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Die Entwicklung des Einzelhandels im Kontext des Ladenschlussgesetzes

Öffnungszeiten und ihre Auswirkungen aus Sicht der verschiedenen Interessengruppen

©2004 Diplomarbeit 118 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Das Thema Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel ist eines der kontrovers diskutiertesten Themen in der deutschen Öffentlichkeit. Im Unterschied zu anderen Wirtschaftssektoren, wie Industrie, Handwerk und dem Großhandel, ist es dem stationären Einzelhandel in der Bundesrepublik Deutschland verwehrt, frei über seine Geschäftszeiten zu entscheiden.
Wie kaum ein anderer Bereich wird das Ladenschlussgesetz von einer angeregten und nicht selten emotional geführten Diskussion begleitet. Es gibt kaum jemanden, der dieser Thematik gleichgültig gegenübersteht. Dies liegt vor allem daran, weil die betroffenen Interessengruppen, insbesondere Einzelhändler, Verkaufspersonal, Verbraucher und Politiker weite Teile der Bevölkerung repräsentieren. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Befürworter der Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten ebenso wie deren Gegner über ein umfangreiches Reservoir an Erklärungen verfügen, um die jeweilige Position zu untermauern.
Im europäischen Vergleich hat Deutschland, neben Österreich, die starrsten Regelungen. Mit verantwortlich sind neben der Reformträgheit der Bevölkerung und Politik die sehr differenzierten Auffassungen der betroffenen Personengruppen. Die Interessen der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Verbraucher lassen sich nur schwer auf einen Nenner bringen. Der eine verlangt nach gleichen Wettbewerbschancen, eine andere Gruppe verlangt erweiterte Öffnungszeiten und wieder eine andere Gruppe möchte eine Verringerung der Arbeitszeit durchsetzten.
Gerade die Zielsetzung der Wettbewerbsneutralität durch das Ladenschlussgesetz ist mehr als widersprüchlich. Auf der einen Seite gibt es eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen, die auf Landesebene beschlossen werden. Andererseits können alle Betriebsformen des Einzelhandels, die mit den Verkaufsstellen im Sinne des Ladenschlussgesetzes konkurrieren, aber nicht in seinen Geltungsbereich fallen (z. B. der Versandhandel und sämtliche Formen des Electronic Commerce), ihre Angebotszeiten frei und ohne Reglementierung festlegen.
Durch die ständige Weiterentwicklung in der Wirtschaft als auch in der Gesellschaft ist es notwendig, einmal eingegangene Kompromisse von Zeit zu Zeit zu überdenken, um den Fortschritt nicht zu verschlafen. Sowohl Einkommen und Wohlstand als auch die Ansprüche der Menschen wachsen. Das Einkaufen wird immer mehr zu einem Erlebnis, zu einer Art Freizeitbeschäftigung. Viele dieser Wandlungen, die sowohl die Nachfrage- als auch die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichte und Meilensteine des Ladenschlussgesetzes

3. Die Kaufhof Klage

4. Rahmenbedingungen in Deutschland

5. Die Interessengruppe Beschäftigte
5.1 Der generelle Trend der Beschäftigungsentwicklung
5.2 Die Beschäftigungsentwicklung nach der Ladenschlussänderung 1996
5.3 Die Entwicklung von 1999 bis Heute
5.4 Veränderungen für die Beschäftigten des Einzelhandels
5.5 Die Mitarbeiterstruktur der Extra-Verbrauchermärkte
5.6 Änderungen der Arbeitszeit und Arbeitszeitsysteme
5.7 Der Verlust von Zeitsouveränität und Lebensqualität
5.8 Zwischenfazit für die Beschäftigten

6. Die Interessengruppe Einzelhandelsbranche
6.1 Geschichte und Strukturwandel des Einzelhandels
6.2 Entwicklungen der letzten 10 Jahre
6.3 Die Einzelhandelsentwicklung nach der Ladenschlussänderung 1996
6.4 Entwicklungen nach der Ladenschlussänderung 2003
6.5 Die Auswirkungen am Beispiel der Extra-Verbrauchermärkte
6.6 Zwischenfazit für den Einzelhandel

7. Die Interessengruppe Verbraucher
7.1 Die Meinung der Verbraucher zu liberalen Öffnungszeiten
7.2 Meinung der Verbraucher zum längeren Samstag und dem Sonntag als Einkaufstag
7.3 Der Wandel der Konsumgewohnheiten
7.4 Zwischenfazit für die Verbraucher und die Anforderungen an den Handel

8. Der Zusammenhang von Stadtentwicklung und Ladenschluss

9. Die Ladenöffnungszeiten im Vergleich zum Ausland

10. Fazit und Konsequenzen für die Zukunft des

Ladenschlussgesetzes

Literaturverzeichnis

Internetverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: 1956, Einführung des Ladenschlussgesetzes

Abbildung 2: 1989, Einführung des Dienstleistungsabends am Donnerstag

Abbildung 3: 1996, Ausdehnung der Öffnungszeiten

Abbildung 4: 2003, Verlängerung der Samstagsöffnung

Abbildung 5: Entwicklung der privaten Konsumgüternachfrage und Verhältnis zum privaten Verbrauch

Abbildung 6: Beschäftigtenentwicklung im Einzelhandel

Abbildung 7: Entwicklung von Beschäftigtenstrukturen und Arbeitszeitvolumen im Einzelhandel

Abbildung 8: Verkaufsflächenentwicklung und Flächenproduktivität im Einzelhandel

Abbildung 9: Anteile der Vertriebsarten am Einzelhandelsumsatz in % vom Gesamtumsatz

Abbildung 10: Anteile der Geschäfte die 1999 Montags bis Freitags die Öffnungszeit bis 20.00 Uhr ausnutzte

Abbildung 11: Geschäfte mit längeren Samstag-Öffnungszeiten ab Juni 2003

Abbildung 12: Umsatzentwicklung bei längerer Samstag-Öffnung ab Juni 2003

Abbildung 13: Umsatzentwicklung im Vergleich zum Vorjahr bei Öffnungszeit bis

Abbildung 14: Umsatz nach Stunden am Samstag

Abbildung 15: Einstellung zur völligen Aufhebung des Ladenschlussgesetzes

Abbildung 16: Samstags bis 20.00 Uhr shoppen

Abbildung 17: Sonntags shoppen

Abbildung 18: Urban Entertainment Center

Abbildung 19: Zahl der Shopping-Center >15.000m²

Abbildung 20: Verteilung der Shopping-Center 2003

Abbildung 21: Öffnungszeiten im europäischen Vergleich

1. Einleitung

Das Thema Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel ist eines der kontrovers diskutiertesten Themen in der deutschen Öffentlichkeit. Im Unterschied zu anderen Wirtschaftssektoren, wie Industrie, Handwerk und dem Großhandel, ist es dem stationären Einzelhandel in der Bundesrepublik Deutschland verwehrt, frei über seine Geschäftszeiten zu entscheiden. Bis 1955 war es die Reichsgewerbeordnung und ab 1956 ist es das Ladenschlussgesetz, welches die Schlusszeiten der Verkaufsstellen vorschreibt. Hinzu kommen weitere Gesetze und Verordnungen auf Bundes-, Landes- und Ortsebene, wie das Arbeitszeitgesetz, das Beschäftigungsförderungsgesetz und die Ladenschlussverordnungen der Länder, die den rechtlichen Rahmen der Ladenöffnungszeiten bestimmen.[1]

Historisch entstand das Ladenschlussgesetz aus einem religiös bedingten Bedürfnis nach Schutz des Feiertags und des Sonntags sowie dem Schutz der Arbeitnehmer und Geschäftsstelleninhaber vor überlangen Arbeitszeiten. Diesen Schutzzweck soll das Ladenschlussgesetzes auch in seiner heutigen Form erfüllen.[2]

Wie kaum ein anderer Bereich wird das Ladenschlussgesetz von einer angeregten und nicht selten emotional geführten Diskussion begleitet. Es gibt kaum jemanden, der dieser Thematik gleichgültig gegenübersteht. Dies liegt vor allem daran, weil die betroffenen Interessengruppen, insbesondere Einzelhändler, Verkaufspersonal, Verbraucher und Politiker weite Teile der Bevölkerung repräsentieren.

Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Befürworter der Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten ebenso wie deren Gegner über ein umfangreiches Reservoir an Erklärungen verfügen, um die jeweilige Position zu untermauern.[3]

Befürworter des Ladenschlussgesetzes sehen den primären Zweck im Schutz der Arbeitnehmer. Da die gesetzlich zulässige Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz in der Regel acht Stunden beträgt und damit deutlich unter der gesetzlich zulässigen maximalen Öffnungszeit von 14 Stunden liegt, muss der Schutz des Ladenschlussgesetzes darin gesehen werden, den Arbeitnehmern eine ausreichende Arbeits- und Nachtruhe sowie ein zusammenhängendes Wochenende zu gewähren.[4] Offen bleibt dann allerdings, wieso nicht auch Arbeitnehmer anderer Wirtschaftszweige in den Genuss dieses Schutzes kommen.

