geschäftsverständnis. Es gilt, das enge Geschäftsverständnis zu überwinden, das Unternehmen als rein wirtschaftliche Institutionen der Güterproduktion und -verteilung akzentuiert (vgl. Wiedmann 1992a, S.11). Einem weiten Geschäftsverständnis folgend sollten sich beispielsweise Gasversorgungsunternehmen nicht nur als reine Gas-Versorger und Unternehmen der Automobilindustrie sich nicht lediglich als Kfz-Anbieter begreifen. Die GVU hätten sich vielmehr als umfassende Problemlöser im Energiesektor und Automobilunter-nehmen als umfassende Problemlöser im Mobilitätssektor zu verstehen.

Der Ansatz des strukturverändernden Marketing kann als Festlegung einer strategischen Stoßrichtung innerhalb der strategischen Rahmenplanung (vgl. dazu Wiedmann/ Kreutzer 1989, S.70f.) verstanden werden. Dieser entsprechend sind die strategische Programm- und Realisationsplanung sowie die operative Planung auszurichten. Die strukturverändernde Ausrichtung einer Marketingkonzeption darf nicht mit der Verankerung in der Planung eines strategischen Bezugsrahmens enden, sondern muss durch den Einsatz des marktpolitischen Instrumentariums auf die operativen Ebenen „heruntergebrochen“ und verwirklicht werden.

Marketing als Unternehmenskonzeption meint (auf Marktebene, Anm. des Verf.) sowohl Führung der Unternehmung von den Märkten her als auch auf (vorhandene und neue) Märkte hin, also das Anknüpfen an vorhandene Bedürfnisse und Bedarfe wie auch deren Beeinflussung und Schaffung (Raffée 1979, S.3). Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll das strukturverändernde Marketing stehen, das im Sinne des Hinführens, das Hauptaugenmerk auf Beeinflussung und Veränderung legt. Dabei soll von einer weiten Umweltperspektive ausgegangen werden, d.h. die Anwendungsebenen der Marketing-konzeption liegen sowohl in der marktnahen als auch in der weiteren Umwelt eines Unternehmens.

2.2.3 Stakeholder-Ansatz

Der konzeptionellen Erweiterung der Aufgabenbereiche bzw. Tätigkeitsfelder (weites Geschäftsverständnis) sollte auch eine umfassende Berücksichtigung der verschie-denen Anspruchsgruppen folgen. Das Stakeholder-Modell, das die Idee einer Unternehmung im Kontext gesellschaftlicher Interessen beschreibt (Hansen/Bode 1999, S.381), kann hier als gedankliche Grundlage dienen. Stakeholder sind Gruppen oder Individuen, die den Erfolg einer Unternehmung beeinflussen können und von ihr beeinflusst werden. Dieses reziproke Beeinflussungsverhältnis sollte bei der Gestaltung von Marketingkonzeptionen berücksichtigt werden. Bedingt u.a. durch zunehmend kritischere Einstellungen weiter Bevölkerungskreise gegenüber Unternehmen, bedarf es einer Berücksichtigung verschiedener Anspruchsgruppen, die weit über die Zielgruppe der Konsumenten und direkten Marktteilnehmer hinausgeht. Vertreter verschiedener Anspruchsgruppen können nicht nur in Marktbeziehungen, sondern auch mit Lobbying, Erzeugung von Öffentlichkeitsdruck usw. maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftserfolg ausüben. Voraussetzung ist, dass die interessenpolitische Einflussnahme attraktiv ist und die Stakeholder sich gut organisieren und durchsetzen können (vgl. Schaltegger 1998, S.13).

Entscheidend ist, auch bei der Identifikation wichtiger Anspruchsgruppen von einer weiten Umweltperspektive auszugehen. Denn relevante Institutionen und Personen existieren nicht nur in der engeren Umwelt (Umwelt I), sondern im erheblichen Maße in der weiteren Umwelt (Umwelt II) eines Unternehmens. Dem Stakeholder-Ansatz folgend, stellen Beeinflussungsstrategien nicht nur zentrale strategische Reaktions-alternativen dar, wenn es sich um die grundlegende Ausrichtung des Absatz- und Beschaffungsmarketing handelt. Auch auf Anforderungen der allgemeinen Öffentlich-keit kann und sollte entsprechend geantwortet werden oder die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen gegebenenfalls beeinflusst werden (vgl. Raffée 1994, S.140).

Nach PORTER (vgl. Porter 2001, S.99) sollen sämtliche Betroffene und Mitwirkende einer geschäftlichen Betätigung und deren Bedürfnisse und Wünsche identifiziert werden, da diese die Gruppe der Stakeholder bilden. Der Umfang der Befriedigung der Bedürfnisse und Wünsche sollte jedoch je nach Stakeholder(gruppe) auf unterschied-lichem Niveau erfolgen, wobei das Unternehmen bemüht sein sollte, zumindest die Mindesterwartungen jeder Gruppe der Stakeholder zu erfüllen. Diese Differenzierung der Intensität der Bedürfnisbefriedigung sollte nach Kriterien der Relevanz der jeweiligen Anspruchsgruppen erfolgen, um eine möglichst effiziente, zielgerichtete Zufriedenstellung der Anspruchsgruppen zu erreichen.

