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Bedingungen für kooperatives Verhalten in Unternehmen

Betrachtungen aus Sicht von Spieltheorie und Sozialpsychologie

©2004 Diplomarbeit 137 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In der vorliegenden Diplomarbeit werden aus der Spieltheorie und ausgewählten sozialpsychologischen Theorien Bedingungen abgeleitet, wie das kooperative Verhalten der Mitarbeiter durch die Unternehmensführung gefördert werden kann. Kooperatives Verhalten geht in dieser Arbeit über den Willen der Mitarbeiter zur Kooperation mit Kollegen hinaus. Es umfasst ferner die Summe aller Verhaltensweisen, die sich positiv auf die Organisation auswirken, vom Mitarbeiter freiwillig gezeigt werden und nicht in Stellenbeschreibungen fixiert werden können. Es ist somit weitgehend synonym zu Begriffen wie Extra-Rollenverhalten, Arbeitsengagement aus freien Stücken, Organizational Citizenship Behavior (OCB) oder Organizational Spontaneity (OS).
In Kapitel 2 erfolgt eine Dimensionierung der kooperativen Verhaltens-weisen sowie ein Vergleich mit den Konzepten des OCB von Organ und der OS von George/ Brief. Im Anschluss daran wird der Fokus auf unkooperative Verhaltensweisen in Unternehmen gelegt, die durch die Förderung von kooperativen Verhaltensweisen eingedämmt werden können.
Die spieltheoretischen Grundlagen sowie diverse Lösungskonzepte werden in Kapitel 3 dargestellt und auf Bedingungen für kooperatives Verhalten untersucht.
Im 4. Kapitel werden aus der Vielzahl von sozialpsychologischen Verhaltenstheorien die Lerntheorie von Skinner, die Austausch- und Interdependenztheorie von Kelley/ Thibaut sowie zwei gerechtigkeits-theoretische Ansätze vorgestellt, um daraus Bedingungen für kooperatives Verhalten abzuleiten. Das Kernstück dieses Kapitels bildet die Austausch- und Interdependenztheorie aufgrund Ihrer Ähnlichkeit zur Spieltheorie, was einen Vergleich ermöglicht. Die Lerntheorie wurde ausgewählt, da sie die geistige Grundlage für die Austauschtheorie bildet, die Gerechtigkeitstheorie, weil sie sowohl lern- als auch austausch-theoretische Elemente beinhaltet und durch den Vergleich mit anderen Personen eine erweiterte Sichtweise auf das individuelle Verhalten bietet.
Insgesamt werden in diesem Kapitel mehr als 20 Bedingungen für kooperatives Verhalten aus den verschiedenen Theorien abgeleitet.
Das Herzstück dieser Arbeit bildet das 5.Kapitel: hierin werden die bekannten Spiele „Gefangenendilemma“, „Kampf der Geschlechter“ und das „Chicken Game“ mithilfe von Instrumentarien analysiert, wie sie theoretisch in Kapitel 3 bzw. 4 vorgestellt wurden. Darüber hinaus wird spieltheoretisch bzw. sozialpsychologisch fundiert, mit […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8106
Ebert, Florian: Bedingungen für kooperatives Verhalten in Unternehmen - Betrachtungen
aus Sicht von Spieltheorie und Sozialpsychologie
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Fachhochschule Aschaffenburg, Diplomarbeit, 2004
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http://www.diplom.de, Hamburg 2004
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Inhaltsverzeichnis
V
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ____________________________________________ V
Abbildungsverzeichnis _______________________________________VIII
Abkürzungsverzeichnis _______________________________________ IX
1
Einleitung_______________________________________________ 1
2
Kooperatives Verhalten ____________________________________ 3
2.1
Dimensionen des kooperativen Verhaltens________________ 3
2.1.1
Aufgabenerfüllung ________________________________ 3
2.1.2
Helfendes Verhalten _______________________________ 4
2.1.3
Persönliche Initiative ______________________________ 6
2.1.4
Toleranz gegenüber Unannehmlichkeiten ______________ 7
2.2
Abgrenzung zu OCB und OS___________________________ 7
2.3
Ausprägungen unkooperativen Verhaltens in Unternehmen _ 9
2.3.1
Konflikte ________________________________________ 9
2.3.2
Innere Kündigung ________________________________ 12
2.3.3
Mobbing _______________________________________ 13
2.3.4
Sabotage _______________________________________ 14
3
Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie ___________________ 15
3.1
Grundlagen der Spieltheorie __________________________ 15
3.1.1
Gegenstand der Spieltheorie ________________________ 15
3.1.2
Strategie _______________________________________ 16
3.1.3
Der Nutzenbegriff ________________________________ 17
3.1.4
Typologie der Spiele______________________________ 17
3.1.4.1
Zweipersonen- vs. n-Personenspiele________________ 18
3.1.4.2
Nullsummen- vs. Nicht-Nullsummenspiele __________ 18
3.1.4.3
Spiele mit vollständiger vs. unvollständiger Information 18
3.1.4.4
Statische vs. dynamische Spiele ___________________ 19
3.1.4.5
Nicht-kooperative vs. kooperative Spiele ____________ 20
3.1.5
Darstellung der Spiele_____________________________ 21
3.2
Spieltheoretische Lösungskonzepte_____________________ 23
3.2.1
Dominante Strategien _____________________________ 23
3.2.2
Maximinlösung __________________________________ 24
3.2.3
Gleichgewichtslösungen ___________________________ 25
3.2.3.1
Nash-Gleichgewicht in reinen Strategien ____________ 26
3.2.3.2
Nash-Gleichgewicht in gemischten Strategien ________ 27
3.2.3.3
Gleichgewicht in korrelierten Strategien ____________ 29
3.2.3.4
Verfeinerungen des Nash-Gleichgewichts ___________ 31

Inhaltsverzeichnis
VI
3.3
Bedingungen für kooperatives Verhalten in der Spieltheorie 32
4
Kooperatives Verhalten in der Sozialpsychologie_______________ 36
4.1
Gegenstand der Sozialpsychologie______________________ 36
4.2
Bedingungen für kooperatives Verhalten in ausgewählten
sozialpsychologischen Verhaltenstheorien_______________ 38
4.2.1
Lerntheorie von Skinner ___________________________ 38
4.2.1.1
Grundlagen ___________________________________ 39
4.2.1.2
Verstärkerpläne________________________________ 39
4.2.1.3
Lernen in Gruppen _____________________________ 40
4.2.1.4
Internalisierung ________________________________ 42
4.2.1.5
Bedingungen für kooperatives Verhalten ____________ 43
4.2.2
Austausch- und Interdependenztheorien_______________ 47
4.2.2.1
Die Austauschtheorie von Kelley/ Thibaut___________ 47
4.2.2.1.1
Grundlagen ________________________________ 47
4.2.2.1.2
Die Ressourcentheorie _______________________ 48
4.2.2.1.3
Ergebnis- und Verhaltenskontrolle______________ 49
4.2.2.1.4
Aussagen der Theorie ________________________ 50
4.2.2.1.5
Abgrenzung zur Spieltheorie __________________ 51
4.2.2.2
Die Interdependenztheorie _______________________ 51
4.2.2.2.1
Die effektive Matrix _________________________ 52
4.2.2.2.2
Der Transformationsprozess___________________ 52
4.2.2.2.2.1
Interpersonale Dispositionen _______________ 53
4.2.2.2.2.2
Beziehungsspezifische Motive _____________ 54
4.2.2.2.2.3
Soziale Normen _________________________ 55
4.2.2.2.3
Mathematische Analysen der Matrix ____________ 56
4.2.2.2.3.1
Komponente der Interdependenzmatrix ______ 56
4.2.2.2.3.2
Zerlegung der Interdependenzmatrix_________ 57
4.2.2.2.4
Aussagen der Interdependenztheorie ____________ 60
4.2.2.3
Bedingungen für kooperatives Verhalten ____________ 61
4.2.3
Gerechtigkeitstheorien ____________________________ 69
4.2.3.1
Die Equity-Theorie von Walster et al. ______________ 69
4.2.3.1.1
Grundlagen der Equity-Theorie ________________ 69
4.2.3.1.2
Auswirkungen von Unausgewogenheit __________ 71
4.2.3.1.3
Kritik an der Equity-Theorie __________________ 72
4.2.3.2
Verfahrensgerechtigkeit _________________________ 73
4.2.3.3
Bedingungen für kooperatives Verhalten ____________ 74
5
Bedingungen für kooperatives Verhalten in strategischen
Situationen _____________________________________________ 80
5.1
Koordinationssituationen_____________________________ 80
5.1.1
Koordinationsspiel _______________________________ 80
5.1.1.1
Darstellung ___________________________________ 80
5.1.1.2
Spieltheoretische Lösung ________________________ 81

Inhaltsverzeichnis
VII
5.1.1.3
Sozialpsychologische Lösung_____________________ 83
5.1.1.4
Resümee _____________________________________ 83
5.1.2
Kampf der Geschlechter ___________________________ 85
5.1.2.1
Darstellung ___________________________________ 85
5.1.2.2
Spieltheoretische Lösung ________________________ 86
5.1.2.3
Sozialpsychologische Lösung_____________________ 86
5.1.2.4
Resümee _____________________________________ 87
5.2
Dilemmasituationen _________________________________ 89
5.2.1
Gefangenendilemma ______________________________ 89
5.2.1.1
Darstellung ___________________________________ 89
5.2.1.2
Spieltheoretische Lösung ________________________ 92
5.2.1.3
Sozialpsychologische Lösung_____________________ 94
5.2.1.4
Resümee _____________________________________ 98
5.2.2
Chicken ­ Spiel_________________________________ 100
5.2.2.1
Darstellung __________________________________ 100
5.2.2.2
Spieltheoretische Lösung _______________________ 102
5.2.2.3
Sozialpsychologische Lösung____________________ 103
5.2.2.4
Resümee ____________________________________ 104
6
Vergleich und Zusammenfassung__________________________ 106
Literaturverzeichnis _________________________________________ 113

