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Gewalt an Schulen - die Gewalt von Schülern gegen Lehrer

Eine Untersuchung an Heidelberger Schulen

©2003 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Problematik „Gewalt von Schülern gegen Lehrer“ im Bereich Heidelberg.
Als Ausgangspunkt wurden an insgesamt 15 Schulen (bestehend aus Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen, Förderschulen, berufsbildende Schulen und einer Gesamtschule) Fragebögen verteilt und 334 Lehrkräfte zur Angst und Gewaltproblematik zwischen Schülern und Lehrern befragt. Dies entsprach einer Rücklaufquote von 50,3 Prozent.
Dieser Arbeit wurden verschiedene Fragen zugrundegelegt, die es galt, zu beantworten und zu erklären. Es handelte sich um nachfolgend aufgeführte Fragen:
- Gibt es im Bereich Heidelberg Gewalt von Schülern gegen Lehrer?
- In welcher Form und welcher Häufigkeit stellt sie sich dar?
- Gibt es Lehrerangst oder Unwohlsein vor bestimmten Schülern?
- Wie verhalten sich die Lehrer gegenüber gewaltbereiten Schülern?
- Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?
Die Fragen wurden vollständig bearbeitet und die Fragebögen mittels des SPSS-Statistikprogrammes erfasst und ausgewertet. Die Heidelberger Untersuchung wurde mit den Untersuchungen von „Bochum“ und „Eichstätt“ verglichen, sodass am Ende folgende Aussage getroffen werden konnte:
Die Ergebnisse von Heidelberg gleichen überwiegend den Ergebnissen aus Untersuchungen anderer Städte. Die Gewalt an Schulen ist ein reales Phänomen und darf als vorhanden bezeichnet werden, jedoch findet dieses Phänomen nicht auf alle Schularten gleiche Anwendung. Vielmehr dürfte die Gewalt ein Phänomen sein, dass sich auf bestimmte Schulen beschränkt und dort für eine erhebliche Belastung sorgt, in Heidelberg sind dies namentlich die Hauptschulen und Förderschulen.
Die einzelnen Auswertungen sind in der Diplomarbeit nachzulesen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
1.1Zur Themenwahl1
1.2Vorgehensweise4
2.Angst5
2.1Allgemeine Vorüberlegungen zum Begriff der Angst5
2.2Angsttheorien6
2.3Angst in der Schule9
2.4Lehrerangst13
2.5Formen der Lehrerangst14
2.6Zusammenhang von Angst und Aggression15
2.7Eigene Gedanken zum Thema Angst17
3.Gewalt18
3.1Definition von Gewalt in der Schule18
3.2Dimensionen von Gewalt19
3.2.1Physische Gewalt19
3.2.2Psychische Gewalt20
3.2.3Strukturelle Gewalt21
3.3Ursachen und Gründe von aggressivem Schülerverhalten22
3.4Chronik von Gewalttaten an deutschen Schulen24
3.5Realitätsberichte von Lehrern25
3.6Rechtliche Grundlagen zum Umgang mit Gewaltfällen in Schulen26
3.7Wichtige Ergebnisse der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8155
Schmitt, Markus: Gewalt an Schulen - die Gewalt von Schülern gegen Lehrer ­
Eine Untersuchung an Heidelberger Schulen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Hochschule für Polizei - Fachhochschule Villingen-Schwenningen, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

I
Vorwort
Ich möchte mich an dieser Stelle beim Sachbereich Kriminalprävention der
Polizeidirektion Heidelberg bedanken.
Ohne deren Unterstützung wäre die Umsetzung meiner Diplomarbeit nicht
möglich gewesen. Zu jeder Zeit stand mir ein sehr kompetentes und hilfsbereites
Team zur Seite.
Mein besonderer Dank gilt Herrn PD Dr. Hermann vom Kriminologischen
Institut in Heidelberg. Er war mir bei der Erstellung des Fragebogens eine große
Hilfe und begleitete neben Prof. Dr. Hermanutz von der Fachhochschule für
Polizei den empirischen Teil meiner Arbeit.
Ein großes Lob und ein Dankeschön möchte ich allen Lehrerinnen und Lehrern
aussprechen, die sich an der Beantwortung der Fragebögen so zahlreich beteiligt
haben und somit einen maßgeblichen Anteil am Gelingen dieser Arbeit hatten.
Diese Arbeit widme ich meiner Frau Christine und
meinen beiden Kindern Hannah und Helen
für die vielen Tage, die ich nicht bei Ihnen sein konnte.

II
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Angst
3. Gewalt
4. die Heidelberger Untersuchung
5. Zusammenfassung und Vergleich
6. Lösungsmöglichkeiten
7. Schlusswort
Anlagen:
1. Fragebogen und Codeplan
2. Tabellen A bis Z
3. Genehmigungsschreiben an Oberschulamt Karlsruhe

