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Die deutschen Discounter, ein Modell für das Ausland?

Untersuchung der Discounter, deren Internationalisierung sowie deren personal- und organisationstheoretische Besonderheiten

©2004 Diplomarbeit 143 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die ersten Discounter im Lebensmittelsektor, wie sie heute bekannt sind, entstanden überwiegend in den 70er Jahren und waren vorerst als Einkaufsstätten bekannt, in denen Konsumenten einkauften, die über weniger finanzielle Mittel verfügten. In den alten Bundesländern konnten die Discounter in den 70er Jahren ein starkes Wachstum erreichen. Dieses wurde später geringer. Mit der Wiedervereinigung und der stärkeren Preisorientierung der Verbraucher zu Beginn der 90er Jahre wurde die Nachfrage wieder stärker.
Einen regelrechten Boom erlebten die Discounter mit Beginn der im Zusammenhang mit der Euro- Bargeldeinführung entbrannten Diskussion um den „Teuro“ im Jahre 2002. Discount gilt in Zeiten schwachem oder rückläufigem Handelswachstum in Deutschland als die erfolgreichste Handelsstrategie. Die Discounterbranche ist in der anhaltenden Rezession deutlich gewachsen. Es stellt sich die Frage, ob die Discounter auch von einer wachsenden Wirtschaft profitieren könnten. Werden die übrigen Formen des Lebensmitteleinzelhandels weiter Marktanteile verlieren oder können die Konkurrenten erfolgreich reagieren? Die Discounter haben Erfolg, und dies nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel. Dies zeigen zahlreiche Werbekampagnen anderer Einzelhandelsvertriebsformen, die ausdrücklich auf die Discountvertriebsform verweisen.
Der Erfolg in Deutschland hat zu einer Expansion der deutschen Discounter ins Ausland geführt. Diese Untersuchung wird von der Frage geleitet, wie diese in Deutschland bewährte Vertriebsform erfolgreich auf ausländische Märkte übertragen werden kann. Ist eine internationale Übertragung undifferenziert möglich, und welche Vorteile ergeben sich daraus?
Im ersten Kapitel wird die Vertriebsform des Discounts erläutert und von den übrigen Vertriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels abgegrenzt. Weiter werden hier das deutsche Discounter-Modell und der bisherige Internationalisierungsprozess dargestellt. Im zweiten Kapitel wird auf wirtschaftswissenschaftliche Theorien zum Personal- und Organisationsmanagement eingegangen. Es wird gezeigt, dass die besondere Art der Organisationsstruktur und die hohe Produktivität in allen Arbeitsabläufen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren der Discounter gehören.
Daneben wird die Markteintrittsform mittels Direktinvestitionen behandelt, da sich diese als die bevorzugte Markteintrittsform der Discounter für ausländische Märkte herausgestellt hat. Im dritten Kapitel werden die zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8089
Alefelder, Jörg Marcel: Die deutschen Discounter, ein Modell für das Ausland? ­
Untersuchung der Discounter, deren Internationalisierung
sowie deren personal- und organisationstheoretische Besonderheiten
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
,,Die deutschen Discounter, ein Modell für das Ausland?"... 0
Abbildungsverzeichnis... III
Tabellenverzeichnis... III
Einleitung ... 4
1 Die Vertriebsform Discount... 6
1.1 Abgrenzung der Discountformen im Einzelhandel ... 6
1.1.1 Die Vertriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels ... 6
1.1.2 Abgrenzung der Discountformen... 8
1.2 Das deutsche Discounter-Modell ... 12
1.2.1 Darstellung der deutschen Lebensmitteldiscounter ... 12
1.2.2 Die Marktvolumenentwicklung bis heute... 20
1.2.3 Einflüsse auf die Entwicklung von Discountern... 21
1.2.4 Handelsmarkenpolitik ... 24
1.3 Die Internationalisierung der deutschen Discounter ... 29
1.3.1 Die
Expansionstätigkeit
der wichtigsten Discounter ... 29
1.3.2 Heutiger
Verbreitungsgrad... 35
2 Ausgewählte Theorien der Internationalisierung und deren
Übertragung auf Discounter... 44
2.1 Internationalisierung von Unternehmen... 44
2.1.1 Begriffliche
Grundlagen ... 44
2.1.2 Theoretische Grundlagen der Internationalisierung... 46
2.1.3 Strategische Konzepte für die Internationalisierung... 47
2.1.4 Der Kulturbegriff in internationalen Unternehmen ... 48
2.2 Markteintritt mittels Direktinvestitionen... 50
2.2.1 Die eklektische Theorie der Direktinvestitionen ... 50
2.2.2 Untersuchung der OLI-Faktoren bei den Discountern... 53
2.3 Führung und Organisation in internationalen Unternehmen... 58
2.3.1 Begriffliche
Grundlagen ... 59
2.3.2 Organisation in internationalen Unternehmen ... 60
2.3.3 Organisatorische
Alternativen internationaler
Unternehmen... 62
2.3.4 Spannungsfeld Kultur und Organisation... 63
2.3.5 Darstellung
der
Organisationsstrukturen bei Discountern. 64
2.4 Personalmanagement in internationalen Unternehmen... 75
2.4.1 Besonderheiten einer internationalen Personalpolitik ... 75
2.4.2 Gestaltung eines internationalen
Personalmanagements... 79

Inhaltsverzeichnis
II
2.4.3 Kulturelle
Aspekte
im Internationalen
Personalmanagement ... 86
2.4.4 Darstellung des Personalmanagements bei Discountern ... 90
3 Entwicklungstendenzen der Discounter ... 99
3.1 Entwicklungstendenzen in Deutschland... 99
3.1.1 Entwicklung des Lebensmitteleinzelhandels ... 99
3.1.2 Werden die Discounter marktbeherrschend? ... 104
3.2 Entwicklungstendenzen der internationalen Märkte ... 109
3.2.1 Internationale
Wachstumspotentiale der Discounter ... 109
3.2.2 Entwicklungstendenzen
ausgewählter Märkte... 112
Fazit ... 123
Abkürzungsverzeichnis... 128
Anhang ... 129
Literaturverzeichnis... 133

Inhaltsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1: Entwicklung der Discounter vom Jahr 1972 bis 2002... 20
Abbildung 1-2: Anzahl deutscher Discount-Filialen in Europa... 30
Abbildung 2-1: Struktur der Aldi Nord-Gruppe ... 67
Abbildung 2-2: Organisation Regionalgesellschaft Aldi Nord... 69
Abbildung 3-1: Entwicklung des Lebensmitteleinzelhandel vom Jahr
1992 bis 2002 ... 100
Abbildung 3-2: Umsatz der Discounter in Deutschland im Jahr 2002 . 105
Abbildung 3-3: Filialumsatz der Discounter im Jahr 2001... 106
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1-1: Fakten zu Aldi Nord und Süd (2002) ... 13
Tabelle 1-2: Der Aldi Marketing-Mix... 15
Tabelle 1-3: Fakten zu Lidl (2002) ... 16
Tabelle 1-4: Fakten zu Plus (2002) ... 17
Tabelle 1-5: Fakten zu Penny (2002) ... 18
Tabelle 2-1: Formen der ausländischen Marktbearbeitung... 52
Tabelle 3-1: Die größten Lebensmittelhändler in Deutschland ... 101
Tabelle 3-2: Zahl und Verkaufsfläche der Lebensmittelgeschäfte
nach Betriebsformen ... 102
Tabelle 3-3: SWOT-Analyse... 122

