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Alternative Risikofinanzierung über Kapitalmärkte

©1999 Diplomarbeit 135 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Hinter dem Begriff „Alternative Risikofinanzierung“ verbirgt sich eine Vielzahl von innovativen Entwicklungen und Instrumenten, um versicherungswirtschaftliche Risiken aus Katastrophenschäden besser steuern zu können. Dabei steht die Alternative Risikofinanzierung in Zusammenhang mit dem seit einiger Zeit viel diskutiertem Thema der Konvergenz von Versicherungs- und Kapitalmärkten im Bereich des Risk Managements.
Einige Marktteilnehmer sehen in der Konvergenz dieser beiden Märkte große Vorteile dahingehend, daß der „Cash-Flow“, der mit den versicherungstechnischen Risiken einhergeht, in Anleihen, Derivate oder Swaps gebunden und dann am Kapitalmarkt gehandelt werden kann. Den Impetus für die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Alternativen Risikofinanzierung gaben die Kapazitätsprobleme der (Rück-)Versicherungswirtschaft Anfang der 90er Jahre, die aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Schäden aus Naturkatastrophen entstanden sind. Dies führte zu Überlegungen, inwieweit die Kapitalmärkte zur Generierung von neuen Kapitalressourcen genutzt werden können. Obwohl die Schadenbelastung aus Naturkatastrophen in den letzten Jahren zurückgegangen ist, zeigt die Versicherungsbranche an der Entwicklung von innovativen Finanzierungskonzeptionen weiterhin großes Interesse.
Aufgrund anhaltender Aktualität des Themas der Alternativen Risikofinanzierung wird in dieser Arbeit ein Überblick gegeben über die verschiedenen Entwicklungen und Konstruktionen der zusätzlichen Kapitalbeschaffung über Finanzmärkte.
Der erste Teil dieser Arbeit führt in die Problematik der Schadenbelastung resultierend aus Naturkatastrophen ein.
Im zweiten Teil werden die verschiedenen Konzepte der Alternativen Risikofinanzierung anhand von allgemeinen Modellen einerseits und Emissionsbeispielen andererseits vorgestellt.
Der dritte Abschnitt beinhaltet eine kritische Auseinandersetzung im Rahmen Vergleichs der Deckungskonzepte im Bereich der Alternativen Risikofinanzierung und der traditionellen Rückversicherung.
In dieser Arbeit werden jedoch lediglich diejenigen Instrumente vorgestellt, bei denen es sich um Finanzkontrakte für das Management von Versicherungsrisiken wie Aktien, Genußscheine, Anleihen, Schuldscheine und Derivate handelt. Aus diesem Grund wird das Konzept der Catastrophe Risk Exchange (CATEX) in diesem Kontext nicht behandelt, da es sich hierbei lediglich um den Austausch von bestimmten Katastrophenrisiken untereinander handelt, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8178
von Hagen, Spes-Alexa: Alternative Risikofinanzierung über Kapitalmärkte
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Humboldt-Universität zu Berlin, Diplomarbeit, 1999
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

- II -
Inhaltsverzeichnis
Seite
Inhaltsverzeichnis ... II
Abbildungsverzeichnis ... V
Abkürzungsverzeichnis ... VI
A. Einleitung ... 1
B. Entwicklung und ökonomische Konsequenzen von
Naturkatastrophen ... 3
I. Grundlagen ... 3
II. Abgrenzung von versicherten und (volks-)
wirtschaftlichen Schäden ... 5
III. Konsequenzen für die traditionelle
Rückversicherung ... 7
1. Die Schadenlast der Versicherungs-
wirtschaft ... 7
2. Liquiditätsprobleme der Versicherungs-
wirtschaft ... 10
C. Alternative Risikofinanzierung ... 15
I. Grundlagen ... 15
1. Entstehung ... 15
2. Motivation ... 17
3. Zusammenhang zwischen Versicherung und
Finanzierung ... 18
4. Finanzielle Wirkungsweisen von Ab-
sicherungsstrategien ... 21
II. Versicherungsderivate ... 24
1. Grundlagen ... 24
a. Das Underlying ... 24
b. Darstellung ausgewählter Derivate ... 25

- III -
c. Hedging ... 27
2. Die Derivate der Chicago Board of Trade ... 28
a. Einführung ... 28
b. Die Kontrakte der ersten Generation ... 29
c. Die Kontrakte der zweiten Generation ... 32
. Schadenschätzung und Indexer-
mittlung der Property Claims
Services... 32
. Ausgestaltung der PCS-Optionen und
Funktionsweise des PCS-Indexes... 34
. Hedginganalyse mit PCS Call
Option-Spreads... 38
3. Die Derivate der Bermuda Commodity
Exchange ... 41
a. Die Schadenschätzung der IndexCo ... 41
b. Funktionsweise des GCCI ... 43
c. Spezifikation der Optionskontrakte ... 45
4. Neuere Entwicklungen von Index-
konstruktionen ... 46
5. Zusammenfassung ... 49
a. Vergleich der ISO-, PCS- und
GCCI-Derivate ... 49
b. Beurteilung ... 51
III. Verbriefung ... 52
1. Ursprünge und Grundlagen ... 52
2. Direkte Verbriefung ... 56
a. Am Beispiel der WinCAT-Coupons
"Hagel" ... 56
b. Beurteilung ... 60
3. Indirekte Verbriefung ... 62
a. Modellaufbau ... 62
b. Einflußfaktoren des Modells ... 67
. Bestimmungsgrößen... 67

- IV -
. Risikoreduktion durch Be-
schränkungen der Anspruchs-
kürzungen... 70
c. Erscheinungsformen ... 71
. Parametric Re... 71
. Residential Re... 76
4. Sonderformen ... 78
D. Beurteilung ... 81
I. Traditionelle Rückversicherung vs.
Versicherungsderivate ... 81
II. Traditionelle Rückversicherung vs.
Verbriefung ... 84
III. Katastrophenrisiken als Finanzanlage ... 88
E. Perspektiven und Schlußbetrachtung ... 90
Anhangverzeichnis ... 96
Literaturverzeichnis ... 108
Quellenverzeichnis ... 125

