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Warum hat sich in Deutschland kein integrierter nationaler Mineralölkonzern herausgebildet?

©2004 Diplomarbeit 157 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Deutschland ist in Westeuropa der einzige größere Staat ohne einen integrierten nationalen Mineralölkonzern. Anders als in Frankreich (TotalFinaElf), Italien (ENI), den Niederlanden (Royal Dutch Shell) oder Großbritannien (BP) existiert hier kein vergleichbarer Konzern, obwohl in anderen Schlüsselindustrien wie dem Chemie- oder dem Automobilbereich starke multinationale Unternehmen vorhanden sind.
Was ist die Motivation für Nationen, einen integrierten nationalen Mineralölkonzern zu schaffen oder zu fördern? Erdöl hat eine strategische Bedeutung für Staaten, da es bis heute als Energieträger für Volkswirtschaften unverzichtbar ist. Erdöl kann nicht vollständig durch andere Kohlenwasserstoffe ersetzt werden. Der Verkehrssektor ist heute in hohem Maße auf Mineralölprodukte angewiesen. Regierungen haben deshalb ein Interesse an nationalen Mineralölkonzernen, um die Versorgung des Landes sicherzustellen. Da die meisten Verbraucherstaaten über keine oder nur geringe Ölquellen verfügen, stellen heimische Ölkonzerne, die über ausländische Ölquellen verfügen, eine Möglichkeit dar, die Versorgung zu gewährleisten. Amerikanische Unternehmen wie Standard Oil waren von Anfang an führend im Ölgeschäft. Der amerikanische Staat war nie an den Unternehmen beteiligt, unterstützte aber politisch die Gründung von Betrieben im Ausland. Großbritannien baute auf Grundlage der Kolonien im Nahen Osten die BP auf, an welcher der Staat seither beteiligt ist. Die niederländische Royal Dutch Shell entstand aufgrund politischer Einflussnahme bei der Förderung in Lateinamerika und Asien. Diese Beispiele zeigen, dass mit staatlicher Unterstützung große Ölgesellschaften entstanden. Ein wichtiger Hintergrund dieses Engagements war die nationale Versorgungssicherheit.
Die Mineralölindustrie ist ein Wirtschaftsbereich, in dem sich die Liberalisierung und Globalisierung der Märkte in besonderem Maße widerspiegeln. Es herrschte früher wie heute ein starker Wettbewerb, der durch die großen multinationalen Konzerne geprägt ist. Hier finden Entwicklungen hin zu Konzentration und vertikaler Integration von Unternehmen statt.
Die Bundesregierung hat sich fast komplett aus der Gestaltung der Mineralölindustrie zurückgezogen und überlässt diesen Wirtschaftsbereich alleinig den überwiegend multinationalen Unternehmen und den Kräften des freien Marktes. Gestaltungsmöglichkeiten seitens des Staates sind deshalb kaum vorhanden. Das wird auch an folgender Aussage des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8140
Weber, Florian: Warum hat sich in Deutschland kein integrierter nationaler
Mineralölkonzern herausgebildet?
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Lüneburg, Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

II
II
Vorwort: Danksagungen
Prof. Dr. Lutz Zündorf (Institut für Sozialwissenschaften, Wirtschafts- und Betriebsso-
ziologie) für die sehr engagierte Betreuung
Heino Elfert (Energie Informationsdienst) für das ausführliche Interview
Peter Schweinhage (Ehemaliger Leiter des Bereiches Geschäftsentwicklung der DEMI-
NEX) für die Bereitstellung von persönlichen Literaturreserven über die Erdölex-
plorationsgesellschaft DEMINEX und die Veba AG
Dr. Wolfgang Müller-Michaelis (Ehemaliger Generalbevollmächtigter der Deutschen BP
AG und heutiger Privatdozent an der Universität Lüneburg) für seine Auskünfte
über die Auswirkungen der Ölkrisen auf die deutsche Mineralölwirtschaft
Marco Kleinert und Matthias Weber für die Korrektur
Irmgard und Gerhard Weber für die Finanzierung dieses Diploms

III
III
Inhaltsübersicht
II Vorwort:
Danksagungen _______________________________________________ II
III Inhaltsübersicht _____________________________________________________ III
IV Inhaltsverzeichnis ____________________________________________________ V
V Abbildungsverzeichnis ______________________________________________VIII
VI Tabellenverzeichnis _________________________________________________VIII
VII Abkürzungsverzeichnis_______________________________________________ IX
1 Einleitung ___________________________________________________________ 1
1.1 Problemstellung___________________________________________________ 1
1.2 Vorgehensweise ___________________________________________________ 3
1.3 Definition der Begriffe _____________________________________________ 4
1.4 Die Stufen der Mineralölindustrie____________________________________ 5
2 Untersuchung: _______________________________________________________ 6
2.1 Die politischen Rahmenbedingungen zu Beginn des Ölzeitalters___________ 6
2.1.1 Die
Bagdadbahn ________________________________________________ 7
2.1.2 Die
Steaua
Romana _____________________________________________ 8
2.1.3 Die Folgen am Ende des Ersten Weltkrieges __________________________ 9
2.1.4 Der Erste Weltkrieg und der Beginn der geopolitischen Bedeutung des Öls_ 11
2.1.5 Der Einstieg der APOC, der späteren BP, in den deutschen Markt ________ 12
2.1.6 Die starke Präsenz internationaler Ölkonzerne in den 1930er Jahren ______ 13
2.1.7 Fazit ________________________________________________________ 14
2.2 Die politischen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland _ 15
2.2.1 Der Strukturwandel nach dem Zweiten Weltkrieg_____________________ 15
2.2.2 Zwischenfazit _________________________________________________ 17
2.2.3 Die
weitere
Liberalisierung des Ölmarktes durch die Bundesregierung ____ 18
2.2.4 Zwischenfazit _________________________________________________ 22
2.2.5 Die Gruppierung deutscher Ölinteressen durch die Bundesregierung ______ 22
2.2.6 Zwischenfazit _________________________________________________ 34
2.2.7 Die Konsequente ,,weg vom Öl-" Politik nach den Ölkrisen in den Jahren
1973/74 und 1979 ______________________________________________ 35
2.2.8 Zwischenfazit _________________________________________________ 43
2.2.9 Die Belastung durch Umweltschutzauflagen _________________________ 44
2.2.10 Die heutige deutsche und europäische Energiepolitik unter dem Aspekt der
Versorgungssicherheit __________________________________________ 47
2.2.11 Fazit ________________________________________________________ 56

IV
2.3 Die ökonomischen Rahmenbedingungen in Deutschland zu Beginn des
Ölzeitalters ______________________________________________________ 57
2.3.1 Die frühzeitige Monopolisierung des deutschen Marktes durch Standard
Oil Company _________________________________________________ 58
2.3.2 Die Markteintrittsbarrieren - die Marktbeherrschung des Welterdölmarktes
durch die Sieben Schwestern _____________________________________ 60
2.3.3 Fazit ________________________________________________________ 68
2.4 Die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Mineralölwirtschaft nach
den Ölkrisen _____________________________________________________ 68
2.4.1 Die wirtschaftlichen Folgen für die einheimischen Raffineriegesellschaften 69
2.4.2 Die Folgen der Ölkrise für die Raffineriewirtschaft in Deutschland _______ 76
2.4.3 Der Einfluss der Spotmärkte _____________________________________ 84
2.4.4 Fazit ________________________________________________________ 88
2.5 Die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Mineralölwirtschaft nach
1985 ____________________________________________________________ 88
2.5.1 Der Ölpreisverfall von 1985/86 ___________________________________ 89
2.5.2 Das Scheitern der DEMINEX als privatwirtschaftliche
Explorationsgesellschaft_________________________________________ 92
2.5.3 Die Auflösung der nationalen integrierten Ölgesellschaften _____________ 98
2.5.4 Die Konzentration auf das Erdgas ________________________________ 110
2.5.5 Fazit _______________________________________________________ 114
3 Schluss____________________________________________________________ 115
3.1 Zusammenfassende Bewertung ____________________________________ 115
3.2 Ausblick _______________________________________________________ 122
4 Literaturverzeichnis ________________________________________________ 124
5 Anhang ___________________________________________________________ 131

V
IV
Inhaltsverzeichnis
I Eidesstattliche
Erklärung _______________________________________________I
II Vorwort:
Danksagungen _______________________________________________ II
III Inhaltsübersicht _____________________________________________________ III
IV Inhaltsverzeichnis ____________________________________________________ V
V Abbildungsverzeichnis ______________________________________________VIII
VI Tabellenverzeichnis _________________________________________________VIII
VII Abkürzungsverzeichnis_______________________________________________ IX
1 Einleitung ___________________________________________________________ 1
1.1
Problemstellung _________________________________________________________ 1
1.2
Vorgehensweise _________________________________________________________ 3
1.3
Definition der Begriffe____________________________________________________ 4
1.4
Die Stufen der Mineralölindustrie __________________________________________ 5
2 Untersuchung: _______________________________________________________ 6
2.1
Die politischen Rahmenbedingungen zu Beginn des Ölzeitalters _________________ 6
2.1.1
Die Bagdadbahn_____________________________________________________________ 7
2.1.2
Die Steaua Romana __________________________________________________________ 8
2.1.3
Die Folgen am Ende des Ersten Weltkrieges_______________________________________ 9
2.1.4
Der Erste Weltkrieg und der Beginn der geopolitischen Bedeutung des Öls______________ 11
2.1.5
Der Einstieg der APOC, der späteren BP, in den deutschen Markt _____________________ 12
2.1.6
Die starke Präsenz internationaler Ölkonzerne in den 1930er Jahren ___________________ 13
2.1.7
Fazit _____________________________________________________________________ 14
2.2
Die politischen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland ________ 15
2.2.1
Der Strukturwandel nach dem Zweiten Weltkrieg__________________________________ 15
2.2.2
Zwischenfazit______________________________________________________________ 17
2.2.3
Die weitere Liberalisierung des Ölmarktes durch die Bundesregierung _________________ 18
2.2.3.1
Die Aufhebung der Schutzzölle und Steuererleichterungen ________________________ 19
2.2.3.2
Die Benachteiligung aufgrund der großzügigen Steuergesetzgebung der internatonalen
Mineralölgesellschaften durch die Heimatländer_________________________________ 20
2.2.3.3
Die Auswirkungen am Beispiel der DEA AG ___________________________________ 21
2.2.4
Zwischenfazit______________________________________________________________ 22
2.2.5
Die Gruppierung deutscher Ölinteressen durch die Bundesregierung ___________________ 22
2.2.5.1
Die Ausgangslage in den 1960er Jahren _______________________________________ 22
2.2.5.2
Die Gründung der Mineralölexplorationsgesellschaft (DEMINEX) ab 1966 ___________ 25
2.2.5.3
Die Gründung der neuen DEMINEX__________________________________________ 26
2.2.5.4
Die Regelungen der Zusammenarbeit und die Rolle des Staates in der DEMINEX ______ 27
2.2.5.5
Die großzügige Vertragsgestaltung zwischen Bund und Gesellschaftern in der
DEMINEX ______________________________________________________________ 28
2.2.5.6
Die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht der EWG _________________________ 29
2.2.5.7
Die Situation der DEMINEX und die Entwicklung in den 1970er und 1980er Jahren ____ 29
2.2.5.8
Die Veba-Gruppierung durch die Bundesregierung_______________________________ 33