Im europäischen Vergleich hat Deutschland, neben Österreich, die starrsten Regelungen. Mit verantwortlich sind neben der Reformträgheit der Bevölkerung und Politik die sehr differenzierten Auffassungen der betroffenen Personengruppen. Die Interessen der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Verbraucher lassen sich nur schwer auf einen Nenner bringen. Der eine verlangt nach gleichen Wettbewerbschancen, eine andere Gruppe verlangt erweiterte Öffnungszeiten und wieder eine andere Gruppe möchte eine Verringerung der Arbeitszeit durchsetzten.[5]

Gerade die Zielsetzung der Wettbewerbsneutralität durch das Ladenschlussgesetz ist mehr als widersprüchlich. Auf der einen Seite gibt es eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen, die auf Landesebene beschlossen werden. Andererseits können alle Betriebsformen des Einzelhandels, die mit den Verkaufsstellen im Sinne des Ladenschlussgesetzes konkurrieren, aber nicht in seinen Geltungsbereich fallen (z. B. der Versandhandel und sämtliche Formen des Electronic Commerce), ihre Angebotszeiten frei und ohne Reglementierung festlegen.[6]

Seit der Einführung im Jahr 1956 wurde das Ladenschlussgesetz 18 mal, zuletzt im Sommer 2003, geändert.[7]

Ab dem 01. Juni 2003 ist es den Händlern auch am Samstag gestattet ihre Läden bis 20.00 Uhr für die Kunden offen zu halten. Seit dieser Novellierung hat sich die Debatte um eine vollständige Abschaffung des Ladenschlusses weiter verschärft. Die Gründe für diese Diskussion sind vielfältig. Einerseits ist das Ladenschlussgesetz allgemeinverbindlich für alle Händler, andererseits gibt es zahllose Sonderstellungen und Schlupflöcher, um das Gesetz zu hinterlaufen. So dürfen Geschäfte in Bahnhöfen und Tankstellen rund um die Uhr öffnen um ‚Reisebedarf’ zu verkaufen, angrenzende Geschäfte jedoch nicht.[8] Diese Ungleichbehandlung ist Grundlage einer Klage der Kaufhof Warenhaus AG gegen das bestehende Ladenschlussgesetz. Die Metro-Tochter sieht durch die Regelung den Freiheitsgrundsatz verletzt und reichte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Mit einem Grundsatzurteil wird noch im Jahr 2004 gerechnet.[9] Experten und Sachverständige beurteilen mögliche Änderungen des Ladenschlussgesetzes unterschiedlich.[10]

Durch die ständige Weiterentwicklung in der Wirtschaft als auch in der Gesellschaft ist es notwendig, einmal eingegangene Kompromisse von Zeit zu Zeit zu überdenken, um den Fortschritt nicht zu verschlafen.[11] Sowohl Einkommen und Wohlstand als auch die Ansprüche der Menschen wachsen. Das Einkaufen wird immer mehr zu einem Erlebnis, zu einer Art Freizeitbeschäftigung. Viele dieser Wandlungen, die sowohl die Nachfrage- als auch die Angebotsseite betreffen, waren beim Zustandekommen des Ladenschlussgesetzes 1956 nicht absehbar. Im Laufe der Zeit war es also wiederholt notwendig, die Regelungen dieses Gesetzes auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen und zu revidieren. Selbst ehemals nützliche Standards erweisen sich als drückendes Korsett, wenn sie sich nicht an neue Gegebenheiten anpassen.[12]

Der Einzelhandel von heute steht nicht nur in einer internen Konkurrenz, sondern daneben im direkten Wettbewerb zu anderen Wirtschaftszweigen. Heute deckt der Einzelhandel nicht mehr nur die Grundbedürfnisse. Vielmehr geht es darum, die Kaufkraft der Bevölkerung zu wecken und zu binden, die ansonsten andere Wirtschafszweige wie etwa Touristik und die sogenannte Freizeitindustrie abschöpfen.[13]

In Zeiten vor dieser Entwicklung war auch das Schweigen der Einzelhändler zu den Beschränkungen, die sie durch den Ladenschluss in ihrer Geschäftstätigkeit erfahren haben, nachvollziehbar. Erst heute wird die Konkurrenz mit anderen Branchen zunehmend deutlich. Solange dieser Konkurrenzdruck nicht bestand, konnten sich die Händler mit den Ladenschlusszeiten einrichten, da sie für alle Wettbewerber gleichermaßen galten.[14]

Im Rahmen dieser Arbeit wird dargestellt, wie sich der Einzelhandel entwickelt hat und welchen Einfluss die Novellierungen des Ladenschlussgesetzes in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft auf die betroffen Gruppen hat.[15]

Eingangs, im allgemeinen Teil der Arbeit, stellt der Autor die Grundlagen und Geschichte des Ladenschlussgesetzes dar. Seine Entwicklung, Widersprüchlichkeit und die Rahmenbedingungen für den deutschen Einzelhandel werden erörtert. Nach der Einführung und Sensibilisierung für das Thema werden die verschiedenen Interessengruppen näher beleuchtet.

Als erstes stehen die Beschäftigten im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Arbeitsbedingungen, Strukturen und Veränderungen für die Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Gesetzesnovellierung werden geschichtlich und aktuell vorgestellt und beurteilt. Die gesammelten Ergebnisse werden am Beispiel der Extra-Verbrauchermärkte belegt.

Die zweite Interessengruppe stellt der Einzelhandel selbst dar. Seine Struktur, Branchenentwicklungen und unterschiedlichen Interessen stehen hier im Vordergrund. Wie sich der Einzelhandel seit 1950 und speziell in den 90er Jahren bis heute entwickelt hat und welche Rolle die Öffnungszeiten dabei spielen wird sachlich analysiert. Am Exempel der Extra-Verbrauchermärkte werden Veränderungen durch die letzte Liberalisierung dargestellt.

Die Verbraucher bilden die dritte große Interessengemeinschaft. Auf das Ausgabeverhalten, die Einkaufsgewohnheiten und die Einstellung der Kunden zu geänderten Öffnungszeiten wird primär eingegangen.

Der Darstellung, welcher Zusammenhang zwischen dem Ladenschlussgesetz und den Anforderungen an den heutigen Städtebau bestehen, folgt ein Vergleich mit den Ladenöffnungszeiten im europäischen Ausland.

Im Resümee fasst der Autor die aufgezeigten Entwicklungen und Forderungen zusammen. Unter Berücksichtigung aller Interessengruppen werden Schlussfolgerungen für die Entwicklung des Einzelhandels in Deutschland gezogen, sowie Erwartungen für die Zukunft formuliert.

2. Geschichte und Meilensteine des Ladenschlussgesetzes

Vor dem Ladenschlussgesetz regelte die Gewerbeordnung im 19. und Anfangs des 20. Jahrhunderts den werktäglichen Ladenschluss des Einzelhandels. Neben dem Schutz des Ladenpersonals sollten die Ladenschlussregelungen auch die Geschäftsinhaber gegen eine übertriebene Ausdehnung der Geschäftszeiten durch Konkurrenten schützen. Noch die Ladenschlussregelungen in der Arbeitszeitordnung von 1934 beruhten auf dem Interesse der Verkaufsstellenbetreiber an einer Beschränkung der Öffnungszeiten. Mit Einvernehmen der Händler wurde 1956 ein eigenständiges Ladenschlussgesetz verabschiedet.[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: 1956, Einführung des Ladenschlussgesetzes.

Quelle: Schneider, Helmut (2003), S.4.

Das bundeseinheitliche Ladenschlussgesetz wurde am 28. November 1956 im Bundestag verabschiedet und trat am 29. Dezember 1956 in Kraft.[17]

Interessant zum Verständnis der Entstehung des Gesetzes ist, dass bei der Abstimmung über den Gesetzesentwurf von 493 Abgeordneten 205 fehlten. Die Entscheidung fiel schließlich mit einer knappen Mehrheit von 153 zu 129 Stimmen bei sechs Enthaltungen zugunsten des Gesetzes. Absolut betrachtet sprachen sich nur 31% der Abgeordneten explizit für ein Gesetz über die Öffnungszeiten aus.[18]

Das Ladenschlussgesetz schützt in seiner ursprünglichen Intention die Beschäftigten im Einzelhandel. Der Schutz des Mittelstandes, wettbewerbs- und verbraucherpolitische Aspekte waren damals von noch untergeordneter Bedeutung.

