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Tourismus auf den Philippinen - die Insel Boracay

©1995 Diplomarbeit 112 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Tourismusindustrie hat sich zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige entwickelt. Die Einnahmen aus dem Tourismus wachsen seit Mitte der 80er Jahre schneller als die des restlichen Welthandels, für manche Länder stellt der Tourismus bereits die Haupteinnahmequelle dar. So unumstritten die quantitative wirtschaftliche Bedeutung und dynamische Entwicklung der Tourismusindustrie ist, so heftig umstritten ist auch, ob der Tourismus positive oder negative Auswirkungen, besonders auf Entwicklungsländer, hat. Die pauschale Behauptung, der Tourismus leiste in jedem Fall einen positiven Entwicklungsbeitrag, hat sich als ebenso unhaltbar erwiesen wie das Behaupten des Gegenteils. Der Einzelfall muss geprüft und bewertet werden.
Die Arbeit versucht, die Entwicklung des Tourismus auf den Philippinen zu beschreiben und dabei detailliert die Insel Boracay hinsichtlich der Auswirkungen des Tourismus zu analysieren. Die Insel eignet sich deshalb besonders gut für diese Arbeit, da sie trotz ihrer geringen geographischen Ausmaße eine - für das gesamte Land - beachtliche Zahl an internationalen Touristen auf sich vereinen kann.
Der Tourismus stellt ein interdisziplinäres Phänomen dar, das von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf ökonomische Gesichtspunkte, insbesondere auf entwicklungspolitische Möglichkeiten, etwa hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Erwirtschaftung von Devisen, der Reduzierung der Abhängigkeit von der Landwirtschaft und dem Export primärer Erzeugnisse, der Verbesserung der Infrastruktur und der Überwindung regionaler Disparitäten. Ökologische Aspekte werden im Rahmen dieser Arbeit nur am Rande erwähnt. Ebenfalls nicht näher behandelt werden die soziokulturellen Auswirkungen. So wird beispielsweise nicht auf das Phänomen des Sextourismus eingegangen. Da der Tourismus aus wirtschaftsgeographischer Sicht analysiert wird, spielen neben ökonomischen vor allem räumliche Aspekte eine Rolle.
Gang der Untersuchung:
Trotz der stetig zunehmenden Bedeutung des Tourismus im südostasiatischen Raum, findet man nur sehr wenige regionale Studien, die sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen beschäftigen. Deshalb war es notwendig, neben der nur begrenzt möglichen Literaturauswertung eine Reise auf die Philippinen zu unternehmen und hier empirisch zu forschen. Die Forschungsreise auf die Philippinen begann im Dezember 1994. Sie setzte sich zusammen aus einem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7868
Sievritts, Michael: Tourismus auf den Philippinen - Die Insel Boracay
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Freie Universität Berlin, Universität, Diplomarbeit, 1995
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhalt:
Verzeichnis der Abbildungen, Tabellen und Karten
I
Abkürzungsverzeichnis
II
1. Einleitung
1
1.1. Problemstellung und Abgrenzung
1
1.2. Methodik und Literaturüberblick
2
1.3. Begriffliches
4
2. Die wirtschaftsgeographische Situation auf den Philippinen
7
2.1. Naturgeographische Grundzüge
7
2.2. Kulturgeographische Entwicklung
8
2.3. Die wirtschaftliche und sozio-demographische Entwicklung
12
2.4. Die raumwirtschaftliche Konzentration
14
3. Der Tourismus auf den Philippinen
21
3.1. Die quantitative Entwicklung des Tourismus
21
3.2. Die Struktur des Tourismus
25
3.2.1. Saisonalität, Herkunft, Charakteristik des Tourismus
25
3.2.2. Räumliche Verteilung
28
3.3. Tourismusressourcen
30
