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Gestaltpädagogik

Pädagogik im Sinne Erich Fromms?

©2003 Magisterarbeit 97 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Probleme unserer Zeit, bestimmt durch Ökonomie und eine entsprechende Ideologie mit negativen gesellschaftlichen, politischen, sozialen, zwischenmenschlichen und ökologischen Auswirkungen machen deutlich, dass sich das allgemeine Denken und Handeln in einem unzureichenden Zustand befindet. Trotz des ungeheuren naturwissenschaftlichen und (sozial)technologischen Wissens, scheint unser Bildungssystem diesem Zustand nicht entgegenzuwirken, sondern bestehende Verhältnisse sogar zu verschlimmern. Grundlegendes Wissen über das Wesen und die Natur des Menschen wird unterschlagen oder gar als veraltet betrachtet, wenn es nicht (im Sinne der „neuen“ Produktivität) sozialtechnologisch verwertet werden kann.
Dies drückt sich in einer Bildungskrise aus, die dadurch charakterisiert ist, dass sie anthropologisches Wissen, welches zur Weiterentwicklung und Emanzipation aus bestehenden Ideologien von Nöten ist, unterschlägt und Bildung mit bloßer Aneignung naturwissenschaftlich-technischen und sozialtechnologischen Wissens gleichsetzt. (Vergleichend hierzu sind die Untersuchungsgrundlagen der Pisastudie zu betrachten.)
Vorliegende Arbeit will unter pädagogischen Gesichtspunkten mit Hilfe von Erich Fromms analytischer Sozialpsychologie und ihrer Aktualisierung durch Rainer Funk (Vorsitzender der Erich-Fromm-Gesellschaft e.V.), die gesellschaftlichen Mechanismen herausstellen, welche heute der (sittlichen) Weiterentwicklung des Menschen (im Sinne der Weiterführung der Aufklärung) entgegenstehen. Dabei wird deutlich, dass gestaltpädagogische Ansätze mit Fromms Anthropologie in Einklang gebracht werden können, und somit einen fruchtbaren, alternativen Bildungsansatz darstellen.
„Der einzige Weg, der produktiv ist, besteht darin, dass man mit seinen Mitmenschen und der Natur spontan in Beziehung tritt, und zwar in eine Beziehung, welche den einzelnen mit der Welt verbindet, ohne seine Individualität auszulöschen.“ (Erich Fromm, Die Furcht vor der Freiheit, GAI, S.235)


Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Einleitung und Übersicht3
1.Erich Fromm7
1.1Erich Fromm und die kritische Theorie7
1.2Menschenbild Fromms12
1.3Grundbedürfnisse des Menschen15
1.4Individueller Charakterbegriff21
1.5Gesellschaftscharakter23
1.6Produktive und nicht-produktive Charakterorientierungen24
2.Pädagogische Themen bei Erich Fromm26
2.1Biophile Ethik26
2.2Biophile Erziehung27
2.3Pädagogische Grundbegriffe in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Einleitung und Übersicht

1. Erich Fromm
1.1. Erich Fromm und die kritische Theorie
1.2. Menschenbild Fromms
1.3. Grundbedürfnisse des Menschen
1.4. Individueller Charakterbegriff
1.5. Gesellschaftscharakter
1.6.Produktive und nicht-produktive Charakterorientierungen

2. Pädagogische Themen bei Erich Fromm
2.1. Biophile Ethik
2.2. Biophile Erziehung
2.3. Pädagogische Grundbegriffe in Teilaspekten

3. Gesellschaftsanalyse am Beispiel der Marketing– Orientierung
3.1. Die Entstehung der Marketing-Orientierung
3.2. Die Marketing-Orientierung und die Konsequenzen

4. Rainer Funk: Weiterentwicklung des Frommschen Ansatzes
4.1. Allgemeine Gesellschaftsanalyse: Von der Moderne zur Postmoderne
4.2. Die postmoderne Ich-Orientierung
4.3. Psychische Folgen und sich ergebende Forderungen an eine adäquate Pädagogik
4.4. Erziehung zum Sein

5. Versuch einer praktischen Anwendung: Gestaltpädagogik
5.1. Wurzeln der Gestaltpädagogik
5.2. Geschichte der Gestaltpädagogik
5.3. Begriffsabgrenzung: Was ist Gestalt?

6. Was ist Gestaltpädagogik?
6.1. Gestaltgesetze
6.2. Ziele der Gestaltpädagogik
6.3. Gestaltpädagogischer Lernprozess
6.4. Methoden der Gestaltpädagogik
6.5. Die Erzieherpersönlichkeit

7. Gestaltpädagogik als Pädagogik des Seins im Sinne Erich Fromms
7.1. Rückbezug auf Erich Fromm
7.2. Parallelen zwischen Fromms Menschenbild und dem der Gestaltpädagogik

Literaturliste

Einleitung und Übersicht

In der aktuellen Schul- und Pädagogikdiskussion stellt sich - nach Zeiten der Reformpädagogik und den Experimenten der 60er und 70er Jahre, der Alternativschulen und Bildungsdiskussionen der 80er und 90er, von PISA und anderen aktuelleren Studien - im neuen Jahrhundert wieder neu und angesichts neuer ökonomischer Erfordernisse umso dringender die Frage nach der „richtigen“ Pädagogik, der erfolgreichsten Methode, dem effektivsten Bildungssystem und nicht zuletzt die Frage nach der Rolle und Aufgabe der Erzieher.

Die Antworten scheinen zunächst uferlos und mehr oder weniger adäquat, wie die zahlreiche Pädagogikliteratur und die Praxis zeigen. Präziser können sie jedoch werden, wenn wir uns die Pädagogik - als noch relativ junge Wissenschaft - mit ihren Inhalten vor Augen führen. Die Pädagogik als Wissenschaftsdisziplin hat zum Gegenstand v.a. den heranwachsenden Menschen, d.h., eine Pädagogik, die bei ihrer Forschung nicht von ihrem Gegenstand, sondern von außen kommenden Vorstellungen und Bedürfnissen geleitet wird, hat schon primär ihren Zweck verfehlt und kann letztlich nicht als pädagogische Forschung begriffen werden.

Leider ist in der aktuellen Bildungsdiskussion oft nicht mehr der zu bildende Mensch Ausgangspunkt aller Überlegungen, sondern der Nutzen der Bildung für den Arbeitsmarkt. “Die meisten Pädagogen und Pädagoginnen leiten die Erziehung nicht von einem Menschenbild ab, sondern das Bild des Menschen von ihren Auffassungen über die Erziehung bzw. von dieser selbst her. Sie rekonstruieren den Menschen, er hat sich ihrer Theorie und ihrer Praxis zu fügen, und nicht umgekehrt.“[1]

Wie sehr heute Bildungsforschung, die entsprechend des Begriffes als “Erforschung der Bildung des Menschen” begriffen werden sollte, immer mehr unter rein wirtschaftlichen Gesichtpunkten betrieben wird, verdeutlichen Begriffe wie “Bildungsökonomie” oder “Humankapital”. So ist z. B. in “Vahlens Großem Wirtschaftslexikon” unter dem Stichwort “Humankapitaltheorie” zu lesen:

“Bildung und Ausbildung werden analog zu den Investitionen in Realkapital als Investition in das immaterielle Kapital der erworbenen, wirtschaftlich verwertbaren Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen gesehen, die das individuelle Arbeitsvermögen (human capital), die Produktivität als Arbeitskraft und damit das Einkommen erhöhen.”[2]

Es ist selbstverständlich, dass sich ein leistungsfähiges Wirtschaftssystem nur auf der Basis von Bildung und Ausbildung entwickeln kann. Auch muss dieses - wenn es der Würde des Menschen gerecht werden will - dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Dies setzt eine pädagogisch geleitete Bildungsforschung voraus mit dem Ziel, den heranwachsenden Menschen zu einer ganzheitlichen Bildung zu verhelfen.