Abbildungsverzeichnis
VIII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Typologie von unkooperativen Verhaltensweisen ______________ 9
Abb. 2: Normalform __________________________________________ 22
Abb. 3: Extensive Form _______________________________________ 22
Abb. 4: Gleichgewicht in dominanten Strategien ____________________ 24
Abb. 5: Maximinlösung________________________________________ 25
Abb. 6: Nash-Gleichgewicht ____________________________________ 26
Abb. 7: Spiel ohne Gleichgewicht in reinen Strategien
_____________ 27
Abb. 8: Korrelierte Strategien __________________________________ 30
Abb. 9: Lernkurve ____________________________________________ 40
Abb. 10:Habitualisierung ______________________________________ 42
Abb. 11: Selbstverstärkung _____________________________________ 42
Abb. 12: Ergebnis- und Verhaltenskontrolle _______________________ 49
Abb. 13: Wechselseitige Ergebniskontrolle ________________________ 50
Abb. 14: Attraktivität und Abhängigkeit sozialer Beziehungen _________ 51
Abb. 15: Determinanten des Transformationsprozesses_______________ 53
Abb. 16: Einflussgrößen der individuellen Interaktionsergebnisse ______ 57
Abb. 17: Drohspiel ___________________________________________ 57
Abb. 18: Zerlegung der Matrix I_________________________________ 58
Abb. 19: Zerlegung der Matrix II ________________________________ 59
Abb. 20: Zerlegung der Matrix III _______________________________ 59
Abb. 21: Vollständige Analyse der Auszahlungen des Drohspiels _______ 60
Abb. 22: Koordinationsspiel ____________________________________ 80
Abb. 23: Kampf der Geschlechter________________________________ 85
Abb. 24: Analyse der ,,Kampf der Geschlechter" - Matrix ____________ 87
Abb. 25: Gefangenendilemma___________________________________ 90
Abb. 26: Allgemeiner Fall des Gefangenendilemmas_________________ 90
Abb. 27: Einfluss der Einstellung auf das Verhalten _________________ 95
Abb. 28: Analyse der Gefangenendilemma-Matrix __________________ 96
Abb. 29: Chicken ­ Spiel______________________________________ 101
Abb. 30: Korrelierte Strategien im Chicken-Spiel __________________ 102
Abb. 31: Analyse der ,,Chicken"-Matrix _________________________ 103

Abkürzungsverzeichnis
IX
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
BC
Behavior
Control
bspw.
beispielsweise
bzgl.
bezüglich
bzw. beziehungsweise
CL
comparison
level
Cl
alt
comparison level for alternatives
ebd. ebenda
ERV Extra-Rollenverhalten
et
al.
et
alii
etc. et
cetera
f. folgende
ff.
fortfolgende
FC
Fate
Control
GD
Gefangenendilemma
GG Gleichgewicht
Hrsg.
Herausgeber
I Input
i.d.R.
in
der
Regel
i.H.v.
in
Höhe
von
MA
Mitarbeiter

Abkürzungsverzeichnis
X
m.E. meines
Erachtens
O
Outcomes
OCB
Organizational
Citizenship
Behavior
o.g. oben
genannt
OS
Organizational
Spontaneity
RC
Reflexive
Control
S.
Seite
s.o. siehe
oben
s.u. siehe
unten
TZI
Themenzentrierte
Interaktion
u.a. und
andere
u.U. unter
Umständen
v.a. vor
allem
vgl. vergleiche
W
Wert
einer
Beziehung
WISU
Wirtschaftsstudium
z.B. zum
Beispiel
zfbf Zeitschrift
für
betriebswirtschaftliche
Forschung
zfo
Zeitschrift
Führung
+
Organisation

1 Einleitung
Seite 1
1 Einleitung
Kooperation ist allgemein jedwede Form der Zusammenarbeit von
mindestens zwei interagierenden Personen bzw. Gruppen, welche
die gemeinschaftliche Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zum Ziel
haben.
1
Die drei Hauptgründe, warum Menschen ein Interesse an
Kooperation haben, wurde von dem klassischen Sozialtheoretiker
David Hume bereits vor mehr als 250 Jahren postuliert:
2
,,Durch die Vereinigung der Kräfte wird unsere Leistungsfähigkeit
vermehrt; durch Teilung der Arbeit wächst unsere Geschicklichkeit,
und gegenseitiger Beistand macht uns weniger abhängig von Glück
und Zufall. Durch diese Vermehrung von Kraft, Geschicklichkeit und
Sicherheit wird die Gesellschaft nützlich."
3
In Unternehmen kann sich Kooperation sowohl zwischenbetrieblich
an den Schnittstellen mit Teilen ihrer Umwelt als auch innerbetrieblich
durch das Prinzip der vertikalen und horizontalen Arbeitsteilung voll-
ziehen und ist die wesentliche Voraussetzung für den Erfolg und das
Überleben eines Unternehmens.
4
Innerhalb einer Organisation ist
Kooperation so verinnerlicht, dass sie als selbstverständlich ange-
nommen wird und in vollem Umfang weder formal gefordert noch
belohnt werden kann, sondern immer auch ein freiwilliges Verhalten
der Mitarbeiter
5
erfordert.
6
Nach Kahn ist ein solches freiwilliges,
spontanes Verhalten der Mitarbeiter, das über die formalen Rollenbe-
schreibungen hinausgeht, neben dem gewissenhaften Ausführen der
Rollenvorschriften und dem Eintritt und Verbleib der Mitarbeiter in
einer Unternehmung von wesentlicher Bedeutung für das Funktionie-
ren einer Organisation.
7
Während das Rollenverhalten der Mitarbeiter
im juristischen Arbeitsvertrag fixiert und explizit vorgeschrieben wer-
den kann, sind Extra-Rollenverhalten und Bindung an das Unterneh-
men Erwartungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer und im psy-
chologischen Arbeitsvertrag verankert. Darin kommen die ­ häufig
unausgesprochenen ­ wechselseitigen Wünsche, Hoffnungen und
Erwartungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Ausdruck.
8
Wei-
tere Erwartungen des Arbeitgebers aus dem psychologischen Ar-
beitsvertrag sind bspw. die Bereitschaft zur Unterordnung oder die
1
Vgl. Fallgatter/ Koch (1998), S.14f.
2
Vgl. Güth/ Kliemt (1995), S.12
3
Hume (1973), S.229
4
Vgl. Bleicher (1991), S.144, Wimmer/Neuberger (1981), S.189
5
Im Folgenden wird aus sprachlichen Gründen bei Mitarbeitern, Arbeitnehmern, Spielern
etc. stets die maskuline Form verwendet, es sind aber immer Frauen und Männer gemeint.
6
Vgl. Matiaske/ Weller (2003), S.101
7
Vgl. Katz (1964), S.131f.
8
Vgl. Bartscher-Finzer/ Martin (2003), S.54; Echterhoff et al. (1997), S.35

1 Einleitung
Seite 2
uneingeschränkte Loyalität der Mitarbeiter.
9
Dagegen hofft ein Arbeit-
nehmer als Gegenleistung für sein Engagement neben der Zahlung
des Gehalts aus dem juristischen Arbeitsvertrag auch auf einen gesi-
cherten Arbeitsplatz, sehr gute Arbeitsbedingungen oder Gerechtig-
keit des Arbeitgebers bei der Beförderung oder Entlohnung.
10
Die Bedeutung von Verhaltensweisen der Mitarbeiter, die über das
formal vorgeschriebene hinausgehen, ist für die Unternehmen seit
Beginn der 90er Jahre noch weiter gewachsen.
11
Gründe hierfür lie-
gen in einer Vielzahl von Restrukturierungsmaßnahmen in zahlrei-
chen Unternehmen, die einen Wandel der Arbeitswelt mit flexibleren
Organisationen, flacheren Hierarchien und häufig wechselnden Auf-
gaben zur Folge hatten. Diese Veränderungen führten zu einem Ab-
bau der Bürokratie sowie der Abschaffung von Stellenbeschreibun-
gen, da die Arbeitsaufgaben des einzelnen Mitarbeiters immer weni-
ger plan- und vorhersehbar sind. Aus diesem Grund kommt dem Ext-
ra-Rollenverhalten bzw. kooperativem Verhalten der Mitarbeiter eine
entscheidende Bedeutung für den Erfolg der Organisation zu.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, aus Lösungskonzepten der Spiel-
theorie und ausgewählten Theorien der Sozialpsychologie Bedingun-
gen abzuleiten, wie das kooperative Verhalten der Mitarbeiter durch
die Unternehmensführung gefördert werden kann. Zunächst wird in
Kapitel 2 erläutert, was in dieser Arbeit konkret unter kooperativem
Verhalten verstanden wird, welche Dimensionen es umfasst und wel-
che Unterschiede und Gemeinsamkeiten es mit weiteren Konzepten
des Extra-Rollenverhaltens aufweist. Danach werden in Kapitel 3 die
Grundlagen und Lösungskonzepte der Spieltheorie bzw. in Kapitel 4
die sozialpsychologischen Lern-, Austausch-, Interdependenz- und
Gerechtigkeitstheorien dargestellt und auf Bedingungen für koopera-
tives Verhalten untersucht. In Kapitel 5 werden verschiedene Interak-
tionssituationen mithilfe von Instrumentarien analysiert, wie sie in
Kapitel 3 bzw. 4 vorgestellt wurden. Darüber hinaus wird spieltheore-
tisch bzw. sozialpsychologisch fundiert, mit welchen Maßnahmen
Kooperation bzw. kooperatives Verhalten im Unternehmen in den
speziellen Situationen gesichert werden kann. Im letzten Kapitel wer-
den die wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen
erwähnt sowie anhand eines Beispiels dargestellt, wie die abgeleite-
ten Bedingungen für kooperatives Verhalten in japanischen Unter-
nehmen umgesetzt werden.
9
Vgl. Bartscher-Finzer/ Martin (2003), S.55; Echterhoff et al. (1997), S.35
10
Ebd.
11
Zu den folgenden Ausführungen vgl. Nerdinger (1998a), S.266; Bretz; Hertel; Moser
(1998), S.80; Hertel; Bretz; Moser (2000), S.122; Spieß/ Nerdinger (1998), S.7