- V -
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1: Naturkatastrophen-Referenzschäden ... 8
Abb. 2: Versicherte Naturkatastrophenschäden
in % des BIP der Industrieländer ... 9
Abb. 3: Referenzschadenanteil der Erstversicherer ... 11
Abb. 4: Die höchsten versicherten Schäden ... 12
Abb. 5: Kontraktmonate, Berichtsperiode und
Abrechnungsdatum der PCS Optionen ... 35
Abb. 6: Der Preis-Index der CBOT ... 37
Abb. 7: Überblick über die historischen Schaden-
ereignisse der Winterthur ... 59
Abb. 8: Struktur einer Verbriefung ... 63
Abb. 9: Vergleich traditionelle Rückversicherung
und Versicherungsderivate ... 81
Abb. 10: Vergleich traditionelle Rückversicherung
und Verbriefung ... 86

- VI -
Abkürzungsverzeichnis
Abb. ... Abbildung
abzgl. ... abzüglich
AIC ... Alternative Insurance Capital
(Zeitschrift)
amerik. ... amerikanisch(e)
Aufl. ... Auflage
ausschl. ... ausschließlich
BCE ... Bermuda Commodity of Exchange
BCOE ... Bermuda Commodity of Exchange
Bd. ... Band
bearb. ... bearbeitet(e)
BIP ... Bruttoinlandsprodukt
bn ... billion
bp ... basis points (Basispunkte)
CA ... California
Cat ... Catastrophe
CATEPUT ... Catastrophe Equity Put
CBOT ... Chicago Board of Trade
CHF ... Schweizer Franken
DB ... Der Betrieb (Zeitschrift)
Def. ... Definition
DJF ... D J Freeman
erw. ... erweitert(e)
europ. ... europäisch(e)
FL ... Florida

- VII -
FRFN ... Financial Reinsurance and Futures
Newsletter (Zeitschrift, früher:
AIC)
GBP ... Great Britain Pound
GCCI ... Guy Carpenter Catastrophe Index
Habil.-Schr. ... Habilitations-Schrift
HGB ... Handelsgesetzbuch
i. d. R. ... in der Regel
Inc. ... Incorporation
ISO ... Insurance Service Offices
k. A. ... keine Angabe(n)
lrg ... large
Mid ... Mid/West
Natl ... National
NE ... Northeast
NIRP ... National Insurance Risk Profile
o. V. ... ohne Verfasser
PCS ... Property Claims Services
PML ... Probable Maximum Loss
resp. ... respektive
RMS ... Risk Management Solution
SE ... Southeast
sml ... small

- VIII -
SPV ... Special Purpose Vehicle
tgl. ... täglich(e)
TM ... Trade Mark (eingetragenes Warenzei-
chen)
TX ... Texas
u. a. ... unter anderem
u. U. ... unter Umständen
überarb. ... überarbeitet(e)
USAA ... United Service Automobile Associa-
tion
USD ... United States Dollar
VAG ... Versicherungsaufsichtsgesetz
VVG ... Versicherungsvertragsgesetz
vs. ... versus
VVW ... Verlag Versicherungswissenschaft
VW ... Versicherungswirtschaft (Zeit-
schrift)
XL ... Excess of Loss, Einzelschadenexze-
dent
ZfbF ... Zeitschrift für betriebswirtschaft-
liche Forschung (Zeitschrift)
zugl. ... zugleich
ZfV ... Zeitschrift für das Versicherungs-
wesen (Zeitschrift)
ZVersWiss ... Zeitschrift für die gesamte Versi-
cherungswissenschaft (Zeitschrift)
zzgl. ... zuzüglich

- 1 -
A. Einleitung
Hinter dem Begriff "Alternative Risikofinanzierung" ver-
birgt sich eine Vielzahl von innovativen Entwicklungen und
Instrumenten, um versicherungswirtschaftliche Risiken aus
Katastrophenschäden besser steuern zu können.
1
Dabei steht
die Alternative Risikofinanzierung in Zusammenhang mit dem
seit einiger Zeit viel diskutiertem Thema der Konvergenz
von Versicherungs- und Kapitalmärkten im Bereich des Risk
Managements. Einige Marktteilnehmer sehen in der Konvergenz
dieser beiden Märkte große Vorteile dahingehend, daß der
"Cash-Flow", der mit den versicherungstechnischen Risiken
einhergeht, in Anleihen, Derivate oder Swaps gebunden und
dann am Kapitalmarkt gehandelt werden kann. Den Impetus für
die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Alterna-
tiven Risikofinanzierung gaben die Kapazitätsprobleme der
(Rück-)Versicherungswirtschaft Anfang der 90er Jahre, die
aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Schäden aus Naturka-
tastrophen entstanden sind. Dies führte zu Überlegungen,
inwieweit die Kapitalmärkte zur Generierung von neuen Kapi-
talressourcen
genutzt
werden
können.
Obwohl
die
Schadenbelastung aus Naturkatastrophen in den letzten Jah-
ren zurückgegangen ist, zeigt die Versicherungsbranche an
der Entwicklung von innovativen Finanzierungskonzeptionen
weiterhin großes Interesse.
1
Vgl. Albrecht, P./ Schradin, H. R.: Verbriefung, 1998, S. 573; Die Al-
ternative Risikofinanzierung über Kapitalmärkte ist nur eines von
vielen Konzepten, um den Katastrophenrisiken zu begegnen. Derzeit
werden beispielsweise Überlegungen angestellt, wie Überschwemmungsr i-
siken
in
Deutschland
im
Rahmen
einer
Elementar-Kerndeckung
versichert werden können. Vgl. ausführlich Cuntze, A.: Elementar-
Kerndeckung (I), 1997, S. 1342-1353; Cuntze, A.: Elementar-
Kerndeckung (II), 1997, S. 1445-1449; Cuntze, A.: Elementar-
Kerndeckung (III), 1998, S. 1582-1588; Cuntze, A.: Elementar-
Kerndeckung (IV), 1998, S. 1653-1661.

