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Basel II und die Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung

©2004 Diplomarbeit 85 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die deutsche Wirtschaft ist ohne mittelständische Unternehmen nicht vorstellbar. Der Mittelstand steht hierzulande für Innovation und Flexibilität. Zudem stellt er mit Abstand die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung. Ende 2003 haben sich in Basel die führenden Industrieländer auf eine neue – für den Mittelstand wichtige – international gültige Eigenkapitalvereinbarung geeinigt (Basel II). Ziel dieses Baseler Akkords ist es, die internationalen Finanzsysteme sicherer zu machen. Danach müssen Kreditinstitute, nach einer einjährigen Übergangszeit, Anfang 2007 für Bankkredite Eigenkapital in Abhängigkeit von der jeweiligen Risikobehaftung hinterlegen. Für Unternehmen mit guter Bonität und mit geringem Risiko werden damit die Kredite billiger, während für Unternehmen mit schlechter Bonität und hohem Risiko die Kredite teurer oder – im schlimmsten Fall – überhaupt nicht mehr vergeben werden. Um eine solche Einteilung vorzunehmen, werden Unternehmen dazu anhand bestimmter Kriterien bewertet und entsprechend eingestuft. Die Kreditzinsen und damit die Finanzierungskosten sind also von der Ratingnote fundamental abhängig. Traditionelle Bankkredite stellen für die Kapitalbeschaffung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) immer noch die wichtigste Finanzierungsform dar. Mittelständische Unternehmen sind daher in einem viel stärkeren Maße von Veränderungen in der Kreditvergabepraxis der Kreditinstitute betroffen als Großunternehmen. Großunternehmen haben ganz andere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung, beispielsweise durch Aktienemissionen, Industrieanleihen, etc.
Welche Auswirkungen hat Basel II auf die Mittelstandsfinanzierung? Und wie kann die strategische Unternehmensführung auf die neuen Bestimmungen reagieren?
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Genese und die Konzeption von Basel II zu geben, und die Auswirkungen auf die KMU darzustellen. Ferner soll der Frage nachgegangen werden, wie Unternehmen ihr Rating verbessern und damit ihre Finanzierungskosten senken können. Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Suche nach kostengünstigen Alternativen zum klassischen Bankkredit zu nutzen.
Gemäß der Intention der vorliegenden Arbeit ergeben sich die Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes auf der einen Seite sowie der Aufbau der vorliegenden Studie auf der anderen Seite. Zunächst gilt es, den Begriff Mittelstand näher zu beschreiben, dessen gesamtwirtschaftliche Bedeutung und die Situation […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1 Aktueller Anlass und Aufbau der Arbeit

(1) Aktueller Anlass der Arbeit

Die deutsche Wirtschaft ist ohne mittelständische Unternehmen nicht vorstellbar. Der Mittelstand steht hierzulande für Innovation und Flexibilität. Zudem stellt er mit Abstand die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung. Ende 2003 haben sich in Basel die führenden Industrieländer auf eine neue – für den Mittelstand wichtige – international gültige Eigenkapitalvereinbarung geeinigt (Basel II). Ziel dieses Baseler Akkords ist es, die internationalen Finanzsysteme sicherer zu machen. Danach müssen Kreditinstitute, nach einer einjährigen Übergangszeit, Anfang 2007 für Bankkredite Eigenkapital in Abhängigkeit von der jeweiligen Risikobehaftung hinterlegen. Für Unternehmen mit guter Bonität und mit geringem Risiko werden damit die Kredite billiger, während für Unternehmen mit schlechter Bonität und hohem Risiko die Kredite teurer oder – im schlimmsten Fall – überhaupt nicht mehr vergeben werden. Um eine solche Einteilung vorzunehmen, werden Unternehmen dazu anhand bestimmter Kriterien bewertet und entsprechend eingestuft. Die Kreditzinsen und damit die Finanzierungskosten sind also von der Ratingnote fundamental abhängig. Traditionelle Bankkredite stellen für die Kapitalbeschaffung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) immer noch die wichtigste Finanzierungsform dar. Mittelständische Unternehmen sind daher in einem viel stärkeren Maße von Veränderungen in der Kreditvergabepraxis der Kreditinstitute betroffen als Großunternehmen. Großunternehmen haben ganz andere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung, beispielsweise durch Aktienemissionen, Industrieanleihen, etc.

