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Empirische Analyse der Nutzerfreundlichkeit von Learning Management-Systemen

Dargestellt anhand OpenUSS

©2003 Diplomarbeit 114 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Das WWW als Medium zur orts- und zeitunabhängigen Verrichtung einer wachsenden Anzahl alltäglicher Aktivitäten, gewinnt weiterhin an Bedeutung. Gleichzeitig steigt die Zahl ungeübter Nutzer die mit Systemen im WWW interagieren, wobei sich die Nutzung zunehmend von der Kür zur Pflicht entwickelt. Die Herausforderung besteht in der adäquaten Bereitstellung der Inhalte für eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzer mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten.
Dies geschieht durch die Schaffung eines nutzerfreundlichen Interfaces, welches als sichtbarer Teil eines Systems die Funktionalitäten zur Verfügung stellt und die Interaktion ermöglicht. In den Augen vieler Nutzer ist das Interface das System. Ist es einem Nutzer nicht möglich das Interface zu nutzen, so kann er das gesamte System nicht nutzen. Hinsichtlich der Gestaltung eines Interfaces gilt es somit, Anforderungen bezüglich der Nutzer, der Aufgaben, welche Sie mit Hilfe des Systems bewältigen möchten, sowie im Hinblick auf die Interaktion zwischen Nutzer und System zu beachten. Neben der Beachtung dieser Anforderungen ist eine permanente Überprüfung der realisierten Nutzerfreundlichkeit des Interfaces unentbehrlich.
Ziel dieser Arbeit ist es, einen kompakten Einblick darüber vermitteln, warum die Nutzerfreundlichkeit eines Interfaces eine kritische Rolle für den Erfolg eines Systems spielt, durch was sie determiniert wird und wie eine Überprüfung aussehen kann. Zunächst werden die zentralen Begriffe definiert, zum Begriff der Nutzerfreundlichkeit bzw. Usability wird zudem eine Arbeitsdefinition vorgestellt. Um ein Verständnis dafür entwickeln zu können, wodurch Nutzerfreundlichkeit determiniert wird, ist es erforderlich, sich mit den Anforderungen an die Gestaltung eines Interfaces hinsichtlich der Nutzer, die das Interface verwenden werden, der Aufgaben, welche die Nutzer mit dem System verrichten möchten, sowie der Interaktion zwischen Nutzer und Interface zu befassen.
Neben den Anforderungen an die Gestaltung werden hier auch die Dimensionen der Gestaltung eines Interface Designs vorgestellt. Aufbauend auf die Grundlagen der Gestaltung, wird auf die Analyse der Nutzerfreundlichkeit eines Interfaces eingegangen. Im fünften Kapitel werden die Erkenntnisse der ersten Kapitel anhand der Überprüfung der Nutzerfreundlichkeit des Learning Management-Systems OpenUSS in die Praxis umgesetzt und dargestellt. Die empirische Analyse des Interfaces erfolgt mittels […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7896
Müller, Kerstin: Empirische Analyse der Nutzerfreundlichkeit von Learning Management-
Systemen - Dargestellt anhand OpenUSS
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis IV
Tabellenverzeichnis VI
Abkürzungsverzeichnis VII
1 Einleitung 1
1.1 Motivation
1
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit
2
2 Begriffsdefinitionen 4
2.1 Learning Management-System
4
2.2 Nutzerfreundlichkeit
5
3 Die Gestaltung des Interfaces
7
3.1 Die Bedeutsamkeit der Gestaltung des Interfaces
7
3.2 Anforderungen an die Gestaltung eines Interfaces
7
3.2.1 Nutzer kennen und verstehen
8
3.2.2 Aufgaben des Nutzers kennen und verstehen
9
3.2.3 Die Interaktion zwischen Nutzer und System
12
3.3 Gestaltungsdimensionen des Interfaces
17
3.3.1 Site Design
17
3.3.2 Page Design
21
3.3.3 Content Design
23
4 Analyse der Usability
26
4.1 Überblick
26
4.2 Usability Test
29
4.2.1 Organisation des Usability Tests
30
4.2.2 Methoden und Instrumente des Usability Tests
32
4.2.2.1 Card Sorting
32
4.2.2.2 Scenario Based Testing
34
4.2.2.3 Die Methode des lauten Denkens
35
4.2.2.4 Fragebogen
36
4.2.2.5 Interview 37
4.2.2.6 Eye Tracking
38
4.3 Usability Inspektion
40
4.3.1 Heuristische Evaluation
41
4.3.1.1 Vorbereitung
41
4.3.1.2 Durchführung
47
4.3.1.3 Messung 47
4.3.2 Cognitive Walkthrough
49
4.3.2.1 Definition des Inputs
50
4.3.2.2 Untersuchung der Handlungssequenzen
51

III
4.3.2.3 Protokollierung kritischer Informationen
51
4.3.2.4 Revision des Interfaces
52
4.4 Guidelines
52
4.4.1 Design Guidelines
53
4.4.2 Accessibility Guidelines
55
5 Empirische Analyse der Usability von OpenUSS
58
5.1 Einleitung
58
5.2 Usability Inspection von OpenUSS
60
5.3 Usability Test von OpenUSS
61
5.3.1 Problempunkte
61
5.3.2 Nutzerprofile
63
5.3.3 Methodologie
65
5.3.4 Testumgebung
67
5.3.5 Definition der Messung
67
5.3.6 Aufgabenliste
69
5.3.7 Präsentation der Ergebnisse
71
5.3.7.1 Effektivität
72
5.3.7.2 Effizienz 77
5.3.7.3 Zufriedenheit und Lernbarkeit
83
5.3.8 Diskussion
86
5.3.9 Änderungsvorschläge
87
6 Zusammenfassung und Ausblick
94
Anhang 96
Literaturverzeichnis 97