Einleitung
4
Einleitung
Die ersten Discounter im Lebensmittelsektor, wie sie heute bekannt sind,
entstanden überwiegend in den 70er Jahren und waren vorerst als Ein-
kaufsstätten bekannt, in denen Konsumenten einkauften, die über weni-
ger finanzielle Mittel verfügten. In den alten Bundesländern konnten die
Discounter in den 70er Jahren ein starkes Wachstum erreichen. Dieses
wurde später geringer. Mit der Wiedervereinigung und der stärkeren
Preisorientierung der Verbraucher zu Beginn der 90er Jahre wurde die
Nachfrage wieder stärker. Einen regelrechten Boom erlebten die Dis-
counter mit Beginn der im Zusammenhang mit der Euro-
Bargeldeinführung entbrannten Diskussion um den ,,Teuro" im Jahre
2002. Discount gilt in Zeiten schwachem oder rückläufigem Handels-
wachstum in Deutschland als die erfolgreichste Handelsstrategie. Die
Discounterbranche ist in der anhaltenden Rezession deutlich gewachsen.
Es stellt sich die Frage, ob die Discounter auch von einer wachsenden
Wirtschaft profitieren könnten. Werden die übrigen Formen des Lebens-
mitteleinzelhandels weiter Marktanteile verlieren oder können die Kon-
kurrenten erfolgreich reagieren? Die Discounter haben Erfolg, und dies
nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel. Dies zeigen zahlreiche Werbe-
kampagnen anderer Einzelhandelsvertriebsformen, die ausdrücklich auf
die Discountvertriebsform verweisen.
Der Erfolg in Deutschland hat zu einer Expansion der deutschen Dis-
counter ins Ausland geführt. Diese Untersuchung wird von der Frage
geleitet, wie diese in Deutschland bewährte Vertriebsform erfolgreich auf
ausländische Märkte übertragen werden kann. Ist eine internationale
Übertragung undifferenziert möglich, und welche Vorteile ergeben sich
daraus?
Im ersten Kapitel wird die Vertriebsform des Discounts erläutert und von
den übrigen Vertriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels abgegrenzt.
Weiter werden hier das deutsche Discounter-Modell und der bisherige
Internationalisierungsprozess dargestellt. Im zweiten Kapitel wird auf
wirtschaftswissenschaftliche Theorien zum Personal- und Organisati-
onsmanagement eingegangen. Es wird gezeigt, dass die besondere Art

Einleitung
5
der Organisationsstruktur und die hohe Produktivität in allen Arbeitsab-
läufen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren der Discounter gehören.
Daneben wird die Markteintrittsform mittels Direktinvestitionen behan-
delt, da sich diese als die bevorzugte Markteintrittsform der Discounter
für ausländische Märkte herausgestellt hat. Im dritten Kapitel werden die
zu erwartenden Entwicklungstendenzen der Discounter in Deutschland
sowie in den internationalen Märkten dargestellt. Schließlich werden in
einem Fazit die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammengefasst.

1 Die Vertriebsform Discount
6
1 Die Vertriebsform Discount
1.1 Abgrenzung der Discountformen im Einzelhandel
1.1.1 Die Vertriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels
Der Lebensmitteleinzelhandel ist in Deutschland durch ein Anbieteroli-
gopol gekennzeichnet. Die Situation eines Anbieteroligopols zeichnet
sich dadurch aus, dass ein Markt mit vielen Nachfragern von wenigen
Anbietern beherrscht wird. Im Jahr 2003 hatten die zehn führenden Un-
ternehmen einen Marktanteil nach Gesamt-Umsätzen von 84,6 % (M+M
EUROdATA, 2004, S. V,40).
Die hohe Konzentration auf wenige Anbieter hat zu mehreren Systemty-
pen der Anbieter geführt: (TIETZ, 1992, S. 193)
1. Monosysteme mit nur einem Vertriebstyp (bspw. Aldi mit der
Discountvertriebsform)
2. Branchensysteme mit mehreren Vertriebstypen der gleichen
Branche (bspw. die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland)
3. Multibranchensysteme mit Vertriebstypen unterschiedlicher
Branchen (bspw. Rewe mit verschieden Vertriebsformen im
Lebensmitteleinzelhandel, Baumärkten und Tourismus)
Für die Vertriebsformen sind, wie bei der Unterscheidung der Systemty-
pen, unterschiedliche Definitionen in der Literatur zu finden. Allgemein
können diese nach den Eigenschaften Sortimentsumfang, Verkaufsflä-
chengröße, Andienungsart und Preisgestaltung unterschieden werden.
Neben den oben genannten drei Systemtypen gibt es noch weitere kleine-
re Geschäftstypen des Lebensmitteleinzelhandel, welche in einer hohen
Vielfalt vorkommen und hier nicht weiter erläutert werden. Als Beispiel
seien hier ,,Tante-Emma-Läden", Kioske und Tankstellen genannt. Diese
übrigen Lebensmittelhändler erzielen einen Marktanteil am Umsatz des
Lebensmitteleinzelhandels von 18,9 % (M+M EUROdATA, 2004,
S. IV,8).

1 Die Vertriebsform Discount
7
SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte haben neben einem breiten
und tiefen Food-Sortiment einen hohen Non-Food-Anteil. Selbstbedie-
nungswarenhäuser (SB-Warenhäuser) werden auch als die zweite Gene-
ration der Verbrauchermärkte bezeichnet, da diese ein ähnliches Kon-
zept, allerdings ein noch breiteres und tieferes Sortiment aufweisen. Die
Verkaufsflächen beginnen bei 1000 m
2
für einen Verbrauchermarkt und
mindestens 4000 m
2
für ein SB-Warenhaus. Beide Typen sind meistens
preispolitisch aggressiv, werden in verkehrsgünstigen Lagen mit ausrei-
chend Parkraum angesiedelt und bieten nur begrenzten Kundenservice.
Eine Sonderform von Verbrauchermärkten sind die Hypermärkte in
Frankreich beziehungsweise die Mulitstores in Großbritannien wie von
Carrefour oder Wal-Mart. Diese weisen eine Verkaufsfläche von bis zu
22.000 m
2
und 65.000 Artikeln auf (TIETZ, 1992, S. 300 f.). Oftmals
wird für diese Formen auch der Begriff Vollsortimenter verwendet. Der
Marktanteil der SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte am Gesamtum-
satz der deutschen Lebensmittelbranche beträgt 28,5 % (M+M EURO-
dATA, 2004, S. IV,8).
Der Supermarkt zeichnet sich durch eine mittlere Preislage aus. Die
durchschnittliche Verkaufsfläche eines Supermarktes liegt bei ca. 750 m
2
(EHI, 2003, S. 121). Im Gegensatz zu den Discountern werden vielfach
mehrere Produkte des gleichen Segments unterschiedlicher Hersteller
angeboten. Dies ist oftmals eine Handelsmarke und mindestens ein Mar-
kenartikel des Segments. Die Artikel werden repräsentativ in den Rega-
len aufgebaut und der Kundenservice in den Vordergrund gestellt. Auf
einer leicht größeren Verkaufsfläche im Vergleich zu den Discountern
wird eine erheblich größere Sortimentsbreite und ­tiefe angeboten. Su-
permärkte wollen sich anders repräsentieren als Discounter. So wird dies
bei der Rewe Handelsgruppe als das Geheimnis eines Erfolges angese-
hen. Die Rewe-Führung ist der Meinung, dass Kunden, die ausschließlich
billig einkaufen wollten, angeblich direkt zum Discounter gehen würden.
(F.A.Z, 24.07.2003, S. 169)

1 Die Vertriebsform Discount
8
Discounter haben eine durchschnittliche Verkaufsfläche von ca. 650 m
2
und im Schnitt 1382 Artikel (EHI, 2003, S. 154). Sie fallen durch ihr
minimalistisches Prinzip auf. Das Sortiment wird oftmals in verkaufsfer-
tigen Kartons auf Paletten zum Verkauf angeboten, auf Kundenservice
wird weitgehend verzichtet. Die Waren werden zu Preisen angeboten, die
zum Teil erheblich unter den üblichen Einzelhandelspreisen der anderen
Vertriebsformen liegen. Das Vertrauen der Deutschen in Discounter und
gute Qualität zum günstigen Preis ist in der europäischen Handelsland-
schaft einzigartig. Der deutsche Konsument nimmt viele Hürden in Kauf,
um günstig einkaufen zu können. Es scheint, als ob dies nur deutsche
Firmen verstehen und umsetzen könnten. Bisher ist es keinem ausländi-
schen Engagement internationaler Lebensmittelkonzerne gelungen, einen
bedeutsamen Marktanteil im deutschen Lebensmittelsektor, schon gar
nicht im Discountsektor, zu erreichen (M+M EUROdATA, 2003,
S. IV,3).
Das Vertrauen der Kunden gegenüber Aldi wird maßgeblich dadurch
geprägt, dass die Kunden überzeugt sind, bei keinem anderen Händler
billiger einkaufen zu können. Aldi hat bisher immer gute Qualität zum
bestmöglichen Preis geliefert. Günstigere Einkaufskonditionen werden
konsequent an den Kunden weitergegeben. (Brandes, 2003, S. 13)
1.1.2 Abgrenzung der Discountformen
a) Die Vertriebsstrategie der Lebensmitteldiscounter
Der Discounter ist ein Betriebstyp, in dem ein auf raschen Umschlag
ausgerichtetes Sortiment von Waren zu niedrig kalkulierten Preisen an-
geboten wird. Vorrangiges, betriebstypenspezifisches Merkmal ist die
Niedrigpreispolitik. Der Profilierungsschwerpunkt liegt eindeutig auf
dem Preis, ergänzt durch striktes Kostenmanagement. Discounter sind
Einzelhandelsbetriebe, die die meisten Waren ihres Sortiments ständig zu
Preisen verkaufen, die erheblich unter denen anderer Vertriebsformen
liegen. Die Preisdifferenzen variieren je nach Produktart und Discounter
zwischen 10 und 40 %. Dieses Prinzip haben sich zu Beginn der 70er

