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Politische Public Relations

Wie Öffentlichkeitsarbeiter der Bundesministerien versuchen, ihre Themen auf die Agenda der meinungsführenden Printmedien zu setzen

©2003 Magisterarbeit 134 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Über seine Arbeit sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einmal: „Zum Regieren brauche ich Bild, BamS und Glotze“ (zitiert nach Schümann 2002). Die Bedeutung dieser Aussage, sich bei der Regierungsarbeit in erster Linie auf die medienvermittelte Politik zu stützen, ist wesentlich komplexer, als es zunächst scheint.
Die Stabilität moderner westlicher Demokratien beruht vor allem auf der Zustimmungsbereitschaft ihrer Bürger zu politischen Vorhaben und Entscheidungen. Von grundlegender Bedeutung sind dabei die Kanäle der Politikvermittlung, insbesondere des Mediensystems. Politik findet für die meisten Bürger erst über die Medien, durch die mediale Politikvermittlung statt. Politische Kommunikation vollzieht sich daher vorwiegend auf der „Folie“ medial organisierter Öffentlichkeit. Die zentrale Funktion der Medien besteht dabei in der Herstellung von Öffentlichkeit für politische Themen. Politische Öffentlichkeit ist jedoch ein fragiles Gebilde und muss über die Medien von Fall zu Fall und von Thema zu Thema neu hergestellt werden, weil sich das Verständnis von Politik und politischen Themen in einer modernen Gesellschaft ständig verändert.
Politische Führung, an dieser Stelle schließt sich der Kreis zum Zitat von Gerhard Schröder, ist deshalb in westlichen Demokratien nicht mehr ohne die massenmediale Vermittlung politischer Entscheidungen denkbar. Politische Akteure gewinnen ihren Einfluss heute vor allem durch informatorische und kommunikative Qualitäten. Sie sind daher mehr denn je auf das professionelle Kommunikationsmanagement politischer Public Relations angewiesen. Politische PR ist in den letzten Jahren zu einem integralen Bestandteil politischer Planungs- und Entscheidungsprozesse geworden. Sie ist der entscheidende Mechanismus bei der Herstellung, Durchsetzung und Begründung von Politik.
Politische Akteure müssen in erster Linie daran interessiert sein, ihre eigenen Themen in den Medien zu platzieren, um sie somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. An dieser Schnittstelle zwischen politischem System und Mediensystem agiert politische Öffentlichkeitsarbeit. Deren zentrale Aufgabe ist die gezielte Steuerung der politischen Berichterstattung durch das so genannte Themenmanagement. Damit versucht politische PR, die gesellschaftliche Tagesordnung an politischen Themen und Problemlösungsansätzen im Interesse ihrer Auftraggeber zu beeinflussen, um damit letztlich die Unterstützung der Bevölkerung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7947
Böttger, Jan: Politische Public Relations - Wie Öffentlichkeitsarbeiter der
Bundesministerien versuchen, ihre Themen auf die Agenda der meinungsführenden
Printmedien zu setzen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universität, Magisterarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhalt
1
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
...
3
Tabellenverzeichnis..
...
...4
Abstract...
..
...5
1. Einleitung.
...
...6
I. Theoretischer Teil
2. Annäherung an den Begriff ,,politische PR"
...
...
...
...
..
...9
2.1. Politische PR ­ Versuch einer Begriffsklärung
...
...9
2.2. Abgrenzung gegenüber politischer Werbung und politischer Propaganda
...
...11
2.3. Strategische Differenzierung der Kommunikationselemente..
...
...13
3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus ­ Zum Forschungsstand
.
...15
3.1. Annahmen der politischen Kommunikationsforschung...
.
.
...
...15
3.2. Von der Determination zur Intereffikation
...
...17
3.3. Das Intereffikationsmodell als theoretischer Bezugsrahmen
.
...
...
...20
3.4. Einschätzung und Ableitung der theoretischen Grundannahme
..
...
...
...23
4. Funktionen und Ziele politischer PR
...
..
...
.
..
...
..
...24
4.1. Zur Rolle der politischen PR im politischen System...
...
...24
4.2. Politische PR und die Bedeutung der Massenmedien
.
...
...
...25
4.3. Zusammenfassung der Funktionen und Ziele politischer PR
...
...27
5. Strategische Nutzung der Nachrichten-Theorie durch politische PR
...
.
...
...29
5.1. Anpassung an die Rahmenbedingungen der Nachrichtenproduktion
...
.
...
...32
5.1.1. Aktueller
Berichterstattungsstil
.
.
..
..
...
...32
5.1.2. Politische
Orientierungen
von Medien und Journalisten
..
..
...
...35
5.1.3. Zwänge
der
Nachrichtenproduktion
...
...37
5.2. Strategische Nutzung ausgewählter Nachrichtenfaktoren
...
...41
5.2.1. Aktualität/ Neuigkeit vs. Aktualisierung...43
5.2.2. Kontroverse vs. Konflikthaltigkeit und Negativität
...
...45
5.2.3. Elite-Person vs. Personalisierung
...
...46
5.2.4. Thematisierung vs. (De-) Thematisierung
...
...
.
...48

Inhalt
2
II. Empirischer Teil
6. Design der Untersuchung.
..
...50
6.1. Fragestellung und Hypothesen..
.
.
.
.
...
...50
6.2. Stichprobe der Untersuchung.
...
.
...
...55
6.2.1. Auswahl der Öffentlichkeitsarbeiter der Bundesministerien
.
.
...
...56
6.2.2. Auswahl der Journalisten der meinungsführenden Printmedien
...
...57
6.3. Untersuchungsmethode
...
.
.
...58
6.4. Validität und Reliabilität der Datenerhebung
...
...60
6.5. Leitfaden.
.
.
...
...62
6.5.1. Konstruktion und Pretest
.
.
...
...62
6.5.2. Auswertungsstrategie
...
...64
7. Ergebnisse
der
Untersuchung
...
...67
7.1. Einschätzung und Anpassung an den aktuellen Berichterstattungsstil
...
...67
7.2. Politische Orientierungen und Entideologisierung des politischen Journalismus
.
.
...
70
7.3. Probleme und Potentiale durch Zwänge journalistischer Nachrichtenproduktion
.
..
.
.
.74
7.3.1. Folgen und Nutzen journalistischer Produktionszwänge
...
...74
7.3.2. Informeller
Informationsaustausch statt inszenierte Ereignisse
...
...79
7.3.3. Exklusivinformationen als entscheidender Konkurrenzfaktor
.
.
.
...
.
...
...83
7.4. Relevante Faktoren politischer Themenvermittlung
...
...86
8. Zusammenfassung
und
Schlussfolgerungen
...
...93
9. Literatur
...
...101
III. Anhang
A1 Nachrichtenfaktoren-Katalog nach Schulz
...
...111
A2 Relevante Nachrichtenfaktoren in der wissenschaftlichen Diskussion..
...
...113
A3 Interviewleitfaden Öffentlichkeitsarbeiter
..
.
.
...114
A4 Interviewleitfaden Journalisten
.
.
.
...123

Abbildungsverzeichnis
3
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Das Intereffikationsmodell... .....22
Abb. 2: Themenvermittlung durch politische PR
..
.
...30
Abb. 3: Auswertungsstrategie des teilstrukturierten Leitfadeninterviews...65
Abb. 4: Einschätzung des Berichterstattungsstils der meinungsführenden Tageszeitung...68
Abb. 5: Redaktionelle Linie der meinungsführenden Tageszeitungen...72
Abb. 6: Zusammenhang zwischen politischer Orientierung und Themenplatzierung...73
Abb. 7: Einschätzung journalistischer Zwänge der Nachrichtenproduktion
..
...74
Abb. 8: Zusammenhang zwischen Themenplatzierung und Produktionszwängen
..
.
.
...76

Tabellenverzeichnis
4
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Paradigmen des Verhältnisses zwischen Medien und Politik
.
...16
Tab. 2: Dimensionen von Politik: polity, politics und policy
.
.
..
.
...24
Tab. 3: Umfragebasis der empirischen Untersuchung...58
Tab. 4: Bevorzugte
Interaktionsformen
zwischen
Journalisten
und
Öffentlichkeitsarbeitern
.
80
Tab. 5: Relevante Faktoren der Nachrichtenproduktion...87

Abstract
5
Abstract
Die massenmediale Vermittlung politischer Entscheidungen ist in den letzten Jahren zu einem
integralen Bestandteil politischer Führung geworden. Politische Akteure sind mehr denn je
auf das professionelle Kommunikationsmanagement politischer Public Relations angewiesen.
Politische PR versucht, durch die gezielte Steuerung der politischen Berichterstattung die ge-
sellschaftliche Tagesordnung an politischen Themen und Problemlösungsansätzen im Interes-
se ihrer Auftraggeber zu beeinflussen.
Die vorliegende Arbeit analysiert, wie politische Öffentlichkeitsarbeiter der Bundesministe-
rien versuchen, ihre Themen auf die Agenda der meinungsführenden Printmedien zu setzen.
Im Vordergrund stehen dabei die strategischen Anpassungsprozesse politischer PR an die
Produktions- und Selektionsmechanismen des Journalismus.
In der empirischen Untersuchung wird überprüft, welche Anpassungsprozesse politische PR
anwendet und wo die Grenzen dieser Strategien liegen. Dazu wurden mit acht Sprechern der
Bundesministerien und zehn leitenden Politikredakteuren der Berliner Hauptstadtbüros mei-
nungsführender Tageszeitungen Leitfadeninterviews durchgeführt. Die Transkription der
vierzig- bis neunzigminütigen Interviews, mit einem Umfang von 158 Seiten, bildet die Basis
der Untersuchung.
In recent years, the dissemination of political decisions through mass media has become an
integral part of political leadership. Political actors are more and more reliant upon the profes-
sional management of communications by means of political public relations. Political PR
tries to influence political issues and approaches to problem-solving on the societal agenda
through targeted management of political reporting according to the clients interest.
The present paper analyses the way in which political PR officers in the Federal Ministries try
to put their issues on the leading print media's agenda. Strategic processes by which political
PR adapts itself to the mechanisms of production and selection of journalism are central to
this analysis.
In the empirical survey it is examined which processes of adaptation are used by political PR
and where the limits of such strategies are. Eight spokesmen of Federal Ministries and ten
senior political editors from the Berlin offices of opinion-forming newspapers have been in-
terviewed for the survey. The transcripts of these forty to ninety-minute interviews, totalling
158 pages, form the basis of this study.