- 2 -
Aufgrund anhaltender Aktualität des Themas der Alternativen
Risikofinanzierung wird in dieser Arbeit ein Überblick ge-
geben
über
die
verschiedenen
Entwicklungen
und
Konstruktionen der zusätzlichen Kapitalbeschaffung über Fi-
nanzmärkte. Der erste Teil dieser Arbeit führt in die
Problematik der Schadenbelastung resultierend aus Naturka-
tastrophen ein. Im zweiten Teil werden die verschiedenen
Konzepte der Alternativen Risikofinanzierung anhand von
allgemeinen Modellen einerseits und Emissionsbeispielen an-
dererseits vorgestellt. Der dritte Abschnitt beinhaltet
eine kritische Auseinandersetzung im Rahmen Vergleichs der
Deckungskonzepte im Bereich der Alternativen Risikofinan-
zierung und der traditionellen Rückversicherung.
In dieser Arbeit werden jedoch lediglich diejenigen Instru-
mente vorgestellt, bei denen es sich um Finanzkontrakte für
das Management von Versicherungsrisiken wie Aktien, Genuß-
scheine, Anleihen, Schuldscheine und Derivate handelt. Aus
diesem Grund wird das Konzept der Catastrophe Risk Exchange
(CATEX) in diesem Kontext nicht behandelt, da es sich hier-
bei
lediglich
um
den
Austausch
von
bestimmten
Katastrophenrisiken untereinander handelt, wobei CATEX als
Vermittler fungiert. Des weiteren werden aufgrund der Kom-
plexität die rechtlichen Aspekte und Probleme, wie
beispielsweise die Anerkennung der Versicherungsderivate,
im Rahmen der Sovabilitätsanforderungen nicht näher unter-
sucht.
1
1
Vgl. ausführlich: Oates, K.: Legal and Regulatory Issues, 1997; Spil-
ler, R./ DJ Freeman: Legal and Regulatory Issues, 1998; Angermeyer,
B./ Dietz, J./ Scherf, P.: Zulässigkeit (I), 1996, S. 107-113; Anger-
meyer, B./ Dietz, J./ Scherf, P.: Zulässigkeit (II), 1996, S. 164-
168; Bühler, W.: Rahmenbedingungen, 1993; KPMG: US-GAAP; König, M.:
Anleger, 1997, 1042-1050.

- 3 -
B. Entwicklung und ökonomische Konsequenzen von Naturka-
tastrophen
I. Grundlagen
In diesem Abschnitt werden zunächst die verschiedenen Ka-
tastrophenarten definiert und erläutert, bevor in den
beiden nachfolgenden Kapiteln auf das Ausmaß der Schäden
und die daraus resultierenden einzel-, volks- und versiche-
rungswirtschaftlichen Konsequenzen eingegangen wird.
Das Eintreten einer Katastrophe führt in Abhängigkeit von
den Parametern Intensität, Zeit und geographischer Ausdeh-
nung zu Schäden an Personen und Gütern. Die Wirkung eines
Schadens wird differenziert in direkte und indirekte Schä-
den (Folgeschäden) sowie Teil- und Totalschäden.
1
Direkte Sachschäden können durch verschiedene schädigende
Prozesse ausgelöst werden, die mit einem Elementarereignis
in Verbindung stehen. Sie betreffen Güter aus allen Sekto-
ren der Volkswirtschaft: Unternehmen, öffentlicher und
privater Haushalt.
2
In Abgrenzung zu den Sachschäden treten direkte Schäden an
Personen in unterschiedlichen Intensitäten bis hin zum Tod
auf. Indirekt können auch Sachschäden zu direkten Schäden
an Personen führen, da Gebäudeschäden beispielsweise Ob-
dachlosigkeit, Infrastrukturschäden und aufgrund der
Beeinträchtigung der Versorgungslage der Bevölkerung Epide-
mien zur Folge haben können.
3
Der Begriff Katastrophenschaden wird häufig als Synonym für
Kumulschaden verwendet.
1
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 26.
2
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 28.
3
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 28.

- 4 -
Ein Kumulschaden ist die Summe aller Einzelschäden, die
durch ein Schadenereignis gleichzeitig bei mehreren Perso-
nen oder Sachgütern verursacht werden.
1
Eine Sonderform des
Kumulschadens ist der Ansteckungsschaden. Ein Ansteckungs-
schaden liegt vor, wenn ein und dasselbe Schadenereignis
nacheinander mehrere Schäden auslöst, weil ein erster Scha-
denfall die Eintrittswahrscheinlichkeit für weitere Schäden
erhöht.
2
Neben der genannten Abgrenzung werden Katastrophen
weiterhin in Naturkatastrophen und Man-made Katastrophen
unterteilt.
3
Eine Naturkatastrophe ist ein durch Naturgewalten bzw. Ele-
mentargefahren ausgelöstes Ereignis.
4
Tritt ein solches
Ereignis ein, entstehen in der Regel viele Einzelschäden,
die eine Reihe unterschiedlicher Versicherungsverträge und
Vertragsparteien betreffen. Dabei hängt das Ausmaß eines
Schadens einer Katastrophe einerseits von der Intensität
der Naturgewalten andererseits von den durch Menschen
beeinflußbaren Faktoren wie beispielsweise der Bauart eines
Hauses oder der Effektivität des Katastrophenschutzes in
der betroffenen Region ab. Bei Personenschäden spielen dar-
über hinaus zufällige Elemente wie die Tageszeit eines
Erdbebens eine Rolle.
5
Die Schweizer Rückversicherungs-AG (Schweizer Rück) hat Na-
turkatastrophen in folgende Kategorien eingeteilt:
6
·
Überschwemmung
·
Sturm
·
Erdbeben (inkl. Seebeben / Tsunamis
7
)
1
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 29.
2
Eine durch ein Erdbeben gebrochene Gasleitung erhöht die Eintritts -
wahrscheinlichkeit von Bränden.
3
Siehe Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen, 1997, S. 4.
4
Siehe Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen, 1997, S. 4.
5
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 26.
6
Siehe Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen, 1997, S. 4.
7
Vgl. Münchner Rück: Weltkarte, S.8; Tsunamis sind seismitische Flut-
wellen, welche bei starken untermeerischen Beben (Seebeben) oder bei

