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Usability-Test versus heuristische Evaluation

Vergleich zweier Methoden am Beispiel einer Fallstudie

©2003 Diplomarbeit 168 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung des Internets und der Entwicklungen im Bereich des Web-Designs ist die Untersuchung einer Website bezüglich ihrer Usability nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht interessant. Hatte früher bereits die reine Präsenz eines Unternehmens im Internet einen hohen Stellenwert, geht es heute vielfach um Umsatz und Geschäft. Vor allem Unternehmen, die einen Großteil ihrer Geschäfte übers Internet abwickeln, sind auf eine problemlose Interaktion von Kunde und Unternehmen unter Verwendung ihrer Website angewiesen. Vielen Website-Betreibern ist zwar bewusst, dass die Untersuchung von Benutzerfreundlichkeit und einfacher Bedienung außerordentlich wichtig ist, jedoch wird aus Zeit- und/oder Kostengründen häufig darauf verzichtet.
Um einen Internet-Auftritt auf Usability zu untersuchen, stehen eine Reihe von Evaluationsmethoden zur Auswahl. Die wesentlichen Verfahren werden zu Beginn der Diplomarbeit in ihren Grundzügen vorgestellt. Eine der bekanntesten und am häufigsten angewandten Methoden ist der Usability-Test, der jedoch in seiner Durchführung sehr aufwendig ist. Eine mögliche Alternative zum Usability-Test könnte die Methode der heuristischen Evaluation sein.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, diese beiden Methoden am Beispiel einer Fallstudie zu vergleichen. Dabei steht die Fragestellung, ob der Usability-Test durch die heuristische Evaluation ersetzt werden kann, im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung. Unter anderem werden folgende Punkte näher betrachtet: Sind die Ergebnisse der heuristischen Evaluation äquivalent zu denen des Usability-Tests? Können Spezialisten, die sich professionell mit dem Phänomen „Usability“ auseinandersetzen, Schwierigkeiten von potentiellen Nutzern antizipieren? Haben die beiden Evaluationsmethoden grundsätzlich unterschiedliche Schwerpunkte?
Beide Methoden vertreten einen unterschiedlichen Ansatz und eine unterschiedliche Vorgehensweise: Beim Usability-Test werden User bei der Benutzung einer Website beobachtet, die aufgetretenen Schwierigkeiten werden als Probleme notiert. Bei der heuristischen Evaluation untersuchen Usability-Experten jeweils separat eine Website unter Verwendung zur Verfügung gestellter Heuristiken. Anschließend werden die Ergebnisse aller Experten um Doppelnennungen bereinigt und zu einer gemeinsamen Problemliste zusammengefasst.
Als Gegenstand der Untersuchung wurde die Website eines Versicherungsunternehmens ausgewählt, da […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7901
Lindemann, Karen: Usability-Test versus heuristische Evaluation - Vergleich zweier
Methoden am Beispiel einer Fallstudie
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Wien, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

1
Wenn du ein Schiff bauen willst,
so trommle nicht Männer zusammen,
um Holz zu beschaffen,
Aufgaben zu vergeben und
die Arbeit einzuteilen,
sondern wecke in ihnen die Sehnsucht
nach dem weiten, endlosen Meer.
von Antoine de Saint-Exupéry

2
INHALTSVERZEICHNIS
0
VORWORT... 5
1
EINFÜHRUNG... 6
2
THEORETISCHER HINTERGRUND... 9
2.1
Die Wissenschaft von der Kommunikation zwischen Mensch und Computer ... 9
2.1.1
Benutzerschnittstelle... 11
2.1.2
User Centered Design... 12
2.1.3
Entwicklung und Verbreitung des World Wide Web ... 14
2.1.4
Unterschied zwischen Softwareanwendung und WWW-Applikation ... 16
2.2
Usability ... 19
2.2.1
Usability-Engineering... 23
2.2.2
Usability-Problem... 24
2.3
Methoden der Bewertung einer Website... 25
2.4
Usability Testing... 27
2.4.1
Usability-Test ... 28
2.4.2
Fokusgruppen ... 31
2.4.3
Befragung ... 32
2.4.4
Remote Testing... 32
2.4.5
Klassische Blickmessung ... 34
2.4.6
Eye-Tracking per Maus ... 35
2.4.7
Logfile-Analyse... 36
2.5
Usability Inspection... 37
2.5.1
Heuristische Evaluation... 38
2.5.2
Experten-Review ... 42
2.5.3
Cognitive Walkthrough ... 43
2.5.4
Pluralistic Walkthrough... 44
2.5.5
Guidelines und Checklisten ... 44
2.6
Vergleich der unterschiedlichen Evaluationsmethoden... 45
2.7
Fragestellung ... 52

3
3
DURCHFÜHRUNG DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG ... 55
3.1
Untersuchungsgegenstand... 55
3.2
Durchführung des Usability-Tests... 57
3.2.1
Planung eines Usability-Tests... 57
3.2.2
Anzahl der Testpersonen ... 57
3.2.3
Auswahl der Testpersonen... 59
3.2.4
Rekrutierung und Entlohnung der Testpersonen ... 61
3.2.5
Usability-Labor und technische Ausstattung ... 62
3.2.6
Funktion des Testleiters... 64
3.2.7
Die Methode des lauten Denkens ... 67
3.2.8
Entwicklung von Aufgaben für den Usability-Test ... 68
3.2.9
Erstellung eines Testablaufs für www.nuernberger.de ... 69
3.2.10
Ausarbeitung eines Leitfadens für die Testung von www.nuernberger.de ... 72
3.2.11
Testdurchführung und Systemvoraussetzungen des technisches Equipments... 77
3.2.12
Testbeobachtung... 79
3.2.13
Bestimmung des Schweregrads eines Usability-Problems ... 80
3.2.14
Auswertung eines Usability-Tests ... 81
3.3
Vorgehensweise bei der heuristischen Evaluation... 87
3.3.1
Auswahl der Experten ... 88
3.3.2
Briefing für die heuristische Evaluation ... 89
3.3.3
Vorgehensweise der Experten sowie technische Ausstattung ... 92
4
DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE UND INTERPRETATION... 94
4.1
Ergebnisse der heuristischen Evaluation ... 94
4.1.1
Anzahl der Problemnennungen pro Experte... 94
4.1.2
Untersuchung der Problemschwere ... 96
4.1.3
Betrachtung der Problemkategorien ... 99
4.1.4
Untersuchung der Expertengutachten hinsichtlich der Problemüberschneidungen ... 102
4.1.5
Betrachtung des Anteils der Experten am Gesamtergebnis ... 106
4.2
Ergebnisse des Usability-Tests ... 107
4.2.1
Betrachtung der durch den Usability-Test identifizierten Probleme... 107
4.2.2
Betrachtung des Anteils an der Problemanzahl pro Versuchsperson... 109
4.2.3
Beurteilung der Website durch die Versuchspersonen ... 113

4
4.3
Vergleich der Ergebnisse zwischen Usability-Test und heuristischer Evaluation mit
Hinblick auf die Fragestellungen ... 114
4.3.1
Vergleich der Methoden bezüglich der Anzahl und der Kategorien der Probleme ... 115
4.3.2
Vergleich der Methoden bezüglich des Schweregrads der identifizierten Probleme... 116
4.3.3
Betrachtung der Problemüberschneidungen zwischen beiden Methoden... 117
4.3.4
Nur von einer der beiden Methoden gefundene Probleme ... 122
4.3.5
Untersuchung der Probleme des Schweregrads 4... 124
4.4
Interpretation der Ergebnisse hinsichtlich der Fragestellung ... 131
5
DISKUSSION UND AUSBLICK... 134
6
ZUSAMMENFASSUNG... 137
7
LITERATURVERZEICHNIS ... 140
8
ABBILDUNGEN UND TABELLEN... 144
9
ANHANG ... 148

5
0 Vorwort
Während der Vorbereitung zu meiner Diplomarbeit habe ich in einer der führenden Inter-
netagenturen Deutschlands im Sommer 2001 ein Praktikum absolviert. Dort wurde ich zum
ersten Mal mit dem Thema ,,Usability" konfrontiert. Usability wird im Deutschen häufig
mit Benutzerfreundlichkeit oder Gebrauchstauglichkeit übersetzt und beurteilt eine
Website aus der Sicht der Nutzer. In den letzten Jahren hat dieses Kriterium für die Beur-
teilung von Websites immer mehr an Bedeutung gewonnen. Um so mehr war ich verwun-
dert, dass diese Topagentur die von ihnen entwickelten Websites nicht von einem Usabili-
ty-Labor testen ließen. Anschließend trat ich ein weiteres Praktikum in einer kleineren In-
ternetagentur an. Ein dort von mir übernommenes Projekt bestand darin, ausgewählte In-
ternetauftritte von großen Unternehmen mit Hilfe der heuristischen Evaluation auf
Schwachstellen hin zu überprüfen. Ziel dieser Untersuchungen war, eine Argumentations-
grundlage für die Akquisition dieser Firmen zu schaffen. Das war für mich ein Schlüsse-
lerlebnis. Ich dachte mir, wenn aus Kostengründen in vielen Fällen auf einen Usability-
Test verzichtet wird, dann könnte doch die heuristische Evaluation eine gute Alternative
sein. So entstand das Thema meiner Diplomarbeit: die Durchführung einer Untersuchung,
die beide Evaluationsmethoden miteinander vergleicht.
Während meiner Diplomarbeit habe ich von vielen Seiten eine umfangreiche Unterstüt-
zung erfahren. Bedanken möchte ich mich vor allem bei Prof. Dr. Erich Vanecek, Prof. Dr.
Harald Witt und Dr. Antje Behrens.
Ganz besonders danke ich auch meinen Eltern und vor allen meinen beiden Kindern,
Sulaika und Henry, die mich während des Schreibens an der Diplomarbeit sehr unterstützt
und bestärkt haben.
Karen Lindemann
Wedel, den 9. Oktober 2003

