Kritische Würdigung der Bedeutung des Börsenwertes zur Ermessensbegrenzung bei Unternehmensbewertungen
©2004
Diplomarbeit
93 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Zweck der Unternehmensbewertung ergibt sich aus der Funktion. Die bei Unternehmensbewertungen zur Zweckerfüllung regelmäßig übliche Ertragswertmethode unterliegt erheblich der subjektiven Einschätzung des Bewerters. Es ist nicht außergewöhnlich, dass zwei Gutachter zwei völlig unterschiedliche Unternehmenswerte für ein und die selbe Gesellschaft ermitteln. Der Grund hierfür ist die unterschiedliche Einschätzung und Gewichtung zukünftiger und somit unsicherer Entwicklungen. Kommt es im Rahmen von aktienrechtlichen Konzernierungsmaßnahmen zur Bemessung einer Abfindung, kann die abfindende Gesellschaft daher schon durch die Wahl eines geeigneten Sachverständigen Einfluss auf die Höhe der Abfindung nehmen. Die Vermutung liegt nahe, dass die zunächst erstellten Parteigutachten scheinbar großzügig nachgebessert werden, die Abfindung letztlich aber dennoch unter dem Börsenkurs liegt. Hinzu kommt die noch zu zeigende Kritik am Ertragswertverfahren selbst.
Mit dem Urteil des BayObLG vom 29.9.98 wurde eine Trendwende vollzogen, die der bis dahin bevorzugten Ertragswertmethode mit dem Börsenwert eine Alternative zur Seite stellt, die von subjektiven Erwartungen abstrahiert und eine normierte Grenzpreisermittlung ermöglicht. Der Börsenkurs ist ein Marktpreis, der zeigt, wie die Aktie bewertet wird. [ ] Hat die Aktie, deren Wert festgestellt werden soll, einen Börsenkurs, der auch aussagekräftig ist [ ], so wird er in der Regel den Verkehrswert mindestens ebenso zutreffend angeben, wie eine langwierige Berechnung des Unternehmenswertes durch Sachverständige nach der Ertragswertmethode. Die Verfechter des Marktpreises argumentieren schon lange für die Berücksichtigung von Börsenkursen bei der Abfindungsbemessung. Busse von Colbe glaubt zwar nicht an einen für alle von der Bewertung betroffenen Parteien gleichermaßen objektiven Wert. Allerdings sei, wenn überhaupt, nur ein Marktpreis als objektiv zu bezeichnen. Folglich könne nur ein Börsenkurs das Ermessen der Sachverständigen einschränken.
Tatsächlich bietet der Börsenkurs eine Möglichkeit, die Probleme der Ertragswertmethode zu umgehen. Auch der Börsenkurs reflektiert, genau wie die Ertragswertmethode, die Erwartungen über die zukünftige Unternehmensentwicklung. Ob mögliche Dividendenzahlungen tatsächlich ausgeschüttet werden, ist dabei irrelevant, da nicht ausgeschüttete Dividenden zu einem später höheren Unternehmenswert führen. Der Vorteil des Börsenkurses liegt […]
Der Zweck der Unternehmensbewertung ergibt sich aus der Funktion. Die bei Unternehmensbewertungen zur Zweckerfüllung regelmäßig übliche Ertragswertmethode unterliegt erheblich der subjektiven Einschätzung des Bewerters. Es ist nicht außergewöhnlich, dass zwei Gutachter zwei völlig unterschiedliche Unternehmenswerte für ein und die selbe Gesellschaft ermitteln. Der Grund hierfür ist die unterschiedliche Einschätzung und Gewichtung zukünftiger und somit unsicherer Entwicklungen. Kommt es im Rahmen von aktienrechtlichen Konzernierungsmaßnahmen zur Bemessung einer Abfindung, kann die abfindende Gesellschaft daher schon durch die Wahl eines geeigneten Sachverständigen Einfluss auf die Höhe der Abfindung nehmen. Die Vermutung liegt nahe, dass die zunächst erstellten Parteigutachten scheinbar großzügig nachgebessert werden, die Abfindung letztlich aber dennoch unter dem Börsenkurs liegt. Hinzu kommt die noch zu zeigende Kritik am Ertragswertverfahren selbst.
Mit dem Urteil des BayObLG vom 29.9.98 wurde eine Trendwende vollzogen, die der bis dahin bevorzugten Ertragswertmethode mit dem Börsenwert eine Alternative zur Seite stellt, die von subjektiven Erwartungen abstrahiert und eine normierte Grenzpreisermittlung ermöglicht. Der Börsenkurs ist ein Marktpreis, der zeigt, wie die Aktie bewertet wird. [ ] Hat die Aktie, deren Wert festgestellt werden soll, einen Börsenkurs, der auch aussagekräftig ist [ ], so wird er in der Regel den Verkehrswert mindestens ebenso zutreffend angeben, wie eine langwierige Berechnung des Unternehmenswertes durch Sachverständige nach der Ertragswertmethode. Die Verfechter des Marktpreises argumentieren schon lange für die Berücksichtigung von Börsenkursen bei der Abfindungsbemessung. Busse von Colbe glaubt zwar nicht an einen für alle von der Bewertung betroffenen Parteien gleichermaßen objektiven Wert. Allerdings sei, wenn überhaupt, nur ein Marktpreis als objektiv zu bezeichnen. Folglich könne nur ein Börsenkurs das Ermessen der Sachverständigen einschränken.
Tatsächlich bietet der Börsenkurs eine Möglichkeit, die Probleme der Ertragswertmethode zu umgehen. Auch der Börsenkurs reflektiert, genau wie die Ertragswertmethode, die Erwartungen über die zukünftige Unternehmensentwicklung. Ob mögliche Dividendenzahlungen tatsächlich ausgeschüttet werden, ist dabei irrelevant, da nicht ausgeschüttete Dividenden zu einem später höheren Unternehmenswert führen. Der Vorteil des Börsenkurses liegt […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 7887
Bohn, Stephan: Kritische Würdigung der Bedeutung des Börsenwertes zur
Ermessensbegrenzung bei Unternehmensbewertungen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Mannheim, Universität, Diplomarbeit, 2004
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http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis I
Abkürzungsverzeichnis III
I.
Problemstellung 1
II. Skizze der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung 4
1. Die Bedeutung der GoU 4
2. Überblick über die hier relevanten GoU 6
a. Zentrale GoU 6
aa.
Zweckadäquanzprinzip 6
bb. Grenzpreisprinzip 6
cc.
Schiedspreisprinzip 8
dd. Eignerbezogenheitsprinzip 9
b. Konkretisierungsprinzipien 10
aa.
Verbundberücksichtigungsprinzip 10
bb. Stichtagsprinzip 11
c.