IV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Normans Action Cycle Model
10
Abb. 2: Die Überbrückung bestehender Gulfs
12
Abb. 3: Ungünstige Farbkontraste
13
Abb. 4: Entstehung mentaler Modelle im HCI Kontext
15
Abb. 5: Sitemap des ICCP
16
Abb. 6: Zusammenhang Site Design, Page Design und Content Design 17
Abb. 7: Sequentielle Strukturierung
19
Abb. 8: Vernetzte Strukturierung
19
Abb. 9: Hierarchische Strukturierung
19
Abb. 10: FedEx® Homepage (2003)
20
Abb. 11: Prozess des Usability Engineerings
27
Abb. 12: Gefundene Usability Probleme
45
Abb. 13: Zusammenhang zwischen Anzahl der Experten und gefundenen
Usability Problemen
46
Abb. 14: Registrierung für Studierende
61
Abb. 15: Interne Startseite
62
Abb. 16: Erfolgsraten bei Aufgabe 1
72
Abb. 17: Erfolgsraten bei Aufgabe 2
73
Abb. 18: Erfolgsraten bei Aufgabe 3
74
Abb. 19: Download der korrekten Anzahl Dateien
74
Abb. 20: Erfolgsraten bei Aufgabe 4
75
Abb. 21: Erfolgsraten bei Aufgabe 5
75
Abb. 22: Erfolgsraten bei Aufgabe 6
76
Abb. 23: Erfolgsraten bei Aufgabe 7
76

V
Abb. 24: Erfolgsraten bei Aufgabe 8
77
Abb. 25: Mittelwerte zum Gesamteindruck
84
Abb. 26: Mittelwerte zur Bildschirmdarstellung 84
Abb. 27: Mittelwerte zur Fachterminologie und den
Systemrückmeldungen 85
Abb. 28: Mittelwerte zur Lernbarkeit
85
Abb. 29: Mittelwerte zur Systemleitung
86
Abb. 30: Startseite von OpenUSS
88
Abb. 31: Auswahl des Lehrstuhls
90
Abb. 32: Startseite einer Veranstaltung
91
Abb. 33: Übersicht über die verfügbaren Materialien
92
Abb. 34: Ändern der persönlichen Daten
92

VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Travel Nebraska - Beispiel zur Gestaltung eines Textes ... 25
Tabelle 2: Formalisierung des Zusammenhangs zwischen eingesetzten
Experten und gefundenen Usability Problemen... 46
Tabelle 3: Bewertung gefundener Usability Probleme ... 48
Tabelle 4: Nutzerprofile ... 64
Tabelle 5: Eingesetzte Methoden und Instrumente ... 65
Tabelle 6: Nutzerprofile der Testgruppe B ... 66
Tabelle 7: Benötigte Testunterlagen je Testgruppe... 67
Tabelle 8: Aufgabenliste ... 70
Tabelle 9: Übersicht Erfolgsraten ... 77
Tabelle 10: Analyse der Bearbeitungszeit je Aufgabe ... 80

VII
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
AD Anzahl
Dateien
Aufl. Auflage
cHL computergestützte
Hochschullehre
CW Cognitive
Walkthrough
d. h.
das heißt
DIN
Deutsche Industrie Norm
ebd. ebenda
et al.
et alii
f. folgende
ff. fortfolgende
FB Fragebogen
HCI Human-Computer
Interaction
Hrsg. Herausgeber
HTML
Hypertext Markup Language
http
Hypertext Transfer Protocol
ICCP
Institute for Certification of Computing Professionals
IKS
Informations- und Kommunikationssystem
ISO
International Standards Organisation
IT Informationstechnologie
LMS Learning
Managment-System
m männlich
mBZ Maximale
Bearbeitungszeit

VIII
m. E.
meines Erachtens
N Anzahl
OpenUSS Open University Support System
o. V.
ohne Verfasserangabe
PC Personal
Computer
QUIS
Questionaire of Usability Interaction Satisfaction
s. Sekunde
S. Seite
Tab. Tabelle
UCD
User Centred Design
URL
Uniform Resource Locator
usw.
und so weiter
vgl. vergleiche
w weiblich
WWW
World Wide Web
W3C
World Wide Web Consortium
z. B.
zum Beispiel