6
1 Einführung
In den letzten Jahren ist es für Unternehmen immer wichtiger geworden, im Internet prä-
sent zu sein. Es hat sich ein sogenannter zweiter, virtueller Marktplatz entwickelt. Wer hier
nicht präsent ist, der muss auf lange Sicht mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen rechnen.
Laut einer Studie von IBM und ,impulse` (Franke, 2003) sind in Deutschland inzwischen
84 Prozent der mittelständischen Unternehmen zumindestens mit einer Homepage präsent.
Die Zahl der Firmen, die das Internet aktiv für ihr Geschäfte nutzen, nimmt laufend zu.
Bereits 40 Prozent der im Internet aktiven Firmen betreiben Online-Handel, tauschen digi-
tale Daten aus oder wickeln ganze Geschäftsabläufe übers Internet ab. Es besteht ein gro-
ßes Potential, das es für den geschäftlichen Erfolg zu nutzen gilt.
Doch häufig werden gravierende Fehler begangen. Viele Websites sind ähnlich bereits
vorhandener Prospekte und Geschäftsberichte aufgebaut ­ Unternehmensprozesse, Be-
grifflichkeiten und Strukturen werden aus unternehmensinterner Sicht beschrieben. Hierbei
handelt es sich jedoch um ein grundlegendes Missverständnis: Es geht im Internet um eine
Kommunikation zwischen Menschen. Der Computer oder die Maschine ist nur zwischen-
geschaltet, sozusagen Mittel zum Zweck, um eine Interaktion von Menschen zu ermögli-
chen, die nicht im direkten Kontakt miteinander stehen.
Beim Aufbau und der Gestaltung einer Website ist es daher notwendig, sich in die Sicht
des möglichen Benutzers hineinzuversetzen. Wie soll die Website wirken? Was interessiert
unsere Kunden? Welche Begriffe verwenden sie und wie sind ihre Denkgewohnheiten?
Das sind Fragen, die vor Beginn der Konzeption einer Website geklärt werden sollten, da-
mit der Gang ins Internet wirklich zum erwünschten Geschäftserfolg führt.
Um zu veranschaulichen, welche schwerwiegenden Folgen eine nicht aus Benutzersicht
konzipierte Website haben kann, wird an dieser Stelle ein von Molich (2000) beschriebe-
nes Beispiel wiedergegeben: In einem Usability-Test wurden die Testpersonen aufgefor-
dert, ein bestimmtes Buch beim Online-Buchhändler www.Bokus.com zu bestellen. Nach-
dem die User das Buch gefunden und in den Einkaufswagen gelegt haben, klickten die
meisten Testpersonen auf den Button ,,Leere den Einkaufswagen". Die Website reagierte
daraufhin mit dem Zurückstellen der Bücher ins Regal. Darüber waren die User sehr er-
staunt und einige bemerkten: ,,Wenn ich beim Supermarkt an der Kasse bin, dann nehme

7
ich doch auch die Produkte aus dem Einkaufswagen und lege sie auf das Transportband,
damit die Kassiererin sie berechnen kann." Andere User waren sogar so aufgebracht, dass
der Testleiter sie nur mit großer Mühe dazu bewegen konnte, den Test weiter fortzuführen.
Im wirklichen Leben hätten diese User wohl umgehend die Website verlassen und wären
mit großer Wahrscheinlichkeit nie wieder zurückgekehrt. Der Auslöser dieses Missver-
ständnisses war die Bezeichnung des Buttons: ,,Leere den Einkaufswagen". Die Entwickler
der Website und die User assoziierten jeweils etwas anderes damit. Das Unternehmen löste
das Problem, indem der Button in ,,Lösche den Inhalt" umbenannt wurde. Hiermit war für
den User die Funktion des Buttons verständlich und das Problem war aus dem Weg ge-
räumt.
Ob ein Web-Angebot für einen User gut nutzbar und bedienungsfreundlich ist, ist ein ent-
scheidendes Kriterium für den Erfolg einer Website. Für ein Unternehmen, das sich auf
den Verkauf im Internet spezialisiert hat, ist ein Beispiel wie oben eine Katastrophe. Denn
im Internet ist die Konkurrenz nur einen Mausklick weit entfernt. Ein Besucher, der einmal
von einer Website enttäuscht wurde, kommt so schnell nicht wieder zurück. Wird zudem
bedacht, dass diese Besucher besonders interessierte Kunden waren, dann wiegt der Ver-
lust besonders schwer.
Um die Bedienungsfreundlichkeit einer Website feststellen zu können, wurden verschiede-
ne Evaluationsmethoden entwickelt. Eine der bekanntesten Verfahren ist der Usability-
Test: Potentielle User werden bei der Bearbeitung von vorgegebenen Aufgaben auf einer
Website beobachtet und auftretende Probleme werden notiert. Bei einer anderen Methode,
der heuristischen Evaluation, begutachten drei bis fünf unabhängige Usability-Experten
eine Website, die Ergebnisse werden anschließend zusammengefasst.
Das Wissen über die Notwendigkeit von Usability hat sich im Laufe der letzten Jahre sehr
verbreitet. In der Praxis gibt es jedoch immer noch sehr wenige Unternehmen, die ihre
Website auf Usability überprüfen lassen. Da den meisten Managern nur der Usability-Test
bekannt ist, der meistens mit einem sehr hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist,
wird häufig auf eine Usability-Prüfung verzichtet. Dabei wäre die heuristische Evaluation
vielleicht eine praktikable Alternative. Ob die heuristische Evaluation einen Usability-Test
ersetzen kann, ist die zentrale Fragestellung der vorliegenden Diplomarbeit. Es werden

8
grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Methoden erarbeitet, um anschließend
Empfehlungen für ihren Einsatzbereich geben zu können.
Die vorliegende Diplomarbeit baut sich folgendermaßen auf: Im Kapitel ,,Theoretischer
Hintergrund" wird der Bezug zur Wissenschaft der Computer-Mensch-Interaktion herge-
stellt. Danach werden die Entwicklung des Internets, das Konzept des Begriffs ,,Usability"
und die unterschiedlichen Evaluationsmethoden erläutert. Anschließend erfolgt ein Über-
blick über relevante Studien, die einige dieser Methoden miteinander vergleichen. Das
Kapitel ,,Durchführung der empirischen Untersuchung" beschreibt detailliert die Vorge-
hensweise der beiden zu vergleichenden Methoden: dem Usability-Test und der heuristi-
schen Evaluation. In ,,Darstellung der Ergebnisse und Interpretation" werden die Ergebnis-
se des Vergleichs vorgestellt und hinsichtlich der Fragestellung interpretiert. Beim Kapitel
,,Diskussion und Ausblick" wird über die durchgeführte Untersuchung reflektiert und ein
Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten gegeben.

9
2 Theoretischer Hintergrund
Anfangs werden die Grundzüge der Wissenschaft von der Kommunikation zwischen
Mensch und Computer sowie die Entwicklung des Internets beschrieben. Anschließend
wird auf den Begriff ,,Usability" eingegangen und seine zentrale Bedeutung für die Be-
nutzbarkeit einer Website erläutert. Danach werden verschiedene Methoden vorgestellt,
mit deren Hilfe die Usability einer Website überprüft werden kann. Zuletzt erfolgt ein
Überblick über bekannte Studien, die einige dieser Evaluationsmethoden miteinander ver-
gleichen. Das Kapitel endet mit der Vorstellung der Fragestellung, die es durch die empiri-
sche Untersuchung zu klären gilt.
2.1 Die Wissenschaft von der Kommunikation zwischen Mensch und Computer
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Menschen, deren Beruf das Rechnen und Kalkulieren
war, als Computoren bezeichnet. Konrad Zuse
1
, ein junger angehender Bau-Ingenieur aus
Berlin, hatte Mitte der 30er Jahre die Vision von einer Maschine, die diese stupiden Be-
rechnungen für die Menschen ausführen sollte. Nach einer Zeit des Experimentierens ge-
lang ihm 1941 die Erfindung des ersten programmgesteuerten und frei programmierbaren
Rechners in binärer Gleitpunktrechnung, der auch tatsächlich funktionierte (Zuse, 2002).
Diese Maschine, die er Z3 nannte, gilt als der Ursprung aller weiteren Rechner und hat
dem Zeitalter des Computers den Weg geebnet. Die ersten Maschinen beanspruchten auf-
grund ihres Volumens ganze Räume. Nur sehr große Unternehmen konnten sich damals
die Anschaffung eines derartigen Computers leisten, und es gab nur einige wenige Spezia-
listen, die diese Rechner bedienen konnten.
In den letzten Jahrzehnten ist in der Computertechnologie ein großer Wandel eingetreten:
Die Geräte wurden wesentlich kleiner, die Anschaffung wurde günstiger und die Bedie-
nung wurde durch die grafische Benutzeroberfläche vereinfacht. Diese Entwicklung führte
zu einer entscheidenden Veränderung des Anwendertypus. Waren es vorher ausschließlich
wenige hochspezialisierte Computerfachleute, die sich mit dem Computer auseinander-
1
Konrad Zuse war ein deutscher Wissenschaftler und lebte von 1910 bis 1995.

