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Mergers & Acquisition in der Autotmobilindustrie am Beispiel der Übernahme der Rover Group Holding Plc. durch die BMW AG

©2004 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Am 31. Januar 1994 gab das BMW Management die Übernahme der britischen Rover Group bekannt, die für 800 Mio. britische Pfund (GBP, derzeit ca. 1,023 Mrd. EUR) gekauft wurde. Nach Investitionen von mehreren Mrd. GBP in Modelle und Produktionsanlagen sowie hoher Verluste im operativen Bereich verkaufte BMW Rover im Jahr 2000 an das britische Phoenix Konsortium für symbolische 10 GBP.
Dieser Fall ist ein Lehrstück zur Verdeutlichung der Folgen, wenn unvollständige Informationen über Markenwert und Unternehmenskultur eines Übernahmekandidaten beim Käufer-Unternehmen auf ein risiko- und führungsscheues Management treffen: Schon aufgrund fehlender Integrationskonzepte kam es zu unvereinbaren Zielkonflikten zwischen Rover und BMW, deren Tragweite zu spät erkannt und wogegen zudem mit ungeeigneten Maßnahmen reagiert wurde.
Am Beispiel der Rover-Übernahme durch die BMW AG werden die allgemeingültigen M&A-Kriterien herausgearbeitet und die Gründe des Scheiterns der Übernahme analysiert, um daraus konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Zentrale Aussage ist die Notwendigkeit, vor Unternehmensübernahmen und Fusionen eine umfassende „Due Diligence“ durchzuführen, die neben finanziellen Aspekten auch technologische, produkt- und markenpolitische als auch kulturelle und personelle Belange aller beteiligter Unternehmen zu berücksichtigen hat. Andernfalls ist eine reibungslose Integration des übernommenen Unternehmens nicht zu gewährleisten mit der Folge, dass Effizienzgewinne (z.B. in Form von Skalen- und Synergieeffekte) nicht oder nur ungenügend realisiert werden können. Hierzu zählt z.B. auch die Unverträglichkeit gemeinsamer Marken- und Produktpolitik eines Massenproduzenten (Rover) unter dem Dach eines Premiumherstellers (BMW).
Nach einer kurzen Darstellung der Problematik im 1. Teil folgt u.a. die ausführliche Darstellung der Phasen, Typologie und rechtlichen Rahmenbedingungen von M&A-Transaktionen im 2. Teil. Dort werden auch die Zielvorstellungen der Beteiligten sowohl allgemeingültig als auch fallbezogen mit einander abgeglichen. Abschließend wird die Rover-Übernahme klassifiziert.
Im 3. Teil werden neben den Gründe auch die Vor- und Nachteile der Übernahme aus der Sicht beider Unternehmen eingehend behandelt. Zum besseren Verständnis wird die Entwicklung des Automobilsegments zu Beginn der 90er Jahre und die Unternehmensgeschichte von BMW und Rover beleuchtet. Am Ende des 3. Teils werden die Ereignisse von 1994 – […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8237
Adari, Johannes-Cornelius: Mergers & Acquisitions in der Automobilindustrie
am Beispiel der Übernahme der Rover Group Holding Plc. durch die BMW AG
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Berlin, Diplomarbeit, 2004
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Akademie Berlin in der Fassung vom 1. März 2001:
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Literaturhinweise als solche kenntlich gemacht habe.
Berlin, den 3. Mai 2004
_____________________
Johannes-Cornelius Adari

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Seite 3
MERGERS & ACQUISITIONS IN DER AUTOMOBIL-
INDUSTRIE AM BEISPIEL DER ÜBERNAHME DER
ROVER GROUP HOLDING PLC. DURCH DIE BMW AG
INHALTSÜBERSICHT
1. Teil:
EINLEITUNG ... 9
2. Teil:
ANALYSE DER M&A-KRITERIEN...12
3. Teil:
DIE ÜBERNAHME VON ROVER DURCH BMW ...49
4. Teil:
GRÜNDE FÜR DAS SCHEITERN DER ÜBERNAHME...79
ANHANG:
ÜBERSICHTEN ZUR ROVER-ÜBERNAHME ...91

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Seite 4
INHALTSVERZEICHNIS
1. Teil:
EINLEITUNG... 9
1.1
Thematik und Problematik ...9
1.2
Zielsetzung und Gliederung der Arbeit ...11
2. Teil:
ANALYSE DER M&A-KRITERIEN...12
2.1
M&A als Forschungsgegenstand in der Wirtschaftswissenschaft...12
2.1.1
Die Kapitalmarkt-Schule ...13
2.1.2
Die Strategie-Schule ...13
2.1.3
Die Organizational-Behaviour-Schule ...14
2.2
Prozessualer Ablauf von M&A-Transaktionen...14
2.2.1
Die typischen 6 Phasen einer M&A-Transaktion ...15
2.2.1.1
Planungsphase...15
2.2.1.2
Such- und Kontaktierungsphase ...16
2.2.1.2.1
Die 3 Arten der Kontaktaufnahme ...16
2.2.1.2.2
Haftung bei vorvertraglichen Schuldverhältnissen...17
2.2.1.3
Analyse- und Bewertungsphase (,,Due Diligence") ...18
2.2.1.3.1
Begriffs- und Inhaltsbestimmung der ,,Due Diligence"...19
2.2.1.3.2
Die 3 Funktionen der ,,Due Diligence" ...20
2.2.1.3.3
Prüf-, Analyse- und Bewertungsbereiche der ,,Due Diligence" ...20
2.2.1.4
Verhandlungsphase...22
2.2.1.5
Abschluss- und Abwicklungsphase...24
2.2.1.6
Integrationsphase (,,Post-Merger-Phase") ...24
2.2.2
Instrumente zur Messung des M&A-Erfolges...25
2.2.3
,,Feindliche" und ,,freundliche" Übernahmen...26
2.2.3.1
Begriffsklärung ...26
2.2.3.2
Einordnung der Rover-Transaktion...27

