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Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung eines mittelständischen Unternehmens

Eine praktische Anwendung multifunktionaler betriebswirtschaftlicher Instrumente

©2003 Diplomarbeit 119 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In den letzten Jahren hat sich die wirtschaftliche Situation für Unternehmen -
besonders für den Mittelstand - dramatisch verschlechtert. So spiegelt die steigende
Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland die dramatische Lage
wider. Der Autor dieser Studie sieht es daher an der Zeit, dass sich Unternehmen damit beschäftigen die Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit drastisch zu reduzieren, um damit die Kostensenkung voranzutreiben und frei werdende Ressourcen effizienter einsetzen zu können, was sich letztlich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Dabei differenziert er zwischen den Themen Revitalisierung, Turnaround und Sanierung.
Am Beispiel der fiktiven Komplex GmbH, deren Komplexitätsproblematik ohne weiteres auf andere Unternehmen übertragbar ist, analysiert der Autor mit verschiedenen multifunktionalen Instrumenten/Methoden (Produktivitätsregression, ABC-Analyse, Success-Resource-Deployment) die vorherrschende Komplexität und schnürt ein gezieltes Maßnahmenbündel, das die Komplexität auf ein beherrschbares Niveau zurückführt. Darüber hinaus zeigt er mithilfe des Success Ressource Deployment (SRD) zahlreiche Handlungsfelder auf, an denen die Komplex GmbH arbeiten wird, um die Unternehmensleistung noch weiter zu steigern.
Diese Studie betrachtet klassische Unternehmensfunktionen, die als Komplexitätstreiber wirken und zeigt Bereiche im Unternehmen auf, die unter der Komplexität leiden (Komplexitätsopfer). Vieldiskutierte Themen der letzten Jahre wie CRM, DataWarehouse, One-to-One Marketing etc., sieht der Autor durchaus kritisch. Denn möglicherweise haben gerade diese Themen zum Aufbau der Komplexität beigetragen.


Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
I.AbbildungsverzeichnisVI
II.AbkürzungsverzeichnisVIII
1.Der Mittelstand in der Krise1
1.1Die Zunahme der Unternehmensinsolvenzen1
1.2Definition des Begriffs Mittelstand3
1.2.1Qualitative Abgrenzungsmethodik4
1.2.2Quantitative Abgrenzungsmethodik5
1.3Die Charakteristik des Mittelstands7
1.4Krise besonders beim Mittelstand9
2.Projekthintergrund und Unternehmensdarstellung12
3.Komplexitätsreduktion und Revitalisierung16
4.Komplexität18
4.1Komplexität aus makroökonomischer Umweltsicht18
4.2Komplexität aus mikroökonomischer Umweltsicht19
4.3Allgemeine Definition von Komplexität21
5.Komplexitätsentstehung23
5.1Komplexität im Allgemeinen23
5.1.1Komplexität im Unternehmen23
5.1.1.1Interne Komplexität (unternehmensbezogene […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8059
Riezler, Alexander: Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung eines
mittelständischen Unternehmens - Eine praktische Anwendung multifunktionaler
betriebswirtschaftlicher Instrumente
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Fachhochschule Kempten, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
I
Abbildungsverzeichnis...VI
II
Abkürzungsverzeichnis...VIII
1
Der Mittelstand in der Krise...1
1.1
Die Zunahme der Unternehmensinsolvenzen...1
1.2
Definition des Begriffs Mittelstand ...3
1.2.1
Qualitative Abgrenzungsmethodik...4
1.2.2
Quantitative Abgrenzungsmethodik ...5
1.3
Die Charakteristik des Mittelstands ...7
1.4
Krise besonders beim Mittelstand ...9
2
Projekthintergrund und Unternehmensdarstellung ...12
3
Komplexitätsreduktion und Revitalisierung ...16
4
Komplexität...18
4.1
Komplexität aus makroökonomischer Umweltsicht ...18
4.2
Komplexität aus mikroökonomischer Umweltsicht...19
4.3
Allgemeine Definition von Komplexität ...21
5
Komplexitätsentstehung...23
5.1
Komplexität im Allgemeinen...23
5.1.1
Komplexität im Unternehmen ...23
5.1.1.1
Interne Komplexität (unternehmensbezogene Komplexität) .27
5.1.1.2
Externe Komplexität (umweltbezogene Komplexität) ...28
5.1.2
Komplexitätstreiber in Wechselwirkung ...29
5.1.2.1
Intern generierte Komplexität (Unternehmenskomplexität)...30
5.1.2.2
Extern generierte Komple xität (Marktkomplexität) ...35
5.2
Amplituden-Ökonomie ...35
5.3
Komplexitätsentstehung bei der Komplex GmbH...37
5.3.1
Schadhafte historische Entwicklung ...37
5.3.2
Aufbau von Nischenmärkten und Spezialprodukten...38
5.3.3
Übertriebene Kundenorientierung ...41

III
5.3.4
Produktdifferenzierung als vermeintlicher Wettbewerbsvorteil...43
5.3.5
Zusammenfassende Betrachtung zur Komplexitätsentstehung ...44
5.4
Der Teufelskreis ...45
6
Komplexitätsentdeckung...47
6.1
Produktivitäts-Regression ...48
6.1.1
Festlegung der Datenbasis...50
6.1.2
Berechnung der Veränderungsraten und Regressionsgeraden...52
6.1.3
Ergebnisse der Produktivitätsuntersuchung ...53
6.2
ABC-Analyse...55
6.2.1
Kundenstrukturanalyse (Umsatz) ...58
6.2.1.1
Sortierkriterium Umsatz...58
6.2.1.2
Festlegung der Grenzwerte ...59
6.2.1.3
Konzentrationskurve ...59
6.2.1.4
Ergebnis der Analyse...60
6.2.2
Kundenstrukturanalyse (Deckungsbeitrag) ...62
6.2.2.1
Festlegung der Grenzwerte ...62
6.2.2.2
Konzentrationskurve ...63
6.2.2.3
Kunden-Deckungsbeitragsstruktur ...64
6.2.2.4
Ergebnis der Analyse...64
6.2.3
Produktprogrammanalyse (Deckungsbeitrag)...66
6.2.3.1
Festlegung der Grenzwerte ...67
6.2.3.2
Konzentrationskurve ...67
6.2.3.3
Ergebnis der Analyse...68
6.2.4
ABC-Produkt-Kunden-Portfolio ...70
7
Komplexitätsmanagement...72
7.1
Komplexitätsvermeidung ...73
7.2
Komplexitätsbeherrschung ...74
7.3
Komplexitätsreduktion ...74
8
Maßnahmen zur Komplexitätsreduktion...75
8.1
Maßnahmen auf Produktseite ...75

