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Medienkompetenzförderung bei Kindern im Grundschulalter durch Online-Angebote

©2004 Magisterarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der neuen, digitalen, multimedialen und vernetzten Medienwelt mit ihren Angeboten und ganz neuen Formen des Spielens und Lernens stehen die Kinder neugierig und aufgeschlossen gegenüber. Doch viele Eltern und Pädagogen fühlen sich selber überfordert und stehen somit erst recht hilflos der Faszination und damit auch der Macht, die die neuen Medien auf die Kinder haben, gegenüber.
Den Kindern sollen Möglichkeiten und Voraussetzungen geschaffen werden, die neuen Techniken kompetent zu nutzen – nicht zuletzt weil die technologischen Anforderungen und Hoffnungen des Arbeitsmarkts bereits an Kinder weitergetragen werden. Einige pädagogische Fachkräfte versuchen auch heute noch, den Computer aus der Grundschule herauszuhalten, um einen ungestörten Raum für soziale, persönliche Kommunikation zu gewährleisten. Doch sollte eine moderne Pädagogik die Medienerlebnisse der Kinder nicht ausblenden, sondern einbeziehen, denn soziales Lernen wird heute entscheidend von Medienerlebnissen beeinflusst. Vielmehr geht es um ‚Medienkompetenz‘, womit nicht in erster Linie die technische Handhabung der Medien gemeint ist, sondern ein kompetenter Umgang mit den Medieninhalten. Kompetenz in bezug auf den Internetumgang bei Kindern meint die aktive und bewusste Nutzung, verbunden mit der Bereitschaft zu lernen.
Diese Arbeit geht der Frage nach, wie internetspezifische Medienkompetenz bei Kindern aussehen, entwickelt und gefördert werden kann. Denn Kinder werden immer häufiger online sein, schon deshalb, weil die Benutzung immer (kinder)leichter wird und das Online-Angebot für Kinder stetig wächst. Es soll der Versuch gestartet werden, den Kindern in ihrer vernetzten Medienwelt, ihrem Nutzungsverhalten, ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten im Gegensatz zu den Erwachsenen sowie ihren Bedürfnissen näher zu kommen, um herauszufinden, welchen Nutzen das Internet den Kindern bringt, wo die kinderspezifischen Probleme liegen und wie ihnen in ihrer heutigen Situation geholfen werden kann.
Auch bildet diese Arbeit ein Zusammenspiel von Theorie und Praxis, indem sie einerseits Grundlagen und theoretische Fundierungen aufzeigt, andererseits Beispiele von Webseiten aus dem deutschsprachigen Online-Angebot für Kinder und praxisorientierte Lösungsansätze in bezug auf Medienkompetenzförderung gibt.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung5
2.Aufwachsen in Medien- und Netzwelten9
2.1Die Alltagswelt der Kinder9
2.1.1Die veränderte Rolle der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8086
Säverin, Maja: Medienkompetenzförderung bei Kindern im Grundschulalter durch Online-
Angebote
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Magisterarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

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Inhalt
1. Einleitung...5
2. Aufwachsen in Medien- und Netzwelten...9
2.1 Die Alltagswelt der Kinder...9
2.1.1
Die veränderte Rolle der Familie...10
2.1.2
Aufwachsen im Wandel der Gesellschaft...11
2.1.3
Sozialisation auch durch Mediennutzung...12
2.2 Aufwachsen mit digitalen Netzmedien...14
2.2.1
Neuerungen durch digitale Netzmedien...15
2.2.2
Entsprechende Anforderungen durch digitale Netzmedien ...17
2.3 Internetnutzung von Kindern...18
2.3.1
Surfen, Chatten, Mailen ­ Was machen Kinder im Netz?...20
2.3.2
Bewältigung der Informationsfülle...22
2.3.3
Fähigkeit zum vernetzten Denken...24
3. Medienkompetenz...27
3.1 Definitionen des Medienkompetenzbegriffs...27
3.1.1
Medienkompetenz als Bestandteil der kommunikativen Kompetenz...28
3.1.2
Begriffsbeschreibungen über Dimensionen und Teilbereiche
von Baacke, Moser, Schorb und Aufenanger...29
3.1.3
Problematik des vielschichtigen Begriffs...33
3.2 Internetspezifische Medienkompetenz von Kindern im Grundschulalter...35
3.2.1
Kulturelle Kompetenzen: Die Welt verstehen...37
3.2.2
Reflexive Kompetenzen: Orientierungswissen...39
3.2.3
Technische Kompetenzen: Spielerischer, intuitiver Umgang statt technischem Know-how...41
3.2.4
Soziale Kompetenzen: Verantwortungsvolle Netz-Kommunikation...42
4. Online-Angebote für Kinder...44
4.1 Suchmaschinen: Online-Angebote als Orientierungshilfe...45
4.1.1
Die Blinde Kuh: Eine Website nicht nur zur Informationssuche...45
4.2 Kommunikative Angebote: Kontakte im Internet...47
4.2.1
Gästebücher: Meinungen zu Lilipuz...48
4.2.2
Pinnwände: Anzeigen im Kindernetz...49
4.2.3
Newsletters: Die Maus abonnieren...50
4.2.4
Diskussionsforen: ZahlReich antwortet...50
4.2.5
Chatrooms: Kindersache moderiert...51
4.3 Magazine: Online-Angebote zu den Themen der Welt...52
4.3.1
Sowieso: Onlinemagazin aus privater Initiative...53
4.4 Spiele: Spielplatz online...55
4.4.1
Kidsville: Eine Mitmach-Spielewelt...55
4.5 Kommerzielle Angebote: Fernsehsender und Rundfunkanstalten im Netz...57
4.5.1
Kinderkanal: Öffentlich-rechtliches Kinderfernsehen online...57

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5. Die Rahmenbedingungen der Medienkompetenzförderung: die soziale Umgebung...60
5.1 Die Familie: Ausgangsort jeder Medienkompetenzförderung...62
5.1.1
Der familiären Medienkompetenzförderung sind Grenzen gesetzt...62
5.1.2
Informiert sein und den Kindern beim Surfen zur Verfügung stehen ­
das ist familiäre Medienerziehung...64
5.2 Die Grundschule und das Internet...67
5.2.1
Internet-Einsatz in der Grundschule: Überforderung oder Bereicherung?...67
5.2.2
Medienpädagogische Kompetenz:
Voraussetzung für die Vermittlung und Förderung von Medienkompetenz...70
5.3 Außerschulische Institutionen und Internet-Projekte...72
5.3.1
Das Maus-Café der Ruhrwerkstatt Oberhausen:
Einführungs- und Recherchekurse für Kinder und Schulklassen...73
5.3.2
Peergroups:
Bedeutend für die Mediensozialisation in außerschulischen Institutionen...74
6. Förderung kindlicher Medienkompetenz durch Online-Angebote...75
6.1 Kriterien für kindgerechte Online-Angebote am Beispiel der Blinden Kuh...75
6.1.1
Aufbau der Seiten des Online-Angebots...76
6.1.2
Auswahl und Aufbereitung der kindgerechten Themen und Inhalte...78
6.1.3
Berücksichtigung der Zieldimensionen von Medienkompetenz:
Kulturelle, Reflexive, Technische und Soziale Kompetenzen...81
6.2 Medienerziehung mit Online-Angeboten...88
6.2.1
Vermittlungsaspekte für medienpädagogische Projekte...88
6.2.2
Eine Idee für die Umsetzung eines Projekts mit der Blinden Kuh: ,Haustiere im Netz`...91
7. Resümee...95

