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Auswirkungen des europäischen Emissionshandelssystems auf den Kraftwerkseinsatz in Deutschland

©2004 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die für 2005 geplante Einführung eines CO2-Emissionshandelssystems in den Mitgliedsstaaten der EU wird maßgeblichen Einfluss auf die variablen Kosten der Stromerzeugung in Deutschland haben. Je nach Anlagenwirkungsgrad und Art des eingesetzten Brennstoffes werden die Auswirkungen für die einzelnen Kraftwerke jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Dadurch wird sich die von den variablen Kosten abhängige Einsatzreihenfolge der Kraftwerke (Merit Order) verändern.
In dieser Arbeit werden anhand eines Kraftwerkseinsatz-Modells die zu erwartenden Veränderungen in der Merit Order untersucht. Die sich daraus ergebenen Stromerzeugungsstrukturen werden in Abhängigkeit von CO2-Zertifikatepreisen zwischen 0 und 40 Euro/t CO2 berechnet. Darüber hinaus wird betrachtet, in welchem Ausmaß die Energieversorgungsunternehmen von der Einführung des Emissionshandels betroffen sind. Die Berechnungen zeigen, dass mit steigenden Zertifikatepreisen zunehmend Braunkohlekraftwerke aus der Grundlast verdrängt und von Steinkohle- und GuD-Kraftwerken ersetzt werden. Ihr Anteil an der Erzeugung von Grundlaststrom geht von rund 34% auf bis zu 15% zurück.
In der Mittellast steigen die Erzeugungsanteile von konventionellen Gaskraftwerken und Gasturbinen. Die kraftwerksbedingten CO2-Emissionen sinken aufgrund des verstärkten Einsatzes kohlenstoffärmerer Brennstoffe bei Zertifikatepreisen von 5-40 Euro/t CO2 um 4-9% ab. Auf die Energieversorgungsunternehmen wirkt sich die Einführung des Emissionshandels unterschiedlich aus. EON und EnBW können die Stromerzeugung um 5-8%, die kleineren Stromerzeuger um bis zu 19% steigern. Vor allem RWE hat Rückgänge in der Stromerzeugung um bis zu 17% zu verzeichnen. Bei Vattenfall sinkt die erzeugte Strommenge erst ab Zertifikatepreisen von 20 Euro/t CO2 moderat um 2-5%.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
2.Emissionshandel3
2.1Das europäische Emissionshandelssystem3
2.2Prinzip des Emissionshandels4
2.3Auswirkungen des Emissionshandels auf die Energiewirtschaft5
2.4Abschätzung der künftigen Zertifikatepreise8
3.Modell des Kraftwerkseinsatzes in Deutschland9
3.1Kraftwerkspark10
3.2Darstellung des Lastverlaufes11
3.3Einteilung der Lastbereiche14
3.4Reserveleistung17
3.5Verfügbarkeit der Kraftwerke19
3.6Wirkungsgrade21
3.6.1Entwicklung der Kraftwerks-Wirkungsgrade21
3.6.2Wirkungsgrad-Berechnung23
3.7Regenerative Stromerzeugung27
3.8Kosten der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7894
Schröter, Jochen: Auswirkungen des europäischen Emissionshandelssystems auf den
Kraftwerkseinsatz in Deutschland
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: TU Berlin/Universidad Austral de Chile, Technische Universität, Diplomarbeit,
2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Kurzfassung
I
Kurzfassung
Die für 2005 geplante Einführung eines CO
2
-Emissionshandelssystems in den
Mitgliedsstaaten der EU wird maßgeblichen Einfluß auf die variablen Kosten der
Stromerzeugung in Deutschland haben. Je nach Anlagenwirkungsgrad und Art des
eingesetzten Brennstoffes werden die Auswirkungen für die einzelnen Kraftwerke
jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Dadurch wird sich die von den variablen
Kosten abhängige Einsatzreihenfolge der Kraftwerke (Merit Order) verändern.
In dieser Arbeit werden anhand eines Kraftwerkseinsatz-Modells die zu erwartenden
Veränderungen in der Merit Order untersucht. Die sich daraus ergebenen
Stromerzeugungsstrukturen werden in Abhängigkeit von CO
2
-Zertifikatepreisen
zwischen 0 und 40 /t CO
2
berechnet. Darüber hinaus wird betrachtet, in welchem
Ausmaß die Energieversorgungsunternehmen von der Einführung des
Emissionshandels betroffen sind.
Die Berechnungen zeigen, dass mit steigenden Zertifikatepreisen zunehmend
Braunkohlekraftwerke aus der Grundlast verdrängt und von Steinkohle- und GuD-
Kraftwerken ersetzt werden. Ihr Anteil an der Erzeugung von Grundlaststrom geht
von rund 34% auf bis zu 15% zurück. In der Mittellast steigen die Erzeugungsanteile
von konventionellen Gaskraftwerken und Gasturbinen. Die kraftwerksbedingten CO
2
-
Emissionen sinken aufgrund des verstärkten Einsatzes kohlenstoffärmerer Brennstoffe
bei Zertifikatepreisen von 5-40 /t CO
2
um 4-9% ab. Auf die
Energieversorgungsunternehmen wirkt sich die Einführung des Emissionshandels
unterschiedlich aus. EON und EnBW können die Stromerzeugung um 5-8%, die
kleineren Stromerzeuger um bis zu 19% steigern. Vor allem RWE hat Rückgänge in
der Stromerzeugung um bis zu 17% zu verzeichnen. Bei Vattenfall sinkt die erzeugte
Strommenge erst ab Zertifikatepreisen von 20 /t CO
2
moderat um 2-5%.