3.3.1. Natur-, kulturräumliches Potential
30
3.3.2. Touristische Infrastruktur
30
3.4. Wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus
34
3.5. Staatliche Steuerung der touristischen Entwicklung
39
4. Die Auswirkungen des Tourismus auf der Insel Boracay
45
4.1. Geographische und sozio-demographische Eigenschaften
46
4.2. Entwicklung des Tourismus auf der Insel
49
4.2.1. Touristisches Angebot
49
4.2.2. Touristische Nachfrage
51
4.3. Wirtschaftliche Bedeutung und Auswirkungen des Tourismus
53
4.3.1. Auswirkung auf die Beschäftigung
53
4.3.2. Auswirkung auf die Infrastruktur
58
4.4. Versuch der politischen Einflußnahme auf die zukünftige touristische
Entwicklung
63
4.4.1. Der Boracay Island Master Development Plan
63
4.4.2. Private Initiativen
70
5. Zusammenfassung und Ausblick
73
Literaturverzeichnis
77
Anhang
81

Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Internationale Touristenankünfte von 1960-1993
22
Abb. 2: Ausgaben der nationalen Tourismus-Organisationen für Marketing 1990
23
Abb. 3: Prozentuale Verteilung der Touristenankünfte nach Herkunftsländern
25
Abb. 4: Monatliche Verteilung der internationalen Touristenankünfte
26
Abb. 5: Proklamation 1801 im Wortlaut
40
Abb. 6: Die organisatorische Struktur des DOT
43
Abb. 7: Aufgaben und Ziele der "Boracay Motorbike Association"
59
Abb. 8: Räumliche Struktur einer Cottage-Siedlung ("Cluster of Cottages")
65
Abb. 9: Räumliche Struktur von Geschäftsgebäuden ("Commercial Cluster")
66
Abb. A: Touristenankünfte auf den Philippinen nach Herkunftsländern
82
Abb. B: Inlandsflugplan der Philippine Airlines
83
Abb. C: "Arrival Card" zur Erfassung der Touristenankünfte auf Boracay
91
Abb. D: Stellungnahme des französischen Reiseveranstalters "Club Méditerranée"
über die geplante Errichtung einer Club-Anlage auf Boracay
92
Tabellenverzeichnis
Tab.1: Ostasiatische Länder im wirtschaftlichen Vergleich
12
Tab.2: Regionale Verteilung des BIPs pro Kopf und des Familieneinkommens
17
Tab.3: Einkommensunterschiede zwischen ländlichen und urbanen Regionen
18
Tab.4: Ausstattung der Regionen mit ausgewählten Infrastruktureinrichtungen
19
Tab.5: Entwicklung der Touristenzahlen in einigen ASEAN-Staaten
23
Tab.6: Verteilung der Touristenankünfte nach Regionen 1990
28
Tab.7: Touristenankünfte auf Boracay von 1984-1994
51
Tab.8: Tauchstationen und ihre Besitzverhältnisse
55
Tab.9: Monatliches Einkommen der Haushalte auf Boracay nach Saison
57
Tab. A: Beherbergungseinrichtungen auf Boracay
95
Kartenverzeichnis
Karte 1: Südostasien
5
Karte 2: Die Verwaltungsregionen der Philippinen
10
Karte 3: Das regionale Entwicklungsgefälle anhand der Summe
diverser Einzelindikatoren
16
Karte 4: Bevölkerungsdichte 1990
16
Karte 5: Wichtige Destinationen neben Metro Manila 1992
29
Karte 6: Boracay-Überblick
48
Karte 7: Boracay-"Land Use Map"
69
I

Abkürzungsverzeichnis
AIT
Asian Institute of Tourism
ASEAN
Association of Southeast Asian Nations
BIMD-Plan
Boracay Island Master Development Plan
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BSP
Bruttosozialprodukt
DOT
Department of Tourism
MOT
Ministry of Tourism
NEDA
National Economic and Development Authority
NIC
Newly Industrialized Countries
PAL
Philippine Airlines
PTA
Philippine Tourism Authority
WTO
World Tourism Organisation
II

1
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Abgrenzung
Die Tourismusindustrie hat sich zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige entwickelt
(rund 12-15% des Weltwirtschaftsvolumens). Für manche Länder, wie beispielsweise
Spanien, Jamaica und die Malediven, stellt der Tourismus bereits die Haupteinnahmequelle
dar.