1. Einleitung
6
1. Einleitung
Über seine Arbeit sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einmal: ,,Zum Regieren
brauche ich Bild, BamS und Glotze" (zitiert nach Schümann 2002).
1
Die Bedeutung dieser
Aussage, sich bei der Regierungsarbeit in erster Linie auf die medienvermittelte Politik zu
stützen, ist wesentlich komplexer, als es zunächst scheint.
Die Stabilität moderner westlicher Demokratien beruht vor allem auf der Zustimmungsbereit-
schaft ihrer Bürger zu politischen Vorhaben und Entscheidungen. Von grundlegender Bedeu-
tung sind dabei die Kanäle der Politikvermittlung, insbesondere des Mediensystems. Politik
findet für die meisten Bürger erst über die Medien, durch die mediale Politikvermittlung statt.
Politische Kommunikation vollzieht sich daher vorwiegend auf der ,,Folie" medial organisier-
ter Öffentlichkeit
2
(vgl. Jarren 1997: 105). Die zentrale Funktion der Medien besteht dabei in
der Herstellung von Öffentlichkeit für politische Themen
3
(vgl. Pfetsch 1994a: 47; Altmep-
pen/ Löffelholz 1998: 101). Politische Öffentlichkeit ist jedoch ein fragiles Gebilde und muss
über die Medien von Fall zu Fall und von Thema zu Thema neu hergestellt werden, weil sich
das Verständnis von Politik und politischen Themen in einer modernen Gesellschaft ständig
verändert (vgl. Jarren 1994a: 7).
Politische Führung, an dieser Stelle schließt sich der Kreis zum Zitat von Gerhard Schröder,
ist deshalb in westlichen Demokratien nicht mehr ohne die massenmediale Vermittlung poli-
tischer Entscheidungen denkbar (vgl. Pfetsch/ Dahlke 1996: 137). Politische Akteure
4
gewin-
nen ihren Einfluss heute vor allem durch informatorische und kommunikative Qualitäten (vgl.
Jarren 1997: 104). Sie sind daher mehr denn je auf das professionelle Kommunikationsma-
nagement politischer Public Relations
5
angewiesen. Politische PR ist in den letzten Jahren zu
einem integralen Bestandteil politischer Planungs- und Entscheidungsprozesse geworden (vgl.
1
Bild (Bild-Zeitung), BamS (Bild am Sonntag), Glotze (Fernsehen).
2
Der vorliegenden Arbeit wird das ,,Arenenmodell" von Öffentlichkeit zugrunde gelegt (vgl. Neidhart 1994).
Öffentlichkeit wird dabei definiert als ,,[...] ein relativ frei zugängliches Kommunikationsfeld, in dem ,,Sprecher"
mit bestimmten Thematisierungs- und Überzeugungstechniken versuchen, über die Vermittlung von ,,Kommuni-
kateuren" bei einem ,,Publikum" Aufmerksamkeit und Zustimmung für bestimmte Themen und Meinungen zu
finden" (ebd.: 7). Sprecher und Medien (,,Kommunikateure") sind in diesem Modell die zentralen Akteure von
Öffentlichkeit. Das Publikum ist als Adressat ihrer Kommunikation die öffentlichkeitskonstituierende
Bezugsgruppe (vgl. ebd.: 7f.).
3
In der anglo-amerikanischen Forschung wird anstatt des Wortes ,,Thema", der Begriff ,,issue" verwandt. Die-
ser Begriff bezeichnet ein kontroverses Element, eine Streitfrage, ein Problem oder einen Konflikt. Themen re-
präsentieren im Sinne dieser Arbeit also Probleme, die in der öffentlichen Diskussion als strittig, fragwürdig und
lösungsbedürftig angesehen werden (vgl. Pfetsch 1994b: 11; Schulz 2003: 464).
4
,,Akteure handeln dann in einer politischen Rolle, wenn sie daran beteiligt sind, allgemein verbindliche [poli-
tische] Entscheidungen herbeizuführen und durchzusetzen. Typische politische Akteure sind Parteien, Parla-
mente, Interessengruppen, Regierungen, Staaten und ihre jeweiligen Mitglieder bzw. Repräsentanten" (Schulz
2003: 459).
5
Gemäß wissenschaftlicher Übereinstimmung werden die Begriffe ,,Public Relations" und ,,Öffentlichkeits-
arbeit" in dieser Arbeit synonym verwendet (vgl. Sarcinelli 1993: 469; Merten 1999: 257; Bentele 2003: 54).

1. Einleitung
7
Jansen/ Ruberto 1997: 132). Sie ist der entscheidende Mechanismus bei der Herstellung,
Durchsetzung und Begründung von Politik (vgl. Jarren 1994b: 663).
Politische Akteure müssen in erster Linie daran interessiert sein, ihre eigenen Themen in den
Medien zu platzieren, um sie somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen (vgl.
Pfetsch 1994a: 48; Jansen/ Ruberto 1997: 40). An dieser Schnittstelle zwischen politischem
System und Mediensystem agiert politische Öffentlichkeitsarbeit. Deren zentrale Aufgabe ist
die gezielte Steuerung der politischen Berichterstattung durch das so genannte Themenma-
nagement (vgl. Sarcinelli 1991: 480). Damit versucht politische PR, die gesellschaftliche
Tagesordnung an politischen Themen und Problemlösungsansätzen im Interesse ihrer Auf-
traggeber zu beeinflussen (vgl. Jarren 1997: 108; Brettschneider 2002: 38), um damit letztlich
die Unterstützung der Bevölkerung zu generieren.
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zu erklären, wie politische Öffentlichkeitsarbeiter
der Bundesministerien versuchen, ihre Themen auf die Agenda der meinungsführenden
Printmedien zu setzen. Im Vordergrund stehen dabei die strategischen Anpassungsprozesse
politischer PR an die Produktions- und Selektionsmechanismen des Journalismus. Die vorlie-
gende Arbeit leitet daher die Themensetzungsstrategien politischer PR systematisch aus den
Faktoren journalistischer Nachrichtenauswahl ab. In der empirischen Untersuchung wird
überprüft, welche Anpassungsprozesse politische PR anwendet und wo die Grenzen dieser
Strategien liegen.
Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil.
Das Kapitel 2 des Theorieteils dient zunächst der Eingrenzung des Forschungsgegenstands.
Dazu wird der Begriff ,,politische PR" definiert (Abschnitt 2.1.) und gegenüber synonym ver-
wendeten, aber nicht deckungsgleichen Begriffen abgegrenzt (Abschnitt 2.2.). Danach wird
politische PR bezüglich ihrer Durchsetzungsfähigkeit im Kommunikationsprozess analysiert
(Abschnitt 2.3.). In Kapitel 3 wird der Stand der Forschung zum Verhältnis zwischen poli-
tischer PR und Journalismus reflektiert. Dabei werden die verschiedenen wissenschaftlichen
Sichtweisen zu dieser Beziehung veranschaulicht (Abschnitt 3.1.) und die Entwicklung des
Forschungszweiges dargelegt (Abschnitt 3.2.). Danach wird das Intereffikationsmodell
vorgestellt (Abschnitt 3.3.), welches eine Einordnung der untersuchten Anpassungsprozesse
sowie der vorliegenden empirischen Untersuchung erlaubt (Abschnitt 3.4.). Daraufhin werden
in Kapitel 4 die Funktionen und Ziele politischer PR analysiert. Dabei steht vor allem die Rol-
le der Öffentlichkeitsarbeit im politischen Prozess (Abschnitt 4.1.) und die Bedeutung der

1. Einleitung
8
Massenmedien für die politische PR (Abschnitt 4.2.) im Vordergrund. Anschließend werden
die Resultate zusammenfassend dargestellt (Abschnitt 4.3.). Kapitel 5 dient dazu, die Er-
kenntnisse der Nachrichten-Theorie für die politische PR nutzbar zu machen. Aus deren An-
nahmen zu den Rahmenbedingungen der Nachrichtenproduktion (Abschnitt 5.1.) sowie den
Nachrichtenfaktoren (Abschnitt 5.2.) werden strategische Überlegung für die PR-Arbeit abge-
leitet.
Der empirische Teil beinhaltet das Design der Untersuchung (Kapitel 6), die Auswertung der
erzielten Ergebnisse (Kapitel 7) sowie deren Bewertung (Kapitel 8). In Kapitel 6 werden die
Fragestellungen und Hypothesen im Überblick zusammengefasst (Abschnitt 6.1.), der Unter-
suchungsgegenstand beschrieben (Abschnitt 6.2.), die methodische Vorgehensweise nach-
vollziehbar dargestellt (Abschnitt 6.3.) und auf ihre Güte hin überprüft (Abschnitt 6.4.). Da-
rauf folgend werden die Konstruktion des Erhebungsinstruments und die Ergebnisse des Pre-
tests erörtert (Abschnitt 6.5.) sowie die Auswertungsstrategie der erhobenen Daten (Abschnitt
6.5.2.) vorgestellt. Kapitel 7 präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung, anhand der thema-
tischen Strukturierung, wie sie in Kapitel 5 vorgenommen wurde. Mit einer Zusammenfas-
sung und Bewertung der wichtigsten Ergebnisse in Kapitel 8 wird die vorliegende Arbeit ab-
geschlossen. Im Anhang der Studie befinden sich die Leitfäden der Öffentlichkeitsarbeiter
(vgl. Anhang A3) und Journalisten (vgl. Anhang A4).