Händler durften von nun an Montag bis Freitag von 7.00-18.30 Uhr und Samstags von 7.00-14.00 Uhr, am 1. Samstag im Monat bis 18.00 Uhr öffnen.[19] Das auch „aus der Bequemlichkeit der Einzelhändler entstandene Gesetz“[20] war zum damaligen Zeitpunkt nicht zu beanstanden, da der Einzelhandel in erster Linie eine Versorgungsfunktion zur Deckung der Grundbedürfnisse erfüllte. In den Jahrzehnten seit der Nachkriegszeit hat der Einzelhandel in der Versorgung der Bevölkerung jedoch einen anderen, größeren Stellenwert erreicht. Heute geht es um die Weckung von Konsumbedürfnissen unter Nutzung wissenschaftlicher Marketingstrategien.[21] Zwischen 1956 und 2003 erfolgten mehrere Änderungen, um sich den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Wichtige Zäsuren brachten die Jahre 1989, 1996 und 2003, in denen die maximale wöchentliche Öffnungszeit auf heute nunmehr 84 Stunden ausgeweitet wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: 1989, Einführung des Dienstleistungsabends am Donnerstag.

Quelle: Schneider, Helmut (2003), S.5.

Äußerst standhaft hielten sich die Regelungen über viele Jahre bis 1989, als der sogenannte Dienstleistungsabend am Donnerstag trotz heftigen Widerstandes der Gewerkschaften gesetzlich verabschiedet wurde.[22] Die Geschäfte konnten die Öffnungszeit am Donnerstag auf maximal 20.30 Uhr ausdehnen. Als Zugeständnis an die Gewerkschaften wurde die Ladenschlusszeit der langen Samstage in den Monaten April bis September von 18.00 Uhr auf 16.00 Uhr zurückgeführt. Für die Verbraucher bedeutete dies, für den Einkauf einige Stunden am Tag weniger zur Verfügung zu haben, an dem sie in der Regel nicht arbeiten, um sich dafür auf den ‚langen Donnerstag’ zu konzentrieren. Folglich überraschte es nicht, dass die Verkehrs- und Kundenströme in dieser Zeit zunahmen und dem Verkaufspersonal von den Verbrauchern mehr Stress, weniger Freundlichkeit, weniger Hilfsbereitschaft und weniger Auskunftsbereitschaft attestiert wurde.[23] Soweit man von einem Einfluss auf die Struktur des Handels während der sieben Jahre des langen Donnerstags sprechen kann, ist er darin zu sehen, dass jene Handelsstandorte davon profitierten, an denen die Geschäfte weitgehend einheitlich ihre Ladenöffnungszeiten ausgedehnt haben, und nicht bestimmte Betriebstypen oder gar ausschließlich Großbetriebsformen von den Verbrauchern bevorzugt wurden. Insoweit konnte ein intensiver Wettbewerb, aber keine Zunahme der Konzentration aufgrund des Gesetzes zur Einführung eines Dienstleistungsabends festgestellt werden.[24] 1996, Ausdehnung der Öffnungszeiten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: 1996, Ausdehnung der Öffnungszeiten.

Quelle: Schneider, Helmut (2003), S.6.

Der nächste Meilenstein war die Ausdehnung der Öffnungsmöglichleiten im Juli 1996. Auf Druck von Interessengemeinschaften des Handels und den gesellschaftlichen Änderungen wurden die Öffnungszeiten ausgeweitet. Kunden hatten fortan von Montag bis Freitag in der Zeit von 6- 20.00 Uhr und an jedem Samstag von 6.00-16.00 Uhr Gelegenheit, ihre Einkäufe zu besorgen.[25]

Die wöchentliche Öffnungsmöglichkeit wurde von 66,5 auf 80 Stunden ausgedehnt und damit in Wochen ohne den langen Samstag um 13,5 Stunden oder um über 20% erhöht.

Im Jahr 1996 wurde die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten mit der Erwartung auf mehr Beschäftigung und Umsatzwachstum verabschiedet. Auf Grundlage einer Analyse des Ifo-Institutes wurde ein liberalisierungsbedingter Umsatzzuwachs von 2 bis 3 Prozent sowie Beschäftigungsmöglichkeiten für ca. 50.000 Personen erwartet.[26]

Diese Prognosen sind in der Realität nicht eingetreten. Als Hauptursachen werden der verschärfte Konkurrenzdruck und die zunehmende Konzentration im Einzelhandel, speziell dem Lebensmitteleinzelhandel, genannt.[27]

2003, Verlängerung der Samstagsöffnung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: 2003, Verlängerung der Samstagsöffnung.

Quelle: Schneider, Helmut (2003), S.7.

Die letzte Änderung des Ladenschlussgesetzes wurde im Frühjahr 2003 diskutiert, am 15. Mai beschlossen und trat mit Wirkung zum 1.Juni 2003 in Kraft.[28] Einzelhändler haben seitdem nun auch am Samstag die Möglichkeit ihre Geschäfte bis 20.00 Uhr offen zu halten.[29]

Hauptargument für die Möglichkeit auch am Samstag, vier Stunden länger, bis 20.00 Uhr zu öffnen ist der Gesichtspunkt der Kundenorientierung. Weniger der Bedarfsdeckungsaspekt, sondern immer stärker der Dienstleistungs- und Erlebnisaspekt traten als Argumente auf.[30] Mit der Ausdehnung soll den Anforderungen an eine moderne Dienstleistungsgesellschaft Rechnung getragen werden.

Als Konsequenz aus den Fehleinschätzungen des Ifo-Institutes zu der letzten Änderung 1996 wurden weniger liberalisierungsbedingte Aufschwungprozesse erwartet. So ist im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Verlängerung der Samstagsöffnung lediglich von einer Wachstumschance und von geringerem Arbeitsplatzverlust die Rede.

Seine Brisanz erhält die Gesetzesänderung durch seinen Eingriff in die Wochenendfreizeit der 2,5 Millionen Beschäftigten im Einzelhandel.[31] In Kapitel 5 wird näher auf diese Thematik eingegangen. Das Ladenschlussgesetz in der aktuellen Fassung von Juni 2003 setzt im §3 für alle Verkaufsstellen folgende Ladenschlusszeiten fest:

㤠3 Abs. 1. An Sonn- und Feiertagen von 0.00 bis 24.00 Uhr,
2. montags bis samstags bis 6.00 Uhr, in Verkaufsstellen für Bäckerwaren bis 5.30 Uhr, und ab 20.00 Uhr,
3. am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, bis 6.00 Uhr und ab 14.00 Uhr.“[32]

Sonderregelungen mit kürzeren Ladenschluss- bzw. längeren Ladenöffnungszeiten existieren für Apotheken, Tankstellen, Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen, Flughäfen und in Fährhäfen, für Kur- und Erholungsgebiete sowie für den Verkauf in ländlichen Gebieten.[33] Als Verkaufsstellen im Sinne des Ladenschlussgesetzes gelten Ladengeschäfte aller Art sowie Verkaufseinrichtungen, die von einer festen Stelle aus ständig Waren an jedermann feilhalten.[34] Nach dieser Definition reglementiert das Ladenschlussgesetz nicht die Akquisitions- und Abschlusszeiten des Versand- und Internethandels (keine feste Stelle), des Großhandels (kein feilhalten an jedermann) und der Dienstleister (keine Ware).

Die immer kürzer werdenden Intervalle der Liberalisierung, vor allem der Samstagsöffnung fördern die Aufhebung des Ladenschlussgesetzes. Damit rückt auch die Ladenöffnung an Sonntagen in den Bereich des Möglichen. Denn es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Notwendigkeit eines freien Samstagabends und dem freien Sonntag. Da der Samstag ein ganz gewöhnlichen Arbeitstag mit Öffnungszeiten bis 20.00 Uhr geworden ist, kann erwartet werden, dass die Argumentation für den freien Sonntag abgeschwächt wird. In diese Richtung weist auch die Aufhebung des Ladenschlusses um 14.00 Uhr an Samstagen vor verkaufsoffenen Sonntagen.[35]

3. Die Kaufhof Klage

Bereits im März 2002 reichte die Kaufhof Warenhaus AG ihre Verfassungsbeschwerde gegen das geltende Ladenschlussgesetz ein. Anlass für die Beschwerde ist ein Urteil des Kammergerichtes Berlin. Dieses hatte der Galeria Kaufhof verboten, sonntags die Filiale am Berliner Alexanderplatz zu öffnen. Das Kaufhaus hatte 1999 eine vermeintliche Gesetzeslücke ausgenutzt und alle Waren als ‚Berliner Souvenirs’ angeboten, die vom Verkaufsverbot außerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten ausgenommen sind. Das Warenhaus öffnete am Samstag den 31. Juli 1999 nach 16.00 Uhr sowie am Sonntag, den 01. August 1999 zum Verkauf.[36] Dagegen setzte sich ein Einzelhandelsfachgeschäft für Uhren und Schmuck zur Wehr und klagte.[37] Dieser, in erster und zweiter Instanz für die Warenhaus AG, verlorene Rechtsstreit ist der Auslöser für die Verfassungsbeschwerde der Galeria Kaufhof.