2 Kooperatives Verhalten
Seite 3
2 Kooperatives Verhalten
Unter kooperativem Verhalten in Unternehmen wird in dieser Arbeit
die Summe aller Verhaltensweisen verstanden, die einen großen
Wert für die Stabilität, Effektivität und Funktionsfähigkeit einer Orga-
nisation haben und von den Mitarbeitern (MA) freiwillig gezeigt wer-
den.
12
Es ist somit weitgehend synonym zu Begriffen wie Extra-
Rollenverhalten (ERV), Arbeitsengagement aus freien Stücken, Or-
ganizational Citizenship Behavior (OCB) oder Organizational Sponta-
neity (OS). Unterschiede ergeben sich jedoch durch die Inhalte der
verschiedenen Konzepte, auf die sowohl bei der Dimensionierung als
auch im darauf folgenden Kapitel eingegangen wird. Im letzten Unter-
kapitel wird der Fokus auf unkooperative Verhaltensweisen in Unter-
nehmen gelegt, die durch die Förderung von kooperativen Verhal-
tensweisen eingedämmt werden können.
2.1 Dimensionen des kooperativen Verhaltens
Die nun folgende Dimensionierung von kooperativen Verhaltenswei-
sen entspricht weitgehend der Kategorisierung von Nerdinger, der in
einer Umfrage unter Arbeitnehmern deren Beobachtungen von ERV
ihrer Kollegen sammelte und diesen die Dimensionen Aufgabenerfül-
lung, Kollegialität, persönliche Initiative und Ertragen alltäglicher Är-
gernisse zuordnete.
13
Nach einer kurzen Erläuterung der jeweiligen
Dimension wird diese mit Komponenten der Konzepte des OCB und
der OS verglichen. Im darauf folgenden Kapitel werden weitere, nicht
in den vier Kategorien enthaltenen Dimensionen der beiden Konzepte
erwähnt sowie sonstige Unterschiede zwischen dem Begriff des ko-
operativen Verhaltens, wie er in dieser Arbeit verstanden wird und
den verschiedenen Konzepten herausgearbeitet.
2.1.1 Aufgabenerfüllung
Die Dimension Aufgabenerfüllung beinhaltet aufgabenbezogenes
Verantwortungsbewusstsein und Engagement für die Arbeit, das weit
über die Rollenanforderungen hinausgeht.
14
Da das ERV somit aus
dem originären Rollenverhalten resultiert, ist eine Abgrenzung zwi-
schen In- und Extra-Rollenverhalten schwierig
15
, jedoch für diese Ar-
beit nicht erforderlich, da m.E. rollenkonformes Verhalten eine not-
12
Vgl. Nerdinger (1998b), S.14; Tyler/ Blader (2000), S.2
13
Vgl. Nerdinger (1998b), S.89
14
Vgl. Conrad/ Sneikus (2000), S.15; Organ (1988), S.9
15
Da der Unterschied lediglich in der Intensität des gezeigten Rollenverhaltens liegt, vgl.
George/ Brief (1992), S.312

2 Kooperatives Verhalten
Seite 4
wendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für kooperatives Ver-
halten ist.
16
Der Dimension Aufgabenerfüllung entspricht im OCB die Kategorie
Gewissenhaftigkeit, in welcher Merkmale wie Anwesenheit
17
, Pünkt-
lichkeit, Sauberkeit, keine Verkürzung der Arbeitszeit durch Verlänge-
rung der Pausen oder private Telefonate zusammengefasst sind.
18
Viele dieser Merkmale stellen jedoch kein ERV dar, da sie Teil der
expliziten dienstlichen Erwartungen an den MA sind, beobachtet wer-
den können und ein Verstoß sanktioniert werden kann.
19
Da das Konzept der OS lediglich Komponente beinhaltet, die zwei-
felsfrei ERV sind, findet sich in ihm keine Dimension wie Aufgabener-
füllung. Nach Auffassung von George/ Brief stellt dies eher ein sehr
hohes Niveau der Arbeitsleistung und somit der Erfüllung der Rollen-
anforderungen dar als eine Form von freiwilliger Handlung.
20
2.1.2 Helfendes Verhalten
In dieser Arbeit wird jegliches Verhalten, dass andere Personen im
organisationalen Kontext unterstützt, als Ausprägung von kooperati-
vem Verhalten angesehen.
21
Helfendes Verhalten kann somit gegen-
über Kollegen
22
, Vorgesetzten, Kunden oder Lieferanten gezeigt wer-
den.
23
In der Literatur wird helfendes Verhalten häufig synonym mit
Altruismus oder prosozialem Verhalten verwendet, was jedoch von-
einander abgegrenzt werden sollte.
24
Prosoziales Verhalten ist die
Gesamtheit der positiven sozialen Verhaltensweisen,
25
altruistisches
Verhalten zeichnet sich durch einen selbstlosen Charakter des Hel-
fens aus und ist daher wie helfendes Verhalten, das sich auf die Ar-
16
Das Auftreten von ERV wäre m.E. absurd, wenn ein MA sich nicht seiner Rolle entspre-
chend verhalten würde. Da jedoch das Rollenverhalten vertraglich geregelt und mangelnde
Ausführung sanktioniert werden kann, ist es nicht Gegenstand dieser Untersuchung.
17
Anwesenheit bedeutet nach Organ nicht die vertraglich verpflichtende, ,,reguläre" Anwe-
senheit, sondern das Erscheinen am Arbeitsplatz trotz leichter Gebrechen, extremen Wet-
terverhältnissen oder sonstigen Umständen, bei denen ein Fehlen toleriert würde, vgl.
Organ (1988), S.9.
18
Vgl. Organ (1988), S.9f.; Bierhoff/ Herner (1999), S.58
19
Vgl. Bierhoff/ Herner (1999), S.59; z.B. kann Unpünktlichkeit des MA vom Arbeitgeber bzw.
Vorgesetzten bspw. durch eine Abmahnung bestraft werden.
20
Vgl. George/ Brief (1992), S.312
21
Vgl. Conrad/ Sneikus (2000), S.12
22
Was vermutlich die am Häufigsten vorkommende Form helfenden Verhaltens ist, vgl.
Organ (1988), S.8.
23
Vgl. Organ (1988), S.8; Nerdinger (1998a), S.266
24
Vgl. Conrad/ Sneikus (2000), S.12
25
Vgl. Lück (1997), S.187

2 Kooperatives Verhalten
Seite 5
beit in Organisationen bezieht, eine Sonderform des prosozialen Ver-
haltens.
26
Der Unterschied zwischen Helfendem Verhalten und Aufgabenerfül-
lung ist der Personenbezug des helfenden Verhaltens, von dem ein-
zelne Individuen profitieren, während bei der Dimension Aufgabener-
füllung die Organisation als solches profitiert.
27
Daher kann die Di-
mension Helfendes Verhalten auch als kooperatives Verhalten im
engeren Sinne verstanden werden, da die anderen Elemente keinen
direkten Zusammenhang zu Kooperation aufweisen.
28
Bei einer Untersuchung des Zusammenhangs von OCB auf den wirt-
schaftlichen Erfolg von Versicherungsagenturen erwarteten Podsa-
koff et al., dass helfendes Verhalten positive Auswirkungen auf den
Gesamterfolg einer Agentur hat.
29
Ihre Erwartung begründeten sie
damit, dass durch helfendes Verhalten die ,,soziale Maschinerie geölt
würde" und die Gruppenkohäsion verstärkt wird, was die Attraktivität
des Arbeitsplatzes erhöht. Nachdem sich jedoch in der Untersuchung
eine negative Relation zwischen helfendem Verhalten und dem wirt-
schaftlichen Erfolg ergab, vermuteten sie, dass die Gründe dafür all-
gemeiner Natur waren. Beispielsweise war es möglich, dass der zu-
sätzliche Nutzen des Geholfenen nicht den Nutzenrückgang des Hel-
fenden kompensieren konnte oder das helfende Verhalten für den
Geholfenen nicht hilfreich war. In einer darauf folgenden Untersu-
chung stellten Podsakoff et al. jedoch fest, dass helfendes Verhalten
den Erfolg von Arbeitsgruppen in einer Papierfabrik positiv beein-
flusste.
30
Daher kamen sie zu dem Schluss, dass der negative Zu-
sammenhang zwischen helfendem Verhalten und dem Erfolg einer
Versicherungsagentur darin begründet ist, dass die Versicherungs-
agenten nach ihrer individuellen Verkaufsleistung bezahlt wurden,
während die Bezahlung eines MA einer Arbeitsgruppe der Papierfab-
rik von der Gruppenleistung abhing. Somit beeinträchtigt helfendes
Verhalten das aggregierte Ergebnis, wenn Individualismus gewünscht
und belohnt wird und fördert den Gesamterfolg eines Unternehmens,
wenn die Entlohnung abhängig ist von der Leistung der Gruppe.
31
Die hier dargestellte Dimension Helfendes Verhalten ist deckungs-
gleich mit der OCB-Dimension Altruismus und geht über das Konzept
Nerdingers und der OS hinaus, da in deren Dimension Kollegialität
26
Vgl. Conrad/ Sneikus (2000), S.12f.
27
Vgl. Conrad/ Sneikus (2000), S.16; Bretz; Hertel; Moser (1998), S.82
28
Vgl. Bretz; Hertel; Moser (1998), S.84
29
Zu den folgenden Ausführungen vgl. Podsakoff et al. (1997), S.263f.
30
Zu den folgenden Ausführungen vgl. Podsakoff er al. (1997), S.267f.
31
Vgl. Nerdinger (1998a), S.275