Die Ertragswertmethode
12
aa.
Kurzdarstellung 12
bb. Kritische Würdigung der Ertragswertmethode
13
III. Der Börsenwert als Instrument zur Ermessensbegrenzung 15
1. Relevanz des Börsenwertes bei Unternehmensbewertungen 15
2. Kritische Würdigung der ermessensbegrenzenden Wirkung des
Börsenkurses 21
a. Aussagekraft von Börsenkursen 21
aa. Rechtsprechung 21
bb. Kritische Würdigung
23
aaa. Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Markt 23
aaaa. Kapitalmarkteffizienz als maßgebliche
Voraussetzung 23
bbbb. Anforderungen an die Liquidität 30
bbb. Effizienz und Liquidität in der Praxis 37
b. Bewusste und sonstige Kursbeeinflussungen 40
II
aa.
Rechtsprechung und aktienrechtliche Vorgaben
40
bb. Kritische Würdigung
42
aaa. Manipulierte Kurse 42
aaaa. Stichtagskurs vs. auf den Stichtag bezogener
Durchschnittskurs 42
bbbb. Referenzzeitraum und Stichtagsfestsetzung 45
cccc.
Börsenplatz und expliziter Kurs 47
bbb. Sonstige Einflussfaktoren 49
ccc. Abnormal Performance 54
c.
Antizipation von Verbundeffekten durch den Börsenkurs 55
aa. Rechtsprechung 55
bb. Kritische Würdigung
57
aaa. Die Berücksichtigung von Verbundeffekten 57
bbb. Referenzzeitraum 59
ccc. Die Berücksichtigung von Paketzuschlägen 60
d. Marktenge im Falle des Squeeze-Out nach §327a AktG und
Eingliederung nach § 320 AktG 62
IV.
Thesenförmige Zusammenfassung 63
Anhang VI
Literaturverzeichnis VII
Rechtsprechungsverzeichnis XXII
Verzeichnis amtlicher Drucksachen XXIV
III
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
Abs. Absatz
AG
Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); Aktiengesellschaft
AktG Aktiengesetz
AngebVO Angebotsverordnung
Aufl. Auflage
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BayObLG Bayerisches
Oberlandesgericht
BB Der
Betriebs-Berater
Bd. Band
bearb. bearbeitet
BewG Bewertungsgesetz
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
BörsG Börsengesetz
BT-Drucksache Bundestags-Drucksache
BVerfG Bundesverfassungsgericht
bzw. beziehungsweise
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CDAX Composite
DAX
DAX Deutscher
Aktienindex
DB Der
Betrieb
DBW Die
Betriebswirtschaft
Diss. Dissertation
DStR Deutsches
Steuerrecht
erl. erläutert
erw. erweiterte
IV
EWiR
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
EWR Europäischer
Wirtschaftsraum
f. folgende
FB
Der Finanz Betrieb
FMFG Finanzmarktförderungsgesetz
Fn. Fussnote
GG Grundgesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GoU
Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HGB Handelsgesetzbuch
hrsg. herausgegeben
IAS
International Accounting Standards
IBIS Inter-Banken-Informations-System
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
INF
Die Information über Steuer und Wirtschaft
Jg.
Jahrgang
KapAEG Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im
Unternehmensbereich
LG Landgericht
MATIS Makler-Tele-Informations-System
MDAX Midcap-DAX
Nachdr. Nachdruck
NBER
National Bureau of Economic Research
Nemax
Aktienindex des Frankfurter Neuen Marktes
neubearb. neubearbeitet
NJOZ
Neue Juristische Online Zeitschrift
NYSE
New York Stock Exchange
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
OLG Oberlandesgericht
Rn Randnummer
S.
Seite
V
SMAX
Small Cap Segment der Deutschen Börse AG
Sp. Spalte
Spruchverf. Spruchverfahren
TecDAX Technology-DAX
Teilbd. Teilband
u.a. und
andere
umgearb. umgearbeitet
UmwG Umwandlungsgesetz
US-GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
v. von
Vgl. Vergleiche
Vol. Volume
vollst. vollständig
WiSt Wirtschaftswissenschaftliches
Studium
WM Wertpapier-Mitteilungen
WPg Die
Wirtschaftsprüfung
WpHG Wertpapierhandelsgesetz
WpÜG
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz
z.B. zum
Beispiel
ZBB
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZfbF
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche
Forschung
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
zit. zitiert
ZPO Zivilprozessordnung
1
I. Problemstellung
Der Zweck der Unternehmensbewertung ergibt sich aus der Funktion. Der Zweck
der Beratungsfunktion ist die Ermittlung eines Entscheidungswertes zur
Orientierung in Verhandlungssituationen. In der Funktion als neutraler Gutachter
ermittelt der Sachverständige einen typisierten Zukunftserfolgswert, der
unabhängig von individuellen Wertvorstellungen ist. Ziel der
Vermittlungsfunktion ist die Ermittlung eines Einigungswertes, der in einer
Konfliktsituation die unterschiedlichen subjektiven Wertvorstellungen der
Parteien berücksichtigt.
1
Die bei Unternehmensbewertungen zur Zweckerfüllung regelmäßig übliche
Ertragswertmethode unterliegt erheblich der subjektiven Einschätzung des
Bewerters. Es ist nicht außergewöhnlich, dass zwei Gutachter zwei völlig
unterschiedliche Unternehmenswerte für ein und die selbe Gesellschaft ermitteln.
Der Grund hierfür ist die unterschiedliche Einschätzung und Gewichtung
zukünftiger und somit unsicherer Entwicklungen.
2
Kommt es im Rahmen von
aktienrechtlichen Konzernierungsmaßnahmen zur Bemessung einer Abfindung,
kann die abfindende Gesellschaft daher schon durch die Wahl eines ,,geeigneten"
Sachverständigen Einfluss auf die Höhe der Abfindung nehmen.
3
In einer
empirischen Untersuchung zeigt sich, dass dieser Gedanke nicht völlig von der
Hand zu weisen ist. Demnach werden im Durchschnitt Abfindungen offeriert, die
28 % über den Werten der jeweiligen Gutachten liegen. Diese Abfindungen liegen
jedoch durchschnittlich immer noch 8,2 % unter den Börsenkursen vor
Bekanntmachung. Die Vermutung liegt nahe, dass die zunächst erstellten
Parteigutachten ,,scheinbar großzügig" nachgebessert werden, die Abfindung
letztlich aber dennoch unter dem Börsenkurs liegt.
4
Es zeigt sich, dass
Ertragswertgutachten allein durch die Wahl des Sachverständigen einer gewissen
1
Vgl. IDW S 1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, in: WPg, 53. Jg.