2. Annährung an den Begriff ,,politische PR"
9
I. Theoretischer Teil
Der theoretische Teil der vorliegenden Arbeit gliedert sich in vier Kapitel. Das Kapitel 2
grenzt den Forschungsgegenstand ,,politische PR" ein, indem der Begriff definiert, gegenüber
anderen abgegrenzt und im Hinblick auf die verschiedenartigen Kommunikationselemente
bewertet wird. In Kapitel 3 wird der Forschungstand zum Verhältnis zwischen PR und Jour-
nalismus wiedergegeben sowie die vorliegende Untersuchung in ein theoretisches Modell
eingeordnet. Danach werden in Kapitel 4 die Funktionen und Ziele politischer PR analysiert.
Kapitel 5 dient dazu, die Erkenntnisse der Nachrichten-Theorie, in Form strategischer Überle-
gungen, für die politische PR nutzbar zu machen.
2.
Annäherung an den Begriff ,,politische PR"
Für den Gegenstandsbereich der ,,politischen PR" werden sehr unterschiedliche Begriffe ver-
wendet, die sich vielfach überlappen, aber nicht deckungsgleich sind (vgl. Kunczik 2002: 25).
Die häufigsten Fehldeutungen politischer PR beruhen auf deren Gleichsetzung mit politischer
Werbung und Propaganda. Die Forschungsliteratur zur politischen PR ist daher vor allem da-
rum bemüht, zu diesen Begriffen eine Abgrenzung zu schaffen (vgl. Baerns 1979: 309; Mer-
ten 2000: 143; Kunczik 2002: 32). Dies lässt einen Klärungsversuch, was die vorliegende Ar-
beit unter politischer PR versteht, ratsam erscheinen.
6
Damit soll auch der Forschungsgegen-
stand eingegrenzt werden.
2.1. Politische PR ­ Versuch einer Begriffsklärung
Der Begriff Public Relations ist noch relativ unklar, umstritten und widersprüchlich. So wur-
den bereits bis 1976 in einer wissenschaftlichen Arbeit 472 Definitionen von PR gesammelt
(vgl. Merten 1999: 257f.; Kunczik 2002: 24). Die nachfolgenden Ausführungen können dem-
nach keine Allgemeingültigkeit beanspruchen, sondern skizzieren den Begriff nach Meinung
des Verfassers in seiner sinnvollsten Art und Weise.
In einem eher praktischen Verständnis definiert Bergsdorf die Öffentlichkeitsarbeit der Bun-
desregierung als Beziehungsaufbau zwischen dem Kommunikator (Bundesregierung) einer-
seits und dem Adressaten (Bevölkerung und Medien) andererseits. Er unterscheidet dabei
6
Einige Autoren betrachten die begrifflichen Definitions- und Abgrenzungsversuche von PR eher kritisch. Sie
attestieren eine ,,Abgrenzungs-Neurose" oder auch eine ,,Propaganda-Phobie", also die Abgrenzungsversuche
von PR gegenüber Propaganda, die ihrer Ansicht nach auf ein Identitätsproblem von PR zurückzuführen sind.
Sie sehen in den Versuchen, Werbung, PR und Propaganda zu unterscheiden, lediglich semantische Spielereien
(vgl. Kunczik 2002: 33ff.).

2. Annährung an den Begriff ,,politische PR"
10
zwischen Informationspolitik, d.h. der aktuellen Unterrichtung der Öffentlichkeit über poli-
tische Sachfragen und Entscheidungen, und Öffentlichkeitsarbeit, d.h. der längerfristigen Ge-
samtdarstellung einer Politik oder eines Politikbereiches (vgl. Bergsdorf 1993: 94ff.). Die In-
formationspolitik hat dabei die Medien als Zielgruppe, wird aktuell betrieben und nutzt ent-
sprechende Instrumentarien, wie Pressemitteilungen, Pressekonferenzen usw. Die Öffentlich-
keitsarbeit spricht die Bevölkerung insgesamt an, ist längerfristig angelegt und bedient sich
Instrumentarien, wie Broschüren, Filme, Besucherdienst etc. Diese Differenzierung wird in
Praxis und Wissenschaft weitestgehend geteilt. Die Forschungsliteratur definiert die Informa-
tionspolitik jedoch als speziellen Typ von Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Bentele 1998: 127f.).
Für ein wissenschaftlich fundiertes Ausgangsverständnis von politischer PR schlägt Bentele
einen mikro- und einen makrosozialen Blickwinkel vor. Im makrosozialen Sinne definiert er
PR als publizistisches Teilsystem mit sozialen Funktionen, Arbeitsorganisationen, Berufsrol-
len, beruflichen Entscheidungsprogrammen sowie einem Mix aus Mitteln, Methoden und In-
strumenten. Unter mikrosozial versteht er eine organisationsbezogene Sichtweise, die Öffent-
lichkeitsarbeit als das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen zwi-
schen Organisationen einerseits und ihren internen oder externen Umwelten andererseits be-
greift (vgl. ebd.: 129f.). Diese Definition bindet ,,politische PR" an die Aktivitäten von Ak-
teuren und Institutionen des politischen Systems. Unter Kommunikationsmanagement fasst er
alles ,,von der traditionellen Einwegkommunikation (Instrumente der Pressearbeit) über stra-
tegisch eingesetzte Dialoginstrumente bis hin zum politischen Themen- und Event-
Management" (ebd.: 130).
Auf einer weiteren Ebene kann zwischen funktionaler PR (Einzelpersonen) und organisierter
PR (Abteilungen, Teilorganisationen) unterschieden werden. Organisierte politische Öffent-
lichkeitsarbeit wird hauptberuflich von PR-Spezialisten ausgeführt, funktionale politische Öf-
fentlichkeitsarbeit hingegen praktizieren Politiker, als Teilfunktion ihrer beruflichen Rolle
(vgl. Bentele 1998: 136; Delhaes 2002: 107f.).
Zusammenfassung:
Unter ,,politischer PR" wird das Informations- und Kommunikationsmanagement politischer
Institutionen und deren Akteure mit ihren internen und externen Umwelten verstanden. Dabei
kann zwischen organisierter PR, die hauptberuflich von PR-Spezialisten in politischen Institu-
tionen ausgeübt wird, und funktionaler PR, die Politiker als Teilfunktion ihrer politischen
Rolle wahrnehmen, unterschieden werden.

2. Annährung an den Begriff ,,politische PR"
11
2.2. Abgrenzungen gegenüber politischer Werbung und politischer Propaganda
Politische PR lässt sich gegenüber kommerzieller Werbung und Propaganda vor allem dahin-
gehend unterscheiden, dass sie nicht zwingend als Einwegkommunikation genutzt wird. Mo-
derne Öffentlichkeitsarbeit versteht sich vielmehr als Interaktion und nutzt verständigungs-
orientierte Instrumente (vgl. Sarcinelli 1993: 470).
Politische Werbung besteht demnach primär aus Einwegkommunikation und verwendet
sprachliche Instrumente, wie zum Beispiel Slogans, mediale Instrumente, wie Plakate, Anzei-
gen, Radio- und Fernsehspots. Sie basiert in erster Linie auf einer persuasiven Funktion, poli-
tische Öffentlichkeitsarbeit hingegen auf einer Informationsfunktion. Während Werbung
hauptsächlich auf Produkte gerichtet ist und einen kurzfristigen Konsumentscheid auslösen
soll, ,,ist PR nicht auf ein Produkt gerichtet, sondern arbeitet indirekt und langfristig zur Ge-
winnung von Vertrauen in der Öffentlichkeit" (Merten 1999: 263). Zwar kann PR als Mittel
der Vertrauenswerbung auch auf werbliche Nebenwirkungen abzielen oder Werbung als In-
strument nutzen, jedoch bezieht sich die Kommunikation von PR nicht ausschließlich auf den
Kampf um Marktanteile. Das zentrale Element von PR ist der Versuch, Vertrauen zu gewin-
nen (vgl. Kunczik 2002: 24).
Eine weitere wichtige Abgrenzung von politischer PR wird gegenüber der politischen Propa-
ganda getroffen. Während politische PR, aber auch politische Werbung, als legitime Kom-
munikationsaktivitäten angesehen werden, wird mit politischer Propaganda eine einseitige,
beschönigende und irreführende Kommunikation assoziiert.
,,Moderne Propaganda ist [...] als unidirektionale, beeinflussende Kommunikation zu definieren, für die die
Norm der wahrheitsgemäßen Information untergeordnet oder bewusst ausgeklammert wird. Sie arbeitet in
der Regel mit einfachen Kommunikationsmitteln [...], ist häufig emotionalisiert, setzt Feindbilder ein und
kommt nur innerhalb einer zentralisierten, nichtdemokratischen Öffentlichkeitsstruktur zu ihrer vollen Ent-
faltung, d.h. in Systemen, in denen die Medien staatlich abhängig bzw. gelenkt sind. Propaganda stellt in
diesen politischen Systemen ein Instrument sozialer Kontrolle dar" (Bentele 1998: 133f.).
Politische Öffentlichkeitsarbeit grenzt sich gegenüber politischer Propaganda ebenfalls dahin-
gehend ab, dass sie nicht ausschließlich einseitig kommuniziert, sondern auch dialogische In-
strumente
7
nutzt. Sie ist der wahrheitsgemäßen und sachlichen Information verpflichtet (vgl.
ebd.: 134).
Merten macht die Unterscheidung zwischen PR, Werbung und Propaganda an drei Begriffen
fest: Überzeugung, Überredung und Manipulation (vgl. Merten 2000: 150f.).
7
Dialogische Instrumente politischer PR sind beispielsweise Pressekonferenzen, Hintergrundgespräche, Journa-
listenreisen usw. Die Pressevertreter haben die Möglichkeit, Sachverhalte zu hinterfragen, mit den Akteuren zu
diskutieren, Entscheidungen gemeinsam einzuordnen etc.