Gegen den Trend der Zeit sehe ich diese Arbeit ganz im Sinne der pädagogischen Tradition, wie sie z.B. Otto Friedrich Bollnow beschreibt.

„Damit rückt in der Geschichte der Pädagogik der Wandel im Bild vom Menschen – vom Menschen wie er ist und vom Menschen wie er sein soll – in den Mittelpunkt der Betrachtung. Jedes pädagogische System ist getragen von einer ganz bestimmten Auffassung vom Menschen. Diese bildet die einheitliche Mitte, aus der alle Einzelzüge hervorgegangen sind und in der sie untereinander zusammenhängen. Darum ist dieses Bild vom Menschen auch der geeignete Schlüssel, hinter die Einzelheiten der pädagogischen Lehren zu dringen und sie gewissermaßen in ihrer ‚Stilreinheit’, in der inneren Notwendigkeit ihres Zusammenhangs, zu begreifen.“[3]

Die Frage nach der „richtigen“ Pädagogik braucht also ein Bild vom Menschen, das den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen vom Menschen entspricht, also eine wissenschaftlich fundierte Anthropologie.

Hierzu möchte ich mich in meinen Ausführungen auf Erich Fromm berufen, der als Sozialwissenschaftler, Sozialphilosoph und Psychoanalytiker den Anspruch einer Wissenschaft vom Menschen konsequent und in sehr verständlicher Form herausgearbeitet hat. Im Rahmen der interdisziplinären Gesellschaftsanalyse der „kritischen Theorie” hatte Fromm als Psychoanalytiker die Aufgabe, das Unbewusste im alltäglichen Verhalten der Menschen herauszuarbeiten und damit auch das Verhältnis von Mensch und Kultur. Er war damit der erste, der systematisch den Aspekt des Unbewussten, d.h., des “blinden Fleckes” im Bewusstsein, bei einer Gesellschaftsanalyse berücksichtigte. Er prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der “analytischen Sozialpsychologie”.

So soll in Kapitel 1 zunächst der wissenschaftliche Hintergrund und die dadurch gegebene Anthropologie Fromms beleuchtet und gleichzeitig die Beziehung meiner Arbeit auf die Anthropologie begründet werden; anschließend werden wesentliche Grundzüge des Denkens Fromms dargestellt v.a. sein Menschenbild, das durch die von ihm entwickelte Charaktertheorie in die Gesellschaft so eingebunden wird, dass die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt, also zwischen menschlicher Natur und Kultur, sichtbar werden.

Kapitel 2 ist dann dem Teil seiner Anthropologie gewidmet, welcher der Pädagogik am nächsten steht, und so werden hier ethische Begriffe, wie sie Fromm beschreibt, thematisiert, die immer wieder in pädagogischen Diskursen auftauchen und von pädagogischer Relevanz sind.

Kapitel 3 stellt anschließend die Übertragung dieser anthropologischen, psychologischen und soziologischen Erkenntnisse Fromms auf die konkrete Gesellschaftssituation in Form des Marketing-Charakters dar.

Da Fromms Forschung allerdings mit seinem Tod 1980 endet und deshalb neueste Entwicklungen nicht mehr berücksichtigt werden konnten, behandelt Kapitel 4 die Weiterentwicklung des Frommschen Ansatzes durch Rainer Funk, dem letzten Assistenten Fromms und Herausgeber dessen Werke. Funk beschreibt die in den 80er Jahren entstehende modernere Ich-Orientierung und differenziert dadurch den Marketing-Charakter für die Postmoderne aus. Gleichzeitig weist er darauf hin, welche Auswirkungen die neue Charakterorientierung auf die Pädagogik haben muss, indem er schreibt: “Psychoanalytische Pädagogik interessiert sich für die jedes Verhalten determinierenden Charakterorientierungen, weil diese Orientierungen der eigentliche Gegenstand von Erziehung sind. Von ihnen hängt nämlich ab, ob Erziehung zur Entfaltung der dem Menschen eigenen Möglichkeiten und Kräfte führt und zu einem gelingenden Zusammenleben mit anderen Menschen, oder ob Erziehung zur Hemmung und Vereitelung menschlicher Entwicklung und damit zu einem gestörten Zusammenleben führt.“[4]

Da Fromm nie selbst als Pädagoge (sondern als Psychoanalytiker und Hochschullehrer für analytische Sozialpsychologie) tätig war, lag es ihm fern, klare Anweisungen für eine Pädagogik in der Praxis zu geben; wer in seinem Werk eine methodische Pädagogik sucht, wird dies vergeblich tun. So bleibt zu fragen, wie eine Pädagogik im Sinne und nach dem Menschenbild Fromms auszusehen habe und wie eine solche Pädagogik in der Praxis und als Antwort auf die aktuelle Gesellschaftsanalyse nach Funk zu verwirklichen sei. Ein möglicher Entwurf einer solchen methodischen Praxis stellt in den Grundzügen die Gestaltpädagogik dar. Es soll sich hier jedoch zunächst nur um einen theoretischen Vergleich der Gedanken Fromms und den Theorien sowie Methoden der Gestaltpädagogik handeln.

Demnach versucht Kapitel 5 zunächst den Hintergrund der Gestaltpädagogik aufzuzeigen, ihre weitreichenden Wurzeln, die relativ junge Geschichte und den Begriff „Gestalt“ an sich zu klären.

Kapitel 6 geht dann genauer auf die Inhalte der Gestaltpädagogik ein, ihre Ziele und Methoden, sowie die Aufgabe des Erziehers im Wachstumsprozess des heranwachsenden Menschen.

Kapitel 7 versucht in einem abschließenden Resümee darzustellen, dass es eine Grundübereinstimmung hinsichtlich des “Bildes vom Menschen” zwischen Fromm und der Gestaltpädagogik gibt, und dass die Methoden der Gestaltpädagogik als möglichen Praxisentwurf einer Pädagogik im Sinne Fromms verstanden werden können.

1. Erich Fromm

1.1. Erich Fromm und die kritische Theorie

Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich nicht näher eingehen auf den geisteswissenschaftlich-kritisch-theoretischen Hintergrund des bekannten, von Max Horkheimer geleiteten Frankfurter Institutes für Sozialforschung, deren Mitglied Fromm von 1930 bis 1939 war. Jedoch ist es zum Verständnis der Theoriebildung Fromms unerlässlich, teilweise auf die differenzierten Auseinandersetzungen Fromms mit seinen Institutskollegen (v.a. mit Adorno und später Marcuse) einzugehen.

Erich Fromm (geboren 1900 in Frankfurt am Main, gestorben 1980 in der Schweiz in Muralto) hatte als Psychoanalytiker am Institutes für Sozialforschung (im Rahmen deren interdisziplinären Forschung) die Aufgabe, jenes Unbewusste, welches für die unterdrückenden Macht- und Herrschaftsverhältnisse verantwortlich ist, bewusst zu machen. Die Erkenntnisse der Psychoanalyse sollten nicht zur Behebung individueller psychischer Erkrankungen und Störungen eingesetzt werden, sondern im Sinne gesellschaftlicher Aufklärung. Demnach sollte bewusst werden, dass latentes, aber auch manifestes Leid der Menschen im Wesentlichen ein Leiden an der Gesellschaft ist. So entwarf er seine Theorie der „analytischen Sozialpsychologie“, an der er - von geringen Abänderungen abgesehen -, sein ganzes Leben über festhielt. Ausgehend von der Libidotheorie Freuds galt es, die unbewussten, gesellschaftlichen Prozesse aufzuzeigen, welche die menschlichen Triebtendenzen formen und verformen.