Das Handelsunternehmen sieht die Freiheit und die Gleichheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG.[38] ) mit dem geltenden Ladenschlussgesetz in § 3 Abs. 1 als nicht mehr gegeben an.[39] Nach Ansicht der Warenhauskette führen die eingeschränkten Öffnungszeiten zu Wettbewerbs-verzerrungen und verstoßen deshalb gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit, die Gleichbehandlung gegenüber Mitbewerbern am Markt und das Selbstbestimmungsrecht auf Eigentum.[40]

Ursache dieser Ungleichbehandlung sind die schon genannten Ausnahmeregelungen im geltenden Ladenschlussgesetz. Tankstellen, Bahnhöfe und Flughäfen dürfen an allen Tagen rund um die Uhr geöffnet sein. Dies gilt für Werktage sowie an Sonn- und Feiertagen.[41]

Die Mineralölkonzerne haben diesen Wettbewerbsvorteil erkannt. Tankstellenshops repräsentieren die am professionellsten geführten Convenience-Shops.[42]

Convenience Shops stellen eine eigenständige Betriebsform des Einzelhandels dar.[43] Sie ist gekennzeichnet durch ein eng begrenztes Sortiment des alltäglichen Bedarfs, Dienstleistungen bis hin zu einer kleinen Gastronomie an gut erreichbaren Standorten. Die Öffnungszeiten gehen häufig über die üblichen Ladenschlusszeiten hinaus, das Preisniveau ist in der Regel hoch.[44]

Tankstellen verfügen über ausgereifte Konzepte mit modernem Ladenbau, neuartigen Kassensystemen sowie neuester Ausstattung. Sie erwirtschaften heutzutage mehr als die Hälfte ihres Gewinnes aus dem Zusatzgeschäft, allein durch das Mineralölgeschäft wäre kaum eine Tankstelle in Deutschland wirtschaftlich tragbar.[45] So stieg beim Mineralölkonzern ARAL der Anteil des ‚Shop-Bereiches’ am Ertrag von 1984 bis 1999 kontinuierlich von 10% auf 44% an.[46] Auch Bahnhöfe und Flughäfen profitieren von ihrer Ausnahmestellung. Besonders Bahnhöfe in zentraler Lage expandieren zu Einkaufszentren. Schon heute befindet sich 1 Prozent der gesamten Verkaufsfläche Deutschlands in Bahnhöfen. Sie erwirtschaftet 2 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes. Dies ist die doppelte Flächenproduktivität gegenüber einem durchschnittlichen deutschen Einzelhändler.[47] Nach Planungen der Bahn werden im Jahr 2007 ca. 3% der Fläche und 6% des Gesamtumsatzes auf Bahnhöfen konsumiert.[48]

Der Vorstandsvorsitzende der Kaufhof AG, Lovro Mandac, begründet diese expansive Entwicklung mit den freien Öffnungsmöglichkeiten gekoppelt an das geänderte Kaufverhalten der Kunden. Das Argument des Arbeitnehmerschutzes durch das Ladenschlussgesetz hält er nicht für tragbar, da diese Funktion die Arbeitszeitgesetze und Tarifverträge übernommen hätten.[49] Nach Meinung von Herrn Mandrac sind die Beschäftigten im Einzelhandel durch diese Gesetze und Verträge wesentlich wirksamer vor Ausbeutung geschützt.[50] So dürfen die Geschäfte heute 84 Stunden in der Woche öffnen, während die tarifliche Arbeitszeit zwischen 37 und 39 Stunden beträgt.[51]

Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden, ob das Ladenschlussgesetz seiner Rolle als Arbeitsschutzregel, als legitimer Gesetzeszweck, noch gerecht wird oder ob es gegen die Grundrechte der Einzelhändler verstößt.[52] Es muss auch abwägen, ob das Gesetz den Verbrauchern und Einzelhändlern überhaupt noch zu Gute kommt und in wie weit das Ladenschlussgesetz in der heutigen Wettbewerbsgesellschaft[53] noch zeitgemäß ist. Zum jetzigen Zeitpunkt sprechen viele Argumente für die Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes. Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wird noch in diesem Jahr gerechnet.[54]

4. Rahmenbedingungen in Deutschland

Die Diskussion um die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten wird begleitet und beeinflusst von gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungsprozessen. Seit Mitte der 90er Jahre ist die bundesdeutsche Wirtschaftsentwicklung durch ein geringes Wachstum bzw. stagnative gesamtwirtschaftliche Tendenzen gekennzeichnet. Auch die hohe Arbeitslosigkeit sowie eine nur verhaltene Einkommensentwicklung halten bis heute an.[55]

Die Bundesrepublik befindet sich in einer Phase wichtiger Reformen. Kontroverse Diskussionen um Veränderungen im Gesundheitswesen, Steuerrecht und auf dem Arbeitsmarkt beschäftigen die Politik ebenso wie die Gesellschaft. Im Rahmen dieser Veränderungsprozesse kann die Freigabe der Ladenöffnungszeiten als ein weiterer Schritt hin zu einem modernen Deutschland angesehen werden.[56]

Sicher ist, dass die Dienstleistungsgesellschaft alle Formen der Arbeit verändert. Das Ausmaß an Flexibilität muss zunehmen, will man international konkurrenzfähig bleiben. Die Arbeitszeit und der Arbeitsort werden immer stärker vom Auftrag des Kunden bestimmt. Die Frage nach dem Wann, Wo und in welcher Zeit ist entscheidend geworden.[57]

Die Globalisierung und der damit verbundene internationale Wettbewerb nimmt zu. Die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes Europa ist eine der zentralen Ziele der Europäischen Union. Unter Berücksichtigung der anstehenden EU-Osterweiterung sind die Anforderungen an eine langfristige konkurrenzfähige Handelsstruktur in Deutschland gewachsen.[58]

Doch nicht nur externe Faktoren beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit. Seit Anfang der 90er Jahre sind deutliche Verschiebungen im Ausgabeverhalten der privaten Haushalte festzustellen. Der Anteil der Konsumgüternachfrage am privaten Verbrauch sinkt zu Gunsten von freizeit- und erlebnisorientierten Dienstleistungen.[59]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Entwicklung der privaten Konsumgüternachfrage und Verhältnis zum privaten Verbrauch.

Quelle: Rob, Petra/ Griepentrog, Wolfgang (2003), S.6.

Flossen 1990 noch 44% des privaten Verbrauchs in den Einzelhandel sind es heute lediglich noch rund 30%.[60] Dem gegenüber stieg der Anteil privater Konsumausgaben für Freizeit, Unterhaltung und Kultur um über 20% an.

Während die vergangenen Jahrzehnte für den Einzelhandel von positiven, gleichmäßigen Entwicklungen geprägt waren, zeichnet sich seit den 90er Jahren eine beschleunigende und getrübte Entwicklung ab.

Die schlechte konjunkturelle Lage und die daraus resultierende Konsumzurückhaltung haben Folgen für den Einzelhandel. Fast alle Unternehmen versuchen durch sinkende Preise die Kunden und deren Kaufkraft zurück zu gewinnen. Die Euro-Einführung im Januar 2002 hat den Prozess von zunehmender Preisorientierung durch den harten Konkurrenzkampf um die beste Niedrigpreisstrategie intensiviert, den einige große Konzerne bereits mit dem Wegfall des Rabattgesetzes im Sommer 2001 einleiteten.[61]

Als Folge setzt sich der Trend von sinkenden Umsätzen und abnehmenden Beschäftigtenzahlen in einem homogenen, oligopolistischen Wettbewerb fort.[62]

Neben den Konsumausgaben verändern sich auch die Konsumzeiten. Kunden präferieren zunehmend verlängerte oder spätere Öffnungszeiten. Vor allem bei jungen Menschen, Berufstätigen und in Großstädten ist dieser Trend zu beobachten.[63] Daneben wird Einkaufen mehr und mehr zu einem Erlebnis, zu einem Event.

Viele Händler sehen den Service am Kunden als letztes echtes Wettbewerbsfeld. Neben unzähligen verschiedenen Serviceleistungen wäre mit der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten eine weitere Möglichkeit gegeben, der negativen Einzelhandelsentwicklung Einhalt zu gebieten.

Die Veränderungen für die Beschäftigten, Unternehmen und Kunden sowie Auswirkungen durch längere Ladenöffnungszeiten werden im Folgenden analysiert. Schwerpunktmäßig wird auf die Veränderungen in den 90er Jahren und die Verlängerung der Samstagsöffnung mit den zu erwartenden Entwicklungen durch eine vollständige Gesetzesaufgabe eingegangen.