2. Annährung an den Begriff ,,politische PR"
12
In der Mediengesellschaft, so Merten, wird Überredung der Werbung zugesprochen. Die
Überredung des Rezipienten findet ihm zufolge kurzfristig und produktbezogen statt und en-
det nach der angestrebten Kaufhandlung.
Überzeugung gilt als Grundfunktion von Public Relations. Überzeugen ist langfristig angelegt
und auf das Bewusstsein gerichtet, während Überredung die Gunst der Situation ausnutzen
muss. Überzeugungsstrategien werden entwickelt und angewandt, um Meinungen zu be-
stimmten Themen durchzusetzen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollen. Ziel ist
es, dass ,,Feststellungen als richtig, Erklärungen als plausibel, Bewertungen als legitim, Fol-
gerungen als notwendig und nützlich" (Neidhart 1994: 18) wahrgenommen werden.
Manipulation, als Merkmal von Propaganda, setzt sich von Werbung in dem Maße ab, dass
nicht nur positive Assoziationen hergestellt werden sollen, sondern ein autoritärer Anspruch
erhoben wird, der die Nichtbefolgung der angesonnenen Handlung mit Sanktionen belegt. Die
Struktur von Propaganda setzt sich aus dem Alleinstellungsmerkmal (Einzigartigkeit wird
propagiert), dem Ausschließlichkeitscharakter (Adressat wird die Freiheit eigener Entschei-
dung entzogen) sowie aus skizzierten Sanktionen, die nicht überprüft werden können, zu-
sammen (vgl. Merten 2000: 153).
8
Zusammenfassung:
Politische Werbung verfolgt Strategien der Überredung (Persuasion), ist kurzfristig angelegt
und produktbezogen. Sie versucht, über einseitige Kommunikation einen Kaufentscheid aus-
zulösen.
Politische Propaganda setzt auf Manipulation, indem sie eine einseitige, beschönigende und
irreführende Kommunikation betreibt. Sie hat einen autoritären Anspruch und schließt Sank-
tionen als Drohpotential ein.
Politische PR nutzt langfristige Überzeugungsstrategien, um Vertrauen in der Öffentlichkeit
zu erzielen. Sie basiert auf einer Informationsfunktion und setzt neben der Einwegkommuni-
kation auch dialogorientierte Instrumente ein.
8
Einschränkend weist Merten jedoch darauf hin, dass die gewählte begriffliche Differenzierung nicht ganz un-
problematisch ist. So beruhen sowohl Werbung, als auch PR auf der Kommunikation persuasiver Prozesse. In-
strumente von Werbung und Propaganda lassen sich auch nutzen, um Überzeugung herzustellen (vgl. Merten
2000: 160).

2. Annährung an den Begriff ,,politische PR"
13
2.3. Strategische Differenzierung der Kommunikationselemente
Der vorausgehende Abschnitt hat gezeigt, dass sich grundlegende Unterschiede zwischen po-
litischer PR, Werbung und Propaganda feststellen lassen. Diese Überlegungen waren notwen-
dig, um den Begriff der politischen PR klar zu umreißen. Der folgende Abschnitt soll verdeut-
lichen, dass die legitimen Kommunikationsformen politische PR und politische Werbung,
auch hinsichtlich ihrer Möglichkeiten im Kommunikationsprozess differenziert betrachtet
werden müssen.
Der Politikvermittlungsprozess lässt sich hinsichtlich seiner strategischen Möglichkeiten und
kommunikativen Chancen in zwei Kommunikationselemente unterteilen: Zum einen in free
media (unbezahlte Kommunikation) und zum anderen in paid media (bezahlte Kommunikati-
on) (vgl. Schmidt-Beck/ Pfetsch 1994: 111).
9
Diese Differenzierung beruht auf einem unterschiedlichen Vorgehen bei der Medienkampag-
ne (free media) sowie der Werbekampagne (paid media) im Wahlkampf, kann jedoch auch
für die Alltagssituation politischer PR geltend gemacht werden. Bei der Werbekampagne be-
steht auf Grund ihrer kommerziellen Verbreitung die Möglichkeit, Inhalt und Konzeption
vollständig selbst zu bestimmen (vgl. Reiser 1994: 346). Zeitpunkt der Veröffentlichung, Um-
fang und inhaltliche Botschaften können beliebig variiert werden und sind lediglich von
finanziellen Ressourcen abhängig. Politische Werbung kann somit durch die Wahl von Medi-
um und Veröffentlichungszeitpunkt auf bestimmte Segmente der Öffentlichkeit zugeschnitten
werden (vgl. Paletz/ Vinson 1994: 365f.). Als Instrumente werden alle Arten bezahlter Wer-
bung, wie Plakate, Eigenpublikationen, Zeitungsanzeigen, Werbespots im Fernsehen etc. ge-
nutzt (vgl. Schmidt-Beck/ Pfetsch 1994: 111).
Im Gegensatz zur bezahlten Kommunikation (paid media) beziehen sich die Methoden und
Instrumente der politischen PR auf die unbezahlte Kommunikation (free media). Diese Art
der Politikvermittlung findet über die alltägliche politische Berichterstattung der Massenme-
dien statt. Ihr wird die entscheidendere Bedeutung im Politikvermittlungsprozess zugespro-
chen (vgl. ebd.). Die politischen Informationen, Themen und Personen werden dem Medien-
system zur freien Verfügung angeboten (vgl. Bentele 1998: 140). Somit kann politische PR
nicht per se den Zeitpunkt, die Inhalte sowie den Umfang der Berichterstattung bestimmten
(vgl. Brettschneider 2002: 38).
9
Ähnliche Differenzierungen der Kommunikationselemente werden von Paletz/ Vinson sowie von Donsbach
vorgenommen. Dabei unterscheiden Paletz/ Vinson in vollmediatisierte, teilmediatisierte und nicht-mediatisierte
Kommunikation (vgl. Paletz/ Vinson 1994: 362) und Donsbach in voll kontrollierte, teilweise kontrollierte und
unkontrollierte Nachrichten (vgl. Donsbach 1994: 243).

2. Annährung an den Begriff ,,politische PR"
14
Folgt man Jarren, so sind werbliche, persuasive Informationstechniken der Politik (paid me-
dia) in der Gesellschaft verpönt, werden kritisiert und büßen an Akzeptanz ein. Daher müsse
das Interesse politischer Akteure an publizistischen und redaktionellen Einflussstrategien poli-
tischer PR (free media), also an ,,verdeckter" Einflussarbeit, um so ausgeprägter sein (vgl. Jar-
ren 1994b: 656). Diese mediale Politikvermittlung wird vom Publikum nicht als Produkt
wahrgenommen, sondern als politische Realität (vgl. Radunski 1980: 136). Durch die Medien
erhalten politische Botschaften einen Vertrauensbonus. Dieser Umstand steigert das Wir-
kungspotential der Strategien, die auf die Medien ausgerichtet sind.
Die vorliegende Arbeit beschränkt sich daher im Sinne dieser Differenzierungen auf die Pro-
zesse der Themenvermittlung über das Kommunikationselement ,,free media", also die ,,re-
daktionelle Steuerung des medialen Kommunikationsprozesses" (Jansen/ Ruberto 1997: 100)
durch politische PR.
Zusammenfassung:
Der Politikvermittlungsprozess wird hinsichtlich seiner strategischen Möglichkeiten in die
Kommunikationselemente free media und paid media differenziert.
Politische Werbung umfasst dabei den Bereich der bezahlten Kommunikation (paid media).
Veröffentlichungszeitpunkt, Umfang und Inhalte können beliebig variiert werden und sind le-
diglich von finanziellen Ressourcen abhängig. Die Strategien der politischen PR umfassen
den Bereich der unbezahlten Kommunikation (free media). Hierbei bestimmen die Medien
weitestgehend die Inhalte, wobei politische PR versucht, Einfluss auf das Mediensystem zu
nehmen, um die aktuelle Berichterstattung interessengeleitet zu steuern.

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
15
3.
Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
Das folgende Kapitel soll einerseits dazu dienen, den Forschungsstand zum Verhältnis von
politischer PR und Journalismus wiederzugeben und zum anderen ein Modell vorzustellen,
anhand dessen sowohl die theoretische Grundannahme der vorliegenden Arbeit abgeleitet als
auch die empirische Analyse eingeordnet werden kann.
Zunächst werden im Allgemeinen die verschiedenen Sichtweisen der politischen Kommuni-
kationsforschung zu dem Verhältnis zwischen politischem System und Mediensystem vorge-
stellt (Abschnitt 3.1.). In einem zweiten Schritt wird das Verhältnis zwischen politischer PR
und Journalismus näher beleuchtet. Dazu wird ausführlich die Determinationsthese diskutiert
(Abschnitt 3.2.). Danach wird das von Bentele/ Liebert/ Seeling (1997) entwickelte Intereffi-
kationsmodell vorgestellt, welches die Ergebnisse der Determinationsthese integriert, aber
neueren wissenschaftlichen Auffassungen eines interdependenten Verhältnisses zwischen PR
und Journalismus Rechnung trägt (Abschnitt 3.3.). Am Ende des Kapitels wird dann aus die-
sem Modell die theoretische Grundannahme der vorliegenden Arbeit abgeleitet sowie die em-
pirische Analyse eingeordnet (Abschnitt 3.4.).
3.1. Annahmen der politischen Kommunikationsforschung
Die Forschung zur politischen Kommunikation ist vorwiegend auf die Massenkommunikati-
on, speziell auf die politische Rolle der Massenmedien, gerichtet. Dabei wird oft nach dem
Gegensatz zwischen Medien und Politik, nach der Abhängigkeit des einen vom anderen oder
nach dem interdependenten Verhältnis beider Systeme gefragt (vgl. Schulz 2003: 458). Die
Fragen, in welcher Weise Thematisierungsansprüche von politischer PR und politischem
Journalismus zum Ausgleich gebracht werden, wie die politische Themenagenda und die Me-
dienagenda sich gegenseitig durchdringen und wie sie voneinander abhängen, wird in der
Theoriediskussion der politischen Kommunikationsforschung unterschiedlich beantwortet
(vgl. Jarren 1988: 619ff.; Sarcinelli 1991: 471ff.; Reiser 1994: 341).
Die unterschiedlichen Positionen in der wissenschaftlichen Debatte sowie die Entwicklung
des Forschungsfeldes sollen im Folgenden skizziert werden. Zur Strukturierung des Abschnit-
tes dient die von Jarren/ Donges vorgenommene Differenzierung in drei Paradigmen bzw.
Annahmen des Verhältnisses zwischen Medien und Politik.