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2.3
Zielvorstellungen der M&A-Transaktionsparteien...27
2.3.1
Ziele des Käufers ...28
2.3.1.1
Skaleneffekte (,,Economies of Scale") ...28
2.3.1.1.1
Potenziale für Kostenersparnisse ...28
2.3.1.1.2
Problematik sprungfixer Kosten ...29
2.3.1.2
Synergie- bzw. Verbundeffekte (,,Economies of Scope") ...30
2.3.1.2.1
Risiken unterschiedlicher Unternehmenskulturen...30
2.3.1.2.2
Risiken zielkonfliktärer Markenstrategien...32
2.3.1.2.3
Erfordernis einer umfassenden ,,Due Diligence" ...32
2.3.1.3
Bedenkliche Motive für M&A-Käufe aus Aktionärssicht ...33
2.3.1.3.1
Die ,,Principal-Agent"-Problematik ...33
2.3.1.3.2
Das ,,Concorde-Syndrom" ...34
2.3.1.4
Die Motive aus der Sicht des BMW Konzerns ...35
2.3.2
Ziele des Verkäufers ...36
2.3.2.1
Fokussierung auf Kerngeschäftsfelder...36
2.3.2.2
Privatisierung ...38
2.3.2.3
Weitere Motive für M&A-Verkäufe...38
2.3.2.4
Die Motive aus der Sicht der Rover Group ...38
2.4
Typen von M&A-Konstellationen...39
2.4.1
Gesetzliche Schutzzwecke und Rahmenbedingungen ...39
2.4.1.1
Konzernrecht ...40
2.4.1.2
Kartellrecht ...41
2.4.2
Fusion (,,Merger")...42
2.4.2.1
Drei Fusionskonstellationen...42
2.4.2.2
Idealtypische Abfolge von Fusionen...43
2.4.3
Unternehmenskauf (,,Acquisition")...44
2.4.3.1
Beteiligungskauf (,,Share Deal") ...44
2.4.3.2
Sachkauf (,,Asset Deal")...46
2.4.4
Sonstige Veräußerungsfallgruppen ...46
2.5
Klassifizierung der Roverübernahme durch die BMW AG...47

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3. Teil:
DIE ÜBERNAHME VON ROVER DURCH BMW...49
3.1
Unternehmensgeschichte der BMW AG bis 1993...49
3.1.1
Frühphase und kriegsfolgenbedingte Demontage ...49
3.1.2
Nachkriegsboom und interne Wachstumsphase ...50
3.1.3
Phase der Internationalisierung ...51
3.1.4
Beginn der Globalisierungsphase ...51
3.2
Die Wirtschaftsentwicklung zu Beginn der 90er Jahre ...52
3.2.1
Effizienzsteigerungen und Überkapazitäten...53
3.2.2
Globalisierung und Konsolidierung ...54
3.2.3
Veränderte Nachfrage nach Automobilen...55
3.2.4
Schlussfolgerungen des BMW Managements ...56
3.3
Optionen der BMW AG im Jahr 1993...57
3.3.1
Schutz des eigenen Nischenmarkts ...57
3.3.2
Expansion durch internes Wachstum ...57
3.3.3
Expansion durch externes Wachstum ...58
3.3.4
Zwischenergebnis ...59
3.4
Gründe für die Wahl von Rover als Zielunternehmen ...60
3.4.1
Unternehmensgeschichte der Rover Group bis 1993...60
3.4.1.1
Frühphase und Nachkriegsboom ...60
3.4.1.2
Die negative Entwicklung der britischen Automobilindustrie ...61
3.4.1.3
Die Gründung und der Erfolg von Land Rover...63
3.4.1.4
Die Kooperation zwischen Rover und Honda (1979 ­ 1996) ...64
3.4.1.4.1
Die Vorteile für Rover ...64
3.4.1.4.2
Die Vorteile für Honda ...65
3.4.1.4.3
Die Risiken für Rover ...66
3.4.2
Vorteile der Rover Group als Zielunternehmen für BMW...67
3.4.2.1
Relativ preiswerter Einkauf mehrerer Marken...67
3.4.2.2
Ergänzung der Kernmarke BMW durch neue Modelle ...68
3.4.2.3
Rover Group als Türöffner zu neuen Zielgruppen...69
3.4.3
Nachteile der Rover Group als Zielunternehmen für BMW ...69
3.4.3.1
Markenschwäche ...69