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1. Einleitung
Unsere Alltagswelt ­ die Lebenswelt der Kinder ­ wird durch die Möglichkeiten der
Informations- und Kommunikationstechnologien nachhaltig verändert. Am Internet
und dessen Nutzung wird der Wandel besonders deutlich: Die verfügbaren
Informationen, Angebote und Websites im Netz vermehren sich in rasanter
Geschwindigkeit ­ von ,Informationsflut auf dem Datenhighway` ist die Rede. Nicht
nur die Einflüsse des Internets auf das Berufs- und Privatleben sind enorm, auch im
schulischen Alltag werden mehr und mehr die neuen interaktiven und multimedialen
Lernmöglichkeiten genutzt.
Und die Kinder? Sie sind neugierig und aufgeschlossen gegenüber der neuen,
digitalen, multimedialen und vernetzten Medienwelt mit ihren Angeboten und ganz
neuen Formen des Spielens und Lernens. Doch viele Eltern und Pädagogen fühlen
sich selber überfordert und stehen somit erst recht hilflos der Faszination und damit
auch der Macht, die die neuen Medien auf die Kinder haben, gegenüber. Den
Kindern sollen Möglichkeiten und Voraussetzungen geschaffen werden, die neuen
Techniken kompetent zu nutzen ­ nicht zuletzt weil die technologischen
Anforderungen und Hoffnungen des Arbeitsmarkts bereits an Kinder weitergetragen
werden. Einige pädagogische Fachkräfte versuchen auch heute noch den Computer
aus der Grundschule herauszuhalten, um einen ungestörten Raum für soziale,
persönliche Kommunikation zu gewährleisten. Doch sollte eine moderne Pädagogik
die Medienerlebnisse der Kinder nicht ausblenden, sondern einbeziehen, denn
soziales Lernen wird heute entscheidend von Medienerlebnissen beeinflusst.
Vielmehr geht es um ,Medienkompetenz`, womit nicht in erster Linie die technische
Handhabung der Medien gemeint ist, sondern ein kompetenter Umgang mit den
Medieninhalten. Kompetenz in bezug auf den Internetumgang bei Kindern meint die
aktive und bewusste Nutzung, verbunden mit der Bereitschaft zu lernen, neues zu
entdecken und den Horizont zu erweitern. Präziser formuliert es Christine Feil vom
Deutschen Jugendinstitut: Nach ihr gehören bspw. die strategische Suche, gezielte
Selektion und Navigation, Kenntnis über die Informationsquellen und deren
Vernetzung und interessengeleiteter Umgang mit den interaktiven Möglichkeiten des
Netzes zu den Kompetenzen, die Kinder im Internet benötigen: ,,Zusammenfassend
kann festgehalten werden, dass die Kontakthäufigkeit der Kinder, gleichgültig ob
Jungen oder Mädchen, bislang durchschnittlich viel zu gering ist, um von
,Internetkompetenzen` bei Kindern sprechen zu können" (Feil 2001a, S. 118). Und

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doch sollte geschaut werden, wie internetspezifische Medienkompetenz bei Kindern
aussehen, entwickelt und gefördert werden kann, denn Kinder werden immer
häufiger online sein, schon deshalb, weil die Benutzung immer (kinder)leichter wird
und das Online-Angebot für Kinder stetig wächst. Auch birgt das Internet aufgrund
der bestehenden Anonymisierung einige Gefahren für Kinder (Gefahrenpunkte sind
z.B. Pedophilie oder Kinderpornographie im Netz). Den Aspekt des Kinderschutzes
im Internet wird die vorliegende Arbeit allerdings nicht ausführlich behandeln.
Vielmehr möchte sie die aktive Auseinandersetzung mit den Online-Angeboten und
ihren Inhalten ­ und nicht das Bewahren ­ in den Mittelpunkt stellen.
Fakt ist: Immer mehr Kinder im Grundschulalter (ca. 6 bis 11 Jahre) sind online.
Doch: ,,Über ihren Umgang mit dem Internet, ihr Nutzungsverhalten und vor allem
über die Bedeutung des Mediums im Alltag der Kinder weiß man nahezu nichts.
Häufig wird mit der Titelei ,Netkids`, ,Cyberkids` und ,Online-Kids` Etikettenschwindel
betrieben, denn vornehmlich wird über Jugendliche und junge Erwachsene, dagegen
nur selten über Kinder berichtet" (a.a.O., S. 9). Auf der einen Seite wird also
Erziehung zur Medienkompetenz gefordert, auf der anderen Seite liegen jedoch
kaum Studien und Ergebnisse bezüglich des kindlichen Internetumgangs vor, so
dass den Medienpädagogen kaum Konzepte und Methoden als Ansatzpunkte für die
internetspezifische Medienkompetenzförderung vorliegen. Aus diesem Grund ist die
Frage nach der Förderung von Medienkompetenz bei Kindern im Grundschulalter
durch Online-Angebote so bedeutsam: Es soll mit der vorliegenden Arbeit der
Versuch gestartet werden, den Kindern in ihrer vernetzten Medienwelt, ihrem
Nutzungsverhalten, ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten im Gegensatz zu den
Erwachsenen sowie ihren Bedürfnissen näher zu kommen, um herauszufinden,
welchen Nutzen das Internet den Kindern bringt, wo die kinderspezifischen Probleme
liegen und wie ihnen in ihrer heutigen Situation geholfen werden kann. Auch bildet
diese Arbeit ein Zusammenspiel von Theorie und Praxis, indem sie einerseits
Grundlagen und theoretische Fundierungen aufzeigt, andererseits Beispiele von
Webseiten aus dem deutschsprachigen Online-Angebot für Kinder und
praxisorientierte Lösungsansätze in bezug auf Medienkompetenzförderung gibt.
Kapitel 2 Aufwachsen in Medien- und Netzwelten behandelt zunächst die Alltagswelt
der Kinder, also die räumlichen und sozialen Kontexte, in denen Mediennutzung
stattfindet. Dabei wird bezug genommen auf die veränderte Rolle der Familie, die
gewandelten gesellschaftlichen Bedingungen des Aufwachsens sowie auf

7
sozialisatorische Prozesse, die sich heute auch über Medien vollziehen. Daran
anschließend werden die wichtigen Neuerungen ­ z.B. die Möglichkeit zur Interaktion
­ aufgezeigt, die die medientechnologischen Entwicklungen, mit denen Kinder heute
in ihrer Umwelt aufwachsen, hervorbringen. Diese Neuerungen sollte die
Medienpädagogik berücksichtigen, um auf die daraus resultierenden Anforderungen
seitens der Kinder ­ z.B. mit nichtlinearen Texten umgehen zu können ­
entsprechend reagieren zu können. Und schließlich wird behandelt, wie Kinder im
Grundschulalter das Internet nutzen (können): Dabei wird zunächst aufgezeigt,
welchen Tätigkeiten Kinder überhaupt nachgehen, die das Internet nutzen. Anhand
von zwei Merkmalen des Internets, die Kindern Probleme bei ihrer Nutzung bereiten
­ Informationsfülle und Hypertextstruktur ­ soll dann die kinderspezifische
Internetnutzung dargestellt werden: Können Kinder im Grundschulalter die
Informationsfülle des Internets bewältigen? Und: Besitzen sie die Fähigkeit zum
vernetzten Denken?
Kapitel 3 Medienkompetenz beschreibt zunächst den Medienkompetenzbegriff im
Allgemeinen: Welche Vorstellungen, Aufgaben und Ziele beinhaltet der Begriff nach
unterschiedlicher Autoren? Hierbei wird deutlich, dass eine feste inhaltlich
ausdifferenzierte Bestimmung des vielschichtigen Begriffs nicht möglich ist. Da es
sich in erster Linie um erwachsenenorientiere Bestimmungen von Medienkompetenz
handelt, erläutert der zweite Teil dieses Kapitels, welche der genannten Merkmale
von Medienkompetenz sich bei Kindern entwickeln und fördern lassen und über
welche internetspezifischen Fähig- und Fertigkeiten Kinder verfügen. Die
entsprechenden kinderorientierten Zieldimensionen werden anhand von kulturellen,
reflexiven, technischen und sozialen Kompetenzen aufgezeigt.
Kapitel 4 Online-Angebote für Kinder zeigt anhand von Beispielen auf, welche
Angebote den Kindern im deutschsprachigen Netz zur Verfügung stehen: Die Palette
reicht von Suchmaschinen für Kinder und verschiedenen kommunikativen Angeboten
über Magazine und Spiele bis hin zu kommerziellen Angeboten. Die Recherchen zu
diesem Kapitel machten deutlich, dass es beim Webangebot für Kinder im
Grundschulalter vor allem um Kommunikation und Unterhaltung geht.
Kapitel 5 Die Rahmenbedingungen der Medienkompetenzförderung: Die soziale
Umgebung beschreibt die Sozialisationsfelder Familie, Schule und außerschulische
Institutionen, die bei der Medienkompetenzförderung sehr unterschiedliche Rollen
spielen: Die Familie als wichtigste Sozialisationsinstanz eröffnet Kindern