VI
2.2.6
Zwischenfazit______________________________________________________________ 34
2.2.7
Die Konsequente ,,weg vom Öl-" Politik nach den Ölkrisen in den Jahren 1973/74 und
1979 _____________________________________________________________________ 35
2.2.7.1
Die Ursache für die Ölkrisen ________________________________________________ 35
2.2.7.2
Die gesellschaftspolitischen Folgen ­ eine neue Energiepolitik und ein neues
Energiebewusstsein _______________________________________________________ 36
2.2.7.3
Die liberale Grundhaltung gegenüber der Mineralölindustrie _______________________ 39
2.2.7.4
Die Einschätzung der Auswirkungen durch die Politik ____________________________ 40
2.2.7.5
Die Förderung der heimischen Kohle _________________________________________ 41
2.2.7.6
Die Abkehr von alten hin zu neuen energiepolitischen Zielsetzungen ________________ 42
2.2.8
Zwischenfazit______________________________________________________________ 43
2.2.9
Die Belastung durch Umweltschutzauflagen ______________________________________ 44
2.2.9.1
Die gesetzgeberischen Maßnahmen der Bundesregierung und die Folgen für die
Mineralölunternehmen _____________________________________________________ 44
2.2.9.2
Die Folgen für die heimischen Ölgesellschaften am Beispiel der RWE-DEA __________ 46
2.2.9.3
Zwischenfazit____________________________________________________________ 47
2.2.10
Die heutige deutsche und europäische Energiepolitik unter dem Aspekt der
Versorgungssicherheit _______________________________________________________ 47
2.2.10.1
Die Situation der globalen Rohölreserven ____________________________________ 48
2.2.10.2
Die Prognosen für die zukünftigen Reserven__________________________________ 49
2.2.10.3
Der technische Fortschritt in der Explorations- und Produktionstechnik_____________ 49
2.2.10.4
Die Versorgung des deutschen Marktes mit Rohölimporten ______________________ 50
2.2.10.5
Die Versorgung des deutschen Marktes mit Produktimporten_____________________ 51
2.2.10.6
Das Widerlegen der pessimistischen Preiserwartungen__________________________ 51
2.2.10.7
Die Versorgung und die Energiepolitik der EU _______________________________ 52
2.2.10.8
Zwischenfazit__________________________________________________________ 54
2.2.11
Fazit _____________________________________________________________________ 56
2.3
Die ökonomischen Rahmenbedingungen in Deutschland zu Beginn des
Ölzeitalters _____________________________________________________________ 57
2.3.1
Die frühzeitige Monopolisierung des deutschen Marktes durch Standard Oil Company ____ 58
2.3.2
Die Markteintrittsbarrieren - die Marktbeherrschung des Welterdölmarktes durch die
Sieben Schwestern __________________________________________________________ 60
2.3.2.1
Die Kartellbildung der internationalen Ölkonzerne _______________________________ 60
2.3.2.2
Die Auflösung des Kartells nach den Ölkrisen __________________________________ 63
2.3.2.3
Die
Erklärung der Marktmacht anhand der Theorie zur vertikalen Integration__________ 66
2.3.3
Fazit _____________________________________________________________________ 68
2.4
Die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Mineralölwirtschaft nach den
Ölkrisen _______________________________________________________________ 68
2.4.1
Die wirtschaftlichen Folgen für die einheimischen Raffineriegesellschaften _____________ 69
2.4.1.1
Die Preisbildung im Upstream-Bereich ________________________________________ 69
2.4.1.2
Die Preisbildung für Rohöl _________________________________________________ 71
2.4.1.3
Die Preisbildung im Downstream-Bereich _____________________________________ 72
2.4.1.4
Die Preisbildung für Fertigprodukte __________________________________________ 73
2.4.1.5
Die Preisspannen für Fertigprodukte am Rotterdamer Markt _______________________ 73
2.4.1.6
Die Unternehmensstrukturen in der deutschen Mineralölindustrie unmittelbar nach den
Ölkrisen ________________________________________________________________ 74
2.4.1.7
Zwischenfazit____________________________________________________________ 75
2.4.2
Die Folgen der Ölkrise für die Raffineriewirtschaft in Deutschland ____________________ 76
2.4.2.1
Die Vorteile voll integrierter Konzerne bei der Preisbildung _______________________ 77
2.4.2.2
Die Ausgleichspotentiale internationaler Konzerne aufgrund vertikaler Integration und
internationaler Ausrichtung _________________________________________________ 78
2.4.2.3
Die Vorteile der internationalen Konzerne aufgrund eines eigenen Upstream-Bereiches
und einer preiswerten Versorgung mit Rohöl ___________________________________ 79
2.4.2.4
Die Anpassungen der Ölgesellschaften am Beispiel der Deutschen Texaco ____________ 80
2.4.2.5
Die Anpassungen der Ölgesellschaften am Beispiel der Veba AG ___________________ 81
2.4.2.6
Die Anpassungen der Ölgesellschaften am Beispiel der Deutschen BP AG ____________ 82
2.4.2.7
Zwischenfazit____________________________________________________________ 83
2.4.3
Der Einfluss der Spotmärkte __________________________________________________ 84

VII
2.4.3.1
Die Auswirkungen des Spotmarktes auf die deutschen Raffinerien direkt nach den
Ölkrisen ________________________________________________________________ 84
2.4.3.2
Der steigende Wettbewerbsdruck und die Unsicherheit bei der Preisentwicklung durch
die Spotmärkte ___________________________________________________________ 85
2.4.3.3
Die zunehmende Konkurrenz durch freie Händler und Importeure___________________ 87
2.4.3.4
Zwischenfazit____________________________________________________________ 87
2.4.4
Fazit _____________________________________________________________________ 88
2.5
Die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Mineralölwirtschaft nach 1985 ___ 88
2.5.1
Der Ölpreisverfall von 1985/86 ________________________________________________ 89
2.5.1.1
Die Auswirkungen des Ölpreisverfalls auf die heimischen Ölgesellschaften ___________ 91
2.5.1.2
Zwischenfazit____________________________________________________________ 92
2.5.2
Das Scheitern der DEMINEX als privatwirtschaftliche Explorationsgesellschaft _________ 92
2.5.2.1
Die neue Verteilung der Gesellschafteranteile und die neuen Zielsetzungen ___________ 93
2.5.2.2
Die EP-Aktivitäten der DEMINEX _________________________________________ 95
2.5.2.3
Die strategische Situation der DEMINEX ______________________________________ 95
2.5.2.4
Zwischenfazit____________________________________________________________ 97
2.5.3
Die Auflösung der nationalen integrierten Ölgesellschaften __________________________ 98
2.5.3.1
Die unbefriedigende Ergebnissituation im Downstream-Bereich ____________________ 99
2.5.3.2
Die steuerliche Belastung des Downstream-Bereiches ___________________________ 101
2.5.3.3
Der Rückzug der Veba aus dem Ölgeschäft ___________________________________ 101
2.5.3.4
Der Rückzug der RWE-DEA aus dem Downstream-Bereich ______________________ 105
2.5.3.5
Die heutige Situation im deutschen Mineralölbereich ____________________________ 106
2.5.3.6
Unabhängige Händler und Importeure________________________________________ 108
2.5.3.7
Die Integration ausländischer Unternehmen auf dem deutschen Markt_______________ 109
2.5.3.8
Zwischenfazit___________________________________________________________ 109
2.5.4
Die Konzentration auf das Erdgas _____________________________________________ 110
2.5.4.1
Die Dominanz der Ölmajors im Gasgeschäft___________________________________ 111
2.5.4.2
Zwischenfazit___________________________________________________________ 114
2.5.5
Fazit ____________________________________________________________________ 114
3 Schluss____________________________________________________________ 115
3.1
Zusammenfassende Bewertung __________________________________________ 115
3.2
Ausblick _____________________________________________________________ 122
4 Literaturverzeichnis ________________________________________________ 124
5 Anhang ___________________________________________________________ 131