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Seite 7
3.4.3.2
Unvorteilhafte Modellpalette und Produktpositionierung ...70
3.4.3.3
Abgesunkenes Qualitätsniveau...70
3.4.3.4
Umpassende Produktions - und Unternehmenskultur ...71
3.4.3.5
Starke Abhängigkeit vom britischen Markt ...71
3.5
Chronologische Darstellung der Ereignisse von 1994 ­ 2000 ...72
4. Teil:
GRÜNDE FÜR DAS SCHEITERN DER ÜBERNAHME...79
4.1
Integrationspolitische Fehlentscheidungen...80
4.1.1
Absatzorganisatorische und markenpolitische Fehlentscheidungen ...80
4.1.2
Personalpolitische Fehlentscheidungen ...81
4.1.3
Zu später Wechsel der Konzernführungsstrategie...82
4.2
Produktpolitische Fehlentscheidungen ...84
4.2.1
Ursachen falscher Produktentscheidungen...84
4.2.2
Meinungsverschiedenheiten innerhalb des BMW Vorstands ...85
4.2.3
Vernachlässigung der ,,Golf-Klasse" bei der Produktentwicklung ...85
4.2.4
Misserfolg des Hoffnungsträgers Rover 75 ...86
4.3
Finanzpolitische Fehlentscheidungen...86
4.3.1
Fehlinvestitionen in Produktionsanlagen ...87
4.3.2
Fehlinvestitionen in Fahrzeugserien...87
4.3.3
Weitere finanzspezifische Probleme...87
4.3.3.1
Organisation des Finanzmanagements ...88
4.3.3.2
Hohe Verluste durch Währungsschwankungen...88
4.4
Zusammenfassung der Ergebnisse und Stellungnahme ...89
ANHANG:
ÜBERSICHTEN ZUR ROVER-ÜBERNAHME...91
1. Übersicht:
Arten von Unternehmensverbindungen...91
2. Übersicht:
Beteiligungstiefe bei Unternehmensverbindungen...91
3. Übersicht:
Investitionen der BMW AG von 1994 bis 2000 ...92
4. Übersicht:
Verluste der BMW AG von 1994 bis 2000 ...92
5. Übersicht:
Entwicklung der Produktionszahlen...93
6. Übersicht:
Entwicklung der Absatzzahlen ...94

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7. Übersicht:
Entwicklung des Aktienkurses der BMW AG ...95
8. Übersicht:
Entwicklung des Währungswechselkurses...96
LITERATURVERZEICHNIS...97

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1. Teil:
EINLEITUNG
1.1
Thematik und Problematik
Am 31. Januar 1994 gab das BMW Management die Übernahme der britischen
Rover Group bekannt, die für 800 Mio. britische Pfund (GBP, derzeit ca. 2 Mrd. DM)
gekauft wurde. Begründet wurde dieser Schritt mit der globalisierungsbedingten
Verschärfung des Wettbewerbs, dessen Folge die schnellere Sättigung und Konzen-
tration der Automobilmärkte weltweit sei. Um als Hersteller von mittlerer Größe auch
künftig selbständig überleben zu können, sollten die Kapazitäten, Umsätze und
Marktanteile von BMW weltweit wachsen. Durch die Übernahme eines anderen
Automobilherstellers sollte die Möglichkeit einer Übernahme der BMW AG durch
andere abgewendet werden.
Unternehmenswachstum kann durch internes oder externes Wachstum erfolgen.
Während beim internen bzw. natürlichen Unternehmenswachstum Kapazitätsauswei-
tungen infolge steigender Nachfrage und Marktanteile realisiert werden, verbinden
sich beim externen Wachstum mindestens zwei Unternehmen zur Erfüllung einer
gemeinsamen Aufgabe miteinander, um ihre gesamten Geschäftstätigkeiten oder
Teile davon zusammenlegen
1
. Zur Beschreibung der Fallgruppen des externen
Wachstums hat sich in der anglo-amerikanischen Wirtschaftswissenschaft der Begriff
,,Mergers & Acquisitions" (M&A) etabliert. Dabei sind ,,Mergers" als Fusionen
,,Acquisitions" als Übernahmen zu verstehen. Hierzu zählen auch strategische
Kooperationen mit finanzieller Beteiligung, z.B. der Aufbau und Betrieb eines
Gemeinschaftsunternehmens (,,Joint Venture") oder Kooperationen ohne finanzielle
Beteiligung
2
. Einer M&A-Transaktion geht auf Erwerberseite stets eine ,,Make-or-
buy"-Entscheidung voraus
3
: Ob etwa die Erweiterung der Produktpalette aus eigener
Kraft erfolgen soll, wie z.B. die Entwicklung der A-Klasse von Daimler-Benz, der
1
Zu Konzentrationsstrategien aus wettbewerbspolitischer Sicht: Schmidt, Wettbewerbspolitik, S. 127 f.
2
Balz, M&A, Marktteilnehmer und ihre Motive, S. 11; Picot, Handbuch M&A, S. 15
3
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess ­ Unternehmenskauf aus prozessualer Sicht, S. 46