Abstract
II
Abstract
Effects of the European Emissions Trading Scheme in Reference to the Generation
Scheduling of Power Plants in Germany
The CO
2
Emissions Trading Scheme which will come into effect in 2005 for member
states of the EU will significantly effect the variable costs of power generating in
Germany. For each power station the implications will differ considerably depending
on the efficiency factor and the used kind of fuel. As a result the merit order, which is
determined by the variable costs of the power stations and sets the order of power
station utilisation, will change.
This analysis takes a look at the changes in the merit order that will result from the
introduction of emissions trading using a modell of generation scheduling of power
plants. The resulting changes in the generation structure are calculated on the basis of
CO
2
emission allowance prices ranging from 0 to 40 /t CO
2
. Moreover, to what
extent the German energy supply companies will be affected by the emissions trading
will be discussed.
The results of this analysis show that, in relation to increasing prices for emission
allowances, in the base load the lignite fired power plants are increasingly replaced by
coal and gas fired power plants. The proportion of base load generating by lignite
fired power plants decreases from about 34% down to 15%. In the mid load the
generating by gas fired power plants and gas turbines grows. The amount of CO
2
emissions from electricity production decreases due to the increased use of power
plants with a lower CO
2
emission rate between 4% and 9% for emission allowance
prices from 5 - 40 /t CO
2
.
The emissions trading has different effects on the energy supply companies. The
electricity production of EON and EnBW increases between 5% and 8%, while it
increases up to 19 % for the smaller energy suppliers. RWE shows an especially high
decrease of 17% in electricity production. While, Vattenfall only encounters a
moderate decline - between 2% and 5% - in production amount in case of higher
emission allowance prices.

Inhaltsverzeichnis
III
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung ... 1
2.
Emissionshandel ... 3
2.1
Das europäische Emissionshandelssystem ... 3
2.2
Prinzip des Emissionshandels ... 4
2.3
Auswirkungen des Emissionshandels auf die Energiewirtschaft... 5
2.4
Abschätzung der künftigen Zertifikatepreise... 8
3
Modell des Kraftwerkseinsatzes in Deutschland ... 9
3.1
Kraftwerkspark... 10
3.2
Darstellung des Lastverlaufes ... 11
3.3
Einteilung der Lastbereiche ... 14
3.4
Reserveleistung ... 17
3.5
Verfügbarkeit der Kraftwerke... 19
3.6
Wirkungsgrade ... 21
3.6.1
Entwicklung der Kraftwerks-Wirkungsgrade... 21
3.6.2
Wirkungsgrad-Berechnung ... 23
3.7
Regenerative Stromerzeugung ... 27
3.8
Kosten der Stromerzeugung... 30
3.9
Brennstoffpreise ... 32
3.9.1
Steinkohle ... 32
3.9.2
Erdgas... 33
3.9.3
Heizöl ... 34
3.9.4
Braunkohle ... 34
3.9.5
Kernbrennstoffe ... 35
3.10
Anfahrkosten... 36
3.11
Brennstoffwechsel... 39

Inhaltsverzeichnis
IV
4
Berechnungen... 42
4.1
Berechnung der Lastbereiche... 42
4.2
Berechungen bei der Datenbankabfrage... 45
4.3
Berechnung des Kraftwerkseinsatzes... 47
4.3.1
Kraftwerkseinsatz nach Variante A ... 47
4.3.2
Kraftwerkseinsatz nach Variante B ... 49
4.4
Stromerzeugungsstruktur... 51
4.5
Berechnung der CO
2
-Emissionen ... 52
4.6
Stromerzeugungsanteile der Energieversorger ... 53
5
Ergebnisse... 54
5.1
Veränderung der Merit Order ... 54
5.2
Auswirkungen des Emissionshandels auf die Stromerzeugungsstruktur ... 58
5.2.1
Stromerzeugungsstruktur vor Einführung des Emissionshandels ... 59
5.2.2
Kraftwerkseinsatz nach Variante A ... 60
5.2.3
Kraftwerkseinsatz nach Variante B ... 63
5.2.4
Vergleich des Kraftwerkseinsatzes nach Variante A und B... 65
5.3
CO
2
­Emissionen... 67
5.4
Stromerzeugungsanteile der Energieversorger ... 68
6
Zusammenfassung ... 73
7
Ausblick ... 75
8
Literaturverzeichnis ... 77
9
Anhang... 82
Anhang A: Lastdaten ... 82
Anhang B: Ergebnisse der Kraftwerkseinsatz-Variante A... 86
Anhang C: Ergebnisse der Kraftwerkseinsatz-Variante B... 91
Anhang D: Erzeugungsanteile der Energieversorger... 93

Abbildungsverzeichnis
V
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Anteile der Stromerzeugungskosten... 6
Abb. 2: Merit Order ... 7
Abb. 3: Struktur des Kraftwerkparks der öffentlichen Stromerzeugung ... 10
Abb. 4: Jahreslastdauerlinie und Jahreslastgang... .................................................. 12
Abb. 5: Einteilung der Lastbereiche und Wochenlastverlauf... ................................ 14
Abb. 6: Entwicklung der Wirkungsgrade von Kraftwerken seit 1950 ... 26
Abb. 7: Entwicklung der Brennstoffpreise für Kraftwerke bis 2005 ... 36
Abb. 8: Zunahme der variablen Kosten bei Anstieg der Zertifikatepreise ... 55
Abb. 9: Variable Kosten bei Zertifikatepreisen von 0-40 /t CO
2
... 56
Abb. 10: Merit Order bei Zertifikatepreisen von 0-40 / t CO
2
... 57
Abb. 11: Lastbereiche an Werktagen und Wochenenden... 60
Abb. 12: Erzeugungsmix der Grundlast (Variante A) ... 61
Abb. 13: Erzeugungsmix der Mittellast (Variante A) ... 62
Abb. 14: Erzeugungsmix der Mittellast (Variante B)... 64
Abb. 15: Erzeugungsmix der Grundlast (Variante B) ... 65
Abb. 16: Vergleich von Kraftwerkseinsatz-Variante A und B ... 66
Abb. 17: Rückgang der kraftwerksbedingten CO
2
-Emissionen 2005 ... 67
Abb. 18: Kraftwerkskapazitäten großer Energieversorgungsunternehmen ... 69
Abb. 19: Erzeugungsanteile der EVU an der Grundlast ... 70
Abb. 20: Erzeugungsanteile der EVU an der Mittellast ... 71
Abb. 21: Veränderung der erzeugten Strommengen nach EVU ... 72