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
16
Tab. 1: Paradigmen des Verhältnisses zwischen Medien und Politik
Paradigma Dominanter
Beziehungsmodus
Medien im politischen Prozess
Gewaltenteilung
Autonomie
Neutralität vs. Kontrolle, Kritik
(,,Gegenmacht")
Instrumentalisierung Steuerung
,,Übermacht" der Politik oder
,,Übermacht" der Medien
Interdependenz/ Symbiose
Interaktion Tauschbeziehungen
(Quelle: Jarren/ Donges 2002b: 27)
Das Paradigma der Gewaltenteilung begreift die Medien als vierte Gewalt im Staat, die als
Kontrollinstanz gegenüber Legislative, Exekutive und Judikative fungieren soll. Die Aus-
übung dieser Kontrollfunktion setzt voraus, dass zwischen Politik und Medien ein Verhältnis
der Autonomie und Distanz besteht (vgl. Jarren/ Donges 2002a: 26). Aus rein normativer
Sicht ist es die Aufgabe des Journalismus, sein Publikum ,,mit möglichst wahrheitsgemäßen,
nach rein professionellen Gesichtspunkten ausgewählten Informationen zu versorgen, damit
es sich unabhängig eine Meinung bilden kann" (Barth/ Donsbach 1992: 151).
Im Gegensatz zu diesem Paradigma gibt es eine verbreitete Sichtweise, die besagt, dass zwi-
schen Massenmedien und Politik ein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht (vgl. Schulz
1997: 24). Idealtypisch vereinfacht, lässt sich die These zum einen in die Annahme der
,,Übermacht" der Massenmedien und zum anderen in die Annahme der ,,Übermacht" der
Politik unterscheiden (vgl. Bentele/ Liebert/ Seeling 1997: 234).
10
Die Annahme von der ,,Übermacht" der Politik geht von einem Autonomieverlust des Me-
diensystems gegenüber dem politischen System aus (vgl. Jarren 1988: 626). Massenmedien,
so die Argumentation, sind oft Verlautbarungsorgan, Durchlaufstation oder gar Instrument der
Politik (vgl. Sarcinelli 1991: 476). Politische Akteure können dieser Auffassung zufolge die
Berichterstattung der Nachrichtenmedien für ihre Zwecke instrumentalisieren (vgl. Schmidt-
Beck/ Pfetsch 1994: 114f.). In diesem Fall werden Medien zu Legitimationszwecken als Steu-
erungsinstrument eingesetzt (vgl. Jarren/ Donges 2002a: 26f.). Die Kritik- und Kontrollfunk-
tion der Medien sowie die umfassende und neutrale Information der Bürger, geschieht dem-
nach vor dem Hintergrund einer interessengeleiteten Beeinflussung der Massenmedien durch
das politische System (vgl. Schulz 1997: 25).
10
In der wissenschaftlichen Debatte finden sich für diese Differenzierung auch andere schlagwortartige Begriffe.
So wird die Annahme der ,,Übermacht" der Medien auch als Dependenzthese und die ,,Übermacht" der Politik
als Instrumentalisierungsthese bzw. als Konzept vom Autonomieverlust der Medien diskutiert (vgl. Schulz 1997:
24ff.; Reiser 1994: 341).

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
17
Der Annahme von der ,,Übermacht" der Medien liegt die These zugrunde, dass das politische
System in eine Abhängigkeit zu den Medien geraten ist (vgl. Jarren 1988: 623f.). Sie stützt
ihre Argumentation auf den Bedeutungsgewinn der Medien sowie der Vermutung einer star-
ken Medienwirkung (vgl. Noelle-Neumann 1979; Kepplinger 1994; 1999). Eine große Bedeu-
tung wird dabei dem Fernsehen zugeschrieben. Medien werden als poli-tische Macht ange-
sehen, die wesentlich selbst agiert und indirekt mitregiert (vgl. Jarren/ Donges 2002a: 26). Die
Themenprioritäten der Politik, so die These, orientieren sich an den Vorgaben der Medien.
Unter diesen Umständen bestimmt das Mediensystem ,,durch die eigene Medienlogik die
Voraussetzungen und Formen der Kommunikation politischer Akteure" (Bentele/ Liebert/
Seeling 1997: 234). Demzufolge wird eine ,,Demontage der Politik in der Informationsgesell-
schaft" (Kepplinger 1998b), eine ,,Kolonisierung der Politik durch die Medien" (Meyer 2001)
sowie ein Wandel hin zur ,,Mediokratie" (ebd.) attestiert (vgl. Jarren/ Donges 2002b: 131).
Für beide beschriebenen Auffassungen des Instrumentalisierungsparadigmas gibt es eine brei-
te Anhängerschaft in der politischen Kommunikationswissenschaft (vgl. Schulz 1997: 26). In
neueren Arbeiten dominiert jedoch die Ansicht, dass es sich bei dem Verhältnis von poli-
tischem System und Mediensystem um ein Interdependenzverhältnis mit wechselseitigen Ab-
hängigkeiten und Anpassungsprozessen handelt (vgl. Schmidt-Beck/ Pfetsch 1994: 115; Ben-
tele/ Liebert/ Seeling 1997: 234f.; Jarren/ Donges 2002a: 27). Diese Annahme stellt, verein-
facht ausgedrückt, eine Synthese aus den vorangehend beschriebenen Thesen dar, wobei de-
ren einseitige Sichtweise abgelehnt wird (vgl. Reiser 1994: 342). Keiner der beiden Akteure
hat demnach die Macht den anderen zu kontrollieren. Der Interdependenzthese liegt die An-
nahme einer Tauschbeziehung zugrunde, nämlich des Tausches von Informationen gegen
Publizität. Einerseits ist das politische System auf die Vermittlung seiner Informationen und
Themen durch die Massenmedien angewiesen, andererseits benötigen die Medien die Infor-
mationen des politischen Apparates (vgl. Neidhart 1994: 15; Jarren/ Donges 2002a: 27).
3.2. Von der Determination zur Intereffikation
Im folgenden Abschnitt sollen empirische Befunde zum Verhältnis von politischer PR und
Journalismus vorgestellt werden. Hierbei steht die so genannte Determinationshypothese im
Vordergrund
11
, denn sie ist die ,,einzige PR-Theorie mittlerer Reichweite, die in Deutschland
bislang eine wirkliche Forschungstradition hervorgebracht hat" (Bentele 2003: 65). Sie stellt
die Frage nach dem Einfluss von Öffentlichkeitsarbeit auf die Informationsleistungen des
Journalismus. Zu den am häufigsten zitierten Befunden dieser Hypothese zählt, dass die poli-
11
Überblicke zur Determinationshypothese vgl. Weber 1999: 265ff.; Kunczik 2002: 355ff.; Bentele 2003: 65f.

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
18
tische Berichterstattung überwiegend auf Aktivitäten politischer Öffentlichkeitsarbeit zurück-
zuführen ist (vgl. Pfetsch/ Dahlke 1996: 137). Für Deutschland liegen dahingehend eine Reihe
übereinstimmender Fallstudien vor, die zeigen, dass politische Akteure mit Hilfe von Techni-
ken der Öffentlichkeitsarbeit die Inhalte der Berichterstattung beeinflussen können (vgl. Nis-
sen/ Menningen 1979; Baerns 1985; Grossenbacher 1986; Rossmann 1993).
Die Initialzündung für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Einfluss von Öffentlich-
keitsarbeit auf den Journalismus in Deutschland lieferte in den achtziger Jahren die Studie von
Baerns (1985).
12
Sie konnte nachweisen, dass politische Öffentlichkeitsarbeit die Themen und
das Timing der Berichterstattung vorgeben (vgl. Baerns 1985: 98; 1987: 152). Über 60 Pro-
zent der Medienberichterstattung gingen laut Baerns auf Aktivitäten politischer Öffentlich-
keitsarbeit zurück. Sie formulierte die These, dass Öffentlichkeitsarbeit die Informationsleis-
tung tagesbezogener Medienberichterstattung determiniert (vgl. Baerns 1979: 312).
Folgestudien von Grossenbacher (1986), Barth/ Donsbach (1992) und Rossmann (1993)
konnten diese Ergebnisse grundsätzlich bestätigen und gelten gemeinhin als Belege für die
Verallgemeinerungsfähigkeit der Determinationshypothese (vgl. Szyszka 1997: 210).
Grossenbacher bestätigte den großen Einfluss politischer PR auf die Medieninhalte und erwei-
terte die quantitativen Ergebnisse von Baerns um die qualitative Komponente der Bewertung.
Er stellte fest, dass der Journalismus nicht nur die Themen der PR übernimmt, sondern auch
deren inhaltliche Gewichtung (vgl. Grossenbacher 1986: 730).
Rossmann bestätigte ebenfalls die Ergebnisse von Baerns (vgl. Rossmann 1993: 93). In seiner
Untersuchung zur Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace gehen sogar 84 Prozent aller Artikel
auf Anlässe oder Ereignisse von PR zurück. In vier von fünf Fällen, so sein Ergebnis, deter-
miniert Öffentlichkeitsarbeit die Berichterstattung (vgl. Rossmann 1993: 91).
Die Studien von Barth/ Donsbach (1992), Saffarina (1993) und Schweda/ Opherden (1995)
relativierten jedoch diese Aussagen. So konnten Barth/ Donsbach am Beispiel ökologischer
Themen feststellen, dass die Eigenleistungen des Journalismus steigen, sobald Themen strittig
sind oder zugespitzte Situationen entstehen. In diesen Fällen werden Akteure politischer PR
besonders kritisch betrachtet, so dass auch ihre Informationen in einem anderen Maße gewer-
tet und gewichtet werden. Der Einfluss politischer PR ist dieser Studie zufolge deutlich
12
Schon vorher lag die Gatekeeper-Studie von Nissen/ Menningen (1979) vor. Sie fand jedoch erst im Zuge der
von Baerns Studie (1985) angefachten Diskussion größere Beachtung. Nissen/ Menningen wiesen den Journalis-
ten die Funktion des Informationsvermittlers zu, der auch Wertungen und Intentionen der Primärkommunika-
toren (PR) an das Publikum weitergibt (vgl. Nissen/ Menningen 1979: 219). Sie bestätigten die These, dass
Themen und Informationsauswahl von PR-Seite bestimmt werden. Die Vorstellung des eigenständigen, selbst
recherchierenden Journalisten erklären sie zum Mythos (vgl. ebd.: 222).