8
Erfahrungsräume, die entscheidenden Einfluss auf die geistigen, sozialen und
moralischen Haltungen haben. Zwar sind der familiären Medienkompetenzförderung
Grenzen gesetzt, doch die Eltern sind auch aufgefordert, sich über das Internet und
seine Angebote für Kinder zu informieren, um für Ratschläge zur Verfügung zu
stehen. In den verpflichtend oder freiwillig zu besuchenden Einrichtungen wiederum
gelten Vorstellungen und Konzepte, die die Lern- und Erfahrungsräume der Kinder
bestimmen. Voraussetzung für die Vermittlung und Förderung von Medienkompetenz
ist hier, dass die Pädagogen über medienpädagogische Kompetenz verfügen. Auch
wird den Fragen nachgegangen, ob der Internet-Einsatz in der Grundschule
überhaupt Sinn macht und wie außerschulische Computer- und Internetarbeit
aussehen kann.
Kapitel 6 Förderung kindlicher Medienkompetenz durch Online-Angebote befasst
sich abschließend mit zwei zentralen Fragen. Erstens: Welche Kriterien für
kindgerechte Online-Angebote sind bei der Aufbereitung von Inhalten zu beachten?
Am Beispiel ,Die Blinde Kuh`, der Suchmaschine für Kinder, wird aufgezeigt, wie
Seiten aufgebaut sowie Themen und Inhalte ausgewählt und aufbereitet sein sollten,
damit die Website kindgerecht ist ­ und somit Medienkompetenz fördern kann.
Außerdem wird erörtert, inwiefern die in Kapitel 3.2 behandelten internetspezifischen
Fähig- und Fertigkeiten von Kindern und die entsprechenden kinderorientierten
Zieldimensionen ­ den kulturellen, reflexiven, technischen und sozialen
Kompetenzen ­ berücksichtigt werden. Zweitens: Wie könnten diese kindgerechten
Angebote in das pädagogische Handeln einbezogen werden? Da einerseits nicht
davon ausgegangen werden kann, dass alle Familien sich mit dem Internet
auseinandersetzen, geschweige denn einen Computer besitzen, und weil
andererseits Medienkompetenz vor allem über Projektarbeit zu vermitteln ist, richtet
sich hier der Blick auf die schulische und
außerschulische
Medienkompetenzförderung durch den Einsatz von Online-Angeboten für Kinder.
Dabei werden zunächst Vermittlungsaspekte aufgezeigt, die für
medienpädagogische Projekte als Richtlinie gelten könnten. Am Beispiel einer Idee
für ein Projekt mit der Blinden Kuh wird dann aufgezeigt, wie Dimensionen von
kindlicher Medienkompetenz in der Grundschule oder in Freizeitstätten vermittelt und
gefördert werden könnten.

9
2. Aufwachsen in Medien- und Netzwelten
Ohne Einfluss der Medien ­ wie Printmedien, elektronische Unterhaltungsmedien,
Computermedien und Telekommunikationsmedien wie das Internet ­ kann das
Aufwachsen heute nicht mehr verstanden werden. Neben die Massenmedien
Fernsehen, Hörfunk, Zeitung und Unterhaltungsmedien wie CDs und Videos sind im
Laufe der 90er Jahre
Computer, später Multimedia und digitale Medien wie Online-
Medien getreten. Medien prägen und strukturieren nachhaltig unser subjektives
Weltbild. Jeder Einzelne konstruiert seine eigene Medienwelt. Medien haben einen
bedeutenden Stellenwert für Alltagsbewältigung und Identitätsbildung bekommen.
Sie präsentieren symbolisch Probleme, mit denen sich identifizieren lässt und in die
man die eigenen hineinprojezieren kann. Und: sie bestimmen Kommunikation und
Interaktion und können zur Steuerung sozialer Prozesse verwendet werden. Medien
haben sich über die Jahre immer mehr zu einem integralen Bestandteil unserer
Alltagswelt entwickelt.
Bevor im folgenden ausführlich auf das Aufwachsen mit digitalen Medien und die
Internetnutzung von Kindern eingegangen wird, soll zunächst die Alltagswelt der
Kinder durchleuchtet werden. Denn Mediennutzung kann nur im Zusammenhang mit
anderen räumlichen und sozialen Kontexten betrachtet werden. Die Umwelt der
Kinder, wie auch die mediale Umwelt, stellt dabei den Rahmen für Lebensumstände,
Bedingungen des Aufwachsens und sozialisatorische Prozesse wie der
Persönlichkeitsentwicklung, Identitätsprozesse und das Annehmen einer
Geschlechterrolle.
2.1 Die Alltagswelt der Kinder
Wie sieht sie also aus, die heutige Welt der Kinder? Was ist das für eine Umwelt, in
der Medien eine enorme Rolle spielen? Wie hat sich unsere Gesellschaft entwickelt,
in der Kinder heute aufwachsen? Dies sind wichtige Fragestellungen, denn die
kindliche Nutzung von Medien, in unserem speziellen Fall ­ von Online-Medien ­,
muss immer auch im Kontext ihrer Umwelt gesehen werden.