2.3 Management externer Austauschbeziehungen

Über Jahrhunderte hinweg war die Wirtschaftswissenschaft vom Transaktionsdenken beherrscht. Man verhielt sich gerade so, als ob Anbieter und Nachfrager nie vorher miteinander in Kontakt gestanden und nach Abwicklung eines Geschäfts niemals wieder zueinander gefunden hätten (Dichtl 1998, S.51). Diese drastische Aussage von DICHTL veranschaulicht die konzeptionelle Enge der Transaktion als Bezugspunkt theoretischer Erörterung (vgl. ebenda). Ebenfalls als ungenügend ist diese Kurzsichtigkeit als Ausgangspunkt zur praktischen Gestaltung von Marketing-konzeptionen zu bewerten. Die ausschließliche Fokussierung auf die Transaktion als Austausch von beispielsweise Geld gegen Ware zweier sich einiger Parteien, wird der Komplexität heutiger Austauschbeziehungen nicht gerecht. Die möglichst voll-ständige Berücksichtigung der am Austauschprozess beteiligten Personen und Institutionen sowie ihrer Funktionen im Marktgeschehen ist erforderlich, um adäquate Marketingkonzeptionen zu gestalten.

Die Konzentration auf Austauschbeziehungen wird als konstitutive Leitidee des Marketingansatzes innerhalb des Konzeptes des gesellschaftsorientierten Marketing (GOM) diskutiert (Wiedmann 1993, S.135). Ausgehend von einem entsprechend weiten Austauschbegriff, gilt es nicht nur Transaktionen zwischen Anbieter und Nachfrager zu betrachten, sondern die Perspektive erheblich zu erweitern.

Den gedanklichen Ausgangspunkt des GOM bilden die Veränderungsprozesse in Markt und Umwelt, die Unternehmen mit neuartigen Problemkonstellationen konfrontieren. Es werden verschiedene komplexe und diskontinuierliche Krisenerscheinungen in der weiteren Umwelt des Unternehmens konstatiert (Hansen/Bode 1999, S.391). Hierzu gehören ökologische, politische sowie soziokulturelle Krisen, für deren Auftreten in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit Unternehmen verantwortlich gemacht werden. Unternehmen werden demzufolge als Problemverursacher gesehen und entsprechend wird ein Beitrag zur Lösung der Probleme seitens der Gesellschaft gefordert (vgl. Wiedmann 1993, S.2). Das Prinzip des GOM besteht nicht lediglich darin, gesellschaftliche Interessen, Forderungen und Bedürfnisse zu berücksichtigen und dementsprechend in die Marketingkonzeption einzubeziehen. Weitgreifender wird dem umfassenden sozialen Gebilde der Gesellschaft eine zentrale Rolle in den Planungen der Unternehmensführung zugeordnet. Es wird gefordert, dass ein modernes Marketingverständnis die grundsätzliche Absicht beinhalten sollte, das Unternehmen von der Gesellschaft her auf diese hin zu führen (ebenda, S.49).

Ein derart verstandenes Marketing-Führungskonzept fordert dazu auf, weitgreifende räumliche und zeitliche Dimensionen zu berücksichtigen. Dabei bleiben Märkte zentraler Bezugspunkt unternehmerischen Handelns und auch die Forderung nach Markt- und speziell Kunden-, sowie Wettbewerbsorientierung hat einen zentralen Stellenwert zu behalten – allerdings in einem erweiterten Sinne und vor allem eingebettet in ein umfassenderes Verständnis von Unternehmensführung, als es dem Marketingansatz bisher hauptsächlich zugrunde lag (vgl. ebenda).

Die Überwindung einer engen Markt- sowie Austauschperspektive kann mit Hilfe zentraler Leitideen erreicht werden, die in der Ausgestaltung von Marketing-konzeptionen berücksichtigt werden sollten. Dazu zählen u.a. ganzheitliches, langfristiges und antizipatives Denken sowie die Leitmaxime der gesellschaftlichen Verantwortung und die Idee der Fortschritts- sowie proaktiven Chancenorientierung (ebenda, S.247). Letzteres beinhaltet die Forderung einer aktiven Einflussnahme auf markt- und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, da strategisch relevante Austausch-prozesse nicht nur auf Märkten stattfinden, sondern auch im sozialen und regulativen Umfeld (z.B. in der Familie oder auf der politischen Ebene).

Auf der Grundlage der zentralen Leitideen werden für das GOM als Marketing-Führungskonzept drei sich überlappende Ziel- und Aufgabenbereich untergliedert (vgl. Wiedmann 1992a, S.21; Hansen/Bode 1999, S.392; Pohl 2001, S.82). Diese sollen im Rahmen des Managements externer Austauschbeziehungen gleichgewichtig berück-sichtigt werden:

1. Das Transaktionsmanagement als klassischer Bereich des ökonomischen Austausches auf Absatz- und Beschaffungsmärkten - z.B. der Austausch Güter gegen Geld.
2. Das Reputations- und Beziehungsmanagement dient dem Aufbau und der Pflege langfristiger (Geschäfts-) Beziehungen und speziell der Sicherung von Unterstützungs-potentialen bei allen Austauschpartnern in Gestalt von Aspekten wie Akzeptanz, Vertrauen, Zuneigung oder allgemein positiven Einstellungen gegenüber dem Unter-nehmen, seinen Zielen, Leistungen und Verhaltensweisen.
3. Das Kontextmanagement zur Beeinflussung relevanter Rahmenbedingungen unter denen sich das Transaktions- sowie Reputationsmanagement zu vollziehen haben (z.B. politisch-rechtliche, soziokulturelle Bedingungen, branchenspezifische Wettbewerbs-verhältnisse).