“Analytische Sozialpsychologie heißt also: die Triebstruktur, die libidinöse, zum großen Teil unbewusste Haltung einer Gruppe aus ihrer sozial– ökonomischen Struktur heraus zu verstehen.“[5]

Eine Norm gebende Arbeitsweise des Institutes war der Versuch, die gesellschaftliche Praxis auf den Begriff zu bringen; d.h. die gesellschaftlichen Beobachtungen in einer Theorie (des Menschen) zu formulieren. Eine derartige Theorie ist von ihrem Ansatz her eine kritische Theorie, da sie gesellschaftlich erzeugtes Leid zu ergründen und nicht nur wie eine Naturgegebenheit zu beschreiben versucht. Damit ergibt sich gleichzeitig ein moralischer Wertemaßstab, mit dessen Grundlage sich Fromm zeitlebens beschäftigte. Das Bedeutende an dieser kritischen Theorie war, dass sie das erste Mal in der Wissenschaftsgeschichte philosophische und ökonomische Betrachtungen der Gesellschaft in Verbindung zu bringen suchte mit den unbewussten individuell-psychischen Störungen ihrer Mitglieder.[6]

Eine kritische Theorie in diesem Sinne hat von sich aus zunächst keine Praxis anleitende und Praxis verändernde, sondern vorwiegend eine Praxis analysierende und entsprechend eine aufklärerische Absicht. Dies birgt jedoch die Gefahr in sich , im Nebel der Theorie zu verbleiben, bestenfalls eine Utopie zu entwickeln, welche wenig bis gar nichts zur Aufklärung bedrückender gesellschaftlicher Zustände beitragen kann.

Fromm nahm in dieser Hinsicht insofern eine Sonderstellung unter den Institutsmitgliedern ein, als ihm die Aufgabe einer empirischen psychoanalytisch orientierten Forschung am Institut zukam.[7] So führte bereits 1930 eine empirische Studie zum Gesellschaftscharakter von Arbeitern und Angestellten durch.[8]

Der Psychoanalytiker und Empiriker Fromm, sollte jedoch bald in Konflikt geraden mit den mehr theoretisch orientierten Mitgliedern des Institutes wie v.a. mit Adorno, denen jedoch von dritter Seite vorgeworfen wurde und wird, eine kritische Theorie zu vertreten, die zu wenig empirische Substanz habe. Auch Horkheimer sah in der Sozialphilosophie und der Sozialforschung - und dies wird in seiner Antrittsrede als Institutsdirektor von 1931 unter dem Titel “Die gegenwärtige Lage der Sozialphilosophie und die Aufgabe eines Institutes für Sozialforschung” deutlich - hauptsächlich die Aufgabe der Entwicklung einer „Theorie des historischen Verlaufs der gegenwärtigen Epoche“[9]. Er argumentierte hier aus einer rein philosophischen Perspektive und sah die empirische Sozialforschung nur als Hilfsdisziplin der Gesellschaftstheorie und als Mittel zur Aufdeckung gesellschaftlicher Pathologien an. Somit ging er davon aus, umso vernunftsorientierter eine Gesellschaft organisiert sei, desto weniger falle die psychologische Konstante ins Gewicht. Auch glaubte er, im Sinne des frühen Freud, „dass das Unbewusste vollständig in Bewusstsein transformierbar sei“.[10] Horkheimer war also zu diesem Zeitpunkt der Ansicht, dass durch eine fortschreitende Aufklärung unterdrückender gesellschaftlicher Verhältnisse die Menschen fortschreitend in der Lage sein werden, diese Verhältnisse zu beseitigen und eine immer vernünftiger organisierte Gesellschaft hervorzubringen (ganz im Gegensatz zu seiner späteren Auffassung, nach der die Entwicklung von Wissenschaft und Technik über die Herausbildung einer bloß instrumentellen Vernunft immer auch die Gefahr zu neuen gesellschaftlichen Unterdrückungsmöglichkeiten hervorbringt[11] ).

Fromm revidierte im Laufe der Zeit Freuds Libidotheorie, die davon ausgeht, dass die Quelle der Triebe in einem weiteren Sinne sexuell bestimmt sei und die Triebe selbst biologisch verankert seien. Triebunterdrückung und Triebversagung durch die Normen und Werte der Kultur führen demnach entweder zu psychischen Störungen (z. B. Hysterien, Neurosen), zu aggressivem Verhalten oder zur Sublimierung der Triebenergie in Form der Herausbildung von Kultur. So ergibt sich ein nicht aufhebbarer Konflikt zwischen psychischer Gesundheit und Kultur mit der Folge, dass ein Mensch der seine Triebe befriedigt und nicht sublimieren muss, zwar psychisch gesund sein kann, aber in einem kulturlosen Zustand leben muss; oder dass ein Mensch, der auf Grund der gesellschaftlichen Normen und Werte seine Triebe sublimieren muss, zwar die kulturellen Errungenschaften genießen kann, jedoch nur um den Preis neurotischer Strukturen.

Diese Grundannahmen und die damit verbundene Ausweglosigkeit hinsichtlich einer Emanzipation des Menschen von Unterdrückungen aller Art waren für Fromm nicht einsichtig . Er versuchte deshalb eine neue Beschreibung des Grundcharakters des Menschen zu entwickeln, wobei er an einer materialistischen Arbeitsweise des Institutes und der kritischen Theorie durchaus festhielt. Wie bereits erwähnt, führte er zur Ergründung dieses Grundcharakters empirische sozialpsychologische Studien durch. Der Grundcharakter entwickelt sich nicht in der Auseinandersetzung zwischen Kultur und einer biologisch verankerten libidinösen Triebstruktur, sondern in der Auseinandersetzung menschlicher Natur in Form von Grundbedürfnissen und den gesellschaftlichen Normen und Werten. Der Grundcharakter ist damit eigentlich ein Gesellschaftscharakter; er ist sozial hergestellt. Der Triebbegriff verblasst somit in der Frommschen Theorie zum Instinktbegriff. Fromm betont, was Freud die Quelle des Triebes genannt hatte, nämlich die Bedürfnisse, die instinktiv ihre Befriedigung einfordern. Von den Bedürfnissen - genauer von den Grundbedürfnissen - her wird nun die menschliche Natur bestimmt.[12]

Wenn man von triebhafter bzw. von instinkthafter Befriedigung menschlicher Bedürfnisse spricht, so muss immer zugleich mitbedacht werden, dass man in erster Linie von der Säuglings- und Kleinkindphase spricht (psychoanalytisch also von der oralen, analen und ödipalen Phase). Im Gegensatz dazu, sollte im Sinne Fromms im Erwachsenenalter die Befriedigung der Grundbedürfnisse vernunftbestimmt sein, womit angedeutet ist, wo die Theorie Fromms ansetzt. Nun können jedoch die Grundbedürfnisse in diesen Phasen vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsstruktur der unmittelbaren Bezugspersonen ausdifferenziert oder gar “verzerrt” werden (z.B. bloße Anerkennung über Leistung); damit wird die grundlegende Bedeutung dieser Phasen für die Entwicklung der Persönlichkeitsstruktur deutlich. Allerdings ebenso deutlich muss betont werden, dass die Persönlichkeitsstruktur der unmittelbaren Bezugspersonen - entsprechend den individuellen Umständen und Erfahrungen - durch die gesellschaftlichen Normen und Werte geprägt ist.

Im Gegensatz zu diesen Ansichten hielten seine Kollegen am Freudschen libidinösen Triebbegriff fest[13], der letztlich – wie oben angedeutet - in eine kulturpessemistische Ausweglosigkeit mündet und der Dialektik verhaftet ist, zwischen dem „Glück des Primitiven“ und der „Neurose des Kultivierten“, somit eine Theorie darstellt, die für ein pädagogisches Menschenbild nicht brauchbar ist.