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2.1.1 Die veränderte Rolle der Familie
Die Bedingungen des Aufwachsens haben sich verändert. So sind heute aufgrund
von Scheidungen ,,Alleinerzieherfamilien" und ,,Zweitfamilien" mit zunehmender
Tendenz neben die ,,Erstfamilien", bestehend aus einem jungen Paar mit ihren
gemeinsamen Kindern, getreten (Vgl. Giesecke 1997, S. 114). Folglich haben durch
den Wandel der Familienformen viele Kinder einen neuen Stiefelternteil und
alleinerziehende Mütter sind oftmals berufstätig. Ferner wird unser Alltag von einer
generellen Beschleunigung bestimmt. Diese Schnelligkeit im Alltag betrifft auch
schon Kinder: mit der Familie in zwei Stunden auf Mallorca sein, kurzgeschnittene
Videoclips gucken oder das Weltgeschehen in 15-minütigen Nachrichten-Sendungen
beobachten. Es gibt heute viele Freizeit- bzw. Erlebnisangebote wie PC-Spiele, Kino
oder neue actionreiche Sportarten ­ ,,[...] Kinder leben mit Zeitplanung,
Terminkalender und Zeitmangel ­ ein Effekt der Industrialisierung der Zeit"
(Rolff/Zimmermann 1990, S. 14). Kinder nehmen ihre Umwelt wahr, indem sie ihre
Bedürfnisse, individuelle Rhythmen und spontane Lust in Zeitvorgaben einfügen. So
lernen Kinder bereits in der Grundschule die Fächer- und Zeitaufteilungen durch
Stundenpläne.
Kinder haben ein verinseltes Dasein in unserer Gesellschaft. Das
bedeutet, sie gehen vom ,,sozialen Heimathafen Familie" (Vgl. Giesecke 1985) in die
Welt und fahren von einer Insel zur nächsten, um Erlebnisangebote wahrzunehmen.
Sie gehen Hobbys, Freizeitangeboten und Verpflichtungen wie der Schule nach.
Dabei sind Schule und Gleichaltrigengruppe wichtige Bereiche für die allmähliche
Lösung von der Familie. Sowieso sind die sozialen Erfahrungen mit
Gleichaltrigengruppen von großer Bedeutung, denn hier werden Regeln,
Zusammenarbeit, Wettbewerb usw. mit gleichem Status erfahren. Medien haben eine
erhebliche Bedeutung im Alltag der Kinder, weil über sie Stars, Marken, Figuren etc.
produziert, emotional nahe gebracht und für den eigenen Identitätsaufbau zur
Verfügung gestellt werden. Einige Kinder haben heute bereits ein eigenes Handy ­
so kann der Heimathafen zwischendurch Kontakt aufnehmen. Die Aufgabe der
Familie besteht vor allem darin, soziale Zuverlässigkeit zu garantieren: ,,Die Familie
ist ,offen` geworden nach außen; schon früh verbringen Kinder relativ viel Freizeit
außerhalb der Familie, unter Gleichaltrigen. Zudem sind vielfach die Eltern beide
berufstätig und bringen nun wie ihre Kinder Erfahrungen von draußen in die Familie
ein" (Giesecke 1997, S. 115).

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2.1.2 Aufwachsen im Wandel der Gesellschaft
Nicht nur die Rolle der Familie hat sich gewandelt: ,,Insbesondere ist dieser
gesellschaftliche Wandel unter dem Stichwort der ,Enttraditionalisierung` zu sehen,
nämlich dass die Menschen zunehmend aus jenen Bindungen freigesetzt sind, die
früher mit Vergesellschaftung einher gingen ­ seien dies soziale Klassen, religiöse
Bindungen, der Zusammenhalt durch Familie und Nachbarschaft" (Moser 1999, S.
77). Die Konsequenz dabei ist, dass sich Traditionen und Werte in sozialen
Gemeinschaften wie Familie, Religion oder Nachbarschaft verflüchtigen. Heute
werden Normen, Werte und Wissen auch über Medien vermittelt. Das heißt: Auch
durch Medien hat sich das subjektive Verständnis von Welt und Gesellschaft der
Kinder gebildet ­ und es wird sich im Laufe ihres Lebens auch durch Medien
weiterentwickeln. Das Wissen der Kinder ist auch ein Wissen durch Medien.
Vorstellungen der Eltern werden von Kindern mit den Inhalten der Medien verglichen
und in die Familiendiskussion eingebracht. Werte ­ in Form von Lebensstilen ­
werden von Kindern ausgewählt und z.B. über Musik oder Kleidung signalisiert. Da
Kinder heute in einer Welt der Pluralisierung und des Überflusses aufwachsen, in der
das Wählen ­ aber auch der Wahlzwang ­ eine wichtige Rolle spielt, betrifft der
Aspekt der Individualisierung auch schon Kinder: ihnen begegnet schon früh ein
großes Angebot an Lebensstilen und Subkulturen, sie wählen nach ästhetischen
Kriterien und ihren Interessen etwa aus einem riesigen Spiele- und
Spielzeugangebot aus und grenzen sich später z.B. mit Musikrichtungen oder
Kleiderstilen von der Erwachsenenwelt ab.
Nach Schulze gehören die heutigen Heranwachsenden der ,,Erlebnisgesellschaft" an:
Sie wollen erleben, statt sich den äußeren Umständen anzupassen (Vgl. Schulze
1992, S. 37). Sie gehen früh raus aus der Familie in die Gesellschaft und nehmen
Erlebnisangebote wahr: sie gehen ins Kino, ins Schwimmbad oder zum Fußball. Das
Lebensgefühl von Spannung und Action prägt immer mehr den Verhaltensstil der
Kinder aber auch der Erwachsenen. Kultureller Maßstab dabei ist, die Welt
erlebnisorientiert wahrzunehmen, d.h. die Gesellschaft wird subjektiv
wahrgenommen. Auch nähern sich Kinder und Erwachsene durch den Zugriff auf
ähnliche Informationen oder Erlebnisangebote aneinander an. 10-Jährige und 40-
Jährige besitzen Handys, kämpfen in gleichen PC-Spielen wie z.B. dem Kriegsspiel
,Counter Strike` oder schauen die gleichen Actionfilme wie etwa ,Lara Croft`.

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,,Postman ist zuzustimmen, wenn er beobachtet, dass die elektronischen Medien zur
Auflösung dieser Grenzen beitragen, indem sie Kindern und Erwachsenen
unterschiedslos Zugang zu ihren Programmen gewähren" (Moser 1999, S. 112). Und
vor allem die zunehmende Durchdringung der Informations- und Kommunikations-
Technologien im Arbeits- und Freizeitbereich lässt Modelle nicht mehr zu, die sich ­
wie Postman ­ auf den idealisierten Kommunikationsmodus der bürgerlichen Familie
zurückbeziehen.
In dieser Umwelt erwerben Kinder durch Sozialisationseinflüsse ein Repertoire an
Einstellungen und Verhaltensmustern. Diese Sozialisation über Lernprozesse
geschieht vor allem im Umgang mit der Familie und anderen Bezugspersonen wie
etwa Gleichaltrige. Da die Familie die unmittelbare soziale und räumliche
Lebensumgebung ist, ist sie die wichtigste Sozialisationsinstanz. Daneben sind es
die Institutionen wie Schulen, Kindergärten, sozialpädagogische und kulturelle
Einrichtungen und Vereine, die Sozialisationsaufgaben mitübernehmen. Hinzu
kommen die Medien, die entscheidend zur Sozialisation beitragen.
2.1.3 Sozialisation auch durch Mediennutzung
Kinder lernen durch die Medienpräsenz z.B. im Elternhaus schnell, dass Medien
alltägliche Begleiter im Leben sind. Erst im Laufe der Zeit nutzen Kinder Medien auch
für sich. Die ersten narrativen Muster erlernen Kinder durch das
Geschichtenerzählen der Eltern ­ denn Geschichten haben in der Regel ein Anfang
und ein Ende. Diese narrativen Muster sind zu Anfang den Kindern noch fremd, denn
das Denken der Kinder ist hier noch an den unmittelbaren Augenblick gebunden:
Einwürfe und Fragen unterbrechen den linearen Ablauf der Geschichte. Und doch:
Die mediale Sozialisation beginnt ­ vor allem durch die Eltern. Kinder lernen dabei
auch, dass mediale Aktivitäten an einen bestimmten Zweck gebunden sein können,
wie bspw. an das Zubettgehen beim Geschichtenerzählen. Routinierte und rituelle
Abläufe im häuslichen Alltagsleben sind mit Medien also eng verzahnt. Somit ist der
Mediengebrauch von Kindern von Anfang an ein integraler Bestandteil der
Familieninteraktion und Familienkommunikation. Wenn z.B. der Vater bei seiner
Zeitungslektüre am Abend nicht gestört werden will, ist das ein Faktum der