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
19
geringer, wenn sie in Krisen- oder Konfliktsituationen an das Mediensystem herantritt (vgl.
Barth/ Donsbach 1992: 163).
Saffarina versuchte, in seiner Untersuchung zu zeigen, dass die Nicht-Determinierung und
damit die relative Autonomie des Journalismus mindestens ebenso plausibel ist wie eine De-
terminierung (vgl. Saffarina 1993: 414). Er stellte fest, dass lediglich 10,6 Prozent der Be-
richterstattung in den von ihm untersuchten Zeitungen auf PR-Aussendungen beruhen. Verar-
beitete PR-Inhalte wurden überdies mit viel Recherche begleitet, viel kommentiert und in der
Betonung völlig unterschiedlich gewichtet. Im Großen und Ganzen war die Thematisierung
von PR-Texten relativ gering und die Transformationsleistungen der Redaktionen relativ hoch
(vgl. ebd.: 419). Des weiteren wies er darauf hin, dass in unterschiedlichen Medien vermutlich
ein differenzierter Umgang mit PR-Angeboten praktiziert wird (vgl. ebd.: 420).
In ihrer Analyse zur Lokalpolitik konnten Schweda/ Opherden den PR-Einfluss ebenfalls rela-
tivieren. Die ermittelte Übernahmequote der Pressemitteilungen lag bei ihrer Analyse der po-
litischen Berichterstattung bei nur 20 Prozent (vgl. Schweda/ Opherden 1995: 200).
Kritik an der Determinationshypothese:
Da in Wissenschaft und Praxis kaum eine differenzierte Rezeption der vorliegenden For-
schungsergebnisse stattfand, wurden auch Arbeiten, die eine Determination in Frage stellten
und dem Journalismus eine gewisse Resistenz gegenüber PR attestierten (vgl. Saffarina 1993;
Schweda/ Opherden 1995) nur wenig beachtet.
Obwohl Baerns selbst darauf hingewiesen hat, dass ihre Ergebnisse unter der Voraussetzung
gelten, dass andere Faktoren nicht existieren (vgl. Baerns 1985: 17; 1987: 149), fragten die
Folgestudien kaum nach anderen Einflussfaktoren. Des weiteren hat sich seit den Arbeiten
von Baerns das Mediensystem in seiner Struktur, in seinen Funktionen, aber auch bezogen auf
sein Publikum, stark verändert (vgl. Szyszka 1997: 211f.).
Ein weiterer Kritikpunkt an der Determinationshypothese ist, dass sie vorrangig auf empi-
rischen Fallstudien und weniger auf theoretischen Überlegungen basiert (vgl. Jarren/ Donges
2002b: 129). Aufgrund der mangelnden theoretischen Fundierung, ist deren Geltungsbereich
weitgehend von den jeweiligen Prämissen und dem Untersuchungsdesign der Studien abhän-
gig (vgl. Schantel 2000: 70). Eine Reihe von Studien (vgl. Nissen/ Menningen 1979; Gros-
senbacher 1986; Barth/ Donsbach 1992; Rossmann 1993) vergleichen lediglich PR-
Botschaften bzw. -Produkte (Pressemitteilungen, Pressekonferenzen) mit dem Teil der Be-
richterstattung, in dem diese verwendet werden. Um eine Aussage treffen zu können, wie PR
die journalistische Leistung determiniert, müsste jedoch eine Analyse der Gesamtbericht-

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
20
erstattung vorgenommen werden wie es Saffarina (1993) und Schweda/ Opherden (1995) ge-
tan haben (vgl. Jarren/ Röttger 1999: 201; Schantel 2000: 73).
Der größte Kritikpunkt an der Determinationsthese ist, deren einseitige Beschreibung des
Verhältnisses von PR und Journalismus. Saffarina stellt die Frage, warum man Jahrzehntelang
an der Differenzierung des Stimulus-Response-Ansatzes gearbeitet hat, um dann bei der De-
terminationsthese wiederum in diese Denkweise zu verfallen (vgl. Saffarina 1993: 420). Die
Vorstellung einer linearen Einflussnahme von PR auf den Journalismus muss jedoch als unzu-
lässige Vereinfachung zurückgewiesen werden (vgl. Schantel 2000: 76).
In jüngerer Zeit liegen Studien und Untersuchungen zur Interaktion zwischen dem politischen
System und dem Mediensystem vor (vgl. Jarren/ Donges 1996; Schatz/ Jarren/ Knaup 1997;
Delhaes 2002; Pfetsch 2003). Das Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus wird
dabei nicht als unidirektionale Einflussnahme aufgefasst, sondern als wechselseitige Einfluss-
und Abhängigkeitsbeziehung (vgl. Szyszka 1997: 213; Schantel 2000: 76). Dieser For-
schungsbereich ist stärker theoretisch ausgerichtet als die Determinationshypothese und wird
vor allem systemtheoretisch erklärt. Hier haben sich unterschiedliche Erklärungsansätze
(Strukturelle Kopplung, Interpenetration, Interdependenz) herausgebildet. Aus Platzgründen
soll hier nicht auf die systemtheoretischen Konzepte eingegangen werden.
13
Vielmehr soll
eine nähere Betrachtung des von Bentele/ Liebert/ Seeling (1997) entwickelten Intereffika-
tionsmodells vorgenommen werden, welches sich in das Interdependenzkonzept einordnen
lässt. Es erlaubt zugleich eine Ableitung der theoretischen Grundannahme der vorliegenden
Arbeit als auch die Einordnung der empirischen Analyse in ein übergeordnetes Modell.
3.3. Das Intereffikationsmodell als theoretischer Bezugsrahmen
Das Intereffikationsmodell geht grundsätzlich von gegenseitigen Einflüssen, gegenseitigen
Abhängigkeiten und einer gegenseitigen Orientierung zwischen PR und Journalismus als rela-
tiv autonome Systeme aus. Kommunikationsleistungen des einen Systems sind nach diesem
Verständnis nur durch das Existieren und das ,,Mitspielen" des anderen Systems möglich. Das
PR-System kann demnach nur mit Hilfe des Mediensystems seine Kommunikationsziele (z.B.
Publizität für Themen oder Bewertungen von Sachverhalten) erreichen. Umgekehrt ist das
Mediensystem von der Zuliefer- und Kommunikationsbereitschaft des PR-Systems abhängig.
Somit sind die Kommunikationsleistungen der einen Seite nur durch die Leistungen der ande-
ren Seite möglich. Diesen Aspekt der gegenseitigen Ermöglichung drückt die Wortschöpfung
13
Weiterführende Literatur vgl. Choi 1995; Westerbarkey 1995; Löffelholz 1997.

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
21
Intereffikation
14
aus (vgl. ebd.: 240). Unter Intereffikation wird die komplexe Gesamtbe-
ziehung zwischen Journalismus und Public Relations gefasst. So unterscheiden Bentele/ Lie-
bert/ Seeling die Beziehungen auf drei Ebenen: (1) die organisatorische Ebene (z.B. das Ver-
hältnis zwischen der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und den Redaktionen),
(2) die individuelle Ebene (z.B. das Verhältnis zwischen Journalisten und PR-Praktikern) und
(3) die Systemebene
15
.
Das Modell geht von gegenseitigen Einflussbeziehungen in Form von kommunikativen In-
duktionen und Adaptionen
16
aus. Induktionen sind dabei intendierte, gerichtete Kommunikati-
onsanstrengungen oder -einflüsse, die beobachtbare Wirkungen im jeweils anderen System
haben. Adaptionen hingegen lassen sich als kommunikatives und organisatorisches Anpas-
sungshandeln definieren. Die eine Seite orientiert sich bewusst an den Gegebenheiten der An-
deren, um den Kommunikationserfolg zu optimieren.
17
Weiter wird unter gegenseitiger Adap-
tion die Voraussetzung für eine gelingende Interaktion verstanden. Sowohl Induktionen als
auch Adaptionen bauen auf Erwartungen und vergangenen Erfahrungen auf (vgl. ebd.: 241).
Das Intereffikationsmodell ist als neutral im Hinblick auf die Determination zu verstehen,
denn es macht keine Aussagen über die Stärke der jeweiligen Einflüsse. Induktionen und
Adaptionen können sich in verschiedenen Dimensionen unterschiedlich stark und intensiv
ausprägen.
18
Das Modell versteht sich als deskriptiv und soll als theoretisch-systematische
Grundlage für empirische Studien dienen.
14
Der Begriff Intereffikation wird aus dem lateinischen Wort ,,efficare" (= etwas ermöglichen) abgeleitet.
15
Die Aussagekraft der Intereffikationsbeziehungen auf Systemebene wird jedoch explizit ausgeklammert (vgl.
Bentele/ Liebert/ Seeling 1997: 241). In das Analysemodell wurde diese Ebene dennoch integriert. Schantel hält
den Anspruch des Intereffikationsmodells, Intersystembeziehungen beschreiben zu können für diskussionswür-
dig, da sich die Frage stellt, von welchem System hier die Rede ist. Das Modell impliziert ein publizistisches
System als gesellschaftliches Teilsystem, das seinerseits aus den Subsystemen Journalismus und PR besteht (vgl.
Schantel 2000: 78). So lange die Grenzen zwischen beiden Systemen in der Theorie noch unscharf gezogen sind,
so Schantel, stellen diese impliziten theoretischen Prämissen ein Problem dar (vgl. Schantel 2000: 79; dazu auch
Merten 1999: 268; Ruß-Mohl 1999: 170). Vorschläge in diese Richtung fehlen bisher weitgehend. So muss der
Geltungsbereich des Modells vorerst auf die individuelle und organisatorische Ebene beschränkt bleiben und
auch nur dort empirisch überprüft werden.
16
Die ,,Adaption" ist ein neues Element zur Erklärung der wechselseitigen Beziehungen zwischen PR und Jour-
nalismus (vgl. Schantel 2000: 77). Durch das Intereffikationsmodell wird es erstmals theoretisch nutzbar ge-
macht.
17
Unter Anpassung wird die beabsichtigte Aufhebung von Differenzen zwischen den angestrebten Organisati-
onszielen und den tatsächlichen Verhältnissen in der Organisationsumwelt verstehen (vgl. Kuniczik 2002: 30).
18
Dieser Punkt wird in der Diskussion um das Intereffikationsmodell immer wieder thematisiert. Ruß-Mohl kri-
tisiert beispielsweise, dass das Modell nicht den Versuch unternimmt, Machtverhältnisse zu klären. Der Macht-
kampf zwischen beiden Systemen wird allzu harmonisch weggezaubert (vgl. Ruß-Mohl 1999: 169ff.). Es wird
eine ,,grenzaufhebende Partnerschaftsideologie zwischen PR und Journalismus [...] insinuiert" (ebd.: 170). Ben-
tele betont jedoch, dass es sich bei dem vorliegenden Modell nicht um ein Gleichgewichtsmodell handelt (vgl.
Bentele 1999: 189). Das Modell integriert damit vielmehr die empirischen Befunde der Determinationsthese
(vgl. Bentele/ Liebert/ Seeling 1997: 247).