1 Einleitung
1.1 Motivation
Das World Wide Web (WWW) als Medium zur orts- und zeitunabhängi-
gen Verrichtung einer wachsenden Anzahl alltäglicher Aktivitäten, ge-
winnt weiterhin an Bedeutung. So werden z. B. zunehmend Behörden-
gänge via Internet ausgeführt, Bankgeschäfte abgewickelt, Einkäufe getä-
tigt, Flohmärkte veranstaltet und soziale Kontakte gepflegt. Gleichzeitig
steigt die Zahl ungeübter Nutzer die mit Systemen im WWW interagie-
ren, wobei sich die Nutzung zunehmend von der Kür zur Pflicht entwi-
ckelt.
Die Erschließung des WWW als Kommunikationsmedium für den Lehr-
betrieb, zur Unterstützung der Lehr- und Lernprozesse, wurde während
der letzten Jahre kontinuierlich an neue Entwicklungen und Anforderun-
gen angepasst. So werden zur Organisation und Betreuung webunterstüt-
zenden Lehrens und Lernens Learning Management-Systeme geschaffen,
welche die Effizienz der Prozesse steigern, jedoch auch zunehmend an
Komplexität gewinnen.
Die Herausforderung an die Entwicklung eines Learning Management-
Systems besteht in der adäquaten Bereitstellung der Inhalte für eine Viel-
zahl unterschiedlicher Nutzer mit unterschiedlichen Bedürfnissen und
Fähigkeiten. Dies geschieht durch die Schaffung einer nutzerfreundlichen
Schnittstelle zwischen Nutzer und System. Die Schnittstelle, welche die
Interaktion zwischen Nutzer und einem web basiertem System realisiert,
wird durch das Interface
1
des Systems gebildet. Das Interface, als sicht-
barer Teil des Systems, stellt die Funktionalitäten des Systems zur Ver-
fügung. In den Augen vieler Nutzer ist das Interface das System. Ist es
1
Unter dem Begriff des Interfaces wird in dieser Arbeit die graphische Oberfläche
des Systems verstanden, welche die Schnittstelle zwischen Nutzer und System dar-
stellt. Im WWW ist das Interface eine grafische, vornehmlich in HTML gestaltete
Website, welche in einem Browser dargestellt wird und dem Nutzer die Interaktion
mit dem System z. B. durch Eingabefelder und Hyperlinks ermöglicht. Die Begriffe
werden im Einzelnen im Rahmen dieser Arbeit vertieft.

einem Nutzer nicht möglich das Interface zu nutzen, so kann er das ge-
samte System nicht nutzen.
Die erfolgskritische Relevanz, die der Gestaltung eines nutzerfreundli-
chen Interfaces zukommt, ist offensichtlich. Hinsichtlich der Gestaltung
eines Interfaces gilt es somit, Anforderungen bezüglich der Nutzer, der
Aufgaben, welche Sie mit Hilfe des Systems bewältigen möchten, sowie
im Hinblick auf die Interaktion zwischen Nutzer und System zu beach-
ten. Neben der Beachtung dieser Anforderungen ist eine permanente Ü-
berprüfung der realisierten Nutzerfreundlichkeit des Interfaces unent-
behrlich.
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, einen kompakten Einblick darüber vermitteln,
warum die Nutzerfreundlichkeit des Interfaces eine kritische Rolle für
den Erfolg eines Systems spielt, durch was sie determiniert wird und wie
eine Überprüfung aussehen kann.
Zunächst werden im zweiten Kapitel die zentralen Begriffe des Learning
Management-Systems sowie der Nutzerfreundlichkeit definiert. Zum
Begriff der Nutzerfreundlichkeit wird zudem eine Arbeitsdefinition vor-
gestellt. Um ein Verständnis dafür entwickeln zu können, wodurch Nut-
zerfreundlichkeit determiniert wird, ist es erforderlich, sich mit den An-
forderungen an die Gestaltung eines Interfaces hinsichtlich der Nutzer,
die das Interface verwenden werden, der Aufgaben, welche die Nutzer
mit dem System verrichten möchten, sowie der Interaktion zwischen
Nutzer und Interface zu befassen. Diese Grundkenntnisse werden im drit-
ten Kapitel thematisiert. Neben den Anforderungen an die Gestaltung
werden hier auch die Dimensionen der Gestaltung eines Interface De-
signs vorgestellt. Aufbauend auf die im dritten Kapitel vertieften Grund-
lagen der Gestaltung, wird im vierten Kapitel auf die Analyse der Nutzer-
freundlichkeit eines Interfaces eingegangen. Hier wird somit überprüft,
ob die im dritten Kapitel dargestellten Anforderungen adäquat realisiert
wurden. Hinsichtlich der vorgestellten Methoden und Instrumenten zur
Überprüfung der Nutzerfreundlichkeit wird zwischen Methoden zur em-

pirischen Analyse, im Rahmen von Usability Tests, dem Einsatz von
Inspektionsmethoden sowie der Anwendung von Guidelines unterschie-
den.
Im fünften Kapitel werden die Erkenntnisse der ersten Kapitel anhand
der Überprüfung der Nutzerfreundlichkeit des Learning Management-
Systems OpenUSS in die Praxis umgesetzt und dargestellt. Die empiri-
sche Analyse des Interfaces erfolgt mittels eines Usability Tests. Die er-
mittelten Ergebnisse und die sich daraus ergebenden Änderungsvorschlä-
ge werden zusammengefasst und dargestellt. Das sechste Kapitel fasst
die Erkenntnisse dieser Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick über
weitere Entwicklungen.