1 Die Vertriebsform Discount
9
Jahre verstärkt eine Reihe von Unternehmen im Lebensmittelmarkt zu
nutze gemacht, heute ist es auch in anderen Branchen zu finden. Dabei
sind neben den reinen Discountgeschäften verschiedene Arten von Ver-
triebsformen eines preisaggressiven Anbietens entstanden.
Aufgrund der anhaltenden starken Preisorientierung im deutschen Le-
bensmittelmarkt ist der Discounter in der Strategie als ,,Hard-Discounter"
sehr trennscharf gegenüber den anderen Betriebsformen des Lebensmit-
telhandels abgegrenzt, bei denen Service und Sortimentskompetenz im
Vordergrund stehen. Durch die rasante Entwicklung der Discounter im
Lebensmittelmarkt konnten sich in der einschlägigen Literatur bisher
keine einheitlichen Kriterien für die Abgrenzung der Hard-Discounter
von Supermärkten oder gar Discountsupermärkten etablieren. Die Ab-
grenzung von Hard-Discounter und Discountsupermarkt ist vielmehr
fließend, kann aber anhand der Artikelanzahl und des Sortiments einge-
grenzt werden. Dabei konzentrieren sich Hard-Discounter mit einem Sor-
timentsumfang von 600 bis 1.200 Artikeln in erster Linie auf das Tro-
ckensortiment, Getränke und Frischwaren. Der Discountersupermarkt
vertreibt 1.200 bis 2.000 Artikel und bietet ein komplettes, aber gestraff-
tes Sortiment an (TIETZ, 1992, S. 265). Der weitere Verlauf dieser Un-
tersuchung orientiert sich mehr an den Hard-Discountern als an den Dis-
countsupermärkten. Diese Form ist im In- und Ausland am weitesten
verbreitet. Im Folgenden wird die Vertriebsform der Lebensmitteldis-
counter nur Discounter genannt, es sei denn, eine definitorische Tren-
nung ist geboten. Mit dem Begriff Discounter sind die Hard-Discounter
sowie die Discountsupermärkte angesprochen. In Deutschland haben die
Discounter derzeit einen Marktanteil ca. 35 % am Lebensmitteleinzel-
handel. (M+M EUROdATA, 2004, S. IV,8).
Sie werden in erster Linie genutzt, um den Bedarf an Grundnahrungsmit-
teln zu decken. Um die Zielgruppe der Konsumenten zu erweitern, wird
bei den Discountern ein- bis zweimal wöchentlich ein wechselndes, häu-
fig branchenfremdes Partiesortiment (siehe S. 11) angeboten. Die Kon-
sumenten scheinen inzwischen nicht mehr abgeneigt zu sein, branchen-
fremde Produkte wie PCs, Werkzeuge oder Gartenzubehör über die Ver-
triebsschiene Discounter einzukaufen.

1 Die Vertriebsform Discount
10
Die Discounter verfolgen eine Multisegment- und Standardisierungsstra-
tegie. Bei einer Multisegmentstrategie wird absichtlich auf eine segment-
orientierte Marktbearbeitung und auf die Definierung einer Zielgruppe
verzichtet. Hierdurch sollen möglichst viele Konsumenten aus unter-
schiedlichen Marktsegmenten mit einem durchschnittlichen Leistungsan-
gebot angesprochen werden. (Barth, 1993, S. 142)
Aus Sicht des Kunden können Discounter durch folgende Kriterien von
anderen Formen des Lebensmitteleinzelhandels abgegrenzt werden:
· Einfache Ladengestaltung
· Warenpräsentation in Kartons und auf Paletten
· Starke Sortimentsbeschränkung
· Weitgehender Verzicht auf Dienstleistungen wie
· Beratung und Service
· Geringer Werbeaufwand
· Höchstmaß an Standardisierung im Filialverbund
· Preisführerschaft
· Hohe artikelspezifische Einkaufsvolumina
· Beschränkung auf schnell drehende Produkte
· Ermöglichung effizienter Arbeitsabläufe durch
· eine durchdachte Logistik in der Filiale
Die Maßnahmen, welche bei den deutschen Discountern ergriffen wer-
den, um einen Preisvorteil gegenüber den anderen Vertriebsformen zu
erlangen, sind bei allen ähnlich. Dagegen setzen nicht alle Discountun-
ternehmen diese Maßnahmen so konsequent durch, wie es beispielsweise
Aldi zu beobachten ist. Die erworbenen Preisvorteile werden an den
Kunden weitergegeben. (Brandes, 2003, S. 13)
b) Weitere Discountvertriebsformen
Fachdiscounter
Die Vertriebsform der Fachdiscounter hat sich in den letzten Jahren
überdurchschnittlich positiv entwickelt. Immer neue Branchen wurden

1 Die Vertriebsform Discount
11
von der Discountwelle erfasst (Eggert, 1998, S. 138 f.). Ein aktuellste
und derzeit boomenste Beispiel sind die Discountbäckereien, beispiels-
weise Bäcky von der Firma Kamps. Abgesehen von diesem Beispiel sind
die Fachdiscounter überwiegend im Non-Food-Segment zu finden. Wie
bei den Lebensmitteldiscountern ziehen viele Fachdiscounter zweitklas-
sige Standorte oder die grüne Wiese den Top-City-Lagen vor. Zum Kon-
zept der Fachdiscounter gehört die Konzentration auf Produkte, die we-
nig Erklärungsbedarf aufweisen und schnell verkauft werden (schnell
drehende Produkte). Vielfach ist eine Nachläuferposition bei innovativen
Produkten (Me-too-Produkte, siehe S. 24) zu beobachten. Durchgängig
wird eine dauerhafte Preisführerschaft gegenüber dem Fachhandel ange-
strebt. Etablieren konnten sich die Fachdiscounter bereits in den folgen-
den Branchen: Bekleidung (H&M, C&A), Baumarkt (Praktiker) und
Möbel (Poco, IKEA). Daneben existieren branchenübergreifende Dis-
counter wie Kodi, die Produkte aus mehreren, aber klar abgegrenzten
Branchen preisgünstig anbieten. Die Fachdiscounter konzentrieren sich
im Unterschied zu den Fachmärkten ausschließlich auf Produkte im nied-
rigen Preissegment. Wie bei den Lebensmitteldiscountern entstehen zu-
nehmend Mischformen zwischen Fachdiscountern und Fachmärkten.
Diese Mischformen orientieren sich nicht ausschließlich an der Dis-
countvertriebsform, sondern bieten Service mit einer günstigen Preis-
struktur und einem hohen Anteil an Handelsmarken. Beispiele dieser
Mischformen sind in den unterschiedlichsten Branchen zu finden: Be-
kleidung (Zara), Elektronik (Media Markt, Pro Markt), Baumarkt (Bau-
haus) oder Drogeriemärkte (dm).
Partiediscounter
Partiediscounter sind Handelsunternehmen, die kein dauerhaftes Sorti-
ment anbieten, sondern je nach Verfügbarkeit Waren einer oder mehrerer
Branchen auf der Grundlage eines günstigen Einkaufs anbieten. Vor-
nehmlich sind hier zwei Betriebstypen bekannt, die sich nach der Art der
Beschaffung unterscheiden lassen. Zum einen sind dies Unternehmen wie
Havaria oder Thomas Phillips, wo Beschaffungszufälle, Versicherungs-
schäden oder Konkursmasse, über das aktuelle Sortiment entscheiden.