1
Die Einnahmen aus dem Tourismus wachsen seit Mitte der 80er Jahre schneller als die
des restlichen Welthandels. Ein Ende dieser anhaltenden dynamischen Entwicklung ist nicht
in Sicht: So will die weltweite Tourismusindustrie ihren Umsatz von derzeit 5,5 Billionen DM
bis zum Jahre 2005 verdoppeln.
2
So unumstritten die quantitative wirtschaftliche Bedeutung und dynamische Entwicklung der
Tourismusindustrie ist, so heftig umstritten ist auch, ob der Tourismus positive oder negative
Auswirkungen, besonders auf Entwicklungsländer, hat.
"Die pauschale Behauptung, der Tourismus leiste in jedem Fall einen positiven
Entwicklungsbeitrag, hat sich als ebenso unhaltbar erwiesen wie das Postulieren
des Gegenteils. Der Einzelfall muß geprüft und bewertet werden."
(Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 1993
S.29)
Dieser Auffassung ist zuzustimmen, und die Arbeit versucht, die Entwicklung des Tourismus
auf den Philippinen zu beschreiben und dabei detailliert die erst seit kurzem touristisch
erschlossene Insel Boracay hinsichtlich der Auswirkungen des Tourismus zu analysieren. Die
Insel eignet sich deshalb besonders gut für diese Arbeit, da sie trotz ihrer geringen
geographischen Ausmaße eine -für das gesamte Land- beachtliche Zahl an internationalen
Touristen auf sich vereinen kann.
Die Arbeit konzentriert sich dabei auf ökonomische Gesichtspunkte, insbesondere auf
entwicklungspolitische Möglichkeiten, etwa hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen,
der Erwirtschaftung von Devisen, der Reduzierung der Abhängigkeit von der Landwirtshaft
und dem Export primärer Erzeugnisse, der Verbesserung der Infrastruktur und der
Überwindung regionaler Disparitäten. Ökologische Aspekte werden im Rahmen dieser Arbeit
nur am Rande erwähnt. Verwiesen sei jedoch an dieser Stelle auf die Diplomarbeit von Julia
Hasse, die sich mit den ökologischen Folgen des Tourismus auf der Insel Boracay befaßt.
Ebenfalls nicht näher behandelt werden die sozio-kulturellen Auswirkungen. So wird
beispielsweise nicht auf das Phänomen des Sextourismus eingegangen. Dieses Thema wäre
vom Umfang her eine gesonderte Bearbeitung wert.
Ansonsten sei zur Abgrenzung der Arbeit noch erwähnt, daß bei der allgemeinen
wirtschaftsgeographischen Beschreibung der Philippinen, wie auch bei der regionalen
Ausarbeitung der Insel Boracay nur die Bereiche angesprochen werden, die direkt oder
indirekt mit der aktuellen Tourismusentwicklung zu tun haben. So wird beispielsweise nur am
Rande auf kulturelle und geschichtliche Gegebenheiten eingegangen. Die Politik wird nur
insofern eine Rolle spielen, als sie die Tourismusplanung betrifft.
Da der Tourismus aus wirtschaftsgeographischer Sicht analysiert wird, spielen neben
ökonomischen vor allem räumliche Aspekte eine Rolle.
1Vgl. Baratta "Fischer Weltalmanach", 1992.
2Vgl. "torismus-management", 3/1994, S.12.