2 Kooperatives Verhalten
Seite 6
(bzw. helping co-workers
32
) lediglich helfendes und unterstützendes
Verhalten zwischen Kollegen zusammengefasst ist.
33
2.1.3 Persönliche Initiative
Die Dimension persönliche Initiative repräsentiert ein Verhalten, dass
sich an übergeordneten Arbeitszusammenhängen orientiert, mit den
Unternehmenszielen übereinstimmt und kreativ Problemlösungen
sucht und findet, die über den eigentlichen Arbeitsbereich eines MA
hinausgehen.
34
Darüber hinaus zeigt sich persönliche Initiative z.B.
beim Aufbau von informellen Kommunikationsstrukturen, mit deren
Hilfe Schwächen der formalen Organisation kompensiert werden
können.
35
Somit stimmt persönliche Initiative im Wesentlichen mit der
Definition des Mitunternehmertums von Wunderer überein, das von
vielen Unternehmen in Leitsätzen gefordert wird.
36
Im OCB existiert keine der persönlichen Initiative entsprechende Di-
mension,
37
dagegen finden sich im Konzept der OS drei Dimensio-
nen, die Teilelemente der persönlichen Initiative sind. Diese sind:
Verbesserungsvorschläge machen, Sich weiterentwickeln und Die
Organisation schützen.
38
Die Verbesserungsvorschläge beziehen sich
dabei auf innovative und kreative Vorschläge von MA, die auf eine
Verbesserung der Arbeitsprozesse der Organisation abzielen und
damit über den Arbeitsbereich eines MA hinausgehen. Die freiwillige
Weiterbildung führt zu einer Steigerung des Wissens und der Fähig-
keiten eines MA, die er seiner Meinung nach benötigt, um seine aktu-
elle Arbeit besser erledigen zu können oder um sich auf eine spätere,
verantwortungsvollere Position vorzubereiten. Die Dimension Die
Organisation schützen beinhaltet alle Handlungen eines MA, die
schädigende Ereignisse wie Diebstahl, Vandalismus oder jede Art
32
Katz, auf den sich George/ Brief in ihrem Konzept OS explizit beziehen, nennt diese Di-
mension Kooperation und fasst darin alle unterstützenden Verhaltensweisen innerhalb
der Organisation zusammen, vgl. Katz (1964), S.132f..In einem Vergleich zwischen OS
und OCB von George/ Brief gehen sie nicht auf den Unterschied ein, dass Altruismus
helfendes Verhalten umfassender sieht als nur ,,helping co-workers", vgl. George/ Brief
(1992), S.311f.. Da ihre Dimension jedoch auch einen anderen Namen tragen könnte, wird
davon ausgegangen, dass darunter lediglich unterstützende Verhaltensweisen zwischen
Kollegen zu verstehen sind.
33
Vgl. Nerdinger (1998b), S.39; dies ist nicht überraschend, da er in seiner Umfrage Arbeit-
nehmer nach deren Beobachtung von ERV ihrer Kollegen befragte, s.o..
34
Vgl. Nerdinger (1998b), S.43; S.10
35
Vgl. Müller/ Bierhoff (1994), S.369
36
Eine Übersicht über solche Leitsätze von verschiedenen Unternehmen findet sich in:
Wunderer (2003), S.50, die Definition von Mitunternehmertum befindet sich auf S.51.
37
Vgl. Nerdinger (1998b), S.11
38
Zu den folgenden Ausführungen vgl. George/ Brief (1992), S.311; Müller/ Bierhoff (1994),
S.369

2 Kooperatives Verhalten
Seite 7
von Unfällen zum Schutz des Lebens und des Eigentums in Organi-
sationen verhindert.
39
2.1.4 Toleranz gegenüber Unannehmlichkeiten
Mit Toleranz gegenüber Unannehmlichkeiten
40
ist das gelassene Er-
tragen von suboptimalen Umständen wie kleineren Ärgernissen oder
Beeinträchtigungen der subjektiven Befindlichkeit
41
gemeint, die un-
weigerlich bei der Zusammenarbeit zwischen Menschen auftreten.
42
Eine Besonderheit dieser Dimension liegt darin, dass in ihr aus-
schließlich passive Verhaltensweisen
43
vorkommen, d.h. das sich MA
nicht über kleine Probleme beklagen und dadurch mehr Zeit für ihre
produktive Tätigkeit haben und dem Vorgesetzten mehr Zeit für des-
sen Aufgaben lassen.
44
Diese Komponente des ERV entspricht der Dimension sportsmanship
des OCB. Da das Konzept der OS ausschließlich aktive Verhaltens-
weisen umfasst, ist das Fehlen von dysfunktionalem Verhalten kein
Bestandteil dieses Konzeptes.
45
2.2 Abgrenzung zu OCB und OS
Bei einem Vergleich zwischen kooperativem Verhalten, wie es in die-
ser Arbeit verstanden wird, und dem Konzept des OCB fällt auf, dass
drei der vier Dimensionen deckungsgleich sind. Allerdings gibt es
bereits bei den Prämissen Unterschiede, da OCB lediglich Verhal-
tensweisen enthält, die nicht im Rahmen eines formalen Belohnungs-
systems gefördert werden können.
46
Existiert bspw. ein betriebliches
Vorschlagswesen, das jeden Vorschlag zur Einsparung von Kosten
finanziell belohnt, handelt es sich nicht um OCB, wenn ein MA einen
Vorschlag zur Kostensenkung macht.
47
Dasselbe Verhalten ist jedoch
OCB, wenn es ein solches Belohnungssystem nicht gibt. In dieser
Arbeit ist eine solche Differenzierung unsinnig, da eine direkte Beloh-
nung einer kooperativen Verhaltensweise zur Folge hätte, dass diese
39
Vgl. George/ Brief (1992), S.311; Katz (1964), S.133; Müller/ Bierhoff (1994), S.369; so-
fern dies nicht in den Rollenbeschreibungen erwähnt ist, wie bspw. bei Sicherheitsange-
stellten, vgl. George/ Brief (1992), S.311.
40
Bzw. Frustrationstoleranz (Conrad/ Sneikus (2000), S.16) oder Ertragen alltäglicher Ärger-
nisse (Nerdinger (1998b), S.40).
41
Z.B. der Ausfall der Klimaanlage für mehrere Wochen, vgl. Organ (1988), S.11.
42
Vgl. Hertel; Bretz; Moser (2000), S.124; Organ (1988), S.11; Conrad/ Sneikus (2000), S.16;
Nerdinger (1998b), S.40f.
43
Passive Verhaltensweisen zeichnen sich durch das Fehlen einer besonderen Anstrengung
aus, vgl. Bierhoff/ Herner (1999), S.63.
44
Vgl. Podsakoff et al. (1997), S.267 ; S.264
45
Vgl. George/ Brief (1992), S.312
46
Vgl. Organ (1988), S.4
47
Vgl. George/ Brief (1992), S.311

2 Kooperatives Verhalten
Seite 8
nicht mehr kooperativ wäre.
48
Zudem fehlt dem Konzept eine Dimen-
sion von ERV, die über den Arbeitsbereich eines MA hinausgeht und
die gesamte Organisation im Fokus hat. Weitere Dimensionen des
OCB, die bisher nicht erwähnt wurden, sind Arbeitsrelevante Höflich-
keit (courtesy; andere informieren, bevor Entscheidungen getroffen
oder Handlungen gezeigt werden, die sich auf deren Arbeitsbereich
auswirken
49
) und Bürgertugenden (civic virtue; die verantwortungsvol-
le Teilnahme am politischen Leben der Organisation
50
). Die arbeitsre-
levante Höflichkeit kann als Form von unterstützendem Verhalten
gesehen werden,
51
die von Organ genannten Beispiele für Verhal-
tensweisen, die in den Bereich der Bürgertugenden gehören, wie z.B.
Meetings besuchen, interne Mails lesen oder seine Meinung äu-
ßern,
52
verdienen m.E. keine eigene Dimension und können unter
Aufgabenerfüllung zusammengefasst werden.
Die Unterschiede zwischen kooperativem Verhalten und der OS ka-
men bereits bei der Dimensionierung verstärkt zur Sprache. So um-
fasst das Konzept der OS im Gegensatz zum kooperativen Verhalten
lediglich aktive ERV, was dazu führt, dass weder Verhaltensweisen,
die keine eigene Initiative benötigen (wie z.B. Loyalität oder Vermei-
dung von Klagen über Belanglosigkeiten
53
) noch eine besonders wir-
kungsvolle Ausführung der in der Rolle festgelegten Aufgaben durch
die MA Komponente der OS sind. Zwei der vier Dimensionen des
kooperativen Verhaltens sind in der OS nicht berücksichtigt, die ande-
ren beiden werden nur partiell von Dimensionen der OS abgedeckt.
Die letzte noch nicht genannte Dimension der OS ist Verbreitung ei-
nes guten Image der Organisation nach außen, indem die MA ge-
genüber Freunden und Bekannten positiv über ihre Arbeit reden, was
die Personalbeschaffung erleichtern und das Marketing unterstützen
soll.
54
48
Allerdings ist der Einwand Organs berechtigt, dass eine direkte Belohnung von kooperati-
vem Verhalten (in den meisten Fällen) einen viel zu großen Aufwand erfordern würde, als
das dies wirtschaftlich gerechtfertigt wäre, vgl. Organ (1988), S.6.
49
Vgl. Organ (1988), S.12; Nerdinger (1998a), S. 266
50
Vgl. Organ (1988), S.12
51
Der Unterschied zwischen den Dimensionen altruism und courtesy liegt darin, dass beim
ersten einer Person geholfen wird, die ein Problem hat, und beim zweiten verhindert wird,
dass für eine Person ein Problem entsteht, vgl. Organ (1988), S.12.
52
Vgl. Organ (1998), S.13
53
Vgl. Bierhoff/ Herner (1999), S.63
54
Vgl. George/ Brief (1992), S.311, Conrad/ Sneikus (2000), S.24; Katz (1964), S.133. Ob
diese Zusammenhänge tatsächlich der Realität entsprechen und die Personalbeschaffung
sowie das Marketing in starkem Ausmaß davon profitieren, darf bezweifelt werden.