VIII
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozesskette des Erdöls ... 6
Abbildung 2: Beteiligungsverhältnisse an der DEMINEX im Jahre 1980 ... 31
Abbildung 3: Verteilung der Mineralölprodukte auf die einzelnen Produktmärkte... 37
Abbildung 4: Zieldreieck der Energiepolitik... 43
Abbildung 5: Herkunftsländer der Rohölimporte in der BRD ... 50
Abbildung 6: Herkunftsländer der Rohölimporte in der EU... 53
Abbildung 7: Struktur des Weltölmarktes vor den Ölkrisen... 63
Abbildung 8: Struktur des Weltölmarktes nach den Ölkrisen... 64
Abbildung 9: Beteiligungsverhältnisse an der DEMINEX im Jahre 1990 ... 94
Abbildung 10: Förderleistung der Upstream-Unternehmen ohne Majors und NOC's ... 96
Abbildung 11: Downstream-Ergebnisse von Unternehmen auf dem deutschen
Mineralölmarkt ... 99
Abbildung 12: Downstream-Ergebnisse der deutschen Mineralölindustrie... 100
Abbildung 13: Konzernstruktur der Veba Oel AG... 102
Abbildung 14: Konzernstruktur der E.ON AG ... 103
Abbildung 15: Unternehmensportfolio integrierter Ölunternehmen in Europa ... 104
Abbildung 16: Reserven und Fördermengen von Gasgesellschaften auf dem
europäischen Markt... 113
VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Gesellschafter und Anteile der DEMINEX im Jahre 1969 ... 27
Tabelle 2: Mineralölverbrauchsentwicklung in den einzelnen Verwendungsbereichen... 38
Tabelle 3: Umweltschutzbedingte Verarbeitungskosten... 45
Tabelle 4: Importabhängigkeit der EU ... 52
Tabelle 5: Einfuhr von Mineralölprodukten und Rohölförderung ... 59
Tabelle 6: Rangliste der führenden Upstream- und Downstream-Unternehmen ... 65
Tabelle 7: Stand der Unternehmensstrukturen im Jahre 1980... 75
Tabelle 8: Anteilseigner der Ölgesellschaften in Deutschland im Jahre 2003... 107

IX
VII
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Anm.
Anmerkung
APOC
Anglo
Persian
Oil
Company
Az.
Aktenzeichen
b. oder bbl
Barrel (deutsch: Fass), ein Barrel entspricht 0,136
metrischen Tonnen
BGR
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
BP
British
Petroleum
CFP
Compangnie
Française
de
Pétrole
DAPG
Deutsch-Amerikanische
Petroleum-Gesellschaft
DEA
Deutsche
Erdöl
AG
DEMINEX Deutsche
Mineralölexplorationsgesellschaft, später:
Deutsche Erdölversorgungsgesellschaft mbH
DPAG
Deutsche
Petroleum
AG
ENI
Ente
Nazionale
Idrocarburi
EPU
Europäische
Petroleum
Union
ERP
European
Recovery
Program (auch: Marshallplan)
EVAG
Energie-Verwaltungs-AG
EWG
Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft
EP
Exploration
Produktion
f.
folgende
ff.
fortfolgende
Hrsg.
Herausgeber
I.G.
Farben
AG Industriegemeinschaft Farben Aktiengesellschaft
KfW
Kreditanstalt
für
Wiederaufbau
NIS
Nationales
Informationssystem
NOC
National
Oil
Company
OPEC
Organization of Petroleum-Exporting Countries
o.V. ohne
Verfasserangabe
PdVSA Petróleos
de
Venezuela
S.A.

X
RAG
Ruhrkohle
Aktiengesellschaft
Ref.
Referat
RWE
Rheinisch-Westfälische
Elektrizitätswerke
SKE
Steinkohleeinheit, ein Kilogramm SKE entspricht
8,14 Kilowattstunden
UK Wesseling
Union-Kraftstoff Wesseling, früher: Union Rheinische
Braunkohlen Kraftstoff AG
vgl.
vergleiche

1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Deutschland ist in Westeuropa der einzige größere Staat ohne einen integrierten nationalen
Mineralölkonzern. Anders als in Frankreich (TotalFinaElf), Italien (ENI), den Niederlan-
den (Royal Dutch Shell) oder Großbritannien (BP) existiert hier kein vergleichbarer Kon-
zern, obwohl in anderen Schlüsselindustrien wie dem Chemie- oder dem Automobilbereich
starke multinationale Unternehmen vorhanden sind.
Was ist die Motivation für Nationen, einen integrierten nationalen Mineralölkonzern zu
schaffen oder zu fördern? Erdöl hat eine strategische Bedeutung für Staaten, da es bis heu-
te als Energieträger für Volkswirtschaften unverzichtbar ist. Erdöl kann nicht vollständig
durch andere Kohlenwasserstoffe ersetzt werden. Die strategische Bedeutung wuchs mit
der zunehmenden Motorisierung. Der Erste Weltkrieg zeigte erstmals die politische Bedeu-
tung dieses Energieträgers. Der Verkehrssektor ist heute in hohem Maße auf Mineralölpro-
dukte angewiesen. Regierungen haben deshalb ein Interesse an nationalen Mineralölkon-
zernen, um die Versorgung des Landes sicherzustellen. Da die meisten Verbraucherstaaten
über keine oder nur geringe Ölquellen verfügen, stellen heimische Ölkonzerne, die über
ausländische Ölquellen verfügen, eine Möglichkeit dar, die Versorgung zu gewährleisten.
Amerikanische Unternehmen wie Standard Oil waren von Anfang an führend im Ölge-
schäft. Der amerikanische Staat war nie an den Unternehmen beteiligt, unterstützte aber
politisch die Gründung von Betrieben im Ausland. Großbritannien baute auf Grundlage der
Kolonien im Nahen Osten die BP auf, an welcher der Staat seither beteiligt ist. Die nieder-
ländische Royal Dutch Shell entstand aufgrund politischer Einflussnahme bei der Förde-
rung in Lateinamerika und Asien.
1
Frankreich erkannte nach dem Ersten Weltkrieg die
geopolitische Bedeutung des Öls und baute mit der CFP einen multinationalen Player auf,
um die staatlichen Ölinteressen zu vertreten.
2
Der staatliche italienische Ölkonzern ENI
entstand nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grundlage einer politischen Kooperation Italiens
mit dem Iran und entwickelte sich ebenfalls zu einem Ölmajor.
3
Diese Beispiele zeigen,
1
Vgl. Stobaugh/Yergin (1979), S. 30 f.
2
Vgl. Roche (2003), S. 24 ff.
3
Vgl. Sampson (1993), S. 194 ff.

2
dass mit staatlicher Unterstützung große Ölgesellschaften entstanden. Ein wichtiger Hin-
tergrund dieses Engagements war die nationale Versorgungssicherheit.
Die Mineralölindustrie ist ein Wirtschaftsbereich, in dem sich die Liberalisierung und Glo-
balisierung der Märkte in besonderem Maße widerspiegeln. Schon zu den Anfangszeiten
der Erdölbranche war der deutsche Markt durch die Präsenz internationaler Mineralölun-
ternehmen gekennzeichnet, die alle Stufen von der Exploration bis hin zum Vertrieb integ-
rierten. Es herrschte früher wie heute ein starker Wettbewerb, der durch die großen multi-
nationalen Konzerne geprägt ist. Hier finden Entwicklungen hin zu Konzentration und ver-
tikaler Integration von Unternehmen statt. Die vergangenen Jahrzehnte zeigten, dass deut-
sche Unternehmen Schwierigkeiten haben, in dieser Branche wettbewerbsfähig tätig zu
sein. So gaben in den letzten Jahren die RWE-DEA AG ihre Raffinerien und Tankstellen-
netz an die Royal Dutch Shell und Veba Oel die Raffinerien und das Tankstellennetz
ARAL an die Deutsche BP ab. Die DEMINEX, auf Initiative der Bundesregierung Ende
der 60er Jahre gegründet, um eine eigene deutsche Rohölbasis im Ausland zu schaffen,
scheiterte und existiert heute nicht mehr. Die Bundesregierung hat sich fast komplett aus
der Gestaltung der Mineralölindustrie zurückgezogen und überlässt diesen Wirtschaftsbe-
reich alleinig den überwiegend multinationalen Unternehmen und den Kräften des freien
Marktes. Gestaltungsmöglichkeiten seitens des Staates sind deshalb kaum vorhanden.
4
Das
wird auch an folgender Aussage des Wirtschaftsministers Clement vom Sommer 2003 bei
einer Veranstaltung des Mineralölwirtschaftsverbandes vor Repräsentanten der internatio-
nalen Ölkonzerne deutlich: Er habe ,,erst jetzt den Wert deutscher Mütter schätzen ge-
lernt".
5
Damit wurde ausgesagt, dass er den Einfluss, den er über deutsche Unternehmen
wie RAG, Ruhrgas oder E.ON auf die Kohle- und Erdgasindustrie hat, im Bereich der Mi-
neralölindustrie vermisst.
Im Kontext dieses Problems ist eine Untersuchung des Mineralölsektors in Deutschland
notwendig. Wissenschaftlich sind hier das Agieren der Akteure und die historische Ent-
wicklung dieses Wirtschaftsbereiches - ökonomische, politische als auch historische As-
pekte - von Bedeutung. So gibt es einerseits Historiker, welche die Entwicklung der Erdöl-
industrie erforscht haben. Andererseits wird von Ökonomen die Preisentwicklung auf
4
Vgl. Zündorf (2002), S. 36
5
Vgl. Clement, Wolfgang, Tagung des Mineralölwirtschaftsverbandes (2003), zit. nach Elfert/Giesel (2003),
S. 2

3
den Märkten intensiv erforscht - zum Beispiel unter dem Aspekt der Monopolbildung.
Zahlreiche Ökonomen und Soziologen haben die Erdölwirtschaft wegen ihrer Relevanz für
die Entwicklung der Industrie, wie beispielsweise der Autoindustrie, und ihren Einfluss auf
die Veränderung von Gesellschaften hin betrachtet. Aus der Perspektive der Politikwissen-
schaft wurde die internationale Politik im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen
zwischen den Förderländern und den Industriestaaten untersucht.
Praktische Relevanz besitzt das Thema, weil die Energiepolitik bis heute ständigen Verän-
derungen unterworfen ist. So sind die großen deutschen Mineralölunternehmen vom Markt
verschwunden. Im Gas- und Strombereich bildeten sich stattdessen, auch mit Unterstüt-
zung der Bundesregierung, große einflussreiche Energiekonzerne. Die Unternehmen E.ON
und RWE sind Beispiele für diese Energiepolitik.
Deshalb ist es das Ziel dieser Diplomarbeit, die deutsche Situation im Zusammenhang mit
dem Fehlen eines deutschen Konzerns aus ökonomischer und politischer Sicht aufzuzei-
gen. Dabei ist die Entwicklung der deutschen Erdölindustrie in Deutschland seit dem Be-
ginn der industriellen Entwicklung Anfang des 19. Jahrhunderts über die Auswirkungen
der Ölkrisen bis heute zu betrachten.
1.2 Vorgehensweise
Um den deutschen Sonderweg im Mineralölbereich darzustellen und die Frage zu beant-
worten, warum sich in Deutschland kein integrierter nationaler Mineralölkonzern her-
ausgebildet hat, wird die folgende Hypothese aufgestellt und überprüft:
Die vorherrschenden Rahmenbedingungen in Deutschland verhinderten das Entste-
hen eines integrierten nationalen Mineralölkonzerns.
Die Überprüfung dieser Hypothese wird anhand von Unterhypothesen vorgenommen. Im
ersten Abschnitt werden die politischen Rahmenbedingungen zu Beginn des Erdölzeitalters
und in der Bundesrepublik Deutschland untersucht. Es folgt die Untersuchung der ökono-
mischen Faktoren am Beginn der Weltwirtschaft des Erdöls und nach den Ölkrisen in den