IV
8.1.1
Reduktion des Produktprogramms ...75
8.1.2
Einführung einer Produktvorzugsliste ...76
8.1.3
Erhöhung der Mindestauftragsmengen ...77
8.2
Maßnahmen auf Kundenseite ...78
8.2.1
Outsourcing einer Kundengruppe...78
8.2.2
Veränderung der Lieferkonditionen...79
8.3
Weitere Maßnahmen ...80
9
Nach der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung ...81
9.1
Die Revitalisierung ...82
9.2
Success Resource Deployment (SRD)...85
9.2.1
Das Means-End-Konzept...85
9.2.2
Weiterentwicklung QFD zu SRD ...86
9.2.3
Elementare Funktionsweise von SRD ...87
9.2.4
Erfolgsfaktoren (EF)...89
9.2.5
Ressourcenkomponenten (RK)...92
9.2.6
Potenzialreserven-Portfolio...92
9.3
Maßnahmen zur Revitalisierung ...94
9.3.1
Verursachungsgerechte Preisgestaltung ...94
9.3.2
Vertriebssteuerung auf Deckungsbeitragsbasis...95
9.3.3
Das Kundenbewertungssystem ...96
9.3.4
Vertriebspartnerschaft mit einem Massenproduzenten ...97
9.3.5
Co-Marketing...99
10
Fazit... 100
Literaturverzeichnis...103
Anhang...107
Teil 1: SRD-Kunden-Analysebogen ...107
Teil 2: Kundenbewertungsbogen...108

V
I Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ...1
Abbildung 2: Abgrenzungskriterien ...6
Abbildung 3: Anzahl der Unternehmen in der Europäischen Union je Klasse ...7
Abbildung 4: Charakterisierung der Betriebstypen...8
Abbildung 5: Arbeitsplatzverluste durch Unternehmensinsolvenzen...10
Abbildung 6: Wertkette Komplex GmbH...15
Abbildung 7: Unternehmung in der globalen Umwelt...18
Abbildung 8: 5 -Forces-Modell ...20
Abbildung 9: Vielfalt und Unternehmenserfolg ...24
Abbildung 10: Interne und externe Komplexität ...26
Abbildung 11: Komplexitätstreiber (intern/extern) ...29
Abbildung 12: Amplituden-Ökonomie ...35
Abbildung 13: Kostensituation bei Massen- und/oder Spezialprodukten...40
Abbildung 14: Teufelskreis ...45
Abbildung 15: Produktivitätskurve ...49
Abbildung 16: Datenbasis zur Berechnung der Regression ...51
Abbildung 17: Berechnung der Veränderungsraten...52
Abbildung 18: Kleinste -Quadrate-Schätzer...52
Abbildung 19: Produktivitätskurve ...53
Abbildung 20: Exemplarische ABC-Klassendarstellung ...56
Abbildung 21: Konzentrationskurve ...58
Abbildung 22: Berechnungsschema zur ABC-Analyse ...58
Abbildung 23: ABC-Grenzwerte (Umsatz) ...59
Abbildung 24: Konzentrationskurve (Umsatz) ...60
Abbildung 25: ABC-Strukturwerte (Umsatz) ...61
Abbildung 26: ABC-Grenzwerte (Deckungsbeitrag)...62
Abbildung 27: Konzentrationskurve (Deckungsbeitrag)...63
Abbildung 28: Kunden-Deckungsbeitragsstruktur ...64
Abbildung 29: ABC-Strukturwerte (Deckungsbeitrag) ...65
Abbildung 30: ABC-Grenzwerte - Produkte (Deckungsbeitrag) ...67

VI
Abbildung 31: Konzentrationskurve (Deckungsbeitrag)...68
Abbildung 32: Anteil der Produkte am Deckungsbeitrag ...68
Abbildung 33: ABC-Produkt-Kunden-Portfolio...71
Abbildung 34: Komplexitätsmanagement ...73
Abbildung 35: Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung...81
Abbildung 36: Aktionsrahmen von Revitalisierung, Turnaround und Sanierung 84
Abbildung 37: Success Resource Deployment ­ Prinzipdarstellung ...88
Abbildung 38: Ausschnitt Analysebogen - Erfolgsfaktoren...89
Abbildung 39: Erfolgsfaktoren - Relevanz "heute" ...90
Abbildung 40: Relevanzveränderung der Erfolgsfaktoren...91
Abbildung 41: Ausschnitt Analysebogen - Ressourcenkomponenten...92
Abbildung 42: Stärken/Schwächen-Potenzialreserven-Portfolio ...93
Abbildung 43: System zur Vertriebssteuerung ...96
Abbildung 44: Kundenseitiges Lieferantenportefeuille ...98

VII
II Abkürzungsverzeichnis
AO
Abgabenordnung
BRD
Bundesrepublik Deutschland
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CRM
Customer Relationship Management
d. h.
das heißt
DB
Deckungsbeitrag
DIHK
Deutsche Industrie- und Handelskammer
DV
Datenverarbeitung
e. V.
eingetragener Verein
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EF
Erfolgsfaktoren
EG
Europäische Gemeinschaft[en] vgl. EU
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EUR
Euro
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
F&E
Forschung und Entwicklung
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HGB
Handelsgesetzbuch
inkl.
inklusive
ISO
International Organization for Standardization
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
KG
Kundengruppe
kg
Kilogramm
KMU
kleine und mittlere Unternehmen
KO
Komplexitätsopfer
KT
Komplexitätstreiber
KUBE
Kompetenzzentrum für Unternehmensentwicklung und
-beratung
lt.
laut
MA
Mitarbeiter
mind.
mindestens
o. g.
oben genannt

VIII
PKW
Personenkraftwagen
PS
Produktionsstufe
QFD
Quality Function Deployment
RK
Ressourcenkomponenten
SRD
Success Resource Deployment
u. a.
unter ander[e]m, unter ander[e]n
u.v.a.m.
und viele[s] andere mehr
USD
US-Dollar
vgl.
vergleiche
z. B.
zum Beispiel
zzgl.
zuzüglich