2 Kooperatives Verhalten
Seite 9
2.3 Ausprägungen unkooperativen Verhaltens in
Unternehmen
Der Wert des ERV besteht nicht nur in der Durchführung von für die
Organisation positiven Verhaltensweisen, sondern auch darin, dass
es vielen unerwünschten Handlungsmustern entgegenwirkt.
55
Die von
einer Organisation unerwünschten Verhaltensweisen lassen sich dif-
ferenzieren nach dem Zielobjekt des abweichenden Verhaltens (Or-
ganisation/ Personen) sowie nach dem Grad der Abweichung von der
Norm (geringer/ schwerer Grad der Abweichung).
56
Für jede Konstel-
lation wird im folgenden jeweils eine Form exemplarisch dargestellt.
geringer Grad
der Abweichung
organisationsbezogen
schwerer Grad
der Abweichung
personenbezogen
- Innere Kündigung
- Verschwendung von
Ressourcen
- Absentismus
- Sabotage
- Korruption
- dysfunktionale
Konflikte
- Büroklatsch über
Kollegen
- Mobbing
- Sexuelle Belästigung
- Gefährdung von
Kollegen
Abb. 1: Typologie von unkooperativen Verhaltensweisen
57
2.3.1 Konflikte
58
Konflikte werden verursacht durch gegensätzliche Ziele, Werte, Mei-
nungen oder Interessen von zwei oder mehreren Personen bzw.
Gruppen und treten zu Tage, wenn nicht zu vereinbarende Hand-
55
Vgl. Müller/ Bierhoff (1994), S.369
56
Vgl. Robinson/ Bennett (1995), S.565
57
Nach Robinson/ Bennett (1995), S.565; die Auflistung in den Quadranten ist nur beispiel-
haft.
58
Die Spannweite des Grads der Abweichung vom gewünschten Verhalten ist beim Konflikt
sehr groß, je nach Art und Ausmaß kann ein Konflikt entweder im Rahmen des gewünsch-
ten Verhaltens liegen oder auch ein schwerer Grad der Abweichung sein.

2 Kooperatives Verhalten
Seite 10
lungstendenzen aufeinander stoßen.
59
Innerhalb einer Organisation
besteht das Konfliktpotential aus einer objektiven und einer subjekti-
ven Komponente.
60
Die objektive Seite umfasst:
· Organisationsaufbau und ­struktur:
61
Organisationsgröße,
Anzahl der Hierarchieebenen, homogene oder heterogene
Mitglieder, Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten.
· Normen und Regeln: Richtlinien zur Einstellung und Beför-
derung, Förderung der Arbeitnehmer, Arbeitsanweisungen,
Dienstwege.
· Mittel und Ressourcen: Budget, EDV-Ausstattung, Auf-
merksamkeit der Unternehmensleitung, Macht.
62
· Aufgaben und Arbeitsabläufe: Anforderungen, Belastun-
gen, Kompetenzen.
Ein Konflikt entsteht jedoch nie aufgrund der objektiven Vorausset-
zungen, sondern stets durch subjektive Bewertungen einer Situation
oder Handlungen, die andere beeinträchtigen. Die subjektive Seite
enthält die Punkte:
· Persönlichkeitsmerkmale: Flexibilität, Kommunikationsfreu-
digkeit, Toleranz, Aggressivität.
· Einstellungen und Motive: Grundvertrauen, Loyalität, Identi-
fikation, kooperative oder kompetitive Grundeinstellung.
· Wahrnehmungen: Wahrnehmung der sozialen Vorgänge,
Erwartungen, Kenntnis der Auswirkungen des eigenen Verhal-
tens.
· Verhaltensweisen: Führungs- und Arbeitsverhalten, Kommu-
nikationsfähigkeiten, verbale und nonverbale Ausdrucksfähig-
keit.
· Beziehungen: Vertrauen in andere, Partnerschaft, gegensei-
tige Abhängigkeit, Macht.
Das Konfliktpotential wird darüber hinaus noch erhöht, wenn Perso-
nen oder Gruppen häufig zusammenarbeiten und die Konfliktteilneh-
mer sich gegenseitig blockieren können.
63
Diese These setzt implizit
voraus, dass es sich um einen destruktiven Konflikt handelt, der aus
59
Vgl. Frank/ Frey (2002), S.120; Deutsch (1976), S.18;
60
Zu den folgenden Ausführungen vgl. Berkel (1995), S.365ff.
61
Alle nachfolgenden Punkte sind exemplarisch.
62
Vgl. Spieß (2003), S.48
63
Vgl. Berkel (1987), S.154

2 Kooperatives Verhalten
Seite 11
konkurrierenden Prozessen
64
resultiert und bei dem mindestens ein
Teilnehmer mit dem Ergebnis unzufrieden ist.
65
Die Konsequenz sol-
cher destruktiver Prozesse in Organisationen ist Ablenkung der MA
von der eigentlichen Arbeitsaufgabe, mögliche psychische Belastun-
gen für die MA sowie ein schlechtes Betriebsklima.
66
Entsteht ein
Konflikt als Folge eines kooperativen Prozesses, in dem das Errei-
chen der Ziele der einen Konfliktpartei auch die Zielerreichung der
anderen positiv beeinflusst, wird dieser produktive und für jeden zu-
frieden stellende Ergebnisse zur Folge haben.
67
In der Realität sind
reine konkurrierende oder kooperative Situationen sehr selten, da ein
Individuum bzw. eine Gruppe ein ganzes Spektrum an Zielen und
Nebenzielen hat, die auch untereinander eine negative Korrelation
aufweisen können.
68
Z.B. können zwei Abteilungen in einem Konflikt
das Ziel haben, dass beste Ergebnis für das Unternehmen zu erzie-
len, aber auch, mehr Macht oder ein höheres Budget auf Kosten der
anderen zu erhalten. Nach der Definition von Deutsch würde es sich
in diesem Fall um einen kooperativen Prozess handeln, wenn das
Unternehmensziel für jede der Abteilungen wichtiger ist als ihr egois-
tisches. Vermutlich mit diesem Hintergrund werden Konkurrenzsitua-
tionen zwischen Abteilungen bewusst initiiert, um Stagnationen zu
verhindern, aus- und abgewogene Entscheidungen treffen zu können
und durch Wettbewerb eine Leistungssteigerung zu erzielen.
69
Durch
die Betonung des Wettbewerbs zwischen den Gruppen besteht je-
doch die Gefahr, dass das Unternehmensziel aus den Augen verloren
wird, was dazu führt, dass aus einem kooperativen ein konkurrieren-
der Prozess entsteht, bei dem mittelfristig die negativen Konsequen-
zen dominieren.
70
Die negativen Folgen eines andauernden, in-
tergruppalen Konflikts in konkurrierenden Situationen wird verstärkt
durch die daraus resultierende Wirkung auf die einzelnen Gruppen.
71
Innerhalb der Gruppe kommt es zu einem verstärkten Zusammenhalt,
von den Gruppenmitgliedern wird Loyalität und Konformität erwartet,
verbunden mit einer geringen Toleranz für abweichende Meinungen,
was zu einer mangelnden Qualität und Kreativität bei der Problemlö-
sung führt.
72
Darüber hinaus kommt es zu einer Abwertung und Ste-
reotypisierung der anderen Gruppe, verbunden mit der Tendenz, ei-
64
Es handelt sich um einen konkurrierenden Prozess, wenn eine Konfliktpartei ihre Ziele nur
erreicht, wenn eine andere dadurch ihre Ziele nicht erreichen kann, vgl. Deutsch (1949),
S.132.
65
Vgl. Deutsch (1976), S.24
66
Vgl. Wenninger (1999), S.559
67
Vgl. Deutsch (1949), S.132; Deutsch (1976), S.24
68
Vgl. Deutsch (1976), S.27
69
Vgl. Regnet (2001), S.57; Wenninger (1999), S.559; Cohen et al. (1996), S.450
70
Vgl. Regnet (2001), S.57
71
Vgl. Deutsch (1976), S.32
72
Vgl. Regnet (2001), S.58; Deutsch (1976), S.32; abgesehen von dem Zeitverlust durch den
Konflikt.