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
22
Abb. 1: Das Intereffikationsmodell
a) Sachdimension (Selektion, Thematisierung/Agenda-Building; Platzierung, Be-
wertung; Präsentation)
Induktionen PR/J
Adaptionen PR/J
Adaptionen J/PR
Induktionen J/PR
b) Zeitliche Dimension (zeitliche Rahmen und Routinen)
c) Sozial-psychische Dimension (psychische Voraussetzungen; organisatorische Rah-
men und Routinen)
PR-System
PR-Abteilungen bzw.
PR-Akteure
Journalist. System
Redaktionen bzw.
Medienakteure
(Quelle: Bentele/ Liebert/ Seeling 1997: 242)
Zu den Induktionsleistungen des PR-Systems zählen die Themensetzung bzw. die Themenge-
nerierung, die Bestimmung über den Zeitpunkt der Information, aber auch die Bewertung von
Sachverhalten, Personen und Ereignissen. Die Adaptionen des PR-Systems drücken sich in
der Anpassung an zeitliche, sachliche und soziale Regeln oder Routinen des Journalismus aus.
Die Induktionsleistungen des Journalismus bestehen in der Selektion der Informationsange-
bote, in der Entscheidung über Platzierung und Gewichtung der Information, der journalisti-
schen Eigenbewertung, der weiteren Veränderung des Materials sowie der journalistischen In-
formationsgenerierung. Journalistische Adaptionen richten sich nach den organisatorischen,
sachlich-thematischen und zeitlichen Vorgaben des PR-Systems.
Gemäß diesen Beispielen gliedert sich das Modell in drei Dimensionen: (1)die psychisch-
soziale (persönliche und organisatorische soziale Beziehungen), (2) die sachliche (Themen-
selektion, Festlegung der Relevanzen, Bewertung von Sachverhalten, Personen und Themen,
Präsentation der Informationen) und (3) die zeitliche Dimension (Zeitpunkt, Aktualität, Perio-
dizität, zeitliche Arbeitsroutinen) (vgl. ebd.: 242ff.).
Im Gegensatz zu den Untersuchungsanordnungen der Determinationshypothese, die Aussagen
über die Transmission und mediale Transformation von PR-Inhalten sowie den Stellenwert
PR-induzierter Medieninhalte in der Berichterstattung erlauben (vgl. Schantel 2000: 81),
macht das Intereffikationsmodell darüber hinaus Aussagen über die Einflüsse der Medien auf
PR sowie die wechselseitigen Anpassungsprozesse zwischen beiden Seiten. Das Phänomen
der Adaption, welches das Modell empirisch einordnet und somit brauchbar macht, ist in bis-
herigen Forschungsarbeiten so gut wie nicht untersucht worden (vgl. Bentele 2003: 66).

3. Das Verhältnis zwischen PR und Journalismus - Zum Forschungsstand
23
3.4. Einschätzung und Ableitung der theoretischen Grundannahme
Das Intereffikationsmodell von Bentele/ Liebert/ Seeling (1997) soll die theoretische Grund-
lage der vorliegenden Arbeit bilden und zur Einordnung der empirischen Analyse dienen.
Obwohl in der vorliegenden Arbeit die Perspektive der politischen Akteure bzw. der poli-
tischen PR eingenommen werden soll, liegt ihr die Annahme zugrunde, dass der Erfolg poli-
tischer PR von der möglichst reibungsfreien Interaktion zwischen politischen Akteuren (Poli-
tiker, politische Öffentlichkeitsarbeiter) und den Akteuren des Mediensystems (Journalisten)
abhängt. An der Schnittstelle zwischen beiden Systemen vollziehen sich gegenseitige Kom-
munikationsleistungen (Induktionen) sowie gegenseitige Anpassungsleistungen (Adaptionen),
um den Tausch von Informationen gegen Publizität so reibungslos wie möglich zu gestalten
und den Kommunikationserfolg zu optimieren.
Die Frage danach, wie politische Öffentlichkeitsarbeiter versuchen, ihre Themen auf der
Agenda der meinungsführenden Printmedien zu platzieren sowie die anschließende empi-
rische Analyse, soll nun anhand des Intereffikationsmodells eingeordnet werden.
Bentele/ Liebert/ Seeling ordnen die zu untersuchenden Prozesse der Selektion, Thematisie-
rung, Platzierung, Bewertung und Präsentation von Themen auf der Sachdimension ein. PR
generiert Themen aus dem politischen System und bietet diese als Informationen bzw. PR-
Inhalte dem Mediensystem an. Themen können vom PR-System jedoch nicht beliebig gene-
riert werden, sondern müssen sich an den journalistischen Nachrichtenfaktoren orientieren
(Adaption) (vgl. auch Schmidt-Beck/ Pfetsch 1994: 115). Nachrichtenfaktoren können als re-
lativ stabiler Orientierungsrahmen für das PR-System angesehen werden. So können ,,Nach-
richtenfaktoren wie Relevanz, Konflikt, Negativismus, Prominenz, Überraschung etc. [...] bei
der PR-seitigen Themengenerierung angeboten werden" (Bentele/ Liebert/ Seeling 1997:
246). Das PR-System passt sich demnach an die journalistischen Relevanzkriterien an, um er-
folgreich zu sein. Dieser Ansatz soll später aufgegriffen und anhand der Nachrichten-Theorie
zugänglich gemacht werden (vgl. Kapitel 5).
Diese Anpassungsprozesse an die Selektions- und Produktionsmechanismen der Journalisten,
sollen in einer empirischen Untersuchung, im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit, analysiert
werden. Diese Prozesse werden aus empirischer Sicht von personalen Kommunikatoren, z.B.
Pressesprechern, vollzogen, obwohl die PR-Inhalte als Leistungen der Organisationen, z.B.
Bundesministerien, als ganzen erscheinen (vgl. ebd.: 228). Aus empirischer Sicht werden die
Prozesse also anhand der Akteursebene analysiert, die Aussagen auf der Organisationsebene
erlauben. Die vorliegende Arbeit analysiert demnach die Anpassungsprozesse zwischen poli-
tischer PR und Journalismus auf der Organisationsebene (vgl. Jarren/ Donges 2002a: 23).

4. Funktionen und Ziele politischer PR
24
4.
Funktionen und Ziele politischer PR
Das folgende Kapitel versucht, die Funktionen und Ziele politischer PR zu definieren. Dazu
werden zuerst die Funktionen und Ziele politischer PR im politischen System eingeordnet
(Abschnitt 4.1.). Der darauf folgende Abschnitt soll verdeutlichen, welche bedeutende Rolle
die Massenmedien bei der Politikvermittlung durch politische PR einnehmen (Abschnitt 4.2.).
Am Ende werden die Funktionen und Ziele politischer PR abgeleitet. Sie münden anschlie-
ßend in der forschungsleitenden Frage und der Generalhypothese der vorliegenden Arbeit
(Abschnitt 4.3.).
4.1. Zur Rolle der politischen PR im politischen System
Für eine systematische Einordnung der Themensetzungsstrategien politischer PR innerhalb
des politischen Systems wird ein, aus dem angelsächsischen Fachsprachgebrauch stammen-
der, differenzierter Politikbegriff zugrunde gelegt, mit dem eine Unterteilung in die drei Poli-
tik-Ebenen politiy, politics und policy vorgenommen wird.
Tab. 2: Dimensionen von Politik: polity, politics und policy
Dimension
versteht Politik als
und verwendet häufig Begriffe wie
Polity
Rahmen
Normen, Regeln, Institutionen, Verfassung, Gesetze
Politics
Prozess
Interessen, Konflikte, Akteure, Macht, Einfluss, Kampf
Policy
Inhalt
Probleme, Politikfelder, Gestaltung, Regelung, Lösung
(Quelle: Jarren/ Donges 2002a: 25)
Die polity-Ebene beschreibt das Normen- und Institutionengefüge der Politik. Dieser Begriff
umfasst den Rahmen politischen Handelns, die Institutionen und Grundregeln, welche poli-
tische Akteure ihren Entscheidungen zugrunde legen. Im Vordergrund stehen politische Nor-
men und Verfassungen, die den grundlegenden Rahmen für Verhaltensweisen und Strukturen
des politischen Prozesses darstellen. Die politics-Ebene hebt den Charakter von Politik als
Konfliktaustragung hervor. Hierbei werden die Auseinandersetzung politischer Akteure, das
Machtverhältnis sowie die Konfliktkonstellationen betont, die das Handeln politischer Ak-
teure prägen. Die policy-Ebene, als dritte Dimension, definiert Politik als Verarbeitung gesell-
schaftlicher Probleme. Hier steht die gestaltende und regelnde Funktion von Politik in einzel-
nen Politikfeldern (policies) im Mittelpunkt (vgl. Jarren/ Grothe/ Rybarzcyk 1994: 11f.;
Dombrowski 1997: 67f.; Pfetsch 1994a: 48f.; Pfetsch/ Dahlke 1996: 144; Delhaes 2002: 23).