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
1
1 Der Mittelstand in der Krise
In den letzten Jahren hat sich die wirtschaftliche Situation für Unternehmen -
besonders für den Mittelstand - dramatisch verschlechtert. So spiegelt die stei-
gende Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland die dramatische La-
ge wider. Jährlich neue Rekordmarken signalisieren kein Ende der Mit-
telstandskonkurse in Deutschland. Vom Sterben der Mittelständler bekommt
man nur wenig mit. Das geschieht meist sehr still im Hintergrund und findet le-
diglich in den Statistiken Erwähnung. Nur Insolvenzen von bekannten Unter-
nehmen werden von den Medien aufgegriffen und zum Politikum stilisiert. Je-
doch spielen die Konkurse große r Unternehmen volkswirtschaftlich gesehen nur
eine Nebenrolle, denn der Mittelstand, mit vielen kleinen und mittleren Unter-
nehmen, bildet das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
1.1 Die Zunahme der Unternehmensinsolvenzen
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland hat im Jahr 2002 einen
neuen Höchststand e rreicht.
Abbildung 1: Unternehmensinsolvenzen in Deutschland
(Quelle: Creditreform)

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
2
Nach Angaben von Creditreform, haben im Jahr 2002 37.700 Unternehmen In-
solvenz angemeldet. Das sind 16,4 % mehr als im Vorjahr (32.290).
1
Dass für
2002 eine neue Rekordmarke erreicht werden würde, war schon gegen Mitte
des Jahres absehbar. So titelte z. B. die Financial Times Deutschland von der
,,...größten Pleitewelle der Nachkriegszeit", die über die deutsche Wirtschaft
rollt. Nach Prognosen von Creditreform sollten gar 40.000 Unternehmen im
Jahr 2002 Insolvenz beantragen.
2
Im Frühjahr 2003 hat sich die Lage nicht verbessert. Nach Umfragen von zahl-
reichen Institutionen
3
, sehen die Unternehmen noch keine Umkehr dieser
schlechten wirtschaftlichen Verfassung, sondern blicken auch weiterhin pessi-
mistisch in die Zukunft. Dieses negative Gesamtumfeld belastet die Unterne h-
men und lässt auch weiterhin die Zahl der Insolvenzen ansteigen. Möglicher-
weise zeichnet sich für 2003 ein neuer Rekordstand ab. Auf einer Pressekonfe-
renz zur Konjunkturumfrage 2003 sprach der Hauptgeschäftsführer des Deut-
schen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) von einer so schlechten
Stimmung bei den Unternehmern, dass sie nur noch im Rezessionsjahr 1993
überboten wurde.
4
So viel Pessimismus wird nicht nur von Unternehmerseite
geäußert, sondern auch staatlich nahe Institutionen - wie z. B. die Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) mit ihrem KfW-Indikator Mittelstandskonjunktur ­ brin-
gen Ähnliches zum Ausdruck. Der Indikator fiel auf den niedrigsten Stand seit
sechs Jahren und markierte damit einen Punktestand von 97,0. Auch die Früh-
jahrsumfrage der Creditreform - unter knapp 5.000 Betrieben in Deutschland ­
förderte eine derartige negative Einschätzung zu Tage.
5
Für das Gesamtjahr 2003 dürfte sich die Situation nicht aufhellen und es kann
weiter mit einer Zunahme der Unternehmensinsolvenzen gerechnet werden.
1
Verband der Vereine Creditreform e. V. (Creditreform)
2
http://www.ftd.de/pw/de/1014399214911.html (Zugriff: 16.06.2003)
3
Creditreform, Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), IfM Bonn, DIHK
4
Statement von Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages, anlässlich der Pressekonferenz zur Konjunkturumfrage Frühjahr 2003
am 18. Februar 2003
5
Vgl. o. V., Mittelstand in schlechter Verfassung, in: Handelsblatt v. 17.04.2003

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
3
Nach Einschätzung von Creditreform werden im Jahr 2003 zwischen 40.000
und 42.000 Unternehmen den Gang zum Konkursrichter antreten müssen.
6
Besonders bei der vorherrschenden wirtschaftlichen Verknüpfung vo n Unter-
nehmen (intensive Kunden- und Lieferantenstrukturen) besteht die Gefahr, dass
Insolvenzen eine Art Kettenreaktion auslösen und zahlreiche andere Unter-
nehmen in den Konkurs mitreißen. Dies löst geradezu einen ,,Insolvenz-
Flächenbrand" aus, der vor allem das Ende für zahlreiche Mittelstandsunter-
nehmen bedeutet.
1.2 Definition des Begriffs Mittelstand
Der Begriff ,,Mittelstand" wird häufig von Politik, Behörden, Medien und Banken
verwendet. Jedoch liegt dort oftmals ein unterschiedlicher Definitionsrahmen zu
Grunde, was zu Irritationen und Missverständnissen führt. Selbst Behörden,
Ämter, staatliche Institutionen und zahlreiche Verbände sind von der Abgren-
zungsproblematik betroffen, da Gesetze (z. B. HGB
7
, GWB
8
) differente Grö-
ßenabgrenzungen in Bezug auf Mittelstandsunternehmen geben. Eine eindeuti-
ge Definition ist daher notwendig, um das Mittelstandsunte rnehmen als Objekt
und Mittelpunkt dieser Arbeit zweifelsfrei identifizieren zu können.
Grundsätzlich bezeichnet der Begriff Mittelstand kleine und mittle re Unterneh-
men. Dies korrespondiert mit dem häufig verwendeten Akronym KMU, das für
die Gesamtheit der kleinen und mittleren Unternehmen steht. Durch eine mög-
lichst genaue Abgrenzung soll erreicht werden, dass die Begriffe: Kleinunter-
nehmen, mittleres Unternehmen und Großunternehmen überschneidungsfrei
getrennt werden. Eine eindeutige Zuordnung der Unternehmen ist dann mög-
lich, wenn zur Abgrenzung nur mit einem Kriterium gearbeitet wird.
9
6
Vgl. o. V., Pleitewelle erreicht neue Rekordmarke, in: Handelsblatt v. 27.06.2003, S. 12
7
§267 (2) HGB
8
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), im Rahmen der Mittelstandsempfehlung
des § 38 Abs. 2 Nr. 1 GWB in Verbindung mit § 5 b GWB
9
Vgl. Pfohl, H.-C., 1997, S. 13