Tabellenverzeichnis
VI
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Erwartete Zertifikatepreise... 8
Tab. 2: Häufigkeit der sechs charakteristischen Tageslastverläufe 2005 ... 13
Tab. 3: Saisonale Verfügbarkeit von Kraftwerken in der EU (1990er Jahre)... 20
Tab. 4: Regenerative Stromerzeugung 2002 und 2005... 29
Tab. 5: Betriebsmittelkosten und spezifische CO
2
-Emissionskoeffizenten... 31
Tab. 6: Brennstoffpreise für Kraftwerke 2005 ... 35
Tab. 7: Anfahrzeiten verschiedener Kraftwerkstypen ... 39
Tab. 8: Zertifikatepreise für wirtschaftlichen Brennstoffwechsel... 41
Tab. 9: Lastbereiche (MW) 2002 ... 44
Tab. 10: Normierte Lastbereiche inkl. Reserveleistung ohne Leistungsbänder
erneuerbarer Energien und Pumpspeicherkraftwerken (MW)... 45
Tab. 11: Ausschnitt aus Abfrageformular der Kraftwerksdatenbank... 46
Tab. 12: Stromerzeugungsanteile (MW) der Mittellast (Winter-Wochenende) ... 51
Tab. 13: CO
2
-Emissionen Mittellast-Wochenende (t/d)... 52
Tab. 14: Kraftwerkskapazitäten (MW) der EVU in der Grundlast (Wochenende)... 53
Tab. 15: Verlauf der Grenzkosten bei Zertifikatepreisen von 0 und 40 /t CO
2
... 58

Abkürzungsverzeichnis
VII
Abkürzungsverzeichnis
BAFA
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
D
Deutschland
EVU
Energieversorgungsunternehmen
EnBW
Energie Baden-Württemberg AG
EON E.ON
AG
EU
Europäische Union
GuD-Kraftwerk
Kraftwerk mit kombiniertem Gas- und Dampfturbinenprozeß
IGBCE
Industrie-Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie
NRW
Nordrhein-Westfalen
RWE
RWE Rower AG
RWI
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung
UCTE
Union for the Coordination of Transmission of Electricity,
Vereinigung der europäischen Netzbetreiber
Vattenfall
Vattenfall Europe AG
VDN
Verband der Netzbetreiber in Deutschland e. V. im VDEW
VDEW
Verband der Elektrizitätswirtschaft e. V.
Formelzeichen
AK
Anfahrkosten (/MWh)
BK
Brennstoffkosten (/MWh)
BMK
Betriebsmittelkosten (/MWh)
CO
2
Kohlenstoffdioxid
CO
2
­Em.
Spezifische CO
2
-Emissionen (kg / GJ)
CO
2
K
Kosten für Emissionszertifikate (/MWh)
CH
4
Methan
d
Tag
Euro
GW
Gigawatt
(1 GW = 1000 MW)

Abkürzungsverzeichnis
VIII
h
Stunde
KF
Brenn
Kostenfaktor für erhöhten Brennstoffbedarf (-)
KF
Verschleiss
Kostenfaktor für erhöhten Anlagenverschleiß (-)
MW
Megawatt
N
2
O
Lachgas
O & M
Operation and Maintenance: Betrieb und Wartung
PEK
Primärenergiekosten (/MWh)
SK
Steinkohle
t
Tonne = 1000 kg
t
inb
Jahr der Inbetriebnahme
t
ref
Referenzjahr
VK
Variable Kosten (/MWh)
Griechische Buchstaben
Normierungsfaktor der Lastbereiche
Typfaktor für Kohlekraftwerke
Differenz
Elektrischer Netto-Wirkungsgrad
(-)
Startfaktor für Kalt-, Warm- und Heißstarts
Indizes
i
Kraftwerksblock
j
Jahreszeit
k
Kraftwerkstyp
r
Regenerativer Energieträger
l
Lastbereich

1. Einleitung
1
1. Einleitung
In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wird zum 01. Januar 2005 ein
Handelssystem für CO
2
-Emissionszertifikate eingeführt, um die von der EU im
Rahmen des Kyoto-Protokolls zugesagten Klimagasreduktionen zu erfüllen. In
Deutschland sind davon rund 4000 Anlagen energieintensiver Industriezweige mit
einer Feuerungswärmeleistung 20 MW betroffen.
Auf die Elektrizitätswirtschaft kommen mit dem Emissionshandel weitreichende
Veränderungen zu, da dieser die variablen Kosten der Stromerzeugung maßgeblich
beeinflussen wird. Gegenwärtig werden die variablen Kosten vor allem durch die
Brennstoffkosten bestimmt. Mit der Einführung des Emissionshandels erhöhen sich
die variablen Kosten jedoch um den Faktor CO
2
-Emissionen, dessen Höhe von den
spezifischen CO
2
-Emissionen der einzelnen Kraftwerke und dem Preisniveau für CO
2
-
Zertifikate abhängt. Da die spezifischen CO
2
-Emissionen der einzelnen Kraftwerke je
nach Anlagenwirkungsgrad und Art des eingesetzten Brennstoffes sehr verschieden
sind, werden die Zertifikatekosten entsprechend unterschiedlich ausfallen. Dies hat
erhebliche Auswirkungen auf den Einsatz der Kraftwerke, die in Abhängigkeit der
ansteigenden variablen Kosten nach der so genannten Merit Order eingesetzt werden.
Zielsetzung der Diplomarbeit
Ziel dieser Arbeit ist eine Abschätzung der Auswirkungen des europäischen
Emissionshandelssystems auf den Kraftwerkseinsatz in Deutschland. Dazu wird der
Anstieg der variablen Kosten der einzelnen Kraftwerke in Abhängigkeit von
Zertifikatepreisen zwischen 0 und 40 /t CO
2
bestimmt. Die sich daraus ergebenden
Veränderungen für den Kraftwerkseinsatz werden anhand des Verlaufs der Merit
Order untersucht. Für verschiedene Zertifikatepreise werden die
Stromerzeugungsanteile der Kraftwerkstypen in der Grund-, Mittel- und Spitzenlast
berechnet. Die durch die Stromerzeugung verursachten CO
2
-Emissionen werden für
die verschiedenen Kraftwerkseinsatz-Varianten bestimmt. Darüber hinaus wird
betrachtet in welchem Ausmaß die großen Energieversorger von der Einführung des
Emissionshandels betroffen sind, da sich die Anteile der verschiedenen