5. Die Interessengruppe Beschäftigte

Im nachstehendem Kapitel wird die Beschäftigtenentwicklung und die Situation der Arbeitnehmer im Zuge der veränderten Ladenöffnungszeiten genauer betrachtet. Da veränderte und gegebenenfalls liberale Öffnungszeiten direkte Folgen für die Beschäftigten im Einzelhandel bewirken, ist dieser Interessengruppe ein überproportionales Maß an Bedeutung zuzumessen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Bundesrepublik Deutschland waren im Jahr 2003 38,27 Mio. Menschen erwerbstätig.[64] Der Handel stellt einen der größten Sektoren mit ca. 4,75 Mio. Beschäftigten dar.[65] Von denen wiederum waren 2,5 Mio. im Einzelhandel angestellt, rund 1,2 Mio. auf Vollzeitbasis und 1,3 Mio. auf Teilzeitbasis. Der Anteil an geringfügig Beschäftigten belief sich im Jahr 2003 auf ca. 600.000 der 1,3 Mio. Teilzeitbeschäftigten.[66]

5.1 Der generelle Trend der Beschäftigungsentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Beschäftigtenentwicklung im Einzelhandel.

Quelle: Warich, Bert (2002), S.3.

Die Grafik veranschaulicht den Beschäftigungsabbau in den 90er Jahren. Von 1995 bis zum Jahr 2002 sank die Zahl der Beschäftigten um 8,7% oder 240.000 Personen. Auffallend sind die sich ändernden Anteile der Voll- und Teilzeitbeschäftigten.

Teilzeitbeschäftigte sind Arbeitnehmer, deren regelmäßige tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit kürzer ist als die betriebsübliche Arbeitszeit. Teilzeitkräfte sind stets auf Dauer beschäftigt im Gegensatz zu Aushilfskräften, die nur für vorübergehende Arbeitsspitzen benötigt werden. Für Teilzeitkräfte gelten dieselben Rechte und Pflichten sowie die gesetzlichen und arbeitsvertraglichen Bestimmungen wie für Vollzeitbeschäftigte.[67]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nahezu 70% aller Beschäftigten im Einzelhandel sind Frauen.[68] Wenn

Männer im Einzelhandel tätig sind, dann zu 93% als Vollzeitkräfte. Lediglich 7% von ihnen arbeiten in Teilzeitarbeitsverhältnissen. Somit wird deutlich, dass im Teilzeitsektor fast ausschließlich Frauen tätig sind.

In der folgenden Grafik wird die sich ändernde Bedeutung von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit deutlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Entwicklung von Beschäftigtenstrukturen und Arbeitszeitvolumen im Einzelhandel.

Quelle: Warich, Bert (2002), S.4.

Während Teilzeitarbeitsverhältnisse im Zeitraum von 1995 bis 2002 um 2,1% zunahmen, sank der Anteil Vollzeitbeschäftigter im gleichen Zeitrahmen um 18%. Das Arbeitszeitvolumen ging durch die höhere Stundenzahl der Vollzeitbeschäftigten um 14,2% seit 1995 zurück.[69] Diese Entwicklung zeigt eindeutig den Trend zu flexibleren Arbeitsverhältnissen bei gleichzeitigen Rationalisierungsmaßnahmen der Handelsunternehmen bedingt durch den harten Wettbewerb im deutschen Einzelhandel.

5.2 Die Beschäftigungsentwicklung nach der Ladenschlussänderung 1996

In einer von der Sozialforschungsstelle Dortmund (sfs) durchgeführten repräsentativen Befragung von Betrieben und Beschäftigten des Einzelhandels über den Zeitraum von drei Jahren (Frühjahr 1996 bis Frühjahr 1999) wurde analysiert, wie sich während dieses Zeitraums die Anzahl der im Handel tätigen Personen verändert hat.[70] Bis auf die Gruppe der geringfügig Beschäftigten, für die ein Zuwachs von 2,5% innerhalb der drei Jahre festzustellen war, ist für alle anderen Gruppen ein Rückgang zu verzeichnen. Dabei sank der Anteil an Vollzeitkräften mit 11,1% am deutlichsten. Teilzeitbeschäftigungen nahmen um 5,2% und Ausbildungsverhältnisse um 1,3% ab. Insgesamt ging die Erwerbstätigkeit in den Verkaufsstellen des Einzelhandels von 1996 bis 1999 um 5,8% zurück.[71]

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Beschäftigungsvolumen aufgrund des hohen Verlustes von Vollzeitarbeitsplätzen noch stärker reduziert wurde als die Anzahl der insgesamt weggefallenen Arbeitsplätze, nämlich um 8,5%.[72]

Die Sozialforschungsstelle Dortmund stellt in ihrer Studie an gleicher Stelle fest, dass der Arbeitsplatzverlust der Frauen mit 6,9% größer war als bei den Männern mit 4,7%. Auffallend ist der hohe Verlust bei den Vollzeitarbeitsplätzen der Frauen mit 12,4%. Die Teilzeitarbeitsplätze von Frauen wurden um 5,9% reduziert, die der Männer nahmen um 5,4% zu. Die zusätzlich entstandenen geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse wurden von Männern und Frauen zu gleichen Teilen besetzt.[73]

Die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen den geänderten Ladenöffnungszeiten und der Beschäftigungsentwicklung von 1996 bis 1999 gibt, konnte in der Studie der Sozialforschungsstelle Dortmund nicht explizit geklärt werden. Sie kam jedoch zu folgenden Ergebnissen:

- In den Betrieben, welche längere Öffnungszeiten nutzen, war der Rückgang der Beschäftigtenzahl deutlich größer als in den Betrieben, die von den längeren Öffnungszeiten keinen Gebrauch machten.[74]
- Längere Öffnungszeiten finden sich vor allem unter den filialisierten Großbetrieben, gerade hier wurde überproportional viel Beschäftigung abgebaut. Bei ihnen wurden mehr sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeitsplätze abgebaut und mehr geringfügige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen.[75]
- Lediglich in einem Fünftel der Betriebe, welche die Öffnungszeiten bis 20.00 Uhr genutzt haben, waren 1999 mehr Personen beschäftigt als vor der Gesetzesänderung 1996. In einem Drittel der Betriebe wurden 1999 weniger Personen beschäftigt und bei 43% blieb die Anzahl der Beschäftigten unverändert.[76]

5.3 Die Entwicklung von 1999 bis Heute

Wenn auch nicht so gravierend wie in den 90er Jahren, sinken die Beschäftigtenzahlen weiter. Das Beschäftigungsvolumen sank von 1999 bis 2001 um 0,6%. Dabei war im Jahr 2001 der Anteil der Teilzeitbeschäftigten zum ersten mal höher als der Anteil der Vollzeitbeschäftigten. Im Jahr 2002 war ein nochmaliger Rückgang der Vollzeitbeschäftigten um 2,6% und ein Zuwachs der Teilzeitbeschäftigung von 1,1% zu verzeichnen. Insgesamt ging die Beschäftigung in 2002 um 0,8% zurück.[77] Für das Jahr 2003 wird von einem Beschäftigungsrückgang von 2,6% oder ca. 60.000 Arbeitsplätzen ausgegangen.[78]

Genaue Analysen und Untersuchungen der Beschäftigungssituation im Zusammenhang mit den Ladenöffnungszeiten am Samstag seit dem 1. Juni liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. Die Erfahrungen und Entwicklungen nach den letzten Liberalisierungen des Ladenschlussgesetzes deuten jedoch nicht auf eine Belebung des Arbeitsmarktes hin.

Von den 2,6% Personalabbau im Jahr 2003 waren hauptsächlich wieder die Vollzeitbeschäftigten betroffen. Ihr Rückgang lag mit 4,3% gegenüber dem Vorjahr deutlich über dem der Teilzeitbeschäftigten mit lediglich 1,4%.[79]

Allerdings entwickelte sich die Beschäftigtensituation im ersten Halbjahr 2003 deutlich schlechter als im zweiten Halbjahr. Hier sanken die Beschäftigungsverhältnisse lediglich um durchschnittlich 1,6% im Vergleich zu den Vorjahresmonaten ab.[80] Dieser positive Trend ist aber eher auf die konjunkturelle Entwicklung als auf die seit Juni 2004 um 4 Stunden verlängerte Öffnungsmöglichkeit am Samstag zurückzuführen.

Es ist festzustellen, dass ein kontinuierlicher Personalabbau, die Umwandlung von Vollzeit- in Teilzeitarbeitsplätze und von sozialversicherungspflichtigen Teilzeitarbeitsplätzen in geringfügige Beschäftigung im Einzelhandel in den 90er Jahren bis heute zu beobachten ist. Sprunghafte Veränderungen der Beschäftigungsverhältnisse durch Auswirkungen des geänderten Ladenschlussgesetzes im Jahr 1996 und 2003 sind nicht festzustellen.