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
1.1
Zur Themenwahl ...1
1.2
Vorgehensweise ...4
2 Angst ... 5
2.1
Allgemeine Vorüberlegungen zum Begriff der Angst...5
2.2
Angsttheorien ...6
2.3
Angst in der Schule ...9
2.4
Lehrerangst...13
2.5
Formen der Lehrerangst ...14
2.6
Zusammenhang von Angst und Aggression...15
2.7
Eigene Gedanken zum Thema Angst ...17
3 Gewalt... 18
3.1
Definition von Gewalt in der Schule ...18
3.2
Dimensionen von Gewalt ...19
3.2.1
Physische Gewalt ...19
3.2.2
Psychische Gewalt...20
3.2.3
Strukturelle Gewalt...21
3.3
Ursachen und Gründe von aggressivem Schülerverhalten ...22
3.4
Chronik von Gewalttaten an deutschen Schulen ...24
3.5
Realitätsberichte von Lehrern ...25
3.6
Rechtliche Grundlagen zum Umgang mit Gewaltfällen in Schulen...26
3.7
Wichtige Ergebnisse der Forschung über Gewalt an deutschen Schulen ...29
3.7.1
Eichstätter Repräsentativbefragung zu Gewalt an Schulen ...30
3.7.2
Gewalt in der Schule am Beispiel Bochum ...31
4 die Heidelberger Untersuchung ... 32
4.1
Konzipierungsphase ...32
4.2
Erhebungsphase...34
4.3
Auswertung / Datenanalyse...38
4.3.1
Codierung und Codeplan...38
4.3.2
SPSS-Programm...39
4.4
Ergebnisse der Untersuchung...39
4.4.1
Auswertung: sozialdemografische Angaben ...40
4.4.2
Auswertung: einzelne Gewaltformen/Häufigkeiten ...42
4.4.3
Auswertung: Einschätzungen von Gewaltentwicklungen ...48
4.4.4
Auswertung: Sicherheitsgefühl / Angstverhalten ...51
4.4.5
Auswertung: Abwehrmaßnahmen ...57
4.4.6
Auswertung: Hilfs- und Lösungsmöglichkeiten...58
4.4.7
Auswertung: Zusammenarbeit von Schule und Polizei...62
4.4.8
Auswertung: Verhalten bei Gewalt / gewaltbereiten Schüler...65
5 Zusammenfassung
und
Vergleich... 69
6 Lösungsmöglichkeiten... 73
7 Schlusswort ... 75

1
Gewalt an Schulen
- die Gewalt von Schülern gegen Lehrer -
,,eine Untersuchung an Heidelberger Schulen"
Erster Teil
1. Einleitung
1.1. Zur Themenwahl
Denke ich an meine Schulzeit zurück, so muss ich feststellen, dass Gewalt ein
immer gegenwärtiges Thema war. Die Gewalt war in so vielen Situationen und so
vielen Formen vorhanden, dass ich sie damals überhaupt nicht wahrnahm. Ob ich
zu jung war, um die Gewalt in ihrer eigentlichen Form zu verstehen, dass mag ich
hier nicht zur Diskussion stellen, aber eines ist ganz sicher, sie begleitete mich bis
zum Abschluss meines Abiturs.
Während meiner Grundschulzeit kann ich mich noch daran erinnern, dass wir oft
Banden gründeten und zwischen den Schulstunden gegeneinander kämpften.
Kratzen, Zwicken, an den Haaren ziehen und mit den Fäusten schlagen war nichts
Ungewöhnliches. Der Respekt vor unseren Lehrern war jedoch sehr groß und so
unterließen wir nach einer Standpauke unsere ,,Reibereien".
Von der 5 bis zur 10 Klasse wurden diese Kämpfe immer weniger, aber es war zu
merken, dass mit den Jahren auch der Respekt vor den Lehrern immer weniger
wurde. Der Lehrer rückte bei vielen meiner Mitschüler immer mehr in die zentrale
Rolle des Sündenbockes. Ob schlechte Noten oder Stress in der Schule, meistens
war der Lehrer schuld. Manche Mitschüler riefen dem Lehrer aus der geschützten
Gruppe heraus beleidigende Worte nach, machten gemeine Tafelschriebe oder
traktierten in der Pause die Tasche des Lehrers.

2
Von der 11 bis zur 13 Klasse reifte man als Schüler so langsam heran, das
,,Erwachsenwerden" stand kurz bevor, und so ließen sich einige Schüler nicht
mehr alles sagen. Direkte Beleidigungen, heimliche Telefonanrufe, aber auch
Beschädigungen an den Autos unserer Lehrer wurde mir von anderen Schülern
zugetragen.
Die Gewaltformen steigerten sich mit den Jahren in ihrer Qualität, aber eines ist
mir bis heute nicht bekannt: Dass ein Lehrer von einem Schüler körperlich
angegriffen wurde. Übergriffe von Lehrern auf Schüler waren sehr wohl
festzustellen, aber nicht umgekehrt. Was muss alles in einem Schüler vorgehen,
der den Entschluss fasst, einen Lehrer zu attackieren?
Den Denkanstoß für das Thema meiner Diplomarbeit erhielt ich aus meiner
beruflichen Tätigkeit. Wir hatten häufig Kontakt mit dem Schulpersonal, sei es
durch präventive oder repressive Einsätze. Bei der Übergabe straffälliger Schüler
an die Schulleitung oder Lehrerschaft, berichteten mir diese über die Zunahme
verbaler Übergriffe von Schülern auf ihre Person. Sie suchten häufig Rat und
waren über mögliche Verhaltensansätze dankbar. Diese Ratschläge fielen mir
nicht immer leicht, da meine Erfahrungen und Erkenntnisse in diesem Bereich
eher dürftig waren. Mir waren beispielsweise die erzieherischen Sanktionen der
Schule auf der Grundlage des Schulgesetzes gänzlich unbekannt. Die Lehrer
klagten zudem über viele ihrer Kollegen, die der Pausenaufsicht nur mangelhaft
nachkommen und bei Problemen wie z.B. der Raucherecke, einfach wegschauen
würden. Diese Kollegen wollen sich den Problemen und den daraus resultierenden
Konflikten nicht stellen, vielmehr sind es gerade diese, denen Respektlosigkeit
entgegenschlägt.
Es stellt sich für mich die Frage, ob nicht auch das Verhalten des Lehrers eine
Ursache für mögliche Übergriffe seitens der Schüler sein kann?
Betrachtet man die letzten Jahre, so ist festzustellen, dass sowohl die
Medienöffentlichkeit als auch die Wissenschaft vermehrt das Problem der
,,Gewalt an Schulen" thematisiert. Dabei steht immer wieder aggressives bzw.