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
4
Die Anwendung von zwei oder mehr Kriterien führt oftmals zu Abgrenzungs-
schwierigkeiten, da nicht eindeutig ist, nach welchem Kriterium das Unterneh-
men einer Gruppe zuzuordnen ist.
Im Rahmen der Betriebswirtschaft werden zur Abgrenzungsmethodik von Un-
ternehmen zahlreiche Vorschläge gemacht, welche sich grundsätzlich entweder
dem qualitativen oder dem quantitativen Ansatz zuordnen lassen. Darüber hi n-
aus finden sich Konzepte, die eine Kombination aus beiden darstellen, also die
quantitativen Kriterien durch qualitative ergänzen und dadurch mehr auf die Ei-
genheiten von Betrieben eingehen.
1.2.1 Qualitative Abgrenzungsmethodik
Die qualitative (ordinale) Abgrenzung versucht mittels Merkmalskatalog zahlrei-
che beschreibende Kriterien vorzugeben, die auf den Mittelstand zutreffen
könnten. Hierbei ist es wichtig, besonders viele Merkmale zu erfüllen, um dem
Klein- und Mittelstandsbereich zuzugehören und sich dadurch deutlich gegen
Großunternehmen abzugrenzen. Diese Methodik ist besonders mit Problemen
in der Operationalisierung behaftet. Das zeigt sich daran, dass zahlreiche Ver-
fasser
10
sich des Themas angenommen haben, was zu einer Vielzahl an unter-
schiedlichen Merkmalskatalogen und differenten Ansichten geführt hat. Jedoch
haben die Verfasser ein Ziel gemein: Einen möglichst guten Katalog zu generie-
ren, um klare Unternehmensabgrenzungen zu ermöglichen.
Exemplarisch für viele andere Merkmalskataloge sei hier der überschaubare
Ansatz von GANTZEL aus dem Jahr 1962 genannt, der sich auf wenige Krite-
rien stützt :
11
10
Vgl. Pfohl, H.-C., 1997, S. 19-22, ebenso Stanworth, M. J. K.; Curran, J., 1976, S. 95-110,
sowie Pleitner, H. J., 1986, o. S.
11
Gantzel, K. J., 1962, S. 280

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
5
·
Der Unternehmer ist selbständiger Eigenunternehmer, der Kapital und
Leitung in seiner Hand vereinigt und Risiko und Verantwortung trägt.
·
Die Unternehmung ist entscheidende Existenzgrundlage und Einkom-
mensquelle des Unternehmers und seiner Familie.
·
Die Unternehmung ist die dauernde Lebensaufgabe und notwendige
Grundlage der Berufsaus übung des Unternehmers.
·
Die Struktur und Wirtschaftsweise werden von der persönlichen Mitwir-
kung des Unternehmers bis in Details bestimmt.
·
Die Mitarbeiter bilden eine personal-geprägte Betriebsgemeinschaft, in
der zwischenmenschliche Beziehungen durch persönliche Kenntnis und
ständige Fühlungsnahme bestimmt sind.
Weiter finden sich zahlreiche modernere Ansätze, die zum Teil einen sehr um-
fangreichen Kriterienkatalog aufweisen. An dieser Stelle sei der von PFOHL
12
(1997) genannt. Ein weiterer Ansatz, der eine breite Definitionsauslegung des
Mittelstands unter qualitativen Gesichtspunkten darstellt, ist der von
WOSSIDLO, der die Auffassung vertritt, dass auch Ein-Mann-Unternehmen als
mittelständische Unternehmen anzusehen wären, da der Unternehmer der so-
zialen Mittelschicht zugerechnet wird.
13
Aus vielen, zum Teil konträren, Ansätzen und Standpunkten der Autoren wird
deutlich, dass die Abgrenzungsproblematik dadurch nicht geringer wird. Des-
halb soll ein weiterer, der quantitative Ansatz, vorgestellt werden.
1.2.2 Quantitative Abgrenzungsmethodik
Bei der quantitativen (kardinalen) Abgrenzung bieten sich besonders betriebs-
wirtschaftliche Kennzahlen an, die sich sehr einfach und schnell aus dem Jah-
resabschluss entne hmen lassen. Am häufigsten sind das Größenindikatoren
wie z. B. Zahl der Beschäftigten, Jahresumsatz und Bilanzsumme. Es fällt auf,
12
Pfohl, H.-C., 1997, S. 19-22
13
Vgl. Mugler, J., 1995, S. 23 (zit. nach Wossidlo, P. R., 1993, Sp. 2888-2898)

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
6
dass der quantitative Ansatz bei zahlreichen Institutionen
14
Anwendung fi ndet,
um die statistische Forschungsarbeit zu vereinfachen.
15
Hierbei ist es notwe n-
dig, eine annähernd überschneidungsfreie und in sich homogene Untersu-
chungsgruppe zu bilden. Die Europäische Kommission hat sich vor Jahren
16
mit
der Abgrenzungsproblematik beschäftigt und ihre Sichtweise als Empfehlung
besonders an Politik, Banken und Forschungsinstitutionen weitergegeben. Ei-
nerseits dient das der einheitlichen statistische n Betrachtung bei den Mitglieds-
staaten der Europäischen Union, andererseits einer kongruenten Berücksichti-
gung förderfähiger Unternehmen, wodurch eine europäische Gleichbehandlung
gewährleistet werden soll.
Unternehmen
Umsatz in EUR
Bilanzsumme
Anzahl
Mitarbeiter
Kleinunternehmen
max. 7 Mio.
max. 5 Mio.
< 50
Mittlere Unternehmen
> 7 Mio. bis 40 Mio.
> 5 Mio. bis
27 Mio.
50 bis 249
Großunternehmen
> 40 Mio.
> 27 Mio.
> 249
ODER-Kriterium
UND-Kriterium
Abgrenzungskriterien
Abbildung 2: Abgrenzungskriterien
(Quelle: Europäische Kommission, Empfehlung v. 03. April 1996)
Alternativ zur Bilanzsumme steht das Kriterium Umsatz zur Verfügung. Das ist
besonders bei Unternehmen anzuwenden, die nicht gesetzlich zur Erstellung
einer Bilanz verpflichtet sind.
17
Betroffen davon sind vor allem Kleinunterne h-
men und kleine Mittelständler, die zahlenmäßig die größte Gruppe innerhalb
den KMU's darstellen. Deshalb war es sehr wichtig, neben der Bilanzsumme
das Oder-Kriterium Umsatz einzuführen. In machen Fällen ergibt sich dadurch
eine Entscheidungsproblematik, da bei Unternehmen, wo beide Zahlenwerte
14
Institut für Mittelstandsforschung in Bonn, OBSERVA Studiengemeinschaft - Schweizerisches
Institut für gewerbliche Wirtschaft an der Universität St. Gallen (IGW-HSG) und
Eco'Diagnostic aus Genf
15
Vgl. Mugler, J., 1995, S. 17
16
Richtlinie 94/8/EG vom 21.03.1994 i. V. m. Richtlinie 78/660/EWG, ebenso die Empfehlung
vom 03. April 1996
17
§ 140 ff. AO, § 238 ff. HGB