Das Transaktionsmanagement ist dort angebracht, wo Käufer kurzfristig denken und ein Lieferantenwechsel sie wenig kostet, wie z.B. bei Käufern von Massenprodukten bei denen der einmalige Austausch von Gütern gegen Geld im Vordergrund steht.

Handelt es sich jedoch um Waren oder Dienstleistungen, die der Käufer regelmäßig nachfragt, bzw. bei denen der Käufer an einen bestimmten Lieferanten oder an ein bestimmtes Produkt gebunden ist, lohnt es sich für den Anbieter, in eine langfristige Beziehung zu investieren. Das Reputations- und Beziehungsmanagement beschränkt sich jedoch nicht auf den Kunden als potentiellen Austauschpartner. Inzwischen werden sämtliche unternehmensrelevanten Personen und Institutionen im internen und externen Umfeld als potentielle Austauschpartner im Sinne des Beziehungsmanagements verstanden (vgl. Hansen/Bode 1999, S.294). Ziel des Marketers ist es, mit den Kunden, Absatzmittlern, Händlern und Zulieferern eine langfristige, vertrauensvolle und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung aufzubauen (vgl. Kotler 2001, S.18).

Dem Kontextmanagement kommt aufgrund verschiedener Entwicklungen in Markt und Gesellschaft eine zentrale strategische Bedeutung zu. Die Zunahme der Macht der Massenmedien, steigende gesellschaftliche Ansprüche an Unternehmen und deren Produkte, Werteerosion, Innovationsförderungsmaßnahmen und Steuerpolitik des Staates bzw. der EU, der Einfluss von Verbraucher- und Umweltverbänden markieren hier Aufgaben eines Kontextmanagement, deren Vernachlässigung existentielle Folgen nach sich ziehen wird. Im Mittelpunkt der Anstrengungen steht hier ein konsequentes Wertemanagement, das sich an die breite Öffentlichkeit wendet (vgl. Wiedmann 1992a, S.22).

Sowohl das Transaktions-, das Beziehungs- und Reputations- als auch das Kontext-management stellen wichtige Konzepte zur Verwirklichung eines strukturverändernden Marketing dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Grundlegende Ziel- bzw. Aufgabenfelder sowie "Vollzugsorgane" eines am GOM-Konzept ausgerichteten Management von Umweltbeziehungen (Quelle: Wiedmann 1992a, S.56)

Die Anwendung erfolgt gemäß der spezifischen Anforderungen, abhängig von Art der Austauschbeziehung und des Austauschpartners. Die verschiedenen Management-konzepte zur Gestaltung der Umweltbeziehungen werden in den Ziel- bzw. Aufgaben-feldern (Absatz-, Beschaffungsmarkt, Öffentlichkeit) durch das Marketing umgesetzt (vgl. Abbildung 3).

Strukturveränderndes Marketing kann demnach ebenfalls auf verschiedenen Ebenen angewandt werden, die sich in den Aufgabenbereichen des Absatz-, Beschaffungs- sowie des Public-Marketing und den jeweiligen Anspruchsgruppen widerspiegeln.

3 Analyse der Marketingsituation

3.1 Institutionen des regulativen Umfeldes

3.1.1 Politische Institutionen

3.1.1.1 Verhältnis: Politische Institutionen und Unternehmen

Die Existenz eines freien Marktes ersetzt natürlich nicht die Notwendigkeit einer Regierung. Im Gegenteil: Die Regierung ist einmal wichtig als das Forum, das die „Spielregeln“ bestimmt, und zum anderen als der Schiedsrichter, der über die Regeln wacht und sagt, ob sie auch richtig ausgelegt wurden (Milton Friedmann zitiert aus: Müller 2001, S.243). Die politischen Entscheidungsträger in Deutschland beeinflussen die Spielregeln einzelner Märkte u.a. durch die Ausgestaltung der Wettbewerbs- und Fiskalpolitik sowie von Normen und Gesetzen (vgl. dazu ausführlich Otte 2002, S.33-55). Darüber hinaus übernimmt der Staat die Rolle des Abnehmers auf verschiedenen Märkten und beeinflusst mit seiner Ausgabenpolitik (besonders bei einer hohen Staatsquote) das Marktgeschehen erheblich (vgl. Porter 1999, S.63).

Auf der anderen Seite unterliegt der Staat als Käufer, soweit sein Handeln durch ökonomische und nicht durch politische Faktoren bestimmt wird, dem unternehmens-politischen Instrumentarium. Es bestehen auch zahlreiche Vernetzungen zwischen Wirtschaft und Politik, die sich bspw. im Lobbyismus widerspiegeln, wodurch politische Entscheidungen ebenfalls beeinflusst werden können. Und schließlich sind Regierungen „als Vorstand der politischen Exekutive“ abhängig von Wählerstimmen und somit insbesondere in Wahlzeiten beeinflussbar.