Welche Auswirkungen hat Basel II auf die Mittelstandsfinanzierung? Und wie kann die strategische Unternehmensführung auf die neuen Bestimmungen reagieren?

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Genese und die Konzeption von Basel II zu geben, und die Auswirkungen auf die KMU darzustellen. Ferner soll der Frage nachgegangen werden, wie Unternehmen ihr Rating verbessern und damit ihre Finanzierungskosten senken können. Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Suche nach kostengünstigen Alternativen zum klassischen Bankkredit zu nutzen.

(2) Aufbau der Arbeit

Gemäß der Intention der vorliegenden Arbeit ergeben sich die Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes auf der einen Seite sowie der Aufbau der vorliegenden Studie auf der anderen Seite. Zunächst gilt es, den Begriff Mittelstand näher zu beschreiben, dessen gesamtwirtschaftliche Bedeutung und die Situation mittelständischer Unternehmen zu diskutieren. In den folgenden Kapiteln 3 und 4 werden die neuen Eigenkapitalbestimmungen näher erläutert und kritisch reflektiert. Der Schwerpunkt im sich anschließenden fünften Kapitel liegt in der Abwägung möglicher Auswirkungen von Basel II auf die Mittelstandsfinanzierung. Dies soll mittels einer ausführlichen Analyse und Bewertung externer und interner Ratingverfahren exemplifiziert werden. Ein Fragenkatalog soll hierbei den nahen Praxisbezug unterstützen.

Die Frage nach möglichen alternativen Finanzierungsformen für die KMU bildet einen weiteren Schwerpunkt dieser Arbeit (Kapitel 6). Aus Gründen der thematischen Abgrenzung der vorliegenden Arbeit werden ausschließlich die für die Zielsetzung der Arbeit relevanten Formen der Außen- und Beteiligungsfinanzierung behandelt. Alternative Finanzierungsformen, welche die Innenfinanzierung betreffen, können daher nur am Rande erwähnt werden. Abschließend sollen die unterschiedlichen Ergebnisse der vorliegenden Studie zusammengefasst und einer kritischen Würdigung unterzogen werden, mit einem Ausblick auf die Finanzierungsstruktur mittelständischer Unternehmen in Deutschland vor dem Hintergrund von Basel II.

2 Mittelständische Unternehmen in Deutschland

Unter dem Begriff des Mittelstands sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bzw. sogenannte small and medium sized enterprises (SME) zu verstehen. Eine allgemeingültige Definition besteht bisher allerdings nicht. Je nach Abhängigkeit der gewünschten Abgrenzungskriterien existieren gegenwärtig eine Vielzahl von Definitionen u. a. im Steuer-, Arbeits- und Handelsrecht. Ebenso gibt es statistische oder einzelstaatliche Begriffsbestimmungen (vgl. BROCKHAUS 2002, 17f.).

Trotz aller Verschiedenheit wird einstimmig unterschieden zwischen quantitativen und qualitativen Merkmalen des Mittelstandes, die sowohl eindimensional als auch mehrdimensional abgegrenzt werden können.

2.1 Quantitative Definition des Mittelstands

Allgemein anerkannt ist die Mittelstandsdefinition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn. Im Zuge der Euroeinführung und der Umstellung der amtlichen Statistik auf Euro-Werte hat sich das IfM Bonn entschlossen, seine quantitative Mittelstandsdefinition anzupassen. Die Unternehmensgrößenklassen wurden dabei insbesondere für kleine und mittlere mittelständische Unternehmen zum Teil erheblich abgeändert.