1 Die Vertriebsform Discount
12
Auf der anderen Seite konnten sich Partiediscounter wie Tchibo oder
Strauss Innovations behaupten, die größere Mengen von Sonderposten
verkaufen, diese aber ausschließlich für diesen Zweck produzieren las-
sen.
Discountstrategien der Hersteller
Discountstrategien der Hersteller sind der Fabrikverkauf oder die Factory
Outlet Center. Der Fabrikverkauf findet in unmittelbarer Nähe zu den
Produktionsstätten statt, abseits typischer Einkaufsumgebungen. In vielen
Unternehmen fallen aufgrund absatzpolitischer Erfordernisse, La-
gerüberhängen, Rückflüssen aus dem Einzelhandel oder Fehlproduktio-
nen zwangsweise Warenüberschüsse an. Um dieses gebundene Kapital
freisetzen zu können, unterhalten viele Unternehmen Fabrikverkaufslä-
den, in denen diese Waren zu reduzierten Preisen angeboten werden.
Auch wenn einzelne Firmen wie Boss den Fabrikverkauf in einem größe-
ren Rahmen betreiben, hat dieser Handelszweig nur einen marginalen
Umsatzanteil an der jeweiligen Branche (Lausberg, 1999, S. 23).
Ein Factory Outlet Center ist eine Zusammenfassung von Fabrikver-
kaufsläden verschiedener Hersteller. Diese weichen in ihrer Standortpla-
nung von den klassischen Fabrikverkaufsläden ab, da sie stärker am
Kunden orientiert sind und in verkehrsgünstigen Randgebieten der Städte
oder in Gewerbegebieten angesiedelt werden.
1.2 Das deutsche Discounter-Modell
1.2.1 Darstellung der deutschen Lebensmitteldiscounter
Ausländische Discountvertriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels
sind, mit Ausnahme von Netto aus Dänemark, welcher ausschließlich im
Nordosten Deutschlands operiert, in Deutschland nicht vorhanden. Daher
liegt das Hauptaugenmerk der folgenden Darstellung auf den wichtigsten
deutschen Discountern. Ein Schwerpunkt wird in die Beschreibung auf
Aldi gesetzt, da der Marktführer immer wieder Marktstandards setzt und

1 Die Vertriebsform Discount
13
als Muster für viele Nachahmer dient. Wird in der Folge ausschließlich
der Name Aldi angeführt, so ist Aldi Nord und Aldi Süd gemeint.
Aldi Nord und Aldi Süd
Der Aufstieg der Gebrüder Karl und Theo Albrecht zu den Inhabern ei-
nes des größten Einzelhandelsunternehmens der Welt hat kurz nach dem
zweiten Weltkrieg begonnen. Die Brüder haben das kleine Lebensmittel-
geschäft der Mutter in Essen übernommen und damit angefangen, Grund-
nahrungsmittel zu sehr günstigen Preisen anzubieten. Von Beginn an
wurden die Geschäfte nur mit dem absolut nötigsten ausgestattet und in
,,1b-Lagen" angesiedelt. Bereits im Jahr 1951 betrieben die Brüder 31
Geschäfte, und Jahr 1960 wurde mit 300 Filialen ein Umsatz von 90 Mio.
DM erwirtschaftet. Im Jahr 1961 wurde der erste Albrecht-Discountladen
in Dortmund eröffnet, welcher den Namen Aldi trug. In der Folge wur-
den die bestehenden Geschäfte an die nun einheitliche Ladengestaltung
angepasst. Ebenfalls im Jahr 1961 haben sich die Gebrüder Albrecht aus
persönlichen Gründen entschieden, das Unternehmen in eine Nord- und
eine Südgruppe zu teilen und getrennt, aber kooperativ weiterzuführen.
Die Gesellschaften tauschen seither Leistungs- und Kostenzahlen aus,
vergleichen Lieferantenkonditionen und führen vereinzelt gemeinsame
Einkaufsverhandlungen mit ihren Lieferanten. (Hintermeier, 1998.
S. 36 ff.)
Aldi hat sich bis Ende der 70er Jahre auf die Anmietung von Innenstadt-
lagen mit Verkaufsflächen von 250-300 m
2
konzentriert. Das heutige
Konzept sieht verkehrsgünstige Standorte in der Peripherie mit einer Flä-
Rang nach Umsatz Deutschland: 1 Auslandsmärkte: 11
Umsatz in Deutschland: 25 Mrd.
Weltweit: 32 Mrd.
Filialen in Deutschland: 3.758
Weltweit: 6.429
Artikelanzahl
Aldi Nord 750
Aldi Süd 600
Tabelle 1-1: Fakten zu Aldi Nord und Süd (2002)
Datenquelle: M+M EUROdATA, 2004. S. V,58 ff.; IGD, 2002, S. 105 ff.

1 Die Vertriebsform Discount
14
che von 600 bis 750 m
2
vor, welche über ca. 80 Parkplätze verfügen und
überwiegend im Eigentum von Aldi stehen (M+M EUROdATA, 2003,
S. VIII,5 f.). Nach dem alten Konzept hatte sich Aldi in den Innenstadt-
lagen in der Nähe von Händlern mit Frischeprodukten (Metzgerei, Bä-
ckerei, Fischhandel) angesiedelt. Heute erzeugt Aldi die Kundenfrequenz
selbst und zieht Frischehändler in den Peripherielagen an. Generell ist in
der letzten Zeit eine erhebliche strategische Standortausweitung bei allen
Discount-Unternehmen, allen voran bei Aldi, festzustellen.
Aldi ist der Prototyp aller deutschen und europäischen Discounter und in
Deutschland sehr erfolgreich. Mit einem Umsatz von 25 Mrd. in
Deutschland und 32 Mrd. weltweit ist Aldi der führende Hard-
Discounter. In der Rangfolge der umsatzstärksten Lebensmittelhändler in
Deutschland liegt Aldi hinter der Metro-Gruppe und der Rewe-Gruppe
auf dem dritten Platz. Wird ausschließlich der Food-Absatz betrachtet, ist
Aldi hinter der Edeka/AVA-Gruppe der zweitgrößte Lebensmittelhändler
Deutschlands. In Bezug auf die Flächenproduktivität gilt Aldi als der
produktivste Anbieter. (M+M EUROdATA, 2004, S. V,39 f.)
Die beiden Gesellschaften, Aldi Nord und Aldi Süd, weisen ein teilweise
unterschiedliches Sortiment auf. Dabei beruht das Sortiment im Wesent-
lichen auf Handelsmarken, die ausschließlich bei Aldi vertrieben werden.
Aldi setzt ohne Ausnahme auf eine absolute Niedrigpreispolitik und setzt
kraft seiner Marktposition Marktstandards. Aldi bestimmt demnach das
Preisniveau in der Einstiegsschiene auf dem deutschen Lebensmittel-
markt.
Die Erfolgsfaktoren von Aldi liegen in einem individuellen, leistungs-
starken Marketing-Mix. Dieser gilt mit Einschränkungen auch für ande-
ren Hard-Discounter.