Insgesamt kann folglich von einem reziproken Beeinflussungsverhältnis zwischen politischen und nicht-politischen Institutionen ausgegangen werden. Im Rahmen der Analyse ist es meist aufschlussreicher, zu untersuchen, wie der Staat auf den Wettbewerb einwirkt. Hingegen kann eine Strategie den Staat durchaus als Akteur beinhalten, der beeinflusst werden soll (vgl. Porter 1999, S.64). Diesem Ansatz folgend sollen zunächst die relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen aufgezeigt und die Rolle des Staates als Beeinflusser untersucht werden.

Der Staat verfolgt entsprechend der jeweiligen Regierungskonstellation bestimmte Ziele, die nicht immer mit den Kräften eines freien Wettbewerbs in Einklang zu bringen sind. Deshalb wird seitens der Politik versucht, zielorientiert zu intervenieren. Im Zusammenspiel der Umwelt- und Verkehrspolitik können diese Ziele der rot-grünen Bundesregierung mit dem Begriff „Nachhaltige Mobilität“ (vgl. BMVBW 2001, S. 2) auf den Punkt gebracht werden. Entsprechend werden mit den politischen Maßnahmen u.a. alternative, umweltverträgliche Kraftstoffe gefördert.

Die Verkehrswirtschaftliche Energiestrategie (VES) ist eine Initiative von Automobil- und Energieunternehmen, die von der Bundesregierung federführend durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen unterstützt wird. Die erarbeitete Strategie sieht in Wasserstoff, der in Verbrennungsmotoren oder der Brennstoffzelle als Energieträger genutzt wird, den Kraftstoff der Zukunft. Auf dem Weg dorthin wird jedoch Erdgas als alternativer Kraftstoff favorisiert und es wird gefordert, langfristig verlässliche Rahmenbedingungen zu entwickeln, um den notwendigen Wandel wirtschaftlich und gesellschaftlich zu vollziehen (vgl. BMVBW 2001, S. 5).

Im Zusammenhang mit dem Erdgasfahrzeug-Markt sind u.a. (de-)regulierende Eingriffe des Staates durch die Neugestaltung der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) und des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zu untersuchen. Des Weiteren spielen die Mineralölsteuerbegünstigung und das Eichgesetz wichtige Rollen, so dass diese im Folgenden erörtert werden sollen.

3.1.1.2 Relevante gesetzliche Rahmenbedingungen

Das EnWG und die Regelung des freien Netzzuganges

Der § 6a des EnWG regelt den Zugang zu den Gasversorgungsnetzen und schreibt den Betreibern vor, dass diese anderen Unternehmen das Versorgungsnetz für Durch-leitungen zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die guter fachlicher Praxis entsprechen und nicht ungünstiger sind, als sie von ihnen in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden (EnWG 1998, S. 3). Dieser diskriminierungsfreie Zugang Dritter zu den bestehen-den Leitungsnetzen ist elementare Voraussetzung für einen tatsächlichen Wettbewerb im Gasmarkt, da nur so sichergestellt werden kann, dass der Abnehmer zwischen verschiedenen Anbietern wählen kann. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes (EnWG 1998) wurde die rechtliche Voraussetzung geschaffen, um den Gasmarkt für den Wettbewerb gemäß den Vorgaben der EU-Richtlinie 98/30/EG zu öffnen. In Deutschland wurde dabei bisher auf eine Flankierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch freiwillige Vereinbarungen der Marktpartner gesetzt (vgl. Schiffer 2002, S.163). Dazu beschlossen die beteiligten Verbände BDI und VIK, sowie BGW und VKU bis dato zwei Verbändevereinbarungen Erdgas (VV Gas I und II), in denen u.a. der Netzzugang und zu zahlende Entgelte geregelt werden. In dem Scheitern der Verhandlungen zur VV III (vgl. BNE 2003) werden die konträren Interessen des BDI und VIK auf der einen sowie des BGW und VKU auf der anderen Seite offenbar. Während die Netzinhaber nur ungern ihre ehemalige Monopolstellung aufgeben und auf auskömmliche Netznutzungsgebühren hoffen, streben die industriellen Großabnehmer von Energie nach niedrigeren Energiepreisen, die durch einen starken Wettbewerb erreicht werden können. Nach dem Scheitern der freiwilligen Vereinbarungen ist nun die Politik gefordert, bis zum 01. Juli 2004 die von der EU-Kommission geforderte Regulierungsbehörde einzusetzen, die die Sicherung eines offenen Zugangs zu den Gasnetzen garantiert und die Kontrolle der Gebühren für die Nutzung durchführt. Einzelheiten für den Netzzugang und die Kalkulation der Entgelte werden nun in einer erneuten Fassung des Energiewirtschaftsgesetzes festgelegt (vgl. Bein/Kramer 2004, S.20). Die Regulierungsbehörde wird mit Aufschlägen von bis zu 500% bei Durchleitungsentgelten gegenüber durchschnittlichen Werten bei den europäischen Nachbarn konfrontiert, wie eine Studie des VIK gezeigt hat und steht vor entsprechendem Handlungsbedarf (vgl. Heitmann 2004, S.7; Richmann 2004, S.135).