- 5 -
·
Dürre, Buschbrand (inkl. Hitze)
·
Kälte, Frost
·
Übrige (inkl. Hagel und Lawinen)
Überschwemmungs-, Erdbeben- und Sturmgefahren, insbesondere
in dicht besiedelten Gebieten mit erhöhter wirtschaftlicher
Konzentration, weisen ein erhebliches Kumulschadenpotential
auf.
1
Katastrophen, die im Zusammenhang mit menschlichen Aktivi-
täten stehen, werden als sog. Man-made Katastrophen
bezeichnet. Die Schweizer Rück hat Man-made Katastrophen in
sieben Kategorien unterteilt:
2
·
Großbrände, Explosionen
·
Luftfahrtkatastrophen
·
Schiffahrtskatastrophen
·
Festlandverkehrskatastrophen
·
Gruben-/Minenunglücke
·
Einsturzkatastrophen
·
Diverse Großschäden (z.B. Terrorismus)
II. Abgrenzung von versicherten und (volks-) wirtschaftli-
chen Schäden
Volkswirtschaftliche Schäden sind streng von den Versiche-
rungsschäden zu unterscheiden.
3
Um volkswirtschaftliche Schäden durch Elementargefahren
messen zu können, müssen die entstandenen Einzelschäden wie
Personen- und Sachschäden mit ökonomischen Größen bewertet
großen, oft von Erdbeben ausgelösten untermeerischen Erdrutschen en t-
stehen.
1
Siehe Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 30.
2
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen, 1997, S. 4.
3
Vgl. ausführlich Sigma /Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig
rückversichert, 1997, S. 7; Siehe Anhang I, S. 97.

- 6 -
werden. Die wirtschaftlichen Sachschäden können beispiels-
weise folgende Bereiche betreffen:
1
·
Verringerung des materiellen und immateriellen Vermögens
·
Ausfall von zukünftigen Erträgen
·
erhöhte zusätzliche Aufwendungen durch die entstandenen
Schäden.
Die einzelwirtschaftlichen Schäden werden durch Zuordnung
von Kosten zu den Sachschäden ermittelt. Der volkswirt-
schaftliche Schaden ergibt sich aus der Summe der
einzelwirtschaftlichen Schäden. Für die Ermittlung der ver-
sicherten Schäden müssen jedoch zunächst die Merkmale des
Versicherungsfalles sowie die des versicherten Schadens ma-
teriell und formalrechtlich im Versicherungsvertrag genau
definiert sein.
2
Dadurch sind die Versicherungsleistungen
bei Eintritt des Versicherungsfalls eindeutig determinier-
bar. Sachschäden werden somit durch objektive Schadengrößen
meß- und damit versicherbar.
Personenschäden können dagegen nicht direkt in volkswirt-
schaftliche Größen umgerechnet werden. Der entstandene
"Schaden" bei einem Lebensversicherungsvertrag kann durch
den Tod des Versicherungsnehmers oder durch Erleben eines
im Vertrag festgelegten Zeitpunktes nur mit Hilfe von "abs-
trakten" Methoden bestimmt werden.
3
Dies erfolgt durch
einen im Versicherungsvertrag vereinbarten Geldbetrag (Sum-
menversicherung), der im Todes- oder Erlebensfall an den
Versicherungsnehmer ausgezahlt wird.
4
Bei Verletzungen kann volkswirtschaftliche Schaden nur in
Form von Heilkosten und bei Tod lediglich durch die oben
1
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 31.
2
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 29.
3
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 29.
4
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 29.

- 7 -
genannten auf (Rück-) Versicherungsmärkten vereinbarten
abstrakten Methoden gemessen werden.
1
Zum Verständnis der strikten Trennung von versicherten und
volkswirtschaftlichen Schäden spielt der Versicherungsgrad,
als Anteil der versicherten Schäden an den Gesamtschäden,
eine wichtige Rolle.
2
Aufgrund des unterschiedlichen Versi-
cherungsgrades der jeweiligen Naturgefahren wirken sich die
Naturkatastrophen verschieden stark auf die Versicherungs-
wirtschaft aus. Gegen Sturmschäden beispielsweise sind die
Einwohner der meisten Länder gut versichert, wogegen Über-
schwemmungsschäden generell kaum flächendeckend versichert
sind.
3
III. Konsequenzen für die traditionelle Rückversicherung
1. Die Schadenlast der Versicherungswirtschaft
Die Schweizer Rück hat für die wichtigsten Länder bzw. Re-
gionen und Gefahren sog. "Referenzschäden" definiert, um
einen Anhaltspunkt über die Gefährdung der Versicherungs-
wirtschaft durch Naturkatastrophen zu erhalten.
4
Ein Referenzschaden zeigt an, wie viele versicherte Schäden
pro Land insgesamt bei einem Erstversicherer (Zedent) im
1
Vgl. Schmitz, K.: Elementarrisiken, 1998, S. 31.
2
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 7.
3
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 8; Ein Zahlenvergleich macht den Unterschied im Versich e-
rungsgrad deutlich: Hurrikan George (Karibik, USA) verursachte 10
Mrd. USD volkswirtschaftlichen Schaden und einen versicherten Schaden
von 3,3, Mrd. USD, während Hurrikan Mitch (Mittelamerika, bes. Hondu-
ras, Nicaragua) einen volkswirtschaftlichen Schaden von 5 Mrd. USD
verursachte, aber nur einen versicherten Schaden von 150 Mio. USD.
Vgl. o. V.: katastrophenreiches Jahr, 1999, S.108f.; Siehe Anhang I,
S. 97.
4
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 9.

- 8 -
Fall einer Naturkatastrophe entstehen würden.
1
Die nachfol-
gende
Tabelle
zeigt
exemplarisch
die
wichtigsten
Schadenpotentiale und die jeweiligen Referenzschäden.
2
Abb. 1: Naturkatastrophen-Referenzschäden
Land /
Schaden-
potential
Referenz-
schadenwert 1997
(in Mrd. USD)
Referenzschaden
1997
(in % des BIP)
Annahmen/
Wiederkehrperioden
(Jahre)
Israel
Erdbeben
27,6
15,7
1.000
Australien
Erdbeben
(Sydney)
9,1
2,2
1.000
Japan
Sturm
12,7
0,3
100
Nordamerika
USA
Sturm
56,0
0,3
100
Erdbeben
(Kalifornien)
65,0
0,3
100
Quelle: Sigma
3
Die oben zitierte Studie hat ergeben, daß große Referenz-
schäden v. a. in kleineren Volkswirtschaften anfallen. In
Israel beispielsweise würde durch ein Erdbeben ein Refe-
renzschaden von 27,6 Mrd. USD entstehen, dadurch würde
15,7 % des BIP, d. h. der inländischen Wertschöpfung, ver-
loren gehen. Die Folge ist, daß Länder mit hohen
Referenzschäden nach Eintritt einer Katastrophe einen er-
heblichen Anteil der nationalen Wertschöpfung in den
Wiederaufbau investieren müssen.
4
Im Durchschnitt der 90er
Jahre betrugen die versicherten Naturkatastrophenschäden
1
Es wurden in der Analyse der Schweizer Rück aufgrund der Objektivie r-
barkeit nur die versicherten Schäden der Nicht-Lebensversicherer
berücksichtigt.
2
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 10.
3
Siehe Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversi-
chert, 1997, S. 10.
4
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 9.