Als Ergebnis der dargestellten Beschäftigungsentwicklung, speziell in der Zeit nach den Änderungen des Ladenschlussgesetzes, ist kein direkter Zusammenhang zwischen der negativen Entwicklung der Beschäftigtenzahlen und den Liberalisierungen der Ladenöffnungszeiten erkennbar.

Wenngleich die Sozialforschungsstelle Dortmund feststellt, dass in Geschäften mit längeren Öffnungszeiten der Beschäftigungsrückgang größer war wie bei den ‚Nichtverlängerern’, so sind die Ursachen dafür in der Struktur der ‚Verlängerer’ zu finden. Wie in Kapitel 6.4 noch analysiert wird, gehören hauptsächlich großflächige Betriebsformen und weniger bedienungsintensive Fachmärkte zu der Gruppe welche die längeren Öffnungsmöglichkeiten nutzen. Im derzeitigen Konkurrenz- und Preiskampf können diese Angebotsformen ihre Rationalisierungsmaßnahmen am ehesten mittels Beschäftigungsabbau durchsetzten und verkraften. ‚Nichtverlängerernde’, oft kleinere und bedienungsintensive Angebotsformen bedingen einer gewissen Personaldecke um die Verkaufsbereitschaft zu erhalten. Personalabbau würde hier die Zeit und Qualität der Beratung für den Kunden mindern, welche gerade die höheren Preise rechtfertigen soll.

5.4 Veränderungen für die Beschäftigten des Einzelhandels

Jedoch führt eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten bei gleichzeitigem Abbau der Beschäftigtenzahlen zu Veränderungen für die Beschäftigten im Einzelhandel.

So wurde die Gesamtverkaufsfläche seit 1990 bis heute um knapp 60% von 77 Mio. m² auf 111 Mio. m² erhöht.[81] Die nachstehende Grafik macht die Verkaufsflächenausweitung bei gleichzeitigen Abbau der Beschäftigungsverhältnisse auf die Flächenproduktivität deutlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Verkaufsflächenentwicklung und Flächenproduktivität im Einzelhandel.

Quelle: Warich, Bert (2003), S.23.

Die Verkaufsfläche des Einzelhandels vergrößerte sich seit 1995 von knapp 96 Millionen m² auf insgesamt 110 Millionen m² im Jahr 2002. Somit wurde die Gesamtverkaufsfläche um nahezu 15% erhöht, während im gleichen Zeitraum die Zahl der Beschäftigten um 8,7% sank.

Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Umsatzproduktivität je Beschäftigten und je Arbeitsstunde stark gestiegen ist. Der Umsatz wird von immer weniger Beschäftigten mit einem geringeren Arbeitszeitvolumen auf einer wachsenden Verkaufsfläche erwirtschaftet.[82]

Das sinkende Arbeitszeitvolumen bei gleichzeitiger Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten bewirkt eine Verdünnung der Personaldecke. Um den Personalbedarf entsprechend den Umsätzen im Tages- bzw. Wochenverlauf anzupassen, sind flexible Beschäftigungsverhältnisse gefragt. Der Einsatz von Teilzeitarbeitskräften und geringfügig Beschäftigten wird bei erweiterten Ladenöffnungszeiten bevorteilt.[83] Für den Personaleinsatz lassen beispielsweise zwei Teilzeitarbeitskräfte mehr Planungsspielraum als eine Vollzeitarbeitskraft.

Doch in der Beschäftigtenentwicklung im Einzelhandel spielen viele Faktoren eine Rolle. Aktuelle Gesetzesänderungen zur Reform des Arbeitsmarktes und ihre Wechselwirkungen müssen hier zusätzlich berücksichtigt werden. Ab dem 1. April 2003 wird geringfügige Beschäftigung wieder stärker subventioniert. Die Einkommensgrenze für die sogenannten Mini-Jobs wurde von 325,- € auf 400,- € angehoben. Bis zu dieser Einkommenshöhe sind vom Arbeitgeber lediglich 25% pauschale Abgaben zu entrichten. Bei Einkommen zwischen 400,- € und 800,- € zahlt der Arbeitgeber den vollen Sozialversicherungsbeitrag, während der Sozialversicherungsbeitrag des Arbeitnehmers schrittweise ansteigt.[84]

Somit stellen Teilzeitarbeitskräfte und geringfügig Beschäftigte ein geeignetes Mittel für die Handelsunternehmen dar, um ihre Personalkosten bei gleichzeitiger Flexibilisierung ihrer Mitarbeiter zu senken. Während seit 1999 sozialversicherungspflichtige Teilzeitstellen um über 40% abgebaut wurden, stiegen geringfügige (sozialversicherungsfreie) Beschäftigungs-verhältnisse um über 50% an.[85]

Bereits im Jahr 1999 lag der Anteil der Vollzeitstellen an allen neugeschaffenen Arbeitsplätzen im Einzelhandel bei lediglich 17%. Auf sozialversicherungspflichtige Teilzeitstellen entfielen 34% und fast die Hälfte mit 49% des Personals wurde auf geringfügiger Basis eingestellt.[86]

Die Beschäftigungsverhältnisse auf Grundlage der Mini-Jobs wurden in den letzten Jahren zunehmend von vielen jüngeren Menschen während der Schul- und Hochschulausbildung, von Hausfrauen und Rentnern wahrgenommen. Genaue Zahlen der Zusammensetzung können hier nicht angegeben werden, da kein entsprechendes Datenmaterial vorliegt.[87] Obgleich der Trend zu geringfügiger Beschäftigung auch in anderen Branchen zu beobachten ist, so ist der Einzelhandel von dieser Entwicklung am stärksten betroffen.[88]

Insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel wird diese Beschäftigungsform äußerst häufig angewendet und tritt immer mehr an die Stelle fester Arbeitsplätze. In einigen Großunternehmen machen die geringfügig Beschäftigten bereits mehr als 35% der Belegschaft aus. In Folge des Einsatzes dieser Pauschalkräfte werden von der Arbeitgeberseite Millionenbeträge an Sozialversicherung zu Lasten der Allgemeinheit gespart. Das verschafft Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz, führt aber auch zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen und wiederum zu einer negativen Sogwirkung hin zu noch mehr ungeschützten Arbeitsverhältnissen und Verdrängung qualifizierter Arbeitsplätze.[89] Längere Ladenöffnungszeiten bevorteilen den Einsatz flexibler Teilzeitkräfte und geringfügig Beschäftigter. Dieser Einsatz wird aber erst durch die oben genannten Begünstigungen des Gesetzgebers ermöglicht. Die Ursache für diese Entwicklung ist also nicht in den längeren Ladenöffnungszeiten sondern vielmehr in den finanziellen Anreizen für den Einsatz geringfügig Beschäftigter zu sehen.

5.5 Die Mitarbeiterstruktur der Extra-Verbrauchermärkte

Die in den zurückliegenden Abschnitten dargelegten Veränderungen und Entwicklungen der Arbeitsverhältnisse werden im folgenden kurz und prägnant am Beispiel der Extra-Verbrauchermärkte belegt.

Die Vertriebslinie Extra der METRO Group betreibt ein dichtes Netz von bundesweit 469 Verbrauchermärkten.[90]

Verbrauchermärkte zeichnen sich durch ein breites und tiefes Sortiment in überwiegend Selbstbedienung auf einer Fläche von 1000 bis 3000m² aus.[91] Das Sortiment zwischen 21.000 und 40.000 Artikeln umfasst Lebensmittel sowie Ge- und Verbrauchsgüter des kurz- und mittelfristigen Bedarfs.[92]

Wie die gesamte Einzelhandelsbranche leiden auch die Extra-Verbrauchermärkte unter den seit Jahren stagnierenden Konsumausgaben und der Expansion der Discounter.

So waren im ersten Quartal des Jahres 2003 bei Extra noch 21.200 Mitarbeiter beschäftigt. Im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen in der Verwaltung und Marktschließungen sank die Zahl der Beschäftigten bis zum 31. Dezember 2003 auf insgesamt 19.900. Die weggefallenen Arbeitsverhältnisse verteilten sich gleichmäßig auf Voll- und Teilzeitstellen.[93] Im Vergleich zum Durchschnitt des Einzelhandels sind bei Extra mit 12.700 Mitarbeitern mehr als 64% in Teilzeitarbeitsverhältnissen angestellt. Der überwiegende Teil der Teilzeitbeschäftigten leistet zwischen 18 und 30 Wochenstunden. Auch die Frauenquote der Beschäftigten liegt mit 83% weit über dem Durchschnitt von 70% im Einzelhandel. Die 17% männlichen Beschäftigten arbeiten selten in Teilzeitarbeitsverhältnissen und besetzten oft Führungspositionen im Unternehmen.[94]

In den sich ändernden Rahmenbedingungen setzt auch Extra auf flexible Arbeitsverhältnisse. Um die Personalkosten den sinkenden Umsätzen anzupassen, werden als Alternative zu Entlassungen vielerorts die Wochenstunden der Mitarbeiter abgesenkt. Die Beschäftigung kann, wenn auch auf niedrigerem Niveau, somit erhalten bleiben.