Tab. 2-1: Neue Mittelstandsdefinition des IfM Bonn für kleine und mittlere Unternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen aus IfM 2002: Unternehmensgrößenstatistik 2001/2002, 21

Unter die Rubrik Kleine Unternehmen fallen seitdem Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 1 Mio. € (bisher unter 1 Mio. DM). Zu den mittelgroßen Unternehmen zählen nun Firmen mit einem Jahresumsatz von 1 Mio. € bis max. 50 Mio. € (bisher lag die Spanne zwischen 1 Mio. DM bis 100 Mio. DM). Das Einteilungskriterium der Größenklasse große mittelständische Unternehmen liegt bei einem Jahresumsatz von 50 Mio. € bis 100 Mio. € (vorher 100 Mio. DM und mehr) [vgl. IfM 2002, 18-21].

Die Rubrik Zahl der Beschäftigten je Unternehmensgröße blieb hingegen unverändert.

Im Zuge eines Harmonisierungsprozesses innerhalb der Europäischen Union werden ab dem 1. Januar 2005 von der Europäischen Kommission kleinere und mittlere Unternehmen neu definiert. Die neue KMU-Definition wird dann für zahlreiche EU-Richtlinien, Verordnungen, Programme und staatliche Beihilferegelungen sowie für alle Fördermaßnahmen maßgeblich sein (vgl. EG 2003a, 36).

Zur Vereinfachung werden im weiteren Verlauf die Begriffe Definition des Mittelstands, KMU und SME synonym verwendet.

Tab. 2-2: KMU-Definition der Europäischen Kommission

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen aus EU 2003b

Die Definition der Europäischen Kommission beinhaltet Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, mit einem max. Jahresumsatz von 50 Mio. EUR (bisher 40 Mio. EUR) und einer Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. EUR (bisher 27 Mio. EUR). Darüber hinaus darf das Unternehmen nur dann keiner Gruppe verbundener Unternehmen angehören, wenn diese die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen (vgl. EU 2003b).

2.2 Qualitative Definition des Mittelstands

Neben der rein auf Zahlen basierenden quantitativen KMU-Definition lässt sich der Mittelstand noch über qualitative Merkmale definieren. Das IfM in Bonn orientiert sich dabei an den folgenden drei Merkmalen (vgl. IfM 2003, 3):

- Einheit von Eigentum, Leitung, Haftung und Risiko (Einheit von wirtschaftlicher Existenz des Inhabers und seines Unternehmens)
- Verantwortung für die Leitung des Betriebes und aller unternehmenspolitisch relevanter Entscheidungen
- Völlige oder weitgehende Unabhängigkeit von einem Konzern

Darüber hinaus verfügen mittelständische Unternehmen über einen geringen Marktanteil und engagieren sich besonders in der regionalen Wirtschaft. Gleichzeitig zeichnen sie sich durch einen geringen Formalisierungsgrad und durch die Erbringung individueller und differenzierter Leistungen aus. Ein weiteres qualitatives mittelständisches Merkmal besteht darin, dass für KMU nur eingeschränkte Möglichkeiten der externen Kapitalbeschaffung zur Verfügung stehen. Dies hat zur Folge, dass KMU i. d. R. höhere Kosten für die Fremdkapitalbeschaffung in Kauf nehmen müssen als Großunternehmen (vgl. BROCKHAUS 2002, 19-21).