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Oberklassen-Marke Lexus von Toyota oder Marktwachstum im Ausland durch
Aufbau eines eigenen Händlernetzes (,,Make"). Die Alternative ist der Kauf bereits
bestehender fremder Strukturen (Produkte, Fertigungsanlagen, Händlernetze) wie im
Fall der hier zu untersuchenden Rover-Übernahme von 1994 (,,Buy"). Im selben Jahr
betrug das weltweite M&A-Transaktionsvolumen 465 Mrd. US-Dollar und im Jahr
2000 sogar 3,5 Billionen US-Dollar
4
, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachs-
tumsrate von 131 % entsprach.
Auch deutsche Unternehmen folgten dem M&A-Trend: Im Jahr 1998 erfolgten über
2.200 Transaktionen mit deutscher Beteiligung und einem Marktvolumen von 442
Mrd. DM
5
. Ursächlich für diesen enormen Anstieg war, wie in der Automobilindustrie,
eine zunehmende Marktsättigung. Internes Wachstum war also nur durch Erhöhung
des Marktanteils auf Kosten der Konkurrenz möglich, was allerdings auch stets das
Risiko eines ruinösen Preiswettbewerbs einschliesst.
Ein weiterer Grund lag zudem im Wegfall vieler staatlicher Monopole in den Netz-
ökonomien (Verkehr, Energiewirtschaft, Telekommunikation, Post). Dies lockte viele
ausländische Investoren und Wettbewerber an, die auf den vormals abgeschotteten
Märkten eigene Anteile erzielen wollten (,,First Mover Advantage"). So war auch
Rover von 1975 bis 1988 im Besitz eines staatlichen Unternehmens, bevor es zuerst
von British Aerospace (BA) und 6 Jahre später von BMW aufgekauft wurde
6
.
In Deutschland widmen sich Wissenschaftler und Praktiker erst seit wenigen Jahren
intensiver dem Thema M&A
7
. Anlass waren spektakuläre Übernahmen mit erheb-
lichen Auswirkungen auf den deutschen Wirtschaftsraum, wie z.B. die Fusion von
Daimler-Benz mit Chrysler oder die ,,feindliche" Übernahme (,,Hostile takeover") von
D2-Mannesmann durch die britische Vodafone. Als besondere Herausforderung für
alle Beteiligten erweisen sich M&A-Fälle wegen ihres besonders hohen Risikos.
4
Überblick über die Entwicklung des M&A-Marktes bei Lucks / Meckl, Internationale M&A, S. 2
5
Picot, Gerhard, Fusionseuphorie oder Überlebensstrategie
6
Mohr, Strukturelle Gründe für die Krise von Rover, S. 3 f.
7
Picot, Gerhard, Fusionseuphorie oder Überlebensstrategie, mit Hinweis auf das ,,Institute for M&A"
(IMA) der Univ. Witten / Herdecke, das 1998 gegründet wurde, um M&A-Themen der wissenschaft-
lichen Diskussion in Dtld. zuzuführen und die Ausbildung von Nachwuchsführungskräften in diesem
Bereich sicherzustellen.

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Studien zahlreicher namhafter Unternehmensberatungen weisen Misserfolgsquoten
von bis zu 76% aus. Die durchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit liegt unter 50%
und nur ca. 40% der Unternehmen konnten hierdurch Wachstum erzielen, z.B. in
Gestalt eines dauerhaft gestiegenen Börsenkurses. Gründe sind dabei weniger
Pannen bei der Durchführung von M&A-Transaktionen, sondern vielmehr Versäum-
nisse in der Planungs- und Integrationsphase der Zielunternehmen. Dies trifft vor
allem zu bei grenzüberschreitenden M&A-Fällen, weil dort unternehmenskulturelle
Unterschiede oftmals unterschätzt werden
8
.
Auch die Rover-Übernahme schlug fehl: Nach Investitionen von mehreren Mrd.
britischer Pfund (GBP) in Modelle und Produktionsanlagen sowie hoher Verluste im
operativen Bereich verkaufte BMW Rover im Jahr 2000 an das britische Phoenix
Konsortium für symbolische 10 GBP.
1.2
Zielsetzung und Gliederung der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, am Beispiel der Rover-Übernahme durch die
BMW AG die allgemeingültigen M&A-Kriterien herauszuarbeiten und die Gründe des
Scheiterns der Übernahme zu analysieren, um daraus konkrete Handlungsempfeh-
lungen abzuleiten.
Die vorliegende Arbeit ist wie folgt gegliedert: Nach einer ausführlichen Darstellung
der Typologie und Systematik von M&A-Transaktionen im 2. Teil, werden die Gründe
der Übernahme eingehend im 3. Teil behandelt. Zum besseren Verständnis wird die
Entwicklung des Automobilsegments zu Beginn der 90er Jahre beleuchtet sowie die
Handlungsalternativen der Entscheider von BMW.
Im 4. und letzten Teil der Arbeit wird die versuchte Integration Rovers in den BMW
Konzern thematisiert. Die in dieser Phase gemachten Fehler, Versäumnisse, vorherr-
schende in- und externen Einflüsse sowie deren Konsequenzen werden analysiert
und anschliessend einer Bewertung zugeführt.
8
Picot, Gerhard, Fusionseuphorie oder Überlebensstrategie; Balz / Arlinghaus, Marktteilnehmer und
Motive, S. 39 f.

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2. Teil:
ANALYSE DER M&A-KRITERIEN
Eines der Hauptmotive für M&A-Transaktionen von Aktiengesellschaften ist seit Mitte
der 80er Jahre die Steigerung des Unternehmenswertes für die Eigentümer.
Hintergrund ist das aus den USA stammende Konzept des ,,Shareholder Value" als
modernes Konzept aktienmarktfinanzierter Unternehmensführung
9
.
Wie die beabsichtigte Wertsteigerung mittels M&A-Transaktionen zu erreichen ist,
bedarf zuerst einer nach Käufer- und Verkäuferperspektive differenzierten Darstel-
lung der Ziele (2.3) und der zur Auswahl stehenden Instrumente (2.4), wobei auch
die Ziele der BMW AG, Rovers und dessen Hauptanteilseigner BA einbezogen
werden. Das 2. Kapitel schliesst ab mit der Klassifizierung der Rover-Übernahme
(2.5) Zum besseren Verständnis wird hier zuerst der wissenschaftliche Rahmen
abgesteckt, den M&A-Transaktionen als Forschungsgegenstand in der inter-
nationalen Wirtschaftswissenschaft einnehmen (2.1). Anschliessend werden die
Phasen einer M&A-Transaktion skizziert (2.2).
2.1
M&A als Forschungsgegenstand in der Wirtschaftswissenschaft
Bis vor kurzem gab es in der Forschung noch keinen integrierten Bezugsrahmen zur
Betrachtung von M&A, sondern lediglich verschiedene Betrachtungsperspektiven.
Kurz vorgestellt werden hier die Kapitalmarkt-Schule, die Strategie-Schule und die
prozessablauforientierte Organizational-Behaviour-Schule
10
:
9
Balz, M&A, Marktteilnehmer und ihre Motive, S. 17; zum Shareholder-Value-Ansatz: Perridon /
Steiner, Finanzwirtschaft, S. 15 f.
10
Müller-Stewens, Günter, M&A in der Forschung