10
setzten, so benutzt heutzutage eine große Anzahl von Laien Computer. Das Statistische
Bundesamt Deutschland (2002) berechnete, dass in 2001 bereits 53,4 Prozent der privaten
deutschen Haushalte über einen Personalcomputer verfügten.
Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und das interaktive System Mensch-Computer
menschengerechter zu gestalten, hat sich ein interdisziplinäres Fachgebiet entwickelt, das
sich der Menschen-Computer-Interaktion (MCI) widmet. Preece et al. (1994) definieren es
folgendermaßen: ,,Mensch-Computer-Interaktion ist der Entwurf von Computersystemen,
die Menschen unterstützen, so daß sie ihre Arbeit effizient und zuverlässig erledigen kön-
nen" (Preim, 1999, S. 527, zitiert nach Preece et al.).
Licklider (Licklider & Clark, 1962), einer der Pioniere der MCI, sah die zwischenmensch-
liche Kommunikation als Vorbild für die Interaktion Mensch-Computer an. Dieser Denk-
ansatz sollte sich zu einem der grundlegenden Prinzipien der MCI entwickeln und erfor-
derte ein ,,grundlegendes Verständnis von menschlichen Wahrnehmungs-, Informations-
verarbeitungs- und Schlußfolgerungsprinzipien" (Preim, 1999, S. 35). Das entstehende und
sich schnell entwickelnde Fachgebiet der MCI setzte sich neben technischen und ergono-
mischen Belangen auch mit den kognitionspsychologischen Grundlagen der Wahrnehmung
und des Gedächtnisses auseinander. Auf diese Weise regte die MCI die Forschung der ko-
gnitiven Psychologie an und profitierte gleichzeitig von den neu gewonnenen Erkenntnis-
sen.
Doch was passiert bei der Interaktion zwischen Mensch und Computer? Zum einen wird
das Geschehen von den technischen Gegebenheiten und zum anderen von den Eigen-
schaften der Entwickler sowie Benutzer bestimmt. Diese drei ,,Akteure" ­ der Entwickler,
der das Programm entwickelt, der Computer auf dem das Programm läuft und der Anwen-
der, auch User genannt, der das Programm mittels des Computers nutzt ­ sind bei der
Kommunikation zwischen Mensch und Computer beteiligt (Preim,1999). Bei der Ausein-
andersetzung mit der MCI sind daher psychologische genauso wie technische und gestalte-
rische Aspekte zu berücksichtigen. Erst die grafische Gestaltung der Benutzerschittstelle,
das User Interface Design (UID), ermöglicht es dem Computer-Laien, mit der Maschine
ohne größere Probleme in Kontakt treten.

11
Im anglo-amerikanischen Sprachraum ist das Gebiet der MCI unter CHI (computer-human
interaction), HCI (human-computer interaction), UCD (user-centered design) oder MMI
(man-machine interface) bekannt. Viele Impulse aus Technologie und Forschung kommen
von hier.
2.1.1 Benutzerschnittstelle
Die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine ­ auch als Interface oder Oberfläche
bekannt ­ definiert Raskin (1993) folgendermaßen:
Viele Menschen glauben, dass der Begriff Interface nur die heute üblichen grafi-
schen Benutzeroberflächen (GUIs) mit ihren Fenstern und mausgesteuerten Menüs
bezeichnet. ... Ein Interface bezeichnet nämlich die Art und Weise, wie ein Produkt
eine bestimmte Aufgabe ausführt ­ also was der Benutzer tun kann und wie das Sy-
stem darauf reagiert. (S. 18)
Das Interface ist demnach das Medium, mit dessen Hilfe Benutzer und Computer über-
haupt erst miteinander kommunizieren können. Bonsiepe (1996) erklärt Interface anschau-
lich am Beispiel einer Schere (vgl. Abbildung 1):
Abbildung 1. Die Funktion des Interface (nach Bonsiepe, 1996, S. 20).
Die eigentlichen ,,Wirkzeuge" der Schere sind die zwei Schneiden. Damit dem Menschen
diese Funktion zugänglich gemacht werden kann, wurden an den zwei Schneiden zwei
Griffe angebracht. Erst durch diese Griffe, das eigentliche Interface, die der Hand des

12
Menschen angepasst sind, ist dem Menschen eine Nutzung dieses Werkzeugs möglich.
Übertragen auf das Computersystem entspricht dem all das, was der Benutzer auf dem
Bildschirm sieht sowie die Interaktionsmöglichkeiten mit den visuellen Komponenten mit
Hilfe von Tastatur, Maus, Touch Screen oder gesprochene Befehlseingabe.
Preim berichtet (1999), dass nach einer Umfrage zur Entwicklung von Informations- und
Computersystemen, mehr als die Hälfte der Aufwendungen für die Konzeption des Inter-
face benötigt wird. Die Verbreitung des Computers führte dazu, dass Benutzerschnittstel-
len, die in den Anfängen des Computer-Zeitalters nur für einen speziellen Anwenderkreis
erstellt wurden ­ von Computerspezialisten für andere Computerspezialisten ­ auf einmal
auch für Anwender mit wenig oder gar keiner Computer-Erfahrung benutzbar sein mussten
2.1.2 User Centered Design
Aus dieser neuen Problematik entstand der Ansatz des User Centered Design (UCD), ein
Begriff der erstmals von Norman und Draper (1986) geprägt wurde und der den Nutzer ins
Zentrum der Entwicklung von Funktionalitäten und Oberflächen stellte. Diese Herange-
hensweise war bis dahin unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt: ,, ... human factors
engineering, ergnomics, and more recently, usability engineering" (Rubin, 1994, p. 10).
Doch UCD steht nicht nur für eine bestimmte Technik, einen Prozess oder eine Methode,
sondern in erster Linie für eine Philosophie, die den User in den Mittelpunkt stellt (vgl.
Abbildung 2). Diese auf den User zentrierte Haltung bestimmt alle übrigen Prozesse: ,,A
product's goals, objectives, context, and environment are all derived from the user's view-
point, as well as all aspects of the tasks that the product supports" (Rubin, p. 10).

13
Abbildung 2. Illustration eines User-Centered Design (nach Rubin, 1994, p. 11).
Die These, dass der Mensch bei der Entwicklung neuer, interaktiver Systeme immer mehr
ins Zentrum tritt, bestätigt auch der Designer Bonsiepe (1996) in ,,Interface":
Der starke Anspruch kann hingegen mit dem Hinweis darauf gestützt werden, daß
heute die Entwicklung von Software mit der Simulation des Interface beginnt, also
explizit den Benutzer berücksichtigt, wie er das Programm lernen und mit ihm um-
gehen kann. Das ist ein Indiz für eine radikale Wende im Vergleich zur ersten Gene-
ration von Computerprogrammen, in der Fragen des Interface als eine lästige Be-
schränkung betrachtet und erst dann angegangen wurden, nachdem Fragen der Funk-
tionalität und der Architektur des Programms gelöst waren. (S. 53)
Aufgrund der rasant fortschreitenden Entwicklungen im Bereich der Software- und Inter-
netanwendungen werden folglich immer höhere Maßstäbe an interaktive Systeme gesetzt.
Ein erbitterter Wettbewerb der Anbieter ist entstanden: die Anwendungen müssen gegen
die der Mitbewerber bestehen beziehungsweise besser noch, diese übertrumpfen. Neben

14
dem Preis-Leistungs-Verhältnis kommt dem Faktor Benutzerfreundlichkeit eine immer
wichtigere Rolle zu, der letztlich eine Kaufentscheidung positiv beeinflussen kann. Für ein
Unternehmen kann das zum Beispiel bedeuten, dass sich die Einarbeitungszeit der Mitar-
beiter wesentlich verkürzt und weniger Fehler bei der Arbeit mit dem Programm auftreten.
Auch fallen weniger Anrufe beim Callcenter des Softwareentwicklers an, was sich wieder-
um positiv auf die Rentabilität auswirkt. Bei Software für den privaten Gebrauch wächst
durch eine einfache Handhabung die Sympathie für den Hersteller und beim nächsten Kauf
werden seine Produkte sehr wahrscheinlich bevorzugt. Softwareunternehmen, die Anwen-
dungen nach dem Ansatz des UserCentered Design konzipieren, können folglich ihre
Marktposition gegenüber ihren Mitbewerbern bedeutend verbessern.
2.1.3 Entwicklung und Verbreitung des World Wide Web
,,Der jüngste Meilenstein in der `Geschichte` von Benutzungsschnittstellen ist durch die
Entwicklung und rasante Verbreitung des WORLD WIDE WEB gegeben" (1999, S. 51)
stellt Preim in ,,Entwicklung interaktiver Systeme" fest. Das World Wide Web, auch kurz
WWW oder Web genannt, benutzt die Infrastruktur und die Dienste des Internets und wur-
de seit 1989 unter der Leitung von Tim Berners-Lee am CERN in Genf entwickelt. An-
fangs war es für den Austausch von Forschungsergebnissen zwischen Wissenschaftlern
gedacht, die weit von einander entfernt arbeiten. Man glaubte, dass es dadurch in der
weltweiten Forschung zu unglaublichen Synergieeffekten kommen müsste. Berners-Lee
erfand das Hypertext Transfer Protocol
2
(HTTP) und die erste Version der Programmier-
sprache Hypertext Markup Language
3
(HTML), die eine Verlinkung
4
von Hypertext-
2
Hypertext Transfer Protocol (HTTP) ist ein ,,Kommunikationsprotokoll zwischen Web-Server und Web-
Browser zur Übertragung von HTML-Daten. Das HTTP-Protokoll stellt die oberste von mehreren Protokoll
,Schichten` zur Verwaltung im Internet dar" (Oebbeke, 2003).
3
Hypertext Markup Language (HTML) ist die standardisierte ,,Seitenbeschreibungssprache für WWW-
Seiten im Internet beziehungsweise Intranet, welche von Dr. Charles F. Goldfarb entwickelt wurde und in der
ISO-Norm 8879 definiert ist. Sie definiert sowohl die Gestaltung, den Inhalt und die Grafik der Seite als auch
die Links (Hyperlinks, Verbindungen) zu eigenen oder fremden Seiten" (Oebbeke, 2003).
4
Verlinkung ist die Verknüpfung von verschiedenen Hypertext-Dokumenten.