1 Die Vertriebsform Discount
15
Einkauf
Sortiment
Wenig Lieferanten
Hohes Einkaufsvolumen pro Artikel
Offenheit bei den Verhandlungen mit
Lieferanten
Fairer Umgang mit Lieferanten
Stark begrenztes Sortiment von ca. 600 -
750 Artikeln
Hoher Warenumschlag
Anpassung des Sortiments an saisonale
Bedarfsveränderungen
Umfangreiches Angebot an Sonderposten
Rund 95 % Umsatz mit Handelsmarken,
5 % Markenartikel
Qualität
Verkaufsstellen
Total-Quality-Management, das vom
Kunden wahrgenommen wird
Produktqualität der eigenen Marke ent-
spricht der Markenqualität
Gute interne, funktionierende Qualitäts-
kontrolle
Oftmals Bestnoten von unabhängigen
Testorganisationen, wie Stiftung-
Warentest
Ausgereifte Logistik in der Filiale
Einfacher Grundriss mit rund 1000 m
2
Einfachste Warenpräsentation
Standorte in der Peripherie
Ausreichend Parkplätze
Überwiegend Eigentum von Aldi
Preis
Kommunikation
Aggressive Preisführerschaft
Dauerniedrigpreise
Weitergabe von günstigeren Einkaufs-
bedingungen
Ausschließlich Werbung in Anzeigen oder
Beilagen in Tageszeitungen
Dauerhaft eine bestimmte Qualität zu einem
günstigen Preis anbieten, gilt bei Aldi als
beste Art der Werbung
Tabelle 1-2: Der Aldi Marketing-Mix
Quelle: Eigene Darstellung
Die gesamte Konzeption ist auf höchste Effizienz ausgerichtet. Deutli-
ches Indiz dieser Effizienzbemühungen ist das im Vergleich zu Super-
märkten geringe Sortiment. Aldi Nord führt ca. 750 und Aldi Süd ca. 600
Artikel. Es werden nur jene Artikel in das Sortiment aufgenommen, die
nach Tests in drei Filialen bewiesen haben, dass sie hohe Umschlagszah-
len ebenso wie einen zuvor festgelegten Mindestumsatz erreichen können
(Brandes, 1998, S. 123). Dieser Mindestumsatz richtet sich nach dem

1 Die Vertriebsform Discount
16
Artikel, der durch das neue Produkt ersetzt werden soll, und dem Artikel-
segment. Die Artikel werden weitgehend in verkaufsgerechten Kartons
angeboten, um dadurch die Kosten für den Warenaufbau so gering wie
möglich zu halten.
Aldis außergewöhnliche Marktstellung zeigt sich nicht nur im Bereich
der Lebensmittel. Vielmehr liegt Aldi auf der Liste der größten Textil-
händler Deutschlands bereits auf Platz 7 mit einem Textilumsatz von
rund 1 Mrd. . Noch erfolgreicher ist Aldi beim Absatz von Personal-
computern, wo Aldi der Marktführer in Deutschland ist (IGD, 2002,
S. 105 ff.). Der Non-Food Absatz hat in den letzten Jahren bei allen Dis-
countern an Bedeutung gewonnen.
Lidl
Der von Dieter Schwarz im Jahr 1973 gegründete Hard-Discounter Lidl
ist mit rund 2.300 Filialen der zweitgrößte Lebensmitteldiscounter in
Deutschland. Das zur Schwarz-Gruppe gehörende Unternehmen ist in
den letzten zehn Jahren rasant gewachsen. Lag der Umsatz in Deutsch-
land 1996 bei rund 4,35 Mrd. , ist dieser bis zum Jahr 2002 auf
9,5 Mrd. gewachsen. Darüber hinaus dürfte der Gesamtjahresumsatz im
Jahr 2003 nochmals deutlich höher ausgefallen sein. Der Umsatz ist in
der ersten Jahreshälfte bereits um 16 % gestiegen (GfK, Consumer Index,
06/2003).
Rang nach Umsatz Deutschland: 2 Auslandsmärkte: 16
Umsatz in Deutschland: 9,5 Mrd.
Weltweit: 12,1 Mrd.
Filialen in Deutschland: 2.300
Weltweit: 4.200
Artikelanzahl: ca. 1.200
Tabelle 1-3: Fakten zu Lidl (2002)
Datenquelle: M+M EUROdATA, 2004. S. V,58 f.; IGD, 2002, S. 161 f.

1 Die Vertriebsform Discount
17
Die bestmögliche Nachahmung des Aldi-Konzeptes war lange Zeit die
Strategie von Lidl (Handelsblatt, 19.05.2003, S. 12). Dessen ungeachtet
ist es Lidl den letzten Jahren zunehmend gelungen an eigenem Profil zu
gewinnen. So ist das Sortiment mit rund 1.200 Artikel wesentlich um-
fangreicher als bei Aldi. Lidl hat einen höheren Anteil an Markenartikel
und versucht damit Kunden anzusprechen, die auf bestimmte Markenar-
tikel nicht verzichten wollen. Lidl benutzt diese Markenartikel bewusst
als Frequenzgenerator, auch wenn die Gewinnmargen geringer sind als
bei den Handelsmarken. (Handelsblatt, 19.05.2003, S. 12) Im Gegensatz
zu Aldi sind die Füllmengen der Lidl-Produkte geringer, wodurch auch
kleinere Haushalte angesprochen werden, welche bei Aldi eine unterge-
ordnete Rolle spielen. Weiter betreibt Lidl neben der Standortausweitung
in der Peripherie bewusst die Innenstadtfilialen weiter bzw. eröffnet dort
neue Geschäfte. Die Filialen sollen nicht ausschließlich zur Grundnah-
rungsmittelversorgung in längeren Zeitabständen, sondern auch für klei-
nere Einkäufe mehrmals pro Woche frequentiert werden.
Plus
Plus ist das Discount-Geschäftsfeld der Unternehmensgruppe Tengel-
mann. Tengelmann ist in den Geschäftsbereichen Lebensmitteleinzelhan-
del, Textilien, Heimwerkerbedarf und Drogerie aktiv. In den letzten Jah-
ren hat sich das Unternehmen Plus zu einem zunehmend stärkeren Kon-
kurrenten in der Discounterbranche entwickelt. 286 konzerneigene Ledi-
Rang nach Umsatz Deutschland: 4 Auslandsmärkte: 6
Umsatz in Deutschland: 5,7 Mrd.
Weltweit: 7,8 Mrd.
Filialen in Deutschland: 2.629
Weltweit: 3.487
Artikelanzahl ca. 2.000
Tabelle 1-4: Fakten zu Plus (2002)
Datenquelle: M+M EUROdATA, 2004. S. V,58 f.; IGD, 2002, S. 161 f.

1 Die Vertriebsform Discount
18
Discounter-Filialen und 178 Tip-Discounter-Filialen wurden im Jahr
1999 durch Akquisitionen in die Plus-Organisation integriert. Im Ge-
schäftsjahr 2000/2001 wurden mit 2.674 Filialen rund 5,3 Mrd. umge-
setzt. Plus beschäftigt insgesamt 23.748 Mitarbeiter. Der Umsatz konnte
im Geschäftsjahr 2003 um 6,7 % gesteigert werden (M+M EUROdATA,
2003, S. V,34). Das Unternehmen Plus hat erkannt, dass es, im Vergleich
zu Aldi und Lidl, über ein zu großes Filialnetz mit vielen, oftmals zu
kleinen Ladenlokalen verfügt (IGD, 2002, S. 96 f.).
Bedeutend für das Image der Tengelmann-Gruppe sind der Umwelt- und
Verbraucherschutz sowie die Förderung des ökologischen Landbaus, die
in der Organisation mit eigenen Ressorts vertreten sind. Die Imagebil-
dung über den Verbraucherschutz wird auch an der Einführung von Bio-
Produkten bei Plus deutlich, welche ein großes Medienecho hervorgeru-
fen hat (Lebensmittelzeitung, 15.03.2002, S. 61).
Penny-Markt
Penny-Markt ist Deutschlands drittgrößter Discounter und gehört zur
Rewe-Gruppe. Das Tätigkeitsfeld der Rewe-Gruppe umschließt im Han-
del die SB-Warenhäuser, Baumärkte, Discounter und daneben das Tou-
rismusgeschäft.
Der im Jahr 1973 gegründete Discounter Penny-Markt erzielte im Jahr
2002 mit seinen 2.263 deutschen Filialen einen Umsatz von 5,7 Mrd.
(IGD, 2002, 178 ff.). Die Penny-Märkte befinden sich derzeit in einer
Rang nach Umsatz Deutschland: 3 Auslandsmärkte: 6
Umsatz in Deutschland: 5,7 Mrd.
Weltweit: 6,5 Mrd.
Filialen in Deutschland: 2.263
Weltweit: 2.958
Artikelanzahl: ca. 1.400
Tabelle 1-5: Fakten zu Penny (2002)
Datenquelle: M+M EUROdATA, 2004. S. V,58 f.; IGD, 2002, S. 178 ff.