4
späten 1970er Jahren. Am Ende der Arbeit werden die Ergebnisse zusammengefasst und
bewertet.
Die politischen und ökonomischen Faktoren lassen sich nicht immer trennen. Sie können
nicht ganz unabhängig voneinander betrachtet werden, weil sie sich oft gegenseitig beein-
flussen.
1.3 Definition der Begriffe
In dieser Arbeit wird die Herausbildung eines integrierten nationalen Mineralölkonzerns
unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen untersucht.
Rahmenbedingungen ­ unter den Rahmenbedingungen werden ganz allgemein die wirt-
schaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen für die Mineralölwirtschaft
verstanden.
Integriert - ein Konzern ist integriert, wenn er alle Aktivitätsstufen der Mineralölbranche
abdeckt. Es handelt sich um die vertikale Integration. Die Stufen des Wertschöpfungspro-
zesses werden in Kapitel 1.4 noch im Einzelnen dargestellt.
Konzern ­ Der Begriff Konzern soll in dieser Arbeit eine in mehreren Bereichen einer
Wertschöpfungskette oder in mehreren Bereichen unterschiedlicher Branchen tätige Orga-
nisation beschreiben. Es handelt sich um meistens selbstständige aber abhängige Unter-
nehmen und Betriebe, die in den einzelnen Aktivitätsstufen tätig und in einer Konzern-
struktur zusammengeschlossen sind. In der folgenden Ausarbeitung wird anstelle des Wor-
tes Konzern auch der eher umgangssprachliche Begriff ,,Ölgesellschaft" benutzt.
National ­ ein nationaler Konzern bezeichnet in diesem Fall einen Konzern, der in
Deutschland beheimatet ist und dessen Anteile mehrheitlich im Besitz von privaten deut-
schen Gesellschaftern oder auch des deutschen Staates sind.
Major ­ Dieser Begriff wird in der folgenden Untersuchung für die dominierenden Unter-
nehmen der Mineralölindustrie verwendet. Das sind konkret die unabhängigen internatio-

5
nalen Ölgesellschaften aus den Verbraucherländern ­ überwiegend aus den USA, Großbri-
tannien, Frankreich und den Niederlanden. Dieser Ausdruck wird aus der englischen Spra-
che übernommen und nicht ins Deutsche übersetzt, weil er auch in vielen deutschsprachi-
gen Quellen für diese Arbeit verwendet wird.
1.4 Die Stufen der Mineralölindustrie
Für den weiteren Verlauf der Untersuchung ist es notwendig, die Wertschöpfungskette in
der Mineralölindustrie zu erläutern. Es werden hier vier unterschieden:
6
- Aufsuchung und Gewinnung (Exploration und Produktion),
- Transport und Handel,
- Verarbeitung in den Raffinerien und
- Vertrieb (Distribution) über Tankstellen oder Großhändler.
Die Aufsuchung und Gewinnung wird auch als Exploration und Produktion (EP) be-
zeichnet. Hier suchen und erschließen die Ölfirmen Erdölquellen, nachdem sie eine Kon-
zession erworben haben. Nach der Fündigkeit und Erschließung folgt die Förderung des
Rohöls aus den Förderquellen. Ein Teil der Rohölmengen wird an den Spotmärkten, wie
beispielsweise dem Rotterdamer Markt, gehandelt. In der Fachsprache der Ölexperten fasst
man die Suche, Erschließung und Förderung ohne den Transport unter dem englischen
Begriff ,,Upstream" (deutsch: stromaufwärts) zusammen. Die im Anschluss an die Ölför-
derung folgenden Stufen, also der Transport des Rohöls, die Verarbeitung zu den verschie-
densten Mineralölprodukten in Raffinerien sowie der Transport zu den Vertriebsstätten und
der dortige Verkauf auf den Produktmärkten für die Elektrizitätserzeugung, den Wärme-
markt, den Verkehr (Tankstellen), die chemische Industrie und die Schmiermittelprodukti-
on finden in der Fachsprache den Oberbegriff ,,Downstream" (deutsch: stromabwärts).
7
Die englischen Wörter ,,Upstream" und ,,Downstream" sind feste Begriffe im Zusammen-
hang mit der Ölwirtschaft und werden deshalb in dieser Arbeit unübersetzt verwendet.
6
Vgl. Hensing/Pfaffenberger/Ströbele (1998), S. 62
7
Vgl. Mineralölwirtschaftsverband e.V. (2001), S. 20 ff.

6
Abbildung 1: Prozesskette des Erdöls
(Quelle: Hensing (1998), S. 62)
2 Untersuchung
2.1 Die politischen Rahmenbedingungen zu Beginn des Ölzeitalters
Bei Gesprächen im Rahmen der Recherche vertraten viele Gesprächspartner wie der Jour-
nalist der Financial Times Deutschland Olaf Preuss, der Leiter des Bereiches Unterneh-
menskommunikation bei RWE-DEA Harald Graeser oder der Analyst von der Boston
Consulting Group Axel Held die Auffassung, dass die eigentliche Ursache für das Weg-
bleiben deutscher Unternehmen im internationalen Ölgeschäft der Verlust der Rohölbasis
im Ausland nach dem Ende des Ersten Weltkrieges sei.
Es wird deshalb angenommen, dass deutsche Unternehmen aus dem Ölbereich ge-
drängt wurden, weil sie nach dem Ersten Weltkrieg die Rohölbasis im Ausland verlo-
ren haben.
Um diese Unterhypothese zu überprüfen, sollen die Auslandsaktivitäten deutscher
Unternehmen im Mineralölbereich vor dem Ersten Weltkrieg und die Folgen nach dem
Ende des Krieges untersucht werden.

7
2.1.1 Die Bagdadbahn
Die heimische Rohölförderung in Deutschland konnte den Bedarf bereits in der Anfangs-
phase des ,,Ölzeitalters" nicht decken. Die Kolonien des Deutschen Reiches besaßen keine
nennenswerten Reserven. Die Deutsche Petroleum AG (DPAG), die zur Amerikanischen
Standard Oil Company gehörte, dominierte den deutschen Mineralölmarkt mit den Rohöl-
importen aus den USA und ihren gut ausgebauten Downstream-Aktivitäten. Sie versorgte
91 % des inländischen Marktes mit Petroleum und Kraftstoffen. Deutsche Unternehmen
waren nur wenig präsent. In der Zeit um die Jahrhundertwende begannen deutsche Unter-
nehmen mit Unterstützung der damaligen Reichsregierung eine eigene Versorgung aus
dem Ausland aufzubauen. Bis zum Ersten Weltkrieg versuchte Deutschland, in den Besitz
einer Erdölbasis zu gelangen. Kennzeichnend dafür waren der geplante Bau einer Bahn-
verbindung von Berlin nach Bagdad und die Übernahme der rumänischen Erdölgesell-
schaft Steaua Romana durch die Deutsche Bank. Die Deutsche Bank hielt bis dato nur ei-
nen geringen Anteil von 9 % der Aktien an der Deutschen Petroleum-Verkaufsgesellschaft.
Sie versuchte stärker im Ölgeschäft tätig zu werden, weil sich immer mehr abzeichnete,
dass die Bedeutung des Mineralöls steigt. Insbesondere der Autor Engdahl sieht einen poli-
tischen Hintergrund für das deutsche Engagement, da sich langsam die Ablösung der
Kohlefeuerung der Kriegsmarine durch Dieselmotoren abzeichnete. Mit der
Bahnverbindung von Deutschland in den Nahen Osten wollte man eine eigene und
unabhängige Erdölversorgung auf dem Landweg schaffen. Die Kontrolle und die mögliche
Blockade dieser Versorgungslinie durch die britischen Seestreitkräfte wären unmöglich
gewesen.
8
Die Beteiligung am Bau der Bahnlinie nach Bagdad erfolgte im Auftrag und auf Druck der
deutschen Regierung. Wirtschaftliche Interessen der Bank standen hier nicht ausschließlich
im Vordergrund. Hier kam es zur Vermischung von wirtschaftlichen und politischen Zie-
len. Es ist vor allem als Versuch zu sehen, eine Rohölbasis im Ausland aufzubauen. Dieses
Vorhaben war aber auch mit anderen strategischen Überlegungen des damaligen autoritä-
ren Systems verknüpft. Die damaligen europäischen Mächte Frankreich, England, Russ-
land und Deutschland wetteiferten um die Vormachtstellung im vorderasiatischen Be-
reich.
9
8
Vgl. Engdahl (2000) S. 41 ff.
9
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 72 ff.