Auswirkungen der neuen GVO auf den Automobilvertrieb

In der europäischen Gemeinschaft praktizierten die meisten Automobilhersteller ein Vertriebssystem, das den Verkauf und den Service markengebundenen Händlern überträgt. Die Händler verpflichteten sich dabei, exklusiv nur das Sortiment ihres Vertragspartners zu führen, Reparatur- und Wartungsvorschriften des Herstellers anzuwenden und weitere Auflagen (z.B. Gestaltung der Verkaufsräume, Halten von Vorführwagen) anzuerkennen. Im Gegenzug wurde ihnen ein Verkaufsgebiet zugewiesen, in dem sie die Herstellermarke als einziger Anbieter vertreten (vgl. Berg/Welzel 2004, S.419). Die Hersteller konnten den Mitgliedern ihres Vertriebs-systems durch die Grundsätze der Gebiets- und Markenexklusivität die Handlungsspiel-räume vorschreiben. Gebietsexklusivität bedeutete, nur einen bestimmten Händler in einem definierten Absatzgebiet einzusetzen. Markenexklusivität hatte zur Folge, dass einem bestimmten Händler der Vertrieb nur einer bestimmten Marke gestattet war (vgl. Methner 2002, S.26). Diese vertikalen Vertriebsverbindungen wurden grundsätzlich als unvereinbar mit dem Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag befunden, zugleich aber ihre Frei-stellung mit der Begründung vorgenommen, eine sachgerechte Reparatur und Wartung, wie sie ein Markenhändler garantiere, sei Voraussetzung für eine gute Marktversorgung (vgl. Berg/Welzel 2004, S.420).

Die bisher erlaubten Vertriebsverbindung zwischen Automobilhersteller und -händler mit den implizierten Auflagen, die durch die GVO von 1985 geregelt und 1995 einmal verlängert wurden, wurden durch die neue GVO 1400/2002, die seit dem 1. Oktober 2002 gilt, modifiziert. Die ehemalige Priveligierung der Automobilbranche im Vertriebsbereich entfällt zugunsten einer Erweiterung der Wettbewerbsfreiheit (vgl. Genzow 2004, S.407). Der Mehrmarkenvertrieb erfordert nur noch eine Trennung des Platzes innerhalb desselben Verkaufsraumes der Händler. Werkstätten können ebenfalls mehrere Marken bedienen (vgl. Müller 2001, S. 118). Der Anteil an Mehrmarken-händlern (Multibranddealer) wird in Folge der neuen GVO zunehmen, da die Hersteller zukünftig gehindert sein werden, durch rigide Auflagen das Führen weiterer Marken unattraktiv zu machen (vgl. Berg/Welzel 2004 S.424).

Mineralölsteuerermäßigung für Erdgas als Kraftstoff

Im Rahmen der ökologischen Steuerreform, die seit dem 1.April 1999 in mehreren Stufen in Deutschland umgesetzt wird (vgl. dazu BMF 2004, S.2f.), werden Kraftstoffe (Benzin, Diesel, Gas) mit erhöhten Mineralölsteuersätzen belegt. Die Mineralölsteuer ist eine Verbrauchssteuer, die aus Gründen der Zweckmäßigkeit beim Handel erhoben wird, wobei dieser die Steuer durch Preiserhöhungen auf den Verbraucher abwälzt. Die mineralölsteuerliche Begünstigung von Erd- und Flüssiggas ist umweltpolitisch begründet und auf die Vorteile von Methan zurückzuführen, das einen geringeren Anteil an Kohlenstoff gegenüber Benzin und Diesel besitzt und somit zur Verringerung der Luftschadstoffe beiträgt (vgl. Abschnitt 2.1.1).

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform wurde die Steuerermäßigung für Erdgas, das als Kraftstoff in Fahrzeugen verwendet wird, bis zum 31. Dezember 2020 verlängert. Die langfristige Steuerbegünstigung soll die Marktein-führung von Erdgasfahrzeugen unterstützen und Planungssicherheit geben, so dass stärker in den Ausbau der benötigten Infrastruktur investiert wird (vgl. BMF 2004, S.9). Tabelle 1 verdeutlicht den Steuerunterschied gegenüber herkömmlichen Kraftstoffen ab dem Jahr 2004.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Vergleich der Mineralölsteuersätze (Quelle: BMF 2004, S.8)

Bedeutung des Eichgesetzes (EichG)

Im ersten Abschnitt des EichG, das den Erlass von Ausführungsvorschriften regelt, heißt es in § 3, Abschnitt 2, 1a): Die Bundesregierung wird ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutze des geschäftlichen Verkehrs vorzuschreiben, dass Werte für Größen nur angegeben werden dürfen, wenn sie mit einem geeichten Messgerät ermittelt und nach einem bestimmten Verfahren umgerechnet sind (EichG 1992, S.2).

An Tankstellen darf komprimiertes Erdgas gemäß dem Eichgesetz (bisher) nicht nach Volumen (Liter) oder Kilowattstunden, sondern nur nach Masse (Kilogramm) verkauft werden. Das in der Zapfsäule eingebaute Messinstrument, der Coriolis-Zähler, erfasst unmittelbar die durchströmende Masse und wird auf diese vom Eichamt geeicht (vgl. BGW 2003a, S.22). Eine effektivere Vergleichbarkeit für den Abnehmer wäre gegeben, wenn Erdgas wie Benzin und Diesel in Litern verkauft und eine dementsprechende Preisauszeichnung an den Tankstellen erfolgen würde. Dieses kann durch eine Umrechnung des Kilopreises von Erdgas auf den Äquivalentbetrag in Litern erreicht werden (vgl. Tabelle 2).