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Seite 13
2.1.1 Die Kapitalmarkt-Schule
Aus dem Blickwinkel der ,,Kapitalmarkt-Schule" werden die Auswirkungen von M&A-
Aktivitäten auf die Wirtschaft dahingehend untersucht, ob hierdurch ex post
überhaupt Wert generiert wurde und wenn ja, für wen. Hierzu werden i.d.R. die
Aktienkurse der beteiligten Unternehmen einige Tage vor und nach der M&A-
Transaktion beobachtet. Üblicherweise kommt es dabei zu einem Wertzuwachs der
Aktien des übernommenen Unternehmens, während die Aktionäre des kaufenden
Unternehmens Kursverluste hinnehmen müssen. Daraus schließen die Vertreter
dieses Ansatzes, dass M&A-Transaktionen generell Wohlstand generieren.
Gegen die alleinige Anwendung des Kapitalmarkt-Ansatzes spricht jedoch, dass die
meisten Unternehmen nicht zwingend nur einseitig das Ziel der Maximierung des
Shareholder-Value verfolgen, sondern auch andere Stakeholder bedienen.
Desweiteren unterstellt die Kapitalmarkt-Schule fälschlicherweise, dass die Aktionäre
zur Beurteilung der zukünftigen Wertzuwächse des Unternehmens allein aufgrund
der verfolgten Strategie in der Lage seien. Hierbei wird übersehen, dass in einem
dynamischen, durch Handlungen und Reaktionen anderer Marktteilnehmer
geprägtem Umfeld, keine eindeutigen Aussagen über die Wertentwicklung aufgrund
einer Strategieauswertung ex ante möglich ist.
2.1.2 Die Strategie-Schule
Bei der ,,Strategie-Schule" steht dagegen das einzelne Unternehmen im Mittelpunkt
der Betrachtung, ausgehend von der Frage, welche Formen der M&A-Aktivitäten eine
höhere Erfolgswahrscheinlichkeit haben. Ihre Vertreter behaupten dies für solche
Fälle, in denen es zwischen Käufer und Zielunternehmen eine größere Verwandt-
schaft (,,relatedness") gebe.
Die Schwäche dieses Ansatzes liegt in der Annahme, die Realisierung vorhandener
Wertsteigerungspotenzial erfolge automatisch, ohne dass weiteres aktives Handeln
seitens der Beteiligten in der ,,Post-M&A-Phase" erforderlich wäre.

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2.1.3 Die Organizational-Behaviour-Schule
An dieser Stelle setzt die ,,Organizational-Behaviour-Schule" an, deren Vertreter
argumentieren, die hohe Misserfolgsrate von M&A-Transaktionen habe ihren
Ursprung seltener in der Planungs- oder Durchführungsphase der Unternehmens-
übernahme, sondern viel häufiger infolge der unterlassenen oder ungenügenden
Integration der Mitarbeiter und Ablaufstrukturen (,,workflows") des Zielunternehmens
in das Käuferunternehmen. Die als Folge entstehenden innerorganisatorischen
Reibungsverluste würden die Realisierung der kalkulierten Synergien von vornherein
zunichte machen.
Als Lösung bieten die Anhänger dieses Ansatzes die Entwicklung und Umsetzung
von Verlaufsformenkonzepten an, die eine phasen- bzw. prozessorientierte Integra-
tion unter Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten der Mitarbeiter des Zielunter-
nehmens gewährleisten soll, insbesondere durch
·
eine gründliche Analyse der Unternehmenskultur des Zielunternehmens im
Rahmen einer ,,Cultural Due Diligence" (dazu unten bei 2.2.1.3.3) sowie
·
den Aufbau einer gemeinsamen Unternehmenskultur im Rahmen der Post-
Merger-Integration-Phase (unten bei 2.2.1.6).
Diesen Ansatz verfolgt auch die vorliegende Arbeit.
2.2
Prozessualer Ablauf von M&A-Transaktionen
Nachfolgend wird das Schema eines allgemeintypischen Ablaufs einer verhandlungs-
basierten Unternehmensakquisition aus der Sicht des Käufers skizziert und mit der
Rover-Übernahme abgeglichen. Zur begrifflichen Klarstellung wird am Ende dieses
Abschnitts die Bedeutung der ,,Feindlichkeit" und ,,Freundlichkeit" von Übernahmen
geklärt und geprüft, welcher Fall bei der Rover-Übernahme vorlag.

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M&A-Transaktionen verlaufen i.d.R. nach drei bestimmten Mustern
11
. Hierzu zählen
·
nichtöffentliche Verhandlungen,
·
öffentlichen Biet- bzw. Auktionsverfahrens sowie
·
sog. ,,feindliche" Übernahme über die Börse.
2.2.1 Die typischen 6 Phasen einer M&A-Transaktion
Aus der Sicht des Käufer-Unternehmens durchläuft eine M&A-Transaktion von der
Planung bis zum Abschluss sechs Phasen. Hierzu zählen die
·
Planungsphase
·
Such- und Kontaktierungsphase
·
Analyse- und Bewertungsphase (,,Due Diligence")
·
Verhandlungsphase
·
Abschluss- und Abwicklungsphase (mit ,,Post Due Diligence")
·
Integrationsphase (Post-Merger-Phase)
2.2.1.1
Planungsphase
Im Vorfeld einer M&A-Transaktion beschreibt die Planungsphase
12
·
den Erweiterungsbedarf (Frage nach dem ,,Warum?"),
·
das Anforderungsprofil für den Akquisitionskandidaten nach betriebswirtschaft-
lichen
13
, rechtlichen und finanziellen Aspekten (Frage nach dem ,,Was?") und
·
die Erstellung einer Akquisitionsstrategie und eines Akquisitionskonzeptes
(Frage nach dem ,,Wie?").
11
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 44 ff. mit einem Ablaufschema auf S. 45
12
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 46 f.
13
Gängige Analyseinstrumente sind die Stärken-Schwächen- und Chancen-Risiken-Analyse (SWOT),
Wertschöpfungskettenanalyse, GAP-Analyse, strategische Bilanz, etc.