2 Begriffsdefinitionen
2.1 Learning Management-System
Eine einwertige Definition des Begriffs Learning Management-System
(LMS) existiert in der Literatur nicht. In der vorliegenden Arbeit wird
unter einem LMS eine webbasierte Software für die Organisation und
Betreuung web unterstützten Lernens und Lehrens verstanden.
2
Diese
Software wird auf einem zentralen Server installiert und lokal über einen
Webbrowser
3
angesprochen.
4
Die Funktionalitäten des LMS werden mit-
tels des System Interfaces
5
zur Verfügung gestellt, welches als Schnitt-
stelle zwischen Nutzer und System die Qualität der Interaktion maßgeb-
lich beeinflusst. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Analyse der
Gestaltung des Interfaces. Als Beispiel wird im fünften Kapitel dieser
Arbeit das LMS Open University Support System (OpenUSS)
6
vorge-
stellt, welches der administrativen Abwicklung der Lehr- und Lernpro-
zesse innerhalb der Hochschulen dient. OpenUSS wurde zur Verbesse-
rung der computergestützten Hochschullehre (cHL)
7
als Open Source
Software
8
am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Controlling der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) entwickelt.
OpenUSS dient der Administration web basierter Lehr- und Lernprozesse
2
Vgl. Baumgartner, P. et al. (2002).
3
Ein Webbrowser erhält HTML-Code von einer Website, interpretiert diesen, und
stellt die Interpretation in einem Fenster dar. Im Folgenden werden die Begriffe
Webbrowser und Browser synonym verwendet.
4
Vgl. Maier-Häferle, K., Häfele, H. (2003), S. 2.
5
Ein Interface ist die Benutzeroberfläche eines Systems, über welche der Nutzer die
Funktionen des Systems nutzt.
6
OpenUSS ist im WWW unter http://www.openuss.de zugänglich.
7
Zur computergestützten Hochschullehre vgl. ausführlich Grob, H. L., Bensberg, F.
(2003), Grob, H. L. (2000), S. 57-127.
8
Zum Begriff Open Source vgl. ausführlich die Informationen des Projekts GNU (ein
rekursives Akronym für ,,GNU is not Unix") im WWW unter http://www.gnu.org
sowie die Informationen der CampusSource Initiative des Ministerium für Wissen-
schaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen im WWW unter
http://www.campussource.de.

und bietet konsistente, personalisierte Sichten auf die Inhalte. Prozessver-
luste aufgrund verteilter, heterogener Strukturen können mit Hilfe von
OpenUSS vermieden werden.
9
2.2 Nutzerfreundlichkeit
Der Begriff Nutzerfreundlichkeit wird häufig synonym mit dem Begriff
Usability verwendet.
10
Diese Verwendung kann zu Missverständnissen
führen, da der Begriff Usability neben der Nutzerfreundlichkeit auch die
Nutzbarkeit umfasst.
11
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird aus Gründen
der Exaktheit nur noch dieser verwendet. Allerdings ist der Begriff Usa-
bility in der Literatur nicht einwertig definiert. Stellvertretend werden im
Folgenden zwei weit verbreitete Definitionen vorgestellt.
12
Nach DIN EN ISO 9241 wird unter der Usability eines Produktes das
Ausmaß verstanden, in dem es durch einen spezifischen Nutzer in einem
spezifischen Nutzungskontext genutzt werden kann, um spezifische Ziele
effektiv, effizient und zufrieden stellend zu erreichen.
13
Die Usability
lässt sich somit durch die drei Attribute Effektivität, Effizienz und Zu-
friedenheit beschreiben. Die Effektivität bezeichnet die Eigenschaft des
Systems zur Erreichung individueller Ziele des Nutzers. Zum Beispiel ist
ein System zur Routenplanung dann effektiv, wenn es eine sachlich kor-
rekte Route zwischen den vom Nutzer angegebenen Start- und Endpunk-
ten ausgibt. Das Attribut Effizienz besagt, dass individuelle Ziele des
Nutzers durch das System nicht nur erreicht werden, sondern der Auf-
wand des Nutzers hinsichtlich der eingesetzten Ressourcen, wie z. B. Zeit
und Transaktionskosten, in ökonomischer Relation zum Ergebnis steht.
Im eingeführten Beispiel der Routenplanung ist das System am effizien-
testen, welches bei identischem Ergebnis die kürzeste Antwortzeit benö-
9
Vgl. Grob, H. L., Bensberg, F., Dewanto, L. (2001).
10
Vgl. Eichinger, A. (2001).
11
Vgl. ebd.
12
Vgl. z. B. Harms, I., Schweibenz, W. (2000), S. 61; Nielsen, J. (2003a).

tigt. Eine Zufriedenheit des Nutzers hinsichtlich der Nutzung eines Sys-
tems entsteht, sofern eine positive Einstellung entwickelt wird und die
Nutzung frei von Beeinträchtigungen ist. Bei einer Routenplanung ent-
steht Zufriedenheit des Nutzers z. B. durch eine ihn ansprechende Ober-
flächengestaltung des Interfaces. Die Usability bezieht sich nicht aus-
schließlich auf die Eigenschaften eines Systems (statisch), sondern auch
auf den Prozess der Interaktion zwischen Nutzer und System (dyna-
misch) innerhalb eines bestimmten Kontextes.
14
Nach N
IELSENS
Definition ist Usability ein Qualitätsattribut, welches
beschreibt, wie einfach das Interface eines Systems genutzt werden
kann.
15
Usability wird hierbei anhand von fünf Komponenten konkreti-
siert:
· Lernbarkeit: Wie einfach fällt es erstmaligen Nutzern, die ele-
mentaren Funktionalitäten des Interfaces zu erfassen?
· Effizienz: Wie schnell können Nutzer eine Aufgabe bewältigen,
sobald sie die Funktionalität erlernt haben?
· Leicht erinnerbar: Wie einfach können sich Nutzer nach länge-
rer Abwesenheit an die Funktionalitäten des Interfaces erinnern?
· Fehler: Wie viele Fehler machen Nutzer, wie schwerwiegend
sind diese Fehler und wie leicht verarbeiten Nutzer die Fehler?
· Zufriedenheit: Wie zufrieden stellend ist die Nutzung des De-
signs?
In der vorliegenden Arbeit wird unter dem Begriff Usability aus Nutzer-
sicht die Qualität der Eigenschaften eines Systems und der Interaktion
mit diesem System in Bezug auf die Erreichung seiner Ziele in einem
bestimmten Kontext verstanden. Die Qualität konkretisiert sich hierbei in
den Attributen Effektivität, Effizienz, Erlernbarkeit und Zufriedenheit.
Die Messung der Erfüllung dieser Attribute erfolgt je nach Kontext und
Nutzer durch spezifische Kriterien.
13
Vgl. International Organization for Standardization.
14
Vgl. Eichinger, A. (2001).
15
Vgl. im Folgenden Nielsen, J. (2003a).