(2000), S. 825-842, hier S. 827.
2
Vgl. Busse von Colbe, Walther: Zur Maßgeblichkeit des Börsenkurses für die Abfindung der bei
einer Umwandlung ausscheidenden Aktionäre, in: AG, 9. Jg. (1964), S. 263-267, hier S. 266.
3
Vgl. Luttermann, Claus: Zum Börsenkurs als gesellschaftsrechtliche Bewertungsgrundlage Die
Maßgeblichkeit des Marktpreises im Zivil- und Steuerrecht, in: ZIP, 20. Jg. (1999), S. 45-52, hier
S. 47.
4
Vgl. Dörfler, Wolfgang/Gahler, Wolfgang, Unterstraßer, Stefan/Wirichs, Robert: Probleme bei
der Wertermittlung von Abfindungsangeboten Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in:
BB, 49. Jg. (1994), S. 156-162, hier S. 157+159
.
2
Willkür unterliegen. Hinzu kommt die später in Abschnitt II.2.c.bb noch zu
zeigende Kritik am Verfahren selbst.
Mit dem Urteil des BayObLG vom 29.9.98 wurde eine Trendwende vollzogen,
die der bis dahin bevorzugten Ertragswertmethode mit dem Börsenwert eine
Alternative zur Seite stellt, die von subjektiven Erwartungen abstrahiert und eine
,,normierte Grenzpreisermittlung" ermöglicht.
5
,,Der Börsenkurs ist ein
Marktpreis, der zeigt, wie die Aktie bewertet wird. [...] Hat die Aktie, deren Wert
festgestellt werden soll, einen Börsenkurs, der auch aussagekräftig ist [...], so
wird er in der Regel den ,,Verkehrswert" mindestens ebenso zutreffend angeben,
wie eine langwierige Berechnung des Unternehmenswertes durch Sachverständige
nach der Ertragswertmethode."
6
Die Verfechter des Marktpreises argumentieren
schon lange für die Berücksichtigung von Börsenkursen bei der
Abfindungsbemessung. Busse von Colbe glaubt zwar nicht an einen für alle von
der Bewertung betroffenen Parteien gleichermaßen objektiven Wert. Allerdings
sei, wenn überhaupt, nur ein Marktpreis als objektiv zu bezeichnen. Folglich
könne nur ein Börsenkurs das Ermessen der Sachverständigen einschränken.
7
Tatsächlich bietet der Börsenkurs eine Möglichkeit, die Probleme der
Ertragswertmethode zu umgehen. Auch der Börsenkurs reflektiert, genau wie die
Ertragswertmethode, die Erwartungen über die zukünftige
Unternehmensentwicklung. Ob mögliche Dividendenzahlungen tatsächlich
ausgeschüttet werden, ist dabei irrelevant, da nicht ausgeschüttete Dividenden zu
einem später höheren Unternehmenswert führen.
8
Der Vorteil des Börsenkurses
liegt darin, dass er im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage aller
Börsenteilnehmer zustande kommt und daher den ,,größtmöglichen Konsens"
repräsentiert.
9
Neben der Unabhängigkeit von einzelnen Gutachtern und deren
subjektiven Erwartungen und Risikoeinstellungen, ist der Börsenkurs im
5
Vgl. Hommel, Michael/Braun, Inga/Schmotz, Thomas: Neue Wege in der
Unternehmensbewertung? Kritische Würdigung des neuen IDW-Standards (IDW S 1) zur
Unternehmensbewertung, in: DB, 54. Jg. (2001), S. 341-347, hier S. 343.
6
BayObLG, Beschluss vom 29.9.98 3Z BR 159/94, in: NZG, 1. Jg. (1998), S. 946-950, hier S.
948.
7
Vgl. Busse von Colbe, Walther: Zur Maßgeblichkeit des Börsenkurses für die Abfindung der bei
einer Umwandlung ausscheidenden Aktionäre, a.a.O., hier S. 266.
8
Vgl. Hommel, Michael: Zum Abfindungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts Der
Börsenkurs als Untergrenze der gesellschaftsrechtlichen Abfindung, in: INF, 54. Jg. (2000), S. 49-
57, hier S. 51.
9
Vgl. Steinhauer, Carsten: Der Börsenpreis als Bewertungsgrundlage für den Abfindungsanspruch
von Aktionären, in: AG, 44. Jg. (1999), S. 299-308, hier S. 303.
3
Vergleich zu einem Gutachten schneller und kostengünstiger zu ermitteln.
10
Luttermann hält die Maßgeblichkeit von Marktwerten bei Bewertungsfragen gar
für eine Selbstverständlichkeit. Es sei sinnwidrig, den Wert für den Anteilsbesitz
an einer Börsengesellschaft ohne den täglich ,,gemäß den Regeln der Börse"
festgestellten Preis zu bestimmen.
11
Kritiker zweifeln an der Aussagefähigkeit des
Börsenkurses. Als Argumente werden insbesondere Abweichungen vom inneren
Wert und dessen Anfälligkeit für Manipulationen angeführt.
12
Dennoch hat das
BVerfG die durch das BayObLG ausgelöste Trendwende bestätigt. Der
Börsenkurs ist demnach regelmäßig Untergrenze der Entschädigungsleistung an
abzufindende Minderheitsaktionäre. Allerdings ist das Gericht auch den Kritikern
des Börsenkurses teilweise gerecht geworden. Folglich kann die Abfindung unter
bestimmten Umständen auch vom Börsenkurs abweichen, sofern dieser nicht dem
Verkehrswert entspricht.
13
Der BGH konkretisierte anschließend die
verfassungsrechtlichen Vorgaben. Demnach ist als maßgeblicher Kurs ein
Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor der Hauptversammlung über die
Beschlussfassung eines Unternehmensvertrages bzw. einer Eingliederung
heranzuziehen.
14
Der Hauptkritikpunkt am Ertragswert ist bekanntlich dessen Ermessenshaftigkeit.
Es stellt sich daher die Frage, ob der Börsenkurs weniger willkürlichen Einflüssen
unterliegt. Infolgedessen bedarf es einer Untersuchung der Umstände, unter denen
Börsenkurse die Erwartungen der Marktteilnehmer zutreffend widerspiegeln.
Können sich mögliche Bedenken am Kurs nicht verfestigen, so liefert der Markt
eine mindestens ebenso gute Bewertung wie ein Sachverständiger.
15
Die von der
Rechtsprechung angeführten Einwände und Vorgaben sind diesbezüglich zu
würdigen.
10
Vgl. Hommel, Michael: Zum Abfindungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts Der
Börsenkurs als Untergrenze der gesellschaftsrechtlichen Abfindung, a.a.O., hier S. 51.