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Seite 16
2.2.1.2
Such- und Kontaktierungsphase
In der Suchphase
14
geht es um die Identifizierung möglicher Kandidaten
(,,Screening") im Wege einer ersten Auslese auf Grundlage der Auswertung öffentlich
verfügbarer Informationen (Geschäftsberichte, Wirtschaftspresse, externe Daten-
banken), eigener Markt- und Wettbewerbsanalysen oder mittels Dritter (Wirtschafts-
prüfer, Unternehmensberater, Makler).
2.2.1.2.1
Die 3 Arten der Kontaktaufnahme
Bei der anschließenden Kontaktierungsphase kann zwischen drei Arten der
Kontaktaufnahme gewählt werden
15
:
·
Direkte Ansprache der Geschäftsführung des Zielunternehmens,
·
indirekte bzw. mittelbare Ansprache des Zielunternehmens durch Dritte,
·
direkte Ansprache der Anteilseigner des Zielunternehmens.
Eine direkte Ansprache empfiehlt sich, wenn zwischen den Unternehmen bereits eine
Nähebeziehung besteht, z.B. in Form von Geschäftsbeziehungen oder persönlichen
Kontakten zwischen den Geschäftsführern bzw. Vorständen. Ist dies nicht der Fall,
sollten neutrale Dritte mit der Kontaktaufnahme beauftragt werden. Die direkte
Ansprache der Anteilseigner einer Aktiengesellschaft sollte als ,,ultima ratio" erst
zuletzt erfolgen, nach dem sich der Vorstand des Zielunternehmens unmissver-
ständlich gegen einen Verkauf geäußert hat (Fall der sog. ,,feindlichen Übernahme
16
).
Welche Ansprache die erfolgversprechende ist, wird im Rahmen erster vorver-
traglicher Vorgespräche ermittelt. Da für börsennotierte Unternehmen ein frühzeitiges
Bekanntwerden von Akquisitionsstrategien finanzielle Nachteile begründen kann,
14
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 47
15
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 48 f.; Picot, Planung und Durchführung von M&A, S. 5
16
s.u. 2.2.2

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Seite 17
werden die Vorgespräche i.d.R. unter dem Vorbehalt der Geheimhaltung
(,,Statement of Non-Disclosure") geführt. Die Eckdaten einer möglichen M&A-
Transaktion sowie Regeln über die Weitergabe von Informationen nach außen
werden in Absichtserklärungen fixiert (,,Letter of Intent").
2.2.1.2.2
Haftung bei vorvertraglichen Schuldverhältnissen
Diesen Absichtserklärungen fehlt es zwar regelmäßig am Rechtsbindungswillen, so
das der Abbruch der Verhandlungen grundsätzlich keine Erfüllungs- oder Schadens-
ersatzansprüche des anderen begründet. Jedoch können bestimmte Pflichtver-
letzungen Ansprüche auf Schadensersatz nach den Regeln der ,,culpa in contra-
hendo" begründen (c.i.c.)
17
. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den Fallgruppen
der Verschuldungshaftung und der Vertrauenshaftung:
·
Ein Verschulden während der Verhandlungsphase liegt vor, wenn Vertrauen
auf das Zustandekommen des Vertrages erweckt wird, obwohl dem Vertrags-
abschluss ein dem Verhandlungspartner unbekanntes oder verschwiegenes
Hindernis entgegensteht oder entgegenstehen könnte. Hierzu zählen vor
allem ein fehlender oder zweifelhafter Abschlusswille, Bedenken gegen die
Durchführbarkeit des Vertrags, z.B. aufgrund von innerbetrieblichen
Schwierigkeiten (Aufsichts- oder Betriebsrat) oder wegen der Genehmigungs-
bedürftigkeit des Vertrags. Anders verhält es sich bei formbedürftigen
Verträgen (,,Asset Deal" mit Grundstück), wo nach neuerer Rechtsprechung
nur ein schwerer Verstoß gegen die Pflicht zum redlichen Verhalten einen
Schadensersatzanspruch begründen kann
18
.
·
Auch ohne Verschulden ist aus c.i.c derjenige haftbar, der bei der Verhand-
lungsführung Vertrauen auf das Zustandkommen des Vertrages erweckt und
17
Mit Wirkung zum 1.1.2002 wurde die ursprünglich nur gewohnheitsrechtlich anerkannte c.i.c. im
Zuge des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in die § 311 Abs. 2, 3, § 241 Abs. 2 BGB aufge-
nommen. Zu den durch die Rspr. entschiedenen Fällen zum Unternehmens- und Beteiligungskauf:
Palandt / Heinrichs, § 276, Rn. 80a
18
Palandt / Heinrichs, § 276, Rn. 73