Diese Mengenangabe bzw. Preisauszeichnung hat zwei Vorteile: Erstens berück-sichtigt sie den Energiegehalt der unterschiedlichen Kraftstoffe (kWh) und lässt so eine objektiven Preisvergleich zu. Zum zweiten wird der Kunde nicht länger durch die unterschiedlichen Maßeinheiten verunsichert und erkennt den Preisvorteil von mehr als 50% auf den ersten Blick (vgl. dazu Anhang A.4, me-gas-Anzeige: „50% Hürde“). Problematisch sind in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Energie-werte von H- bzw. L-Gas und die differierenden Äquivalenzpreise zu Benzin und Diesel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Kilopreis von Erdgas als Äquivalentbetrag in Litern

Die gleichen verbraucherfreundlichen Effekte würden sich ergeben, wenn die Preisauszeichnung in Kilowattstunden erfolgen würde, allerdings ergäben sich auch die gleichen Probleme. Hinzu kämen das für den Konsumenten ungewohnte Maß des Energiegehaltes und die implizierten verhältnismäßig geringen Beträge je Maßeinheit.

3.1.2 Massenmedien und Public Relations

3.1.2.1 Klassische und neue Massenmedien

Eine sehr weite Definition umfasst Medien als Werbeträger, die als Personen oder Dinge Botschaften an Zielpersonen herantragen (vgl. Gabler 1997, S.2578). Dieser Definition folgend sind sämtliche Kommunikationsmittel wie etwa Werbebriefe, Verkaufsgespräche, Sponsoringereignisse etc. (vgl. hierzu Bruhn 1995, S.37) als Medien zu interpretieren. Medien lediglich als Mittler von Werbebotschaften zu verstehen, wird den mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten der Medien nicht gerecht. Werbung stellt ein Kommunikationsinstrument dar und kann als die aktive Ankündigung an die Adresse des Marktes, wobei es sich in der Regel um eine Veröffentlichung in irgendeinem Medium in irgendeiner Form handelt, verstanden werden (vgl. Darasz 1994, S.199).

Dem allgemeinen Begriff der Medien können die Massenmedien gegenübergestellt werden. Diese sollen im Folgenden definiert werden und anschließend deren Wirkung und Reichweite sowie der praktische Nutzen durch die Integration der Massenmedien in die Kommunikationspolitik der GVU untersucht werden.

Unter dem Begriff Massenmedien sollen Druck- bzw. Printmedien und elektronische Medien verstanden werden (vgl. Neuber 1993, S.14), die von einer breiten Öffentlich-keit rezipiert werden. Eine Möglichkeit der Klassifizierung von Massenmedien ist die Unterscheidung in klassische und neue Massenmedien (vgl. Sabel/Weiser 2000, S.265f.). Die klassischen Massenmedien umfassen die Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften etc.) sowie Radio und Fernsehen (analog oder digital) als elektronische Massenmedien im herkömmlichen Sinne. Unter neuen Massenmedien werden die Kommunikationsformen verstanden, die durch das Internet entstehen, welche auch als neue elektronische Medien bezeichnet werden. Dabei können Printmedien elektronisch verarbeitet werden (e-Paper) und TV- oder Radioprogramme über das Internet empfangen werden. Das Internet bietet den klassischen Massenmedien eine zusätzliche, elektronische Plattform. So präsentieren sich fast alle deutschen Tages- und Wochenzeitungen im Internet und beschränken sich nicht auf eine bloße 1:1-Übertragung der gedruckten Ausgaben, sondern enthalten Zusatz- und Hintergrundinformationen, Service-Angebote etc., die nur einen „Link“ entfernt sind. Diese als Cross-Media bezeichnete Strategie verfolgt auch das Ziel, über den Internetauftritt neue Print-Abonnenten zu gewinnen (vgl. Meyn 2001, S.24).

Das Internet sollte jedoch unabhängig von der Vernetzung zu den klassischen Medien als eigenständiges Massenmedium verstanden werden (siehe Abbildung 4 ), das ein enormes Potential der Informationsvermittlung beinhaltet. Individualität, Aktualität, Multimedialität und Interaktivität in Formaten, die denen der klassischen Medien weit überlegen sind (vgl. Meyn 2001, S.25), kennzeichnen das neue Medium und eröffnen Unternehmen durch selbständige Internetauftritte ein weites Spektrum an Möglichkeiten, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Klassifizierung klassischer und neuer Massenmedien

In der Funktion als eigenständiges Massenmedium kann das Internet als eine überdimensionierte, elektronische, interaktive und weltweit verfügbare Zeitschrift interpretiert werden, die mehr als 100 Millionen Websites und mehr als eine Milliarde Einzelseiten zum Abruf bereithält (zu den Zahlen: Meyn 2001, S.14).