3
gewalttätiges verbales und physisches Verhalten von Schülern gegenüber
Personen und Sachen im Mittelpunkt. Von den Schulen in Amerika weiß man,
dass Gewalt ein weit verbreitetes Problem darstellt. Übergriffe von Schülern auf
Lehrer endeten mehrfach tödlich. Doch seit letztem Jahr wissen wir Menschen in
Deutschland, dass die Gewalt nicht sehr weit weg von uns ist. Der Amoklauf von
Erfurt hat gezeigt, das die extremste Ausprägung von Gewalt in jeder Schule
passieren kann.
Dass es Schülerangst gibt, also die Angst des Schülers vor der Schule, vor
Lehrern, vor Leistungsdruck und Überforderung, den daraus resultierenden
Problemen mit den Eltern usw., ist mir bekannt.
Wie sieht es aber mit der Angst des Lehrers aus?
In der Schule Angst zu verspüren, ist mit Sicherheit nicht nur Schülersache.
,,Es gibt kein Leben ohne Angst vor dem Andern; schon weil es
ohne diese Angst, die unsere Tiefe ist, kein Leben gibt; erst aus
dem Nichtsein, das wir ahnen, begreifen wir für Augenblicke,
dass wir leben. Man freut sich seiner Muskeln, man freut sich,
dass man gehen kann, man freut sich des Lichtes, das sich in
unsrem dunklen Auge spiegelt, man freut sich seiner Haut und
seiner Nerven, die uns so vieles spüren lassen, man freut sich
und weiß mit jedem Atemzug, dass alles, was ist, eine Gnade
ist. Ohne dieses spiegelnde Wachsein, das nur aus der Angst
möglich ist, wären wir verloren; wir wären nie
gewesen...(Max Frisch).
Ich finde dieses Thema spannend, weil es zunehmend an Aktualität gewinnt und
Gegenstand meiner täglichen Arbeit ist. Ich habe mich aufgrund der geschilderten
Erfahrungen entschlossen, der Gewalt- und Angstproblematik des Lehrerberufes
zu nähern und mich mit dieser zu beschäftigen. Aufgrund meiner Eigenschaft als

4
Polizeibeamter bietet sich für diese wissenschaftliche Untersuchung der Bereich
Heidelberg an.
Im Mittelpunkt meiner Überlegungen stehen die Fragen:
Gibt es im Bereich Heidelberg Gewalt von Schülern gegen Lehrer?
In welcher Form und welcher Häufigkeit stellt sie sich dar?
Gibt es Lehrerangst oder Unwohlsein vor bestimmten Schülern?
Wie verhalten sich die Lehrer gegenüber gewaltbereiten Schülern?
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?
1.2. Vorgehensweise
Die methodische Vorgehensweise meiner Arbeit orientiert sich an der
hermeneutischen Position, d.h. ich versuche mit Hilfe von Materialien und
Lehreraussagen die Gewalt von Schüler gegen Lehrer zu erklären. Diese
Ergebnisse sollen Aufschlüsse über das Verhalten von Lehrern gegenüber
gewaltbereiten Schülern liefern.
Aus meiner beruflichen Erfahrung habe ich feststellen müssen, dass Ereignisse in
zwischenmenschlichen Beziehungen nicht vorhersehbar sind. Es bedarf vielmehr
verschiedener Erfahrungen aus der Vergangenheit, die es erleichtern, die
Ereignisse zu interpretieren und Lösungsansätze zu erstellen.
In diesem Sinne versuche ich in meiner Arbeit die Ursachen und Aspekte einer
möglichen Lehrerangst in Zusammenhang mit Schule und Schülern zu verstehen
und aufzuzeigen.
Im ersten Teil meiner Arbeit werde ich mit Hilfe der vorhandenen Literatur die
beiden Hauptbegriffe Angst und Gewalt näher bestimmen. Ich werde dabei
versuchen, diese Begrifflichkeiten nicht nur abstrakt zu erläutern, sondern auch
einen ständigen Bezug zum Lehrer-Schüler-Verhältnis herzustellen.

5
Der zweite und praktische Teil dieser Arbeit, die Befragung von Lehrerinnen und
Lehrern, soll Erkenntnisse über das Vorhandensein von Angst und Gewalt auf
Seiten der Lehrer liefern.
Ich erhoffe mir dadurch, eine repräsentative Darstellung meiner Ziele für den
Bereich Heidelberg bieten zu können. Der Polizeidirektion Heidelberg und den zu
betreuenden Schulen will ich Anhaltspunkte und Daten für eine weitergehende
gute Zusammenarbeit liefern. Ansatzpunkte, die im Rahmen der Präventionsarbeit
sicherlich benötigt werden können.
Bei meiner Suche nach literarischen Unterlagen bin ich in der
Universitätsbibliothek in Heidelberg in ausreichendem Maße fündig geworden.
Das Thema Gewalt fand besonders in den Jahren von 1990 bis heute ein reges
Interesse, welches die bestehenden Veröffentlichungen belegen. Publikationen
über das Thema Angst/Lehrerangst waren schwerpunktmäßig in den Jahren von
1972 bis 1989 zu finden. Seit dieser Zeit wurden fast keine deutschsprachigen
Werke verfasst. Eine Suche an mehreren Universitätsbüchereien brachte das
gleiche Ergebnis, weshalb mir die bestehenden Werke als Grundlage für meine
Diplomarbeit dienten.
Einen Hinweis für das Lesen dieser Arbeit möchte ich vorneweg kurz geben. Ich
werde sehr häufig den Begriff des Lehrers verwenden, darunter ist sowohl der
weibliche, als auch der männliche Vertreter zu verstehen. Wird einer von beiden
implizit betrachtet, werde ich dies deutlich machen und die Begriffe Lehrer und
Lehrerin benutzten.
2. Angst
2.1. Allgemeine Vorüberlegungen zum Begriff der Angst
Bevor ich auf die Ursachen und Auswirkungen der Lehrerangst eingehen werde,
ist eine Erläuterung und Darstellung des zentralen Begriffs ,,Angst"
unumgänglich.