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anschliessend ohne triftigen Grund den Vertragsabschluss verweigert. Hier
werden höhere Anforderungen an den Vertrauenstatbestand gestellt: Bei dem
verhandelten Vertrag darf es sich nicht um einen kraft Gesetzes formbe-
dürftigen Vertrag handeln und es muss zudem ein qualifizierter Vertrauens-
tatbestand vorliegen: Die ist der Fall, wenn
o
der Verhandlungsabbrecher zuvor den Vertragsabschluss noch als
sicher hingestellt hat,
o
er den Verhandlungspartner zu Vorleistungen veranlasst hat,
o
beide Parteien bereits mit der Durchführung des Vertrags begonnen
haben
19
.
An das Vorliegen eines triftigen Grundes sind mangels vertraglicher Bindung
keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. So kann das günstigere Angebot
eines anderen Interessenten ausreichend sein, nicht jedoch sachfremde
Erwägungen, wie z.B. die Forderung einer überhöhten Sicherheit
20
.
Unabhängig davon, ob die Pflichtverletzung vom Verhandlungspartner selbst, seinen
Vertretern oder Erfüllungsgehilfen verursacht wurde, wird dem Geschäftsherrn
fremdes Verschulden seiner Vertreter gemäß §§ 164 ff. und seiner Erfüllungsgehilfen
gemäß § 278 BGB wie eigenes Verschulden zugerechnet.
2.2.1.3
Analyse- und Bewertungsphase (,,Due Diligence")
Sinn und Zweck der ,,Due Diligence" bzw. des ,,Pre Acquisition Audit" ist die Fest-
stellung, ob die Bilanz ein zutreffendes Bild der Gesellschaft wiedergibt und in
welchem Umfang Positionen für eine gerechte Preisfindung zu korrigieren sind
21
.
19
Palandt / Heinrichs, § 276, Rn. 74; zur Vertretbarkeit der Fortgeltung der alten Rechtslage siehe
Dauner-Lieb / Arnold / Dötsch / Kitz, Fälle zum Neuen Schuldrecht, Fall 108, S. 212 f.
20
Palandt / Heinrichs, § 276, Rn. 72
21
Geuting, Marcus, M&A ­ Rechtliche Grundlagen, S. 229

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Seite 19
Die sorgfältige Analyse des Zielunternehmens soll also dem Käufer die Gelegenheit
zum Abbau des Wissensvorsprungs des Verkäufers (Informationssymmetrie)
hinsichtlich der Kapital-, Finanz- und Ertragslage des Zielunternehmens verschaffen.
Dies wird i.d.R. erreicht mittels Managementpräsentationen, Unternehmensbe-
sichtigungen und Bereitstellung von geschäftlichen Informationen und Unterlagen
22
.
2.2.1.3.1
Begriffs- und Inhaltsbestimmung der ,,Due Diligence"
Nach US-amerikanischem Recht erfordert die ,,Due Diligence" entsprechend dem
,,Shareholder-Value"-Gedanken die ,,Einhaltung der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt", welche die Entscheidungsträger eines Unternehmens gegenüber ,,ihren"
Anteilseignern bei M&A-Transaktionen anzuwenden haben. Zwar entspricht diese
sinngemäße Übersetzung dem deutschen Haftungsmaßstab für fahrlässiges
Verhalten (§ 276 Abs. 2 BGB), dessen Rechtsfolge dem Gläubiger Schadensersatz-
ansprüche gegen den Schuldner einräumt. Allerdings ist die rechtliche Bedeutung
des Begriffs der ,,Due Dilligence" in Deutschland noch weitgehend ungeklärt
23
.
Offenkundig sind die Parallelen zu den handelsrechtlichen Obliegenheiten des § 377
Abs. 2 HGB, wonach der Kaufmann seine vertraglichen Gewährleistungsansprüche
verliert (,,gilt die Ware als genehmigt"), wenn er die eingegangene Ware nicht
unverzüglich auf ihre Mangelfreiheit überprüft
24
.
Daraus ist zu schließen, dass es ebenso der Vorstand einer AG beim Kauf eines
Unternehmens selbst in der Hand hat, den Vertragsgegenstand vor und nach der
Übergabe sorgfältig auf Mangelfreiheit und / oder auf das Vorliegen zugesicherter
Eigenschaften zu überprüfen. Auch aus der Verkäuferperspektive schafft die ,,Due
Diligence" Rechtssicherheit, wenn hierdurch konkrete Risiken des Unternehmens
aufgedeckt werden: Gemäß § 442 Abs. 1 BGB schließt die Kenntnis oder die
fahrlässige Nichtkenntnis des Käufers von einem Mangel bei Vertragsschluss dessen
Ansprüche auf Gewährleistung aus. Gleiches gilt seit Inkrafttreten der
22
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 49
23
Picot, Due Diligence, S. 1 f.
24
So auch Geuting, Marcus, M&A ­ Rechtliche Grundlagen, S. 224

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Schuldrechtsreform gemäß § 453 Abs. 1 BGB auch für den Rechtskauf, der erstmals
seit Bestehen des BGB den Anteils- bzw. Beteiligungskauf (,,Share Deal") gewähr-
leistungsrechtlich wie einen Sachkauf behandelt.
2.2.1.3.2
Die 3 Funktionen der ,,Due Diligence"
Demzufolge lassen sich drei Funktionen der ,,Due Diligence" bestimmen
25
:
·
Gewinnung umfassender Informationen über das Zielunternehmen,
·
Konkretisierung der Gewährleistungen und Garantien auf Grundlage der
erkannten Risiken und Schwachstellen des Zielunternehmens sowie
·
Dokumentation der gewonnenen Erkenntnisse zu Beweiszwecken,
z.B. als Aufklärungsnachweis: Je mehr Informationen der Verkäufer über
die Umstände und Risiken seines Unternehmens preisgibt, desto geringer
wird sein Risiko, später vom Käufer in Anspruch genommen zu werden.
2.2.1.3.3
Prüf-, Analyse- und Bewertungsbereiche der ,,Due Diligence"
Bilanzen des Zielunternehmens sind zwar notwendige, keinesfalls aber hinreichende
Informationsquellen. Aufgrund der verschiedenen Abhängigkeitsverhältnisse und
Wechselwirkungen, denen ein Unternehmen im Wettbewerb ausgesetzt ist, ist auch
bei der ,,Due Diligence" nach verschiedenen Prüf-, Analyse- und Bewertungsbe-
reichen zu differenzieren
26
:
·
Financial Due Diligence: Erfassung und Beurteilung der
o
Kapital-,
o
Finanz- und
o
Ertragslage des Zielunternehmens
27
.
25
Picot, Due Diligence, S. 2
26
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 50
27
Checkliste bei Grote, Financial Due Diligence, S. 144 ff.