Fromm ging also im Gegenzug dazu von einem positiven Menschenbild aus, das sich aus einem anthropologischen und einem soziologischen Teil zusammensetzt. Einerseits also aus einer Natur des Menschen in Abhängigkeit von seinen Bedürfnissen, andererseits - und dies sieht Fromm als bedeutsamer an - aus einem gesellschaftlichen Teil, der im Widerspruch zu dieser Natur des Menschen steht. Dieser „historische Widerspruch“ beschreibt laut Fromm die historische Grundsituation des Menschen, also sein Denken und Handeln zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt. Fromm beschreibt die Grundsituation des Menschen als jeweiligen historischen Zustand und damit nicht als gleichbleibende, losgelöste Konstante und entgeht somit auch dem Vorwurf seiner Kollegen, in eine ideologisch geformte und somit unkritische Anthropologie des Menschen zu verfallen; sondern er versucht die Abhängigkeit der menschlichen Grundsituation von den gesellschaftlichen Bedingungen auf eine a-historische Weise zu zeigen. A-historisch deshalb, da dieser „historische Widerspruch“, von dem Fromm redet, in jeder Zeit und gesellschaftlichen Form neu, d.h. wissenschaftlich mit den Erkenntnissen der analytischen Sozialpsychologie, zu untersuchen und zu definieren ist.

Während also die übrigen Mitglieder der Frankfurter Schule auf Grund der faschistischen und kommunistischen Diktaturen überwiegend einem starken Kulturpessimismus verfielen, der allerdings der Möglichkeit einer Alternative jeglichen Boden entzieht, folgt bei Fromm dagegen auf die Frage „ ‚was ist der Grund dafür, daß der heutige Mensch so ist, wie er ist?’“ sofort die nächste: „ ‚wie kann der Mensch anders werden als er jetzt ist?’“[14]

Fromms ganzheitlicher Ansatz den Menschen von seinen Grundbedürfnissen, seinen unbewussten Strukturen, seinem „Eingebettetsein“ in gesellschaftliche Zusammenhänge und seiner Fähigkeit zur Vernunft und damit zur Sittlichkeit her zu verstehen, ist ein unmittelbar einsichtiger Ansatz. Unmittelbar einsichtig insofern, als er auf wissenschaftlicher Basis mögliche humane Formen des Zusammenlebens entstehen lässt, die wohl der Sehnsucht aller Menschen entsprechen. Dieser ganzheitliche Herangehensweise ist weiter differenzierbar und ergänzbar und in Teilen sogar erneuerbar.

Unter diesem Gesichtspunkt ist der Frommsche Ansatz und das sich aus ihm ergebende Menschenbild auch ein geeignetes pädagogisches Menschenbild.

In den folgenden Abschnitten soll Fromms Auffassung vom Menschen und das bisher in der Auseinandersetzung Fromms mit seinen Institutskollegen kurz Skizzierte detaillierter dargestellt werden.

1.2. Menschenbild Fromms

Erich Fromm geht in seinen grundsätzlichen Überlegungen zur Natur des Menschen nicht von einem philosophischen Begriff der Anthropologie aus, vielmehr beschäftigt er sich in einem weiteren Sinne mit einer Wissenschaft vom Menschen.[15] Ausgangspunkt bildet die Frage nach der Formbarkeit des menschlichen Wesens. Hierüber war man sich in der Geistesgeschichte zu allen Zeiten uneinig. Fromm drückt es so aus: „…dass etwas, nennen wir es X, auf Einflüsse seiner Umgebung in einer feststellbaren Weise reagiert, die sich aus der Eigenart von X herleitet.“[16] Das heißt, natürlich reagiert der Mensch auf seine Umwelt, auf seine Mitmenschen und auf die gesellschaftlichen Zustände, jedoch nicht in einer determinierten Weise. Wäre diese der Fall, würde die absolute Anpassung an die Umwelt zu einer Spezialisierung (wie bei jeder Tiergattung) führen, die notwendigerweise das Ende jeder geschichtlichen Entwicklung darstellen müsste. Bis zu einem gewissen Grad passt sich der Mensch jedoch immer den äußeren Umständen an, wie die Geschichte zeigt. Allerdings reagiert der Mensch auch auf eine bestimmte Weise, wenn seine Natur nicht mit diesen äußeren Umständen vereinbar ist. Fromm führt als ein Beispiel die Sklaverei an, in der als Gegenentwicklung zur Anpassung die intellektuellen und moralischen Fähigkeiten des Menschen nachlassen. Unterdrückung kann - auch dies zeigt die Geschichte recht eindrücklich – aber auch zum Aufbegehren des Menschen, d.h., der menschlichen Natur führen. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund formuliert Fromm die historischen Dichotomien des Menschen (und im Weiteren den Grundkonflikt des Menschen zwischen historischen und existenziellen Dichotomien[17] ).

Fromm führt zunächst hinsichtlich der historischen Dichotomien als Beispiel die hoch entwickelten technischen Möglichkeiten unserer Gesellschaft und die gleichzeitige Gefahr eines Missbrauches dieser Möglichkeiten an. Der Mensch schafft sich die Widersprüche, besitzt aber die Fähigkeit eine vernünftige Lösung für diese zu finden.[18] Die historischen Dichotomien führen Fromm zu einer genaueren Betrachtung der Geschichte, weil sich aus dem Verhalten der Menschen in der Geschichte doch wesentliche Erkenntnisse darüber ergeben müssten, was denn menschliche Natur und Vernunft sein könnten. Man könnte diese Betrachtung des analytischen Sozialpsychologen wie folgt beschreiben:

Der Mensch unterscheidet sich von allen anderen Lebewesen durch seinen Verstand und ist dadurch notwendig ein instinktverarmtes Wesen, d.h., sein Leben und Zusammenleben ist nicht wie bei den übrigen Lebewesen durch seine Natur vorgegeben. Er muss also mit Hilfe seines Verstandes die seiner Natur entsprechenden Formen des Lebens und Zusammenlebens erst finden. Wird weiter berücksichtigt, dass der Mensch nur in einer Gemeinschaft Mensch werden kann, lässt sich daraus schließen, dass er sein Wohl und Glück - wie relativ es auch auf Erden sein mag - nur durch und innerhalb der Gemeinschaft erfahren kann. Da also dem Menschen die “Mitte” seines Lebens nicht durch die Natur vorgegeben ist, bedarf er zu seiner Selbstbewusstwerdung eines Lern- und Erfahrungsprozesses. Der Zustand dieses Selbstbewusstwerdungsprozesses widerspiegelt sich im Zustand der Gemeinschaft oder Gesellschaft. Dieser ist nicht innerhalb eines Menschenlebens oder einer Generation vollendbar, wie die Geschichte der Menschheit hinreichend zeigt, d.h. auch, dass der Mensch zu seiner Selbstbewusstwerdung eines geschichtlichen Lernprozesses bedarf. Geschichte ist also damit immer auch Darstellung des Selbstwerdungsprozess des Menschen.

Diese Geschichte zeigt nun weiter, dass das Zusammenleben der Menschen, seit sie ihre gemeinschaftlichen Urformen verlassen haben, durch Macht- und Herrschaftsverhältnisse und damit durch Formen der Unterdrückung bestimmt war und ist. Unterdrückung ist jedoch immer mit Leid verbunden, das sich aus der unzureichenden Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse ergibt und damit nach Fromm der unterdrückten Natur des Menschen. Erreicht dieses Leid ein bestimmtes Ausmaß, kommt es zum Aufbegehren der unterdrückten Natur, um dieses Leid zu beseitigen, falls nicht alle intellektuellen und moralischen Fähigkeiten durch die Unterdrückung verloren gegangen sind. Wie die Geschichte zeigt, wird durch das Aufbegehren nicht sogleich ein leidfreier Zustand erreicht (falls dies je möglich sein sollte), sondern ein nur weniger leidvoller Zustand. Der Mensch befindet sich zwar immer in einem Widerspruch zwischen seiner Natur und der jeweiligen Kultur, aber indem er, getrieben von seiner Natur, versucht, einen jeweils besseren Zustand herbeizuführen, löst er den bestehenden Widerspruch auf, um sich allerdings gleichzeitig in einen Neuen zu begeben. Widersprüche treiben also die Geschichte vorwärts.