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Mediensozialisation. Auch vollzieht sich Mediensozialisation durch Medien selbst,
indem Kinder z.B. Fernsehangebote selektiv wahrnehmen und sie, als Material für
ihre Interpretationen, auf ihre jeweilige Lebenssituation beziehen. So werden
Entwicklungsaufgaben ­ wie die Persönlichkeitsentwicklung, die Loslösung und
Individuation oder auch das Annehmen von der Alters- und Geschlechtsrolle ­ durch
aktive Auseinandersetzung mit der (medialen) Umwelt bearbeitet. Auch
Identitätsprozesse, also körperliche, emotionale, kognitive Austauschprozesse von
Mensch und Umwelt, werden in der Mediensozialisation durchlaufen, wie etwa durch
Identifikation und Distanzierung mit z.B. Helden und Bösewichtern.
Mediennutzung und -umgang sind natürlich nicht angeboren, sondern werden im
Verlauf der Mediensozialisation erlernt. Dabei unterscheidet sich das
Nutzungsverhalten von dem der Erwachsenen (Kapitel 3.2 wird darauf näher
eingehen). Das liegt einerseits an den kognitiven, emotionalen und moralisch-
ethischen Fähigkeiten, die sich in Abhängigkeit vom Alter und den in den einzelnen
unterschiedlichen Lebensaltern gemachten Erfahrungen entwickeln, andererseits
auch an den unterschiedlichen Bedürfnissen, die Kinder mit dem Medienkonsum
verbinden (Vgl. Wiedemann 2002, S. 18-36). Kinder befriedigen mit dem
Medienkonsum ­ entsprechend ihrer Lebenssituation ­ ihre eigenen Wünsche. Ob
sie nun Lernen, Spielen oder einfach Spaß haben, ergibt sich aus ihren situativen
Bedürfnissen. Mit dem Aufkommen der digitalen (vernetzten) Medien können
mittlerweile auch Bedürfnisse nach Interaktion und nach symmetrischer
Kommunikation befriedigt werden ­ d.h. durch diese neuen multimedialen, vernetzten
Formen ist eine aktive Auseinandersetzung mit den Medien gefordert, die deutlich
über das rezepieren hinaus geht.
Medien sind wichtige Sozialisationsinstanzen ­ neben der Familie, Schule und
Gleichaltrigengruppen ­ und bestimmen den Sozialisationsprozess entscheidend mit.
Dabei wird die Mediennutzung, also die aktive Auseinandersetzung mit Medien, ­
und nicht das Wirken im Sinne von Medieneffekten ­ verstanden als eine
medienbeeinflusste Kraft im Sozialisationsprozess von Kindern. Interessieren wir uns
für die kindliche Nutzung von Online-Angeboten im Internet, so kann es nicht in
erster Linie um das Wirkungsgeschehen im Sinne vom Internet und seinen Inhalten
(z.B. Wirkung von Sex-Seiten) gehen. Es geht vor allem um die aktive

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Auseinandersetzung mit dem Internet, also um das Internetnutzungsverhalten, das
am Prozess der Sozialisation beteiligt ist ­ denn es muss im räumlichen und sozialen
Kontext gesehen werden, in dem die Kinder eben auch kommunizieren, lernen oder
miteinander Freizeit verbringen. Das Hinzuziehen des lebensweltlichen Kontext ist
von großer Bedeutung, weil er die Bedingungen für die Nutzung von Medien stellt.
Ein Beispiel: Die Familie besitzt einen Computer und die Geschwister streiten sich
darum, wer diesen wann benutzen darf. Durch die Computerproblematik setzen sich
die Geschwister aktiv miteinander auseinander: Sozialisation findet statt. Sind die
Geschwister bspw. später gemeinsam im Netz, so ist diese aktive, gemeinsame
Nutzung des Internets wiederum verbunden mit bestimmten räumlichen und sozialen
Bedingungen, die Einfluss sowohl auf das Internetverhalten als auch auf
Sozialisationsprozesse haben.
Darüber hinaus ist es für den Prozess der Sozialisation wichtig, dass Kinder nicht
immer unter elterlicher oder pädagogischer Aufsicht Medien nutzen: Medien dienen
den Kindern zur Abgrenzung sowohl zur Erwachsenenwelt als auch untereinander.
Ihnen sollte dieser ,Geheimnisraum` eines eigenständigen Lebens von Eltern und
Pädagogen zugestanden werden. ,,Kinder brauchen diesen Raum zur
Subjektkonstitution und Identitätsbildung" (Wiedemann 2001, S. 24). Und darüber
hinaus sind es gerade die für Kinder noch unerforschten Räume, die auf sie eine
enorme Faszination ausüben.
2.2 Aufwachsen mit digitalen Netzmedien
Für Erwachsene hat das Zeitalter der Digitalisierung, Konvergenz der Medien und
Kommerzialisierung des Internets erst im Laufe ihres Lebens begonnen. Kinder im
Grundschulalter allerdings wachsen heute mit diesen medientechnologischen
Entwicklungen in ihrer Umwelt auf. Heutige Kinderzimmer sind medial gut
ausgestattet. Die KIM-Studie 2002 belegt die große Alltäglichkeit der Medien:
,,Kassettenrecorder sind demnach bei Kindern am weitesten verbreitet, knapp jedes
zweite Kind hat einen eigenen Walk-/Discman, ein eigenes Radio und/oder einen
eigenen GameBoy. Ein Drittel der Sechs- bis 13-Jährigen verfügt über einen eigenen
CD-Player bzw. ein eigenes Fernsehgerät, ein Viertel besitzt eine Spielekonsole. Im

15
Jahr 2002 haben bereits 16 Prozent der Kinder ein eigenes Mobiltelefon, 13 Prozent
einen eigenen Computer" (KIM-Studie 2002, S. 18). Für Kinder ist der
Medienumgang ganz selbstverständlich ­ sie haben eine Welt ohne Computer und
Telekommunikation nie kennen gelernt! Aus gleichem Grund sollte die heutige
Erwachsenenwelt, insbesondere die Pädagogik, sich mit der kindlichen Computer-
und Internetnutzung auseinander setzen: Denn um so weiter die Kinder uns in
technischer Hinsicht voraus sind, desto weniger begleitende Funktion kann
Erziehung leisten.
Dazu müssen zunächst die Neuerungen unserer veränderten Medienwelt erkannt
werden, damit auf die daraus resultierenden Anforderungen reagiert werden kann.
Das dritte Kapitel wird dann eben diese Anforderungen auf die Entwicklung von
kindlicher Medienkompetenz beziehen.
2.2.1 Neuerungen durch digitale Netzmedien
Wichtigstes Kennzeichen digitaler Medien ist die Möglichkeit zur Interaktion. Dies
stellt einen Quantensprung dar, denn bisher wurden alle Medien rezipiert. Zwar
handelt es sich bei der Rezeption um einen aktiven Prozess der kognitiven,
emotionalen und sozialen Verarbeitung der Medieninhalte, doch kann bei
traditionellen Medien nicht unmittelbar eingegriffen werden. Gefällt das Thema der
,Sendung mit der Maus` nicht, so besteht keine Möglichkeit im gleichen Moment an
diesem Programm etwas zu ändern. Bestenfalls kann ein Brief an ,die Maus`
geschickt werden, um andere Themen vorzuschlagen. Anders bei digitalen Medien
wie den Online-Medien: hier ist Interaktion sogar notwendig, um bspw. an
Informationen zu kommen. Wenn etwas über ein bestimmtes Thema herausgefunden
werden soll, reicht es nicht, den Computer anzustellen, dann passiert nämlich
grundsätzlich erst mal gar nichts. Bei der Informationssuche muss der Internetnutzer
zunächst mit den Programmen und Suchmaschinen umgehen können. Entsprechend
seinem Können erhält er brauchbare oder weniger brauchbare Informationen.
Weiteres Kennzeichen digitaler Medien ist, dass aus Einweg-Kommunikation wie
beim Fernsehen, Radio oder Buch ein zweiseitiger Kommunikationsfluss ­ synchrone
Kommunikation ­ wird, denn jeder kann potentiell empfangen und senden und die