4. Funktionen und Ziele politischer PR
25
Trennt man diese Ebenen nach den Beeinflussungszielen politischer PR im politischen Pro-
zess, so zielt die politiy-Dimension auf die Beeinflussung der Vorstellungen über politische
Grundwerte und die sie verkörpernden Institutionen und Verfahren. Sie zielt damit auf eine
diffuse Zustimmung und allgemeine Akzeptanz für grundlegende politische Werte, d.h. auf
die politische Kultur. Bei der politics-Dimension hingegen zielt politische PR auf die Beein-
flussung der Vorstellung über einzelne politische Akteure. Sie stellt also Organisationen oder
einzelne Akteure in den Vordergrund. In der policy-Dimension zielt politische PR auf die Be-
einflussung der Vorstellungen über den politischen Themenhaushalt. Der Versuch, politische
Themen auf der Medienagenda zu platzieren, ist demnach ein Element der policy-Ebene.
19
Ziel politischer Öffentlichkeitsarbeit auf dieser Ebene ist es vor allem, die Massenmedien zu
beeinflussen und als Vehikel zur Selbstdarstellung zu nutzen, um Zustimmung aus der Bevöl-
kerung zu erhalten. Damit versuchen politische Akteure ihre Entscheidungen zu legitimieren
(vgl. Jarren/ Grothe/ Rybarczyk 1994: 15; Jarren/ Donges 1996: 32). Daraus resultiert die Be-
deutung der strategischen Organisation von Informations- und Kommunikationsprozessen im
politischen Prozess.
,,Politische Kommunikation kann [...] als zentraler Mechanismus bei der Herstellung, Durchsetzung und
Begründung von Politik gelten. Sie ist damit nicht nur Mittel der Politik, sondern sie ist selbst auch Po-
litik" (Jarren/ Donges 1996: 28).
Politische PR wird damit zu einer zentralen Leistungsanforderung politischen Handelns, denn
die Durchsetzung von materiellen Politikzielen ist im Hinblick auf die Akzeptanz der Bürger
nur dann gewährleistet, wenn diese auch in den Medien akzeptiert, platziert und bewertet
werden (vgl. Pfetsch 2000: 10).
4.2. Politische PR und die Bedeutung der Massenmedien
Den Massenmedien kommt bei der Vermittlung von Themen durch politische PR eine ent-
scheidende Bedeutung zu, weil sie den Zugang zur Öffentlichkeit ermöglichen und somit
gleichzeitig Bedingung und Forum von Themenkarrieren sind. Die Medien bestimmen mit,
welche Probleme in einer Gesellschaft als besonders wichtig und lösungsbedürftig angesehen
und welche Probleme vernachlässigt werden. Die Medienberichterstattung hat demnach einen
starken Einfluss auf die Wahrnehmung der Rangordnung wichtiger politischer Themen in der
Bevölkerung.
20
Eine notwendige Voraussetzung für die Vermittlung und Wirksamkeit poli-
tischer Realitätsmodelle ist somit deren massenmediale Beachtung.
19
Diese Unterscheidung muss jedoch als idealtypisch angesehen werden, denn politische Ereignisse und Prozes-
se lassen sich immer in allen drei Dimensionen finden (vgl. Jarren/ Grothe/ Rybarzcyk 1994: 12).
20
Die Agenda-Setting-Forschung beschäftigt sich mit diesen Prozessen (dazu vgl. Brettschneider 1994; Brosius
1994; Rössler 1997). Vereinfacht gesagt, bestimmen die Massenmedien durch die unterschiedliche Beachtung

4. Funktionen und Ziele politischer PR
26
,,Medien setzen die Themen, über die Wähler reden, reflektieren und diskutieren. [...] Politisch ohne
Medien zu kommunizieren bedeutet nicht zu kommunizieren. Politische Kommunikation ist mehr denn
je Medienkommunikation" (Machnig 2002b: 1).
Eine effektive Themenvermittlung politischer PR kann demnach nur über die Massenmedien
erfolgen. Das führt dazu, dass die Massenmedien ,,Austragungsort des Wettstreites politischer
Akteure um die Vorherrschaft ihrer Realitätsdeutungen" (Dombrowski 1997: 80) werden. Der
politische Schlagabtausch wird somit in die Medien verlagert (vgl. Delhaes 2002: 64). Die
Deutungshoheit und der Zugang zu den Medien ist daher im Bereich der politischen Kommu-
nikation ständig umstritten (vgl. Schmidt-Beck/ Pfetsch 1994: 108; Pfetsch 1994a: 48). Für
die einzelnen Akteure wird es daher immer schwieriger, eine große und kontinuierliche Defi-
nitionsmacht zu erlangen (vgl. Jansen/ Ruberto 1997: 100). Ziel der Öffentlichkeitsarbeit
eines politischen Akteurs ist es deshalb, ,,in diesem Rauschen die eigene Botschaft, die eige-
nen Repräsentanten in der Berichterstattung über Politik, in Nachrichtensendungen, in Talk-
Shows, in Interviews oder durch Pressemitteilungen unterzubringen" (Machnig 2002a: 18).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Mediendarstellung von Politik die wichtigste
und oft auch einzige Informationsquelle der Bevölkerung ist, um sich ein Bild vom poli-
tischen Geschehen zu machen. Ferner wirkt die intensive Informationsnutzung auf die poli-
tischen Einstellungen des Medienpublikums zurück (vgl. Donsbach 1994: 227; Jarren/ Don-
ges 1996: 17; Schulz 1997: 158). Aus diesem Grund sind die Medien ein strategischer Faktor
für die politische Kommunikation. Ziel politischer PR muss es sein, die Themen, welche auf
die Medienagenda gelangen, selbst zu bestimmen und zu steuern. Diesen Prozess bezeichnet
Pfetsch als ,,News Management". Sie beschreibt ihn folgendermaßen:
,,Against this background, we can conceptualize news management as strategic variant of public infor-
mation whereby political actors manage communication in order to influence public opinion by control-
ling the news media agenda. It is a top down process of communication whereby the media are the
means and targets while the strategies are determined by the political objectives of the specific actor. In
the case of government, practices of news management may be aiming at both informing the public
about its policies and legitimating its decisions. The prime motive however can be seen in the execu-
tive's political goal of producing popular consent and therefore retaining or increasing political power"
(Pfetsch 1999: 6).
Für die politische PR sind die Massenmedien von entscheidender Bedeutung. Um politische
Entscheidungen effektiv kommunizieren zu können, müssen Strategien im Hinblick auf die
Massenmedien entwickelt werden.
politischer Themen und Probleme deren politische Relevanz. Die Bürger bilden sich anhand der Berichterstat-
tung ein Urteil darüber, wie wichtig die Themen sind, was wiederum ihre eigenen Themenpräferenzen beein-
flusst. Die Themenrangordnung der Medienberichterstattung hat aber auch Rückwirkungen auf die Prioritäten
der politischen Agenda. Sie ist zum Teil eine Reaktion auf das medial beeinflusste Urteil der Bürger, aber auch
auf den Druck der Medienberichterstattung (vgl. Schulz 2003: 469).

4. Funktionen und Ziele politischer PR
27
4.3. Zusammenfassung der Funktionen und Ziele politischer PR
Das politische System ist zur Legitimierung seines Handelns auf die Unterstützung der Bürger
angewiesen. Die Arbeit politischer PR beschränkt sich deshalb nicht allein auf die Informa-
tionsfunktion, sondern vielmehr auf die Generierung von Unterstützung für politische Vor-
haben oder Entscheidungen (vgl. Jarren 1994b: 663). Politische PR zielt in politischer Hin-
sicht also vor allem auf die Durchsetzung von Entscheidungen ab. Im Vordergrund steht da-
bei, Akzeptanz für das Regierungshandeln zu schaffen und die Leistungsfähigkeit der Regie-
rung zu demonstrieren. Das Themenmanagement in den Medien ist dabei Mittel zum Zweck
(vgl. Pfetsch 2000: 25f.). Da das Mediensystem oft die einzige Informationsquelle der Bevöl-
kerung darstellt, müssen politische Inhalte kommunizierbar sein. Politische Kommunikation
ist demnach medienvermittelte Kommunikation und somit auf die Leistungen des Mediensys-
tems angewiesen, da es für die Wahrnehmung der Themen und Probleme und deren empfun-
dene Dringlichkeiten und Notwendigkeiten sorgt (vgl. Jarren/ Grothe/ Rybarczyk 1994: 25).
Die Außendarstellung politischer Institutionen, Akteure und Inhalte ist zu einem zentralen
Leistungsbereich der Politik geworden (vgl. ebd.: 15). Eine derart medialisierte Politik muss
ständig Kommunikationsangebote produzieren (vgl. ebd.: 20f.). Die Beeinflussung der Me-
dieninhalte zur Darstellung eigener, wünschenswerter Realitätsdeutungen und Problemlö-
sungen ist somit eine zentrale politische Führungsaufgabe. Diese Aufgabe nimmt politische
PR im politischen Prozess wahr und ist somit nicht nur Mittel politischer Führung, sondern
selbst Politik (vgl. Jarren/ Donges 1996: 28). Ziel politischer PR im Kommunikationsprozess
ist es, ,,die Medienschwelle zu überwinden und eine dauerhafte Medienpräsenz aufzubauen"
(Reiser 1994: 345). Daher stellt sich nun die zentrale Frage dieser Arbeit: Wie setzt politische
PR die eigenen Themen auf die Medienagenda? Diesbezüglich wird der Untersuchung fol-
gende forschungsleitende Frage (FF) zugrunde gelegt:
(FF)
Welche Strategien muss politische PR verfolgen, um ihre Themen auf der Medien-
agenda platzieren zu können?
Es ist anzunehmen, dass politische PR mit ihren Strategien am Entstehungs- und Vermitt-
lungsort politischer Themen ansetzt (vgl. Delhaes 2002: 108). Da Öffentlichkeitsarbeit dem
informationsverarbeitenden Mediensystem vorgestellt ist (vgl. Rossmann 1993: 86), wird ver-
sucht, die Themenstruktur der Massenmedien (Output) durch vorgeschaltete Informationsver-
arbeitung der PR (Input-Steuerung) zu beeinflussen (vgl. Jarren 1994b: 666). In einer Vielzahl
wissenschaftlicher Arbeiten wird daher die These vertreten, dass sich politische PR zur Plat-
zierung ihrer Themen die journalistischen Selektions- und Nachrichtenwertkriterien zunutze

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832479473
ISBN (Paperback)
9783838679471
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena – Sozial- und Verhaltenswissenschaften
Note
1,5
Schlagworte
public relations kommunikation symbolische politik agenda setting themenmanagement
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Titel: Politische Public Relations
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