11
Vgl. Luttermann, Claus: Zum Börsenkurs als gesellschaftsrechtliche Bewertungsgrundlage
Die Maßgeblichkeit des Marktpreises im Zivil- und Steuerrecht, a.a.O., hier S. 47.
12
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Aktuelle Fragen der Unternehmensbewertung in Deutschland, in:
Der Schweizer Treuhänder, 76. Jg. (2002), S. 745-750, hier S. 748.
13
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.4.1999 1 BvR 1613/94, in: AG, 44. Jg. (1999), S. 566-569,
hier S. 568f.
14
Vgl. BGH, Beschluss vom 12.3.2001 II ZB 15/00, in: BB, 56. Jg. (2001), S. 1053-1058, hier
S. 1056.
15
Vgl. Aha, Christof: Aktuelle Aspekte der Unternehmensbewertung im Spruchstellenverfahren
Zugleich Anmerkungen zu der Paulaner-Entscheidung des BayObLG, in: AG, 42. Jg. (1997), S.
26-36, hier S. 28.
4
Zunächst werden die für die Themenstellung relevanten Grundsätze
ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung und ihre Bedeutung für die
Unternehmensbewertung skizziert. Im Anschluss werden die zentralen Aussagen
des BVerfG und des BGH dargestellt. Die nachfolgende Würdigung beginnt
jeweils mit den relevanten Vorgaben aus dem Aktiengesetz bzw. der
Rechtsprechung. Zunächst folgt eine Diskussion über die Anforderungen an einen
funktionsfähigen Markt. Dabei erfolgt eine inhaltliche Aufteilung in die
Hauptkriterien Kapitalmarkteffizienz und Wertpapierliquidität. Letztere gilt als
Hauptgrund für oder gegen eine Berücksichtigung des Börsenkurses. Im darauf
folgenden Abschnitt wird der Börsenkurs auf seine Anfälligkeit für
Manipulationen sowie sonstige Einflussfaktoren hin untersucht. Dabei sind
insbesondere die Vorgaben des BGH in die Diskussion mit einzubeziehen. Im
Anschluss daran soll die Problematik der Berücksichtigung von Verbundeffekten
analysiert werden. Dabei geht es neben der grundsätzlichen Frage der
Berücksichtigung von Synergien auch um die im Börsenwert antizipierten
Verbundvorteile. Die Arbeit schließt mit einer thesenförmigen Darstellung der
wichtigsten Ergebnisse.
II. Skizze der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung
1. Die Bedeutung der GoU
Grundlage jeder Unternehmensbewertung sind die Grundsätze ordnungsmäßiger
Unternehmensbewertung (GoU). Sie bilden das System von Bewertungsnormen,
deren Einhaltung die Erfüllung der erforderlichen Sorgfaltspflicht im Sinne des §
276 Abs. 1 S. 2 BGB gewährleistet.
16
Die Beachtung der GoU bedeutet die
Berücksichtigung zweckadäquater Regeln mit dem Ziel einer ordnungsgemäßen
Unternehmensbewertung.
17
Das System GoU ist jedoch kein abgeschlossenes
System. Noch können nicht alle Zusammenhänge zwischen den eine
Unternehmensbewertung bestimmenden Faktoren beschrieben werden. Allerdings
ist der Kenntnisstand so weit, dass schwerwiegende Kunstfehler und ein
16
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 2., vollst. umgearb.
Aufl., Nachdr., Wiesbaden 1991, hier S. 1.
17
Vgl. Peemöller, Volker: Grundsätze der Unternehmensbewertung Anmerkungen zum Standard
IDW S 1, in: DStR, 39. Jg. (2001), S. 1401-1408, hier S. 1401.
5
bestimmtes Maß an Willkür bzw. Zufall ausgeschlossen werden können.
18
Solche
Kunstfehler resultieren aus den Irrtumsmöglichkeiten des Bewerters hinsichtlich
der zu erwartenden Vorteilsströme und sie werden verstärkt durch die mangelnde
Markttransparenz. Es ist nur wenig über in der Vergangenheit für bestimmte
Vorteilsstromerwartungen effektiv gezahlte Unternehmenspreise bekannt.
19
Die GoU garantieren nicht die richtige Bewertung. Vielmehr dienen sie der
möglichst wertneutralen Komplexitätsreduktion und somit dem bei der
aktienrechtlichen Abfindungsbemessung inhärenten Objektivierungs- und
Vereinfachungserfordernis. Dabei ist darauf zu achten, dass nur dahingehend
vereinfacht wird, als dies unvermeidbar ist.
20
,,[...] Genauer gesagt [geht es
darum], jenes Optimum zu finden, das einen tolerierbaren Kompromiß zwischen
den Interessen potentieller Käufer bzw. Verkäufer und dem
Vereinfachungserfordernis darstellt."
21
Die Schutzfunktion der GoU besteht darin, die von einer Unternehmensbewertung
Betroffenen vor falschen Bewertungen und den daraus resultierenden Folgen bzw.
wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen.
22
Die GoU stellen keine Rechtsnormen dar. Vielmehr bedarf es ihrer Anerkennung,
insbesondere durch die Rechtsprechung, damit sie eine rechtsnorm-ähnliche
Verbindlichkeit besitzen.
23
Die Judikatur ist somit diejenige Instanz, die den
einzelnen Grundsätzen im Falle eines Rechtstreits Geltung verschafft. Die GoU
können nur durch Experten bestimmt werden, somit ist die Wissenschaft die mit
Abstand unabhängigste und kompetenteste Quelle der GoU. Allerdings ist auch
diese nicht frei von Irrtum und Parteiergreifung.
24
18
Vgl. Moxter, Adolf: Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung,
in: Unternehmensakquisition und Unternehmensbewertung, hrsg. von W. Busse von Colbe u.a.,
Stuttgart 1992, S. 47-54, hier S. 48f.
19
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung Bedeutung und
Quellen, in: BB, 31. Jg (1976), hier S. 989f.
20
Vgl. Moxter, Adolf: Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung,
in: Unternehmensakquisition und Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 48.
21
Moxter, Adolf: Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, in:
Unternehmensakquisition und Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 48.
22
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 1.
23
Vgl. Peemöller, Volker: Grundsätze der Unternehmensbewertung Anmerkungen zum Standard
IDW S 1, a.a.O., hier S. 1401.
24
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung Bedeutung und
Quellen, a.a.O., hier S. 990f.
6
Die für die Unternehmensbewertung auf Basis von Börsenwerten relevanten GoU
werden im Folgenden kurz dargestellt und auf ihre Bedeutung in diesem
Zusammenhang untersucht.