3 Die Gestaltung des Interfaces
3.1 Die Bedeutsamkeit der Gestaltung des Interfaces
Das Interface eines Systems ist die zur Interaktion erforderliche Schnitt-
stelle zwischen Nutzer und System. Aufgabe eines Interfaces ist es, das
System für den Nutzer nutzbar zu machen,
16
indem es die Interaktion
zwischen Nutzer und System ermöglicht. In den Augen vieler Nutzer
sind Interface und System identisch, da dies der Teil des Systems ist, den
die Nutzer sehen
17
und mit dem sie interagieren. Der Gestaltung des In-
terfaces kommt somit eine erfolgskritische Bedeutung bei der Systemges-
taltung zu. Ein schlecht gestaltetes Interface kann den Nutzer in seiner
Zielerreichung hindern, obwohl das System an sich effektiv ist.
18
3.2 Anforderungen an die Gestaltung eines Interfaces
Damit ein Interface vom Nutzer als adäquat und nutzerfreundlich emp-
funden wird, müssen die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer bei der
Gestaltung im Mittelpunkt stehen. Diese Forderung wird vom User
Centred Design (UCD)
19
, das sowohl eine Methode als auch Philosophie
ist, postuliert.
20
In jeder Phase des Lebenszyklus eines Interfaces sollten
zunächst Wünsche, Bedürfnisse und Ziele potentieller Nutzer erhoben
16
Vgl. Redmond-Pyle, D., Moore, A. (1995), S. 2.
17
Der Begriff "sehen" scheint bei Nutzern mit Sehbehinderungen problematisch,
,,wahrnehmen" als alternativer Begriff kann hier jedoch nicht verwendet werden, da
nicht alles was Nutzer sehen, auch von ihnen wahrgenommen wird. In Kapitel 3.1.3
wird auf diesen Unterschied näher eingegangen. Zudem ist anzumerken, dass selbst
Blinde den Begriff ,,sehen" verwenden.
18
Vgl. Hackos, J.T., Redish, J. (1998), S. 1.
19
Andere Gestaltungsanforderungen ergeben sich, wenn bei der Gestaltung dem Prin-
zip des Organization Centered Design (OCD) oder des Technology Centered Design
(TCD) gefolgt wird. Bei Anwendung des TCD steht der Einsatz bestimmter Techno-
logien im Vordergrund, bei OCD die Sicht des Anbieters. Alle Gestaltungsprinzi-
pien führen solange zu dem selben Ergebnis, wie die Zielsysteme identisch sind.
Vgl. Norman, D. (1986), S. 61.
20
Vgl. Pearrow, M. (2000), S. 32.

werden, ehe eine Zeile HTML-Code generiert wird.
21
UCD bedeutet al-
lerdings nicht, dass die Nutzer bestimmen, wie das Interface gestaltet
wird.
Gestaltungsanforderungen an das Interface aus Nutzersicht lassen sich
aus der Untersuchung von drei Bereichen ableiten, welche im Folgenden
näher betrachtet werden:
· Der Nutzer und dessen Wünsche und Bedürfnisse.
· Aufgaben, die der Nutzer mit Hilfe des Systems verrichten will.
· Die Grundlagen der Interaktion zwischen Nutzer und System.
3.2.1 Nutzer kennen und verstehen
Unterschiedliche Nutzer beurteilen die Usability eines Interfaces teilwei-
se diametral. Deshalb postulieren sowohl H
ANSEN
als auch N
IELSEN
als
erstes Gebot: ,,Know the user"
22
. Um den Nutzer zu kennen und ihn
klassifizieren zu können, muss sein individuelles Profil ermittelt werden.
In dem Profil werden zum Beispiel Daten über Alter, Geschlecht, Famili-
enstand, physische Fähigkeiten und Limitationen, Ausbildung, kulturel-
len und ethischen Hintergrund sowie Erfahrungen im Umgang mit In-
formations- und Kommunikationssystemen (IKS)
23
erfasst. F
AULKNER
klassifiziert Nutzer anhand ihrer Erfahrungen im Umgang mit IKS in
Neulinge, Routinierte Nutzer und Experten.
24
Zur Erhebung der relevanten Daten können verschiedenen Techniken
angewandt werden, wie zum Beispiel schriftliche Befragungen mittels
21
Vgl. Pearrow, M. (2000), S. 32.
22
Nielsen, J. (1993), Hansen, W. J. (1971).
23
Zum Begriff des Informations- und Kommunikationssystems vgl. Alpar, P. et al.
(2002), S 28f.
24
Vgl. Faulkner, X. (2000), S. 25. Sie veranschaulicht die Klassenbildung anhand
folgender Metaphern: Neuling ist, wer Angst davor hat durch Berühren der Tastatur
das System zu demolieren. Routinierter Nutzer ist wer einen PC demoliert hat und
nicht weiß, wie er ihn reparieren soll. Experte ist, wer die Computer anderer demo-
liert.