- 9 -
nahezu 0,07 % des BIP der Industrieländer.
1
Die nachfolgen-
de Darstellung verdeutlicht dies.
Abb. 2: Versicherte Naturkatastrophenschäden in % des BIP
der Industrieländer
0
0 , 0 1
0 , 0 2
0 , 0 3
0 , 0 4
0 , 0 5
0 , 0 6
0 , 0 7
7 0 e r J a h r e
8 0 e r J a h r e
9 0 e r J a h r e
Quelle: Sigma
2
Wenn Erstversicherer Verpflichtungen aus Versicherungsver-
trägen in den von der Katastrophe betroffenen Ländern
hätten, wären diese gezwungen, Kapitalanlagen auf den Kapi-
talmärkten zu verkaufen, um ausreichend liquide Mittel für
die Verpflichtungen bereitstellen zu können. Die internati-
onalen Kapitalmärkte würden im allgemeinen auf den Verkauf
von Aktien durch die internationalen Versicherer nicht ne-
gativ reagieren, so daß entsprechende Zahlungen in das Land
fließen können und somit den Wiederaufbau der lokalen Wirt-
schaft beleben würden.
3
Werden dagegen die Policen
überwiegend durch nationale Anlagen gedeckt, kann u. U. mit
1
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 8.
2
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 9.
3
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 10.

- 10 -
Kurseinbußen an den nationalen Kapitalmärkten gerechnet
werden.
1
2. Liquiditätsprobleme der Versicherungswirtschaft
Es stellt sich die Frage, inwieweit Erstversicherer dieje-
nigen Schäden, die nicht rückversichert und durch
Prämieneinnahmen gedeckt sind, selber tragen können. Gemäß
§ 53 c Abs. I VAG sind Versicherungsunternehmen verpflich-
tet "...zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der
Verträge freie unbelastete Eigenmittel mindestens in Höhe
einer Solvabilitätsspanne zu bilden, die sich nach dem ge-
samten Geschäftsumfang bemißt...". Dem Versicherer stehen
demnach diejenigen Eigenmittel zum Ausgleich der nicht
durch Prämieneinnahmen oder Rückversicherung gedeckten
Schäden zur Verfügung, die im Katalog des § 53 c Abs. III
VAG genannt sind. Der Begriff der "Eigenmittel" ist streng
von dem Begriff des Eigenkapitals in der Bilanz abzugren-
zen, da dieser durch die Rechnungslegungsvorschriften der
§§ 266 Abs. 3 und 272 HGB abschließend definiert ist. Die
im Katalog des § 53 c Abs. III VAG konkret benannten Eigen-
mittel umfassen sowohl das Eigenkapital als auch
zusätzliches Kapital, welches nur teilweise in der Bilanz
ausgewiesen ist. Das verbleibende Kapital darf nicht für
Ausnahmefälle wie z. B. Schäden aus Katastrophenereignissen
verwandt werden, da es neben den Verpflichtungen gegenüber
den Versicherungsnehmern der jeweiligen Katastrophengebiete
andere versicherungsvertragliche Verpflichtungen gibt, de-
nen
die
Erstversicherer
ebenso
verpflichtet
sind
nachzukommen.
1
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 13.

- 11 -
Die nachfolgende Tabelle stellt eine Gegenüberstellung des
Anteils der Erstversicherer an dem Referenzschaden und den
zur Verfügung stehenden Eigenmitteln dar:
Abb. 3: Referenzschadenanteil der Erstversicherer
Land /
Schaden-
potential
Referenz-
Schadenwert 1997
(in Mrd. USD)
Schadenanteil
Erstversicherer
(in %)
Eigenmittelanteil Erst-
versicherer
(in %)
Israel
Erdbeben
27,6
10
100
Australien
Erdbeben
(Sydney)
9,1
50
70
Japan
Sturm
12,7
72
41
Nordamerika
USA
Sturm
56,0
49
11
Erdbeben
(Kalifornien)
65,0
53
13
Quelle: Sigma
1
Die Analyse der Schweizer Rück zeigt, daß die Kosten eines
Erdbebens in Israel und Australien und eines Sturmes in Ja-
pan sich auf 100 %, 70 % und 41 % der Eigenmittel der
Nicht-Lebensversicherer belaufen würden. Folglich könnten
die Versicherer auf diesen Märkten bei Eintritt eines der-
artigen Referenzschadens in erhebliche Liquiditätsengpässe
geraten.
2
Die drastische Zunahme des Schadenpotentials aus Naturka-
tastrophen steht hängt weitgehend mit der Entwicklung der
alternativen Deckungskonzepte.
Der bislang höchste volkswirtschaftliche Schaden in Höhe
von 100 Mrd. USD resultierte 1995 aus einem Erdbeben in Ko-
1
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 15.
2
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 15.