1. Einleitung
2
Kraftwerkstypen an deren Erzeugungskapazitäten deutlich unterscheiden. Die
Berechnungen werden unter Verwendung eines Modells durchgeführt, in dem die
wesentlichen Einflußfaktoren des Kraftwerkseinsatzes berücksichtigt werden. Dieses
Modell basiert auf einer Kraftwerksdatenbank, in der die rund 600 Kraftwerksblöcke
der öffentlichen Stromerzeugung in Deutschland enthalten sind.
Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel. Zunächst wird in Kapitel 2 ein kurzer
Überlick über die Rahmenbedingungen des europäischen Emissionshandelssystems
und das Grundprinzip des Emissionshandels gegeben. Dabei wird auch auf die
Bedeutung des Emissionshandels für die Stromerzeugung und auf das zu erwartende
Preisniveau für Zertifikate eingegangen. In Kapitel 3 wird ausführlich das
Kraftwerkseinsatzmodell erläutert, auf dessen Basis die Berechnungen dieser Arbeit
durchgeführt wurden. Nach der Darstellung des Modell-Kraftwerksparks (Kap. 3.1)
wird in Kap. 3.2 die Modellierung des jährlichen Lastverlaufs erläutert. Im darauf
folgenden Abschnitt wird die Gesamtlast auf die einzelnen Lastbereiche aufgeteilt
(Kap. 3.3). Außerdem werden in den Berechnungen Reserveleistungen und die
Verfügbarkeit von Kraftwerken berücksichtigt (Kap. 3.4 und Kap. 3.5). Auf die
Berechnung der variablen Kosten und ihrer einzelnen Bestandteile wird in den
Kapiteln 3.8 bis 3.10 eingegangen. In Kapitel 4 werden die Berechnungen dieser
Arbeit beschrieben, u. a. die Berechnungsschritte zur Bestimmung der Merit Order
und der Stromerzeugungsstrukturen in den verschiedenen Lastbereichen. Auf die
Ergebnisse dieser Berechnungen wird im fünften Kapitel (5) eingegangen. Darin
werden zunächst die Auswirkungen des Emissionshandels auf die variablen Kosten
der verschiedenen Kraftwerkstypen und den Verlauf der Merit Order erläutert (5.1).
Anschließend werden die Veränderungen der Stromerzeugungsstruktur und die
kraftwerksbedingten CO
2
-Emissionen betrachtet (5.2 und 5.3). Die Auswirkungen des
veränderten Kraftwerkseinsatzes auf die Energieversorger werden in Kapitel 5.4
dargestellt. Abschließend wird die gesamte Arbeit zusammengefaßt (Kap. 6). Im
Ausblick werden einige über diese Untersuchung hinaus gehende Überlegungen zum
Thema Emissionshandel und Kraftwerkseinsatz skizziert (Kap. 7).

2. Emissionshandel
3
2. Emissionshandel
In diesem Kapitel werden verschiedene Aspekte des europäischen
Emissionshandelssystems betrachtet. Nach einer Darstellung der allgemeinen
Rahmenbedingungen des Handelssystems, wird in Kapitel 2.2 auf das Grundprinzip
des Emissionshandels eingegangen. Anschließend werden die Auswirkungen auf die
Energiewirtschaft erläutert. In Kapitel 2.4 werden die Zertifikatepreise abgeschätzt,
die den Berechnungen dieser Arbeit zugrunde liegen.
2.1 Das europäische Emissionshandelssystem
Zum 1. Januar 2005 wird in der Europäischen Union ein Handelssystem für CO
2
-
Emissionszertifikate eingeführt, um die im Rahmen des Klimaschutzprotokolls von
Kyoto zugesagten Emissionsreduktionen zu erreichen. Diese beinhalten die
Absenkung des Ausstoßes sechs klimarelevanter Gase (vor allem CO
2
, CH
4
und N
2
O)
um 8% bis 2012 bezogen auf das Emissionsniveau von 1990. Innerhalb der EU haben
sich deren Mitgliedsstaaten auf eine Lastenverteilung (burden sharing) geeinigt, nach
der Deutschland verpflichtet ist, seine Klimagasemissionen bis 2012 um 21% zu
verringern [1, S. 3]. Davon wurden bis 2002 rund 18,3% erreicht [2, S. 3].
Von der im Sommer 2003 vom EU-Ministerrat verabschiedeten Emissionshandels-
Richtlinie sind in Deutschland rund 4000 Anlagen energieintensiver
Wirtschaftszweige mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 20 MW betroffen.
Damit werden die CO
2
-Emissionen im Bereich der Energiewirtschaft zu rund 98%
und die der deutschen Industrie insgesamt zu rund 60% erfaßt [3, S. 2]. Der
Emissionshandel ist zunächst für zwei Handelsperioden vorgesehen (2005-2007 und
2008-2012), wobei die erste Periode als Einführungsphase und die Zweite als
endgültige Handelsphase gedacht sind. Die Gesamtmenge der Zertifikate und deren
Verteilung auf die einzelnen Anlagen wird in so genannten nationalen
Allokationsplänen geregelt. In Deutschland werden die Zertifikate bis 2012 kostenlos
an die betroffenen Unternehmen verteilt (Allokationsmethode: Grandfathering) [4, S.
11]. Die Menge an Zertifikaten, die an die Betreiber der betroffenen Anlagen