Geschichte denkt Fromm im Sinne des Marxschen historisch-dialektischen Materialismus. Der menschliche Selbstbewusstwerdungsprozess ist ein leidvoller, aber gleichzeitig auch Stück für Stück ein Leid verringernder Lernprozess. Lernen bedeutet also vernünftiger werden im übertragenen Sinne des Kantischen kategorischen Imperativs: Der Mensch darf nicht Mittel zu einem fremden Zweck sein, ansonsten lebten die Menschen in Beziehungen, die nicht dem Sittengesetz entsprächen. Vernunft ergibt sich also aus einem Zusammenhang von zureichender Befriedigung der Grundbedürfnisse und Verstand, also von “Körper und Geist”. Dieser so skizzierte, historisch bedingte Selbstbewusstwerdungsprozess des Menschen macht aber schon deutlich, dass das menschliche Dasein prinzipiell auch mit existenziellen Dichotomien verbunden ist. Existentielle Dichotomien betreffen die menschliche Existenz an sich und sind somit unauflösbar. Sie ergeben sich jedoch nicht durch einen unüberbrückbaren Konflikt zwischen menschlicher Natur und Kultur (wie z.B. bei Freud), sondern durch sein durch den Verstand gegebenes Bewusstsein. Dadurch erfährt er seine Naturverbundenheit, aber damit sein Alleinsein, sein „Geworfensein“ und letztlich seine Endlichkeit. An dieser Situation würde er verzweifeln, wenn er nicht in Beziehung träte zu anderen.

Mittels der Vernunft ist der Mensch gezwungen, sich immer wieder mit den unauflösbaren Widersprüchen des Lebens zu beschäftigen und befindet sich so immer in einem Zustand seelischer Unzufriedenheit. Seine Geistigkeit, seine Vernunft wird ihm zum Fluch in Fragen von Leben und Tod, zeitlicher Begrenzung des persönlichen Entwicklungsprozesses oder Alleinsein und Beziehungsnotwendigkeit. Immer befindet sich der Mensch in einem Dilemma: er muss leben und sterben; er will alles wissen, lebt aber nicht lange genug, um vielleicht alle seine Interessen und Fähigkeiten zu verwirklichen; er ist alleine auf sich gestellt, aber dennoch ein gesellschaftliches Wesen und ohne Beziehungen lebensunfähig.

Fromm sieht die Lösung nur in einer absoluten und bewussten Annahme des Unabänderbaren. „Sieht er der Wahrheit furchtlos ins Auge, dann erfasst er, dass sein Leben nur den Sinn hat, den er selbst ihm gibt, indem er seine Kräfte entfaltet: in dem er produktiv lebt. … Nur wenn er die Situation des Menschen, die seiner Existenz innewohnenden Widersprüche und seine Fähigkeit zur Entfaltung seiner Kräfte erfasst, kann er seine Aufgabe lösen: er selbst und um seiner selbst willen zu sein und glücklich zu werden durch die volle Verwirklichung der ihm eigenen Möglichkeiten – seiner Vernunft, seiner Liebe und produktiven Arbeit.“[19]

Doch die Fähigkeit dieses Sein-Sollen zu verstehen und damit im “Sein” zu leben, wird den Menschen geradezu verwehrt, indem sie in unserer Kultur zum „Habenszustand” geradezu verführt werden mit all den negativen, individuellen Folgen und Auswirkungen für das Zusammenleben. Es gilt also die Ursachen dieser “Verführungen” ausfindig zu machen.

Fromm sieht deshalb die Aufgabe der Kulturanthropologie, der Soziologie, der Psychologie und anderer Wissenschaftsbereiche, die den Menschen zum Gegenstand ihrer Untersuchungen haben, darin, zu einem „Modell der menschlichen Natur“[20] beizutragen, um den menschlichen Selbstbewusstwerdungsprozess zu unterstützen. Im Folgenden soll Fromms Beitrag dazu dargestellt werden, der auch das bis hierher dargestellte Menschenbild in Form der historischen und existenziellen Dichotomien weiter differenzieren soll.

1.3. Grundbedürfnisse des Menschen

Diese oben beschriebene „volle Verwirklichung der ihm eigenen Möglichkeiten“ zeigt sich in einem ganzheitlichen Denken und Handeln. Wie im vorhergehenden Abschnitt durch die Dichotomien dargelegt, kann der Mensch nicht statisch leben. Er ist sowohl Verstandeswesen als auch körperliches Wesen. Als Verstandeswesen ist er aus der Natur “herausgerissen”, als körperliches Wesen ist er noch Teil dieser Natur. Um ein für sein Überleben notwendiges Gleichgewicht im Sinne von (relativem) Glück und Harmonie zu finden, muss er seiner körperlichen Natur mit Hilfe des Verstandes Regeln vorgeben, sie wird durch den Verstand und nicht mehr durch Instinkte und Triebe geleitet. Da sich dieses Gleichgewicht nur durch die Beziehung zu anderen und zur äußeren Natur ergeben kann, handelt es sich bei diesen Regeln um Beziehungsregeln, die nur innerhalb einer Gemeinschaft oder Gesellschaft umgesetzt werden können. Mit “Befriedigung von Grundbedürfnissen” ist damit zunächst nicht etwas Passives gemeint (dies gilt nur für das Kleinstkind), sondern v.a. ein aktiver Prozess: Es müssen soziale Umstände gegeben sein, die es ermöglichen, entsprechend der Grundbedürfnisse leben zu können, d.h., die Befriedigung von Grundbedürfnissen wird in erster Linie gelebt und nicht bloß erlebt. Haben Mensch und Tier gleichartige körperliche Grundbedürfnisse, so hat der Mensch darüber hinaus weitere Bedürfnisse, die dann notwendig dadurch gegeben sein müssen, dass der Mensch in erster Linie Verstandeswesen ist. Diese verstandesbedingten Grundbedürfnisse stehen über den körperlichen Grundbedürfnissen, indem sie diese differenzieren. Einer Tierart ist durch die Natur z. B. die Nahrungsaufnahme weitestgehend vorgegeben. Beim Menschen ist diese sehr differenziert und hängt ab von den natürlichen Gegebenheiten und der Tradition.[21] Dieses Beispiel lässt sich vergleichbar auf alle anderen körperlichen Grundbedürfnisse übertragen insbesondere auf die Sexualität, die ja gleichzeitig ein unmittelbares Beziehungsbedürfnis miteinschliesst. Wie sehr durch den Verstand Bedürfnisse gegeben sind, zeigt sich v. a. in der Bedürftigkeit nach Liebe. Keinem tierischen Lebewesen kann diese Bedürftigkeit nach und die Fähigkeit zur Liebe zugesprochen werden.

Auf Grund der bisherigen Erörterung lassen sich die menschlichen Grundbedürfnisse einteilen in körperliche (Nahrung, Kleidung, Sexualität...) und nicht-körperliche also verstandesbedingte (Liebe, Anerkennung, Welterkenntnis, Kultur ...). Letztere lassen sich unterteilen in psychisch-soziale und in bewusstseins- und erkenntnisbetonte (Streben nach Welterkenntnis). Wie mit dem Begriff der Arbeit angedeutet, treten Grundbedürfnisse in der Praxis als “Mischungen” mit dem Vorrang der nicht-körperlichen auf.[22]

Fromm behandelt ausführlich vor dem Hintergrund der (in Kapitel 1.2. beschriebenen) existenziellen Dichotomien das Thema der Grundbedürfnisse.