2
1.2. Methodik und Literaturüberblick
Trotz der stetig zunehmenden Bedeutung des Tourismus im südostasiatischen Raum, findet
man nur sehr wenige regionale Studien, die sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen
beschäftigen. So gibt es auch zum Thema "Tourismus auf den Philippinen" nur in sehr
begrenztem Umfang Literatur. Mit Ausnahme der Arbeit von Thomas Bernklau von 1991
entdeckt man zu diesem Thema in Deutschland nur mehr oder weniger umfangreiche
Aufsätze und Artikel in Fachzeitschriften. Erschwerend kommt hinzu, daß es sich bei den
Philippinen um ein Entwicklungsland handelt und aktuelle, detaillierte Daten hier in
Deutschland nicht oder nur sehr schwierig zu bekommen sind. Dabei erstreckte sich die
Literatursuche nicht nur auf diverse Bibliotheken Berlins, sondern führte auch nach Bonn und
Köln. Neben der Bibliothek der deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE) und
der Botschaft der Philippinen in Bonn war besonders der Besuch des sog "Philippinenbüros
e.V." in Köln ergibig. Dieser gemeinnützige Verein wurde 1987 gegründet und hat sich die
Aufgabe gestellt, gesellschaftliche Entwicklungen auf den Philippinen zu beobachten und
gegebenenfalls zu unterstützen. Er unterhält ein Archiv und eine Fachbibliothek. Herr Sven
Hansen, Mitarbeiter des Büros und Mitherausgeber der vierteljährlich erscheinenden
Zeitschrift "Philippinen-Forum" war mir sehr behilflich bei der Bereitstellung von teilweise
unveröffentlichter Literatur zum Thema "Tourismus auf den Philippinen". Die Ausgabe vom
März 1993 der eben erwähnten Zeitschrift beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit diesem
Thema und wird im Rahmen dieser Arbeit hin und wieder herangezogen.
Aber auch mit diesem Material ließe sich allein keine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit
schreiben, schon gar nicht eine Analyse, die sich auf eine kleine und international noch nicht
lange bekannte Insel wie Boracay konzentriert. Deshalb war es notwendig, neben der nur
begrenzt möglichen Literaturauswertung eine Reise auf die Philippinen zu unternehmen und
hier empirisch zu forschen. Auch die Bedeutung des räumlichen Bezugs dieser Arbeit
aufgrund ihrer geographischen Ausrichtung macht eine "Feldforschung" unumgänglich.
Die Forschungsreise auf die Philippinen begann im Dezember 1994. Sie setzte sich zusammen
aus einem zehntägigen Aufenthalt in Manila und einem anschließenden fast fünfwöchigen
Aufenthalt auf der Insel Boracay. Wie sich in Besprechungen und Colloquien mit anderen
Diplomanden herausstellte, hatten auch sie große Schwierigkeiten in der Hauptstadt eines
Entwicklungslandes, mit all den dazugehörigen fremden und teilweise chaotischen
Gegebenheiten so zurechtzukommen, wie ursprünglich geplant. Trotzdem stellten diverse
Behörden und Institutionen, die im folgenden kurz genannt seien, interessantes Material
bereit. Die beiden wichtigsten Stationen waren dabei das Department of Tourism (DOT) und
das Asian Institute of Tourism (AIT). Im DOT, dem Ministerium für Tourismus, gab es in
erster Linie aktuelles und relativ umfangreiches statistisches Material, wie dem
Literaturverzeichnis zu entnehmen ist. Im AIT, dem Tourismusinstitut der "University of the
Philippines" wurde Einblick in diverse (unveröffentlichte) Arbeiten von Studenten und
wissenschaftlichen Mitarbeitern des Institutes gewährt. Da die zur Verfügung stehende Zeit
knapp war und im Institut kein Kopierer vorhanden war, beschränkten sich die Auswertungen
auf die Arbeit von Evangeline M. Ortiz mit dem Titel: "The Economic Impact of Tourism in
the Philippines" aus dem Jahre 1992, die interessante Analysen des rohen statistischen
Materials des DOT enthält und eine Arbeit von De La Cruz von 1985 (siehe
Literaturverzeichnis). Neben dem DOT und dem AIT besuchte ich noch die National
Economic Development Authority (NEDA) - eine Art Wirtschaftsplanungs-behörde-.

3
Interessant war hier der Besuch der Bibliothek, in der man unter anderem auf diverse
Ausgaben des von der NEDA herausgegebenen "Philippine Yearbook" stößt. Schließlich sei
noch der Besuch des National Statistic Office (NSO), vergleichbar dem deutschen
Statistischen Bundesamt, und der Besuch der National Library zu erwähnen, in der sich ältere
Zeitungsartikel fanden (z.B. eine Serie im Manila Bulletin von Ben A. Abogadie über die
geschichtliche Entwicklung des Tourismus auf Boracay).
Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptabschnitte, und zwar den Abschnitt "Die
wirtschaftsgeographische Situation auf den Philippinen" und "Die Auswirkungen des
Tourismus auf der Insel Boracay". In dem zuerst genannten Abschnitt wird zwar der
Schwerpunkt auf die Darstellung der Entwicklung, Charakteristik sowie der wirtschaftlichen
und politischen Bedeutung des Tourismus gelegt, es werden aber auch allgemeine
kulturgeographische und raumwirtschaftliche Entwicklungen aufgezeigt. Dazu zählt nicht nur
ein kurzer Abriß der wirtschaftlichen Gesamtsituation auf den Philippinen, sondern auch ein
Rückblick auf geschichtliche Ereignisse der Kolonialzeit, da hier oft schon der Grundstein für
heutige wirtschaftliche Probleme und infrastrukturelle Unzulänglichkeiten gelegt wurde. Es
erscheint mir unmöglich, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Tourismus zu behandeln,
ohne dabei ein Verständnis für die allgemeine Entwicklung der Philippinen zu haben. In
diesem ersten Hauptteil der Arbeit wird immer wieder ein Vergleich zu Entwicklungen der
südostasiatischen Nachbarländer der Phlippinen gezogen. Dazu zählen besonders die
ASEAN-Staaten
3
, ein Zusammenschluß mehrerer südostasiatischer Länder nach dem Vorbild
der Europäischen Gemeinschaft. Besonders bei der Abhandlung der touristischen
Entwicklung erscheint dieser Vergleich sinnvoll und notwendig, da m.E. absolute Zahlen
nicht so aussagekräftig sind wie der Vergleich zur touristischen Entwicklung einiger
Nachbarstaaten. Außerdem ist der Vergleich deshalb angebracht, da einige Staaten dieser
Region schon Schwerpunkt anderer Forschungsarbeiten an diesem Fachbereich waren, wie
z.B. Malaysia und Indonesien. So läßt sich die vorliegende Arbeit besser in einen
Gesamtkontext des südostasiatischen Raums einordnen und steht nicht nur für sich allein.
Im zweiten Hauptabschnitt wird die touristische Entwicklung der Insel Boracay aufgezeigt.
Neben der Darstellung der quantitativen Entwicklung sowie der Struktur des Tourismus wird
der Schwerpunkt auf die Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen gelegt. Hier kommt vor
allem die Wirkung des Tourismus auf die Beschäftigung sowie Auswirkungen auf die
Infrastruktur zur Sprache. Aufgrund der wirtschaftgeographischen Sichtweise dieser Arbeit
wird dabei besonders auf die Raumwirksamkeit der Auswirkungen eingegangen.
Entsprechend der mangelnden Literatur sowie dem o.g. Verlauf der Forschungsreise, die sich
vom zeitlichen Aufwand her auf die Insel Boracay konzentrierte, ist dieser Teil der Arbeit in
erster Linie empirischer Natur. Zum Schluß dieses zweiten Hauptabschnittes werden
politische Vorstellungen über die weitere Entwicklung des Tourismus und der räumlichen
Ordnung der Insel, die im "Boracay Island Master Development Plan" des DOT veröffentlicht
sind, hinsichtlich ihrer Durchführbarkeit und Sinnhaftigkeit analysiert. Anschließend werden
private Organisationen und ihre Zielsetzungen vorgestellt.
Neben der Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit werden im fünften
Abschnitt Perspektiven über die weitere touristische Entwicklung Boracays aufgezeigt sowie
politische Handlungsempfehlungen gegeben.
3
ASEAN=Association of Southeast Asian Nations. Dazu zählen neben den Philippinen: Thailand,
Malaysia, Indonesien, Singapur und Brunei.

4
1.3. Begriffliches
Jede wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem speziellen Thema setzt die Definition
zentraler Begriffe der Arbeit voraus. Das betrifft besonders ein Phänomen, wie das des
Tourismus, der ja, wie anfangs schon erwähnt, ein interdisziplinäres Phänomen darstellt und
somit aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird. Eine Diskussion über den
Tourismusbegriff möchte ich jedoch nicht vornehmen, da hierüber zahlreiche Arbeiten
vorliegen und darüber ausführlich in den Seminaren diskutiert wurde.