3.1.2.2 Reichweite und Wirkung von Massenmedien

Klassische Print- und audiovisuelle Medien sowie die sich immer schneller verbreitenden neuen (elektronischen) Medien sind die Grundpfeiler des Mediensystems einer Gesellschaft. Die Massenmedien erreichen dabei den Großteil der Gesellschaft: So lasen fast vier Fünftel der deutschen Bevölkerung über 14 Jahren (77,3 Prozent; 49,66 Millionen) laut Media-Analyse (ag.ma) im Jahr 2002 regelmäßig eine Tageszeitung (vgl. ZAW 2003, S.251). Das Online-Angebot der Zeitungen nimmt rasant zu: In 1995 waren es gerade einmal 5, in 2002 hingegen bereits 401 Zeitungsverlage, die eine Online-Ausgabe neben der gedruckten Version anboten (vgl. ZAW 2002, S. 252).

Die Zahl der Internetnutzer steigt beständig und lag im Jahr 2002 bei 27,4 Millionen. Das Internet wird zunehmend zu einem allgemeinen Massenmedium, das fast von der Hälfte (43%) aller Deutschen, die älter als 14 sind, genutzt wird (vgl. ag.ma 2002, S.4).

Auch die Reichweite und der Zeitaufwand für den Rundfunk sind hoch: Über 90 Prozent der über 14jährigen Deutschen werden durch das Fernsehen erreicht und nutzen es ausgiebig. 215 Minuten betrag die durchschnittliche Sehdauer pro Tag in Minuten im Jahr 2002, wobei Erwachsene ab 50 Jahren einen Spitzenwert von 263 Minuten im Schnitt erreichten (vgl. ZAW 2002, S. 310). Fast 51 Millionen Bundesbürger (79,1 Prozent) die älter als 14 Jahre sind, hörten 2002 täglich Radio mit einer durchschnittlichen Hördauer von 202 Minuten (vgl. ebenda, S. 314).

Die hohe Quantität der Kontakte zwischen Massenmedien und Bürger sagt nicht viel über die Qualität der Einflussnahme aus, z.B. in Form von Vermittlung von Werten und Einstellungen. Um die Wirkungen von Massenmedien zu erforschen, kann auf verschiedenen Ebenen angesetzt werden. Während auf der Makroebene die Konsequenzen der Massenkommunikation für die Gesellschaft ausgelotet werden (bspw. Veränderungen gesellschaftlicher Werte), orientiert sich die Massenkom-munikationsforschung auf der Mikroebene vornehmlich für die Wirkungen von Aussagen der Massenmedien auf den einzelnen Rezipienten (vgl. Schenk 2002, S. 32). Unabhängig vom Ansatz der Untersuchungsebene (Makro-, Mikro- oder auch Mesoebene) ist davon auszugehen, dass die Wirkungen in einem vielschichtigen, komplexen Prozess zustande kommen, an dem zahlreiche sich gegenseitig beeinflussende Faktoren beteiligt sind (vgl. Meyn 2001, S.261; Neuber 1993, S.19; Schenk 2002, S.34). Zu diesen Faktoren zählen u.a. individuelle Prädispositionen, das soziale Umfeld, die Art des Mediums, das Vertrauen gegenüber dem Medium (vgl. dazu Meyn 2001, S.270) oder die unterschiedliche Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit von Informationen seitens der Rezipienten. Letzteres spielt insbesondere vor dem Hintergrund der heutigen Informationsgesellschaft eine wichtige Rolle. Das Überangebot an Informationen, das durch die Massenmedien verbreitet wird, führt zu einer Überforderung des Rezipienten und dem Unvermögen, Informationen aufeinander zu beziehen und zwischen verschiedenen Graden ihrer Bedeutung zu unterscheiden (vgl. ebenda, S.12).

Um den reziproken, mehrfaktoriellen Wirkungsverhältnissen zu entsprechen, wurden in der Medienwirkungsforschung[8] unterschiedliche Theorien und Modelle entwickelt, die auf verschiedenen Ebenen ansetzen.

Die Agenda-Setting-Theorie geht davon aus, dass die Massenmedien die Macht besitzen, das Wissen und Denken des Publikums zu strukturieren. Dabei bewirken sie durch Betonung und Wiederholung bestimmter Themen, dass diese sich in der „Themen-Hitliste“ des Rezipienten weit oben etablieren (vgl. Schenk 2002, S.400). Hier ist von gesamtgesellschaftlichen Wirkungen der Massenkommunikation auszu-gehen, die Wandlungsprozesse im Wissen und Denken, also im kognitiven Bereich, nach sich ziehen.

Das Meinungsführer- oder Gate-Keeper-Konzept beschäftigt sich hingegen mit dem sozialen Bezugsrahmen des Rezipienten. Gate Keeper zeichnen sich dadurch aus, dass sie Massenmedien besonders aufmerksam nutzen, ein gutes Erinnerungsvermögen, detaillierte Kenntnisse sowie ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis besitzen und in ihrem großen Bekanntenkreis als Ratgeber, dem Vertrauen entgegengebracht wird, fungieren (vgl. Meyn 2001, S.265). Meinungsführer stellen somit eine dominante Einflussquelle auf das Verhalten und die Einstellungen ihres sozialen Umfeldes dar, wobei davon ausgegangen wird, dass jede Gesellschaftsschicht ihre eigenen Meinungsführer besitzt (vgl. Schenk 2002, S.321). Das Zwei-Stufen-Modell über den Informationsfluss von den Massenmedien zu den Rezipienten greift den Gate Keeper auf. Dieser empfängt auf der ersten Stufe die Nachrichten der Medien und gibt diese dann an die weniger aktiven Bevölkerungsschichten weiter (zweite Stufe) (vgl. ebenda).