2 Kooperatives Verhalten
Seite 12
nen Sieg höher zu bewerten als einen Kompromiss sowie gegenseiti-
ge Übereinkünfte zu blockieren,
73
was für den Erfolg des Unterneh-
mens kontraproduktiv ist.
2.3.2 Innere Kündigung
Innere Kündigung bezeichnet das Phänomen, dass ein Arbeitneh-
mer
74
jegliche Eigeninitiative und Engagement für sein Unternehmen
verweigert, die über das vorgeschriebene Mindestmaß hinausgeht.
75
Dieser bewusste Verzicht auf ERV als langfristige Reaktion auf belas-
tende Situationen ist die Folge des Zerbrechens des psychologischen
Arbeitsvertrags von Seiten des Arbeitnehmers.
76
Innere Kündigung
manifestiert sich in einem strengen, jedoch verdeckten
77
Konformis-
mus ohne ehrliche und spontane Reaktionen durch den MA und kann
sich epidemieartig in einem Unternehmen ausbreiten und dadurch zu
einem Klima der Distanz, Unterkühlung und Pseudoharmonie füh-
ren.
78
Dies hat zur Folge, dass die Bereitschaft der MA, anderen zu
helfen oder Informationen weiterzugeben nicht oder lediglich unzurei-
chend vorhanden ist.
79
Während Echterhoff et al. die Ursachen der Inneren Kündigung vor
allem in der Unzufriedenheit der MA mit ihrer Arbeitssituation sehen,
die durch die Missachtung der Bedürfnisse der MA
80
durch unange-
messenen Bürokratismus, das Führungsverhalten der Vorgesetzten
und eine Misstrauenskultur hervorgerufen wird,
81
nennt Höhn neben
fehlerhaftem Verhalten der Führungskräfte
82
Selbstpensionierung
83
und Pessimismus
84
der Mitarbeiter als organisationsunabhängige
Ursachen.
73
Vgl. Deutsch (1976), S.37
74
Neben der hier dargestellten Inneren Kündigung des Mitarbeiters gibt es noch das Phäno-
men der Inneren Kündigung von Seiten des Chefs gegenüber einem Mitarbeiter, indem er
zu dem Mitarbeiter auf Distanz geht, vgl. Höhn (1986), S.99. Dies gehört m.E. jedoch
tendenziell zu dem Themengebiet Mobbing, siehe 2.3.3.
75
Vgl. Echterhoff et al. (1997), S.33; Höhn (1986), S.17; Nachbagauer/ Riedl (1999), S.10
76
Vgl. Höhn (1986), S.17; Udris/ Frese (1999), S.432f.; Echterhoff et al. (1997), S.35
77
Ein offener Konformismus würde die innere Kündigung offen legen, was der ,,innere
Emigrant" (Echterhoff et al. (1997), S.34) unter allen Umständen vermeiden möchte, vgl.
Höhn (1986), S.35.
78
Vgl. Höhn (1986), S.35; Echterhoff et al. (1997), S.33
79
Vgl. Höhn (1986), S.35; Echterhoff et al. (1997), S.33
80
Vgl. Echterhoff et al. (1997), S.37
81
Vgl. Echterhoff et al. (1997), S.34
82
Wie bspw. keine Delegation von Aufgaben und Kompetenzen, keine Weitergabe von
Information oder demotivierende Kontrolle, vgl. Höhn (1986), S.20-33.
83
Der Mitarbeiter verzichtet ohne äußeren Anlass auf Eigeninitiative und Engagement, um
dadurch seine Lebensqualität zu erhöhen, vgl. Höhn (1986), S.89f..
84
Der Pessimismus führt zu einer Aussteiger-Mentalität gegenüber den Anforderungen des
Alltags, vgl. Höhn (1986), S.127f..

2 Kooperatives Verhalten
Seite 13
2.3.3 Mobbing
Von Mobbing ist die Rede, wenn eine Person wiederholt (mindestens
einmal wöchentlich) über einen längerfristigen Zeitraum (mindestens
sechs Monate) zum Gegenstand von negativen Handlungen durch
eine oder mehrere Personen
85
wird.
86
Negative Verhaltensformen
können wie folgt kategorisiert werden:
87
· Handlungen, mit denen die Kommunikation mit der angegrif-
fenen Person ad absurdum geführt wird bzw. gar nicht mehr
zu Stande kommt (z.B. ständige, unbefugte Kritik, Verweige-
rung des Kontakts).
· Handlungen, die das Ansehen der Person zerstören (z.B. öf-
fentliches Verhöhnen, Klatsch).
· Handlungen, die den Arbeitseinsatz der Zielperson manipulie-
ren (bspw. Zuteilung von sinnlosen oder sehr gefährlichen
Aufgaben, Vorenthalten von Informationen)
88
.
Eine Vielzahl der obigen Handlungen kann auch in der alltäglichen
Kommunikation bzw. bei Streitereien auftreten.
89
Von Mobbing ist die
Rede, wenn die Stigmatisierung systematisch in Form von ,,psychi-
schem Terror" durchgeführt wird,
90
der häufig eine Folge von nicht
bewältigten, interpersonellen Konflikten ist.
91
Mobbing entsteht durch eine Wechselwirkung zwischen individuellen
Persönlichkeitsmerkmalen
92
und strukturellen Bedingungen
93
und
findet zumeist aus einer gesicherten Position heraus statt
94
und geht
gegen ein Opfer mit einem niedrigeren Status.
95
85
Vom eigentlichen Wortsinn handelt es sich bei Mobbing um ein Gruppenphänomen, bei
dem Attacken von einer Meute (einem Mob) ausgeführt werden, vgl. Neuberger (1994),
S.34.
86
Vgl. Mummendey/ Otten (2002), S.368f.; Neuberger (1994), S.10
87
Zu den folgenden Ausführungen vgl. Leymann (1993), S.273
88
Vgl. Wenninger (1999), S.566
89
Vgl. Leymann (1993), S.274
90
Vgl. Büssing (1999), S.204
91
Vgl. Neuberger (1994), S.42
92
Wie Probleme mit der sozialen Anpassung, äußere Auffälligkeiten oder mangelndes Leis-
tungsvermögen auf Seiten des Gemobbten bzw. Neid und Minderwertigkeitsgefühle des
Mobbenden, vgl. Brinkmann, S.94-97.
93
Bspw. Defizite bei der Leitung der Arbeit und der Aufgabengestaltung, vgl. Schuster/
Sczesny/ Stahlberg (1999), S.192.
94
In 47% der Fälle wird Mobbing vom Vorgesetzten alleine oder gemeinsam mit Unterge-
benen durchgeführt, lediglich in 9% der Fälle attackieren Untergebene Vorgesetzte,
vgl. Schuster/ Sczesny/ Stahlberg (1999), S.192.
95
Vgl. Schuster/ Sczesny/ Stahlberg (1999), S.192

2 Kooperatives Verhalten
Seite 14
2.3.4 Sabotage
Sabotage ist die bewusste und absichtliche Schädigung
96
einer Orga-
nisation durch ihre MA, die in direktem Zusammenhang mit deren
Arbeit steht und aus persönlichen Gründen begangen wird.
97
Einer
Organisation kann auf direkte oder indirekte Weise Schaden zugefügt
werden: direkte Wege der Schädigung sind bspw. Diebstahl, Betrug
oder bewusst unterlassene oder fehlerhafte Arbeiten, indirekte
98
We-
ge sind bspw. der Verrat von Betriebsgeheimnissen an Wettbewerber
oder öffentliche Rufschädigung durch die Verbreitung negativer Inter-
na.
99
Die Motive für Sabotageakte
100
sind ein Amalgam aus individuellen
und organisationalen Faktoren, wobei persönliche Faktoren vor allem
bei Aneignungsdelikten wie Diebstahl oder Betrug und organisationa-
le Faktoren bei sonstigen Schädigungsdelikten das dominierende
Motiv darstellen.
101
Wie bei der Inneren Kündigung spielt die Arbeits-
unzufriedenheit als Folge von Fehlverhalten der Vorgesetzten,
schlechten Arbeitsbedingungen oder eingeschränkten Handlungs-
spielräumen durch starre Strukturen eine zentrale Rolle für die Mehr-
zahl der Saboteure.
102
Jedoch dürfen bestimmte individuelle Verhal-
tenstendenzen nicht vernachlässigt werden,
103
wie Gestmann anhand
eines Vergleichs zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen von inner-
lich gekündigten Mitarbeitern und Saboteuren zeigt.
104
Demnach
zeichnen sich Saboteure vielfach durch ein übersteigertes Selbst-
wertgefühl, Kreativität und einer Tendenz zu Aggressivität aus, wäh-
rend Innere Emigranten eher ein labiles Selbstwertgefühl besitzen
sowie konformistisch und tendenziell depressiv sind.
105
96
Unter Schaden wird die Reduzierung des aktuellen oder prospektiven Vermögens verstan-
den; das Vermögen beinhaltet neben dem Eigentum an Sachen und Rechten auch unter-
nehmensspezifische Informationen wie Einkaufskonditionen oder Marktkenntnisse sowie
die Reputation des Unternehmens bei Lieferanten, Kunden und Kapitalgebern, da sich
hieraus Chancen für die Zukunft ergeben, vgl. Berndsen (1997), S.9.
97
Vgl. Berndsen (1997), S.4
98
Bei der indirekten Schädigung erfolgt der Schaden durch die Einschaltung von Dritten (vgl.
Berndsen (1997), S.20).
99
Vgl. Berndsen (1997), S.20
100
Für eine Übersicht der von Saboteuren in einer empirischen Studie genannten Schädi-
gungsanlässe, siehe Berndsen (1997), S.156.
101
Vgl. Berndsen (1997), S.128f.
102
Vgl. Gestmann (1998), S.76; S.50; S.46
103
Vgl. Berndsen (1997), S.129
104
Vgl. Gestmann (1998), S.52f.
105
Vgl. Gestmann (1998), S.52f.