15
Dokumenten
5
ermöglichte. Durch das Hypertextsystem war es möglich, sich über Quer-
verweise, den sogenannten Links, einen Informationsraum zu erschließen: ,,Dadurch kön-
nen Beschreibungen verwandter Begriffe, Beispiele und Erläuterungen, die sich nicht in
unmittelbarer räumlicher Nähe plazieren lassen, ,angesprungen' werden" (Preim, 1999, S.
36).
Seitdem die Internet-Verbindungen in 1991 durch Provider kommerzialisiert wurden, ist
die Anzahl der Nutzer rasant gestiegen. Als eigentlicher Beginn des WWW gilt jedoch der
Februar 1993. In diesem Monat wurde der erste grafische Browser ,,mosaic" in Betrieb
genommen. In den Anfangszeiten nutzten überwiegend Wissenschaftler und technisch in-
teressierte Studenten das Internet zur Recherche oder zum Austausch per E-Mail. Inzwi-
schen entspricht die soziodemografische Zusammensetzung der Anwender immer mehr der
Struktur der Gesamtbevölkerung. Von einem ursprünglich nur für Wissenschaftler entwik-
kelten Medium ist ein globales Kommunikationsmittel für eine breite Population entstan-
den. Bereits 1997, nur vier Jahre nach der Inbetriebnahme von ,,mosaic", fand das ameri-
kanische Marktforschungsinstitut IDC in einer Studie heraus, dass allein in den USA 53,3
Millionen Menschen das Internet nutzten. Für 2002 liegen die weltweiten Schätzungen des
Nua Internet Surveys
6
(2002) bei 605.60 Millionen Menschen (vgl. Tabelle 1), die insge-
samt in dem Jahr Online waren:
5 Hypertext-Dokumente zeichnen ,,sich gegenüber normalem Fließtext durch Querverweise (Hyperlinks) zu
andern Dokumenten oder Textstellen aus. Durch Anklicken einer markierten Textstelle oder anderer in dem
Text eingefügter Objekte (wie zum Beispiel Grafiken) wird automatisch das referenzierte Dokument bezie-
hungsweise die entsprechende Textstelle angezeigt, eine Datei gedownloadet oder ein anderes Programm
gestartet ..." (Oebbeke, 2003).
6
Nua Internet Surveys (www.Nua.com) ist eine maßgebliche Online-Quelle für Internetdemographie und
Trends. Das Unternehmen wurde 1996 gegründet und gehört seit 2001 der Scope Communications Group an.

16
Tabelle 1
Anzahl der Menschen weltweit, die in 2002 das Internet nutzten (nach Nua Internet Sur-
veys 2002).
Region
Internet-Nutzer (Millionen)
Weltweit gesamt
605.60
Afrika
6.31
Asien / Pazifischer Raum
187.24
Europa
190.91
Mittlerer Osten
5.12
Kanada und USA
182.67
Latein-Amerika
33.35
Für Österreich ermittelte eine Studie der Marktforschungsinstitute Fessel-Gfk und Integral
(2002), dass im Jahr 2002 55 Prozent aller Österreicher das WWW nutzten. Damit hat sich
die Anzahl der Internet-User in Österreich innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Es wird
davon ausgegangen, dass in den nächsten Jahren noch weit mehr Menschen den Zugang
zum Internet finden werden.
2.1.4 Unterschied zwischen Softwareanwendung und WWW-Applikation
Der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Systemen ist, dass ,,normale"
Software auf dem PC installiert wird und eine Website
7
über einen Server im Internet im-
plementiert wird. Der Anwender oder User kann nur mit Hilfe eines Browsers auf eine
7
Site steht im Englischen für Ort, Standort oder (Ausgrabungs-) Stätte. Auf das Internet bezogen bedeutet
Website ein kompletter Internetauftritt, der aus mehreren Webpages besteht. Das einzelne Dokument einer
Website wird als Web-Seite oder Webpage bezeichnet (Oebbeke, 2003).

17
Website zugreifen. Das hat zur Folge, dass er nicht nur mit der Website, sondern auch mit
dem Browser
8
interagiert. Möchte der Nutzer zum Beispiel zur vorherigen Seite zurückge-
hen, so kann er entweder die Navigation der Website benutzen oder aber er klickt auf einen
im Browser integrierten Back-Button. Auch ist die Darstellung einer Website von dem
verwendeten Browser sowie von den Einstellungen und Hardwaremerkmalen des Compu-
ters abhängig.
Ein weiteres Merkmal des WWW ist, dass die Websites weltweit abgerufen werden kön-
nen. Jeder Nutzer des Internets kann theoretisch auf jede Website zugreifen. Die Nutzung
durch eine begrenzte Zielgruppe ist nur erschwert möglich, die Website muss dafür spezi-
ell geschützt sein, zum Beispiel durch ein Password. Das eigentliche Charakteristikum des
WWW ist jedoch die Hyperstruktur
9
, durch die unterschiedliche Dokumente miteinander
verknüpft beziehungsweise verlinkt sind. Es liegt also keine vorgegebene, lineare Struktur
vor, sondern der User navigiert je nach Intention zwischen verschiedenen Dokumenten,
folgt eventuell interessanten Querverweisen oder wechselt ganz auf eine andere Website.
Der Entwickler einer Site kann also nicht festlegen, welche Inhalte in welcher Reihenfolge
aufgerufen werden beziehungsweise welchen Weg der User durch die Site nimmt. Ein
weiteres Merkmal des WWW ist, dass man mit Hilfe der E-Mail-Funktion den Website-Be-
treiber direkt kontaktieren kann.
So positiv die Struktur des Hypersystems auch ist, so stellt es auch an den Benutzer spezi-
elle Anforderungen. Um sich in diesem Netz von Informationen zurecht zu finden, muss
der User den zurückgelegten Navigationspfad in etwa rekonstruieren können. Denn nur so
kann er sich ein mentales Bild von der Website machen und weiß, wo er sich im virtuellen
Raum befindet. Andernfalls könnte es zur Desorientierung führen, zu einem ,,lost in hyper
8
Browser wird aus dem Englischen mit ,,Stöberer" übersetzt. Es ist ein ,,Programm, das benutzt wird, um
sich in einem Datensystem oder -netz zu bewegen und zurechtzufinden. Ein WWW-Browser ermöglicht den
Zugang zu und das Betrachten von grafischen Internet-Seiten (nicht aber deren Bearbeitung!). Die gebräuch-
lichsten Web-Browser sind Netscape Navigator und Microsofts Internet Explorer" (Langenscheidt, 2001, S.
788).
9
Die Hyperstruktur bezeichnet den netzartigen Charakter des WWW, das durch die mit Hyperlinks ver-
knüpften Dokumenten entsteht.

18
space", wie Conklin (1987) treffend bemerkt. Gleichzeitig muss der Nutzer die erhaltenen
Informationen speichern und sich interessante, noch nicht besuchte Links merken, die
eventuell für sein Ziel relevant sein könnten. Das erfordert einen intensiven Einsatz des
Kurzzeitgedächtnisses und kann zu einer kognitiven Überbeanspruchung führen. Ziel der
Website-Betreiber ist, dass die User möglichst wenig frustriert und bei ihren Zielen wie
zum Beispiel bei der Suche nach Informationen oder beim Bestellvorgang erfolgreich sind
­ und dies mit der größtmöglichen Zufriedenheit. Nur so kann ein Unternehmen sicherge-
hen, dass die Anwender länger auf seiner Website verweilen und nicht zur Site eines Mit-
werbers wechseln ­ die nur einen Klick weit entfernt ist. Im Gegensatz hierzu, besteht bei
Softwareanwendungen, die der User erst kauft und dann nutzt, eine viel höhere Bereit-
schaft, sich mit der Anwendung auseinanderzusetzen. Daher sollte man speziell bei der
Entwicklung von Websites dem Kriterium Usability einen hohen Stellenwert einräumen.
Eine Website kann vom Design, von der Technik oder auch von der Informationsarchitek-
tur auf dem neuesten Stand der Entwicklung sein, es ist letztendlich der User, der entschei-
det, ob eine Site gut ankommt oder nicht. Manhartsberger und Musil beschreiben es ein-
leuchtend in ,,Web Usability. Das Prinzip des Vertrauens" (2001):
Eine schlechte gemachte Website verursacht nicht nur ein ungutes Gefühl bei der
Benutzung, sondern hält mit großer Wahrscheinlichkeit die Mehrheit der Benutzer
davon ab, etwas zu kaufen oder wiederzukommen. Es muss möglich sein, die ge-
wünschten Informationen in angemessener Zeit zu finden, sich schnell zu orientieren
und ohne Hilfe mit jedem Mausklick der Erreichung seiner Ziele näher zu kommen.
(S. 32)
Viele bedeutende Erkenntnisse auf dem Gebiet der MCI wurden zuerst nur für Software-
anwendungen entwickelt. Mit der Entstehung des World Wide Web und seiner rasanten
Ausbreitung und zunehmenden Bedeutung wurden viele Erkenntnisse aus der Softwareer-
gonomie auch auf die Entwicklung von WWW-Applikationen übertragen. Dies ist, wie
bereits oben beschrieben, aufgrund der prinzipiellen Ähnlichkeit der beider Anwendungen
möglich. Nielsen
10
bemerkt 1990 hierzu, dass sich beide Anwendungen bezüglich der De-
10
Jakob Nielsen gilt als einer der Vorreiter des Themas Usability und hat zusammen mit Donald A. Norman
die international bekannte Nielsen Norman Group gegründet. In seiner Kolumne ,,Alertbox", die er vier-