Das Einstellungskonzept versucht die dargestellten und zahlreiche weitere Theorien zur Wirkung von Massenmedien durch ein hypothetisches Konstrukt zusammen zu fassen. Einstellungen werden in diesem Konzept als Systeme von in Interrelation befindlichen Komponenten gesehen, wobei drei wesentliche Einstellungskomponenten festzu-stellen sind: die kognitive, die affektive/emotionale und die konative (Verhaltens-) Komponente (vgl. ebenda, S.35 und Abbildung 5). Durch den Systemcharakter der Einstellungen lassen sich die Wirkungen der Massenmedien in Form von Verhaltensänderungen, Umstellungen in Wissen und Meinungen als auch emotionalen Wandlungen messen. Die einzelnen Komponenten werden dabei in jüngerer Zeit separat behandelt und es wird auch nicht unbedingt ein direkter Zusammenhang zwischen Information, Einstellungs- und Verhaltensänderung unterstellt (vgl. ebenda, S.39). So kann z.B. eine Informationskampagne kognitive oder emotionale Wirkungen im Sinne von Wissenszunahme bzw. einer Veränderung der Emotionalität erzielen, woraus wiederum Verhaltenswirkungen entstehen, ohne dass Einstellungsänderungen folgen müssen, wie die gestrichelten Linien in Abbildung 5 verdeutlichen.

[...]


[1] Daten abrufbar beim Kraftfahrtbundesamt: http://www.kba.de, bzw. auf der Internetplattform der Bundeskampagne „Das Erdgasfahrzeug“: http://www.erdgasfahrzeuge.de/starthtml/erdgasfahrzeug_fahrzeuge.html (Stand: 13.02.2004)

[2] Unter dem Begriff Gasversorgungsunternehmen sind Unternehmen zu verstehen, die in der Gasbranche tätig sind. Dabei handelt es sich um Unternehmen aller Wertschöpfungsstufen: der Produktions-, Weiterverteilungs- und Endverbraucherstufe (vgl. dazu Abschnitte 3.2.1.2 und 3.2.2). Diese weite Begriffsdefinition ist notwendig, da an dem Aufbau des Marktsegments Erdgasfahrzeuge, das in Abschnitt 3.2.2.1 als Geschäftsfeld „erdgasbasierte Mobilität“ definiert wird, Unternehmen aller Wertschöpfungsstufen der Gasbranche beteiligt sind.

[3] Ausführliche Informationen zu Erdgas als Naturstoff und Kraftstoff unter http/www.gibgas.de (Stand: 28.02.2004).

[4] In vorliegender Arbeit wird das gasförmige CNG als alternativer Kraftstoff für Kraftfahrzeuge zu den konventionellen Kraftstoffen Benzin und Diesel untersucht.

[5] ROZ = Research Oktan Zahl; gibt Klopffestigkeit von Kraftstoffen im Prüfmotor ohne Vorwärmung bei 600 U/min. an. Die ROZ für Benzin Super plus liegt bei 98. Erdgas besitzt eine ROZ von 130. Erdgas besitzt aufgrund der hohen Klopffestigkeit bessere verbrennungstechnische Eigenschaften, die zu niedrigeren Motorengeräuschen und zur Materialschonung beitragen.

[6] Die Auswirkungen der EU-Verordnungen ECE R 110 für Erdgasfahrzeuge sind derzeit noch ungeklärt. Dies betrifft vor allem die Frage der Haftung für die Gasanlage nach einer Umrüstung. Gegebenenfalls können Garantieansprüche im Schadensfall, die als Folge aus dem Einbau der Gasanlage entstanden sind, nicht geltend gemacht werden. Der TÜV rät deshalb, bei einer Umrüstung neben der Klärung der Garantiefrage auf einen nach ECE R 110 zugelassenen Druckbehälter zu bestehen.

Weiter können sich durch eine Umrüstung die Kraftstoff- und Emissions-Typprüfwerte des Motors ändern, was zu einer schlechteren Einstufung des Fahrzeugs bei der Kfz-Steuer führen kann (Quelle: http://www.gibgas.de/german/fahrzeuge/fahrzeugerweiterung.html Stand: 19.04.2004).

[7] Aktuelle Statistiken zu CNG-Fahrzeugen und Tankstellen unter: http://www.bundesverband-gas-und-wasser.de, Infobox cng-Marketing (Stand: 02.03.2004).

[8] Die Medienwirkungsforschung und deren Untersuchungsmodelle beziehen sich auf Medien im Allgemeinen. Ihre Anwendung begrenzt sich daher nicht auf die Untersuchung von Massenmedien, sondern kann auf weitere Kommunikationsmittel bezogen werden (vgl. Abschnitt 3.1.2.1).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832483722
ISBN (Paperback)
9783838683720
DOI
10.3239/9783832483722
Dateigröße
4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
kraftstoff alternative energien public relations gasmarkt automobilhandel
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Titel: Strukturveränderndes Marketing
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