6
,,Angst bezeichnet einen dem Menschen angeborenen Schutzmechanismus, der es
ihm ermöglichen soll, reale Bedrohungen abzuwenden."
1
Angst wird immer dann
sichtbar, wenn es sich um ein soziales Handlungsfeld mit gestörten
kommunikativen Beziehungen handelt. Entscheidend für eine Störung der
Beziehung ist das psychische Umfeld des Einzelnen, sein seelisches
Beziehungsgefüge in Verbindung mit sozialen Gruppen.
2
Der Mensch gestaltet
sein eigenes psychisches Umfeld, wobei alle ihn umgebenden Personen sich als
Teil des Ganzen darstellen. Er bestimmt also das positive oder negative
psychische Umfeld vorwiegend selbst. Diese Erkenntnis ist insofern wichtig, als
sie eine entscheidende Rolle für die Entstehung des psychischen Verhältnisses der
Schüler innerhalb einer Klasse, der Schule, von Gruppen oder der Familie spielt.
Ein nicht intaktes seelisches Beziehungsgefüge kann auf den Betroffenen
bedrohlich wirken und Angst auslösen.
2.2. Angsttheorien
Wie in meiner Einleitung schon erwähnt, gibt es keine allgemeingültige
Angsttheorie, sondern lediglich verschiedene Theorieansätze:
3
1. Psychoanalytische Theorien (nach Freud)
2. Lerntheoretische Erklärungen (Miller)
3. Kognitive Theorien (Bandura)
Ich werde im folgenden nur auf die Psychoanalyse und die Kognitive Psychologie
kurz eingehen, da nur diese unmittelbaren Bezug zu meinem Thema haben.
Die Psychoanalyse bezeichnet nach den späteren Theorien FREUD`s die Angst
als ein primär im Psychischen begründeter Prozess, der seinerseits
Bewältigungsreaktionen mit unterschiedlichen Abwehrmechanismen und daraus
1
Strian, S. 21
2
Strian, S. 21
3
Jendrowiak, S. 109

7
resultierenden Fehlhaltungen induziert.
4
Der Organismus greift in bedrohlichen
Situationen auf Reaktionen zurück, die sich schon einmal als zweckmäßiger
Schutzmechanismus bewährt habt. ,,Auf die Lage des Lehrers angewandt könnte
dies folgendermaßen aussehen: Eine konfliktgeladene Situation in der Klasse trägt
zu erhöhtem Herzschlag, zu Hitzegefühlen, zu Schweißausbrüchen u.a. bei. Diese
Reaktionen wiederum signalisieren dem Unbewussten, dass Gefahr vorhanden ist:
Der Lehrer reagiert mit Angst."
5
Die Entstehung der Angst wird auf Umstände außerhalb des Individuums
zurückgeführt, beispielsweise auf Störungen in sozialen Bezugsgruppen.
6
Aufgrund eines mangelnden Sicherheitsgefühls stellt sich die Angst als eine
Folgereaktion dar. Hierbei spielen Bezugsgruppen eine entscheidende Rolle, da
sie dem Individuum Sicherheit und Geborgenheit geben und ihm somit auch das
Gefühl vermitteln, anerkannt und akzeptiert zu werden.
7
Die Angstentstehung ist bei jedem einzelnen Lehrer unterschiedlich und hängt
ganz entscheidend von der Wahrnehmung ab. Für die Einen gehören kleine
Beleidigungen zum Schulalltag dazu und führen zu keiner Reaktion. Für die
Anderen können schon diese Kleinigkeiten Verhaltensveränderungen auslösen,
die von Unsicherheit und Angst genährt werden.
Es ist unerheblich, zu welchem Zeitpunkt ein Lehrer die Schwelle der
Wahrnehmung (z.B. bei Einschüchterungen) erreicht, entscheidend ist aber, dass
hierdurch Verhaltensänderungen auftreten können. Bleibt den Lehrern in solchen
Fällen die Unterstützung seitens ,,der Schule" versagt, entsteht Unsicherheit und
aus dieser Unsicherheit heraus kann ein Angsttrauma entstehen.
Mit diesen Ausführungen will ich ganz einfach zum Ausdruck bringen, dass sich
die Lehrer oft nur als Wissensvermittler sehen. Doch die emotionale
Verbundenheit mit den Schülern ist besonders wichtig und diese falsche
Einstellung kann die Lehrer in Kompetenzängste stürzen.
8
Die Lehrer haben aber
4
Strian, S. 21
5
Raether, S. 72
6
Strian, S. 21
7
Sullivan in: Strian, S. 23
8
Raether, S. 41

8
keine eindeutigen Maßstäbe für ein pädagogisch angemessenes Handeln, da sie in
ihrem Studium nur mangelhaft auf diese Rolle vorbereitet werden.
9
Um Konflikte
austragen und um die verschiedensten Gewaltformen ausräumen zu können, ist
eine konsequente Unterstützung durch ,,die Schule" von Nöten.
Beim Ausfüllen ihres Fragebogens machte eine Lehrerin Angaben über das
Verhalten der Schüler an ihrer Schule. Ich zitiere hierbei die Ausführungen dieser
Lehrerin, die das Problem sehr treffend und umfassend beschreibt. ,, An der
Schule, an der ich unterrichte, gibt es keine gewaltbereiten Schüler im klassischen
Sinn. Das Verhalten den Lehrern gegenüber ist vielmehr sehr häufig von
Herablassung, Arroganz und Rücksichtslosigkeit geprägt. Viele Schüler halten
sich ­ gestärkt offenbar durch vielfach akademische Elternhäuser ­ für das
Zentrum der Welt und nehmen sich das Recht heraus, sich über alle Regeln des
Miteinanders hinwegsetzen zu können. Diese Einstellung macht sich natürlich
auch im Verhalten gegenüber Mitschülern bemerkbar."
10
An dieser Stelle denke ich besonders an die jungen Lehrer, die ohne Erfahrung
und ohne große pädagogische Ausbildung ihren Berufsalltag beginnen. Diese
Berufsanfänger registrieren schon die geringsten Verhaltensauffälligkeiten der
Schüler.
BANDURA, Vertreter der sozial-kognitiven Lerntheorie (Kognitive Theorien),
erklärt die Angstentstehung durch ein mangelndes Vertrauen des Einzelnen in die
eigenen Fähigkeiten, mit einer Situation angemessen umzugehen.
11
Somit ist es
nicht die bedrohende Situation selbst, die Angst auslöst, sondern das aus der
Situation resultierende Bewusstsein, keine Kontroll- und
Bewältigungsmöglichkeiten zu haben. Konkret lässt sich dieser Sachverhalt so
erklären, dass der Mensch, der täglich einer Reihe von unterschiedlichen
Umweltbedingungen und sich ständig verändernden Situationen ausgesetzt ist,
diesen zu begegnen versucht, indem er die Umweltveränderungen zunächst erfasst
9
Raether, S. 42
10
Ausführungen einer Lehrerin in einem Fragebogen
11
Bandura in: Strian, S. 26