Weitere Rationalisierungsmaßnahmen zeigen sich im zunehmenden Einsatz von Packteams oder geringfügig Beschäftigten zum Verräumen der Ware. Eine der Hauptaufgaben der Mitarbeiter wird dadurch von preiswerten externen Packfirmen oder bedarfsgerecht einsetzbaren Pauschalkräften übernommen. Diese Umverteilung der Aufgaben lässt quantitativ das Arbeitsvolumen der fest eingestellten Mitarbeiter sinken und führt letztendlich zur Rechtfertigung der Herabsetzung der Wochenarbeitsstunden. Der Wandel von Vollzeitstellen in Teilzeitstellen ist die Folge.

„Wenn auch keine Monokausalität zwischen verlängerten Ladenöffnungszeiten und dem Abbau von Arbeitsplätzen und Arbeitsvolumen unterstellt werden kann, so belegen die vorliegenden Befunde doch die These, dass Ladenöffnungserweiterungen nachteilig auf Vollzeitarbeitsstellen wirken. Demgegenüber wird der Einsatz von Teilzeitbeschäftigten und geringfügig (sozialversicherungsfreien) Beschäftigten bevorteilt.“[95] So die Auffassung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Aus einem neutralen Standpunkt heraus fördert ein liberaler Ladenschluss den Einsatz flexibler Arbeitskräfte, verursacht ihn jedoch nicht. Nach Meinung der Industrie- und Handelskammern wird der Trend zu Arbeitszeitflexibilität in den nächsten Jahren weiter voranschreiten. Als Hauptgründe werden die Preisorientierung und somit der Kostendruck auf die Händler sowie die Anpassung des Personalbedarfs an die Kundenfrequenz, und eben nicht längere Öffnungszeiten, genannt.[96]

Dem Abbau der Arbeitsplätze kann nicht mit einer ablehnenden Haltung zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten Einhalt geboten werden. Sinnvoll wäre es, Überlegungen zu interessanten Arbeitsmodellen anzustellen, die den Wünschen und Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsprechen. Sollen auf der einen Seite die Personalkosten nicht ins unermessliche steigen, auf der anderen Seite aber qualifizierte Arbeitsplätze erhalten bleiben, müssen langfristig sinnvolle Lösungsvorschläge erarbeitet werden, die der jetzigen Entwicklung entgegen wirken. Wird der derzeitige Stil der Personalpolitik weiter verfolgt, droht dem Einzelhandel, insbesondere dem mittelständischen Einzelhandel, ein qualitatives und quantitatives Defizit in Sachen Attraktivität und Umfang von hochwertigen Arbeitsplätzen. Für die Beschäftigten bedeutet diese Entwicklung eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Dequalifizierung und Deprofessionalisierung.[97]

5.6 Änderungen von Arbeitszeit und Arbeitszeitsysteme

Arbeitszeit ist die Zeit, für die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf Grundlage des Arbeitsvertrages seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss. Die Arbeitszeit soll grundsätzlich einen gesundheitlich vernünftigen Ausgleich in der Dauer der Freizeit, der ihr auf der anderen Seite entgegensteht, finden.[98]

Die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit wird im Einzelhandel in Wochenstunden angegeben und beträgt, je nach Bundesland, zwischen 37 und 39 Stunden für einen Vollzeitbeschäftigten. Demgegenüber liegt eine Teilzeitbeschäftigung dann vor, wenn die Arbeitszeit geringer ist als die tarifliche oder betriebsübliche Arbeitszeit. Teilzeitbeschäftigung gibt es daher mit unterschiedlicher Arbeitszeitdauer. Sie reicht von einigen Stunden pro Woche bis hin zur Fast-Vollzeitarbeit.[99]

An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Deutschen im internationalen Vergleich mit die kürzesten Arbeitszeiten besitzen.[100] Die Regelarbeitszeit z.B. in den Niederlanden, Dänemark oder Großbritannien liegt im Durchschnitt 100 Stunden über der Jahresarbeitszeit der Deutschen.[101] Die Belastung der Beschäftigten sollte auch unter diesem Gesichtspunkt hinterfragt werden.

Für die Arbeitnehmer stellt das Ladenschlussgesetz im Kern ein Arbeitszeitgesetz dar. Für sie bedeutet eine immer längere Öffnungszeit die Aushöhlung dieser Schutzfunktion.[102]

Arbeitgeber beurteilen die Lage anders. Aus ihrer Sicht sind das Arbeitszeitgesetz und die Tarifverträge für den Arbeitnehmerschutz zuständig, jedoch nicht das Ladenschlussgesetz.[103] Diese verschiedenen Grundsatzauffassungen bestimmen nahezu alle Diskussionen um die Freigabe der Öffnungszeiten.

In den Handelsunternehmen wird die Änderung der Öffnungszeiten in der Regel nicht von den betroffenen Mitarbeitern beschlossen. Fast 80% aller Einzelhandelsbeschäftigten plädieren gegen eine völlige Liberalisierung des Ladenschlusses.[104] Die Beschäftigten müssen sich in den meisten Fällen den veränderten Öffnungszeiten anpassen. Trotz einer erhöhten Belastung aufgrund der Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen werden in Betrieben ohne Betriebsrat in der Regel keine Zuschläge für Schichtarbeit oder spätöffnungsbedingte Arbeit gewährt.[105]

Andere Voraussetzungen gelten in Betrieben, in welchen der Tarifvertrag Anwendung findet. Bedeutend für eine Entlastung der Beschäftigten sind die Vereinbarungen über Zuschläge für spätöffnungsbedingte Arbeitszeit. Demnach erhalten Beschäftigte für die Arbeitszeit von Montag bis Freitag nach 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr einen Zuschlag von 20%. Am Samstag ist dieser Zuschlag nach der letzen Änderung des Ladenschlussgesetzes nach 14.30 und bis 20.00 Uhr zu bewilligen. Da diese Zuschläge in der Regel nicht ausgezahlt, sondern als Zeitgutschrift gewährt werden, bedeuten sie letztlich eine Verkürzung der Arbeitszeit.[106]

So führte die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten am Samstag von 16.00 auf 20.00 Uhr in vielen Betrieben zu Veränderungen in den vereinbarten Arbeitszeitsystemen. Auch wenn es bei der Verlängerung (nur) um vier Stunden geht, so bedeutet dies eine neue Personaleinsatzplanung. Befragungen haben ergeben, dass die Spätöffnungszeiten vor allem mit dem Stammpersonal, d.h. mit Vollzeitkräften abgedeckt werden. Vielerorts ist die verstärkte Kundenfrequenz und der höhere Bedarf an fachlicher Bedienung und Beratung als zu anderen Zeiten ausschlaggebend für diese Personalplanung.[107] Die verlängerte Samstagsöffnung verursacht wiederum an den anderen Tagen eine Besetzungslücke von vier Stunden. Nach Meinung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wird diese Lücke mehrheitlich durch Überstunden und flexiblere Arbeitsverhältnisse geschlossen. Teilzeitkräfte bzw. geringfügig Beschäftigte sind einerseits leichter in Schichtsysteme und anpassungsfähige Einsatzpläne zu integrieren und bereiten andererseits im Vergleich zu Vollzeitarbeitsplätzen geringere Schwierigkeiten bei der Ableistung von Überstunden.[108]

Überstunden sind in einer komplexen Arbeitswelt normal, um Zufälligkeiten oder unvorhergesehenen Schwankungen entgegensteuern zu können. Beschäftigungspolitisch problematisch werden Überstunden aber immer dann, wenn sie zur Regel werden und vorrangig aus Kostengründen, auch bei langfristig absehbaren (saisonalen) Nachfrageschwankungen zum Einsatz kommen.[109]

Im Jahr 2003 leistete jeder Arbeitnehmer in Deutschland im Durchschnitt 47 Überstunden. Die Beschäftigten im Einzelhandel sind von Überstunden weitaus stärker betroffen als der Bundesdurchschnitt. Vielerorts sind Überstunden die Regel und werden als selbstverständlich hingenommen.[110] Der anhaltende Personalabbau bei gleichzeitiger Ausweitung der Ladenöffnungszeiten treiben diese negative Entwicklung voran. Besonders betroffen sind die Vollzeitkräfte. Zwei Drittel von ihnen leisten regelmäßig Überstunden, im Durchschnitt 230 Stunden jährlich. Im Jahresmittel leistet jeder Beschäftigte im Einzelhandel 200 Überstunden.[111] Diese vierfach höhere Mehrbelastung im Vergleich zu anderen Branchen wird sich in den kommenden Jahren nicht ändern. Somit führen längere Ladenöffnungszeiten, mehr Einzelhandelsfläche und der anhaltende Personalabbau zu einer ständigen Unterbesetzung.[112] Das Wachstum der Überstunden im deutschen Einzelhandel steht mit diesen Entwicklungen also in einem direkten Zusammenhang.[113]

[...]