Ich beziehe mich in meiner Arbeit auf die allgemeine Definition der Welttourismus-
organisation (WTO)
4
. Nach dieser Definition bezeichnet der Begriff "Tourismus" die
Aktivitäten von Personen, die sich an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung begeben
und sich dort nicht länger als ein Jahr zu Freizeit-, Geschäfts- und anderen Zwecken
aufhalten, wobei der Hauptreisezweck ein anderer ist als die Ausübung einer Tätigkeit, die
vom besuchten Ort aus vergütet wird.
Viele Angaben über den Tourismus auf den Philippinen in dieser Arbeit sind aus
Veröffentlichungen des Department of Tourism (DOT) entnommen. Da dieses Material in
englischer Sprache verfaßt ist, müssen hier einige Begriffe noch einmal erläutert werden:
Unter dem Begriff "visitor" versteht das DOT sowohl "tourists", die mindestens 24 Stunden
im Land (bzw in der besuchten Region) bleiben als auch "excursionists", Besucher, die
weniger als 24 Stunden bleiben.
5
Analog dazu wird von "destinations" gesprochen, wenn
Regionen gemeint sind, in denen sich ein Tourist für längere Zeit aufhält. Darunter fallen also
nicht Transit- oder sog. "Stopover"-Orte, die nur passiert werden auf dem Weg zum
eigentlichen Ziel. (Auch in der deutschen Literatur findet man immer häufiger den Begriff
"Destinationen", anstelle des älteren Begriffs "Zielgebiete".)
In englischsprachiger Literatur tritt zudem häufig der Begriff "tourism-industry" auf. Darunter
wird der Beherbergungs- sowie der Transportsektor, das Vergnügungs- und
Gaststättengewerbe, Reisemittler und auch das eigentlich produzierende Gewerbe, nämlich
die Souvenirindustrie und andere touristisch relevante Handwerksbetriebe subsummiert. Um
deutlich zu machen, daß der Tourismus ein branchenübergreifender Wirtschaftsbereich ist, zu
dem sowohl Dienstleistungen als auch produzierendes Gewerbe gehören, verwende ich in
meiner Arbeit den Begriff "Tourismussektor".
Der Begriff "Infrastruktur" wurde wiederholt im dreiteiligen Zyklus "Wirtschafts-geographie"
diskutiert. Besonders im ersten Teil, dem Seminar "Raumstruktur- und Entwicklungstheorien"
fand eine ausgiebige Diskussion über die theoretischen Grundlagen sowie die
unterschiedlichen Typisierungen verschiedener Autoren statt. Da diese Diplomarbeit im
Rahmen des Zyklus' "Wirtschaftsgeographie" geschrieben wurde, möchte ich mir an dieser
Stelle eine Wiederholung dieser Diskussion ersparen und lediglich einen kurzen
Diskussionsversuch unternehmen. Unter Infrastruktur wird allgemein der notwendige
Unterbau verstanden, der für ökonomische Aktivitäten und zur wirtschaftlichen Entwicklung
eines Raumes unabdingbar ist. Joachimsen
6
, der versucht, die unterschied-lichen
Definitionsansätze in der Literatur zu integrieren, unterteilt die Infrastruktur in die drei
Subkategorien: materielle, institutionelle und personelle Infrastruktur. Materielle Infra-
struktur sind demnach Einrichtungen der Energie- und Wasserversorgung, des
4 Auf der internationalen Konferenz über Reise- und Tourismusstatistik der WTO im Juni 1991 in
Ottawa, Kanada verabschiedet. (Zitiert aus FVW 02.08.1994, Titelseite).
5Vgl. DOT: "Statistical Report 1992", 1993, S.2.
6
Vgl. Joachimsen und Gustafsson, 1970 Spalte 1318.