- 12 -
be (Great Hanshin Erdbeben) in Japan.
1
Allerdings mußte die
Versicherungswirtschaft nach diesem Ereignis nur
2,5 Mrd. USD Entschädigungssumme zahlen.
2
Der volkswirt-
schaftliche Schaden durch Hurrikan Andrew 1992 betrug
lediglich 26,5 Mrd. USD, jedoch mußte die Versicherungs-
wirtschaft 16,5 Mrd. USD Entschädigungssumme zahlen.
3
In
den 90er Jahren erreichten die versicherten Naturkatastro-
phenschäden einen historischen Höchststand.
Die zehn höchsten versicherten Schäden der Jahre 1987-1998
werden im folgenden dargestellt.
4
Abb. 4: Die höchsten versicherten Schäden
Monat /Jahr
Katastrophen-
schadenereignis
geschätzter ver-
sicherter Schaden
(in Mrd. USD)
Okt 1987
Oktobersturm 1987, Europa
2,0
Sep 1989
Hurrikan Hugo, USA
4,2
Jan 1990
Wintersturm Daria, Europa
4,6
Feb 1990
Wintersturm Vivian, Europa
3,2
Sep 1991
Taifun Mireile, Japan
5,2
Okt 1991
Oakland Feuersturm, USA
1,7
Aug 1992
Hurrikan Andrew, USA
16,5
Jan 1994
Northridge Erdbeben, USA
12,5
Jan 1995
Great Hanshin Erdbeben, Japan
2,5
Okt 1995
Hurrikan Opal, USA, Mexico, Kuba
2,1
Sep 1996
Hurrikan Fran, USA
1,6
Sep 1998
Hurrikan George, USA, Karibik
3,3
Summe
59,4
Quelle: Albrecht/Schradin
5
1
Vgl. Münchner Rück: Weltkarte, 1998, S. 29.
2
Die geringe Belastung der Versicherungswirtschaft aus diesem Erdbeben,
ist darin begründet, daß Erdbebenversicherung in Japan sehr wenig
verbreitet ist. 1995 bestand der Anteil der versicherten Schäden an
den Gesamtschäden ca. 9%. Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastro-
phen zu wenig rückversichert, 1997, S. 7.
3
Vgl. Albrecht, P./ Schradin, H. R.: Verbriefung, 1998, S. 576; Der
Versicherungsgrad bei Stürmen ist in den USA relativ hoch. Siehe A n-
hang I, S. 97.
4
Vgl. Albrecht, P./ Schradin, H. R.: Verbriefung, 1998, S. 575.
5
Vgl. Albrecht, P./ Schradin, H. R.: Verbriefung, 1998, S. 575.

- 13 -
Anhand der Tabelle wird deutlich, daß die Schadenbelastung
durch Stürme v. a. in den USA besonders hoch ist. Weiterhin
ist ersichtlich, daß seit 1992 die Schadenbelastung durch
Naturkatastrophen zurückgegangen ist.
1
Dennoch besteht für die Versicherungswirtschaft ein Problem
in dem sprunghaften Anstieg der Schadendimensionen (Vgl.
Abb. 2, S. 9) der vergangenen drei Jahrzehnte sowie dem
Fehlen von stabilen Trends hinsichtlich der zukünftigen
Entwicklung. Soweit stabile Trends erkennbar wären, könnten
diese kalkulatorisch mittels der üblicherweise verwendeten
versicherungsmathematisch-statistischen Methoden antizi-
piert werden.
2
Die Prämie, die sich bei Antizipation der historischen
Schäden ergeben würde, wäre jedoch an den Märkten nicht
durchsetzbar, da sie nahezu indentisch mit dem Umfang der
(bisher) eingetretenen Schäden wäre.
3
Die sprunghaft angestiegenen Schäden in den 90er Jahren
wirkten sich auf das Angebot von Versicherungsschutz aus.
Die Schäden, welche nicht durch Prämieneinnahmen gedeckt
wurden, mußten aus dem vorhandenen Sicherheitskapital fi-
nanziert werden, so daß dadurch die Versicherungskapazität
auf den (Rück-)Versicherungsmärkten erheblich reduziert
wurde. Die durch den Anstieg der Schäden erhöhte Nachfrage
und das durch die Reduktion von Sicherheitskapital gesunke-
ne Angebot nach Versicherungsschutz führte gemäß sog.
"Business Cycles" des (Rück-)Versicherungsmarktes zu erheb-
lichen Preisanstiegen im Bereich der traditionellen
Deckungskonzepte.
4
1
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Naturkatastrophen zu wenig rückversichert,
1997, S. 8.
2
Vgl. Albrecht, P./ König, A./ Schradin, H. R.: Katastrophenversiche-
rungs-Terminkontrakte, 1994, S. 636-638.
3
Vgl. Albrecht, P./ König, A./ Schradin, H. R.: Katastrophenversiche-
rungs-Terminkontrakte, 1994, S. 637.
4
Vgl. Albrecht, P./ Schradin, H. R.: Verbriefung, 1998, S. 576; Die Bu-
siness-Cycles des Rückversicherungsmarktes funktionieren wie folgt:
bei Eintritt von außergewöhnlich großen Schäden steigt die Nachfrage

- 14 -
Im Durchschnitt verfünffachten sich die Prämiensätze für
1993.
1
Trotz der erhöhten Prämien bestand weiterhin Nach-
frage nach Rückversicherungsschutz. Viele Versicherer
konnten jedoch ihre Deckungen aufgrund von unzureichender
Kapazität auf dem (Rück-)Versicherungsmarkt nicht vervoll-
ständigen.
2
Einige der Gründe für die steigenden Gesamtschäden aus Na-
turkatastrophen werden im folgenden aufgeführt:
3
·
Besiedlung und Industrialisierung von gefährdeten Gebie-
ten
·
Zunahme der Versicherungsdichte
·
Anstieg der Weltbevölkerung
·
Zunahme der Wertekonzentration bei den Unternehmen und
privaten Haushalten
·
Klimaveränderungen
nach Rückversicherungsschutz, so daß sich mit der gestiegenen Nac h-
frage die Preise erhöhen. Diese ziehen ein erhöhtes Angebot seitens
der Rückversicherer nach sich. Nach Perioden ohne hohe Schäden red u-
ziert sich graduell die Nachfrage und das erhöhte Angebot führt zu
einer Anpassung der Preise. Man bezeichnet den Rückversicherungsmarkt
in Zeiten niedriger Preise auch als "soft".
1
Vgl. Frey, P.: Neueres, 1996, S. 1188.
2
Vgl. Frey, P.: Neueres, 1996, S. 1188.
3
Vgl. Albrecht, P./ König, A/ Schradin, H. R.: Katastrophenversiche-
rungs-Terminkontrakte, 1994, S. 636.