16
Information steuern, die er erhält. Aber nicht nur die Kommunikationsmöglichkeiten
im Netz, wie E-Mail, Chat oder Diskussionsforen, sind wichtige Neuerungen. Auch
mobile Kommunikation spielt heute eine große Rolle: Einige Kinder haben bereits
Handys, andere wünschen sich sehnlichst eins, um SMS zu verschicken. Immer
erreichbar zu sein, das war bis in die 90er Jahre noch kein Grundbedürfnis der
Erwachsenen ­ und erst recht nicht der Kinder. Veränderungen finden hier auch in
der Sprache statt: Bei 160 Zeichen pro SMS wird sich kurz gefasst, so dass z.B.
Gefühle durch Kürzel oder Smileys ausgedrückt werden.
Auch findet man im Netz eine enorme Informationsfülle vor. Da schon für
Erwachsene die Quellenkontrolle oder auch die Einstufung von wahren oder
unwahren Informationen aus zweiter Hand sehr schwierig ist, so sind für Kinder z.B.
Selektionsleistungen aufgrund mangelnden Wissens und Erfahrungen oftmals gar
nicht machbar. Anders als beim Buch und Zeitung weiß der Internet-Nutzer in der
Regel auch nicht, wer für ihn die Auswahl trifft. Die Quellenkontrolle wird schwieriger.
Ist eine Selektionsleistung ­ etwa von einer Suchmaschine ­ seriös oder unseriös?
Hinzu kommt, dass jederzeit auf Online-Angebote der ganzen Welt zugegriffen
werden kann, Raum- und Zeitgrenzen werden überwunden.
Neue Medientechnologien sind außerdem gekennzeichnet durch Hypertextualität
und Hypermedialität. Durch sie ergeben sich nichtlineare Verknüpfung und
Anordnung von Text, Bild, Ton und Videodateien. Hierbei wird Multimedia, als ein
weiteres Merkmal digitaler Medien, hypertextuell aufbereitet und ermöglicht so einen
perspektivenreichen Zugang zu Themen. Durch diese multimedialen Hypertexte ­
sog. ,Hypermedia` ­ werden auch neue Lernwege nach individuellen Fähigkeiten
möglich. Das Lernen wird kreativ und aktiv, es kann experimentiert und ausprobiert
werden. Wissen kann unterhaltsam, selbständig und interaktiv erarbeitet werden:
durch sog. Edutainment-Software können Schulfächer und allgemeine Themen mit
entsprechender Lernsoftware aufgearbeitet und vertieft werden. Denn viel stärker als
das Fernsehen gilt gegenwärtig der Computer als Bildungsmedium. Lernsoftware
ermöglicht durch die multimediale Aufbereitung einen perspektivenreichen Zugang zu
einem Gegenstand, wie er sonst nur schwer zu realisieren ist. Denn Multimedia
fördert verschiedene Kompetenzen eben durch seine Verbindung unterschiedlicher
Medien in einem nichtlinear vernetzten Zusammenhang. Durch Interaktion wird ein
aktiv-eingreifender Umgang mit Computern möglich und nicht bloßer Konsum.
Entsprechend dieser technologischen Entwicklungen haben Kinder heute die

17
Möglichkeit, ganz andere und perspektivenreichere Erfahrungen zu sammeln: So
kann ein elektronisches Lexikon mit Bildern, Tondokumenten und kleinen Videos
unterhaltsamer, vielleicht sogar einprägsamer, Inhalte vermitteln als die vierbändige
Printausgabe. Auch können Kinder heute z.B. mit einer Mathematik-Software das
Rechnen üben ­ und zwar mit sprechenden Äpfeln, die ihnen Spaß beim Lernen
bringen. Es wäre zu überlegen, inwieweit die aktive Auseinandersetzung mit
multimedial bzw. hypertextuell aufbereiteten Lerngegenständen nicht auch
Kompetenzen in bezug auf die Internetnutzung fördern.
2.2.2 Entsprechende Anforderungen durch digitale Netzmedien
Wenn Kinder das Internet nutzen wollen, müssen sie mit Hypermedialität, also mit
einer Vielzahl unterschiedlicher Medien in einer gemeinsamen Darstellung, mit der
Navigation in nichtlinearen Hypertexten sowie mit der Möglichkeit zur Interaktion
zurecht kommen. Das Verstehen solcher ,Texte` verlangt andere Fähigkeiten, als bei
linearen, traditionellen Texten wie dem Buch, das von der ersten bis zur letzten Seite
gelesen wird oder den Fernsehsendungen, bei denen die Zeitstruktur vorgegeben ist.
Die vernetzten Strukturen bei Online-Angeboten fordern ein vernetztes Denken zum
Verstehen derselben. Außerdem müssen die Symbole und Codes in diesen
hypermedialen Texten entschlüsselt werden können, die eher auf einer
bildsprachlichen Ebene liegen als in der traditionellen Form schriftsprachlicher Texte.
Wenn Kinder die vielen Kommunikationsmöglichkeiten nutzen wollen, müssen sie
mehr oder weniger über technische und kommunikative Kompetenzen sowie über
Lese- und Schreibfähigkeiten verfügen. Beim Austauschen von Nachrichten und
Informationen per elektronischer Post müssen Kinder einerseits wissen, wie der
Computer und das E-Mail-Programm anzuwenden ist, andererseits reicht hier
langsameres Lesen und Schreiben aus. ,Reden` sie aber in schriftsprachlichen
Kommunikationsräumen ­ in sog. Chats ­ miteinander oder mit Stars, so müssen sie
die Formen und Regeln der Kommunikation kennen sowie schnell und sicher Lesen
und Schreiben können. Da Kinder im Grundschulalter allerdings noch nicht sehr
schreib- und lesegeübt sind und somit die für sie recht schnell ablaufenden Chats
noch ungeeignet sind, könnte in Zukunft bei der E-Mailnutzung und beim Chatten

18
vielleicht die Spracheingabe die Kommunikationsformen bei Kindern weiter
ausbauen. In bezug auf die neuen Kommunikationsmöglichkeiten, müssen auch die
soziale und kulturelle Kompetenz neu bestimmt werden. Hierzu zwei Beispiele: Im
Netz besteht eine Anonymisierung der eigenen Persönlichkeit, indem ältere Kinder
sich z.B. als fiktive Personen in Chats darstellen. Kindern sollte das Bewusstsein
dafür geschaffen und geschärft werden. Die Netiquette ­ die Verhaltensregeln für
Kinder im Netz ­ leistet dies bezüglich einen Beitrag zum sozialen Verhalten im
Internet. Kinder, die sich etwa in moderierten Chats nicht an die Regeln halten ­ die
z.B. beschimpfen oder Telefonnummern preisgeben ­ fliegen raus. Oder der Verlust
an Erfahrungen durch die Vernetzung und Digitalisierung, indem im World Wide Web
Ort-, Zeit- und Grenzenlosigkeit suggeriert wird: binnen Sekunden ist die E-Mail mit
dem Familienvideo im Anhang bei der Brieffreundin in Brasilien, wochenlanges
Warten ­ das bisher die räumliche Entfernung verdeutlichte ­ auf einen Brief aus der
Ferne entfällt.
Die enorme Informationsfülle, die durch die weltweite Vernetzung des Webangebots
zustande kommt und stetig wächst, sollten Kindern insofern bewältigen können, als
dass sie in der Lage sind, für sich aus den Informationen im Netz Nutzen zu ziehen.
Doch da das schon für Erwachsene oftmals ein schwieriges Unterfangen ist, werden
auch ältere Kinder, die z.B. etwas über die ,Jahreszeiten` erfahren möchten, als
Ergebnisse durch eine Suchmaschine etliche Shop-Angebote, Restaurants, Berichte
unterschiedlicher Disziplinen und Autoren, Gedichte oder Seiten zu Vivaldi
bekommen. Die Informationen, die zu Wissen werden sollen, müssen
zunächst
gesucht und für richtig befunden werden, das verlangt nach Orientierungsfähigkeit.
2.3 Internetnutzung von Kindern
Es wurde aufgezeigt, dass die medientechnologischen Neuerungen entsprechende
Anforderungen an die Kinder mit sich bringen, denen sie teilweise gar nicht
gewachsen sind. Bevor auf die daraus resultierenden Schlussfolgerungen für die
Entwicklung von kindlicher Medienkompetenz im nächsten Kapitel eingegangen wird,
werfen wir ein Blick darauf, wie Kinder das Internet überhaupt nutzen (können).