19
finition von Benutzbarkeit gleichen, sich jedoch in der Ausprägung der Kriterien ­ Erlern-
barkeit, Effizienz, Erinnerbarkeit, Fehlertoleranz und Zufriedenheit ­ unterscheiden.
In der vorliegenden Arbeit wird daher nicht explizit differenziert, ob ein Forschungsergeb-
nis oder ein methodischer Ansatz sich ursprünglich nur auf die klassische Softwareanwen-
dung bezieht oder direkt im Hinblick auf das WWW entwickelt wurde. Die Erkenntnisse
von dem einem Gebieten sind, wie auch Nielsen (1990) feststellte, meistens auf das andere
Gebiet übertragbar und führen zu gegenseitigen Synergieeffekten.
2.2 Usability
Wie bereits in den vorherigen Abschnitten beschrieben, ist die Benutzerfreundlichkeit von
interaktiven Systemen in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus des Interesses von For-
schung und Wirtschaft getreten. Als die Computerfirmen anfingen, den Anwendern wirkli-
ches Interesse zu schenken und sie nicht nur als unbequem und störend zu betrachten, ent-
stand der Ausdruck des ,,user friendly systems". Doch diese Bezeichnung ist laut Nielsen
(1993) nicht wirklich passend:
First, it is unnecessarily anthropomorphic ­ users don`t need machines to be friendly
to them, they just need machines that will not stand in their way when they try to get
their work done. And second, it implies that users' needs can be described along a
single dimension by systems that are more or less friendly. In reality, different users
have different needs, and a system that is ,,friendly" to one may feel very tedious to
another. (p. 23)
Aufgrund dieser Problematik wurde ,,user friendly" von den Spezialisten auf dem Gebiet
der Benutzerschnittstellen, auch ,,user interface professionals" genannt, durch den Begriff
,,Usability" ersetzt.
Nielsen (1993) definiert Usability als ein Teilgebiet des Oberbegriffs Usefulness ­
Brauchbarkeit, Wert, Zweckmäßigkeit. Gleichzeitig grenzt er Usability gegenüber Utility
ab, worunter er die Nützlichkeit eines Produktes versteht: ,, ... utility is the question of
zehntägig auf http://www.useit.com/alertbox publiziert, nimmt er zu aktuellen Themen auf dem Gebiet der
Usability Stellung.

20
whether the functionality of the system in principle can do what is needed, and usability is
the question of how well users can use that functionality" (p. 25).
Der anglo-amerikanische Ausdrucksweise Usability konnte sich auch im Deutschen durch-
setzen, da eine Übersetzung zum Beispiel mit Benutzbarkeit, Benutzerfreundlichkeit oder
Gebrauchstauglichkeit nicht adäquat erschien (Eichinger, 2001). Außerdem würde dadurch
auch die sprachliche Nähe zu den Begriffen Usefulness und Utility verloren gehen. Aus
diesem Grund wird in den vorliegenden Diplomarbeit weiterhin der englische Begriff ver-
wandt.
Usability kommt laut Nielsen (1993) in allen Aspekten eines Systems vor, mit denen der
Mensch in Interaktion tritt. Beim Computer gibt es zum Beispiel so gut wie keine Funkti-
on, die nicht Teil der Benutzerschnittstelle ist. Weiterhin bezieht sich das Konstrukt Usa-
bility nicht nur auf eine einzelne, eindimensionale Eigenschaft, sondern es steht nach Niel-
sen für eine Vielzahl von Komponenten, die vor allem mit folgenden fünf Merkmalen as-
soziiert werden können:
· Learnibility: The system should be easy to learn so that the user can rapidly start
getting some work done with the system.
· Efficiency: The system should be efficient to use, so that once the user has learned
the system, a high level of productivity is possible.
· Memorability: The system should be easy to remember, so that the casual user is
able to return to the system after some periods of not having used it, without
having to learn everything all over again
· Errors: The system should have a low error rate, so that users make few errors
during the use of the system, and so that if they do make errors they can easily
recover from them. Further, catastrophic errors must nor occur.
· Satisfaction: The system should be pleasant to use, so that users are subjectively
satisfied when using it; they like it. (p. 26)
Erst durch die Operationalisierung des Begriffs ,,Usability" mit Hilfe dieser fünf Indikato-
ren ist es nach Nielsen möglich, Anwendungen nachvollziehbar zu bewerten. Dumas und
Redish (1994), zwei bedeutende Wegbereiter des Usability Testing, definieren Usability
über die Beziehung zwischen Nutzer und Produkt:

21
Usability means that the people who use the product can do so quickly and easiliy to
accomplish their own tasks. This definition rests on four points:
1. Usability means focusing on users.
2. People use products to be productive.
3. Users are busy people trying to accomplish tasks.
4. Users decide when a product is easy to use. (p. 4)
Für die Definition von Usability gibt es noch weitere und zum Teil sehr unterschiedliche
Ansätze. So hat der Autor Englisch (1993) in ,,Ergonomie von Softwareprodukten" mehr
als 20 verschiedene Varianten aufgezählt, um Usability zu beschreiben. Eichinger (2001)
bemerkt hierzu: ,,Der Begriff Usability tritt bei verschiedenen Gelegenheiten in verschie-
denen Geschmacksrichtungen auf. Einig sind sich diese meist nur in dem Punkt, daß es
sich um ein facettenreiches Konstrukt handelt." Daher wird seiner Meinung nach auch oft
auf die Definition der Internationalen Organisation für Standardisierung (ISO) zurückge-
griffen. Hier wird Benutzerfreundlichkeit im Teil 11 der Norm ISO 9241 (1998) im Hin-
blick auf die ergonomischen Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten wie
folgt beschrieben: ,,Usability eines Produktes ist das Ausmaß, in dem es von einem be-
stimmten Benutzer verwendet werden kann, um bestimmte Zielen in einem bestimmten
Kontext effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen" (1998).
Dabei wird Effektivität als ,,die Genauigkeit und Vollständigkeit, mit der Benutzer ein be-
stimmtes Ziel erreichen" (ISO 9241-11, 1998) können, definiert. Erreicht ein Nutzer sein
Ziel mit Hilfe einer Website, dann gilt diese Website als effektiv. Damit sie auch effizient
ist, muss der Aufwand, der für das Erreichen des Ziels notwendig ist, möglichst gering
sein. Von Gizycki (2002) bemerkt hierzu: ,,Der Aufwand muss für den Nutzer geringer als
der durch die Website erreichte Ertrag sein oder ihm entsprechen, sonst würde der Nutzer
den Vorgang abbrechen" (S. 3). Das dritte Kriterium für Usability ist die individuelle Zu-
friedenheit des Anwenders, die eintritt, wenn die gestellten Erwartungen erfüllt bezie-
hungsweise übertroffen wurden. Darüber hinaus tragen das Vorhandensein von Effektivität
und Effizienz zusätzlich zur Zufriedenheit bei.

22
Der deutsche Informatiker Preim (1999) stellt 15 Prinzipien auf, die seiner Ansicht nach
unbedingt für die Entwicklung guter Benutzerschnittstellen berücksichtigt werden sollten.
Dabei liegt sein Augenmerk vor allem auf der leichten Erlernbarkeit des Systems sowie
seiner effizienten Nutzung. Die Prinzipien können zur Orientierung oder als Checkliste
genutzt werden:
1. Informiere dich über potentielle Benutzer und ihre Aufgaben.
2. Hilf Benutzern, ein mentales Modell zu entwickeln.
3. Sprich die Sprache des Benutzers.
4. Mach Systemzustände sichtbar und unterscheidbar.
5. Verdeutliche die jeweils möglichen Aktionen.
6. Strukturiere die Benutzungsschnittstelle.
7. Stelle eine erkennbare Rückkopplung sicher.
8. Gestalte die Schnittstelle adaptierbar.
9. Kombiniere visuelle Interaktion mit sprachbasierter Interaktion.
10. Vermeide, daß Benutzer sich zu viele Dinge merken müssen.
11. Ermögliche es, Aktionen abzubrechen und rückgängig zu machen.
12. Erleichtere es, Fehler zu erkennen, zu diagnostizieren und zu beheben.
13. Vermeide es, den Benutzer zu überraschen.
14. Beachte die wichtigsten Bedienhandlungen besonders.
15. Erkläre die Bedienung des Programms durch Beispiele und weniger durch For-
malismen. (Preim, 1999, S. 55-56)
Die meisten der oben beschriebenen Prinzipien sind allgemein auf die Schnittstellen-
Entwicklung von technischen Geräten anwendbar. Nur einige der Kriterien, wie beispiels-
weise Punkt acht und zehn, ,,erfordern eine Flexibilität des Systems und die Fähigkeit, In-
formationen zu speichern ­ sie sind spezifisch für Computersysteme" (Preim, 1999, S. 72)
und folglich auch für das World Wide Web.