- 15 -
C. Alternative Risikofinanzierung
I. Grundlagen
1. Entstehung
Die Entwicklung innovativer Finanzierungskonzepte für den
versicherungstechnischen und finanzwirtschaftlichen Risiko-
transfer fanden ihren Ursprung auf dem US-amerikanischen
Markt im Bereich der finanziellen Deckung von ökonomischen
Konsequenzen aus Katastrophenschadenereignissen.
1
Die Gründe für diese Entwicklung wurden in den vorangegan-
genen Abschnitten ausführlich dargelegt und werden im
folgenden nur kurz zusammengefaßt.
In einigen Regionen der Vereinigten Staaten wie z.B. Kali-
fornien wird Schätzungen zufolge mit Schadenausmaßen
gerechnet, die an die des Erdbebens in Kobe 1995 mit
100 Mrd. USD heranreichen sollen (Vgl. hierzu
B.III.2., S. 10).
2
Der Anteil der Vereinigten Staaten an den weltweit versi-
cherten Schäden aus Naturkatastrophen betrug 1995 ca. 65 %,
der Anteil Asiens ca. 23 % und Europas ca. 11 %.
3
Die zur
Verfügung stehenden Gesamtmittel der (Rück-) Versicherungs-
wirtschaft zur Deckung dieser Schäden betrugen für 1995
ca. 235 Mrd. USD.
4
Wenn ein einzelnes Katastrophenschaden-
ereignis innerhalb eines Jahres 100 Mrd. USD der gesamten
Deckungskapazität benötigt, dann ist offensichtlich, daß
1
Vgl. Schradin, H. R.: Steuerung, 1998, S. 322; Wie aus Abb. 4, S. 12
hervorgeht, ist die Schadenbelastung der US-amerikanischen Versiche-
rungswirtschaft aus Naturkatastrophen besoners hoch.
2
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Risikotransfer, 1996, S. 4.
3
Vgl. Albrecht, P./ Schradin, H. R.: Verbriefung, 1998, S. 575
4
Vgl. König, M.: Anleger, 1997, 45, S. 1042; Die Summe setzt sich wie
folgt zusammen: Mittel der US-amerikanischen Erstversicherer von
195 Mrd. USD, der US-amerikanischen Rückversicherer von 30 Mrd. USD
und 10 Mrd. USD der Londoner Versicherungsgesellschaft Lloyds.

- 16 -
die verbleibenden Mittel u. U. nicht ausreichen, mehrere
Katastrophenschäden diesen Ausmaßes zu decken.
Einerseits existierte auf Grundlage dessen seitens der Ver-
sicherungswirtschaft das Bedürfnis aufgrund von Kapazitäts-
und Kalkulationsproblemen nach Optimierung der Bilanzstruk-
tur.
1
Andererseits
bestand
der
Bedarf, zusätzliche
Zeichnungskapazität zu schaffen, um der Zunahme des Scha-
denpotentials aus Naturkatastrophen begegnen zu können. Es
wurden Überlegungen angestellt, die internationalen Kapi-
talmärkte in den Industrieländern zu nutzen, die im
Vergleich zu den Versicherungsmärkten eine höhere Kapitali-
sierung erreichen, so daß der außerordentlich hohe
Deckungsbedarf befriedigt werden kann.
Die potentiellen Mittel der US-amerikanischen Kapitalmärkte
betrugen 1995 ca. 19.000 Mrd. USD (Vergleich: US-
amerikanische Versicherungsbranche ca. 235 Mrd. USD).
2
Ein
weiterer Vorteil der Kapitalmärkte besteht darin, daß diese
im Vergleich zu den Versicherungsmärkten leichter zugäng-
lich und dadurch transparenter sind. Hinzukommt, daß Anfang
der 90er Jahre trotz der erhöhten Versicherungsprämien ein
Nachfrageüberhang nach Katastrophen-Rückversicherungsschutz
bestand, so daß dies eine gute Ausgangslage für die Einfüh-
rung neuer Instrumente darstellte.
3
Die innovativen Instrumente und Konzepte werden unter dem
Begriff "Alternative Risikofinanzierung" zusammengefaßt.
4
1
Vgl. Schradin, H. R.: Steuerung, 1998, S. 64.
2
Vgl. Wagner, F.: Securitization, 1997, S. 513.
3
Vgl. Frey, P.: Neueres, 1996, S. 1191.
4
Als Synonyme werden die Begriffe "Alternativer Risikotransfer" oder
"Alternative Deckungskonzepte" verwendet.

- 17 -
2. Motivation
Den Konzepten der Alternativen Risikofinanzierung ist das
Ziel gemein, sich anderer Risikoträger als der traditionel-
len Rückversicherung bedienen zu wollen.
1
Um jedoch die
Kapitalmärkte für versicherungstechnische Zwecke nutzen zu
können, sind die Verbriefung versicherungstechnischer Risi-
ken
und
die
Entwicklung
von
Derivaten
mit
versicherungstechnischer Basis von zentraler Bedeutung.
2
Obwohl zahlreiche alternative Deckungskonzepte in den letz-
ten Jahren entwickelt und umgesetzt wurden, ist das
insgesamt bereitgestellte Deckungsvolumen noch von unterge-
ordneter Bedeutung.
3
Die von der Schweizer Rück erwartete
geschätzte
Zusatzkapazität
zur
Deckung
von
US-
Katastrophenrisiken von ca. 30 - 40 Mrd. USD wird sich so-
mit voraussichtlich nicht in naher Zukunft verwirklichen
lassen.
4
Der Begriff der Alternativen Risikofinanzierung benötigt
eine Abgrenzung zu dem traditionellen Versicherungsgedan-
ken.
5
Diese Abgrenzung läßt sich, wie Schradin in seiner
jüngst veröffentlichten Habilitationsschrift gezeigt hat,
in mehrere Schritte unterteilen. Im folgenden Abschnitt
wird auf diese Differenzierung näher eingegangen, da sie
für das weitere Verständnis und die Einordnung der vorge-
stellten Konzepte notwendig ist.
6
1
Vgl. Schradin, H. R. : Steuerung, 1998, S. 324.
2
Als Synonym für Verbriefung wird der Begriff "Securitization" verwand.
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff der Verbriefung eng und
weitgehend am Wertpapierbegriff interpretiert. Vgl. auch Wagner, F.:
Securitization, 1997.
3
Siehe Anhang II , S. 98 und V, S. 104.
4
Vgl. Sigma/ Schweizer Rück: Risikotransfer, 1996, S. 21.
5
Vgl. Schradin, H. R. : Steuerung, 1998, S. 324.
6
Vgl. Schradin, H. R. : Steuerung, 1998, S. 324.