9
und bewertet. Die kognitive Verarbeitung der wahrgenommenen und bewerteten
Reize ist ausschlaggebend für die darauffolgende Reaktion. Stellt die Person fest,
dass eine Situation Kompetenzen von ihr fordert, die sie nicht besitzt, kommt es
zur Angstentstehung und damit zur Auslösung von Angstreaktionen.
12
Ein Lehrer, der aufgrund seiner Persönlichkeit nicht in der Lage ist,
verhaltensauffälligen oder gewaltbereiten Schülern ernsthaft entgegenzutreten,
macht sich somit selbst zum Opfer. Opfer dahingehend, dass er sich durch
bedrohende Situationen in einen Angstzustand oder mindestens in einen Zustand
des Unwohlseins, versetzt. Der tägliche Gang an die Schule wird zum
,,Martyrium".
Mit Hilfe des Fragebogens (Fragen 6+7) will ich konkret festhalten, ob es die
Angst der Lehrer vor Schülern gibt und in welcher Häufigkeit.
2.3. Angst in der Schule
Während Studien über Schülerangst schon seit Jahren ganze Bibliotheken füllen,
liegen Untersuchungen der Lehrerangst in der Bundesrepublik Deutschland in
ihrer Anzahl weit zurück. ,,Die Lehrerangst ist ein noch weitgehend tabuisiertes,
verdrängtes und geleugnetes Phänomen, welches daran zu erkennen ist, dass nur
sehr wenige Literaturwerke sich auf empirische Untersuchung stützen".
13
Vor ca. 30 Jahren wurde das Problem der Lehrerangst ernsthaft aufgegriffen,
diagnostiziert, Gesprächskreise gegründet und Therapien entwickelt, um Lehrern
aus ihrer Angst herauszuhelfen.
Bei dem Begriff ,,Schulangst" liegt der Gedanke an die Angst der Schüler vor der
Schule nahe. Dass jedoch die Angst der Lehrer den Schülerängsten in ihrem
Ausmaß immer näher rückt, wird häufig vergessen und macht sich auch in
Veröffentlichungen zu diesem Thema bemerkbar.
12
Strian, S. 27
13
T. Katschnig in: Erziehung & Unterricht, Heft 1/2002, S. 17

10
,,Oft ist es auch nur ein Unbehagen, das der Lehrer nicht genau bestimmen kann,
das ihn aber in seinen Aktionen einschränkend beeinflusst. ,,In vielen Situationen
ist es dem Lehrer eher möglich zu sagen: Ich habe so ein komisches Gefühl bei
der Sache, mir ist es nicht ganz geheuer, als zuzugeben, dass er Angst verspürt."
14
Die Darstellung der Angst in der Schule bezieht sich auf umweltbezogene Ängste,
die zum einen Teil außerhalb der Schule entstehen und in diese hineingetragen
und nicht abgelegt werden und zum anderen ihren Ursprung innerhalb der Schule
nehmen. Umweltbezogene Ängste sind nach STRIAN zurückzuführen auf die
Bedrohung der mitmenschlichen Kommunikation und der Bedrohung, nicht
integriert zu werden. Sie treten dann auf, wenn es sich um ein soziales
Handlungsfeld mit gestörten Beziehungen handelt und steigen mit dem
Anwachsen der Kommunikationsstörungen und der Verunsicherung der
mitmenschlichen Beziehungen an.
15
Dies gilt für Lehrer und für Schüler
gleichermaßen.
Bei den Schülern würde der Außenseiter innerhalb einer Schulklasse in diese
Beschreibung passen. Es muss an dieser Stelle die berechtigte Frage gestellt
werden, ob angstauslösende oder gewalttätige Übergriffe häufiger von
Außenseitern der Klasse, als von integrierten Schülern begangen werden. Diese
Überlegung hat sich zur Zeit der Erstellung des Fragebogens nicht gestellt und
kann somit auch nicht bearbeitet und beantwortet werden. Meines Erachtens
handelt es sich aber um einen sehr interessanten Ansatzpunkt.
Angst ist in einer noch auszumachenden Weise in Schulen verbreitet und besitzt
dort eine bestimmte Qualität, die sich auf verschiedenste Weise äußert.
16
Sie wird
daher in ihren Erscheinungsformen wie Aggression, Resignation, Anpassung,
Zurückhaltung etc, sichtbar. Doch diese Formen reichen für das Verstehen nicht
aus.
17
14
Jendrowiak, S. 112
15
Strian, S. 118
16
Winkel, S. 25
17
Riemann, S. 15