2. Emissionshandel
4
ausgegeben wird, orientiert sich an den jeweils im Zeitraum 2000-2002 ausgestoßenen
CO
2
-Mengen. Dabei gestaltet es sich sehr schwierig, eine von allen beteiligten
Unternehmen und Branchen akzeptierte Aufteilung zu finden. Da die Gesamtmenge
der Zertifikate entsprechend der deutschen Klimaschutzverpflichtungen feststeht,
bedeutet die Zuteilung von mehr Zertifikaten an einen Handelsteilnehmer automatisch
eine Minderausstattung der Anderen [1, S. 18]. Überschreiten die Emissionen eines
Unternehmens die Menge der gehaltenen Zertifikate, so sind für die fehlenden
Emissionsberechtigungen Strafgebühren in Höhe von 40 /tCO
2
in der ersten
Handelsperiode und von 100 /tCO
2
in der zweiten Handelperiode zu zahlen.
Darüber hinaus sind die fehlenden Zertifikate zu beschaffen [5, S. 7]
2.2 Prinzip des Emissionshandels
Die Grundidee des Handels mit Emissionszertifikaten besteht darin, dass es für den
Klimaschutz unerheblich ist, wo Emissionen abgebaut werden. Entscheidend ist
jedoch, dass sie abgebaut werden. Um also Klimaschutz möglichst effizient zu
betreiben, sollten Emissionen dort reduziert werden, wo es am kostengünstigsten
möglich ist [3, S. 1].
Dafür werden an die CO
2
-emittierenden Unternehmen handelbare Zertifikate
ausgegeben, die zum Ausstoß einer bestimmten Menge CO
2
berechtigen. Die
ausgegebene Gesamtmenge an Zertifikaten ist jedoch, entsprechend dem zu
erreichenden Klimaschutzziel begrenzt und wird damit geringer sein, als für die
aktuelle Emissionsmenge benötigt werden würde. Jedes Unternehmen kann nun
abwägen, ob es sich bei den betriebsinternen CO
2
-Vermeidungskosten lohnt, die
eigenen Emissionen zu reduzieren, um mit den erhaltenen Zertifikaten auszukommen
oder sogar überschüssige Zertifikate verkaufen zu können. Oder ob es kostengünstiger
ist, von anderen Unternehmen Zertifikate zuzukaufen, um die erforderliche Menge an
Emissionszertifikaten zu erhalten. Ausschlaggebend für das Zustandekommen eines
Zertifikatehandels zwischen zwei Unternehmen ist eine Differenz der jeweiligen
Emissionsvermeidungskosten, die so genannte Arbitrage [6, S. 106].

2. Emissionshandel
5
2.3 Auswirkungen des Emissionshandels auf die
Energiewirtschaft
Die Einführung des Emissionshandels ist für die Energiewirtschaft von großer
Bedeutung. Für [7, S. 10] steht hinter dem Begriff Emissionshandel der seit langem
wohl weitreichendste Eingriff des Staates in die Energiewirtschaft, der die deutsche
Volkswirtschaft mit bis zu 50 Mrd. belasten wird. Dagegen wird von Seiten des
Bundesumweltministeriums die Effizienz dieses Klimaschutzinstruments
hervorgehoben. Danach lassen sich die Klimaschutzziele der EU mit dem
Emissionshandel in der Energiewirtschaft zu 33% günstiger erreichen, als mit dem
Einsatz von Ordnungsrecht oder Steuern und Abgaben [4, S. 21]. Insgesamt könnten
so knapp 1,1 Mrd. eingespart werden.
Auf die Stromerzeugung kommen mit der Einführung des Emissionshandels
grundlegende Veränderungen zu, da dadurch CO
2
-Emissionen ein Preis zugewiesen
wird. Für Kraftwerksbetreiber entsteht so ein neuer produktionsabhängiger
Kostenfaktor, da beim Betrieb der meisten Kraftwerke CO
2
freigesetzt wird. Die
variablen Kosten eines Kraftwerks, die das wesentliche Kriterium für den
Kraftwerkseinsatz darstellen, erhöhen sich um den Faktor CO
2
-Zertifikate.
Gegenwärtig bilden die Brennstoffkosten den mit Abstand größten Bestandteil der
variablen Kosten. In Abb. 1 sind die Anteile der Stromerzeugungskosten eines
Kraftwerks und die Auswirkungen des Emissionshandels auf die Strompreise
dargestellt. Die abgebildeten Größenverhältnisse der Kostenanteile beziehen sich
dabei auf ein Steinkohlekraftwerk mit 6000 Betriebsstunden/Jahr und
Zertifikatepreise von 30 /tCO
2
. [7, S. 11]. Anhand der Abbildung wird deutlich, dass
ein Kraftwerk nur dann von seinem Betreiber angefahren wird um Strom zu
produzieren, wenn die erzielbaren Strompreise zumindest die variablen Kosten
abdecken. Da diese sich nach der Einführung des Emissionshandels um die Kosten für
CO
2
-Zertifikate erhöhen, werden die Strompreise künftig entsprechend der
Zertifikatepreise ansteigen. Zu den Kosten für CO
2
-Zertifikate ist zu bemerken, dass
es sich dabei für die vom Staat kostenlos ausgegebenen Zertifikaten (siehe Kap.2.1)
um kalkulatorische Kosten handelt. Für diese Zertifikate fallen für einen
Kraftwerksbetreiber nicht direkt Kosten an, wie dies z. B. für Brennstoffe der Fall
ist. Bei Zertifikaten, die ein Unternehmen über die ihm vom Staat zugeteilte Menge

2. Emissionshandel
6
hinaus benötigt, fallen jedoch unmittelbar Kosten im Sinne der Kosten- und
Leistungsrechnung an. Für den Kraftwerkseinsatz ist diese Unterscheidung der
Zertifikatekosten jedoch nicht relevant. Entscheidend ist der Preis, der für zu
handelnde Zertifikate erzielbar ist.
Für die Stromerzeugungskosten (Abb. 1) gilt unabhängig vom Emissionshandel, dass
langfristig die Strompreise auch die fixen Kostenanteile der Stromerzeugung wie die
Investitionskosten oder Betriebs- und Wartungskosten (= O & M: Operation and
Maintenance) abdecken müssen.
0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
Stromerzeugungskosten (/ MWh)
Brennstoff
+ andere
var. Kosten
CO
2
-
Zertifikat
O & M
+ Investition
Wenn der
Preis nicht
mindestens
das hergibt,
wird nicht
produziert
Wenn der
Preis nicht
mindestens
das hergibt,
wird nicht
produziert
Das muß
langfristig
verdient
werden
Das muß
langfristig
verdient
werden
bisher
ab 2005
Abb. 1: Zusammensetzung der Stromerzeugungskosten
nach: [7, S. 11]
Mit dem Emissionshandel werden sich die Strompreise also deutlich erhöhen. In [7, S.
14] wird dazu eine ,,Faustregel" genannt, nach der ein Zertifikatepreis von 1 / t CO
2
einen Anstieg des Strompreises um 1 /MWh bedeutet. Auch [8, S. 6] geht davon
aus, dass die Stromerzeuger die Opportunitätskosten für Emmissionzertifikate
zumindest im Spotmarkt gänzlich in den Strompreis einfließen lassen werden. Damit
würden in der Energiewirtschaft die vom Staat kostenlos ausgegeben Zertifikate
unmittelbar gewinnerhöhend wirken. Als Opportunitätskosten werden Kosten
verstanden, die dadurch entstehen, dass Möglichkeiten zur maximalen Nutzung von
Ressourcen nicht wahrgenommen wurden. Sie stellen ein ökonomisches Konstrukt
zur Quantifizierung entgangener Chancen dar [9, S.1].