1 Die Vertriebsform Discount
19
Restrukturierungsphase, in welcher der Altbestand an Filialen an das
neue Konzept angeglichen wird. Das neue Konzept sieht, ähnlich wie bei
Aldi, überwiegend Filialen in der Peripherie der Städte mit ausreichend
Parkmöglichkeiten und vor allem ein dünneres Sortiment vor. Ein kleiner
Teil der Altfilialen wird nicht an das neue Konzept anzupassen sein, da
die Umsatzhöhe bisher nicht ausreichend oder die Lage bzw. Größe der
Filialen nicht adäquat sind. Diese Filialen werden mittel- bis langfristig
geschlossen. (Lebensmittelzeitung, 15.03.2002, S. 64).
Die Konkurrenten Aldi und Lidl sind mit ihren rein auf Discount ausge-
richteten Strukturen erfolgreicher als Penny-Markt mit dem alten Kon-
zept. Penny-Markt ist der einzige Discounter, welcher sich eine gemein-
same Logistik mit der konzerneigenen Supermarktsparte leistet. Alle an-
deren Discounter sind zu der Erkenntnis gekommen, dass Supermarkt
und Discount logistisch nicht zusammenpassen und getrennt von einan-
der versorgt werden sollten. (Lebensmittelzeitung, 15.03.2002, S. 64)
Durchaus sinnvoll erscheint eine konzerninterne Bündelung der Ein-
kaufsumsätze bei Einkaufsverhandlungen. Jedoch ist nicht davon auszu-
gehen, dass alle Markenartikelhersteller Supermärkte und Discounter mit
dem gleichen Artikel beliefern wollen. Viele Markenartikelhersteller
befürchten, dass durch ein Angebot der Markenartikel im Discounter zu
günstigeren Preisen eine Kannibalisierung der eigenen Produkte im Su-
permarkt.

1 Die Vertriebsform Discount
20
1.2.2 Die Marktvolumenentwicklung bis heute
0
5000
10000
15000
20000
25000
30000
35000
40000
45000
50000
19
72
19
74
19
76
19
78
198
0
19
82
19
84
19
86
19
88
19
90
19
92
19
94
19
96
199
8
20
00
20
02
Anzahl der Geschäfte
Umsatz in Mio.
Abbildung 1-1: Entwicklung der Discounter vom Jahr 1972 bis 2002
Datenquelle: AC Nielsen, 2003, S. 115 ff.
In den Jahren 1972 bis 1978 realisierten die Discounter durchgängig
zweistellige Wachstumsraten. Die Umsatzentwicklung lag immer deut-
lich über der Zunahme der Verkaufsstellen. Das heißt, die Discounter
befanden sich in der Einführungsphase mit guten Wachstumsraten auf
niedrigem Niveau. Im Jahr 1979 mussten die Discounter erstmalig Um-
satzrückgänge bei gleichzeitigem Filialabbau hinnehmen. Im Jahr 1980
konterten sie mit einer starken Ausweitung (+ 7,7 %) des Filialnetzes bei
gleichzeitig geringem und unterdurchschnittlichem Umsatzwachstum um
1,0 % (AC Nielsen, S. 115 f.). In den Jahren 1991 bis 1995 profitierten
die Discounter von der Wiedervereinigung und der stärkeren Preisorien-
tierung der Verbraucher im Zusammenhang mit der Rezession der Jahre
1992/93. Diese Expansion der Discounter hielt in der Zeit vom Jahr 1996
bis 2001 an, allerdings flachten die Wachstumsraten ab. Das zahlenmäßi-
ge Wachstum der Geschäfte fiel geringer aus und stagniert seit dem Jahr
2000 bei gleichzeitiger Ausweitung der Verkaufsfläche, also größeren
Ladenlokalen. Einen erneuten Boom erleben die Discounter seit der Eu-
ro-Bargeldeinführung im Jahr 2002. Hier haben die Discounter es beson-

1 Die Vertriebsform Discount
21
ders verstanden, ihre Preisstrategie zu kommunizieren und Vertrauen zu
generieren. (AC Nielsen, S. 115 f.)
Unter den Discountern des Lebensmittelmarktes herrscht ein aggressiver
Wettbewerb, der nicht mehr nur über harte Preiskämpfe, sondern durch
scharfe Profilierungsversuche ausgetragen wird. Der Start mit Bio-
Produkten bei Plus sowie die Entscheidung von Lidl, in allen Filialen
SB-Fleisch anzubieten, entfachen immer neuen Wettbewerb. In diesem
Wettbewerb konnten vornehmlich drei Maßnahmen beobachtet werden:
· Profilierung durch Qualität
· Discounter als Vollsortimenter
· Aufstockung des Werbeetats
1.2.3 Einflüsse auf die Entwicklung von Discountern
Der Lebensmitteleinzelhandelsmarkt verändert sich stetig quantitativ und
qualitativ, da sich die Handelsstrukturen verändern. Die Einflüsse, die
nachfrage- oder angebotsseitig die Handelsstruktur verändern, können in
mittelbare und unmittelbare Einflüsse eingeteilt werden.
a) Mittelbare Einflüsse
Mittelbare Einflüsse auf die Handelsstrukturen sind Faktoren, die bei-
spielsweise von Staat und Politik oder von persönlichen Wertvorstellun-
gen ausgehen. Diese Faktoren haben nur indirekt Einfluss auf die Ent-
wicklung der Discounter.
Staat und Politik
Der Staat regelt mittels Gesetzen und ähnlichen Instrumenten die Rah-
menbedingungen des allgemeinen Geschäftsverkehrs. Diese Rahmenbe-
dingungen verändern nicht das Gefüge der Handelsbetriebe untereinan-
der, sondern die Handelsstrukturen im Allgemeinen.
Diese staatlichen Maßnahmen betreffen meistens eine gesamte Branche,
in Einzelfällen aber auch nur ein bestimmtes Segment. So hat die Einfüh-

1 Die Vertriebsform Discount
22
rung des Zwangspfandes für bestimmte Getränkeverpackungen den ge-
samten Lebensmitteleinzelhandel betroffen. Hingegen hat die Reglemen-
tierung der Ansiedlung neuer großflächiger Einzelhandelsflächen in vie-
len europäischen Staaten einen einseitig positiven Einfluss auf die kleine-
ren Flächen, zu denen die Discounter zählen (siehe Kapitel 2.2.2).
Ein weiterer Einfluss geht von der Liberalisierung des Ladenschlussge-
setzes aus, dessen Wirkung an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt
werden kann. Es kann jedoch angenommen werden, dass die weitere Li-
beralisierung des Ladenschlusses vor allem große und mittlere Geschäfte
in ,,1a-Lagen" der Innenstädte und Shopping-Center in der Peripherie
begünstigt. Dagegen sind Einzelstandorte auf der grünen Wiese wahr-
scheinlich benachteiligt, und dies ist der bevorzugte Discounter-Standort.
Darüber hinaus ist bisher nicht abzusehen, dass die Discounter die ver-
längerten Öffnungszeiten ausnutzen. Die grundsätzliche Strategie, auf
Begrenzung und weniger starke Serviceorientierung, hat bisher ausge-
sprochen gut funktioniert. Discounter wie Aldi setzen weiter darauf, dass
sich die Kunden wie in den vergangenen drei Dekaden anpassen, um
günstig einzukaufen. Längerfristig ist aber vorstellbar, dass die Verbrau-
cher zunehmend Versorgungseinkäufe außerhalb der bisher üblichen
Kernzeiten erledigen wollen. Verlängern die Discounter ihre Öffnungs-
zeiten nicht, kann dadurch die Nachfrage bei den Discountern langfristig
beeinträchtigt werden. Im Ausland haben sich die deutschen Discounter
den oftmals liberalen Ladenöffnungszeiten angepasst (IGD, 2002,
S. 222 f.). Es ist aber auch vorstellbar, dass die Beibehaltung der kurzen
Ladenöffnungszeiten zu einem weiteren Kostenvorteil führt. Zumindest
die deutschen Konsumenten haben bisher ausreichend Anpassungsver-
mögen bewiesen, wenn dadurch Ersparnisse generiert werden konnte.
Weitere mittelbare Einflüsse, die Auswirkungen auf die Handelsstruktu-
ren aufweisen, bestehen auf der europäischen Ebene. Um das Funktionie-
ren des gemeinschaftlichen Binnenmarkts sicherzustellen, stehen Struk-
turreformen an, die die Abschaffung nationaler Sonderregelungen, bei-
spielsweise zum Schutze einzelner Teilsektoren der Wirtschaft, voran-
treiben sollen. Dies hat auf nationaler Ebene Konsequenzen auf Gesetze,