2.3 Gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Mittelstands

Wie aber lässt sich nun die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Mittelstands für Deutschland beschreiben? Vor dem Hintergrund der oben genannten, neuen Definition von mittelständischen Unternehmen des IfM existierten in Deutschland im Jahr 2000 ca. 3,3 Millionen mittelständische Unternehmen mit rund 20,1 Mio. Beschäftigten. Die KMU stellen 99,7% aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen dar, die 43,2% aller steuerpflichtigen Umsätze tätigten. 69,7% aller Arbeitsplätze fallen in den Bereich der KMU; ferner bilden sie 83% aller Auszubildenden aus. An der Bruttowertschöpfung aller Unternehmen trägt der Mittelstand mit 48,8% bei (vgl. IFM 2002 und CREDITREFORM u. a. 2003).

Diese Zahlen verdeutlichen die Bedeutung von mittelständischen Unternehmen für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland. Man kann daher von einer „... mittelständisch geprägten Wirtschaft...“ (EGGERT 2001, 17) sprechen.

2.4 Gegenwärtige Situation des Mittelstands

Das vergangene Jahr war vor allem durch eine lahmende Binnennachfrage gekennzeichnet, die nicht spurlos an den kleinen und mittelständischen Unternehmen vorübergegangen ist. Im vierten Quartal von 2003 verbesserte sich die Geschäftslage der KMU, in Folge eines weltweiten Aufschwungs nach dem Ende des Irak-Krieges und dem Abklingen der SARS-Epedemie in Asien. Nach vierjähriger konjunktureller Schwächephase sind die Erwartungen mittelständischer Unternehmen verhalten optimistisch (vgl. KfW u. a. 2004).

Neben der schwachen Binnennachfrage sehen sich die Unternehmen heute mit einer schnell wachsenden Zahl von Konkurrenten konfrontiert, was den Wettbewerb verschärft und die Absatzmöglichkeiten schmälert. Andererseits bietet bspw. der EU-Osterweiterung gute Chancen, für die inländischen Unternehmen neue Märkte im innereuropäischen Ausland zu erschließen.

Auf Grund der angespannten wirtschaftlichen Situation und einer strengeren Kreditvergabepraxis der Banken, nicht zuletzt gepaart mit Managementfehlern, kam es auch im vergangenen Jahr zu einem neuen Pleiterekord in Deutschland. Nach Schätzungen der Neusser Wirtschaftsauskunft Creditreform beläuft sich die Zahl insolventer Unternehmen im Jahr 2003 insgesamt auf 39.700; dies entspricht einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 5,5% im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings lässt sich, im Zehnjahresvergleich, eine deutliche Verlangsamung des Anstieges der Insolvenzanmeldungen erkennen (vgl. CREDITREFORM 2003f).

Abb. 2-1: Die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen von 1993 bis 2003

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnomen aus CREDITREFORM 2003a

Ein Vergleich zwischen Beschäftigungszahl und insolventen Unternehmen macht deutlich, dass insbesondere Kleinbetriebe im Jahr 2003 von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit betroffen waren. Während 70,2% aller insolventen Unternehmen 1-5 Beschäftigte aufweisen, lag der Anteil bei Unternehmen mit über 50 Beschäftigen gerade mal bei 1,7% (vgl. CREDITREFORM 2003b).

Abb. 2-2: Beschäftigtenzahl insolventer Unternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnomen aus CREDITREFORM 2003b

Neben der schwierigen konjunkturellen Situation und einer restriktiveren Kreditvergabepraxis der Kreditinstitute stellt die oft viel zu geringe Eigenkapitalausstattung von KMU ein erhebliches Insolvenzrisiko dar. Als Grund für die zu geringe EK-Ausstattung kann sicherlich das deutsche Steuerrecht genannt werden. Die steuerrechtlichen Vorschriften führen dazu, dass Fremdkapital billiger wird als Eigenkapital, was den Unternehmer dazu verleitet, Geld aus dem Unternehmen herauszuziehen, um es anschließend steueroptimiert anzulegen. Hat der Unternehmer diese Gelder jedoch in Immobilien und Grundstücke angelegt, so können diese u. U. als Sicherheit angeboten werden (vgl. Abschnitt 4.1.3 und 5.2).