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
7
vorliegen, einem Kriterium der Vorzug gegeben werden muss. Das andere Kri-
terium ,,Anzahl der Mitarbeiter" ist in jedem Fall anzuwe nden, da es sich hier um
ein Und-Kriterium handelt.
Aus der Proble matik des qualitativen Ansatzes, dessen differente Merkmalsin-
terpretation und eines große n Bewertungsaufwands pro Unternehmen präsen-
tiert sich der qualita tive Ansatz als suboptimal. Die Alternative dazu, der quanti-
tative Ansatz, reicht als Entscheidungsinstrument zur Abgrenzung von Unter-
nehmen bei dieser Arbeit völlig aus und wird darüber hinaus mit konkreten Vor-
gaben (Klassengrenzen) der Europäischen Kommission praktiziert. Dieser An-
satz findet in der Europäischen Union größtenteils Anwe ndung. Auch in
Deutschland ist der Ansatz weit verbreitet, wodurch sich mittlerweile eine
Abgrenzungs-Transparenz bei Politik, Behörden, Banken bis hin zu autonomen
Forschungseinrichtungen entwickelt.
1.3 Die Charakteristik des Mittelstands
Unter Anwendung der quantitativen Abgrenzungsmethodik ergibt sich innerhalb
der Europäischen Union folgende Verteilung.
Unternehmen
Anzahl
Prozent
Kleinunternehmen
Mittlere Unternehmen
17.864.200
99,8
Großunternehmen
35.800
0,2
Gesamt
17.900.000
100
Abbildung 3: Anzahl der Unternehmen in der Europäischen Union je Klasse
(Quelle: Europäische Kommission)
In Europa und in der BRD ist die wirtschaftliche Struktur sehr stark auf den Mit-
telstand fokussiert. Von den insgesamt 17,9 Millionen Unternehmen innerhalb
der Europäischen Union sind ca. 99,8 % den KMU's und damit dem Mittelstand
zuzuordnen. Diese Unterne hmen beschäftigen 66 % aller Erwerbstätigen aus
der Privatwirtschaft und generieren einen Anteil am Gesamtumsatz von

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
8
56,2 %.
18
Auch in der BRD bildet der Mittelstand die zentrale Säule der Wirt-
schaft. Insgesamt waren es im Jahr 1999 ca. 3,2 Millionen KMU's und damit ei-
ne Quote von 99,3 %. Die mehrwertsteuerpflichtigen Umsätze gehen zu
44,8 % auf den Mittelstand zurück, der im Übrigen fast 70 % der Arbeitnehmer
in Deutschland beschäftigt.
19
Die Zahlen der Europäischen Union sind mit de-
nen der Bundesrepublik Deutschland annähernd identisch. Dies ist darauf zu-
rückzuführen, dass die BRD den größten wirtschaftliche n Partner der Union
darstellt.
Neben der quantitativen Beschreibungsform, weist der Mittelstand bei qualitati-
ver Gegenüberstellung interessante Unterschiede zu Großbetrieben auf. In
Abbildung 4 erfolgt die vergleichende Betrachtung anhand des Kriteriums ,,Un-
ternehmensführung" für ,,Klein- und Mittelbetriebe" und ,,Großbetriebe", aus der
bereits große Differenzen beider Betriebstypen sichtbar werden. Diese leicht
modifizierte Tabelle nach PFOHL beleuchtet nur eines von zahlreichen Analy-
sekriterien
20
.
Unternehmensführung
Klein- und Mittelbetriebe
Großbetriebe
Eigentümer-Unternehmer
angestellte Manager
mangelnde
Unternehmensführungskenntnisse
fundierte
Unternehmensführungskenntnisse
Technisch orientierte Ausbildung
gutes technisches Wissen in
Fachabteilungen und Stäben
patriarchalische Führung
Führung nach
Management-by-Prinzipien
kaum Gruppenentscheidungen
häufig Gruppenentscheidungen
kaum Planung
umfangreiche Planung
unmittelbare Teilnahme am
Betriebsgeschehen
Distanz zum Betriebsgeschehen
Führungspotenzial nicht austauschbar
Führungspotenzial austauschbar
Abbildung 4: Charakterisierung der Betriebstypen
(Quelle: Pfohl, H.-C., 1997, S. 19)
18
Vgl. Europäische Kommission, 1998
Vgl. http://europa.eu.int/comm/enterprise/entrepreneurship/promoting_entrepreneurship/doc/c
om_1997_610_de.pdf (Zugriff: 16.06.2003)
19
Vgl. Hauser, H. -E., 2000, S. 9
20
Organisation, Beschaffung, Produktion, Absatz, Entsorgung, Forschung und Entwicklung, Fi-
nanzierung, Personal, Logistik