Fragebögen oder Online-Befragungen, mündliche Befragungen anhand
von face to face Interviews, Telefoninterviews, Diskussionen, Beobach-
tungen sowie im Rahmen von Nutzertests. Auf einige Datenerhebungs-
techniken wird in Kapitel 4 dieser Arbeit vertiefend eingegangen.
3.2.2 Aufgaben des Nutzers kennen und verstehen
Ein nutzerfreundliches Interface kann nur dann realisiert werden, wenn
die mit Hilfe des Systems zu verrichtende Aufgaben der Nutzer und das
ihnen zugrunde liegende konzeptionelle Modell bekannt sind und ver-
standen wird, welche Ziele daran gekoppelt sind.
25
Die Herausforderung
bei der Gestaltung eines Interfaces besteht somit darin, eine Kongruenz
zwischen Angebot und Nachfrage der System Funktionalitäten herbeizu-
führen. Eine große Anzahl von Problemen während der Nutzung eines
Interfaces tritt aufgrund der geringen Übereinstimmung zwischen beab-
sichtigten Aktionen seitens der Nutzer und Reaktionen des Systems auf.
26
N
ORMAN
beschreibt dieses Phänomen mit dem Action Cycle Model, be-
stehend aus Gulf of Execution und Gulf of Evaluation, welches im Fol-
genden vorgestellt wird.
27
Das Modell beschreibt, welche Stadien ein Nutzer durchläuft, wenn er
eine Aktion durchführen will, um einen bestimmten Zielzustand zu errei-
chen. Der Prozess der Durchführung und Bewertung einer Aktion glie-
dert sich in sieben Phasen von Nutzeraktivitäten:
28
· Zielbildung
· Handlungsabsicht formulieren
· Abfolge von Aktionen spezifizieren
· Abfolge von Aktionen durchführen
25
Vgl. Hackos, J., Redish, J. (1998), S.1.
26
Vgl. Faulkner, X. (2000), S. 60.
27
Vgl. im Folgenden Norman (1986), S. 41 ff.
28
N
ORMAN
selbst beschreibt sein Modell als ein approximatives Modell. Die einzelnen
Stadien müssen nicht zwangsläufig von allen Nutzern durchlaufen werden. Vgl.
hierzu Faulkner, X. (2000), S. 58.

· Systemzustand wahrnehmen
· Systemzustand interpretieren
· Systemzustand unter Berücksichtigung des Ziels und der Hand-
lungsabsicht bewerten
Abb. 1: Normans Action Cycle Model
29
Wie in Abb. 1 dargestellt, nimmt ein Nutzer zunächst den momentanen
Zustand wahr und interpretiert diesen. Ausgehend von dem vorgefunde-
nen Zustand können im Rahmen der Interpretation Ziele definiert wer-
den, die den gewünschten Endzustand beschreiben. Anschließend wird
aus den Zielen eine Handlungsabsicht abgeleitet, welche gedanklich in
eine Abfolge von Aktionen bzw. Teilaufgaben zerlegt wird. Diese Abfol-
ge von Aktionen wird in der Folge ausgeführt, wonach der neue Zustand
wahrgenommen, interpretiert und durch Vergleich mit dem definierten
Ziel beurteilt wird.
30
Eine Aktion bedeutet immer eine Interaktion mit dem Interface, daher
wird die Ausführung der Aktionen durch die zur Verfügung gestellten
Funktionalitäten determiniert.
31
Je größer der Fit zwischen den geplanten
29
Norman, Donald A. (1991), S. 20.
30
Vgl. Faulkner, X. (2000), S. 59.
31
Vgl. im Folgenden Elsom-Cook, M. (2001), S. 87.

Aktionen und der zur Verfügung gestellten Funktionalität, desto prob-
lemloser gestaltet sich die Interaktion zwischen Mensch und System.
E
LSOM
-C
OOK
veranschaulicht dies anhand des folgenden, hier leicht mo-
difizierten, Beispiels: Ziel eines Nutzers ist es eine Email an die Groß-
mutter zu schicken, um sich den Frust über die gestiegenen Fischpreise
von der Seele zu schreiben. Die Email möchte er mittels eines online
Kommunikations-Systems versenden. Das Interface dieses Systems bietet
jedoch keinen Button mit der Aufschrift: ,,Email an Großmutter verschi-
cken" an. Deshalb muss er verschiedene andere Buttons klicken, um das
Ziel zu erreichen, wie z.B. ,,Adresse eingeben", ,,Text eingeben" und
,,Absenden". Da er in das Feld Adresse ,,Oma" eingegeben hat, wird die
Email jedoch nicht verschickt und er ärgert sich, dass das System seiner
Meinung nach nicht funktioniert.
Die Zielerreichung ist somit abhängig von der Usability des Interfaces.
Um die Usability eines Interfaces zu maximieren, wird versucht die
Funktionalitäten des Interfaces auf die geplanten Aktionen des Nutzers
abzustimmen. Die Probleme die auftreten, wenn dieser Fit nicht gegeben
ist, werden durch den Gulf of Evaluation und den Gulf of Execution be-
schrieben. Der Gulf of Execution beschreibt die Divergenz zwischen den
Zielen und Vorhaben des Nutzers, welche psychologischer Natur sind,
und den physischen Funktionalitäten des Systems.
32
Er beschreibt die
Lücke zwischen dem, was der Nutzer machen will und dem, was er mit
den vorhandenen Funktionalitäten machen kann.
33
Der Gulf of Evaluati-
on beschreibt die Divergenz zwischen dem Systemzustand und dem vom
Nutzer angestrebten Zielzustand.
34
Er beschreibt die Lücke die auftritt,
wenn der Nutzer die gedachten Aktionen ausführt und das System nicht
die gewünschte Reaktion erbringt.
32
Vgl. Redmond-Pyle, D., Moore, A. (1995), S. 31.
33
Vgl. Faulkner, X. (2000), S. 60.
34
Vgl. Faulkner, X. (2000), S. 60.