8
Die türkische Regierung vergab im Jahre 1888 eine Konzession zum Bau einer Bahnlinie
von der Hauptstadt Konstantinopel nach Anatolien an eine Industriellengruppe. Die Lei-
tung hatte die Deutsche Bank. Im Jahre 1899 erweiterte man das Projekt um die Strecke
von Konia nach Bagdad. Die Unterzeichnung des Vertrages über die Verlängerung der
Strecke war weniger im wirtschaftlichen Interesse der Bank als im Interesse des deutschen
Kaisers und des türkischen Sultans, die sich beide strategische Vorteile von dieser Bahn-
strecke erhofften. Die deutsche Seite suchte nach neuen offenen Exportmärkten. Dabei war
die Eisenbahnstrecke, die langfristig von Berlin bis nach Bagdad reichen sollte, der Kern
einer wichtigen Wirtschaftsstrategie. Der Zugang zum Erdöl im heutigen Nordirak spielte
hier eine große Rolle. Man vermutete zu dieser Zeit bereits große Vorkommen zwischen
Mosul und Bagdad. Im Jahre 1912 erhielt die Deutsche Bank von der türkischen Seite eine
Konzession auf alle Mineral- und Ölvorkommen entlang eines 20 km breiten Streifens zu
beiden Seiten der bis in das kurdische Mosul reichenden Bahnstrecke. Im Jahre 1911 wur-
de für diesen Zweck die Turkish Petroleum Company gegründet. Die Deutsche Bank war
an dieser Gesellschaft wie Shell zu 25 % beteiligt. Hauptaktionär war die National Bank of
Turkey (50 %).
10
Obwohl neben deutschen, österreichischen und italienschen im geringen
Umfang auch britische Anteilseigner am Bau beteiligt waren, stieß dieses Projekt in Eng-
land auf große Ablehnung. Man befürchtete, dass man den Einfluss auf das Hinterland des
Osmanischen Reiches verlieren könnte. Das mesopotamische Öl hatte auch bei den Eng-
ländern großes Interesse geweckt, da die britische Kriegsmarine bereits seit 1910 auf Die-
selöl für die Verbrennungsmotoren angewiesen war. Die Deutschen versuchten bis zuletzt,
zu kooperieren und England an der Finanzierung zu beteiligen. Der Finanzbedarf war al-
lein für deutsche Banken zu groß. Der Erste Weltkrieg verhinderte dann endgültig die Fer-
tigstellung der Bagdadbahn.
11
2.1.2 Die Steaua Romana
Neben dem Projekt Bagdadbahn war die Deutsche Bank auch in anderen Regionen im Öl-
geschäft tätig. Anfangs investierte die Deutsche Bank nur in die kleinen einheimischen
Ölfelder.
12
Mit der Übernahme der Steaua Romana im Jahre 1903 stieg die Deutsche Bank
in das große Ölgeschäft ein, das zu dieser Zeit durch den Kampf um Absatzmärkte ge-
10
Vgl. Roche (2003), S. 21
11
Vgl. Engdahl (2000), S. 41 ff.
12
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 72

9
zeichnet war. Die Elektrifizierung hatte zu einem Rückgang des Verbrauches an Leucht-
ölen geführt. Die Nachfrage nach Benzin stieg nur langsam, da in Europa im Vergleich zu
den USA die Automobilisierung nur langsam einsetzte. Die Deutsche Bank wurde damit
zum Konkurrenten der damals mächtigen Standard Oil Company, die den europäischen
Markt monopolisiert hatte. Die Übernahme der Steaua Romana wurde von der deutschen
Regierung als das gelungene Verfolgen nationaler Interessen gelobt. Aber auch die rumä-
nische Regierung sah in dem Engagement des deutschen Bankhauses ein willkommenes
Gegengewicht zum amerikanischen Einfluss. Eine direkte Einflussnahme seitens der Re-
gierungen kann nicht bewiesen werden. Aber die Bedeutung der Steaua Romana war groß.
Immerhin förderte dieses Unternehmen ungefähr die Hälfte des rumänischen Erdöls. Ein
Angebot der Standard Oil Company hatte sie zuvor abgelehnt, da besonders in der nationa-
listisch eingestellten Bevölkerung die Monopolisierung der heimischen Erdölwirtschaft
durch Standard Oil befürchtet wurde. Das Engagement der Deutschen Bank war keinesfalls
auf die Kapitalbeteiligung beschränkt. Sie trat selbst als Unternehmer auf. Im Jahre 1905
fasste sie die gesamten Aktivitäten inklusive die der Steaua Romana in der DPAG zusam-
men. Der Erdölbereich wurde wie eine Abteilung eng an die Deutsche Bank gebunden.
Trotzdem war dieses intensive Engagement einer deutschen Bank im Erdölgeschäft nicht
der Beginn eines erfolgreichen Aufbaus einer deutschen Rohölbasis im Ausland. Die Stan-
dard Oil beherrschte die Preise auf den Exportmärkten aufgrund der hohen Marktanteile.
Die Steaua Romana besaß nur in Rumänien selbst eine gute Marktposition. Der Export
nach Deutschland wurde durch das Preisdumping des amerikanischen Konzerns erschwert.
Die Deutsche Bank war deshalb gezwungen, mit den amerikanischen Ölgesellschaften eine
Absprache zu treffen. Danach durfte sie nur 20 % des Petroleumkonsums in Deutschland
bedienen.
13
Daher blieben der große Erfolg der Deutschen Bank mit dem rumänischen
Erdölunternehmen und die Schaffung eines starken Ölgeschäfts aus.
2.1.3 Die Folgen am Ende des Ersten Weltkrieges
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden die Weichen für die Entwicklung der in-
ternationalen Erdölwirtschaft gestellt. Die Ölfelder wurden neu verteilt. Die Schlachten
dieser durch neue Technik dominierten Auseinandersetzung hatten gezeigt, dass der Zu-
gang zum Erdöl kriegsentscheidend ist. Deutschland und Österreich verloren als maßgebli-
13
Vgl. Gall (1995), S. 68 ff.

10
che Verursacher den Krieg. Auf der Konferenz von San Remo im April 1920 beschlossen
die Regierungschefs aus Italien, Großbritannien und Frankreich, dass deutsche Unterneh-
men auf Grundlage der Versailler Verträge den Aktienbesitz an ausländischen Erdölgesell-
schaften verlieren sollten. Überwiegend französische Unternehmen übernahmen die Antei-
le. Besonders schwerwiegend war der Verlust der Erdölgebiete in Galizien, das zu Rumä-
nien gehörte. Dazu zählte auch der Besitz der Deutschen Bank an der rumänischen Steaua
Romana. Darüber hinaus sicherte sich Frankreich den Zugang zum Öl im Nahen Osten,
indem es sich die Anteile der Deutschen Bank an der Turkish Petroleum und damit die
Konzessionen am mesopotamischen Öl sicherte. Es kam zu einem totalen Verlust der aus-
ländischen Rohölbasen deutscher Unternehmen. Zugleich war dies der Einstieg französi-
scher Unternehmen in das internationale Ölgeschäft. Die Entstehung des Unternehmens
Compangnie Française de Pétrole (CFP), der späteren Ölgesellschaft Total, ist in diesen
historischen Ereignissen begründet. Zuvor importierte Frankreich ausschließlich Öl über
die Majors Standard Oil und Royal Dutch Shell und war noch abhängiger als Deutschland
von den internationalen Ölgesellschaften gewesen.
14
Besonders schwierig wurde die Lage für die DEA AG. Die damals größte deutsche Ölge-
sellschaft verlor alle ihre Auslandsbeteiligungen. Für die Versorgung der heimischen Raf-
finerie war im besonderen Maße die Beschlagnahmung der wertvollen DEA-
Unternehmungen im Elsass durch den französischen Staat nachteilig. Einzig die einheimi-
sche Förderung verblieb in der Gesellschaft. Diese war jedoch nur eine geringe Basis für
eine erfolgreiche Zukunft in der Ölwirtschaft. Der Abstand zu den großen internationalen
Mineralölgesellschaften wurde immens.
15
Indem die DEA AG das Steinkohlebergwerk
Graf Bismarck kaufte und die Braunkohleförderung ausweitete, versuchte sie, alternative
Rohstoffquellen für das Mineralölgeschäft zu erschließen.
16
Die ersten Veredelungsverfah-
ren für die Nutzung von Kohle für Treibstoffe und Heizöle wurden bereits entwickelt.
Deutsche Unternehmen wie die DEA schlugen nach dem Verlust der Rohölbasis im Aus-
land einen einzigartigen Sonderweg über den Energieträger Kohle ein.
14
Vgl. Brüning (1999), S. 72 und Roche (2003), S. 20 ff.
15
Vgl. Bavendamm (1999), S. 187
16
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 118

11
2.1.4 Der Erste Weltkrieg und der Beginn der geopolitischen Bedeutung des Öls
Öl als Energieträger rückte bereits vor dem Ersten Weltkrieg in den Mittelpunkt der strate-
gischen Interessen und wurde mit Einsetzten des Krieges endgültig zum Mittelpunkt der
Geopolitik. Die Überlegenheit der Alliierten bei der Ölversorgung war nach Meinung von
Politikern wie dem damaligen britischen Außenminister Lord Curzon oder dem französi-
schen Kriegsminister Clemenceau die entscheidende Voraussetzung für den Sieg über das
deutsche Kaiserreich. Dieser verlustreiche Krieg zeigte, dass die Beweglichkeit der Mari-
ne, der Transport der Truppen, aber auch die Herstellung der Sprengstoffe im hohen Maße
vom Energieträger Öl abhängig waren.
17
Deutschland verlor den Krieg, weil es zu sehr auf die Stahl- und Kohleindustrie, aber we-
niger auf die Mineralölindustrie setzte. Kohle war in Deutschland im großen Maße vor-
handen. Seit 1913 gab es in Deutschland Verfahren zur Kohlehydrierung. Man konnte aus
der Braunkohle Benzine herstellen und damit das Öl als Rohstoff ersetzen. Allerdings war
dieses Verfahren sehr aufwendig und teuer, so dass die Mineralölprodukte aus dem Hyd-
rierverfahren nicht mit den Weltmarktpreisen konkurrieren konnten. Erst in der Zeit des
Nationalsozialismus wurde dieses Herstellungsverfahren intensiv genutzt. Es diente später
hauptsächlich der militärischen Aufrüstung und der größeren Unabhängigkeit von Ölim-
porten. Die Leunawerke als Teil des Konzernverbandes I. G. Farben waren im Besitz die-
ser innovativen Technik und verfügten über die größten Kapazitäten zur Herstellung.
18
Der Erste Weltkrieg zeigte den beteiligten Staaten, dass der Zugang zum Erdöl entschei-
dend für die erfolgreiche Kriegsführung ist. Deutschland entwickelte deshalb frühzeitig das
Hydrierverfahren, um von Ölimporten unabhängiger zu sein. Die Sieger des Ersten Welt-
krieges hingegen versuchten wegen der Erfahrungen aus dem Krieg sich den Zugang zu
den Rohölquellen zu sichern. Den Kriegsverlierer Deutschland schnitten sie von der direk-
ten Versorgung mit Rohöl aus dem Nahen und Mittleren Osten ab, indem sie die Anteile
deutscher Unternehmen im Ausland neu verteilten.
17
Vgl. Alt (2002), S. 110 f.
18
Vgl. Barudio (2001), S. 303