11
Für die Entwicklung pädagogischen Bewusstseins ist es unumgänglich, sich mit
der Entstehung und den Ursachen von Schulangst, sei es nun die Angst der
Schüler oder die Angst der Lehrer, zu beschäftigen, um ihre Erscheinungsform
verstehen und interpretieren zu können bzw. den Betroffenen Hilfestellungen,
Verständnis und Unterstützung anbieten zu können. Es zeigt sich, dass der Lehrer
aus vielfältiger Ursache gehalten ist, mit Angstgefühlen umzugehen. Eine aus
verschiedenen Gründen nur wenig genutzte Möglichkeit bietet dabei der
Erfahrungsaustausch mit Kollegen, der auch eine verstärkte Selbsterfahrung
ermöglicht.
18
Meiner Meinung nach sind die Lehrer aber nicht in der Lage, dieses
psychologische Grundverständnis zu erlernen, da es dafür einer separaten
Ausbildung bedarf. Die Lehrer haben in ihrer Eigenschaft als Pädagogen die
Aufgabe, Schüler nach den geltenden Normen und Werten zu erziehen und positiv
zu beeinflussen. Sind sie jedoch selbst Opfer von Angst, scheint die Hilfe ,,von
Außen" notwendig zu sein.
In meiner Einleitung erwähnte ich, wie schwer es mir fiel, betroffenen Lehrern
Hilfs- oder Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Grund hierfür war sicherlich auch
das Fehlen der Kenntnisse über die Zusammenhänge der verschiedensten Formen
von Angst und Aggressionen, aber auch die mangelnde Einsicht über die
unterschiedlichsten Belastungen der Lehrer.
Seit den 60er Jahren wurde mit Nachdruck die Umsetzung der Schulreform
vorangetrieben. Zwei Punkte standen im Vordergrund: die Überprüfung
schulischer Inhalte und die Veränderung der Organisationsform. Beide Punkte
wurden in der Lehrerausbildung und der Lehrerfortbildung berücksichtigt. ,,Bei all
dem bleibt eine Frage weitgehend unberücksichtigt, die Frage nach der Person des
Lehrers und des Schülers."
19
,,Was sie miteinander oder gegeneinander als
18
Jendrowiak, S. 133
19
Brück, S. 9

12
Personen machen, entscheidet aber letztendlich darüber, was sie aneinander
bewirken. Dieser entscheidende Punkt blieb lange Zeit unberücksichtigt."
20
Beachtet man nun, dass die Arbeitsbelastung von Jahr zu Jahr zunimmt, indem die
Klassen immer größer werden, knappe Kassen die Entscheidungsspielräume der
Schulen zusätzlich einschränken, die Schüler sich von Jahr zu Jahr verändern,
eine Vielzahl von institutionellen Veränderungen umgesetzt werden sollen, neue
Unterrichtsformen und ­methoden von den Lehrern erwartet werden, das
Durchschnittsalter ansteigt und gesundheitliche Probleme mit diesem höheren
Durchschnittsalter einhergehen, ist Hilfe und Unterstützung notwendig.
21
Die Schulämter haben dieses Problem erkannt und versuchen, mit neuen
Modellen wie Supervision
22
, Mediation
23
und Schulsozialarbeit auf die
Lehrerprobleme zu reagieren. An einigen Heidelberger Schulen werden diese
Modelle unterschiedlich genutzt. Vor Monaten wurde beispielsweise an allen
Hauptschulen, Förderschulen und einem Teil der Gesamtschule die
Schulsozialarbeit eingeführt. Eine Evaluation
24
über den Erfolg oder Misserfolg
wird momentan durch die Kinderpsychiatrie Heidelberg durchgeführt.
Aus den vielen verschiedenen Lösungsmöglichkeiten die Richtige herauszufinden,
ist nicht leicht. Diese Problematik habe ich in meinen Fragebogen mit
aufgenommen und versuche damit, die positiven Lösungsmöglichkeiten beim
Umgang mit Gewalt gegen Lehrer festzuhalten. Welche Lösungen mit
gewaltbereiten Schülern waren erfolgreich ? (Frage 17), Welche
Institutionen/Einrichtungen würden Lehrer als Unterstützung in Anspruch
nehmen? (Frage 16).
20
Brück, S. 10
21
J. Jene in: Wirtschaft plus, Ausgabe 2/2003, S. 17
22
,,pädagogische Fallbesprechungen"
23
Gehl, 2003, S. 99:"Vermittlung zwischen zwei Streitparteien mit Hilfe einer neutralen,
außenstehenden Person, die von allen Seiten akzeptiert wird."
24
frz. evaluation: Abschätzung, Bewertung // Brockhaus, Die Enzyklopädie, Band 6, 1996, S.
716:"Bei der Analyse eines gegebenen Faktums ist Evaluation die Einschätzung der
Wirkungsweise, Wirksamkeit und Wirkungszusammenhänge."

13
2.4. Lehrerangst
Es gibt in unserer Zeit eine Vielzahl von Lehrern, die Angst haben, sei es vor
Schülern, vor deren Eltern, vielleicht auch vor Kollegen, vor dem gesamten
Apparat der Institution Erziehung. Lehrer, die Angst haben, schränken sich in
ihrem pädagogischen Handeln ein, da sie sich nicht auf den Unterrichtsgegenstand
und die Kontaktaufnahme voll und umfassend konzentrieren können, sondern
häufig mit der Bewältigung ihrer Angst beschäftigt sind.
25
Konflikte treten besonders häufig bei der Arbeit mit der Klasse und mit einzelnen
Schülern auf. Der Lehrer kann nicht allen Wünschen der Schüler entsprechen, er
muss immer wieder gegen die allgemein geäußerten Wünsche entscheiden. Diese
Entscheidungen versuchen viele Schüler wiederholt zu unterlaufen, indem sie
durch auffälliges Verhalten provozieren.
26
Jede Provokation bedeutet für den
Lehrer ein neuer Konflikt. Neben diesen innerschulischen gibt es auch
außerschulische Konflikte. Klassenfahrten oder Klassenfeste bergen ihre
Probleme wie beispielsweise ,,Alkoholgenuss" oder ,,unangepasstes Verhalten der
Schüler gegenüber den Lehrern". Ein Lehrer muss versuchen, auf diese Konflikte
in rechter Weise zu reagieren, sonst kann schon die Vorstellung an ein solches
Ereignis Qualen und Verunsicherung auslösen.
Verspürt ein Lehrer bei solchen Situationen Angst, wird er versuchen, diese Angst
durch eine Abwehrhaltung zu verdrängen. Er führt einen harten Unterrichtsstil
und verweigert jede außerschulische Aktivität.
27
,,Dennoch muss man sich vor Augen halten, wo die Ursachen für Angst liegen
können, wie, wo und wodurch sie ausgelöst werden kann. Dazu nützt es zunächst
nicht viel, zwischen Furcht und Angst oder zwischen Unbehagen und
Ängstlichkeit zu unterscheiden, denn alle diese Gefühle, es handelt sich
gewissermaßen um eine Gefühlsgruppe, führen im Unterrichtsalltag zu
Belastungen unterschiedlichen Grades".
28
25
Brück, S. 165
26
Raether, S. 50
27
Raether, S. 51
28
Jendrowiak, S. 127