Damit ein Nutzer effektiv mit einem System arbeiten kann, ist es gege-
benenfalls erforderlich, bestehende Gulfs zu überbrücken.
35
Abb. 2 stellt
potentielle Brücken dar.
Abb. 2: Die Überbrückung bestehender Gulfs
36
Durch eine Analyse der Phasen des Action Cycles können potentielle
Gulfs proaktiv erkannt werden und entsprechende Brücken seitens des
Interfaces angeboten werden, damit der Nutzer sein Ziel erreichen
kann.
37
3.2.3 Die Interaktion zwischen Nutzer und System
Eine zentrale Aufgabe der Gestaltung interaktiver Interfaces ist es, die
Interaktion zu vereinfachen.
38
Da die Qualität der Interaktion zwischen
Nutzer und System seitens der Nutzer durch individuelle Fähigkeiten und
Limitationen determiniert wird, sind bei der Gestaltung Kenntnisse der
physischen Aufnahme und Selektion potentieller Informationen sowie
Kenntnisse über grundlegende Strukturen und Vorgänge des menschli-
chen Gedächtnisses zu berücksichtigen.
35
Vgl. Redmond-Pyle, D., Moore, A. (1995), S. 31.
36
Redmond-Pyle, D., Moore, A. (1995), S. 31.
37
Vgl. Faulkner, X. (2000), S. 61.
38
Vgl. Preece, J., Rogers, Y., Sharp, H. (2002), S.7.

Während der Interaktion werden insbesondere die menschlichen Sinne
des Sehens und des Hörens
39
angesprochen, wobei der Sehsinn eine ent-
scheidende Rolle bei der Gestaltung eines nutzerfreundlichen Interfaces
einnimmt.
40
Die Verwendung von Grafiken und Farben im WWW stellt
ein wirkungsvolles Instrumentarium zur Gestaltung eines Interfaces da.
Die falsche Verwendung von Farben oder die alleinige Stützung auf Far-
ben zwecks Darstellung essentieller Informationen kann sich jedoch ge-
gebenenfalls negativ auf die Nutzbarkeit des Interfaces auswirken. So ist
bei der Verwendung von Farben zu beachten, dass diese subjektiv sind
und nie von zwei Personen identisch gesehen werden, dass verschiedene
Formen des beeinträchtigten Sehens sowie Farbenblindheit existieren und
mit steigendem Lebensalter die Sensitivität für die Farbe Blau sinkt, wo-
durch es schwieriger wird, blaue Texte zu lesen.
41
Physiologisch ungüns-
tige Farbkontraste, wie in Abb. 3 dargestellt, führen zudem zum Chro-
mostereopsis-Effekt
42
, der darauf zurückzuführen ist, dass sich bestimmte
Wellenlängen als störend oder unangenehm bemerkbar machen.
Abb. 3: Ungünstige Farbkontraste
Selbst wenn sämtliche Elemente eines Interfaces theoretisch erfassbar
sind, so werden doch einige nicht wahrgenommen. Unter Wahrnehmung
werden in der allgemeinen Psychologie die Prozesse der Informations-
39
Der Hörsinn wird im Folgenden nicht vertieft, da Sound momentan keine er-
folgskrtische Rolle in der Gestaltung eines web basierten Interfaces einnimmt. Vgl.
Pearrow, M. (2000), S. 106 f.
40
Vgl. im Folgenden Pearrow, M. (2000), S. 102 ff.
41
Ungeachtet dieser Kenntnis hat sich Blau als Farbe für Hyperlinks eingebürgert.
42
Eine Form von Kopfschmerzen. Der Einsatz von Farben in Text und Hintergrund
mit niedrigem Kontrast führt zu dem Problem, dass die Wellenlängen rot "näher" er-
scheinen lassen als blau.