12
2.1.5 Der Einstieg der APOC, der späteren BP, in den deutschen Markt
Die Schwächung durch den Verlust der Rohölbasis ermöglichte die weitere Expansion
ausländischer Ölgesellschaften in Deutschland. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges
verloren die deutschen Mineralölunternehmen ihre ausländischen Beteiligungen an der
Erdölförderung. Die Mineralölgesellschaften DEA, DPAG und Deutsche Petroleum AG
waren aufgrund des Fehlens einer eigenen Rohölbasis in einer schwierigen wirtschaftlichen
Lage. Die einheimischen Ölvorkommen waren nur gering. Die deutschen Gesellschaften
stellten keine ernsthafte Konkurrenz mehr für die internationalen Ölgesellschaften dar, die
nach dem Ersten Weltkrieg ihre Aktivitäten ausdehnten. Die Anglo Persian Oil Company
(APOC) nutze die strukturelle Krise der deutschen Mineralölwirtschaft und zeigte Interesse
an der Übernahme der deutschen Mineralölvertriebsgesellschaften. Die DEA hatte Interes-
se an einer Zusammenarbeit. Deshalb fusionierte die DEA mit der DAPG. Die Mineralöl-
aktivitäten der DPAG, der Rütgerswerke und der EPU wurden im Rahmen einer Konsoli-
dierung der Anteile in die neue Vertriebsgesellschaft ,,Olex" Deutsche Petroleum Ver-
kaufsgesellschaft mbH eingebracht. Die Deutsche Bank, bis zu diesem Zeitpunkt Anteils-
eigner der DPAG, zog sich komplett aus dem Ölgeschäft zurück, nachdem sie bereits auf-
grund des Verlustes der Beteiligungen in Rumänien das Interesse an der eigenen Ölpolitik
verloren hatte. Die APOC übernahm im Jahre 1926 Anteile in Höhe von 40 % an der Olex.
Die übrigen 60 % verblieben bei der DEA. Die APOC war die Vorgängergesellschaft der
heutigen BP und zu der damaligen Zeit ein britischer Staatskonzern. Sie verfügte über gro-
ße Ölressourcen und integrierte sich mit der Übernahme der Olex downstream auf dem
deutschen Benzinmarkt.
19
Sie verpflichtete sich, 70 % der benötigten Importe an Kraft-
stoffen und Petroleum zu liefern. Dadurch schien das Problem der Ölversorgung für die
DEA gelöst zu sein. Die Olex hatte zu dieser Zeit ein flächendeckendes Tankstellennetz in
Deutschland ausgebaut. Die DEA war jedoch immer weniger dazu bereit, Investitionen in
das Vertriebsnetz zu tätigen. Bis zum Jahre 1931 wurden alle Anteile an der Olex an A-
POC verkauft.
20
Nachdem schon die amerikanische DAPG den deutschen Markt dominier-
te, konnte ein weiterer multinationaler Konzern auf dem deutschen Markt Fuß fassen und
über ein eigenes Vertriebsnetz verfügen. Die DEA hingegen zog sich aus dem Ölgeschäft
weit zurück und setzte auf die Kohleverarbeitung.
19
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 118 ff.
20
Vgl. Bavendamm (1999), S. 197 f.

13
2.1.6 Die starke Präsenz internationaler Ölkonzerne in den 1930er Jahren
Zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus dominierten multinationale
Ölunternehmen den deutschen Markt sowie die Autarkiebestrebungen Deutschlands mittels
der Kohlehydrierung und größerer heimischer Förderung. Der wachsende Treibstoffbedarf
für Kraftfahrzeuge und neue Märkte für Flugbenzin und Bitumen ließ die Mineralölbran-
che in den 1930er Jahren rasch wachsen. In Deutschland wurde der Markt von drei großen
Anbietern geprägt: Rhenania-Ossag AG, DAPG und APOC. Diese drei Unternehmen, die
im Besitz der drei internationalen Ölkonzerne Royal Dutch Shell, Standard Oil Company
und der britischen APOC waren, besaßen die wichtigsten Raffinerien und flächendeckende
Tankstellennetze in Deutschland.
21
Die vier größeren deutschen Unternehmen folgten diesen internationalen Ölkonzernen mit
weitem Abstand und waren fast unbedeutend. Die DEA war neben dem Kohle- weiterhin
im Ölgeschäft tätig. Die Gewerkschaft Elwerath wandelte sich aufgrund eines Erdölgewin-
nungsvertrags mit der Preußischen Staatsforstverwaltung von einem Bergwerksunterneh-
men zu einem Erdölunternehmen. Das Unternehmen Wintershall stammte aus der Kaliin-
dustrie und betätigte sich ab 1930/31 ebenfalls in der Exploration und Produktion von Erd-
öl. Das vierte größere Unternehmen war die staatseigene Preussag, die auch in den Markt
eintrat. Die Bedeutung dieser deutschen Unternehmen war gering. Die gesamte Jahrespro-
duktion aller zusammen konnte nicht die Monatsproduktion eines internationalen Majors
abdecken.
22
Die einheimische Erdölgewinnung bekam mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten
wieder Bedeutung, da Autarkiebestrebungen wichtiger Bestandteil der NS-Politik waren.
Die deutschen Unternehmen profitierten von dieser Politik und konnten ihre Rohölgewin-
nung und Schmierölproduktion ausbauen. Aber vor allem die Kohleindustrie kam in den
Genuss von Staatsgarantien für den massiven Aufbau von Hydrierkapazitäten zur syntheti-
schen Herstellung von Treibstoffen aus der heimischen Kohle.
23
Der Zweite Weltkrieg
führte zur Einbindung der Erdölindustrie in die Rüstungswirtschaft.
21
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 169 f.
22
Vgl. Karlsch/Stokes (2003) S. 142 ff.
23
Vgl. Karlsch/Stokes (2003) S. 202

14
2.1.7 Fazit
Das Projekt Bagdadbahn zeigt, dass der deutsche Staat ein Interesse hatte, die Rohölver-
sorgung des Landes zu verbessern. Hintergrund dieses Engagements dürfte weniger die
Unterstützung der deutschen Wirtschaft, sondern die Versorgungssicherheit für die deut-
sche Kriegsmarine gewesen sein, bei der sich der Wechsel von der Kohle- zur Ölfeuerung
abzeichnete. Die Auslandsaktivitäten der Deutschen Bank im Rahmen der Steaua Romana
waren weniger politisch. Es handelte sich hier eher um ein rein wirtschaftliches Engage-
ment. In den Unternehmen war das Nationalbewusstsein damals stark ausgeprägt. Die
Wirtschaftlichkeit bei der Ölförderung in Rumänien hatte aber Priorität. Aufgrund des
Monopols der Standard Oil in Deutschland gelang es der Deutschen Bank jedoch nicht,
eine starke Ölgesellschaft zu etablieren. Die Standard Oil zwang die Deutsche Bank zu
nachteiligen Absprachen. Der Erfolg des Ölengagements der Deutschen Bank war bereits
vor dem Ersten Weltkrieg nicht groß. Mit dem Ende des Krieges verloren deutsche
Unternehmen alle Auslandsbeteiligungen im Mineralölbereich. Die Siegermächte
erkannten die Bedeutung des Öls für den Verlauf eines Krieges und schnitten die
kriegsauslösenden Staaten Deutschland und Österreich von den Reserven in Rumänien und
dem Nahen und Mittleren Osten ab. Der zögerliche und begrenzt erfolgreiche Aufbau der
Rohölbasis nahm vorläufig sein Ende. Insbesondere die Lage der DEA wurde wegen des
Verlusts der elsässischen Förderung schwierig. Deutsche Unternehmen fokussierten sich
deshalb auf die heimische Kohle. Die Deutsche Bank zog sich komplett aus dem
Mineralölbereich zurück. Die Schwächung und der Rückzug der deutschen Unternehmen
ermöglichte den internationalen Majors, ihre Position auszubauen. In den 1930er Jahren
stand der deutsche Mineralölmarkt unter dem maßgeblichen Einfluss der drei
internationalen Ölkonzerne APOC, Royal Dutch Shell und Standard Oil.
Die Unterhypothese ist damit bestätigt. Deutsche Unternehmen wurden von der Versor-
gung mit Rohöl abgeschnitten und dadurch geschwächt. Allerdings war der Versuch, eine
eigene Auslandsversorgung aufzubauen, vor dem Krieg nur in bescheidenem Umfang ge-
lungen. Bereits vor dieser Zeit dominierten internationale Ölmajors, insbesondere die
Standard Oil Company, den Weltölmarkt.