Tab. 2-3: Eigenkapitalausstattung des Mittelstands im Verhältnis zur Bilanzsumme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Angaben in % der Befragten, Rest o.A., () = Vorjahresangaben

Quelle: Entnommen aus CREDITREFORM 2003f, 13.

Die Abbildung verdeutlicht eine zunehmende Diskrepanz zwischen Unternehmen mit einer unterkapitalisierten EK-Decke und denjenigen KMU mit einer ausreichenden EK-Ausstattung. 35,7% der betrachteten Unternehmen verfügen über nicht mal 10% EK, gemessen an der Bilanzsumme. Im Jahr 2002 waren es noch 37,2%. Im Gegensatz dazu verfügen 18,3% der Unternehmen über eine Eigenkapitalquote von mehr als 30%. Im Vergleich zu 2002 ist dies eine Steigerung um 2,3%.

Anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass mittelständische Unternehmen grundsätzlich bestrebt sind, ihre EK-Quote zu erhöhen. Der Anstieg bei den Unternehmen mit EK-Decke von unter 10% ist sicherlich auf die angespannte wirtschaftliche Situation zurückzuführen. Denn nicht nur in Hinblick auf Basel II gewinnt eine vernünftige EK-Quote zunehmend an Bedeutung. In der Untersuchung zur Unternehmensentwicklung der Creditreform Mittelstands- und Konjunkturforschung im 1. Hj. 2003 wird der Zusammenhang zwischen Verschuldung, Überschuldung und Insolvenz deutlich (vgl. CREDITREFORM 2003d, 6-9). Wie die Untersuchung zeigt, sind die Unternehmen mit einer hohen EK-Decke und guter Bonität weniger krisenanfällig in wirtschaftlich angespannten Phasen als KMU mit einer zu geringen EK-Ausstattung (vgl. CREDITREFORM 2003f, 12-15).

Als weiterer Grund für den Anstieg der Unternehmensinsolvenzen sind die Vorbereitungen der Banken auf die neuen Eigenkapitalvereinbarungen zu nennen. Durch die Kündigung von risikobehafteten Krediten sowie Wertberichtigungen in der Bilanz werden KMU in ihrer Existenz bedroht.

Experten erwarten auch für das Jahr 2004, trotz einem angenommenen Wirtschaftswachstum von etwa 1,5% bis 2%, einen weiteren Anstieg der Insolvenzanmeldungen auf 43.000 Unternehmen (vgl. o.V. 2003c).

Der hohen Zahl insolventer Unternehmen steht allerdings auch ein Anstieg der Neugründungen gegenüber. So stieg die Zahl von Neugründungen in ganz Deutschland im Jahr 2003 von 720.000 auf 761.000. Ein Fünfjahresvergleich lässt daher auf eine positive Trendwende im Hinblick auf Neugründungen hoffen. Im Jahr 2002 wurde der bisherige Tiefstand von 720.000 Neugründungen erreicht (vgl. CREDITREFORM 2003c).

3 Entstehung und Zielsetzung von Basel II

Kreditinstitute spielen eine überragende Rolle in den westlichen Volkswirtschaften. Sie versorgen nicht nur Unternehmen, die Öffentliche Hand sowie Privatpersonen mit Krediten, sondern sie bestimmen zu einem großen Teil die Sicherheit unserer Finanzsysteme. Mit Hilfe der neuen Eigenkapitalvereinbarung möchte der Baseler Bankenausschuss die Kreditkonditionen risikosensitiver gestalten. Dadurch versprechen sich die Initiatoren eine Stärkung der Finanzsysteme. Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) kann nur im Kontext von Basel I, dem ersten Baseler Akkord, richtig verstanden werden.