1 Die Vertriebsform Discount
23
welche den Wettbewerb beschränken. Hier ist vor allem an Subventionen
einzelner Staaten für Teilsegmente der heimischen Wirtschaft zu denken.
Wertvorstellungen
Wertvorstellungen sind im Hinblick auf die Konsumgütermärkte wichtig.
Die Wertvorstellungen der Verbraucher allgemein und daraus abgeleitet
die Einstellung zu den Produkten begünstigen mittelbar eine Handels-
form. Preissensible Konsumenten sind eher handelsmarken-affin und
kaufen im Discounter. Hingegen orientieren sich qualitätsorientierte
Verbraucher an der Marke und kaufen eher im Fachhandel. Weiter kön-
nen einzelne Vertriebssysteme mit einem negativen Image belastet sein.
In England sind die Discounter mit dem negativen Image belastet, nur
eine Einkaufsform für die weniger betuchten Bürger zu sein. (siehe auch
Konsumentenverhalten, S. 24)
b) Unmittelbare Einflüsse
Unmittelbare Einflüsse auf die Handelsstrukturen sind Faktoren wie die
konjunkturelle Entwicklung, das Konsumentenverhalten oder die angebo-
tenen Produkte. Der Einflussfaktor Konjunktur und das Konsumenten-
verhalten werden im Weiteren erläutert. Die Produkte, hier im speziellen
die Handelsprodukte, werden wegen ihrer herausragenden Bedeutung für
die Discounter im Kapitel 1.2.4 gesondert abgehandelt.
Konjunktur
Es besteht ein Zusammenhang zwischen der derzeitigen schlechten wirt-
schaftlichen Entwicklung und dem wachsenden Marktanteil der Discoun-
ter in Deutschland (Handelsblatt, 21.10.2003, S. 17). Die Rezession hat
das Preisbewusstsein verschärft. Die Kaufzurückhaltung wurde mit der
Euro-Bargeldeinführung und der empfundenen Preisanhebung noch ver-
stärkt. Es drängt sich die Frage der Nachhaltigkeit der Nachfrage bei
Discountern auf, wenn die Wirtschaft spürbar wächst. Die Discounter
nähern sich mit einem derzeitigen Marktanteil von rund 35 % des deut-
schen Lebensmitteleinzelhandels zunehmend ihrer Wachstumsgrenze.

1 Die Vertriebsform Discount
24
Auch der Absatz von Handelsmarken stößt langsam an seine Grenze.
(Handelsblatt, 21.10.2003, S. 17) Es wird davon ausgegangen, dass sich
die Nachfrage nach Handelsmarken bei einem konjunkturellen Auf-
schwung abschwächt und damit auch der Marktanteil der Discounter
sinkt (GfK, 2002, S. 9).
Konsumentenverhalten
Das Konsumentenverhalten in Bezug auf die favorisierte Einkaufsstätte
scheint sich in Deutschland zu wandeln. Viele Konsumenten können
nicht mehr ausschließlich einem Marktsegment (qualitativ hochwertige
Spitzenprodukte, mittleres Marktsegment oder unteres Marktsegment)
zugeordnet werden. Es wird verstärkt das Phänomen des Smart-Shoppers
beobachtet. Smart-Shopper sind Konsumenten, die zwischen den einzel-
nen Marktsegmenten springen. Viele Konsumenten können aufgrund
ihrer wirtschaftlichen Situation nur im unteren Marktsegment einkaufen,
andere kaufen absichtlich dort ein. Der smarte Shopper bewegt sich situa-
tionsbezogen in allen Segmenten. Er tendiert vielmehr dazu, immer we-
niger im mittleren Marktsegment einzukaufen, sondern ausschließlich im
unteren und oberen Marktsegment. (Eggert, 1998, S. 60 f.)
1.2.4 Handelsmarkenpolitik
Eine allgemeingültige Definition für den Begriff ist in der einschlägigen
Literatur nicht zu finden. Im Allgemeinen sind Handelsmarken Produkte,
welche ausschließlich für ein Handelsunternehmen produziert und in
diesem vertrieben werden. Dies sind i.d.R. bekannten Markenartikeln
nachempfundene Produkte, die so genannten Me-too-Produkte. Grund-
sätzlich werden zwei Handelsmarkenkonzepte unterschieden:
a) Monomarke
Diese Marke wird nur für ein bestimmtes Produkt verwendet. Diese Stra-
tegie ist charakteristisch für Aldi, wo es einen hohen Anteil an Mono-
marken gibt. Beispiel: Waschmittel der Marke Tandil.

1 Die Vertriebsform Discount
25
b) Dachmarke
Hier steht eine Handelsmarke für eine Reihe von unterschiedlichen Pro-
dukten, die oftmals von unterschiedlichen namhaften Herstellern produ-
ziert werden. Beispiel: Tip (Metro), Erlenhof (Rewe), Ja! (Rewe), A&P
(Tengelmann) oder BioBio (Tengelmann).
Das Vordringen der Handelsmarke ist in Deutschland eng mit der Ver-
triebsform Discount verbunden. Nach dem Wegfall der Preisbindung
zwischen Produzenten und Herstellern zum 01.01.1974 hatten Handels-
marken die Möglichkeit sich zu etablieren (Seiwert, 2003, S. 14). Dies ist
mittelbar mit dem Anfang des Aufstiegs der Discounter verbunden. Die
ersten Handelsmarken waren auf wenige im unteren Preissegment plat-
zierte Basis-Artikel beschränkt. Erst später, im schärfer werdenden Wett-
bewerb der 80er Jahre, haben Handelsunternehmen begonnen, Dachmar-
kenkonzepte aufzulegen. Seit wenigen Jahren versuchen einige Unter-
nehmen, sich mit ihren Handelsmarken von der strikten Orientierung im
unteren Preissegment abzuwenden. Im oberen Preissegment der so ge-
nannten Premium-Handelsmarken sollen dem Endverbraucher eine hohe
Qualität und Sortimentskompetenz kommuniziert werden. Beispiele sind
BioBio vom Discounter Plus oder Füllhorn von Rewe.
Der Hauptnutzen der Handelsmarken für die Unternehmen kann in der
Margenverbesserungen, der Profilierung gegenüber Mitbewerbern und in
der Kundenbindung gesehen werden (Seiwert, 2003, S. 14).
Der Discounter ist zu einer erfolgreichen Vertriebsform im Lebensmittel-
einzelhandel geworden, da diese aus Konsumentensicht nicht nur den
Aspekt des günstigen Einkaufs erfüllen, sondern auch das Vertrauen in
gewisse Discountunternehmen und Produkte hoch ist. Viele Verbraucher
sind überzeugt, eine gute Qualität zu niedrigen Preisen zu erhalten (Hin-
termeier, 1998, S. 208 f.). Die hohen Ansprüche an die Qualität, hier ist
Aldi hervorzuheben, sind mittlerweile vielen Konsumenten bekannt. Die
Verbraucher haben gelernt, dass Discounter keine schlechtere Qualität
anbieten, sondern einen Qualitätsstandard zum niedrigen Preis. Aldi er-
wartet von seinen Lieferanten, dass durch Stiftung-Warentest getestete