2. Emissionshandel
7
In dieser Untersuchung werden die Auswirkungen des Emissionshandels auf den
Einsatz eines ganzen Kraftwerksparks betrachtet. Dabei ist entscheidend, dass die
variablen Kosten der verschiedenen Kraftwerkstypen unterschiedlich stark ansteigen
werden, da je nach eingesetztem Brennstoff unterschiedlich viel CO
2
freigesetzt wird.
Die Kraftwerke werden in der Reihenfolge der ansteigenden variablen Kosten
eingesetzt. Diese sogenannte Merit Order ist gegenwärtig klar nach Kraftwerkstypen
gegliedert (Abb. 2). Nach den Regenerativen, KWK-Anlagen und Kernkraftwerken,
werden Braunkohlekraftwerke eingesetzt. Bei höherer Stromnachfrage kommen
zunächst die Steinkohlekraftwerke zu Einsatz, später GuD-Anlagen und
konventionelle Gas- und Ölkraftwerke.
Mit der Einführung des Emissionshandels wird sich der Verlauf der Merit Order
verändern. Die variablen Kosten der Braunkohlekraftwerke werden am deutlichsten
ansteigen, die der Steinkohlekraftwerke etwas weniger stark. Bei den GuD-
Kraftwerken wird der Kostenzuwachs am geringsten sein. In der Einsatzreihenfolge
werden die Braunkohlekraftwerke also etwas zurückfallen, die Steinkohlekraftwerke
endsprechend etwas vorrücken. Der Unterschied der variablen Kosten von Kohle- und
GuD-Kraftwerken wird abnehmen. In welchem Ausmaß diese Veränderungen
eintreten werden hängt vom Preisniveau der Zertifikate ab (Kap. 2.4).
0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
Kumulierte Kapazität (GW)
Grenzkosten (/ MWh)
Braunkohle
Kernenergie
Wasser
Wind
KWK
Steinkohle
Gas-GuD
Gas/ Öl
Abb. 2: Merit Order

2. Emissionshandel
8
2.4 Abschätzung der künftigen Zertifikatepreise
Über die zu erwartenden Preise für CO
2
-Zertifikate gehen die Meinungen weit
auseinander (siehe Tab. 1). Die EU-Kommission und das Wuppertal Institut gehen
von 10-20 /tCO
2
aus [10, S. 26]. In [4, S. 23] werden die maximalen
Zertifikatepreise im Rahmen des EU-weiten Emissionshandels auf 20-33 /t CO
2
geschätzt. Eine Umfrage unter künftigen Marktteilnehmern, wie Projektentwicklern
oder Brokern, ergab eine Preisspanne von 1,50-45,00 /t CO
2
[11, S. 108]. Die ersten
Erfahrungen der britischen und dänischen CO
2
-Emissionshandelssysteme lassen eher
geringe Zertifikatepreise erwarten. Dort lag das Preisniveau für Emissionsrechte im
Zeitraum 2001 bis 2003 zwischen 0,35 und 11,10 /t CO
2
. Diese Preise sind jedoch
nur bedingt übertragbar, da die dortigen Handelssysteme große Unterschiede zum
geplanten EU-Emissionshandel aufweisen [11, S. 108]. Die Abschätzungen zu den
künftigen Zertifkatepreisen sind ohnehin mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.
Dies zeigte sich z. B. bei den Prognosen zum Preisniveau von SO
2
-Zertifikaten in den
USA. Damals wurden die Zertifikatspreise auf Grundlage erwarteter
Vermeidungskosten um ein vielfaches höher abgeschätzt, als sie nach Einführung des
Systems tatsächlich eintraten [11, S. 108].
In dieser Arbeit wird aufgrund der uneinheitlichen Preiserwartungen eine Spanne für
Zertifikatepreise von 0-40 /t CO
2
angenommen. Dieses Preisintervall wird in Stufen
von 5 und 10 /t CO
2
unterteilt, so dass den Berechnungen dieser Untersuchung
Zertifikatepreise von 0, 5, 10, 15, 20, 30 und 40 /t CO
2
zugrunde liegen.
Tab. 1: Erwartete Zertifikatepreise für den europäischen Emissionshandel
Institution
Erwartete Zertifikatpreise
(/ t CO
2
)
IGBCE (Juli 2002)
5- 15
EU-Kommission (2003)
10- 20
Wuppertal Institut (2003)
10- 20
Künftige Marktteilnehmer (Umfrage, 2003)
1,50 - 45
In dieser Untersuchung
0- 40
Quellen: [4, S. 24], [10, S. 26], [11, S. 108], eigene Annahmen