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
9
Es ist feststellbar, dass Klein- und Mittelbetriebe nicht nur zahlenmäßig
21
große
Unterschiede zu Großbetrieben aufweisen, sondern auch von ihren Wesenszü-
gen völlig andere Typen repräsentieren. Demzufolge sind auch Vorgehen und
Auftreten im Wettbewerbsmarkt different. Treffen KMU's in diversen Marktsek-
toren auf überdimensionale Kontrahenten in Form von Großbetrieben, lässt dies
das Bild von ,,David gegen Goliath" berechtigt erscheinen. So gilt David als klei-
ner, intelligenter und flinker Jüngling, Goliath im Gegenzug als großer, kraft-
strotzender, gut bewaffneter und schwerfälliger Krieger. Unabhängig davon, wie
dieser Kampf beider endet, ist die geringere Stärke des Mittelstands grundsätz-
lich mit Risiken behaftet. Die Kräfteminorität wirkt sich bei Angriffen durch
Großunterne hmen besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten negativ für den
Mittelstand aus. Üppige Finanzmittel sind oftmals nur eine von vielen ,,Waffen",
die dem Mittelstand zum Überleben fehlen.
1.4 Krise besonders beim Mittelstand
Von internationalen und nationalen Wirtschaftskrisen sind nicht nur Großunter-
nehmen betroffen. Besonders den Mittelstand kosten solche rezessiven Wirt-
schaftsphasen Substanz. Im Jahr 2002 hat sich die Ertragslage der Unterneh-
men weiter verschlechtert. Die Mehrheit der Mittelständler kämpft mit rückläufi-
gen Erträgen
22
, was bei einer geringen Eigenkapitalquote
23
kurz- bis mittelfristig
die Unternehmensexistenz gefährdet. Von Seiten der Banken kann der Mit-
telstand derzeit auf keine Unterstützung hoffen: dort werden Kreditportefeuilles
bereinigt, Kreditengagements bei risikobehafteten Branchen zurückgefahren
und nicht selten Kredite kurzfristig fällig gestellt.
24
21
Bilanzsumme, Umsatz, Anzahl der Mitarbeiter, etc.
22
Vgl. Mittelstandsmonitor 2003, http://monitor.mittelstand.info/ (Zugriff: 16.06.2003)
23
weniger als 10 %
24
HypoVereinsbank, Deutsche Bank, Dresdner Bank, etc.

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
10
Nach Zahlen der EU, sind in Europa 99,8 % der dort ansässigen Unternehmen
dem Bereich der KMU's zuzuordnen.
25
In Deutschland beträgt der Anteil eben-
falls mehr als 99 %.
26
Zieht man die Zahl der Unternehmensinsolvenzen 2002
(siehe Kapitel 1.1) heran, so kann davon ausgegangen werden, dass von den
37.700 Unternehmen etwa der gleiche Anteil (99 %) auf den Bereich KMU ent-
fällt. Folglich stehen mindestens 99 % der klein- und mittelständischen Betriebe
in Deutschland für die Anzahl von 37.700 Unternehmensinsolvenzen und ledig-
lich ein Prozent entfällt auf Großunternehmen.
Jahr Arbeitsplatzverluste (APV)
U-Insolvenzen
APV / U-Insolvenz
1997
554.000
27.474
20,2
1998
501.000
27.828
18,0
1999
471.000
26.620
17,7
2000
448.000
27.930
16,0
2001
503.000
32.390
15,5
2002
590.000
37.700
15,6
Abbildung 5: Arbeitsplatzverluste durch Unternehmensinsolvenzen
(Quelle: Creditreform)
Eine weitere Betrachtungsweise stützt diese Annahme. In der Abbildung 5 sind
die jährlichen Arbeitsplatzverluste der Anzahl der Unternehmensinsolvenzen
gegenübergestellt. Dadurch lässt sich die durchschnittliche Zahl der Arbeits-
platzverluste pro Unternehmensinsolvenz ermitteln. Im Jahr 2002 haben 37.700
Unternehmen in Deutschland Insolvenz angemeldet und dadurch 590.000 Ar-
beitplätze abgebaut. Somit entstanden 2002 durchschnittlich bei jedem Unter-
nehmen 15,6 Arbeitsplatzverluste. Unterstellt man, dass hinter jedem Arbeits-
platz nur 1 Mitarbeiter
27
steht, kann mit Hilfe der Unternehmensgrößen-
Abgrenzungstabelle (siehe Abbildung 2) das Insolvenzunternehmen dem Be-
reich der KMU zugeordnet werden. Demzufolge sind besonders die KMU's von
25
Vgl. http://europa.eu.int/comm/enterprise/library/enterprise-
europe/issue2/pdf/2_012001_de.pdf (Zugriff: 19.08.2003)
26
Nach Angaben des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn beträgt der Anteil mittelständi-
scher Betriebe am gesamten Unternehmensbestand der Bundesrepublik 99,6 Prozent (1998).
http://www.ifm-bonn.de/presse/kmu.pdf (Zugriff: 19.08.2003)
27
Keine Berücksichtigung von Teilzeitkräften, die sich einen Arbeitsplatz teilen

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
11
der bedrohlichen Wirtschaftskrise betroffen und repräsentieren die größte
Gruppe in der Insolvenzstatistik.
Die derzeitige Konjunktursituation ist geprägt von einer Kaufzurückhaltung der
Kunden. Größere Anschaffungen, wie der Kauf von Wohnungseinrichtung, Au-
to, Motorrad, etc. werden nicht getätigt oder aktuell niedriger priorisiert und in
die Zukunft verschoben. Bei kleineren Käufen (Nahrungsmittel, Bekleidung,
etc.) greift der Kunde auf das billigere Produkt zurück und versucht die Ausga-
ben möglichst gering zu halten.
28
Der Einzelhandel und große Warenhäuser lei-
den besonders unter dieser Situation. Manche sprechen gar von einem ,,Käu-
ferstreik".
29
Von dieser Entwicklung sind nicht nur endkundenseitige Betriebe
betroffen. Eine intensive Verflechtung der Zulieferstruktur innerhalb der Wert-
kette leitet das Absatzproblem auf Endkundenseite zur jeweiligen Vorstufe wei-
ter, was zur Folge hat, dass der schrumpfende Erlös am Ende der Wertkette zu
einem Problem wird, welches in Richtung Rohstoffseite wandert. Solange die
Zwischenstufen der Wertkette das Problem von sinkenden Umsätzen und Mar-
gen an ihre Vorstufe partiell weitergeben können, trifft es die einzelne Stufe
nicht mit voller Härte. Jede einzelne Wertkettenstufe hätte einen Teil des Erlös-
rückgangs zu tragen. In der Vergangenheit haben sich jedoch Großunterne h-
men darauf fokussiert, die lukrativsten Wertschöpfungsstufen einzunehmen und
sich von uninteressanten, risikobehafteten Stufen zu distanzieren.
30
In diese
Lücke sind viele Mittelständler gesprungen, was in der derzeitigen konjunkturel-
len Schwächephase zu einem verstärkten Erfolgsdruck führt. Der Mittelständler
wird in dieser Lücke von weitaus stärkeren und größeren Unternehmen in die
Zange genommen. Auf der Einkaufsseite ist nur mit marginalen Preisnachläs-
sen zu rechnen, auf der Verkaufsseite werden jedoch Preisnachlässe in hohem
Umfang gefordert. Es bleibt dem Mittelsstandsunternehmen oftmals kein ande-
rer Ausweg, als die eigene Kostenstruktur rigoros anzupassen.
28
Aldi konnte 2002 ein zweistelliges Umsatzwachstum verzeichnen.
Vgl. Brandes, D., 2003, S. 18
29
http://www.ftd.de/pw/in/1053090415614.html?nv=se, (Zugriff: 16.06.2003)
ebenso http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/741/12729/ (Zugriff: 16.06.2003)
30
Vgl. Hus, C., Die Hand am Puls der Kunden, in: Handelsblatt v. 18.07.2003