3.1 Der historische Hintergrund von Basel II

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht reagierte auf die bedrohlich geringe Eigenkapitalausstattung der Banken Mitte der Achtziger Jahre. Basel I wurde 1988 eingeführt und richtete sich zunächst an international tätige Kreditinstitute, entwickelte sich jedoch in den Neunziger Jahren zum weltweit anerkannten Standard (vgl. EHLERS, 2003, 7).

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Commitee on Banking Supervision, BCBS) wurde 1974 von den Präsidenten der Zentralbanken der G10-Staaten gegründet. Er besteht heute aus Vertretern der Zentralbanken bzw. behördlichen Aufsichtsinstanzen Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Belgiens, Luxemburgs, der Niederlande, Schweiz, Italiens, Spaniens, Schwedens, Japans, Kanadas und der USA. Das Gremium trifft sich vierteljährlich im schweizerischen Basel. Dort befindet sich auch das ständige Sekretariat des Ausschusses bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Zu seinen Aufgaben zählt u. a. die Verbesserung der Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden, die Diskussion bankrechtlicher Fragestellungen und die Verabschiedung von Richtlinien zur Harmonisierung internationaler Wettbewerbsbedingungen im Bankensektor (vgl. BIZ 2002, 1ff.)

Die Umsetzung des ersten Baseler Akkords in nationales Recht erfolgte bis heute weltweit in über 100 Ländern. Mit der Überarbeitung des Eigenkapitalgrundsatzes I und der 4. KWG-Novelle wurde Basel I 1993 in Deutschland für alle Kreditinstitute verbindlich. Das bis heute gültige Regelwerk schreibt vor, dass alle Kreditpositionen mit 8% Eigenkapital unterlegt werden müssen, mit dem Ziel die internationalen Finanzmärkte sicherer zu machen. In dieser Mindestkapitalausstattung sind die impliziten und expliziten Risiken enthalten. Diese Risiken sind entsprechend ihres Risikogehaltes, bezogen auf die jeweilige Kreditnehmerklasse (Staaten, Banken, Nichtbanken), mit Eigenkapital zu unterlegen (vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK 2001, 16)

3.2 Notwendigkeit einer neuen Eigenkapitalvereinbarung

Der Baseler Akkord kann bis heute als Meilenstein für die Harmonisierung des Bankensektors betrachtet werden. Allerdings zeigten sich auch nicht zu unterschätzende Schwächen des Systems. So orientiert sich die pauschale Eigenkapitalunterlegung nicht an der Bonität des jeweiligen Schuldners. Letztendlich bedeutet das (vgl. PAUL/STEIN 2002, 29),

- dass die geforderte Eigenkapitalunterlegung bei guten Kreditnehmern zu hoch und bei schlechten Kreditnehmern zu gering ist. Dadurch werden Kredite zwischen den Kreditnehmern quersubventioniert.
- moderne Verfahren zur Risikominimierung und –sicherung sowohl der Banken als auch der Unternehmen nicht berücksichtigt werden.

Kreditinstitute mit gutem Risikomanagement und günstiger Risikostruktur werden im bisherigen System nicht belohnt. Infolge dessen fehlte den Banken der Anreiz, ihre Risikostreuung weiter zu entwickeln und zu optimieren.

3.3 Auf dem Weg zu Basel II

Im Rahmen der Vorbereitungen auf Basel II wurden vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht mehrere Auswirkungsstudien in Auftrag gegeben. An der dritten qualitativen Auswirkungsstudie waren Banken in 43 Ländern vertreten. „Mit dieser Studie wollte der Ausschuss vor Fertigstellung des dritten Konsultationspapiers (CP3) die Auswirkungen der Basel II-Vorschläge auf die Mindesteigenkapitalanforderungen (d. H. Säule 1) abschätzen.“ (BIZ 2003a, 1). Die Ergebnisse der dritten Auswirkungsstudie, der sog. QIS 3, flossen direkt in das Dritte Konsultationspapier, welches im Mai 2003 veröffentlicht wurde. Die Bankenverbände hatten bis Ende Juli 2003 Zeit, hierzu Stellung zu nehmen, bevor die neue Eigenkapitalvereinbarung Basel II im Herbst 2003 veröffentlicht wurde. Nach einer Übergangsphase von drei Jahren wird der neue Baseler Akkord voraussichtlich Ende 2006 in Kraft treten.