15
2.2 Die politischen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland
Die politischen und ökonomischen Faktoren für das Fehlen eines integrierten nationalen
Mineralölkonzerns zu Beginn des Erdölzeitalters wurden im vorliegenden Teil erläutert.
Im Folgenden sollen die politischen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutsch-
land untersucht werden, weil sie neben den Ereignissen bis zum Zweiten Weltkrieg die
heutige Realität maßgeblich beeinflusst haben. Zahlreiche Artikel von Autoren in der
Fachpresse und Äußerungen von Verantwortlichen der Mineralölbranche bezeichnen die
liberale Wirtschaftpolitik der Bundesrepublik als Hindernis für das Entstehen eines integ-
rierten nationalen Mineralölkonzerns. So behauptet das ehemalige Mitglied des Manage-
ments der DEA und heutige Buchautor Klaus Brüning, dass die Regierungen der Bundes-
republik Deutschland wie zuvor die des Deutschen Reiches die deutschen Mineralölgesell-
schaften im Rahmen ihrer Energiepolitik kaum unterstützten.
24
Es wird deshalb für den folgenden Teil der Untersuchung die Unterhypothese aufge-
stellt, dass die Bundesregierung seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf eine libe-
rale Marktverfassung und einen freien Markt setzte und die deutsche Mineralölwirt-
schaft deshalb keine ausreichende politische Unterstützung erhielt.
2.2.1 Der Strukturwandel nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Ausgangsposition nach dem Zweiten Weltkrieg ist entscheidend für eine Bewertung
der deutschen Energiepolitik. In den 1950er und 1960er Jahren kam es als Folge der Nach-
kriegspolitik, die überwiegend durch die Westmächte bestimmt war, zu einem Wechsel
von dem heimischen Energieträger Kohle zum importabhängigen Energieträger Erdöl.
Es ist deshalb anzunehmen, dass die Nachkriegspolitik der Alliierten zu einer libera-
len Energiepolitik der Bundesregierung führte.
Der Wechsel von der Kohle zum Öl begründet sich in der US-amerikanischen Nachkriegs-
politik. Der Energiebedarf nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war kaum durch Kohle
zu decken. Im Jahre 1946 kam es in Europa sogar zu einer schweren Energiekrise aufgrund
24
Vgl. Brüning (2001), S. 14

16
des Kohlemangels. Der kalte Winter 1946/47 führte zur weiteren Lähmung der durch den
Krieg nieder liegenden europäischen Volkswirtschaften. Für die USA waren die Stabilität
Westeuropas und die damit verbundene Sicherheit vor dem Einfluss des sowjetischen
Machtbereiches von großer Bedeutung. Deshalb wurde von dem US-Außenminister
George Marshall das Auslandshilfeprogramm mit dem offiziellen Namen ,,European Re-
covery Program" (ERP) entwickelt, das den Aufbau einer neuen Infrastruktur in Westeuro-
pa unterstützen sollte. Ein wichtiger Punkt des ERP, das auch unter dem Begriff Marshall-
Plan bekannt wurde, war der Ersatz der Kohle durch Öl.
25
Die Finanzhilfen des ERP führ-
ten ganz konkret zu einem Ausbau der europäischen Raffineriekapazitäten und somit zu
einem Strukturwandel. Multinationale Ölgesellschaften wie Esso und Shell bauten mit Un-
terstützung der Hilfen aus dem ERP ihre Vormachtstellung auf dem westdeutschen Markt
aus. Sie erhielten genauso wie die deutschen Unternehmen DEA und Wintershall Zuschüs-
se für die Rekonstruktion, die Erweiterung und den Neubau von Raffinerien.
26
Der Strukturwandel ist auch in der chemischen Grundstoffindustrie erkennbar. Diese war
bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges auf die Nutzung der heimischen Kohle eingestellt.
Die deutsche chemische Industrie unter Führung des Kombinats I. G. Farben AG nutzte
ausschließlich die heimische Kohle als Grundstoff. Sie folgte damit der Politik der damali-
gen deutschen Regierung, welche auch aufgrund von Autarkiebestrebungen auf die Kohle-
industrie setzte. In den USA hatte sich dagegen seit den 1920er Jahren die Produktion von
Ethylen aus Öl durchgesetzt.
27
In der Vorkriegszeit deckte die Kohle 90 % des deutschen
Energiebedarfs.
28
In der chemischen Industrie kam es nach Ende des Krieges zu einem
Wechsel von der Kohle- zur Petrochemie. Wurden 1950 nur 15 % der organischen Chemi-
kalien aus Erdöl hergestellt, waren es 1964 schon 69 %.
29
Die Ursache für diesen Wechsel
des Grundstoffes lag in den Kostenvorteilen der petrochemischen Industrie gegenüber der
Kohlenveredelung, wie beispielsweise nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren, das im Drit-
ten Reich die wichtigste Quelle für die Benzinversorgung der Streitkräfte gewesen war.
Mineralöl war aufgrund der veränderten politischen Situation und dem ERP preiswerter als
25
Vgl. Yergin (1991), S. 533 ff.
26
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 259 ff.
27
Vgl. Stokes (1994), S. 3
28
Vgl. Stokes (1994), S. 95
29
Vgl. Stokes (1994), S. 3

17
zuvor verfügbar. Trotzdem entwickelte BASF als ein Nachfolgeunternehmen der I. G. Far-
ben dieses Verfahren mit Kohle bis in die 1960er Jahre weiter.
30
In den 1950er und 1960er Jahren kam es aufgrund der Zusammenarbeit von Bayer und
BASF mit Shell und BP zu einem Technologietransfer. In Deutschland wurden in Zusam-
menarbeit mit diesen Majors petrochemische Anlagen gebaut. Die Majors wiederum hatten
Interesse an den deutschen Verfahren, die sich auch zur Entwicklung von Verfahren zur
Veredelung von Gasen eigneten.
31
Die Autarkiebestrebungen nahmen so ihr Ende. Die
internationalen Ölkonzerne fassten wieder Fuß im deutschen Markt.
Der steigende Bedarf an Rohöl wurde durch Importe gedeckt. Die notwendigen Devisen
kamen aus dem Marshall-Plan. Zwischen 1948 und 1952 wurden ungefähr 20 Prozent der
Marshall-Hilfen für die Importe von Öl aufgewandt.
32
Die US-Politik unterstützte in den
Nachkriegsjahren US-Unternehmen beim Zugang zu Konzessionen im Mittleren Osten.
Damit wurde diese Region zum Hauptlieferanten für Energie in Europa.
33
Die deutsche Wirtschaft wurde so sowohl im Bereich der chemischen Grundstoffindustrie
als auch im Bereich der Wärmekraftwerke von Öllieferungen aus dem Nahen und Mittle-
ren Osten abhängig, die überwiegend durch US-Unternehmen kontrolliert wurden. Außer-
dem bauten die großen US-Ölgesellschaften ihre Vormachtstellung auf dem westdeutschen
Markt mittels der Hilfen aus dem ERP aus.
2.2.2 Zwischenfazit
Das ERP leitete in der deutschen Industrie einen Wechsel von dem Energieträger Kohle
hin zum Energieträger Erdöl ein. Die Hilfen aus diesem Marshallplan für die Ölindustrie
flossen amerikanischen aber auch den deutschen Gesellschaften zu. Eine größere Benach-
teiligung deutscher Ölgesellschaften ist deshalb nicht festzustellen. Die Öllieferungen ka-
men jedoch aus dem Nahen und Mittleren Osten. Diese Fördergebiete wurden überwiegend
von amerikanischen und britischen Gesellschaften kontrolliert. Der Wechsel von Kohle zu
30
Vgl. Stokes (1994), S. 2 f.
31
Vgl. Stokes (1994), S. 6 f.
32
Vgl. Yergin (1991), S. 533 ff.
33
Vgl. Stokes (1994), S. 96 f.

18
Erdöl auf einem der wichtigsten europäischen Märkte kam damit entscheidend den großen
Majors zugute. Sie versorgten fortan den deutschen aber auch die anderen europäischen
Märkte mit dem preiswerten Öl aus dem Nahen und Mittleren Osten. Deutsche Gesell-
schaften verfügten weiterhin über keine Auslandsförderung. Sie konnten allerdings mit
Mitteln der ERP-Förderung ihre Downstream-Bereiche in Deutschland wieder aufbauen
und erweitern, aber sich nicht ausreichend upstream integrieren. Dadurch wurden die
Spielräume für eine deutsche Ölpolitik bereits begrenzt. Der deutsche Markt war auf die
Lieferungen durch angelsächsische Konzerne angewiesen. Eine liberale Haltung gegenüber
Rohölimporten und den Aktivitäten der ausländischen Konzerne war Voraussetzung für die
Versorgungssicherheit.
Andererseits bleibt unbeantwortet und damit eine Unsicherheit, ob unter anderen politi-
schen oder wirtschaftlichen Gegebenheiten die damalige Versorgungssicherheit ebenfalls
gewährleistet gewesen wäre. Eine weniger optimistische Bewertung der Rohölreserven
oder eine geringere Ausprägung des Ost-West-Konflikts hätte unvermeidlich die egoisti-
schen Interessen der Majors gefördert. Eine eingeschränkte Lieferbereitschaft von Öl und
die damit einhergehende enorme Verwerfung der Volkswirtschaft eines der größten Indust-
rieländer der westlichen Welt wären die Folge gewesen.
2.2.3 Die weitere Liberalisierung des Ölmarktes durch die Bundesregierung
Eine liberale Einstellung zur Mineralölwirtschaft bestimmte die Politik der Bundesregie-
rung. Im Vergleich zu anderen Staaten Westeuropas gab es kaum staatliche Regulierungen
in der Ölwirtschaft. In Frankreich gab es beispielsweise ein staatliches Monopol auf dem
Import von Öl und Ölprodukten.
34
In Deutschland war die preiswerte Ölversorgung von
großer Bedeutung für die Wirtschaft, die zunehmend vom Öl abhängig war, und für den
Verkehrsbereich, der durch die steigende Motorisierung immer wichtiger wurde. Der freie
Markt im Ölbereich wurde durch die Aufhebung der Schutzzölle und Steuerleichterungen
Ende des Jahres 1963 weiter gestärkt.
Es ist davon auszugehen, dass die Aufhebung der Schutzzölle und Steuererleichte-
rungen Ende 1963 die Wettbewerbsposition der deutschen Ölgesellschaften ver-
34
Vgl. Bohnen (1983), S. 63