3. Kraftwerkseinsatz-Modell
9
3 Modell des Kraftwerkseinsatzes in Deutschland
Die Auswirkungen des Emissionshandels auf den Kraftwerkseinsatz in Deutschland
werden in dieser Arbeit anhand eines Modells untersucht, das auf einer Datenbank der
rund 600 Kraftwerksblöcke der öffentlichen Stromerzeugung basiert (siehe Kap. 3.1).
Darin wird der Kraftwerkseinsatz entsprechend der Reihenfolge der ansteigenden
variablen Kosten der Kraftwerke (Merit Order) simuliert. In der
Kraftwerkseinsatzplanung ist dies ein gängiges Lösungsverfahren, das als
heuristischer Algorithmus bezeichnet wird [12, S. 10]. Der Kraftwerkseinsatz ist von
der Netzlast abhängig, die der Stromnachfrage entspricht. Die Netzlast unterliegt
täglichen, wöchentlichen und jährlichen Schwankungen. In Kapitel 3.2 werden sechs
charakteristische Tageslastverläufe bestimmt, mit denen der Jahresverlauf der Last
annähernd dargestellt werden kann. Diese Tageslastkurven, die sich auf die
Gesamtlast beziehen, werden in Kapitel 3.3 in Grundlast, Mittellast und Spitzenlast
aufgeteilt. Zur Gewährleistung der erforderlichen Versorgungssicherheit werden bei
der Kraftwerkseinsatzplanung Reservekapazitäten vorgehalten, um auf unerwartete
Lastschwankungen reagieren zu können. In Kapitel 3.4 wird die in dieser
Untersuchung vorgehaltene Reserveleistung bestimmt und den verschiedenen
Lastbereichen zugeordnet. Bei der Modellierung des Kraftwerkseinsatzes ist
außerdem zu berücksichtigen, dass Kraftwerke, vor allem bedingt durch Ausfälle und
Revisionen nicht immer verfügbar sind. Die Verfügbarkeit der verschiedenen
Kraftwerkstypen wird in Kapitel 3.5 bestimmt. In Kapitel 3.6 werden die
Nettowirkungsgrade der untersuchten Kraftwerke anhand des jeweiligen
Inbetriebnahmejahres berechnet. Das entscheidende Kriterium für den Einsatz eines
Kraftwerks sind die variablen Kosten. Die Berechnung der variablen Kosten als
Summe der Brennstoff-, Betriebsmittel- und Anfahrkosten wird in Kapitel 3.8
dargestellt. Da die Brennstoffkosten der größte Bestandteil der variablen Kosten sind,
wird auf die Preise für Brennstoffe in Kapitel 3.9 ausführlich eingegangen. Die
Bestimmung der Anfahrkosten der einzelnen Kraftwerke wird in Kapitel 3.10
erläutert. Als eine der effektivsten Möglichkeiten zur Senkung der
kraftwerksbedingten CO
2
-Emissionen gilt der Brennstoffwechsel. Gegenwärtig führt
die Umstellung auf kohlenstoffärmere Brennstoffe (vor allem auf Erdgas) jedoch zu

3. Kraftwerkseinsatz-Modell
10
deutlich höheren Stromerzeugungskosten. In Kapitel 3.11 wird berechnet, ab welchem
Preisniveau für Zertifikate Brennstoffwechsel wirtschaftlich sind.
3.1 Kraftwerkspark
Der betrachtete Kraftwerkspark besteht aus den rund 600 Anlagen der öffentlichen
Stromerzeugung mit einer Feuerungswärmeleistung 20 MW, die bei der Einführung
des Emissionshandels im Jahre 2005 voraussichtlich in Betrieb sein werden.
Kraftwerke, deren Stillegung bis 2005 bereits bekannt ist, werden darin nicht
berücksichtigt, im Bau befindliche Anlagen, die bis dahin betriebsbereit sein werden,
dagegen schon. Bei Kraftwerkskapazitäten zur gekoppelten Erzeugung von Strom und
Wärme wird in dieser Untersuchung nur der Stromerzeugungsanteil berücksichtigt.
Kraftwerke anderer Industriezweige und reine Heizkraftwerke, die ebenso unter die
Emissionshandelsrichtlinie fallen, werden nicht betrachtet. In Abb. 3 ist die
Aufteilung des untersuchten Kraftwerksparks nach Kraftwerkstypen dargestellt., der
eine Netto-Gesamtleistung von 94,4 GW umfaßt.
Braunkohle
23%
Kernkraft
22%
Gasturbinen
6%
Gas/Öl (konv)
14%
Gas-GuD
4%
Steinkohle
31%
Abb. 3: Struktur des Kraftwerksparks der öffentlichen Stromversorgung

3. Kraftwerkseinsatz-Modell
11
Die regenerative Stromerzeugung wird in dieser Untersuchung nicht auf Basis
einzelner Anlagen, sondern ausgehend von regenerativ erzeugten Strommengen
berücksichtigt (siehe Kapitel 3.7). Daher sind Anlagen der erneuerbaren Energien
nicht im Modell-Kraftwerkspark enthalten.
Die betrachteten Kraftwerksblöcke sind in einer Datenbank zusammengefaßt, die u. a.
Angaben zu Kraftwerkstyp, Nettoleistung, Betreiberunternehmen, einsetzbaren
Brennstoffen, Nettowirkungsgrad und Anfahrdauer enthält. Grundlage dieser
Datenbank sind Kraftwerksdaten der Firma Energybrainpool [13], die für diese
Untersuchung aktualisiert und ergänzt wurden [14].
3.2 Darstellung des Lastverlaufes
Der Verlauf der Stromnachfrage unterliegt zyklischen Schwankungen, die in
jährlicher, wöchentlicher und täglicher Abfolge auftreten. Dies hat erheblichen
Einfluß auf den Kraftwerkseinsatz, da die erzeugte Strommenge mit der
nachgefragten Strommenge zu jedem Zeitpunkt übereinstimmen muss. Durch das An-
oder Abfahren von Kraftwerksblöcken werden die am Netz befindlichen
Erzeugungskapazitäten ständig an die aktuelle Last (= Stromnachfrage) angepasst. In
den Wintermonaten ist die Stromnachfrage, aufgrund kurzer Tageslichtzeiten und
niedriger Temperaturen höher, als im Sommer. An Wochenenden sinkt die Last
gegenüber Werktagen ab. Besonders deutliche Lastunterschiede treten über den
Verlauf eines Tages auf. Während nachts die Stromnachfrage gering ist, werden um
die Mittagszeit und (vor allem im Winter) in den frühen Abendstunden
Spitzenlastwerte erreicht. Der Lastverlauf eines Jahres lässt sich übersichtlich in einer
Jahreslastkurve darstellen (siehe Abb. 4). Zur Einteilung des Jahres in
unterschiedliche Lastbereiche wird daraus häufig eine Jahreslastdauerlinie gebildet, in
der die zu bestimmten Zeitpunkten eines Jahres gemessene Last der Größe nach
sortiert wird. Diese Dauerlinie gibt an, wieviele Stunden eines Jahres eine bestimmte
Kraftwerksleistung erforderlich ist. Dabei werden die Bereiche der höchsten
Stromnachfrage (bis zu 1500 Stunden im Jahr) als Spitzenlast bezeichnet. Hierfür sind
etwa 10% der Kraftwerkskapazität erforderlich. Als Mittellast bezeichnet man den