[1] Vgl. Dichtl, Erwin/ Lingenfelder, Michael (1999), S.272.

[2] Vgl. Kral, Thomas (1997), S.12.

[3] Vgl. ebenda.

[4] Vgl. Dichtl, Erwin/ Lingenfelder, Michael (1999), S.273.

[5] Vgl. Schättle, D. (2000), S.1.

[6] Vgl. Dichtl, Erwin/ Lingenfelder, Michael (1999), S.274.

[7] Vgl. Pauls, Stephan (2002), S.2.

[8] Vgl. Tominaga, Minoru (1997), S.25.

[9] Vgl. Diering, Frank (2003), (Klage gegen Ladenschlussgesetz), S.1.

[10] Vgl. Martensen, Uta (2003), (Experten sind unterschiedlicher Auffassung zum Ladenschluss), S.1.

[11] Vgl. Schättle, D. (2000), S.1.

[12] Vgl. Schättle, D. (2000), S.1.

[13] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.42.

[14] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.42.

[15] Vgl. Schättle, D. (2000), S.1.

[16] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.42.

[17] Vgl. Neumann, Dirk (2003), Vorwort S.5.

[18] Vgl. Schmidt, Axel/ Kayser, Gunter (1986), S.51.

[19] Vgl. Schneider, Helmut (2003), (Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten als ein Beispiel für die Veränderung von Spielregeln im strategischen Marketing), S.4.

[20] Schmitz, Holger (2002), S.42.

[21] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.42.

[22] Vgl. Rummert, Yvette (1997), (Die Flexibilisierung der Ladenschlusszeiten im Einzelhandel), S.1.

[23] Vgl. Dichtl, Erwin/ Lingenfelder, Michael (1999), S.275.

[24] Vgl. ebenda.

[25] Vgl. Ley, Beatrix/ Theelen, Ulrich (1997), S.2.

[26] Vgl. Munz, S., et al. (1995), S.337.

[27] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.4

[28] Vgl. o. V. (2003a), (Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über den Ladenschluss), S.1.

[29] Vgl. Neumann, Dirk (2003), S.VI.

[30] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.6.

[31] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.39.

[32] Neumann, Dirk (2003), S.10.

[33] Vgl. Neumann, Dirk (2003), S.13ff.

[34] Vgl. Dichtl, Erwin/ Lingenfelder, Michael (1999), S.273.

[35] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.40.

[36] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.2.

[37] Vgl. o. V. (2003b), (Karlsruhe prüft Ladenschlussgesetz), S.1.

[38] Art. 12 Abs. 1 GG.: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“

[39] Vgl. o. V. (2003a), S.20.

[40] Vgl. Diering, Frank (2003), (Klage gegen Ladenschlussgesetz), S.1.

[41] Vgl. o. V. (2003c), (Handelswissen Ladenschlussgesetz), S.1.

[42] Vgl. o. V. (2003d), (Handelswissen Tankshops), S.1.

[43] Vgl. GEWOS (2000), S.4.

[44] Vgl. Rob, Petra/ Griepentrog, Wolfgang (2003), S.51.

[45] Vgl. o. V. (2003d), (Handelswissen Tankshops), S.1.

[46] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.24.

[47] Vgl. Kohfink, Wilhelm (2003a), S.2.

[48] Vgl. ebenda.

[49] Vgl. o. V. (2003a), S.20.

[50] Vgl. ebenda.

[51] Vgl. Pellengahr, Hubertus (2003), (Ladenschluss kein Arbeitnehmerschutz), S.1.

[52] Vgl. Schmitz, Holger (2002), S.6.

[53] Hoffmeister, Dieter (2002), (Der Hunger nach Zeit und die Beschleunigung der Gesellschaft), S.2.

[54] Vgl. Diering, Frank (2003), (Klage gegen Ladenschlussgesetz), S.1.

[55] Vgl. GfK PRISMA INSTITUT (2003), S.3.

[56] Vgl. Kohfink, Wilhelm (2003b), S.12.

[57] Vgl. Mangold, Klaus (1997), S.14.

[58] Vgl. Halk, K. et al. (1999), S.34.

[59] Vgl. Rob, Petra/ Griepentrog, Wolfgang (2003), S.6.

[60] Vgl. ebenda.

[61] Vgl. Verdi Bundesvorstand (2003), S.10.

[62] Vgl. Hupp, Oliver/ Schuster, Harald (2000), S.352ff.

[63] Vgl. Schneider, Helmut (2003), (Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten als ein Beispiel für die Veränderung von Spielregeln im strategischen Marketing), S.15.

[64] Vgl. Nierhaus, Wolfgang et al. (2003), S.12.

[65] Vgl. Dorsch, Martina (2001), S.24.

[66] Vgl. Warich, Bert (2003), S.5.

[67] Vgl. o. V. (2004a), (Handelswissen Teilzeitkraft), S.1.

[68] Vgl. Warich, Bert (2003), S.7.

[69] Vgl. Warich, Bert (2002), S.4.

[70] Vgl. Jacobsen, H./ Hilf, E. (1999), S.13.

[71] Vgl. ebenda.

[72] Vgl. Jacobsen, H./ Hilf, E. (1999), S.16.

[73] Vgl. ebenda.

[74] Vgl. ebenda, S.35.

[75] Vgl. ebenda, S.36, 38.

[76] Vgl. ebenda, S.38.

[77] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.16.

[78] Vgl. o. V. (2004b), (Beschäftigte und Umsatz im Einzelhandel), S.1.

[79] Vgl. Veh, Susanne (2003), S.2.

[80] Vgl. o. V. (2004b), (Beschäftigte und Umsatz im Einzelhandel), S.1.

[81] Vgl. BBE-Unternehmensberatung (2003), (Flächenwachstum im Einzelhandel), S.1.

[82] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.16.

[83] Vgl. ebenda, S.17.

[84] Vgl. ebenda, S.8.

[85] Vgl. Warich, Bert (2004), S.9.

[86] Vgl. Kirsch, Johannes et al. (1999), S.112.

[87] Vgl. Rummert, Yvette (1997), S.17.

[88] Vgl. Kirsch, Johannes et al. (1999), S.177.

[89] Vgl. Rummert, Yvette (1997), S.12.

[90] Vgl. Rob, Petra/ Griepentrog, Wolfgang (2003), S.105

[91] Vgl. A.C.Nielsen (2003), S.13

[92] Vgl. Rob, Petra/ Griepentrog, Wolfgang (2003), S.105.

[93] Vgl. Hillebrand, Reinhard (2004a), S.1.

[94] Vgl. Hillebrand, Reinhard (2004b), S.16.

[95] Biehler, Hermann, et al. (2003), S.17.

[96] Vgl. GfK PRISMA INSTITUT (2003), S.1.

[97] Vgl. Rummert, Yvette (1997), S.12.

[98] Vgl. o. V. (2004c), (Handelswissen Arbeitszeit), S.1.

[99] Vgl. Ley, Beatrix/ Theelen, Ulrich (1997), S.49.

[100] Vgl. Stolberg, Ulrike (2002), S.39.

[101] Vgl. ebenda, S.40.

[102] Vgl. Veh, Susanne (2003), S.7.

[103] Vgl. o. V. (2003e), (Ladenschlussreform: Keine unsozialen Arbeitszeiten), S.1.

[104] Vgl. Rummert, Yvette (1997), S.6.

[105] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.18.

[106] Vgl. Meinecke, Ulrich (2003), S.4.

[107] Vgl. Jacobsen, H./ Hilf, E. (1999), S.54.

[108] Vgl. ebenda, S.55.

[109] Vgl. Kühn, Wolfgang/ Schuldt, Karsten (1997), S.23.

[110] Vgl. o. V. (2004d), (Überstunden in Deutschland), S.1.

[111] Vgl. Biehler, Hermann, et al. (2003), S.20.

[112] Vgl. Veh, Susanne (2003), S.6.

[113] Vgl. ver.di (1999), S.6.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832482640
ISBN (Paperback)
9783838682648
DOI
10.3239/9783832482640
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Berufsakademie Berlin – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2004 (September)
Note
1,7
Schlagworte
handel beschäftigte ladenöffnungszeiten käuferverhalten kunden
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Titel: Die Entwicklung des Einzelhandels im Kontext des Ladenschlussgesetzes
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