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 15
3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheo-
rie
3.1 Grundlagen der Spieltheorie
3.1.1 Gegenstand der Spieltheorie
Die Spieltheorie ist eine mathematische Teildisziplin, in der strategi-
sche Entscheidungssituationen formal modelliert, rationale Verhal-
tensweisen genau definiert und daraus Handlungsanweisungen ent-
wickelt werden.
106
In strategischen Entscheidungssituationen sind die
Entscheidungen von mindestens zwei Personen derart verknüpft,
dass das Ergebnis der einen Person von der Entscheidung einer an-
deren abhängt.
107
Weitere Charakteristika von spieltheoretischen Ent-
scheidungssituationen sind, dass alle Spieler die Regeln des Spiels
108
kennen, sich ihrer wechselseitigen Abhängigkeit bewusst sind und
aus diesem Grund die möglichen Entscheidungen der Mitspieler im
Rahmen ihrer Strategiewahl berücksichtigen.
109
Wie die meisten Teil-
disziplinen der Mathematik abstrahiert die Spieltheorie reale Situatio-
nen, d.h. es werden nur die wesentlichen Aspekte erörtert.
110
Dies ist
aus Vereinfachungsgründen notwendig, da jede Situation durch die
natürliche Umwelt, die persönlichen Charakteristika der Individuen
sowie den Zustand und die Entwicklung einer Gesellschaft determi-
niert wird und dadurch für eine formale Beschreibung zu komplex
wäre.
111
Das der Spieltheorie zugrunde liegende Menschenbild ist der ,,Homo
Oeconomicus"
112
, der sich gemäß der Erwartungsnutzenhypothese
rational verhält, d.h. danach strebt, seinen erwarteten Nutzen zu ma-
ximieren.
113
Entwickelt wurde die Spieltheorie von dem Mathematiker John von
Neumann (1903-1957) in dessen Aufsatz ,,Zur Theorie der Gesell-
schaftsspiele"
114
, in welcher mathematisch rationale Entscheidungs-
106
Vgl. Güth (1999), S.2; Amann (1999), S.4
107
Vgl. Jost (2001), S.831
108
Alle zulässigen Handlungen, vgl. Langerfeldt (2001), S.1619.
109
Vgl. Langerfeldt (2001), S.1619
110
Vgl. Rapoport (1966), S.5
111
Vgl. Arnaszus (1971), S. IX
112
Vgl. Amann (1999), S.5
113
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.38
114
Veröffentlicht in den Math. Annalen, Bd. 100, 1928, S.195-320; basierend auf einem
Vortrag vor der Mathematischen Gesellschaft in Göttingen vom 7.Dezember 1926, vgl.
Arnaszus (1971), S.ix.

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 16
strategien für ein Kinderspiel analysiert werden, woraus sich die et-
was irreführende Bezeichnung ,,Spieltheorie" erklärt.
115
3.1.2 Strategie
Eine Strategie ist ein vollständiger Verhaltensplan aller möglichen
Spielzüge, die ein Spieler im Verlauf eines Spiels im Rahmen seines
Handlungsspielraums auszuführen plant.
116
Sie sieht für jeden mögli-
chen Spielstand, zu dem vom Spieler eine Entscheidung gefordert
sein könnte, eine Zugwahl vor.
117
Um dies zu gewährleisten, muss ein
Spieler jede noch so unwahrscheinliche Eventualität in seine Überle-
gungen mit einbeziehen, was bei komplexen Entscheidungsproble-
men schnell die menschliche oder technische Kapazität übersteigen
kann.
118
Die Entscheidung eines Spielers für eine bestimmte Strategie
ist nach von Neumann/ Morgenstern allein von deren mathemati-
schen Erwartungswert für den Spielausgang abhängig.
119
Hat jeder
Spieler seine Strategie gewählt, bestimmt das den gesamten Verlauf
der Partie und die Auszahlungen für jeden Spieler eindeutig.
120
Da jeder Spieler rational ist
121
, kann er aus den vorhandenen Strate-
gien seines Mitspielers antizipieren, welche dieser wählt und seine
eigene Strategie danach ausrichten.
122
Daher ist es möglich, dass die
Rationalität eines Spielers zu dessen Ungunsten ausgenutzt werden
kann. Um dies zu verhindern, sollte ein Spieler in einem solchen Fall
seine Strategiewahl ,,irrational" treffen und die Entscheidung über die
Ausführung eines Zuges einem ,,rationalen" Zufallsmechanismus
123
überlassen.
124
Macht ein Spieler die Wahl seiner Strategie von einer
solchen Wahrscheinlichkeitsverteilung über seiner Strategiemenge
abhängig, wählt er eine gemischte Strategie.
125
Im Gegensatz dazu wählt er eine reine Strategie, wenn er aus der
Menge seiner Strategien genau eine auswählt.
126
Dies ist der Fall,
wenn ein Ausnutzen der Rationalität nicht möglich ist, da sich eine
115
Vgl. Bernstein (1997), S.296, Güth (1999), S.1
116
Vgl. Neumann/ Morgenstern (1973), S.79; Güth (1999), S.51; Amann (1999), S.7;
Holler/ Illing (2003), S.34
117
Vgl. Güth/ Kliemt (1995), S.24f.
118
Vgl. Amann (1999), S.8
119
Vgl. Neumann/ Morgenstern (1973), S. 83
120
Vgl. Neumann/ Morgenstern (1973), S. 81f.
121
Und jeder Spieler weiß, dass der andere rational ist.
122
Vgl. Owen (1971), S.15
123
Bspw. Würfeln oder Werfen einer Münze, vgl. Holler/ Illing (2003), S.34.
124
Vgl. Owen (1971), S.15; Holler/ Illing (2003), S.34
125
Vgl. Berninghaus; Ehrhart; Güth (2002), S.30
126
Vgl. Lohmann (2000), S.11

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 17
Strategiekombination im Gleichgewicht
127
befindet oder eine Strategie
trotz der Gefahr, durchschaut zu werden, größere Erfolge verspricht
als die anderen ihm zur Verfügung stehenden.
128
Eine reine Strategie
ist eine gemischte Strategie, bei der genau diese eine Strategie mit
der Wahrscheinlichkeit 1 gewählt wird.
129
3.1.3 Der Nutzenbegriff
Um das individuell rationale Verhalten von Spielern bestimmen zu
können, ist es notwendig zu wissen, wie die erwarteten Ergebnisse
eines Spiels individuell bewertet werden, d.h. welchen Nutzen ihnen
eine Aktion einbringt.
130
Dies geschieht in der Spieltheorie durch ,,eine
einzige quantitative Angabe",
131
die wegen des Strebens aller Betei-
ligten eines ökonomischen Systems nach Geld aus Vereinfachungs-
gründen in einer monetären Größe angegeben ist.
132
In dem Nutzwert
sind implizit Kriterien wie moralische Wertungen, ethische Haltungen,
psychologische Charakteristika sowie die subjektive Beurteilung einer
Spielsituation durch das Individuums enthalten.
133
Die Voraussetzung, dass die Spieltheorie überhaupt als exakte ma-
thematische Disziplin bezeichnet werden kann, ist, dass die Spieler-
gebnisse als kardinale Nutzen angegeben werden.
134
Da weder die
von von Neumann/ Morgenstern
135
aufgestellte noch sonstige Nutzen-
theorien die für die Spieltheorie erforderliche interindividuelle Ver-
gleichbarkeit
136
, Substituierbarkeit und Addierbarkeit von Nutzen erfül-
len, werden diese ,,aus technischen Gründen als dogmatisch"
137
an-
genommen.
138
3.1.4 Typologie der Spiele
Aufgrund der vielfältigen Forschungsbereiche der Spieltheorie wer-
den im Folgenden die möglichen Spielsituationen nach bestimmten
Kriterien systematisiert.
127
Siehe 3.2.3
128
Vgl. Neumann/ Morgenstern (1973), S.148; Holler/ Illing (2003), S.34
129
Vgl. Berninghaus; Ehrhart; Güth (2002), S.30; Lohmann (2000), S.11
130
Vgl. Güth (1999), S.4; Arnaszus (1971), S.7
131
Neumann/ Morgenstern (1973), S.34
132
Vgl. Neumann/ Morgenstern (1973), S.47
133
Vgl. Arnaszus (1971), S.26
134
Arnaszus (1971), S.XIII
135
Zur Herleitung des kardinalen Nutzens siehe Neumann/ Morgenstern (1973), S.17f..
136
Dafür bedürfte es eines Nullpunkts sowie einer Maßeinheit, vgl. Luce/ Raiffa (1957), S.38.
137
Vgl. Neumann/ Morgenstern (1973), S. 628
138
Vgl. Arnaszus (1971), S.152

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 18
3.1.4.1 Zweipersonen- vs. n-Personenspiele
Bezüglich der Anzahl der teilnehmenden Spieler wird zwischen Zwei-
und Mehrpersonenspielen unterschieden. Ein Spieler ist in der Regel
ein einzelnes Individuum, es kann sich aber auch um eine Gruppe
von Individuen handeln, sofern diese sich wie ein Individuum ver-
hält,
139
d.h. eine Präferenzordnung besitzt.
140
Die Abgrenzung ist ab-
hängig von der jeweiligen Spielsituation, bspw. kann ein Unterneh-
men in Entscheidungssituationen mit anderen Unternehmen als ein
Spieler auftreten, aber als eine Gruppe von Spielern, wenn verschie-
dene Abteilungen miteinander interagieren.
141
3.1.4.2 Nullsummen- vs. Nicht-Nullsummenspiele
Ein Nullsummenspiel liegt vor, wenn die Summe der Auszahlungen
aller Spieler Null ergeben, d.h. der Gewinn eines Spielers den Verlust
eines anderen in gleicher Höhe bedeutet.
142
Da sich die meisten öko-
nomischen und sozialen Situationen nicht als Nullsummenspiel be-
schreiben lassen und diese strikt kompetitiv sind, d.h. Kooperation
zwischen den Spielern sinnlos ist,
143
werden sie in der nachfolgenden
Arbeit nicht tiefer behandelt.
3.1.4.3 Spiele mit vollständiger vs. unvollständiger Infor-
mation
Nach dem Umfang des jedem Spieler zur Verfügung stehenden Wis-
sens werden in der Spieltheorie Spiele mit vollständiger und unvoll-
ständiger Information differenziert.
144
Es wird davon ausgegangen,
dass allen Spielern sowohl die Spielregeln als auch das Spiel
145
selbst als ,,Common Knowledge"
146
bekannt ist.
147
Das beinhaltet,
nach der Definition eines Spiels, die Kenntnis eines jeden Spielers
von der Spielstruktur, den Handlungsalternativen aller Mitspieler und
deren subjektive Bewertung.
148
Kennen sie darüber hinaus noch die
persönlichen Charakteristika aller Mitspieler, wird eine solche Spielsi-
tuation selbst dann als Spiel mit vollständiger Information bezeichnet,
139
Vgl. Luce/Raiffa (1957), S.13
140
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.31
141
Vgl. Luce/Raiffa (1957), S.13.
142
Vgl. Owen (1971), S.11; Neumann/ Morgenstern (1973), S. 47
143
Vgl. Luce/Raiffa (1957), S.85
144
Vgl. Langerfeldt (2001), S.1620
145
=(N,S,u); N ist die Menge der Spieler, S die Menge aller Strategien aus dem
Strategieraum und u die Nutzenfunktionen, die zu den Auszahlungen führen, vgl.
Holler/ Illing (2003), S.31ff..
146
Dinge, die jeder weiß, und von denen jeder weiß, dass sie alle wissen, vgl. Holler/ Illing
(2003), S.43.
147
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.43
148
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.46