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Darüber, wie Kinder das Internet nutzen, gibt es wenig aufschlussreiche
Informationen. Empirische Daten zur Internetnutzung von Kindern wurden zuerst von
Marktforschungsinstituten und Medienforschungsgruppen von Fernsehsendern
erhoben. Da deren Interessen allerdings vorwiegend kommerzieller Natur waren und
sind, unterscheiden sie sich prinzipiell von medienpädagogisch verwertbaren
Informationen (Vgl. Feil 2000b). Die Ursache für die geringe Zahl
sozialwissenschaftlicher Studien zu diesem Thema liegt in der fehlenden
Finanzierung aufgrund der vergleichsweise geringen Gruppe von interneterfahrenden
Kindern. Darüber hinaus lassen sich mittels Befragung von Kindern und deren Eltern
nur sehr eingeschränkte Daten über Orientierung, Suchstrategien, Kommunikation
und Vorlieben im Netz ermitteln (Vgl. Schneider / Gehle / Feil 2002). Obwohl man
bisher nur sehr wenig darüber weiß, wie Kinder mit dem Internet umgehen, wie sie es
sich aneignen und wie sie zu einem Verständnis gelangen können, sollen sie nach
Möglichkeit bereits im Grundschulalter mit dem Internet vertraut gemacht werden.
Und das, obwohl sich alle Befunde zur Internetnutzung von Kindern darüber einig
sind, dass, verglichen mit der Nutzung anderer Medien, der Onlinebereich bei
Kindern bislang eine deutlich geringere spielt; selbst bei der Computernutzung
rangiere das Onlinesein auf der Rangskala ganz unten (Vgl. Feil 2001a, S. 115).
Auch variieren die Ergebnisse, wie viele Kinder das Internet überhaupt nutzen.
Christine Feil verglich Untersuchungen aus dem Jahr 2000: ,,Nach Ergebnissen von
IconKids & Youth sind 37 Prozent der 6- bis 12-Jährigen Kinder Internetnutzer. Nach
den Ergebnissen der KidsVerbraucherAnalyse sind es sehr viel weniger, die dort
errechneten 22 Prozent Internetnutzer unter den Kindern beziehen sich, dies ist
zudem zu berücksichtigen, auf die breitere Altersgruppe der 6- bis 17-Jährigen. Dort
finden sich unter den 6- bis 9-Jährigen etwas mehr als 3 Prozent, unter den 10- bis
13-Jährigen jedoch bereits mehr als 20 Prozent Internetnutzer" (a.a.O., S. 117). Laut
KIM-Studie 2002 hat das Internet im Jahr 2001 allerdings an Bedeutung gewonnen:
,,Erfahrung mit dem Internet haben inzwischen gut die Hälfte der PC-Nutzer
gesammelt. Weibliche und männliche PC-Nutzer liegen hier nahezu gleich auf. [...]
Im Vergleich zur KIM-Studie aus dem Jahr 2000 steigerte sich der Prozentsatz der
Internet-Nutzer unter den Computer-Nutzern damit um 21 Prozentpunkte ­ wobei
auch hier vor allem die älteren Kinder einen überdurchschnittlichen Zugewinn
aufweisen" (KIM-Studie 2002, S. 38). Jedoch ist hervorzuheben, dass die insgesamt
und mit dem Alter rapide ansteigenden Zugangszahlen wenig über das Ausmaß der

20
Interneterfahrung von Kindern besagen. Laut KIM-Studie 2002 würde ein leichter
Überhang an Jungen deutlich und dass zu den interneterfahrenden Kindern vor allem
ältere ab 10 Jahren gehörten (Vgl. ebd.). Das hieße, dass das Internet vor allem erst
im späteren Grundschulalter genutzt würde.
2.3.1 Surfen, Chatten, Mailen ­ Was machen Kinder im Netz?
Welchen Tätigkeiten Kinder nachgehen, die das Internet nutzen, hat die KIM-Studie
2002 zusammengefasst: ,,Die Liste der vorgegebenen Anwendungen (,mache ich
mindestens einmal pro Woche`) wird vom Senden und Empfangen von E-Mails
angeführt, aber auch die Suche nach Informationen zu spezifisch relevanten Themen
sowie die Suche nach Informationen für die Schule gehört zum kleinen Kreis der
populären Tätigkeiten. Chats, das Herunterladen von Dateien oder das vernetzte
Spielen ist nur für einen geringen Teil der Kinder von Interesse" (KIM-Studie 2002, S.
42). Es ist jedoch anzunehmen, dass dieses geringe Interesse vor allem die jüngeren
Kinder betrifft, denn das Chatten gestaltet sich schwierig aufgrund der noch wenig
ausgebildeten Lese- und Schreibkompetenzen, das Downloaden übersteigt die
technischen Kompetenzen und die geringe Fähigkeit zum vernetzten Denken macht
auch das Spielen auf dieser Ebene bedeutungslos.
Kinder surfen, schreiben E-Mails, tragen sich in Gästebücher ein, besuchen
Chatrooms und gestalten eigene Homepages. Bei jüngeren Kindern steht der Spaß
und das Spielen im Vordergrund, da die Schreib- und Lesekompetenzen noch nicht
so weit ausgebildet sind, um weitere Angebote sinnvoll zu nutzen. Später wird das
Mailen sowie das Suchen von Informationen interessant. Auch das Chatten ist
altersabhängig und gewinnt erst ab dem Ende der Grundschulzeit an Bedeutung.
Besonders jüngere Kinder können nicht genau angeben, was sie im Internet machen.
Viele kinderspezifische Angebote sind von den Kindern noch nicht entdeckt worden,
da ihnen der Umgang mit den Suchmaschinen Schwierigkeiten bereitet. Durch
zielloses Herumklicken landen sie oft nur zufällig auf interessanten Websites (Vgl.
Feil 2000b).
Sowieso gebrauchen jüngere Kinder das World Wide Web auf eine Art und Weise,
die nicht unbedingt dem Begriff ,surfen` entspricht. Häufig ist die Vorgehensweise
eher chaotisch, bei der die Kinder ohne jede Suchstrategie Herumklicken. Meistens