23
Schweibenz und Thissen gehen in ,,Qualität im Web. Benutzerfreundliche Webseiten
durch Usability Evaluation" (2003) auf die besondere Bedeutung von Usability für das
WWW ein und nennen hierfür vor allem zwei Gründe:
Zum einen ist die Gruppe der potentiellen Nutzer eines Web-Angebots in der Regel
sehr heterogen und im Gegensatz zu einer traditionellen Software-Anwendung, für
die ein bestimmter, eingrenzbarer Nutzerkreis vorliegt, häufig nicht näher zu be-
stimmen. Zum anderen liegt im Web als Informationsmedium der Fokus auf der Dar-
stellung und dem sofortigen Auffinden von Informationen. (S. 41)
Spool, Scanlon, Schroeder, Snyder und DeAngelo (1999) bemerken hierzu: ,,The more a
site helps people find the information they are looking for, the more usable it is" (p. 4). Die
speziellen Anforderungen von Web-Anwendungen erfordern eine immer intensivere Be-
schäftigung mit dem Konstrukt Usability. Manhartsberger und Musil (2001) bringen es
treffend auf den Punkt: ,,Geburtshelfer zum Durchbruch von Usability war also das Inter-
net und das daraus resultierende kommerzielle Interesse an gut gestalteten Benutzerschnitt-
stellen" (S. 34).
2.2.1 Usability-Engineering
Die Methode und die Technik, mit der die Erkenntnisse der Softwareergonomie in der Pra-
xis umgesetzt werden, wird als Usability Engineering bezeichnet. Angelehnt an das schon
etablierte Software-Engineering soll hiermit auf die ingenieurmäßige Vorgehensweise hin-
gewiesen werden. Pflüger (1992) bemerkt hierzu: ,,Usability-Engineering ist die Bereit-
stellung von Verfahren und Methoden zur konsequenten, systematischen und praxisnahen
Umsetzung der Erkenntnisse der Software-Ergonomie. Dabei sollen die Prinzipien der
Qualitätssicherung besondere Berücksichtigung finden" (S. 65). Das entscheidende Cha-
rakteristikum des Usability Engineering ist, dass es sich um einen iterativen
11
Prozess han-
delt: Die Usability eines Produkts wird mit Hilfe bestimmter Techniken geprüft, auftreten-
11
Engl.: (sich) wiederholend.

24
de Probleme werden auf ihre Ursachen hin analysiert, das Produkt wird dementsprechend
verbessert und anschließend einer erneuten Prüfung unterzogen.:
Bei der Entwicklung interaktiver Programme treten ... zwangsläufig viele Probleme
erst in den späteren Entwicklungsphasen auf. Diese Besonderheiten haben zu dem
Begriff Usability Engineering geführt (Nielsen, 1989). Charakteristisch dafür ist, daß
Werkzeuge verwendet werden, die ein schnelles Ausprobieren von Alternativen er-
möglichen (Prototyping), daß ein intensiver Kontakt zu (potentiellen) Benutzern ge-
pflegt wird und daß auf deren Wünsche reagiert wird. Usability Engineering ist durch
ein stark iteratives Vorgehen gekennzeichnet, das aus Spezifikations-, Implementie-
rungs- und Testphasen besteht. (Preim, 1999, S.5)
Auch Eichinger (2001) definiert Usability Engineering als einen Prozess, ,, ... in dessen
Verlauf die Usability eines Produktes definiert, gemessen und verbessert wird." In der Li-
teratur wird immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig die Einbeziehung des Usability
Engineering bereits in den frühen Phasen der Produktentwicklung ist: Denn wird erst mit
der Evaluation begonnen, wenn Design und Programmierung bereits stehen, dann wurden
bereits zuviel Zeit und Geld investiert, als dass noch grundlegende Änderungen möglich
wären:
Usability Engineering is not a one-shot affair where the user interface is fixed up be-
fore the release of a product. Rather, usability engineering is a set of activities that
ideally take place throughout the lifecycle of the product, with significant activities
happening at the early stages before the user interface has even been designed. (Niel-
sen, 1993, p. 71)
2.2.2 Usability-Problem
Wodurch ist jedoch ersichtlich, dass es sich bei einem durch das Usability Engineering
gefundenen Problems auch tatsächlich um ein Usability-Problem handelt? Dumas und Re-
dish (1994) erklären es anhand der Methode des Usability-Tests wie folgt:
The point of a usability test is to find the real problems with the product ­ and with
the process that was used to develop the product. The real problems are the ones that
are going to cause difficulties for users when they get the product in their homes or
offices to do their work. (p. 310)
Laut Schweibenz und Thissen (2003) existiert keine allgemein gültige Definition, die be-
schreibt, wodurch sich ein Usability-Problem auszeichnet. Nielsen (1994a) vertritt die An-

25
sicht, dass jeder Aspekt des Interface ein Usability-Problem ist, der dem User die Nutzung
einer Anwendung erschwert:
Simply stated, a usability problem is any aspect of a user interface that is expected to
cause users problems with respect to some salient usability measure (e.g. learnability,
performance, error rate, subjective satisfaction) and that can be attributed to a single
design aspect. (p. 388)
Krug (2002) bestätigt, dass Menschen in Testsituationen viel gründlicher die Websites le-
sen und bearbeiten als im wirklichen Leben: ,, Schließlich befinden sie sich nicht unter
Zeitdruck, sie bekommen Geld, um alles herauszufinden, und ­ am wichtigsten ­ sie wol-
len nicht blöd erscheinen" (S. 172). Wenn eine Versuchsperson eine Aufgabe nicht bewäl-
tigt, obwohl sie sich deutlich mehr bemüht als in der Realität, dann ist es sehr wahrschein-
lich, dass ein Usability-Problem entdeckt wurde.
Dass bei einem Usability-Test das Augenmerk ausschließlich auf den Fehlern und Proble-
me im Umgang mit einem Produkt liegt, ist nach Ansicht von Dumas und Redish (1994)
durchaus legitim:
The goal of a usability test is to find the product's weakness and problems so that
you can improve the product before it goes out to users. Therefore, in a usability test,
you usually concentrate on measuring areas of concern and counting indicators that
your goals are not being met. That means collecting data on time, errors, and frustra-
tions. (p. 193)
Doch selbstverständlich obliegt es jedem Usability Engineer, auch positive Aspekte in sei-
ne Auswertung mit hineinzunehmen. In der Praxis empfiehlt sich sogar ein derartiges Vor-
gehen. Denn werden ausschließlich die Probleme eines Intenetauftrittes erwähnt, so fühlen
sich häufig die betroffenen Webdesigner oder Programmierer in die Enge getrieben und
verteidigen vehement ihr entwickeltes Produkt. Werden jedoch auch positive Aspekte ge-
nannt, ist eine bessere Aufnahme der Kritik zu erwarten.
2.3 Methoden der Bewertung einer Website
Auch wenn bei der Entwicklung einer Website alle anerkannten Design-Regeln befolgt
wurden, ist es laut Nielsen (1993) nicht möglich, ein optimales Interface zu gestalten: ,,Us-
ers have an infinite potential for making unexpected misinterpretations of interface ele-

26
ments and for performing their job in a different way than you imagine" (p. 10). Eine
Evaluation, die die Benutzerfreundlichkeit einer Website systematisch testet, auftretende
Probleme identifiziert und eventuell Empfehlungen ausspricht, ist daher in jedem Fall not-
wendig. Karat (1994) unterteilt die Usability-Evaluations-Methoden in zwei Gruppen:
· die Methode des Usability Testing, bei der empirische Untersuchungen durchgeführt
werden und
· die Methode der Usability Inspection, bei der analytisch vorgegangen wird.
Bei der ersten Methode wird die Evaluation durch Befragung und Beobachtung von poten-
tiellen Nutzern durchgeführt und wird daher auch häufig als ,,benutzerorientierte Methode"
bezeichnet. Bei der zweiten Methode beurteilen Experten mittels vorgegebener Kriterien
sowie ihrer eigenen Usability Expertise eine Website. Dieses Verfahren wird auch ,,exper-
tenorientierte Methode" genannt. Im folgenden werden zur besseren Übersicht die be-
kanntesten Evaluationsmethoden diesen beiden Gruppen zugeordnet. Dabei wird kein An-
spruch auf Vollständigkeit bezüglich der vorgestellten Methoden erhoben:
Usability Testing
· Usability-Test
· Fokusgruppen
· Befragung
· Remote Testing
· Klassische Blickmessung
· Eye-Tracking per Maus
· Logfile-Analyse
Usability Inspection
· Heuristische Evaluation
· Experten-Review
· Cognitive Walkthrough
· Pluralistic Walkthrough
· Guidelines und Checklisten