2. Überblick über die hier relevanten GoU
a. Zentrale GoU
aa. Zweckadäquanzprinzip
Den ausnahmslos richtigen Unternehmenswert gibt es nicht. Der
Unternehmenswert hängt vom Bewertungsanlass ab und lässt sich nur durch
zweckadäquate Verfahren ermitteln. Er ist als tatsächlicher oder potenzieller Preis
zu verstehen. Es ist daher zunächst festzustellen, welchem Zweck die jeweilige
Unternehmensbewertung dient. Dadurch lässt sich sicherstellen, dass die richtige
Konzeption des Unternehmenswertes zugrunde gelegt wird, und im Hinblick auf
Objektivierung und Vereinfachung das zweckgerechte Bewertungsverfahren
angewandt wird.
25
Die GoU berücksichtigen dadurch die vielfältigen Verhältnisse
der Praxis und die daraus resultierenden unterschiedlichen Bewertungsanlässe.
26
Der Bewertungszweck kann unter anderem die Ermittlung von Ausgleich und
Abfindung oder die Bestimmung von Umtauschverhältnis und
Verschmelzungswertrelation im Rahmen von aktienrechtlichen
Konzernierungsmaßnahmen sein.
27
Inwiefern die Bewertung auf Basis von
Aktienkursen das hierfür zweckadäquate Verfahren ist, insbesondere im Hinblick
auf die notwendige Objektivierung, wird in Abschnitt III untersucht.
bb. Grenzpreisprinzip
Der Grenzpreis ist die Grenze rationalen Verhaltens für einen potenziellen
Käufer/Verkäufer. Er resultiert aus dem Vergleich des zukünftigen Ertrags
(Zukunftsbezogenheitsprinzip) des zu bewertenden Unternehmens mit dem Ertrag
der bestmöglichen alternativen Mittelanlage des Bewertungssubjekts. Der
Grenzpreis entspricht dann dem Preis der Alternativanlage. Die Idee hinter der
25
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 5-6.
26
Vgl. Moxter, Adolf: Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung,
in: Unternehmensakquisition und Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 51.
27
Vgl. IDW S 1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, a.a.O., hier S.
826f.
7
Grenzpreisermittlung ist die Festlegung von Verhandlungsgrenzen sowohl aus
Sicht eines potenziellen Käufers (Maximalpreis) als auch Verkäufers
(Minimalpreis). Bei Unternehmensbewertungen aufgrund von Eigentumswechsel
interessieren zunächst immer der Grenzpreis bzw. die Grenzpreise der von der
Bewertung Betroffenen.
28
In der Regel liegt bei aktienrechtlichen
Konzernierungsmaßnahmen der Grenzpreis des Abfindenden über dem der
Abzufindenden. Dies beruht auf dem Informationsvorsprung des
Mehrheitsaktionärs, insbesondere hinsichtlich der durch die Maßnahme zu
erzielenden Verbund- und nichtfinanziellen Vorteile.
29
Der Käufer wird diesen
höheren Grenzpreis aber nicht offen legen, da er die von ihm zu zahlende
Abfindung nicht in die Höhe treiben will.
30
Zur Lösung der
Grenzpreisproblematik wird das Heranziehen von Börsenwerten zur
Abfindungsbemessung vorgeschlagen.
31
Die Errechnung eines subjektiven
Grenzpreises für jeden Aktionär ist in der Praxis nur schwer umsetzbar. Von
daher ist dem Abzufindenden der Börsenkurs als Abfindungsminimum
zuzustehen, denn auch wenn ein typisierter Ertragswert geringer ist, so muss dem
Abzufindenden doch der höhere der beiden Werte zugesichert werden. Nur so
erhält der Aktionär eine Abfindung, die ihn für den Entzug der aus seiner Sicht
besten Strategie (kurzfristiger Verkauf oder Daueranlage) entschädigt.
Andernfalls erhält der Abzufindende nicht einmal eine akzeptable
Schadenersatzlösung.
32
Besteht nur die Möglichkeit einer Barabfindung, ist der
Börsenkurs um Transaktionskosten zu erhöhen, andernfalls wird der jeweilige
Aktionär nicht in die Lage versetzt, seine ursprüngliche Eigentumsposition wieder
zu erlangen.
33
28
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S.
9+14f.
29
Vgl. Drukarczyk, Jochen: Zum Problem der angemessenen Barabfindung bei zwangsweise
ausscheidenden Anteilseignern, in: AG, 18. Jg. (1973), S. 357-365, hier S. 364.
30
Vgl. Busse von Colbe, Walther: Zur Maßgeblichkeit des Börsenkurses für die Abfindung der bei
einer Umwandlung ausscheidenden Aktionäre, a.a.O., hier S. 265.
31
Vgl. Böcking, Hans-Joachim/Nowak, Karsten: Die Bedeutung des Börsenkurses bei
Unternehmensbewertungen, in: FB, 2. Jg. (2000), S. 17-24, hier S. 19.
32
Vgl. Drukarczyk, Jochen: Zum Problem der angemessenen Barabfindung bei zwangsweise
ausscheidenden Anteilseignern, a.a.O., hier S. 363-365.
33
Vgl. Hommel, Michael: Zum Abfindungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts Der
Börsenkurs als Untergrenze der gesellschaftsrechtlichen Abfindung, a.a.O., hier S. 54f.
8
cc. Schiedspreisprinzip
Das Schiedspreisprinzip besagt, dass ein Schiedsgutachter mittels einer
Simulation ein Verhandlungsergebnis im Sinne eines fairen Interessenausgleichs
herbeiführt.
34
Die vom Gesetz geforderte ,,angemessene Abfindung"
35
und die
Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Spruchstellenverfahrens
36
dienen
Minderheitsaktionären der Herbeiführung eines fairen Einigungspreises. Die
gesetzlichen Regelungen entsprechen aus ökonomischer Sicht einer nicht-
dominierten Abfindungsverhandlung, wobei eine faire Abfindung nur mittels
eines im Einigungsbereich liegenden Schiedspreises erzielt werden kann.
37
Die
Grenzpreise von Käufer und Verkäufer bilden dabei die Verhandlungsgrenzen.
Nur wenn der Grenzpreis des Käufers niedriger als der Grenzpreis des Verkäufers
ist, muss ein Schiedsgutachter den Schiedspreis am Verkäufergrenzpreis
orientieren. Andernfalls ist der Einigungsbereich durch den Gutachter zu mitteln
(Mittelungsprinzip).
38
Dies ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit einer Mittelung
anhand des arithmetischen Mittels. Die Literatur nennt zahlreiche Möglichkeiten,
je nach Parteiinteresse des Autors.
39
Die Grenzpreise der Abzufindenden bzw. des
Abfindenden sind jedoch in der Regel nur äußerst schwierig zu ermitteln, da die
Informationspolitik der beteiligten Parteien die Verbesserung der jeweils eigenen
Situation zum Ziel hat.