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·
Tax Due Diligence (Steuern)
·
Legal Due Diligence: Erfassung und Beurteilung des (inter-) national
anwendbaren
o
Arbeitsrechts (§ 613a BGB i.V.m. Art. 27 EGBGB
28
),
o
Kartellrechts,
o
Wettbewerbsrechts,
o
Gewerblichen Schutzrechts (Patent-, Urheber, Markenrecht),
o
Vertrags-, Handels- sowie Bilanzrechts, etc.
·
Technical Due Diligence
29
: Hinsichtlich der technischen Realisierbarkeit
von ,,Economies of Scale", Erfassung und Beurteilung der
o
Produktionstechnik und
o
Fertigungslogistik.
·
Human Resource Due Diligence
30
: Erfassung und Beurteilung der
o
personalwirtschaftlichen Kennwerte (Mitarbeiterdaten, der Grad der
gewerkschaftlichen Organisation, die Stärke des Betriebsrates)
sowie der
o
Personal und Führungsinstrumente (Information, Kommunikation,
Projektmanagement, zielorientierte Mitarbeiterführung, Vergütungs-
systeme, Potenzialanalysen, Feedbackinstrumente).
·
Cultural Due Diligence
31
: Insbesondere bei internationalen M&A-
Transaktionen, Erfassung und Beurteilung der
28
Der Betriebsveräußerungsvertrag unterliegt dem Grundsatz der freien Rechtswahl
29
v. Keitz hat diesen Aspekt nicht ausdrücklich genannt. Die Erforderlichkeit einer ,,Technical Due
Diligence" insbesondere bei Produktionsunternehmen wird in dieser Arbeit unter 2.3.1.1.1 begründet.
30
Nagel, Human Resource Management bei M&A, S. 367 ff. und Checkliste S. 385 f.: Bergmann /
Bernatzeder, Fusionen und Unternehmenskultur, S. 139 ff.
31
Alinghaus / Lübbert, Cultural Due Diligence, S. 178 f. und Checkliste S. 194 ff.; Bergmann /
Bernatzeder, Fusionen und Unternehmenskultur, S. 139 ff.

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Seite 22
o
wesentlichen Kulturmerkmale eines Unternehmens,
o
nationalen Kulturcharakteristika sowie der
o
allgemeinen Merkmale der Unternehmenskultur (feststellbar durch
Befragungen bzw. Fragebögen zu den Themen Identifikationsgrad
mit dem Unternehmen, Ziele der Mitarbeiter im Unternehmen,
Entscheidungsfindung / Konsensstreben, Verantwortung, Arbeits-
organisation, Informationsfluss, Kommunikation und Hierarchie).
·
Social Due Diligence
32
: Erfassung und Beurteilung von
o
verhaltensnahen Merkmalen der Unternehmenskultur sowie
o
Merkmalen, die aus Unternehmenszielen angeleitet sind (z.B. Inhalt
von Mitarbeitergesprächen zur Zielvereinbarung, etc.
·
Environmental Due Diligence (Umfeld)
Das Ergebnis der Analyse dient einerseits zur Ermittlung des Unternehmenswertes
(bzw. einer Bandbreite von Unternehmenswerten)
33
, der die Grundlage für die
anschliessenden Vertragsverhandlungen bildet, andererseits als Basis zur Zieldefini-
tion und detaillierten Phasenplanung für die spätere Integration des Zielunter-
nehmens in die Organisationsstruktur und Unternehmenskultur des neuen Konzerns.
2.2.1.4
Verhandlungsphase
In der Verhandlungsphase
34
geht es hauptsächlich um die Beseitigung der
verbleibenden Interessendivergenzen, die i.d.R. von unterschiedlichen Preisvor-
stellungen für das Zielunternehmen geprägt sind. Während der Verkäufer stets seine
Maximalforderung durchsetzen will, ist der Käufer an einem Preis unterhalb des
festgestellten Unternehmenswerts interessiert, um seinem Investment eine möglichst
hohe Rendite zu sichern.
32
Bergmann / Bernatzeder, Fusionen und Unternehmenskultur, S. 145 mit HR-Schwerpunkt
33
Hierzu ausführlich Timmreck, Unternehmensbewertung, S. 149 ff.
34
v. Keitz, Der Akquisitionsprozess, S. 51 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832482374
ISBN (Paperback)
9783838682372
DOI
10.3239/9783832482374
Dateigröße
570 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie, Berlin – unbekannt
Erscheinungsdatum
2004 (August)
Note
1,3
Schlagworte
dilligence unternehmenskultur markenmanagement integrationsstrategie synergieeffekte
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Titel: Mergers & Acquisition in der Autotmobilindustrie am Beispiel der Übernahme der Rover Group Holding Plc. durch die BMW AG
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