27
Die oben genannten Bewertungsverfahren werden im folgenden genauer erläutert. Beson-
derer Schwerpunkt liegt dabei auf der Darstellung des Usability-Tests sowie der heuristi-
schen Evaluation, die im Zentrum der vorliegenden Untersuchung stehen. Im Anschluss an
die Vorstellung der Bewertungsmethoden folgt ein Überblick über verschiedene Studien,
die den Usability-Test und die heuristische Evaluation miteinander vergleichen. Auf die
praktische Durchführungsweise beider Verfahren wird im Methodenteil näher eingegan-
gen.
2.4 Usability Testing
Unter dem Begriff Usability Testing werden alle Methoden zusammengefasst, die ihren
Ansatz beim Benutzer haben. Von ihrer Entstehung her gehen sie auf die experimentellen
Methoden der psychologischen Forschung zurück und erfordern das Einhalten gewisser
formeller Kriterien, um verlässliche Ergebnisse zu gewährleisten (Schweibenz & Thissen,
2003). Aus diesem Grund ist dieser Ansatz sehr aufwendig und wird in der Praxis häufig,
trotz besseren Wissens, nicht eingesetzt:
But even the best method will have zero impact on the product if it does not get used.
Unfortunately, experience has shown that many developers find many usability
methods to be intimidating, too expensive, and too difficult and time-consuming to
use. (Nielsen, 1994b, p. 25)
Die Unterschied zwischen den verschiedenen benutzerorientierten Verfahren liegt in dem,
was sie dokumentieren. Beim Usability-Test, Remote Testing, Eyetracking, Eyetracking by
Maus und bei der Logfile-Analyse wird das Verhalten der Probanden untersucht und auf-
gezeichnet. Befragung und Fokusgruppen dokumentieren die verbalen Äußerungen der
Testpersonen bezüglich ihrer Erwartungen, Intentionen und Erfahrungen. Dabei muss be-
rücksichtigt werden, dass bei der Verbalisation oft auch beeinflussbare Faktoren wie zum
Beispiel Angleichen an einen Gruppenkonsens, Entsprechen sozialer Normen, Verzerrung
der Eigenwahrnehmung und weiteres eine große Rolle spielen und so zu verzerrten Dar-
stellungen führen. Nach Schweibenz und Thissen (2003) sollten daher die Befragungsme-
thoden nicht als alleinige Quelle zur Beurteilung einer Website genutzt werden, sondern
als sinnvolle Ergänzung zum Usability-Test eingesetzt werden.

28
Trotz der sehr aufwendigen Handhabung haben die Usability-Testing-Methoden ihre Be-
rechtigung und sind letztlich die konsequente Weiterführung des User Centerd Design. Nur
durch die Beobachtung der Nutzer im Umgang mit einem Produkt sowie ihrer Befragung
kann man verlässliche Informationen über die Usability eines Produktes erhalten. ,,Users,
not designers or developers, determine when a product is easy to use" (Dumas & Redish,
1994, p. 5).
Vor allem ist das frühe Einbeziehen der benutzerorientierten Methoden für die Entwick-
lung einer userfreundlichen Designs von großer Bedeutung. ,,Your design will be much
better if you work on the basis of an understanding of the users and their tasks" (Nielsen,
1993, p. 10). Wer schon einmal bei einem Usability-Test zugesehen hat, wird das bestäti-
gen können: Die Nutzer stolpern über Dinge, die man als Designer oder auch als Testleiter
nicht für möglich halten würde. Aus dieser Beobachtung entstand auch der Begriff des
DAU ­ des dümmsten anzunehmenden Users. Allein die Existenz dieses Begriffs zeigt die
Diskrepanz auf, die in diesem Bereich herrscht. Wenn es sich hierbei auch um eine Ironi-
sierung handelt, so verbirgt sich doch dahinter eine Haltung, die viele Webentwickler und -
designer den Anwendern gegenüber noch haben. Ihnen fällt es schwer, sich in Personen
hineinzuversetzen, die technisch nicht so versiert sind wie sie selbst. Anstatt sich ernsthaft
mit den Benutzerwünschen auseinanderzusetzen, ist es ihnen wichtiger, ihre fachliche
Kompetenz zu demonstrieren. In seinem Grundlagenwerk ,,Usability Engineering" kriti-
siert Nielsen (1993) diese Einstellung: ,,The designer's attitude should be that if users have
problems with an aspect of the interface, then this is not because they are stupid or just
should have tried a little harder" (p. 11).
2.4.1 Usability-Test
Der Usability-Test ist ein benutzerorientiertes Verfahren und wird im Usability Engi-
neering als klassische Testmethode bezeichnet. Dumas und Redish (1994) charakterisieren
den Usability-Test anhand folgender fünf Punkte:
1. The primary goal is to improve the usability of a product. For each test, you also
have more specific goals and concerns that you articulate when planning the test.
2. The participants represent real users.
3. The participants do real tasks.

29
4. You observe and record what participants do and say.
5. You analyze the data, diagnose the real problems, and recommend changes to fix
those problems. (p. 22)
Jeffrey Rubin, der mehr als 20 Jahre Erfahrungen als ,,human factors specialist" in der
Computer-Industrie gesammelt hat und ein international anerkannter Experte ist, bringt es
auf den Punkt: ,,Usability testing ... employs techniques to collect empirical data while
observing repräsentative end users using the product to perform representative tasks" (Ru-
bin, 1994, p. 22). Meistens wird der Usability-Test in einem speziell eingerichtetem Labor
durchgeführt. Potentielle Anwender, die der entsprechenden Zielgruppe angehören, führen
vorgegebene Aufgaben mit Hilfe der zu testenden Website durch. Durch eine im Testraum
installierte Videokamera sowie einer entsprechenden Software, die alle Bildschirmaktivi-
täten dokumentiert, wird der Testdurchlauf in allen Einzelheiten festgehalten. Auf diese
Weise ist eine detaillierte Auswertung des Tests möglich, in der reale Probleme der Nutzer
mit dem System notiert und auf ihre Ursachen hin analysiert werden. Am Ende eines Usa-
bility-Tests wird eine Liste mit den identifizierten Usability-Problemen aufgestellt, die
entsprechend ihres Schweregrads bewertet und zum größten Teil mit Empfehlungen zur
Verbesserung der Usability versehen sind.
An dieser Stelle wird auf eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise beim Usabi-
lity-Test verzichtet, da darauf im Methodenteil ausführlich eingegangen wird. Auch ent-
scheidende Themen, die direkt mit der Testdurchführung im Zusammenhang stehen wie
zum Beispiel die Rekrutierung der Testpersonen, die empfohlene Anzahl der Testpersonen
und weiteres, werden erst später in allen Einzelheiten erläutert (vgl. Kapitel 3.2 und fol-
gende).
In der Praxis werden häufig mit Hilfe der Bildschirm- oder Videoaufzeichnung besonders
interessante Szenen zu einem Band zusammengeschnitten: wenn die Testpersonen bei-
spielsweise gravierende Schwierigkeiten mit dem System haben oder häufig auftretende
Fehlbedienungen auftreten. Bei der Präsentation der Testergebnisse vor dem Auftraggeber
oder/und dem Design-Team kann dieses Video zu Demonstrationszwecken eingesetzt wer-
den. Denn überzeugender als jede Analyse, die mit Gegenargumenten widerlegt werden
kann oder einfach in die Schublade wandert, ist es, wenn ein typischer Anwender beim

30
,,Durchwursteln" auf einer Website beobachtet werden kann und auch die Flüche zu hören
sind, die sein Tun häufig begleiten.
Ebenso wie es die Usability Engineers selbst meist als Aha-Erlebnis empfinden,
wenn Benutzer auf einer Website Probleme mit einem Design haben, das jeder für
einfach bedienbar hielt, ist es ein noch größeres Erlebnis für Projektmanager oder
Webdesigner und kann diesen viel eher die Augen öffnen, als dazu ein Bericht auf
Papier imstande wäre (Manhartsberger & Musil, 2002, S. 329)
Rubin (1994) bestätigt: ,, ... there is absolutely no replacement for a struggling participant
to convince a skeptical developer that there actually are problems with his or her beloved
product" (p. 216).
Nach Ansicht von Schweibenz und Thissen (2003) macht die besondere Herangehensweise
,, ... die benutzerorientierten Methoden zu den aufwendigsten, aber auch zu den wertvoll-
sten Methoden, weil sie sich nicht auf Experten als Ersatz-Benutzer verlassen, sondern
echte Benutzer in die Evaluation mit einbeziehen" (S. 118). Gleichzeitig räumen sie aber
auch ein, dass es aufgrund des erheblichen Aufwands, nur zu einer eingeschränkten Nut-
zung der Usability-Methoden kommt: ,,Dies hat dazu geführt, dass diese Methoden auf-
grund ihrer ,einschüchternden Komplexität` (Nielsen, 1994b, S. 25) in der Praxis nur we-
nig eingesetzt werden und dass alternative Evaluationsmethoden wie die expertenorien-
tierten Methoden entwickelt wurden ..." (Schweibenz & Thissen, 2003, S. 118).
Der große Vorteil des Testens unter Laborbedingungen ist zum einen, die Möglichkeit der
direkten Beobachtung der Probanden beim Interagieren mit der Website. Zum anderen ist
eine bis ins Detail gehende, minutiöse Auswertung möglich. Nachteil dieser Methode ist
jedoch, dass die Probanden in einer ,,synthetischen" Umgebung agieren und dadurch nicht
das ,,normale" Verhalten in der gewohnten Umgebung abgebildet wird. Außerdem wurde
beobachtet, dass es aufgrund der Testsituation häufig zu einer überdurchschnittlich hohen
Mitarbeit der Testpersonen kommt. Das Phänomen des Hawthorne-Effekts, auch als Expe-
rimentator-Effekt bekannt, beeinflusst maßgeblich die Ergebnisse der Untersuchung: das
Wissen über die Beobachtung des eigenen Verhaltens durch einen Außenstehenden führt
bei den Beobachteten zu einer Veränderung des Verhaltens. Aufgrund dieser Überlegun-
gen ist eine Übertragung der Testergebnisse auf das Verhalten realer User nur unter Vor-
behalt möglich (Preim, 1999).