Tab. 3-1: Zeitplan von Basel II

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen aus DB 2003

3.4 Zielsetzung von Basel II

Ziel des neuen Baseler Akkords (Basel II) ist es, die Stabilität und Solidarität des internationalen Finanzsystems weiter zu verbessern. Darüber hinaus werden noch eine Reihe weiterer Teilziele angestrebt (vgl. OENB 2003):

- Eine weitere Annäherung der regulatorischen Eigenmittel an das tatsächliche Risikoprofil der Banken unter
- umfassender Abdeckung aller wesentlichen Bankrisiken durch
- anreizkompatible, flexible, theoretisch fundierte und operable Vorschriften, die auch
- bankinterne Methoden zulassen.
- Handhabbarkeit der neuen Vorschriften für die betroffenen Institute und Kunden.
- Im Durchschnitt sollte sich die Eigenkapitalunterlegung im Vergleich zu Basel I nicht erhöhen.

Diese Ziele sollen durch ein sog. Drei-Säulen-Konzept erreicht werden. Das Drei-Säulen-Konzept soll im folgenden Kapitel 4 näher erläutert werden.

4 Das Drei-Säulen-Konzept von Basel II

Das Rahmenwerk der neuen Eigenkapitalvereinbarung basiert auf einem Drei-Säulen-Konzept. Die erste Säule (vgl. Abschnitt 4.1) legt die quantitativen Eigenkapitalanforderungen für die Kreditvergabe fest. Mit der zweiten Säule (vgl. Abschnitt 4.2) wird die Überwachung der Kreditinstitute durch die nationalen Bankaufsichtsbehörden neu geregelt. Die dritte Säule befasst sich schließlich mit Veröffentlichungspflichten und Transparenzvorschriften der Banken (vgl. Abschnitt 4.3).

Abb. 4-1: Das Drei-Säulen-Konzept des neuen Baseler Akkords

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen aus PAUL/STEIN 2002, 31

4.1 I. Säule: Mindestkapitalanforderung

In der ersten Säule des neuen Baseler Akkords wird festgelegt, wie viel Eigenmit-

tel für die Kategorien Kreditrisiko, Marktrisiko und Operationales Risiko gehalten werden müssen (Minimum Regulatory Capital).

(1) Kreditrisiko

Unter dem Kreditrisiko ist das Risiko von teilweisen oder völligen Verlusten (default) zu verstehen, die infolge des Ausfalls eines Gläubigers oder einer Gegenpartei auftreten können (vgl. BIZ 2001b, 10).

Zur Messung des Kreditrisikos sind, wie in Abbildung 4-2 dargestellt, der Standardansatz und der Internal Ratings-Based-Approach (IRB-Ansatz) vorgesehen. Der Standardansatz und der IRB-Ansatz unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass das Kreditrisiko beim Standardansatz durch externe Ratings ermittelt wird, beispielsweise durch Standard & Poor`s oder Moody`s. Das Ergebnis des externen Ratings bestimmt die Einklassifizierung des Kreditnehmers in eine bestimmte Risikokategorie.

Beim IRB-Ansatz werden anstelle von katalogisierten Risikogewichten externer Ratingagenturen bankinterne Ratingverfahren verwendet (vgl. GLEISSNER 2002, 57f.).

Abb. 4-2: Zwei Methoden zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen für das Kreditrisiko

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832482220
ISBN (Paperback)
9783838682228
DOI
10.3239/9783832482220
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2004 (August)
Note
1,3
Schlagworte
rating drei-säulen-konzept strategische unternehmensführung eigenkapitalquote
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