40
Die Abhängigkeit des Schiedswertes vom Grenzpreis
wird in der Literatur durch die Orientierung an einem typisierten
Entscheidungswert der Abzufindenden gelöst. Der Anteilswert ergibt sich indirekt
aus dem Wert des Gesamtunternehmens.
41
Unter welchen Voraussetzungen der
Börsenwert als solcher Entscheidungswert in Frage kommt, ist Inhalt des
Abschnittes III.
34
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 17.
35
Vgl. §§304 Abs. 1 und 305 Abs. 1 AktG.
36
Vgl. § 305 Abs. 5 S. 2 AktG bzw. § 304 Abs. 3 S. 3 AktG i.V.m. § 2 SpruchG.
37
Vgl. Hommel, Michael: Zum Abfindungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts Der
Börsenkurs als Untergrenze der gesellschaftsrechtlichen Abfindung, a.a.O., hier S. 56.
38
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 22.
39
Vgl. Hommel, Michael: Zum Abfindungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts Der
Börsenkurs als Untergrenze der gesellschaftsrechtlichen Abfindung, a.a.O., hier S. 55.
Insbesondere Fn. 88-91.
40
Vgl. Mandl, Gerwald/Rabel, Klaus: Unternehmensbewertung Eine praxisorientierte
Einführung, Wien 1997, hier 21f.
41
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 20.
9
dd. Eignerbezogenheitsprinzip
Die für die Verhandlungsgrenzen zu bestimmenden Grenzpreise sind subjektive
Preise. Die Erwartungen über finanzielle und nichtfinanzielle Vorteilsströme
sowie deren Gewichtung anhand der persönlichen Risikoneigung sind abhängig
vom Bewertungssubjekt (Subjektivitätsprinzip). Diese Subjektivität kann unter
Vereinfachungsdominanz eingeschränkt werden. Die spezifischen
Wertdeterminanten eines Einzelnen werden dann durch typische, für
durchschnittliche Käufer bzw. Verkäufer geltende, Determinanten ersetzt
(Typisierungsprinzip).
42
So lässt sich z. B. bei der Schiedspreisermittlung
teilweise nur schwer sagen, was der subjektive Grenzpreis eines Einzelnen bzw.
einer Gruppe ist. Meist ist den Beteiligten selbst unklar, was ihr persönlicher
Entscheidungswert ist und der Gutachter kann diesen aus Zeitgründen
erfahrungsgemäß nicht ermitteln. Gleichermaßen sind bei dominierten
Entscheidungsanlässen, so z. B. bei der Abfindungsbemessung für
Minderheitsaktionäre, die beteiligten Individuen dem Bewerter unbekannt.
43
Gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es bei Aktiengesellschaften
charakteristisch, dass man nicht auf die subjektiven Ziele des Kleinaktionärs
abstellt, sondern von einem typisierten Anteilswert ausgeht. Somit erhält jeder
Aktionär pro Aktie gleicher Ausstattung den gleichen Abfindungsbetrag.
44
Die
gängige Typisierung stellt die Vermögensrechte eines Minderheitsaktionärs im
Vergleich zu seinen Herrschaftsrechten in den Vordergrund. Auch geht man
typischerweise von der Annahme aus, dass der Aktionär als Kapitalanleger seinen
Anteilsbesitz dauerhaft hält.
45
Bei der marktorientierten Bewertung wird insofern typisiert, als man das
subjektive Ermessen eines Bewerters durch das Zurückgreifen auf Marktdaten
auszuschalten versucht. Dabei hat der Kapitalmarkt bestimmten Anforderungen
42
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 23-
25.
43
Vgl. Jacobs, Otto H./Scheffler, Wolfram: Unternehmensbewertung, in: Handwörterbuch des
Rechnungswesens, 3., Aufl., hrsg. von K. Chmielewicz und M. Schweitzer, Stuttgart 1993, Sp.
1977-1988, hier Sp. 1980.
44
Vgl. Wiechers, Klaus: Besonderheiten bei der Bewertung von Anteilen an Unternehmen, in:
Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 2., aktualisierte und erw. Aufl., hrsg. von V.
Peemöller, bearb. von B. Angermayer, Berlin 2002, S. 455-462, hier S. 458.
45
Vgl. Hommel, Michael: Zum Abfindungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts Der
Börsenkurs als Untergrenze der gesellschaftsrechtlichen Abfindung, a.a.O., hier S. 51+54.
10
zu genügen. Nur dann lässt sich von einer objektiven Bewertung sprechen.
46
Die
Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Markt werden in Abschnitt III
diskutiert.
Die Typisierung verletzt das Eignerbezogenheitsprinzip nicht. Man stellt lediglich
auf diejenige Eignergruppe ab, für die hinreichend Informationen bezüglich deren
Grenzpreisdeterminanten vorhanden sind.
47
b. Konkretisierungsprinzipien
aa. Verbundberücksichtigungsprinzip
Positive Verbundeffekte resultieren aus der Verbundenheit mehrerer Unternehmen
und generieren für den Verbund zusammen höhere Erträge als die Summe der
Einzelerträge der jeweiligen Verbundmitglieder. Das Zusammenwirken der
einzelnen Unternehmen wirkt sich somit positiv auf den Ertrag des
Gesamtverbundes aus. Problematisch ist, wie der Verbundeffekt auf die einzelnen
Verbundmitglieder aufzuteilen ist.
48
Es wird grundsätzlich zwischen echten und
unechten Synergieeffekten unterschieden. Die unechten Synergieeffekte lassen
sich auch ohne die zu bewertende Konzernierungsmaßnahme bzw. mit einer
Vielzahl von Verbundpartnern erzielen (z. B. Kostenreduktion durch
Zusammenlegung des Rechnungswesens, verbessertes Cash-Management).
Dagegen lassen sich echte Vorteile ausschließlich aufgrund eines Verbundes
realisieren (z. B. Know-how-Transfer).
49
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind
ausscheidende Minderheitsaktionäre gemäß Verbundberücksichtigungsprinzip an
bestehenden oder entstehenden Verbundeffekten zu beteiligen.
50
Es ist jedoch unklar, inwiefern Verbundvorteile durch den Kurswert der von der
Bewertung betroffenen Unternehmen antizipiert werden. Diesbezüglich ist auch
46
Vgl. Böcking, Hans-Joachim/Nowak, Karsten: Die Bedeutung des Börsenkurses bei
Unternehmensbewertungen, a.a.O., hier S. 22.
47
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 32.
48
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 95.