3. Kraftwerkseinsatz-Modell
12
Lastbereich mit einem Kapazitätsanteil von rund 23%, in dem Kraftwerke bis zu 4500
h/a in Betrieb sind. Die Grundlast, der zwei Drittel der Kraftwerkskapazität
zugeordnet werden, deckt die über das ganz Jahr hinweg nachgefragte Strommenge ab
[15, S. 116].
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Grundlast
Mittellast
Spitzenlast
4 5
5 0
5 5
6 0
6 5
7 0
7 5
Last (GW)
Lastgang
Dauerlinie
1500 h/a
4500 h/a
Abb. 4: Jahreslastdauerlinie und Jahreslastgang
Daten: [16]
Leider können anhand einer Jahreslastdauerlinie keine Aussagen über konkrete
Einsatzzeiten und Einsatzdauern von Kraftwerken gemacht werden. Wichtige
Informationen über den zeitlichen Verlauf von Stromnachfrage und ­erzeugung gehen
damit verloren [17, S.116]. Für Untersuchungen des Kraftwerkseinsatzes, wie sie im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführt werden, ist es aber von entscheidender
Bedeutung, wann welche Kraftwerke benötigt werden. So können Anlagen, die zur
Abdeckung von Lastspitzen eingesetzt werden, trotz einer geringen Anzahl an
Jahresbetriebsstunden auf mehrere hundert Einsätze pro Jahr kommen. Da der

3. Kraftwerkseinsatz-Modell
13
Zeitpunkt des Auftretens von Lastspitzen nicht genau vorhersehbar ist, müssen sie
ständig einsatzbereit sein, obwohl sie nur wenige Stunden pro Tag Strom erzeugen.
Um die wesentlichen Merkmale des täglichen Kraftwerkseinsatzes beschreiben zu
können, wird daher im Rahmen dieser Unteruchung der Lastverlauf in einem 1-
Stunden-Raster dargestellt. Basis der Berechnungen sind Stundenlastmittelwerte des
deutschen Stromnetzes, die für jeden dritten Mittwoch des Monats und für das davor
liegende Wochenende von der UCTE veröffentlicht werden (siehe auch [18, S. 61]
und [16, S. 1] ).
Der Lastverlauf des dritten Mittwochs wird in dieser Untersuchung als repräsentativ
für alle Werktage des jeweiligen Monats angesehen. Für die Wochenenden eines
Monats wird ein gemittelter Lastverlauf bestimmt, der auf den UCTE-Daten für
Samstage und Sonntage basiert [16, S.1]. Die saisonalen Lastschwankungen werden
in Anlehnung an [19, S. 43] durch die Einteilung des Jahres in Jahreszeiten (Winter,
Übergangszeit und Sommer) berücksichtigt (Tab. 2). Für die zu einer Jahreszeit
gehörenden Monate werden dazu aus den genannten monatlichen Lastdaten
Mittelwerte gebildet (siehe Tab-A 1). Innerhalb einer Jahreszeit werden also für jeden
Monat die gleichen gemittelten Lastverläufe angenommen. Innerhalb eines Monats
werden die Lastverläufe von Werktagen und Wochenenden unterschieden. Der
Jahreslastverlauf wird in dieser Arbeit also durch sechs charakteristische
Tageslastverläufe dargestellt, die innerhalb eines Jahres unterschiedlich häufig
auftreten (siehe Tab. 2).
Tab. 2: Häufigkeit der sechs charakteristischen Tageslastverläufe 2005
Jahreszeit
Monat
Werktage
(Anzahl in 2005)
Wochenendtage
(Anzahl in 2005)
Winter
Nov, Dez, Jan, Feb
86
34
Übergangszeit
März, Apr, Sep, Okt
87
35
Sommer
Mai, Jun, Jul, Aug
88
35

3. Kraftwerkseinsatz-Modell
14
3.3 Einteilung der Lastbereiche
Um den Kraftwerkseinsatz auf die täglichen und wöchentlichen Lastschwankungen
anzupassen, wird die Gesamtlast in die Bereiche Grundlast 1, Grundlast 2, Mittellast
und Spitzenlast unterteilt (siehe Abb. 5). Die Grundlast 1 entspricht der Last, die zu
jeder Stunde einer Woche zu decken ist. Sie wird durch den niedrigsten
Stundenlastwert des Wochenendes bestimmt, da die Last an Wochenenden geringer
ist, als an Werktagen. Die Differenz der niedrigsten Stundenlastwerte an Werktagen
und Wochenenden entspricht der Höhe von Grundlast 2. Daher tritt dieser Lastbereich
nur an Werktagen auf, an Wochenenden ist er gleich Null. In der Mittellast wird der
überwiegende Teil der täglichen Lastschwankungen abgedeckt. Die Einsatzdauer von
Mittellastkraftwerken liegt bei 4-18 Stunden pro Tag. Vorwiegend in der Mittagszeit
und in den frühen Abendstunden erreicht die Last die höchsten Werte. Aus den
Lastunterschieden, die innerhalb der vier Tagesstunden mit der höchsten Last
auftreten, ergibt sich die Höhe der Spitzenlast.
0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
Wochentag
Last (GW)
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Grundlast 1
Mittel-
last
Grundlast 2
Mittellast
Spitzenlast
Abb. 5: Lastverlauf einer Woche und Einteilung der Lastbereiche
Daten:[16]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832478940
ISBN (Paperback)
9783838678948
DOI
10.3239/9783832478940
Dateigröße
785 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Berlin – Architektur Umwelt Gesellschaft, Energietechnik
Erscheinungsdatum
2004 (April)
Note
1,0
Schlagworte
emission zertifikat stromerzeugung kosten
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Titel: Auswirkungen des europäischen Emissionshandelssystems auf den Kraftwerkseinsatz in Deutschland
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