verarbeitung verstanden.
43
Diese sind z. B. die Interpretation neuer In-
formationen mittels vorhandenem Wissen, sowie die Strukturierung und
Verdichtung von Informationen zu Sinneinheiten. Auf der Suche nach
Informationen wird ein Interface vom Nutzer gescannt
44
wobei ungewoll-
te Informationen selektiert und nicht weiterverarbeitet werden. So kann
z. B. die Verwendung eines animierten Buttons, mit dem Ziel Aufmerk-
samkeit zu erwecken, einen diametralen Effekt erzielen, sofern die Ani-
mationen unterbewusst mit unerwünschter Werbung assoziiert und der
Button sodann nicht wahrgenommen wird.
45
Die Wahrnehmung wird zudem durch die Anzahl der auf einer Seite dar-
gestellten Informationseinheiten determiniert. M
ILLER
stellt fest, dass die
meisten Menschen lediglich sieben, plus minus zwei, verschiedene In-
formationsbündel im Kurzzeitgedächtnis behalten können.
46
P
EARROW
warnt jedoch davor, die 7 +/-2 Regel als ein Dogma anzusehen, da bereits
die Definition einer Einheit von Informationen problematisch erscheint.
47
Die Technik des Chunking, der Präsentation des Inhalts in Informations-
einheiten, war in der kognitiven Psychologie bereits lange vor Entste-
hung des Internets bekannt, im Web bietet sie den Vorteil, dass die Nut-
zer Inhalte schneller lokalisieren und erfassen können.
48
Die Interaktion zwischen Interface und Nutzer wird zudem vereinfacht,
wenn vorhandene Gedächtnisstrukturen im Form Mentaler Modelle ge-
43
Vgl. im Folgenden Trommsdorff, V. (2002), S. 262.
44
Unter dem Begriff ,,scannen" wird in der Fachliteratur und im Kontext dieser Arbeit,
das Überfliegen von Inhalten zwecks schneller Suche von Informationen verstanden.
45
Ein Beispiel hierfür findet sich auf der Website der Fluggesellschaft Ryanair. Das
Buchungssystem ist erreichbar durch Klicken des Buttons: ,,Buchen", welcher in
Form einer Animation am rechten oberen Bildschirmrand platziert ist und bei mei-
nem ersten Besuch der Site meiner selektiven Wahrnehmung zum Opfer gefallen ist.
http://www.ryanair.com [20.09.03].
46
Vgl. Miller, G. A. (1956).
47
Vgl. Pearrow, M. (2000), S. 113.
48
Vgl. Lynch, P., Horton, S. (1999), S. 24.

nutzt werden. Mentale Modelle
49
sind unvollständige, instabile, unwis-
senschaftliche, sparsame, relativ konkrete und fiktive Abbilder der Reali-
tät, die einen holistischen Charakter aufweisen und zum Teil von logi-
schen Fehlern geprägt sind.
50
N
IELSEN
stellt fest, dass ein neuer Nutzer
durch den Besuch zahlreicher anderer Interface bereits ein Mentales Mo-
dell davon generiert hat, wie ein Interface funktioniert.
51
N
ORMAN
ver-
mutet, dass Menschen von allem mit dem sie interagieren, unbewusst und
automatisch Mentale Modelle bilden, sei dies nun im Zusammenhang mit
Menschen, Geräten oder Interfaces. Diese Modelle liefern somit eine
prophetische und beschreibende Macht für das Verständnis einer Interak-
tion.
52
Im Human-Computer Interaction (HCI)
53
Kontext entstehen Men-
tale Modelle aus der Interaktion des Nutzers mit dem vom Designer ent-
wickelten Interface.
54
Abb. 4 stellt diesen Zusammenhang dar.
Abb. 4: Entstehung mentaler Modelle im HCI Kontext
55
49
Zum allgemeinen Modellbegriff vgl. ausführlich vom Brocke, J. (2003), S. 9 ff.
50
Vgl. Schaumburg, H. (2002).
51
Vgl. Nielsen, J., Tahir, M. (2002).
52
Vgl. Norman, D. (1986), S. 46.
53
Human Computer Interaction (HCI) ist ein expansives Forschungsfeld, welches das
Design, die Implementierung, sowie die Evaluation interaktiver Systeme unter Be-
rücksichtigung der Arbeit und der Aufgaben des Nutzers umfasst. Vgl. Dix, A., Fin-
lay, J., Abowd, G., Beale, R. (1993), S. 3.
54
Vgl. Norman, D. (1988), S. 46.
55
Norman, D. (1988), S. 46.

Eine Sitemap, wie exemplarisch in Abb. 5 dargestellt, kann die Modell-
bildung des Nutzers durch Aufdecken der Struktur der Site
56
unterstützen
und somit die Interaktion vereinfachen.
Abb. 5: Sitemap des ICCP
57
Eine weitere Möglichkeit die Interaktion zu vereinfachen, besteht darin,
Interface Funktionalitäten, Prozesse und Konzepte zu gestalten, welche
vorhandene Modelle der Nutzer berücksichtigen, z. B. bei der Gestaltung
des Interfaces eines LMS die Metaphern und Analogien
58
eines Desktops
zu verwenden.
59
Die Verwendung bekannter Elemente um neue Hand-
lungen zu vermitteln, erleichtert insbesondere Neulingen das Erlernen
eines Interfaces, allerdings ist zu bedenken, dass die Verwendung von
Metaphern und Analogien gegebenenfalls verhindert, dass weitergehende
56
Zum Begriff der Site vgl. Kapitel 3.2 dieser Arbeit.
57
Site Map des Institute for Certification of Computing Professionals (ICCP), im
WWW unter http://www.iccp.org/iccpnew/sitemap.html [12.09.03].
58
Bekannte Beispiele sind die Verwendung des Warenkorb-Symbols zur Repräsentati-
on der Funktion, den virtuellen Warenkorb einzusehen, die Verwendung eines Fra-
gezeichens zur Repräsentation der Hilfe Funktion, sowie die Darstellung eines Pa-
pierkorbs um die Funktion des Löschens zu visualisieren.
59
Vgl. Carroll, J., Mack, R., Kellogg, W. (1988), S. 67.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832478964
ISBN (Paperback)
9783838678962
DOI
10.3239/9783832478964
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (April)
Note
1,3
Schlagworte
usability webdesign interface
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Titel: Empirische Analyse der Nutzerfreundlichkeit von Learning Management-Systemen
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