49
Vgl. Wirtschaftsprüfer-Handbuch. Handbuch für Rechnungslegung, Prüfung und Beratung,
hrsg. von IDW, bearb. von H. F. Gelhausen u.a., 12. Aufl., Bd. II, Düsseldorf 2000, hier Rn. 112.
50
Vgl. Böcking, Hans-Joachim: Das Verbundberücksichtigungsprinzip als Grundsatz
ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, in: Bilanzrecht und Kapitalmarkt. Festschrift zum 65.
Geburtstag von A. Moxter, hrsg. v. W. Ballwieser u.a., Düsseldorf 1994, S. 1409-1434, hier S.
1423; Großfeld, Bernhard: Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht Zur
Barabfindung ausscheidender Gesellschafter, 3., neubearb. Aufl., Köln 1994, hier S. 118.
11
die Frage nach dem maßgeblichen Kurs bzw. der maßgeblichen Referenzperiode
zu klären.
51
bb. Stichtagsprinzip
Eine Unternehmensbewertung ist immer eine Bewertung zu einem bestimmten
Stichtag (Stichtagsprinzip). ,,Bei Auseinanderfallen des Bewertungsstichtags und
des Zeitpunkts der Durchführung der Bewertung ist daher nur der
Informationsstand zu berücksichtigen, der bei angemessener Sorgfalt zum
Bewertungsstichtag hätte erlangt werden können."
52
Der BGH hat dazu in einem
Urteil vom 17.1.1973 entschieden, dass Ereignisse, deren Wurzeln erst nach dem
Stichtag eintreten, in der Bewertung keine Berücksichtigung finden dürfen.
53
Infolgedessen bestimmt der Stichtag bei ex-ante Bewertungen, welche
Informationen wissbar sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein bestimmtes
Ereignis erst nach dem Stichtag eintritt. Bei ex-post Bewertungen klärt der
Stichtag, welche Informationen nicht mehr berücksichtigt werden dürfen.
54
Nach
§ 305 Abs. 3 S. 2 AktG ist der maßgebliche Stichtag der Tag der
Beschlussfassung der Hauptversammlung der beherrschten Gesellschaft über den
Unternehmensvertrag. Entsprechend sind bei Eingliederungen nach § 320b Abs. 1
S. 5 AktG die Verhältnisse am Tag der Hauptversammlung der einzugliedernden
Gesellschaft maßgeblich.
Die Übertragung des Stichtagsprinzips auf die Bewertung anhand von
Börsenkursen im Sinne eines bestimmten Tageskurses ist laut BVerfG jedoch
nicht erforderlich. Fraglich ist, ob ein Tageskurs oder ein auf den Stichtag
bezogener Durchschnittskurs die Verhältnisse am Tag der Hauptversammlung
repräsentiert.
55
Die entsprechende Diskussion findet sich in Abschnitt
III.2.b.bb.aaa.aaaa.
51
Vgl. Hommel, Michael/Braun, Inga: Marktorientierte Unternehmensbewertung Der
Börsenkurs auf dem Prüfstand, in: BB, 57. Jg. (2002), Beilage 6, S. 10-17, hier S. 14.
52
IDW S 1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, a.a.O., hier S. 828.
53
Vgl.
BGH
, Urteil vom 17.1.73 IV ZR 142/70, in: DB, 26. Jg. (1973), S. 563-566, hier S. 565.
54
Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, a.a.O., hier S. 168.
55
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.4.99 1 BvR 1613/94, a.a.O., hier S. 569.
12
c. Die Ertragswertmethode
aa. Kurzdarstellung
Die Ertragswertmethode versteht den Unternehmenswert als Zukunftserfolgswert.
Dieser leitet sich aus den zukünftig erwarteten Erträgen ab, die mit einem
entsprechenden Zinssatz diskontiert werden. Die vom Bewerter zu
prognostizierenden Erträge spiegeln Informationen über sämtliche dem Eigner
zufließende Vorteile wider. Dazu gehören sowohl die finanziellen als auch die
nichtfinanziellen Vorteilsströme. Die Quantifizierung letztgenannter stellt
üblicherweise eine Schwierigkeit dar, insofern werden zunächst grundsätzlich nur
die finanziellen Vorteile ermittelt. Nichtfinanzielle Zielrealisationsmöglichkeiten
sind vom Unternehmenseigner verbal zu erläutern.
56
Nach dem
Bewertungsstichtag eintretende Entwicklungen bleiben unberücksichtigt, sofern
sie zum Stichtag nicht angelegt und erkennbar waren.
57
Zur Ertragsschätzung werden künftige Nettoentnahmepotenziale aus dem
betriebsnotwendigen Vermögen mit der bestmöglichen alternativen
Mittelanlagemöglichkeit verglichen. Das Vergleichsobjekt repräsentiert somit die
Opportunitätskosten der zu bewertenden Transaktion. Der Wert des nicht
betriebsnotwendigen Vermögens ergibt sich als Barwert der Summe der
Liquidationswerte.
58
Die wertbestimmenden Nettoentnahmen der Eigner sind nur
diejenigen finanziellen Überschüsse, die in den Verfügungsbereich der
Eigentümer gelangen. Ertragssteuern des Unternehmens und solche, die der
Eigentümer aufgrund seines Unternehmenseigentums zu leisten hat, sind bei der
Ermittlung der Nettozuflüsse zu berücksichtigen.
59
Eine ausführliche Darstellung
zum Verfahren der Ertragsermittlung findet sich bei Ballwieser/Leuthier.
60
56
Vgl. Jacobs, Otto H./Scheffler, Wolfram: Unternehmensbewertung, in: Handwörterbuch des
Rechnungswesens, a.a.O., hier Sp. 1981.
57
Vgl. Aha, Christof: Aktuelle Aspekte der Unternehmensbewertung im Spruchstellenverfahren
Zugleich Anmerkungen zu der Paulaner-Entscheidung des BayObLG, a.a.O., hier S. 27;
Stichtagsprinzip, Kapitel II.2.b.bb.
58
Vgl. Sieben, Günter: Unternehmensbewertung, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 5.,
völlig neu gestaltete Aufl., Teilbd. 3. R-Z, hrsg. von W. Wittmann u.a., Stuttgart 1993, Sp. 4315-
4331, hier Sp. 4323.
59
Vgl. IDW S 1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, a.a.O., hier
S.
828f.
60
Vgl. Ballwieser, Wolfgang/Leuthier, Rainer: Betriebswirtschaftliche Steuerberatung
Grundprinzipien, Verfahren und Probleme der Unternehmensbewertung (Teil II), in: DStR, 24. Jg.
(1986), S. 604-610, hier S. 604-606.