21
geben sie nach dem Muster www.name.de einen bekannten Begriff aus ihrem
alltäglichen Umfeld ein, wie etwa Markennamen, Stars oder Figuren. Oft tippen sie
dabei die Wörter aber nach Gehör ein, was zu enttäuschenden Ergebnissen führt,
wobei die Fehlerquelle nicht erkannt wird. Auch gelangen sie beispielsweise mit
www.hund.de auf die Homepage der Firma ,Hund` in Wetzlar, die Mikroskope
herstellt ­ und die enttäuschenderweise keine kindgemäßen Informationen über
Hunde bietet. Mit www.spiele.de gelangen die Kinder zum Online-Shop ,playcom-
shop.de`, der PC-Spiele und DVDs verkauft ­ was aber nicht den Erwartungen,
nämlich dort spielen zu können, der jungen User entspricht.
Bereits im Grundschulalter beginnen einige Kinder, eigene Homepages zu gestalten.
Verschiedene Kinderwebsites wie bspw. www.toggo.de von SuperRTL, bieten dazu
spezielle Vorlagen für Bilder, Schriften und Hintergründe an, die das Erstellen ohne
jede Programmierkenntnisse möglich machen. Die Kinder wählen dabei einfach
Elemente aus und erfinden einen Text dazu ­ häufig sind ein Steckbrief zur eigenen
Person, selbstverfasste Geschichten, Illustrationen und eine kleine Linksammlung zu
finden. Fast alle Kinder wollen auf diese Art Kontakt zu anderen aufnehmen: sie
suchen E-Mail-Freunde und bitten um Einträge ins Gästebuch. Doch die eigene
Homepage ist für die meisten nur zeitweise wichtig, selten wird eine kontinuierliche
Aktualisierung vorgenommen (Vgl. Decker 2002).
Das Chatten hat für Grundschulkinder noch einen relativ geringen Stellenwert. Erst
ab etwa ab 12 Jahren wächst das Interesse daran ­ denn erst dann sind für diese
Kommunikationsform zahlreiche Kenntnisse und Fertigkeiten ausgebildet. Schnelles
Lesen und Schreiben sind dabei wichtige Voraussetzungen, um die Kommunikation
im Fluss zu halten. Ohne gute Tastaturfertigkeiten und grundlegende
Englischkenntnisse können sog. ,Akronyme`, englische Wortkürzel (z.B. CU = see
you), und Emoticons (Symbole wie z.B. :-) = ich freue mich) nicht entschlüsselt bzw.
verwendet werden. Nicht zuletzt brauchen Kinder genügend Computererfahrungen,
um die notwendigen Programme überhaupt herunterladen zu können.
Es wurde aufgezeigt, welchen Tätigkeiten Kinder im Internet nachgehen. Da aber
das Internet durch seine Vernetzung auch spezifische Schwierigkeiten mit sich bringt,
wendet sich der Blick nun auf eben diese internetspezifischen Merkmale und auf den
kindlichen Umgang mit ihnen. Da sich unser Augenmerk auf Kinder im
Grundschulalter richtet, für die das Chatten einen relativ geringen Stellenwert hat,

22
wird der Chat und seine Auswirkungen auf Kommunikation und soziales Verhalten
nicht behandelt. Anhand von zwei ausgewählten Merkmalen des Internets, die
Kindern Probleme bei ihrer Nutzung bereiten ­ nämlich die Informationsfülle und die
Hypertextstruktur ­ soll im folgenden die kinderspezifische Internetnutzung
dargestellt werden: Sind Kinder im Grundschulalter in der Lage, die Informationsfülle
des Internets zu bewältigen? Und: Besitzen sie die Fähigkeit zum vernetzten
Denken?
2.3.2 Bewältigung der Informationsfülle
Laut KIM-Studie 2002 gehören die Informationssuche zu bestimmten Themen und
Schulfächern mit zu den liebsten Internet-Tätigkeiten der Kinder (Vgl. KIM-Studie
2002, S. 42). Schon aus diesem Grund sollte ein Blick darauf geworfen werden, wie
Kinder mit dieser im Netz vorhandenen Fülle an Informationen umgehen.
Das Internet deckt zwei große Nutzungsbereiche ab und verbindet sie: Entertainment
und Infotainment. Bei jüngeren Kindern fesselt die relative Neuentdeckung des
Mediums und es überwiegt die Spaßkomponente ­ aber es besteht auch noch kein
großer Informationsbedarf. ,,Steigender Informationsbedarf mit zunehmenden Alter
und dessen Befriedigung durch das Internet verdrängt tendenziell die vordergründige
Unterhaltung" (IconKids&Youth: SuperRTL-Studie 2000, S. 8). Jedoch bedeutet der
steigende Informationsbedarf bei den älteren Kindern nicht, dass damit auch die
Fähigkeit, sich Informationen zu Nutze zu machen, einher geht.
Wie auch viele Erwachsene sind Kinder oftmals überfordert mit der
Informationsmenge des Internets. Um einen Überblick über das angebotene
Datenmaterial zu bekommen, müssten die Informationen zunächst einmal in den
eigenen Wissens- und Erfahrungskontext eingeordnet, strukturiert, verknüpft und
bewertet werden. Doch schon allein die Notwendigkeit, relevante Daten von
unwichtigen zu unterscheiden, bereitet größte Probleme: Richtigkeit, Aktualität oder
Seriosität von Quellen müssen geprüft und kritisch analysiert werden. Besonders für
Kinder ist es schwierig, Informationen sinnvoll zu verarbeiten, ihnen die
angemessene Bedeutung zu geben und sie somit zu Wissen zu verarbeiten (Vgl.

23
Ribolitz 2001, S. 17 und Filzmaier 2001, S. 23). Außerdem sind die notwendigen
Fähigkeiten für eine effiziente Informationssuche im Grundschulalter noch nicht
ausreichend vorhanden. Nach Feil sind Kinder unter 14 Jahren nicht fähig, mit
Suchmaschinen umzugehen, weil diese ein hohes Abstraktionsvermögen verlangen,
um brauchbare Ergebnisse zu erhalten (Vgl. Feil 2000b). Wie bereits erwähnt, gehen
Kinder eher chaotisch vor, etwa durch die Eingabe von bekannten Begriffen in die
URL. Vor allem ist ihre Vorgehensweise ohne jede Suchstrategie. Suchmaschinen
spucken endlose Listen an Suchergebnissen aus, weil die Einschränkung der Suche
nach dem Schlagwortprinzip nicht beherrscht wird. Hilfreich kann bei der kindlichen
Informationsbewältigung z.B. eine Kindersuchmaschine wie ,Die Blinde Kuh` als
Einstiegsseite sein, so dass das Suchen zunächst einmal in einem übersichtlichen
aber dennoch interessanten Rahmen stattfindet. Auch Linklistenbücher als Print, die
in der Regel nach Schulfächern und Themengebieten, Wissen und Spiel sowie
Freizeitinteressen gegliedert sind, können als Orientierungshilfe dienen. Das
Nachschlagewerk ,Der Internet Guide für Schüler` etwa hat nach Schulfächern
sortiert eine riesige Sammlung kurz kommentierter Links ­ eine Fundgrube für
diejenigen, die das Internet als Informationsquelle nutzen wollen. Solche Formen der
Internethilfen können unterstützen, dass aus der zufälligen Entdeckung der Inhalte
im Einstiegsalter von ca. 6 Jahren ein systematisches Surf-Verhalten im Altersverlauf
wird.
Aufgrund dieser Unüberschaubarkeit des Informationsangebotes kann auch der
Umgang mit Hypertextstrukturen für Kinder zu Schwierigkeiten führen, indem sie
beim spontanen Verfolgen von interessant erscheinenden Spuren schnell vom
ursprünglichen Ziel abkommen. Je komplexer und unstrukturierter die Informationen
präsentiert werden, desto größer ist die Gefahr der Desorientierung und kognitiven
Überforderung (Vgl. Fasching / Podehl 1997, S. 161).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832480868
ISBN (Paperback)
9783838680866
DOI
10.3239/9783832480868
Dateigröße
947 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – Erziehungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Juni)
Note
1,5
Schlagworte
internet vernetzung digitalisierung medienpädagogik medienerziehung
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Titel: Medienkompetenzförderung bei Kindern im Grundschulalter durch Online-Angebote
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