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 19
wenn den Mitspielern nicht alle vorausgehenden Züge
149
bekannt
sind, da sie aus ihrem Wissen die optimalen Strategien der Mitspieler
berechnen könnte.
150
Bei den meisten ökonomischen und sozialen Problemen handelt es
sich jedoch um Spiele mit unvollständiger Information, da private
Kenntnisse der Spieler wie Präferenzen, Bewertungen der Ergebnis-
se sowie Vermutungen über andere Spieler nicht bekannt sind und
nicht beobachtet werden können.
151
Da in der Spieltheorie lediglich
Lösungskonzepte für Spiele mit vollständiger Information entwickelt
wurden, werden Spiele mit unvollständiger Information formal wie
solche mit vollständiger, aber imperfekter Information behandelt, in-
dem die unvollständige Information auf einen fiktiven Zufallszug der
Natur zurückgeführt wird.
152
3.1.4.4 Statische vs. dynamische Spiele
Können Spieler ihre Handlungen von bestimmten, in der Vergangen-
heit gewonnenen Informationen abhängig machen, handelt es sich
um dynamische Entscheidungssituationen.
153
Dies können entweder
in mehrere Teilspiele zerlegbare Gesamtspiele oder wiederholte
Spiele sein.
154
Eine Darstellung
155
der zerlegbaren dynamischen Spie-
le ist nur in der extensiven Spielform möglich, die wiederholten Spiele
können dagegen auch in der Normalform dargestellt werden, wenn
ein statisches Basisspiel über endlich viele Perioden wiederholt
wird.
156
Wiederholte Spiele eröffnen eine Vielzahl von strategischen Möglich-
keiten, obwohl die Strategien und die damit erzielbaren Auszahlun-
gen pro Spiel für alle Perioden unverändert bleiben.
157
Das beinhaltet,
dass getroffene Entscheidungen nicht die zukünftige Auszahlungs-
matrix
158
verändern und das die Auszahlungen in jeder Periode gleich
wären, wenn die Spieler immer die gleiche Strategie wählen wür-
149
Dann spricht man von imperfekter Information oder ,,hidden action", vgl. Holler/ Illing
(2003), S.44.
150
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.45
151
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.46; Güth (1999), S.5
152
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.47; Güth (1999), S.5f.
153
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.109
154
Ebd.
155
Siehe 3.1.5
156
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.135; Rieck (1993), S.118; ist die Anzahl der Perioden unendlich,
handelt es sich um ein Superspiel, ebd.
157
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.135
158
Wohl aber können getroffene Entscheidungen das Verhalten der Spieler beeinflussen,
vgl. Holler/ Illing (2003), S.136.

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 20
den.
159
Die Spieler bewerten zukünftige Auszahlungen geringer als
gegenwärtige, weshalb diese auf den Entscheidungszeitpunkt zu dis-
kontieren sind.
160
Es wird angenommen, dass die Spieler danach
streben, ihre mit dem Diskontfaktor
gewichteten Auszahlungen über
alle Perioden zu maximieren.
161
In einem unendlich wiederholten
Spiel kann der Gesamtnutzen einer bestimmten Strategie mit der
folgenden Formel errechnet werden:
162
[
]
)
1
(
)
(
...
1
*
)
(
)
(
2
i
ij
i
i
i
ij
i
ij
i
s
u
s
u
s
u
-
=
+
+
+
=
mit:
u
i
= Nutzen des Spielers i
s
ij
= Strategie j des Spielers i
Ist der Diskontfaktor 0, unterscheidet sich das wiederholte Spiel nicht
von einem statischen Spiel.
163
3.1.4.5 Nicht-kooperative vs. kooperative Spiele
Die kooperative Spieltheorie unterscheidet sich von der nicht-
kooperativen durch die Möglichkeit, bindende Verträge abzuschließen
sowie deren Einhaltung durch exogene Institutionen
164
zu sichern.
165
Dies impliziert die Möglichkeit zu Kommunikation, da ohne eine sol-
che der Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung nicht möglich
wäre.
166
Kommunikation ist ebenfalls in der nicht-kooperativen Spiel-
theorie möglich, muss allerdings explizit mitmodelliert werden und ist
nicht sehr effektiv, wenn sich die Spieler auf eine sich nicht im
Gleichgewicht (GG) befindende Strategiekombination einigen.
167
Kann die Einhaltung der Vereinbarung nicht durch exogene Mecha-
nismen durchgesetzt werden,
168
hat in einem solchen Fall mindestens
ein Spieler ein Interesse daran, sich nicht an die Absprache zu hal-
ten.
169
Die Differenzierung zwischen kooperativ/ nicht-kooperativ bedeutet
nicht, dass in der nicht-kooperativen Spieltheorie kein kooperatives
159
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.135
160
Vgl. Lohmann (2000), S.18
161
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.136
162
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.138
163
Ebd.
164
Wie bspw. die Existenz eines Rechtssystems, vgl. Holler/ Illing (2003), S.23.
165
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.191; Lohmann (2000), S.12
166
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.189
167
Vgl. Rieck (1993), S.220
168
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.23
169
Vgl. Rieck (1993), S.220

3 Kooperatives Verhalten in der Spieltheorie
Seite 21
Verhalten
170
auftreten kann, sondern dass darüber hinaus auch nicht-
kooperative Verhaltensweisen möglich sind.
171
Dagegen können sich
die Spieler in der kooperativen Spieltheorie verbindlich auf kooperati-
ve Verhaltensweisen festlegen.
172
Während die Lösungskonzepte der
nicht-kooperativen Spieltheorie darauf ausgerichtet sind, das Ergeb-
nis von Spielsituationen zu bestimmen, indem jedem Spieler be-
stimmte Strategien aus dessen Strategieraum empfohlen werden,
versuchen die Lösungskonzepte der kooperativen Spieltheorie, detail-
lierte Aussagen über die Verteilung von gemeinsam erzielten Aus-
zahlungen als Verhandlungslösung zu treffen.
173
Der Gegenstand dieser Arbeit ist die nicht-kooperative Spieltheorie,
da es für ein Unternehmen keine Möglichkeit gibt, kooperative Verhal-
tensweisen
174
von MA verbindlich in Stellenbeschreibungen zu fixie-
ren. Da jeder MA die Wahl hat, sich über das formal verlangte Verhal-
ten für das Unternehmen einzusetzen oder nicht, muss aus den Lö-
sungskonzepten der nicht-kooperativen Spieltheorie Bedingungen für
kooperative Verhaltensweisen abgeleitet werden.
3.1.5 Darstellung der Spiele
Je nach Spielsituation bieten sich zwei
175
verschiedene Darstellungs-
formen eines Spiels an. Die einfachste und gebräuchlichste ist die
Normalform oder strategische Form. Sie wird verwendet, wenn die
Spieler die Entscheidung über ihre Strategie simultan und unabhän-
gig von den Mitspielern treffen und das Spiel aus wenigen Spielzügen
und Strategien besteht.
176
Wie in Abbildung 2 ersichtlich, werden die
Strategien 1 und 2 von Spieler 1 (s
11
, s
12
) und Spieler 2 (s
21
, s
22
) in
Zeilen bzw. Spalten dargestellt und führen je nach Kombination zu
bestimmten Auszahlungswerten.
177
170
Darunter ist nicht das in dieser Arbeit definierte kooperative Verhalten zu verstehen, son-
dern lediglich der Wille zur Kooperation.
171
Vgl. Langerfeldt (2001), S.1620
172
Vgl. Langerfeldt (2001), S.1620; Rieck (1993), S.30
173
Vgl. Holler/ Illing (2003), S.7; S.25; S.55; S.191.
174
Damit ist die Summe der hier definierten kooperativen Verhaltensweisen gemeint.
175
Neben den beiden hier dargestellten gibt es noch die Agentennormalform, in der ein Spie-
ler in mehrere Agenten aufgespaltet wird, die jeweils als unabhängige Entscheider auftre-
ten, vgl. Güth (1999), S.122. Dies ist jedoch für die vorliegende Arbeit zu spezifisch.
176
Vgl. Rieck (1993), S.21
177
Vgl. Rieck (1993), S.21f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832481063
ISBN (Paperback)
9783838681061
DOI
10.3239/9783832481063
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Aschaffenburg – Wirtschaft und Recht
Erscheinungsdatum
2004 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
extra-rollenverhalten interdependenztheorie organizational citizenship behavior chicken game gefangenendilemma
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