19
schlechterte. Durch die weitere Stärkung der liberalen Wirtschaftsordnung scheiter-
ten Pläne, eine eigene große Ölgesellschaft aufzubauen.
2.2.3.1 Die Aufhebung der Schutzzölle und Steuererleichterungen
Im Nachkriegsdeutschland setzte sich der Wirtschaftsliberalismus durch. Rationierung und
Preiskontrolle wurden im Jahre 1951 aufgehoben. Die Autarkiepolitik des nationalsozialis-
tischen Regimes wurde dadurch endgültig beendet. Die folgende Steuer- und Zollpolitik
verfolgte jedoch weiterhin das Ziel der Deviseneinsparungen. Die Exploration und Förde-
rung im Inland, hohe Raffineriekapazitäten und die Hydrierverfahren wurden durch Steu-
ervergünstigungen und Schutzzölle im Rahmen des neuen Mineralölsteuergesetzes von
1953 weiterhin gefördert. Die Bundesrepublik Deutschland hatte dadurch in den Jahren
1948 bis 1954 einen hohen Eigenförderanteil von 1/3 zur Deckung des Mineralöl-
verbrauchs.
35
Zum 1. Januar 1964 wurden diese Schutzzölle und Steuererleichterungen
aufgehoben, weil sich die Bundesregierung dazu im Rahmen der Europäischen Wirt-
schaftsgemeinschaft verpflichtet hatte. Dadurch entstand mit dem Mineralölbereich in der
Bundesrepublik Deutschland der Ölmarkt mit der liberalsten Wirtschaftsstruktur in West-
europa. Das Hydrierverfahren wurde endgültig unwirtschaftlich. Die Subventionierung des
Raffineriebereiches wurde ganz aufgegeben.
36
Die heimische Erdölförderung musste sich
an einem niedrigen Weltmarktpreis von ungefähr 1,50 US-Dollar ausrichten, der die tech-
nisch aufwendigere Förderung in Deutschland unwirtschaftlich machte.
37
Die Bundesregie-
rung stellte aber neue Subventionen für die Förderung von Rohöl in Aussicht. Hintergrund
dieser Förderbeihilfen war das Ziel, vermutete Erdgas- und Erdöllagerstätten in der Nord-
see zu erschließen. Gleichzeitig hoffte die Bundesregierung über Subventionen bei der
Förderung in der Nordsee die Position der deutschen Ölgesellschaften zu unterstützen. In
den folgenden Jahren sollte sich jedoch herausstellen, dass die Ölvorräte im deutschen Teil
der Nordsee keinesfalls den Erwartungen entsprachen und so keine entscheidende Verbes-
serung der Rohölbasis für deutsche Unternehmen zu erreichen war.
38
35
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 286 ff.
36
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 323 f.
37
Vgl. o.V. (1999), S. 238
38
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 346 ff.

20
2.2.3.2 Die Benachteiligung aufgrund der großzügigen Steuergesetzgebung der internato-
nalen Mineralölgesellschaften durch die Heimatländer
Bereits in den 1960er und 1970er Jahren konnten die großen deutschen Mineralölgesell-
schaften die Wettbewerbsnachteile gegenüber den internationalen integrierten Ölmajors
nicht ausgleichen. Besonders durch die Steuergesetzgebung erhielten angelsächsische Ge-
sellschaften in ihren Heimatländern Vorteile. Die Aufhebung der Schutzzölle und Steuerer-
leichterungen verstärkte die Krise der deutschen Ölgesellschaften erheblich. Nationale Öl-
gesellschaften wie die DEA wurden von den Majors übernommen. Im Jahre 1966 ging sie
in den Besitz der amerikanischen Texaco über. Die DEA AG war eine weitgehend integ-
rierte Ölgesellschaft. Das größte Problem für die DEA war jedoch, dass sie im Upstream-
Bereich nicht ausreichend tätig war. Die einheimische Ölförderung war kostenintensiv.
39
Über Rohölquellen im Ausland verfügte die DEA aufgrund des Verlusts nach den Welt-
kriegen nicht mehr. Sie musste ihren Rohölbedarf zum großen Teil aus Zukäufen decken.
Die Preise waren deutlich höher, als die, welche die großen voll integrierten Ölgesellschaf-
ten für ihr eigenes Öl zu zahlen hatten. Die Gründe für die niedrigen Rohölpreise der integ-
rierten Gesellschaften lagen auch in einer günstigen Energiepolitik der angelsächsischen
Staaten. Die internationalen Ölgesellschaften hatten durch die Steuergesetzgebung in ihren
Heimatländern Vorteile. In den USA wurden Gewinne aus der Rohölförderung im Allge-
meinen zu 50 % von der Körperschaftssteuer befreit (sog. Tax Credit) und zusätzliche Ab-
schreibungen erlaubt (sog. depletion allowance). Auch in England wurden Gewinne von
der Besteuerung ausgenommen, wenn ein bestimmter Teil davon wieder investiert wurde.
Der deutsche Gesetzgeber ermöglichte es den deutschen Unternehmen lediglich die gezahl-
ten Steuern von Betriebsstätten im Ausland anrechnen zu lassen.
40
Die DEA kam deshalb im Jahre 1965 zu dem Ergebnis, dass durch diese Ungleichbehand-
lung in den Heimatländern Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Markt bestehen.
Die Situation wurde noch verschärft, weil der größte Markt für Mineralölprodukte in den
USA den Inlandsmarkt mit Importbeschränkungen belegte. Dadurch wurden die amerika-
nischen Konzerne vor einem ruinösen Wettbewerb in ihrem Heimatland geschützt und
konnten Verluste auf dem westeuropäischen und deutschen Markt auf sichere Erträge aus
dem US-Markt stützen. Deutsche Gesellschaften dagegen waren nicht in der Lage, in
39
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 353
40
Vgl. Brüning (1999), S. 87 f.

21
Deutschland erwirtschaftete Verluste durch Gewinne im Rahmen von Geschäftstätigkeiten
im Ausland gegeneinander auszugleichen.
41
2.2.3.3 Die Auswirkungen am Beispiel der DEA AG
Im Falle der DEA konnte das eingesetzte Kapital durch die Einnahmen nicht ausreichend
verzinst werden. Die DEA forderte deshalb, neben den bestehenden Darlehen an die Mine-
ralölindustrie die Steueranrechnung an die in den USA und Großbritannien anzupassen und
die Märkte für Mineralölprodukte wie in Frankreich durch Vorschriften, Lizenzierung und
Kontingentierung staatlich zu steuern. Obwohl es in der deutschen Wirtschaft und Politik
den Wunsch einer starken deutschen Ölgesellschaft gab, konnte man sich seitens des Staa-
tes nicht zu geeigneten Maßnahmen zur Umsetzung entschließen.
42
Es existierten im Jahre
1965 Pläne des Bundesschatzministeriums, organisatorische Rahmenbedingungen für die
Verbesserung der Situation der DEA zu schaffen. Vom Ministerium wurde in Erwägung
gezogen, die DEA AG und die Gelsenberg AG in einer neu zu gründenden Energie-
Verwaltungs-AG (EVAG) zu fusionieren. Diese Ölgesellschaft sollte vom Staat Subventi-
onen erhalten. Allerdings sind diese Überlegungen aufgrund der rasanten Entwicklung im
Mineralölbereich nicht verwirklicht worden.
43
Die DEA AG suchte deshalb nach einem starken Partner, um das künftige wirtschaftliche
Überleben zu sichern. Die amerikanische Texaco übernahm im Jahre 1966 die DEA mit
dem Ziel, die eigene Position auf dem deutschen Markt zu stärken. Texaco verfügte auf-
grund einer Beteiligung am saudiarabischen Aramco-Konsortium über die größten Erdöl-
vorräte der Welt und war damit ein upstream-starker Partner. Die Rohölversorgung der
zukünftigen Deutschen Texaco war gesichert. Sie wurde Teil eines internationalen voll
integrierten Konzerns.
44
Neben der DEA wurden auch andere deutsche Ölgesellschaften
übernommen. Die Gewerkschaft Elwerath und die Gewerkschaft Brigitta gerieten in den
Besitz von Shell und Esso.
45
41
Vgl. Karlsch/Stokes (2003), S. 353 f.
42
Vgl. Brüning (1999), S. 89
43
Vgl. Karlsch/Stokes (2003) S. 351 f.
44
Vgl. Brüning (1999) S. 87 f.
45
Vgl. Karlsch/Stokes (2003) S. 353

22
2.2.4 Zwischenfazit
Die Aufhebung der Schutzzölle und Steuererleichterungen durch die deutsche Bundesre-
gierung verschlechterte die Lage der deutschen Mineralölgesellschaften und förderte so
indirekt im Falle der DEA die Übernahme durch einen amerikanischen Ölkonzern. Die
deutsche Regierung bewertete die Marktliberalisierung höher als den Schutz der deutschen
Unternehmen vor Übernahmen. In anderen Ländern wie den USA wurden die Ölgesell-
schaften dagegen steuerlich gefördert, was ihre Stellung auf dem Weltmarkt stärkte. Trotz-
dem zog sich die Bundesregierung nicht ganz aus der Subventionierung zurück. Sie stellte
den Unternehmen staatliche Hilfen für die Förderung in Aussicht. Das geschah auch im
Hinblick auf die Erwartung, mit dem Öl aus der deutschen Nordsee eine starke Basis für
deutsche Ölkonzerne schaffen zu können. Das Interesse an einer starken nationalen Ölin-
dustrie wurde nicht ganz aufgegeben.
2.2.5 Die Gruppierung deutscher Ölinteressen durch die Bundesregierung
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland versuchte, in den 1960er und 1970er Jah-
ren eine nationale Ölgesellschaft zu aufzubauen. Die deutschen Unternehmen der Ölbran-
che sollten sich mit einer gemeinsamen Explorationsgesellschaft vertikal in Richtung
upstream integrieren. Außerdem hat der Bund angestrebt, die deutschen Ölinteressen in der
Veba AG zu bündeln.
Im Folgenden wird untersucht, ob dieses Engagement der Bundesregierung für den
Aufbau einer starken nationalen Ölgesellschaft zu gering war.
2.2.5.1 Die Ausgangslage in den 1960er Jahren
Den deutschen Ölgesellschaften drohte die Übernahme durch internationale Konzerne.
Nachdem die DEA bereits im Jahre 1966 unter amerikanischen Einfluss geraten war, ka-
men die deutschen Ölgesellschaften, speziell Wintershall, und die Bundesregierung zu dem

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832481407
ISBN (Paperback)
9783838681405
DOI
10.3239/9783832481407
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
mineralölwirtschaft ölmajors ölgesellschaften deminex energiewirtschaft
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Titel: Warum hat sich in Deutschland kein integrierter nationaler Mineralölkonzern herausgebildet?
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