„Seine intensivsten Leidenschaften und Bedürfnisse sind nicht die in seinem Körper wurzelnden, sondern die, welche in der Besonderheit seiner Existenz ihre Wurzel haben.“[23] Die Suche nach Antworten auf diese Existenz treibt den Menschen voran und ist Motivation all seiner Anstrengungen.[24] Er kann diese Antwort in einem Gesellschaftssystem, in einer Kultur oder Religion finden oder auch in einem krankhaften Gedankengebäude, z.B. in einer Neurose. Welche Antworten auf Dauer für den Menschen erfüllend sind, hängt davon ab, ob er seine Bedürfnisse auf eine wesensgerechte oder auf eine weniger wesensgerechte Weise zu befriedigen sucht. Hierzu muss man sich im Folgenden noch genauer ansehen, was Fromm unter den nicht-körperlichen Grundbedürfnissen des Menschen versteht; wobei wir nach Fromm prinzipiell immer mit bedenken müssen, dass der Mensch zwar seinem Wesen nach leben will, also eine wesensgemäße Befriedigung seiner Bedürfnisse möchte, dass er aber während seines Hineinwachsens in Gesellschaft und Kultur zunächst nur die vorhandenen Werte und Normen assimilieren kann, die auch zu Orientierungen führen können, die nur eine “entartete” Befriedigung ermöglichen, ohne dass dieser Zusammenhang erkannt wird. (Fromm spricht hier von der Wirkung des gesellschaftlich Unbewussten.)

Bezogenheit und Liebesbedürfnis

Da der Mensch wegen seines Verstandes ein aus der Natur herausgerissenes Wesen ist und sich zugleich des dadurch bedingten Zustandes, auf sich selbst gestellt zu sein, bewusst ist, würde er an diesem Bewusstsein der Einsamkeit, der Abgetrenntheit und auch der Zufälligkeit seiner Existenz verzweifeln, wenn es ihm nicht gelänge, Beziehungen zu Mitmenschen und auch zur äußeren Natur einzugehen. Dieses Bedürfnis nach Bezogenheit ist also existenznotwendig. Es gibt mehrere Möglichkeiten dieser Bezogenheit:

Der Mensch kann sich einem Menschen, einer Gruppe, einer Institution oder einem Gott unterwerfen oder er kann sich selbst zum Herrscher über andere erheben. Er kann aber auch in eine symbiotische Beziehung zu einem anderen treten, in der beide von einander abhängig werden. Sie unterwerfen sich und beherrschen sich. Sie können ohne einander nicht existieren und verlieren durch diese Abhängigkeit ihre Selbstständigkeit. Diese Art von Bezogenheit schafft notwendig im Unbewussten Feindseligkeiten, wie sie in allen Beziehungen von Unterwerfung und Herrschaft entstehen. Das Endresultat ist das Scheitern.

Der Mensch ist aber auch ein Wesen, das zur Liebe fähig ist. Sie ist praktisch eine Kunst, die erlernt werden muss. Wäre dies nicht so, so müsste sie von Natur sein, was aber einen Widerspruch zur Existenz des Menschen als eines aus der Natur herausgerissenen Wesens wäre. Wäre sie von Natur, so könnte es nicht die bereits angesprochenen unterentwickelten Formen der Bezogenheit geben; es wäre dann eben eine natürliche Form wie bei den Tieren, aber keine unterentwickelte.

Bezogenheit durch Liebe beschreibt Fromm wie folgt: „Liebe ist die Vereinigung mit einem anderen Menschen oder Ding außerhalb seiner selbst unter der Bedingung, dass die Gesondertheit und Integrität des eigenen Selbst dabei bewahrt bleibt. Liebe ist die Erfahrung des Teilens, der Gemeinschaft, die die volle Entfaltung des eigenen inneren Tätigseins erlaubt. Das Erlebnis der Liebe macht Illusionen überflüssig. Ich habe es nicht mehr nötig, das Bild des anderen oder das eigene Image aufzublähen, da die Realität des gelebten Teilens und Liebens es mir ermöglich, mein vereinzeltes Dasein zu transzendieren und gleichzeitig mich als das Subjekt jener Kräfte zu erleben, die den Akt des Liebens ausmachten. Worauf es ankommt ist die besondere Qualität des Liebens und nicht das Objekt der Liebe. Liebe findet sich in der Erfahrung der Solidarität mit unserem Mitmenschen, Liebe findet sich auch in de erotischen Liebe von Mann und Frau, in der Liebe der Mutter zu ihrem Kind und auch in der Liebe zu uns selbst als einem menschlichen Wesen.“[25]

Liebe bedeutet im Frommschen Sinne immer die Bezogenheit zur Welt, die sich im Denken, Handeln und Fühlen ausdrückt, alles Lebendige mit einschließt und somit aktiv, d. h. produktiv die Wirklichkeit gestaltet und dadurch die Selbstbestimmtheit des Menschen erst ermöglicht. Der Narzisst hingegen baut sich auf Grund seiner Erfahrungen mit der sozialen Umwelt eine Illusion, eine Gedankenwelt auf, in der er sich zum Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen macht und dann nichts außer ihm existiert. Gefühle, die echte Liebe zwingend begleiten wie Anerkennung und Achtung anderer im Sinne Fromms, sowie Empathie sind ihm fremd. Der Narzisst leidet an sich selbst. Als Konsequenz darauf schreibt Fromm: „Das Erlebnis der Liebe ist die einzige Antwort auf die Frage, was es bedeutet, ein menschliches Wesen zu sein, und nur sie verbürgt seelische Gesundheit.“[26]

Transzendenz

Zu einer produktiven Grundeinstellung gehört das Bedürfnis sich selbst nicht nur als Geschöpf, sondern als schaffendes Wesen, d.h. aktiv zu erleben. Der höchste Akt dieses Schaffens stellt wohl die Zeugung neuen Lebens dar. Der Mensch erlebt sich selbst als Ursprung neuen Lebens und als veränderndes Subjekt, dies ist für Fromm gleichbedeutend mit Transzendenz – ein weiteres Grundbedürfnis des Menschen, die Bejahung des Lebens. Transzendenz kann aber nicht nur in kreativer, sondern auch in destruktiver Weise erlebt werden, durch die Zerstörung von Leben. Destruktivität weist also darauf hin, dass der Mensch sich seiner in nur unvollkommener Weise bewusst ist.

Verwurzelung

Der Mensch verliert bei der Geburt seine natürliche Verwurzelung, den Mutterleib. Zeit seines Lebens empfindet er das Bedürfnis, diese höchste Geborgenheit und Sicherheit, diese absolute Verwurzelung mit der Natur wiederzuerlangen. Er muss diese Verwurzelung neu finden in einer Heimat mit seinen Mitmenschen, d.h., durch ein Gefühl der Brüderlichkeit und des Miteinanders auf positive Weise ersetzen. So wird die Blutsbindung an die Mutter allmählich ersetzt durch die Verwurzelung in der Familie, der Sippe, in Staat und Kirche – Institutionen, die ein ähnliches Sicherheitsbedürfnis befriedigen. Gelingt dies nicht, schafft es der Mensch also nicht, sich von der engen Mutterbindung auf diese Art zu lösen, kommt es zu inzestuösen Beziehungen. Zu einer gesund ausgeprägten Verwurzelung gehört das Erleben einer Gemeinschaft, als deren Teil und tätiges Mitglied sich der Mensch empfindet. Dies kann nur in Gemeinschaften gelingen, die entsprechend strukturiert sind – in totalitären Gemeinschaften gelingt dies nicht.