14
Erst wenn die Ursachen der Angst bekannt sind, kann man sich darum bemühen,
diese zu lindern oder gar zu beseitigen.
2.5. Formen der Lehrerangst
Es ist nicht abwegig, in diesen vielen Angstformen die Ursachen für fehlerhaftes
Verhalten in bestimmten Situationen zwischen Lehrern und Schülern zu finden,
die später zu gewalttätigen Übergriffen führen.
WINKEL unterscheidet demnach neun Hauptformen
29
der Lehrerangst,
-
Versagungsangst
-
Konfliktangst
-
Herrschaftsangst
-
Die unbewusste Angst
-
Existenzangst
-
Trennungsangst
-
Personenangst
-
Strafangst
-
Die neurotische Angst.
Ich werden im folgenden nur drei Angstformen herausgreifen, da diese für das
Thema meiner Arbeit von Bedeutung sind.
1. Versagungsangst:
30
Hierbei hat der Lehrer das Gefühl, nicht ausreichend
sachkompetent zu sein, mit Erziehungsschwierigkeiten nicht fertig zu werden
und auftauchenden Problemen hilflos gegenüberzustehen. In der Praxis stehen
die Lehrer vor verschiedenen Problemen, z.B. die Schüler verweigern die
Mitarbeit, treiben Unsinn oder fangen an zu rauchen. Das Gefühl, den
Forderungen und Erwartungen der Schüler nicht entsprechen zu können, führt
29
Winkel, S. 126 in: Jendrowiak, S. 11
30
Winkel, S. 62

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zu Hilflosigkeit und Unsicherheit, unter Umständen sogar zu Angst. Bei
Lehrern entsteht durch diese Unsicherheit ein Angriffspunkt, sie verlieren ihre
Souveränität.
2. Konfliktangst:
31
Bei dieser Angstform kommt das zwiespältige Problem des
Lehrerberufes zum Tragen: Es handelt sich um die Angst, ,,sich wehren zu
wollen, jedoch ducken zu müssen." Diese erfolgt beispielsweise bei der
Leistungsmessung anhand von Zensuren der sie zwar kritisch
gegenüberstehen, sie dennoch durchführen. Lehrer müssen sich an
Schulordnungen halten und werden dadurch oftmals in ihrem pädagogischen
Handeln eingeschränkt.
3. Personenangst
32
bezeichnet die Angst vor bestimmten Personen, z.B. vor
einem Schüler, Kollegen, dem Schulrat. Hierbei kann die Angst aufgrund
vorangegangener realer Geschehnisse begründet sein. Der Lehrer geht aus
Angst vor weiteren Unannehmlichkeiten dem gewaltbereiten Schüler aus dem
Weg.
2.6. Zusammenhang von Angst und Aggression
In den meisten Lehrerkollegien kursieren bestimmte Vorurteile über einzelne
Schüler und Klassen. Den angestauten Aggressionen wird nicht in wenigen Fällen
damit Platz geschaffen, dass erschwerte Klassenarbeiten geschrieben werden, in
der Hoffnung, die Schüler werden handzahm. Lehrer, die sich auf diese Weise
aggressiv gegenüber ihren Schülern verhalten, geben wenig Angst zu erkennen.
Die Schüler haben zwei Möglichkeiten, entweder sie ordnen sich unter oder sie
reagieren mit Aggressionen.
Was bedeutet dies nun? Die Aggressionen können während der Unterrichtsstunde
zum Ausdruck kommen. Angestaute Spannungen entladen sich durch aggressives
Verhalten, wobei dieses von der Gesellschaft eher toleriert wird als Angst.
31
Winkel, S. 63
32
Winkel, S. 66

16
Angst wird oft gleichgesetzt mit Schwäche und Unterlegenheit, Aggressionen mit
Strenge, Autorität und Durchgreifungsvermögen.
33
Durch Aggressionen täuschen
Lehrer Selbstsicherheit vor, um den Eindruck zu erwecken, scheinbar ohne
Probleme zu sein. Doch gerade durch dieses Verhalten entstehen
Missverständnisse, da die Lehrer dann aggressiv wirken oder aggressiv sind, in
Wirklichkeit jedoch Angst überspielen oder verdrängen wollen.
Dadurch, dass Angst nicht zugelassen bzw. durch Aggressionen dargestellt wird,
kommt es zu Echoreaktionen seitens der Schüler und somit zur Entstehung einer
aggressiven Atmosphäre, die erfolgreiches Lehren und Lernen unmöglich
macht.
34
Die wenigsten Menschen hinterfragen das Erscheinungsbild des anderen, sie
neigen dazu, es ,,einfach" anzunehmen. Erleben Schüler ihre Lehrer aggressiv,
werden sie kaum die Vermutung anstellen, dieser wolle dahinter seine Angst
verbergen.
Nach BRÜCK nehmen Schüler die Aggression wahr und setzen sie mit Autorität
und Strenge gleich, so dass es zu einer Verfälschung des Lehrerbildes kommt.
Wahrscheinlich sehen Lehrer keine Notwendigkeit, sich die Angst einzugestehen,
da sie die Überlegeneren im Schüler-Lehrer-Verhältnis sind. Wenn Lehrer jedoch
an einem Kontakt und Zugang zu ihren Schülern interessiert sind, sollten sie
durch ihr Verhalten ein Aggressions- und Angstecho auf Schülerseite zu
vermeiden versuchen. Die Erkenntnis von einem möglicherweise sehr
bedeutsamen Zusammenhang zwischen der Angst, die der Lehrer hat und
derjenigen, die der Schüler hat, führt zu der Schlussfolgerung:
,,Demnach hätte der Schüler Angst, weil der Lehrer Angst hat, genauer, weil der
Lehrer Strategien entwickelt, die seine Angst und Unsicherheit dem Schüler und
womöglich sich selber verbergen müssen."
35
Diese Unsicherheit und Angst macht sich dadurch bemerkbar, dass Lehrer oft zu
spät zum Unterricht kommen oder des öfteren ,,krankfeiern".
36
Dieses Phänomen
bezeichnete Winkel als ,,Türklinkenfurcht".
37
33
Brück, S. 164
34
Brück, S. 165
35
Brück, S. 165