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
12
Zahlreiche Möglichkeiten zur Kostensenkung stehen dem Unternehmer zur Ver-
fügung. So werden in der Praxis oft Maßnahmen wie Personalreduktion, Erhö-
hung des Automatisierungsgrads, Betriebsverlagerungen ins Ausland und in-
tensive Preisverhandlungen mit den Lieferanten zur Erreichung einer Koste n-
senkung vollzogen. Neben den üblichen Maßnahmen stehen der Geschäftslei-
tung weitere Möglichkeiten zur Auswahl, um den Koste nblock zu reduzieren
und damit eine gesunde Basis zu schaffen, die zur nachhaltigen ,,Wiederbele-
bung" des Geschäfts beiträgt.
Umso mehr ist es erforderlich, dass der Mittelstand alle Anstrengungen unter-
nimmt, das operative Geschäft zu durchleuchten, Schwachstellen zu identifizie-
ren und beseitigen und letztendlich das Geschäft zu vitalisieren. Nur so ist es
möglich, das Unternehmen auf die veränderte Unternehmensumwelt (Kunden,
Lieferanten, Wettbewerber, Innovationen, etc.) neu auszurichten und nachhaltig
für den Unternehmensbestand zu sorgen.
2 Projekthintergrund und Unternehmensdarstellung
Das Thema zu dieser Arbeit ergab sich aus einem Unternehmensberatungspro-
jekt mit dem Titel ,,Analyse der Geschäfts- und Kostenstrukturen mit Ableitung
von Maßnahmen zur Kostenreduktion und Geschäftsvitalisierung" im Jahr 2002.
Schon nach den ersten Gesprächen mit der Geschäftsleitung und leitenden A n-
gestellten und anschließender Voruntersuchung zur gemeinsamen Festlegung
des Projektumfangs und der ­vorgehensweise traten die Probleme des Unter-
nehmens zu Tage. Es hat in den letzten Jahren einen unübersichtlichen, gro-
ßen Kostenblock aufgebaut, der im weiteren Geschäftsverlauf immer stärker
zum Problem wurde. Als mittelständischer Produktionsbetrieb musste das Un-
ternehmen gegen weitaus größere Wettbewerber in einem umkämpften, dyna-
mischen Markt bestehen und dem stetigen Preisverfall auf Kundenseite stand-
halten. Hierauf begründet sich der Handlungsdruck für das Unternehmen, um
der lebensbedrohlichen Lage zu entkommen. Zur Unterstützung bei dieser

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
13
schwierigen Mission kooperierte das Unternehmen mit KUBE e. V.
31
, bei der
der Verfasser dieser Arbeit im Projektteam tätig war. Im weiteren Verlauf dieser
Arbeit ist das betreute Unternehmen aus Gründen der Anonymität, Mandante n-
loyalität und unter Berücksichtigung gemeinsamer Interessen mit der Firmie-
rung ,,Komplex GmbH" dargestellt und beschrieben. An einigen Stellen wurden
Zahlenwerte modifiziert, um etwaige Rückschlüsse auf das Unternehmen zu
verhindern. Jedoch geschah das unter Berücksichtigung der Basisaussagekraft,
so dass die dargestellten Zahlen und Grafiken die tatsächliche Situation annä-
hernd widerspiegeln. Aus diesem Grund können die dargelegten Inhalte, Argu-
mentationen und Anwendung der eingesetzten multifunktionalen Instrumente
für viele andere Mittelstandsunterne hmen
32
nützlich sein und ihren Beitrag zur
Kostensenkung durch Komplexitätsreduktion und anschließende Revitalisierung
leisten.
An dieser Stelle sei das Unternehmen näher vorgestellt:
Die Komplex GmbH ist als mittelständisches Unternehmen in Deutschland mit
der Herstellung von Komponenten als Zulieferer tätig. Zahlreiche in der Wert-
kette (vgl. Abbildung 6) nachgelagerte Kunden benötigen diese Produktkompo-
nenten zur Fertigung des Endprodukts. Auf Kundenseite der Komplex GmbH
finden sich nationale und internationale Kunden, die unterschiedliche Unter-
nehmensgrößen repräsentieren. So zählen Kleinunternehmen
33
bis hin zu
Großunternehmen
34
zum Kundenkreis. Obwohl das Unternehmen weltweite
Kundenbeziehungen pflegt, befinden sich sämtliche Unternehmensfunktionen
an einem Standort vereint. Von der Verwaltung bis zur Produktion ist alles in
Deutschland a ngesiedelt.
31
Kompetenzzentrum für Unternehmensentwicklung und ­beratung e. V., www.kube-ev.de
32
Zur Mittelstandsabgrenzung siehe Kapitel 1.2
33
Vgl. Abbildung 2
34
ebenda

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
14
Komplex GmbH
·
Umsatz: ca. 12 Mio. EUR
·
Ca. 100 Mitarbeiter
·
Ca. 300 Kunden (international)
·
Unternehmensbestand seit über 50 Jahren
Die Kapazitätsauslastung (Maschinen, Personal) der Komplex GmbH am Be-
ginn des Projekts lag bei ca. 105 %. Vom Produktionsleiter kam die Äußerung,
dass man schon ,,...auf Anschlag" produziere. Von verschiedenen Seiten kam
bereits der Ruf nach Kapazitätserweiterung.
Das Kundenportefeuille der Komplex GmbH ist nach Kundenbranchen segmen-
tiert und verschiedenen Branchen zugeordnet. Das ist durchaus sinnvoll, da
einzelne Kundengruppen, auf Grund ihres differenten Nachfrageverhaltens,
damit in sich homogen sind.
Produktsegmente:
Kundengruppe (KG) 1:
Meist Großkunden, denen der Preis sehr wichtig ist. Große Bestellvolu-
mina sind üblich. Die Produktvielfalt ist mittelstark ausgeprägt, aber
überschaubar.
Kundengruppe (KG) 2:
Mittlere und große Kunden einer bestimmten Branche, die Wert auf Pro-
duktinnovation und -individualität in Form von Produktvarianten legen.
Der Preis gilt eher als sekundäres Kriterium. Eine hohe Servicebereit-
schaft ist ihnen wichtig.