Eine übersteigerte und ebenfalls krankhafte Ausprägung dieses Bedürfnisses nach Verwurzelung finden wir z.B. im Patriotismus, einem übersteigerten Zugehörigkeitsgefühl, welches sich in abgrenzender, gar ablehnender Form gegen Mitglieder anderer Gemeinschaften wendet. Der Mensch ruht nicht in sich und seinem Wesen, sondern definiert sich einzig und allein als Mitglied einer bestimmten Gemeinschaft; ihm fehlt damit die Identität im Sinne des Bewusstseins seiner selbst.

Identitätserleben

Beim Identitätserleben vollzieht der Mensch einen Schritt vom „Ich bin wir“[27] (Mutterbindung, Bindung an eine Gemeinschaft) zum „Ich bin ich“[28]. Dieses Gefühl, sich als selbstständig handelndes Subjekt zu erkennen, ist so lebensnotwenig wie die anderen Grundbedürfnisse. Es setzt eine entsprechende Erziehung voraus, die zu einem tiefen Urvertrauen führt und somit die Basis für spätere gelingende Beziehungen und ebenso für das Entwickeln eines Selbstwertgefühls bildet; so dass jeder einen qualifizierten Beitrag zur Gesellschaft zu leisten vermag, die dann frei ist von Klassen. So handelt es sich also für Fromm dabei nicht – wie dargestellt – bloß um ein philosophisches Problem des „Wer bin Ich?“. Jeder Mensch ist gezwungen, sich diese Frage zu beantworten, auch wenn die Antwort oft illusorischen Charakter hat. Zum Beispiel definiert sich der Mensch seit dem Aufkommen hierarchisch organisierter Gesellschaften als Wesen seines Standes, als Bauer, als Feudalherr etc.; in moderneren Gesellschaften hat sich dies wenig geändert. Auch hier definiert sich der Mensch über einen Status als Arzt, als Postbeamter, als Lehrer. Oft setzt sich so ein Identitätserleben aus mehreren Rollen zusammen, z.B. der Familienvater, der Hobbymusiker, der Lehrer. Durch diese gemeinschaftlich vorgegebenen Rollen wird zwar über Status und Zugehörigkeitsgefühl ein gewisses Bild der eigenen Identität geschaffen und damit das Bedürfnis eines Identitätserlebens vordergründig befriedigt, jedoch ersetzt dies nicht die Suche nach einer eigenen wesensgemäßen Identität im oben erwähnten Sinn.

Rahmen der Orientierung und Objekt der Hingabe

Da der Mensch mit Verstand ausgestattet ist, beginnt er ab einem bestimmten Lebensalter damit, sich die Erscheinungen seiner Umwelt zu erklären und ein Weltbild als Rahmen der Orientierung zu entwerfen. Dieses Weltbild muss aber nicht zwangsläufig vernünftig sein. Auch ein illusorisch verklärter Blick auf die Welt erfüllt den Zweck einer Erklärung und bietet eine Orientierung und damit die Befreiung von Ängsten. Ziel ist jedoch eine gewisse Objektivität im Umgang mit der erlebten Umwelt. „Je mehr der Mensch diese Objektivität entwickelt, je mehr er mit der Wirklichkeit in Kontakt kommt, umso reifer wird er, umso besser kann er eine humane Welt schaffen, in der er zu Hause ist.“[29]

Dass dieser Drang nach vernünftigem Handeln tatsächlich besteht, erkennen wir in den Rationalisierungen, die der Mensch immer wieder zur Verteidigung seines Handelns vorbringt. Er versucht seine Entscheidungen durch rationale Erklärungen – seien sie nun vernünftig oder nicht – zu untermauern.

Da der Mensch aber nicht nur Verstandeswesen, sondern ebenso Gefühlswesen ist, muss zu diesem Rahmen der Orientierung ein Objekt der Hingabe kommen, dass seinem Dasein einen Sinn gibt.[30] Hier kann es sich um einen anderen Menschen, eine Sache oder Organisation oder um eine Gottesvorstellung handeln. Die geschaffenen Weltbilder und Objekte der Hingabe sind vielfältig, was die unterschiedlichsten Religionen, Kulte und Gesellschaftssysteme zeigen.

Später 1955 in Die Wege aus einer kranken Gesellschaft, konkretisiert er diese nicht-körperlichen Grundbedürfnisse noch einmal und spricht nicht mehr von einem absoluten Grundbedürfnis nach „Verwirklichung“ der menschlich spezifischen Eigenschaften, sondern vielmehr von einer „primären Neigung“ des Menschen diese Bedürfnisse zu erfüllen. Inwieweit ihm dies gelingt, hängt von der Gesellschaftsstruktur mit ihren Normen und Werten ab, die ihm den bewussten Zugang zu diesen Bedürfnissen ermöglichen oder versperren.

Mit der Darstellung der Grundbedürfnisse und dadurch mit der Darstellung von Natur und Wesen des Menschen werden durch Fromm in idealtypischer Weise Möglichkeiten aufgezeigt, wie die durch die existenziellen Dichotomien bedingte Lebensnot aufgehoben, wenn auch nicht aufgelöst werden kann. Hinsichtlich der Aufhebung der Lebensnot gibt es schlechte, leidvolle und gelungenere, glücklichere Aufhebungen. Psychisches Leid ist nach Fromm in erster Linie gesellschaftlich bedingtes Leid. Im Leid widerspiegelt sich so auch der Bewusstseinszustand von Mensch und Gesellschaft und damit auch deren Nicht-Bewusstseinszustand, der wesentlich für das Leid verantwortlich ist.

1.4. Individueller Charakterbegriff

Die Erfüllung der im vorigen Kapitel aufgeführten spezifisch menschlichen Grundbedürfnisse ist nur möglich, in einer Bezogenheit zur Umwelt und zu den Mitmenschen. Jeder Mensch muss sich also zwangsläufig mit den äußeren Bedingungen auseinandersetzen. Fromm beschreibt zwei Arten,[31] auf die das geschieht:

Im Assimilationsprozess eignet sich der Mensch die Gesetze der Umwelt an, ein Prozess also von außen nach innen. Im Sozialisationsprozess dagegen geht er von sich selbst aus und setzt sein Wesen zur Welt und zu den Dingen in Beziehung.

Dies passiert auf unterschiedlichste Weise und ist vom Temperament und Charakter des jeweiligen Menschen abhängig. Fromm trifft eine klare Unterscheidung zwischen diesen Begriffen:

Unter dem Temperament versteht er- in Anlehnung an Hippokrates- individuelles Verhalten, das genetisch bedingt ist, aber nicht ethisch beurteilt oder durch Sozialisation beeinflusst werden kann. Ein cholerisches Temperament ist weder besser noch schlechter als beispielsweise ein sanguinisches. Man kann das eine dem anderen vorziehen, aber kein Werturteil fällen. Anders sieht es beim Charakter aus. „Genetisch wird die Formung des individuellen Charakters durch die Wirkung bestimmt, welche die aus dem individuellen und kulturellen Bereich erwachsenen Lebenserfahrungen auf das Temperament und die physische Konstitution ausüben. Die gleiche Umwelt ist für zwei Menschen nie dieselbe, weil beide diese Umwelt durch ihre verschiedene Konstitution mehr oder minder verschieden erleben.“[32]

Durch dieses verschiedenartige Erleben bilden sich individuelle Orientierungen aus, welche die Bezogenheit zur sozialen Umwelt bestimmen. Diese Orientierungen formen den Charakter, den Fromm definiert als „die (relativ) gleich bleibende Form, in die die menschliche Energie im Prozess der Assimilierung und Sozialisierung kanalisiert wird.“[33]

(Der Charakter stellt somit die Motivation für ein bestimmtes Verhalten dar, nicht das Verhalten an sich. Das identische Verhalten zweier Individuen kann unterschiedlich motiviert sein und muss daher auch ethisch verschieden beurteilt werden.)