17
2.7. Eigene Gedanken zum Thema Angst
Es war mir wichtig, die verschiedenen Ängste der Lehrer aufzuzeigen. Ich denke
es wird deutlich, wie sich die Angstformen auf sein Verhalten auswirken und sich
damit auch auf den Schüler übertragen können.
Ich will für mich die Überlegung im Raum stehen lassen, dass die Ursachen für
gewalttätige Übergriffe von Schülern gegen Lehrer nicht immer bei den Schülern
zu suchen sind. Vielmehr bietet sich eine kritische Betrachtung der gesamten
Situation und der Einflussfaktoren an, so dass in manchen Fällen der Lehrer oder
die Lehrerin nicht schuldlos dastehen dürften. Interessant fand ich den
Zusammenhang zwischen Angst und Aggression. Wie leicht kann aus einer
Unsicherheit, für die unterschiedliche Abwehrmaßnahmen ergriffen werden, eine
aggressive Stimmung entstehen, die möglicherweise in Gewalthandlungen endet.
Es ist daher wichtig, die Probleme einer jeden Schule, der Lehrer und der Schüler
konsequent zu erforschen und gleichzeitig präventive Arbeit zu leisten. So sollten
bereits im Studium pädagogische Handlungsmuster vermittelt und diese in der
Praxiszeit immer wieder in Form von Fortbildungsmaßnahmen wiederholt
werden.
Ich habe in diesem Kapitel die Ängste der Lehrer ausführlich beschrieben. In den
meisten Fällen dürften die wahren Ursachen für gewalttätige Übergriffe von
Schüler gegen ihre Lehrer kaum aufzudecken sein. Ob es falsche
Verhaltensweisen der Lehrer waren oder eine höhere Gewaltbereitschaft bei den
Schülern, kann nicht beantwortet werden.
In meiner späteren Analyse des Fragebogens werde ich konkret darauf eingehen,
inwieweit die Angst und Gewalt bei den Lehrern der untersuchten Heidelberger
Schulen vorhanden ist.
In den folgenden Kapiteln werde ich zuerst die verschiedenen Gewaltformen
bearbeiten und im Anschluss eine Chronik über begangene Gewalttaten aufführen.
36
Brück, S. 167
37
Winkel, S. 61

18
3. Gewalt
3.1. Definition von Gewalt in der Schule
Als zentraler Begriff wird das Wort Gewalt meist mit dem Zusatz ,,Phänomen"
verwendet. Die Fülle der verschiedenen Definitionen für diesen Begriff wird
immer größer, je mehr man sich in die umfangreiche Literatur zu diesem Thema
einarbeitet.
Dabei zeigt sich, dass nicht nur sehr verschieden ist, was ein jeweiliger Mensch
unter Gewalt versteht, sondern dass die Erklärungsversuche für dieses Phänomen
immer unter einem ganz bestimmten Aspekt erfolgen.
Allgemein wird zwischen physischer und psychischer Gewalt unterschieden,
hinzu kommt die Unterscheidung zwischen direkter (personaler) und struktureller
Gewalt.
Alle Definitionen stimmen wohl darin überein, dass physische und personale
Gewalt unter den Gewaltbegriff fallen. Strittig wird es hingegen in der Frage, ob
auch psychische Gewalt zu erfassen sei. In meiner Arbeit werde ich diese Form
der Gewalt mit berücksichtigen und über meine Fragebögen abfragen (dem Opfer
selbst muss psychische Gewalt nicht unbedingt bewusst sein, körperliche Gewalt
lässt sich schwerlich verstecken).
38
Ähnliches gilt für die strukturelle Gewalt.
In meiner Arbeit lehne ich mich an die Gewaltdefinition von Hurrelmann an.
Seine Auffassung von Gewalt und die darüber gemachte Formulierung enthalten
die Phänomene, die ich bei der Entwicklung des Fragebogens den Fragen
zugrundelegte.
Folgende Definition halte ich für verständlich und umfassend:
"Gewalt in der Schule umfasst das gesamte Spektrum von Tätigkeiten und
Handlungen, die physische und psychische Schmerzen oder Verletzungen bei den
im Bereich der Schule handelnden Personen zur Folge haben oder die auf die
Beschädigung von Gegenständen im schulischen Raum gerichtet sind."
39
38
Mainzer Schriften, S. 4
39
Hurrelmann, S. 365

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832481551
ISBN (Paperback)
9783838681559
DOI
10.3239/9783832481551
Dateigröße
716 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Villingen-Schwenningen - Hochschule für Polizei – II Kriminalwissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Juli)
Note
1,25
Schlagworte
prävention schlagen fragebogen angst lösungen
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Titel: Gewalt an Schulen - die Gewalt von Schülern gegen Lehrer
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