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
15
L
Komplex
GmbH
P
EK
H
Preissteigerung
Preisverfall
Preisverfall
Kundengruppe (KG) 3:
Kleinkunden einer bestimmten Branche; kleine Auftragsmengen und ho-
he Produktvielfalt sind für sie bezeichnend.
Kundengruppe (KG) 4:
Sonstige Kunden (klein- bis mittelgroß) unterschiedlichster Branchen.
Abbildung 6: Wertkette Komplex GmbH
35
Der Blick auf die Wertkette
36
(Abbildung 6) zeigt, dass die Komplex GmbH im
mittleren Sektor der Kette a ngesiedelt ist. Die vorgelagerte Stufe (Rohstoffseite)
decken mehrere Lieferanten (L) ab. Unter ihnen nimmt der Hauptlieferant eine
marktbeherrschende Stellung in Europa ein. Dadurch ist dem Preis wenig Ges-
taltungsspielraum nach unten geboten. Letzte Preisverhandlungen schlugen
fehl und führten zum Preisanstieg. Auf den nachgelagerten Stufen (Kundensei-
te) wird der Preisdruck von Händlerseite (H) weitergegeben. Das bekommt die
Komplex GmbH am härtesten durch ihre Großkunden (Produze nten) zu spüren,
die selbst im Wettbewerb mit Konkurrenten und Händlerkunden (Großhändler,
Warenhausketten und Einzelhändler) stehen. Es wird versucht, den Preisdruck
an die Komplex GmbH weiterzugeben.
Dadurch befindet sich das Unternehmen in der Preis- bzw. Kostenknautschzo-
ne, bei der der Preisdruck von hinten (Lieferanten) und vorne (Kunden) wirkt.
35
L=Lieferant, P=Produzent, Weiterverarbeiter, H=Handel, EK=Endkunde
36
Supply Chain

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
16
3 Komplexitätsreduktion und Revitalisierung
Aus der oben dargestellten Situation ergibt sich, dass es für die Komplex GmbH
dringend notwendig ist, die eigene Kostenbasis abzusenken. Neben zahlrei-
chen Möglichkeiten zur Kostensenkung, fokussiert sich der Autor auf die Kom-
plexitätsreduktion, da hier ein Kostensenkungspotenzial besteht, das von den
meisten Unternehmen nicht genutzt wird. Diese Möglichkeit zur Kostensenkung
unterscheidet sich grundsätzlich von den üblichen und derzeit häufig praktizier-
ten Maßnahmen, die in den meisten Fällen auf eine Personalfreisetzung hi-
nauslaufen. Mit der Komplexitätsreduktion erreicht das Unternehmen nicht nur
eine Kostenersparnis, sondern bewirkt eine umfassende Systemverschlankung.
Dadurch kehrt das Unternehmen auf eine gesunde Geschäftsbasis zurück. Im
Kostenbereich sind Absenkungen von 15 bis 20 % möglich. Nach Erfahrungen
von ROMMEL sind mind. 15 % der Gesamtkosten durch die Komplexität im
Produktsortiment induziert.
37
Der größte Teil der Kostensenkung findet im Ge-
meinkostenbereich statt, da besonders dort die Administrationstätigkeit im
Rahmen der Komplexitätsreduktion zu verringern ist.
Nach erfolgreicher Komplexitätsreduktion stehen dem Unternehmen grundsätz-
lich zwei Varianten zur Auswahl:
·
Abbau der frei gewordenen Ressourcen
·
Neueinbringung der freien Ressourcen und Revitalisierung
Die zweite Variante wirkt auf der Ebene der Geschäftsvitalisierung. Die neu ge-
schaffene Geschäftsbasis soll durch eine intelligente Allokation der frei gewor-
denen Ressourcen (Personal, Maschinenkapazitäten, etc.) effizienter versorgt
werden. Somit bringen die Ressourcen einen höheren Nutzen- und Erfolgsbei-
trag für das Unternehmen und legen die Basis für ein zukünftig gesundes
Wachstum.
37
Vgl. Rommel, G., et al., 1993, S. 23 f.

Von der Komplexitätsreduktion zur Revitalisierung
Alexander Riezler
17
Dadurch ist es möglich, auf zukünftige Marktentwicklungen besser einzugehen
und die damit verbundenen Chancen intensiver zu nutzen. Von zentraler Be-
deutung hierfür ist die kundenorientierte Neuausrichtung des Unternehmens,
denn nur so können die Ressourcen zielgerichtet im Unterne hmen installiert
werden.
Um die beiden Seiten, Unternehmen und Kundenerfordernisse, systemisch mit-
einander zu verknüpfen und daraus detaillierte Hinweise zur Revitalisierung zu
erhalten, setzt der Autor das Instrument ,,Success Resource Deployment"
(SRD) ein. Ab Kapitel 9.2 wird das Instrument näher vorgestellt.
Die generelle Strategie, die hinter dieser Arbeit steckt, richtet sich auf ein Vor-
gehen in zwei Phasen:
·
Die Komplexitätsreduktion im Unternehmen und Identifikation von unzu-
reichend, ineffizient genutzten Ressourcen.
·
Geschäftsmodifikation durch Maßnahmen auf strategischer bis operati-
ver Ebene und effiziente Nutzung der Ressourcen zum Zwecke der Revi-
talisierung.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832480592
ISBN (Paperback)
9783838680590
DOI
10.3239/9783832480592
Dateigröße
843 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2004 (Juni)
Note
1,3
Schlagworte
mittelstand kostensenkung sanierung turnaround
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