Diese „gleich bleibende Form“, nämlich die Charakterstruktur, dient dem Menschen als eine Art Instinktersatz. Um nicht vor jeder Handlung eine vernünftige Entscheidung treffen zu müssen, werden dem Menschen über die Charakterstruktur diese Entscheidungen abgenommen und folgerichtiges und adäquates Verhalten gewährleistet. Was ist allerdings unter folgerichtigem und adäquatem Handeln zu verstehen?

Der Charakter bildet sich, wie beschrieben, durch Anpassung an die Umwelt, d.h. durch die Gesellschaft im Assimilations– und Sozialisationsprozess. Der Mensch lernt durch Anpassung, durch welche der Charakter geformt wird, und diese so geformte Charakterstruktur bestätigt selbst wiederum jene Wirklichkeit, aus der sie sich entwickelt hat. D.h., das Kind lernt von den Eltern und übernimmt einen Teil jener Charakterstruktur, durch welche die Eltern aus ihrer Umwelt (Gesellschaftsstruktur, Kultur) geprägt sind und bestätigt somit diese (bis zu einem gewissen Grade). Fromm drückt dies so aus: „Das Kind eignet sich den Charakter an, durch den es das tun will, was es tun muß und dessen innersten Kern es mit den meisten Mitgliedern seiner gesellschaftlichen Klasse oder des Kulturbereichs teilt, indem es lebt.“[34]

1.5. Gesellschaftscharakter

„Die Aufgabe des Gesellschafts-Charakters besteht darin, die Energien der Mitglieder der Gesellschaft so zu formen, dass ihr Verhalten nicht mehr einer bewussten Entscheidung bedarf, ob sie sich dem Sozialgefüge einordnen sollen oder nicht; dass die Menschen vielmehr so handeln wollen, wie sie handeln müssen, und dass sie gleichzeitig darin eine Genugtuung finden, sich gemäß den Errungenschaften der Kultur zu verhalten.“[35]

[...]


[1] D. Hoffmann: Intentionen und Funktion der pädagogischen Anthropologie Heinrich Roths. In: Die deutsche Schule 85 (1993), S.222. Zitiert von Leonhard, H.-W.: Pädagogische Menschenkunde. 1996.

[2] Vahlens Großes Wirtschaftslexikon in 4 Bänden. Hrsg. E. Dichtl und O. Issing, (1994) Bd. 2, S. 929

[3] O.F. Bollnow: Die anthropologische Betrachtungsweise in der Pädagogik. (1959) S.15

[4] R. Funk: Erziehung zwischen Haben und Sein. Nachhaltige Erkenntnisse Erich Fromms. S.13 in: J. Claßen (Hrsg.): Erich Fromm - Erziehung zwischen Haben und Sein. (2002) S. 11-36.

[5] E. Fromm: Gesamtausgabe, Band I: Die psychoanalytische Charakterologie und ihre Bedeutung für die Sozialpsychologie. (1932) S.42

[6] Hobbes, Locke, Smith, Kant, Hegel oder Marx beschränkten sich eher auf philosophisch/ökonomische Konzepte. Diese Ansätze bezogen zwar psychologische Überlegungen mit ein, grundsätzlich herrschte aber bis zur kritischen Theorie eine wissenschaftliche „Arbeitsteilung“ dieser Themen vor.

[7] Vgl. im Folgenden: B. Bierhoff: Erich Fromm und das Institut für Sozialforschung. In: Fromm und die Kritische Theorie, Jahrbuch der internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft. (1991) S.55-81

[8] Vgl. GA, Bd. 3

[9] M. Horkheimer (1931) in: Sozialphilosophische Studien. S.41

[10] W. Bonß: Analytische Sozialpsychologie – Anmerkungen zu einem theoretischen Konzept und seiner empirischen Praxis. S.27 in: Kessler/Funk, Erich Fromm und die Frankfurter Schule, S.23-39.

[11] Wofür die Diktaturen des Faschismus und des östlichen Kommunismus ein Zeugnis darstellen. Vgl. Horkheimer/ Adorno: Dialektik der Aufklärung. (1973)

[12] Diese Grundbedürfnisse sind im Gegensatz zur Freudschen Auffassung - außer dem Sexualbedürfnis selbst – nicht sexuell überlagert. Kultur ist dann nicht sublimierte Sexualität, sondern sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Grundbedürfnisse.

[13] Da sie, auf einer anderen Interpretation Freuds gründend, nicht akzeptierten, dass der Trieb selbst wieder durch die Beziehung des Kindes zur sozialen Umwelt geformt wird und damit auch die Bedürfnisstruktur – was eine Alternative zur Frommschen Sichtweise darstellt, – müssen sie letztlich dem Kulturpessemismus Freuds verfallen. Aufklärung könnte in letzter Konsequenz dann nur noch über die Ausweglosigkeit zwischen seelischer Gesundheit und Kultur aufklären.

[14] B. Görlich: „Trieb“ und/oder „Gesellschaftscharakter“? Anmerkungen zu Fromms Versuch einer „Neubestimmung der Psychoanalyse“. S. 80 in: Kessler/Funk, Erich Fromm und die Frankfurter Schule. (1992) S.75-85

[15] GA II: Psychoanalyse und Ethik. Bausteine zu einer humanistischen Charakterologie. (1947) S. 18

[16] a.a.O., S. 19

[17] a.a.O., S. 30

[18] Nur werden solche vernünftigen Lösungen nicht einfach durch fachkompetente Gesprächsrunden gefunden. Vielfach werden Widersprüche gar nicht erst erkannt oder einfach als naturgegeben bezeichnet. Auch könnte man sich weiterführend darüber streiten, was überhaupt vernünftig ist.

[19] GA II, S. 33f.

[20] a.a.O., S. 20

[21] So gibt es in einer Kultur Leibgerichte, die in einer anderen Kultur als ungenießbar erachtet werden und umgekehrt.

[22] Mit der Einführung der nicht-körperlichen Grundbedürfnisse ist es besser, vom „Wesen des Menschen“, als von der „Natur des Menschen“ zu sprechen. Natur bezieht sich auf die körperlichen Grundbedürfnisse; Wesen auch auf die verstandesbedingten und damit nicht-körperlichen Grundbedürfnisse.

[23] GA IV: Wege aus einer kranken Gesellschaft. (1955) S. 24

[24] Hier unterscheidet sich Fromm in radikaler Weise von Freud, der allein in der sexuellen Triebstruktur, in der Libido den Antrieb des menschlichen Wesens zu finden glaubt.

[25] GA IV, S.26f.

[26] a.a.O., S.27

[27] GA IV, S. 47

[28] GA IV, S.46

[29] GA IV, S.49

[30] Ansonsten würde er einem Gefühl der existentiellen Angst erliegen (existenzielle Dichotomie).

[31] Vgl. GA II: Psychoanalyse und Ethik. Bausteine zu einer humanistischen Charakterologie. (1947) S. 41

[32] GA II, S.43

[33] a.a.O.,S.42

[34] GA II, S.43

[35] GA I: Über psychoanalytische Charakterkunde und ihre Anwendung zum Verständnis der Kultur. (1949) S.210

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832481841
ISBN (Paperback)
9783838681849
DOI
10.3239/9783832481841
Dateigröße
756 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg – unbekannt
Erscheinungsdatum
2004 (August)
Note
2,0
Schlagworte
bildung bewusstsein rainer funk sozialkritik
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Titel: Gestaltpädagogik
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