- 18 -
3. Zusammenhang zwischen Versicherung und Finanzierung
Bereits der Begriff "Alternative Risikofinanzierung" macht
deutlich, daß sich die innovativen Konzepte der Kapitalbe-
schaffung weitgehend an dem Finanzmarkt orientieren. Zum
besseren Verständnis der neuen Formen der Risikofinanzie-
rung ist es daher notwendig, den grundsätzlichen
Unterschied zwischen Finanzierung und Versicherung festzu-
halten. Bei Versicherungsvorgängen ist der Umfang und
Zeitpunkt des Kapitaltransfers versicherungstechnisch be-
dingt, d. h. indeterminiert, und nicht durch ökonomische
Entscheidungen des Kapitalnehmers oder -gebers determi-
niert.
1
Um einen Zusammenhang von Versicherung und Finanzierung bei
der Alternativen Risikofinanzierung herbeiführen zu können,
muß zunächst die Wirkungsweise eines Versicherungsvertrages
sowohl aus Sicht des Versicherungsnehmers als auch des Ver-
sicherungsunternehmens untersucht werden.
Generell werden durch einen Versicherungsvertrag versiche-
rungstechnische
Risiken
gegen
Entgelt
von
dem
Versicherungsnehmer auf den Versicherer transferiert (sog.
Risikotransfer). Aus Sicht des Versicherungsnehmers ist der
Versicherungsvertrag ein bedingter Finanzierungsvertrag, da
bei Vertragsabschluß lediglich eine Zusicherung seitens des
Versicherers abgegeben wird, im definierten Schadenfall die
vereinbarte Entschädigung zu leisten (sog. bedingter Zah-
lungsanspruch).
1
Für das Versicherungsunternehmen steht hinter diesem Risi-
kotransfer ein komplexes Konstrukt aus versicherungs-
technischen Instrumenten. Die beiden wichtigsten Instrumen-
1
Vgl. Schradin, H. R.: Steuerung, 1998, S. 324.

- 19 -
tarien sind dabei der Risikoausgleich im Kollektiv und in
der Zeit. Der Risikoausgleich im Kollektiv bedeutet, daß
sich individuelle Über- und Unterschäden der Einzelrisiken
ganz oder teilweise ausgleichen.
2
Der Risikoausgleich im
Kollektiv gilt nur für eine begrenzte Zeitdauer, meist ein
Kalenderjahr. Das Versicherungsunternehmen faßt daher im
Rahmen des Risikoausgleichs in der Zeit die nach dieser Pe-
riode entstandenen kollektiven Über- und Unterschäden in
mehrperiodige Ausgleichskollektive zusammen, um diese wie-
derum im Zeitablauf ganz oder teilweise ausgleichen zu
können.
3
Dem Risikoausgleich in der Zeit wird eine große
Bedeutung bei Risiken mit geringer Schadeneintrittswahr-
scheinlichkeit und hohen möglichen Schäden wie in dem Fall
von Elementarschäden beigemessen.
4
Die Folge dieses Systems des Risikoausgleichs ist, daß,
wenn bei allen Verträgen innerhalb eines Kollektivs gleich-
zeitig der "Probable Maximum Loss" (PML) eintreten würde,
d. h. die maximal mögliche Schadenbelastung, diese nicht
durch die Kapitalausstattung in Form von Prämieneinzahlun-
gen der Versicherten gedeckt ist.
5
Dem Versicherer stehen
deshalb weitere versicherungstechnische Instrumente zur
Verfügung wie u. a. die Verbesserung des Zufallsausgleichs
durch Homogenisieren der Originalrisiken.
6
Bei Elementar-
schäden ist die Möglichkeit des Zufallsausgleichs jedoch
gering.
Auch der bei Elementarschäden notwendige Risikoausgleich in
der Zeit funktioniert nur, wenn es gelingt, die einperiodi-
gen Über- und Unterschäden miteinander zu verrechnen, ohne
1
Vgl. Schradin, H. R.: Steuerung, 1998, S. 325.
2
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 34.
3
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 38.
4
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 39.
5
Vgl. Schradin, H. R. : Steuerung, 1998, S. 330.
6
Vgl. Schradin, H. R. : Steuerung, 1998, S. 331.

- 20 -
daß das Versicherungsunternehmen nach Eintritt von Über-
schäden wegen Kapitalverlust in den Konkurs geht. Daher
gewinnen die Möglichkeiten der Finanzierung einerseits tra-
ditionell durch Sicherheitskapital- und Rückstellungs-
bildung und andererseits im Rahmen der Alternativen Risiko-
finanzierung an Bedeutung.
1
Zur Einordnung der Varianten der Alternativen Risikofinan-
zierung
in
Innen-
und
Außenfinanzierung
des
Versicherungsunternehmens werden diese im folgenden näher
betrachtet.
Bei Versicherungsunternehmen wird der Kapitalbedarf vorwie-
gend im Wege der Innenfinanzierung, d. h. beispielsweise
durch Gewinnthesaurierung sowie die Bildung von Rückstel-
lungen, gedeckt.
2
Dabei können die passive Rückversicherung
und Retrozession als bedingte Innenfinanzierung gesehen
werden, da die Mittel dem (Rück-) Versicherungsunternehmen
lediglich bei Eintritt des Schadens zur Verfügung stehen.
3
Die Außenfinanzierung von Versicherungsunternehmen erfolgt
i. d. R. durch die Emission von Genußscheinen oder Akti-
en.
4
Folglich sind Innen- und Außenfinanzierung unterschiedlich
auf den versicherungstechnisch eingeleiteten Kapitalbedarf
ausgelegt. Innenfinanzierung bezieht sich ausschließlich
auf versicherungstechnisch bedingte Zahlungsströme. Außen-
finanzierung
stellt
dagegen
auf
die
aggregierte
Risikofinanzierung des Gesamtunternehmens ab, d. h. es wird
sowohl das versicherungstechnische Risiko als auch das Un-
ternehmerrisiko beeinflußt.
5
1
Vgl. Schradin, H. R. : Steuerung, 1998, S. 331.
2
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 495.
3
Vgl. Schradin, H. R.: Steuerung, 1998, S. 331.
4
Vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, 1995, S. 495; Dies ist be-
sonders bei Versicherungsunternehmen der Fall, die der deutschen
Versicherungsaufsicht unterliegen.
5
Vgl. Schradin, H. R.: Steuerung, 1998, S. 331.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832481780
ISBN (Paperback)
9783838681788
DOI
10.3239/9783832481780
Dateigröße
580 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin – Wirtschaftwissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2004 (August)
Note
1,7
Schlagworte
alternative risikofinanzierung kapitalmärkte
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