1 Die Vertriebsform Discount
26
Produkte mindestens eine gute Beurteilung erhalten (Seiwert, 2003,
S. 14).
Wie bereits erläutert besteht ein Zusammenhang zwischen der derzeitig
schwachen Konjunktur und dem verstärkten Konsum von Handelsmar-
ken (GfK, 2002, S. 9). Einen weiteren Wachstumsschub bewirkte die
,,gefühlte Teuerung" vieler Produkte nach der Euro-Bargeldeinführung
im Jahr 2002 (Markenverband, 2002, S. 9 ff.). Jedoch wird von einem
einsetzenden Sättigungseffekt bei den Handelsmarken ausgegangen. Die
Discounter werden innerhalb der konkurrierenden Händler weiter von
den Handelsmarken profitieren, aber mit abnehmenden Wachstumsraten.
Bestätigt wird diese Einschätzung von aktuellen Ergebnissen der GfK,
die eine Rückkehr zum Markenprodukt beim Discounter Lidl registriert
(GfK, 2002, S. 9).
Sollten bei einem wirtschaftlichen Aufschwung die Konsumenten wieder
vermehrt zu Markenartikeln greifen wollen, so kann dies für Discounter
mit einem hohen Markenanteil wie Lidl und Plus, im Gegensatz zu Aldi,
einen Wettbewerbsvorteil darstellen.
Handelsmarken im internationalen Kontext
Die Marktdurchdringung von Handelsmarken ist international unter-
schiedlich. Mit einem Zuwachs um rund 12,0 % auf insgesamt 31,3 % im
Jahr 2002 konnten Handelsmarken ihr Wachstum im deutschen Lebens-
mitteleinzelhandel fortsetzen (GfK, 2002, S. 3). Ursächlich für das gute
Handelsmarkenergebnis war auch im Jahr 2002 die Hinwendung der
Verbraucher zum Discounter. In Frankreich ist das Wachstum abge-
schwächt. Dies ist jedoch angesichts des Wachstums in den Vorjahren
nicht überraschend. Hier liegt der Handelsmarkenanteil derzeit bei rund
25 %. In Spanien war das Handelsmarkenwachstum mit einer Steigerung
von 20,9 % im Jahr 2001 auf 24,2 % im Jahr 2002 sehr hoch. Diese Zu-
nahme ist eng mit der Expansion von Lidl und Aldi in Spanien verbun-
den. In Italien ist der Handelsmarkenanteil mit 7,6 % weiterhin gering.
(GfK, 2002, S. 3) In Osteuropa liegt das Wachstum der Handelsmarken
deutlich über den Herstellermarken. Europa hat mit 22 % Umsatzanteil

1 Die Vertriebsform Discount
27
den weltweit höchsten Handelsmarkenanteil. (F.A.Z., 13.10.2003, S. 21)
Hier schlägt sich der hohe Hard-Discounteranteil in Deutschland, allen
voran Aldi, und der hohe Handelsmarkenanteil in England nieder.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass es einen Zusammenhang zwischen
den Handelsstrukturen und der Durchdringung von Handelsmarken gibt.
Ursächlich für die Bedeutung von Handelsmarken ist der Konzentrati-
onsgrad des jeweiligen nationalen Marktes. Je höher die Gesamtmarktan-
teile größerer Handelsunternehmen sind, desto wahrscheinlicher werden
sich Handelsmarken etablieren (Wolters, o. J., S. 3). Im Folgenden wird
die Unterschiedlichkeit der Handelsmarkenstruktur in ausgewählten Län-
dern dargestellt (Wolters, o. J., S. 3 ff.):
·
USA: In den USA operieren viele regionale Handelsunternehmen, die
sich meist auf einen Bundesstaat beschränken. Mit Ausnahme von
Wal-Mart oder K-Mart wird der amerikanische Markt von solchen
Unternehmen geprägt. Weiter haben in den USA Markenartikel eine
große Bedeutung. Besonders über das Medium Fernsehen wird eine
starke Verbraucherbindung zur Marke aufgebaut. Handelsmarken
wurden lediglich als Ergänzung zum bestehenden Markenartikelsor-
timent und zur Ausweitung der Händlerspanne eingeführt.
·
Großbritannien: In Großbritannien ist der Einzelhandelsmarkt durch
eine starke Konzentration gekennzeichnet. Wenige große Unterneh-
men erzielen den Großteil des gesamten Umsatzes im Lebensmitte-
leinzelhandel. Diese Situation hat es den Einzelhandelsunternehmen
ermöglicht, sich durch den Aufbau von Handelsmarken gegenüber
den Herstellermarken zu profilieren. Handelsmarken sind in Großbri-
tannien weit verbreitet und das umsatzstärkste Einzelhandelsunter-
nehmen Sainsbury hat einen Eigenmarkenanteil von über 55 %.
·
Deutschland: In Deutschland führen die meisten Handelsunterneh-
men Eigenmarken, die mit den Markenartikeln unmittelbar konkur-
rieren. Hier herrscht ein wesentlich härterer Wettbewerb als in Groß-
britannien. Dieser harte Wettbewerb ist mit ursächlich für das inter-
national niedrige Preisniveau im deutschen Lebensmitteleinzelhandel.

1 Die Vertriebsform Discount
28
Im Durchschnitt liegen die Preise der Handelsmarken um 33 % unter
denen der Markenartikeln. Wird bedacht, dass die Discounter einen
Anteil von rund 35 % am Lebensmittelumsatz haben und die anderen
Vertriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels auch Handelsmarken
führen, dann offenbart sich die Bedeutung der Handelsmarken in
Deutschland.
Diese Beispiele zeigen, dass Handelsmarken international unterschiedlich
in Erscheinung treten. Dies hängt damit zusammen, dass die Art und
Ausprägung von Handelsmarken von nationalen Handelsstrukturen und
den Marktteilnehmern abhängen.
Perspektive der internationalen Handelsmarkenpolitik
Der Wettbewerb auf den nationalen und internationalen Märkten wird
sich, bedingt durch die zunehmende Globalisierung und Konzentration
auf den Märkten, weiter verschärfen. Dies führt zu steigendem Kosten-
druck, welchem durch die Führung von Handelsmarken begegnet werden
kann. Daraus kann gefolgert werden, dass die Bedeutung von Handels-
marken im europäischen Lebensmitteleinzelhandel zunehmen wird. Dar-
über hinaus gewinnt hier die Internationalisierung von Handelsmarken,
aufgrund des höheren Absatzvolumens an Bedeutung. Auch kann eine
internationale Handelsmarkenpolitik strategische Wettbewerbsvorteile im
Wettbewerb mit anderen Handelsunternehmen um Marktanteile begrün-
den. (Bodenbach, 1996, S. 232 f.)
Das Wachstum der Handelsmarken ist in Deutschland und Spanien am
stärksten. In Ländern, die bisher keine hohe Konzentration der Lebens-
mittelhändler aufweisen und in welche die deutschen Discounter derzeit
streben (Bsp. Spanien und Italien), ist von steigenden Marktanteilen der
Handelsmarken auszugehen. (GfK, 2002, S. 2 f.)

1 Die Vertriebsform Discount
29
1.3 Die Internationalisierung der deutschen Discounter
Im Folgenden wird zuerst auf das Expansionsstreben der vier bedeu-
tendsten deutschen Discounter eingegangen. Im Anschluss daran wird
der Verbreitungsgrad der deutschen Discounter in allen bisherigen Ex-
pansionsländern dargestellt.
1.3.1 Die Expansionstätigkeit der wichtigsten Discounter
Der Ursprung der heute bekannten Discounter ist Aldi aus Deutschland.
Aldi war der erste international expandierende Discounter und hatte si-
cherlich Vorbildcharakter für die Nachfolger. Neben der primären Ex-
pansion in das europäische Ausland wird auch eine Expansion auf ande-
ren Kontinenten angegangen. In Europa hat sich die Anzahl der Dis-
countgeschäfte innerhalb der letzten zehn Jahre von rund 17.000 auf über
30.000 erhöht und das Wachstum wird anhalten (IGD, 2002, S. 5). Das
Wachstumspotential ist der Motor der Motivation der mitunter aggressi-
ven Expansion in ausländische Märkte. Bei der Implementierung von
Discountern im Ausland wird vorrangig das deutsche Modell des Hard-
Discounters als Vorbild genommen. Die Ausprägung der Discountver-
triebsform und die Marktanteile variieren stark zwischen den einzelnen
Ländern.
Für das zunehmende Engagement deutscher Handelsunternehmen im
Ausland können drei Gründe angeführt werden (M+M EUROdATA,
2003, S. III, 2): Erstens ist eine zunehmende Europäisierung des Einzel-
handels zu beobachten. Unternehmen, die heute nicht international ex-
pandieren, werden in Zukunft vor größeren Problemen stehen. So ist auf
dem europäischen Markt eine stärkere Anbieterkonzentration spürbar.
Zweitens sind im deutschen Markt langfristig die Wachstumsmöglichkei-
ten naturgemäß beschränkt. Drittens haben sich mit der Öffnung Osteu-
ropas unterentwickelte Märkte aufgetan, welche auch in Zukunft hohe
Wachstumsraten verheißen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832480899
ISBN (Paperback)
9783838680897
DOI
10.3239/9783832480899
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Juni)
Note
2,3
Schlagworte
aldi handel lidl organisation personal
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Titel: Die deutschen Discounter, ein Modell für das Ausland?
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