13
Zur Ermittlung des Kalkulationszinssatzes typisiert die Ertragswertmethode
regelmäßig dahingehend, als dem Bewertungssubjekt annahmegemäß nur
Finanzinvestitionen als Alternativanlage zur Verfügung stehen. Der entsprechende
Basiszinssatz leitet sich dann aus einer langfristigen, quasisicheren Anlage am
Kapitalmarkt ab.
61
Da Unternehmens- und Alternativanlage aber nur bei gleichem
Chancen-Risiken-Profil miteinander verglichen werden können, sind die
mehrwertigen Ertragsschätzungen auf deren sicherheitsäquivalenten Ertrag zu
verdichten bzw. die zu erwartenden Nettoentnahmen mit einem Basiszinssatz plus
Risikozuschlag
62
zu diskontieren.
63
Eine ausführliche Darstellung der
Komponenten des Kalkulationszinsfußes findet sich bei Ballwieser
64
.
bb. Kritische Würdigung der Ertragswertmethode
Die Vorteile der Ertragswertmethode liegen hauptsächlich im Umfang der dem
Bewerter zu Verfügung stehenden Informationen. Ein Sachverständiger hat in der
Regel Einblick in alle ertragsrelevanten Unterlagen. Dazu gehören beispielsweise
Insiderinformationen über einen sich anbahnenden Rechtstreit, aber auch
Informationen über immaterielle Vorteile, wie bestehende
Geschäftsgeheimnisse.
65
Die Menge der Informationen ist allerdings gleichzeitig
ein Problem der Ertragswertmethode. Die eventuelle Unzuverlässigkeit der Daten
sowie die Trennung von Wesentlichem und Unwesentlichem stellt für den
Bewerter eine erhebliche Schwierigkeiten dar.
66
Des Weiteren hat der Bewerter für die Festlegung eines Sicherheitsäquivalents die
subjektive Risikonutzenfunktion zu bestimmen. Diese ist zwar implizit aus
Experimenten bestimmbar, allerdings ist unklar, inwieweit sie sich im Zeitablauf
61
Vgl. Sieben, Günter: Unternehmensbewertung, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft,
a.a.O., hier Sp. 4324.
62
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Der Kalkulationszinsfuß in der Unternehmensbewertung
Komponenten und Ermittlungsprobleme, in: WPg, 55. Jg. (2002), S. 736-743, hier S. 737 Fn. 9.
63
Vgl. Hommel, Michael/Braun, Inga: Marktorientierte Unternehmensbewertung Der
Börsenkurs auf dem Prüfstand, a.a.O., hier S. 11.
64
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Der Kalkulationszinsfuß in der Unternehmensbewertung
Komponenten und Ermittlungsprobleme, a.a.O., hier S. 737-742.
65
Vgl. Hommel, Michael/Braun, Inga: Marktorientierte Unternehmensbewertung Der
Börsenkurs auf dem Prüfstand, a.a.O., hier S. 12.
66
Vgl. Großfeld, Bernhard: Börsenkurs und Unternehmenswert, in: BB, 55. Jg. (2000), S. 261-
266, hier S. 264.
14
ändert.
67
Insbesondere bei der Abfindungsbemessung sind die
Risikonutzenfunktionen der Abzufindenden dem Richter bzw. Sachverständigen
unbekannt.
68
Aus den genannten Gründen wird in der Praxis regelmäßig die
Risikozuschlagsmethode angewandt. Allerdings ist auch dieses Verfahren nicht
kritiklos zu bejahen. So werden in der Praxis Zuschläge von bis zu 50 %
69
auf den
Basiszins gewählt, obwohl diese Zuschläge eine, am Sicherheitsäquvivalent
gemessene, ,,fast schon pathologische" Risikoaversion implizieren.
70
Als
Alternative zur Schätzung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen bietet sich dem
Bewerter die Möglichkeit, auf Kapitalmarktmodelle, wie das Capital Asset
Pricing Model (CAPM), zur Bestimmung von Risikozuschlägen zurückzugreifen.
Damit versucht man die willkürliche Bestimmung eines Risikozuschlags zu
umgehen, indem auf die Präferenzen aller Marktteilnehmer abgestellt wird.
71
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dieses Verfahren vergangenheitsorientiert ist
und auf Annahmen beruht, die so in der Realität allesamt nicht zutreffen.
72
Eine
Übersicht der Kritikpunkte am CAPM gibt Ballwieser.
73
Zusammenfassend ergibt sich daraus eine erhebliche Unsicherheit allein bei der
Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes. Die Auswirkungen dieses Problems
zeigen sich beispielhaft in einem Urteil des BayObLG
74
vom 19.10.1995. Dort
wurde der Zinssatz von einer Vorinstanz mit 8,4 % (entspricht Ertragswert von
88,1 Mio. DM) festgestellt. Das BayObLG hat diesen dann auf 5,5 % (entspricht
Ertragswert von 135 Mio. DM) revidiert.
75
67
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Der Kalkulationszinsfuß in der Unternehmensbewertung
Komponenten und Ermittlungsprobleme, a.a.O., hier S. 738.
68
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Die Wahl des Kalkulationszinsfußes bei der
Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung von Risiko und Geldentwertung, in: BFuP, 33.
Jg. (1981), S. 97-114, hier S. 102f.
69
Vgl. LG Hamburg, Beschluss vom 23.6.95 414 O 54/91, in: AG, 40. Jg. (1995), S. 517-518,
hier S. 518.
70
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Die Wahl des Kalkulationszinsfußes bei der
Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung von Risiko und Geldentwertung, a.a.O., hier S.
104.
71
Vgl. Nowak, Karsten: Marktorientierte Unternehmensbewertung, 1. Aufl., Wiesbaden 2000, hier
S. 63f.
72
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Der Kalkulationszinsfuß in der Unternehmensbewertung
Komponenten und Ermittlungsprobleme, a.a.O., hier S. 738f.
73
Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Unternehmensbewertung und Komplexitätsreduktion, 3., überarb.
Aufl., Wiesbaden 1990, hier S. 175.
74
Vgl. BayObLG, Beschluss vom 19.10.95 3 Z BR 17/90, in: AG, 41. Jg. (1996), S. 127-131,
hier S. 129f.
75
Vgl. Steinhauer, Carsten: Der Börsenpreis als Bewertungsgrundlage für den
Abfindungsanspruch von Aktionären, a.a.O., hier S. 301.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2004
- ISBN (eBook)
- 9783832478872
- ISBN (Paperback)
- 9783838678870
- DOI
- 10.3239/9783832478872
- Dateigröße
- 678 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Mannheim – Betriebswirtschaftslehre
- Erscheinungsdatum
- 2004 (April)
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- abfindung minderheitsaktionäre bundesverfassungsgericht börsenkurs eingliederung
- Produktsicherheit
- Diplom.de