31
Auch Diezmann (2002) steht dem Einsatz von Usability-Tests kritisch gegenüber:
Doch gerade in letzter Zeit werden Usability-Tests oft missbraucht, um lediglich die
Qualität inhaltlicher Konzepte oder subjektives Empfinden des Designs zu ermitteln.
Verfahren und Methoden zur Analyse der tatsächlichen Nutzungsqualität sind darin
nicht enthalten. Häufig werden User-Aussagen einfach interpretiert und Tests nicht
fachgerecht durchgeführt und ausgewertet. So wird allerdings nur ein Bruchteil der
tatsächlichen Nutzungsprobleme zu Tage gefördert. In derartigen ,,Schmalspurtests"
werden oft nur Ergebnisse gewonnen, die in einfachen und weitaus günstigeren
Screen-Evaluationen von Fachleuten wie Interface-Designern ermittelt worden wä-
ren. (S. 99)
Doch im Allgemeinen geht der Konsens dahin, dass der Usability-Test eine unverzichtbare
Methode im iterativen Entwicklungsprozess ist, der trotz der erwähnten Nachteile ein ho-
hes Maß an tatsächlichen Usability-Problemen aufdeckt.
2.4.2 Fokusgruppen
Diskussionen in Fokusgruppen werden seit längerem in der Markforschung angewandt und
lassen sich auch für die Bewertung von Websites einsetzen. Sechs bis zwölf Personen, die
der relevanten Zielgruppe angehören, diskutieren unter Anleitung eines Moderators vorge-
gebene Themen (Dumas & Redish, 1993). Dabei geht es weniger um die Beurteilung der
Usability einer Website, sondern vielmehr um die Erwartungen und Bedürfnisse der Teil-
nehmer, die diese mit einer bestimmten Website verbinden:
..., focus groups can help you understand what people think of your company and
your product. You can find out about people's priorities, what they're looking for
and willing to pay for, what they think are requirements, and what they think of as
,,nice to have but not necessary". (Redish & Dumas, 1993, p. 45)
Besonders vorteilhaft ist diese Methode, wenn es um die Beurteilung von Konzepten geht.
Wichtige Hinweise oder Korrekturen, die der Verbesserung der zielgruppenspezifischen
Ansprache, lassen sich in dieser frühen Phase noch hervorragend in den Konzeptionspro-
zess integrieren.
Eine wichtige Rolle bei einer Gruppendiskussion kommt dem Moderator zu. Einerseits
muss er die Gruppe durch das Thema leiten, andererseits sollte er jedoch nicht zu stringent
sein und der Gruppendynamik genügend Freiraum lassen. Weiterhin sollte er darauf ach-

32
ten, dass einzelne Teilnehmer nicht zu dominant werden und dass auch vom Gruppenkon-
sens abweichende Meinungen akzeptiert werden.
2.4.3 Befragung
Bei der Befragung wird zwischen einer schwerpunktmäßig eher quantitativen und einer
qualitativen Erhebung unterschieden. Die quantitative Methode ermittelt mit Hilfe eines
Fragebogens zum Ankreuzen die Meinung und Einschätzung der Anwender. Dadurch ist
eine statistische Auswertung möglich. Seit einiger Zeit werden zur Bewertung von Websi-
tes auch Online-Fragebögen eingesetzt. Dabei ist die Auswertung besonders einfach, da die
Befragten durch das Eintragen ihrer Daten diese gleichzeitig in die Datenbank eingeben.
Eine aufwendige Übertragung sowie eine damit verbundene mögliche Fehlerquelle entfällt.
Mit Hilfe der qualitativen Befragung wird versucht, möglichst umfangreiche Informationen
über Erwartungen sowie die generelle Einschätzung und Bewertung eines Produktes zu
erhalten. Dabei sollten vor allem offene Fragen gestellt werden, da die Probanden dadurch
ermuntert werden, mehr von sich und den eigenen Motivationen zu berichten. Häufig wird
das Interview auch in Kombination mit einem Usability-Test eingesetzt. Durch die Befra-
gung der Anwender können nützliche Hintergrundinformationen erhalten werden, die für
ein besseres Verständnis der Testergebnisse von Bedeutung sein können.
Für das Auffinden von Usability-Problemen ist eine Befragung jedoch nicht geeignet, hier-
für ist die direkte Interaktion mit der zu testenden Website notwendig.
2.4.4 Remote Testing
Beim Remote
12
Testing handelt es sich um eine Methode, bei der Aktionen von 500 bis
1000 Anwendern auf einer Website getestet und ausgewertet werden können. Mit Hilfe
eines Servers, der zwischen dem PC der Nutzer sowie dem Server der Website geschaltet
ist, werden sämtliche Daten durch eine spezielle Software dokumentiert und anschließend
ausgewertet. Diese Methode, die erst vor kurzem entwickelt wurde, kann qualitative als
12
Engl.: fern, (weit) entfernt.

33
auch quantitative Daten ermitteln. Moore (2002) beschreibt das Remote Testing als eine
gelungene Kombination aus Usability-Test und Logfile-Analyse, dabei schränkt er jedoch
ein: ,,New methods of data collection can help usability researchers by capturing the best
of both approaches with marginal sacrifices".
Es ist jedoch nicht wie beim Usability-Test möglich, mittels lauten Denkens
13
oder einem
Interview, Rückmeldungen über die Vorstellungen und Intentionen der User zu erhalten.
Vorteil des Remote Testings gegenüber einem Usability-Test ist jedoch, dass die Wirklich-
keit besser abgebildet wird: Die Testpersonen arbeiten nicht unter Beobachtung vorgege-
bene Aufgaben ab, sondern sie befinden sich in ihrer gewohnten Umgebung. Außerdem
sind sie aus eigener Motivation auf die zu testende Website gelangt und verfolgen dort je
nach Interesse auch eigene Ziele.
Anders als bei der Logfile-Analyse ist es beim Remote Testing eher möglich, die quantita-
tiven Daten der Realität entsprechend zu interpretieren. Denn beim Remote Testing werden
ebenfalls die Bildschirmansichten der besuchten Webpages mit den Maus-Klicks aufge-
nommen. Der Experte, der die quantitativen Daten auswertet, kann anhand dieser Aufnah-
men besser nachvollziehen, warum sich ein User in einer bestimmten Weise verhalten hat.
So kann beispielsweise die häufige Frequentierung einer Suchmaschine, stehen nur die
Daten eines Logfiles zur Verfügung, als positive Bestätigung der Suchfunktion interpretiert
werden. Werden jedoch die Screenshots
14
ausgewertet, so wie es beim Remote Testing
möglich ist, dann stellt sich vielleicht heraus, dass die häufige Nutzung die Folge einer
mangelhaften Suchfunktion ist. Möglicherweise wird nur ein Ergebnis gefunden, wenn der
gesuchte Begriff in einer bestimmten Weise geschrieben ist. Alternativen wie Kleinschrei-
bung, Verbinden zweier Begriffe mit Bindestrich und weiteres werden nicht akzeptiert.
Um das gewünschte Ergebnis zu erhalten, gibt der User den zu suchenden Begriff in den
unterschiedlichsten Varianten ein, bis er an sein Ziel kommt oder aufgibt. Die Folge ist
eine ,,unfreiwillige", häufige Nutzung der Suchmaschine, die von den Anwendern als fru-
13
Die Versuchsperson wird aufgefordert, ihre Gedanken laut auszusprechen. S. Kapitel 3.2.7.
14
Engl.: Bildschirmfotos.

34
strierend empfunden wird. In einem Logfile sind diese Hintergründe nicht ersichtlich, und
es kann leicht zu einer Fehlinterpretation führen.
2.4.5 Klassische Blickmessung
Mit Hilfe einer Kamera oder eines Kamerahelms (vgl. Abbildung 3) kann der Blickverlauf
einer Testperson beim Betrachten zum Beispiel von einer Website gemessen werden. Da-
durch wird herausgefunden, welche Bereiche von den Usern vorrangig wahrgenommen
werden und welche weniger; worauf der Blick zuerst fällt und ob es Elemente gibt, die
ignoriert werden.
Abbildung 3. Helmbasierte Blickmess-Apparatur (nach Scheier & Heinsen, 2003, S. 158).
Im Bereich der Website-Evaluation wird das Eye-Tracking
15
jedoch eher selten eingesetzt,
da die Geräte in der Anschaffung sehr kostenintensiv und in der Bedienung aufwendig
sind. Außerdem liefert dieses Methode nur punktuelle Aussagen. In der Werbepsychologie
kommt dieses Verfahren häufiger zum Einsatz, es wird zum Beispiel für die Bewertung
von Anzeigen und Plakaten genutzt. Bei der Überprüfung von Websites stehen jedoch Be-
15
Engl. ,,track": Spur, Fährte.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832479015
ISBN (Paperback)
9783838679013
DOI
10.3239/9783832479015
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Human- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (April)
Note
1
Schlagworte
usability-methoden review gutachten experten usability
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Titel: Usability-Test versus heuristische Evaluation
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