5
Verkehrswesens und der Kommunikation sowie Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung,
des Bildungs-, Forschungs- und Gesundheitswesens und des Wohnungsbaus. Zum Bereich der
institutionellen Infrastruktur zählt das Rechts-, Finanz- Zoll- und Steuersystem usw. Unter
personeller Infrastruktur versteht man das quantitative und qualitative Bevölkerungs-potential,
z.B. Bevölkerungsstruktur, unternehmerische und handwerkliche Fähigkeiten. Wenn ich in
dieser Arbeit von touristischer Infrastruktur spreche, meine ich damit alle
Infrastruktureinrichtungen, die eine besondere Bedeutung für den Tourismus haben. bzw. auf
die der Tourismus in irgendeiner Form Einfluß nimmt. Dazu zähle ich vor allem
Transportwege und -mittel, Beherbergungseinrichtungen, im Tourismussektor beschäftigtes
Personal sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen.
Ferner wird in dieser Arbeit bezüglich des Tourismus vom Pauschal- und Individualtourismus
gesprochen. Pauschalreisen entstehen aus der vom Reiseveranstalter vorgenommenen
Bündelung von mindestens zwei Reiseleistungen wie Transport, Unterbringung, Verpflegung,
Transfer oder anderen Leistungen zu einem Arrangement. Demgegenüber versteht man unter
Individualtourismus selbst organisierte und individuell zusammengestellte Reisen.
7
In diesem
Zusammenhang spricht man häufig auch von "Rucksacktouristen". Obwohl das verwendete
Gepäckstück sicherlich weder ein hinlängliches noch notwendiges Unterscheidungsmerkmal
darstellt, spielt dieser Begriff doch eine Rolle in dieser Arbeit, nicht zuletzt deshalb, weil die
Filipinos, mit denen ich gesprochen habe, häufig den englischen Begriff "backpackers"
verwendeten. Daß sich Pauschaltouristen nicht nur durch die Organisationsform (bzw. das
verwendete Gepäckstück) von Individualtouristen unterscheiden, sondern häufig auch durch
Merkmale wie Aufenthaltsdauer, durchschnittliche tägliche Ausgaben, bevorzugte
Unterbringungs-varianten o.ä., wird in Abschnitt 4 deutlich.
Vom "Massentourismus" soll in dieser Arbeit nicht gesprochen werden, da es meines
Erachtens kein objektiver Begriff und er somit für eine wissenschaftliche Arbeit ungeeignet
ist. So werden mit dem Begriff Massentourismus oft negative Eigenschaften verbunden.
Beispielsweise liest man in einem Lexikon einer angewandten Geographie für den Tourismus
zu diesem Begriff:
Modewort, mit dem häufig Überlastungstendenzen und negative Auswirkungen
des Tourismus charakterisiert werden. 1. Viele Menschen (Massen) reisen
(können reisen), 2. viele reisen in Gruppen (Massen). Der Begriff ist wegen
Verwechslungsgefahr insgesamt unbrauchbar, um touristische Phänomene zu
beschreiben. (GeoLex, 1994, S.145)
Vielfach wird schon der Begriff der Pauschalreise mit der negativen Verwendung der
Bezeichnung "Massentourismus" belegt.
8
Neben diesen wichtigen touristischen Begriffen muß an dieser Stelle noch ein weiterer, für die
Arbeit bedeutender Begriff kurz erläutert werden, nämlich der des "Entwicklungs-landes".
Auch hier möchte ich mir eine tiefergehende Diskussion ersparen. Einen sehr guten
ausführlichen Überblick zu diesem Themenbereich findet man bei M. Maurer ("Tourismus
und Dritte Welt - Ein kritisches Lehrbuch mit Denkanstößen", 1992, S. 17ff). Ich werde mich
an die Definition des Fischer Weltalmanachs 1993 halten. Danach bezieht sich der
Sammelbegriff "Entwicklungsländer" auf wirtschaftliche, infrastrukturelle, soziale und/oder
kulturelle Entwicklungsrückstände im Vergleich zu Industriestaaten. Indikatoren zur
Verdeutlichung des niedrigen Entwicklungsstandes sind u.a. ein niedriges Pro-Kopf-
7
Vgl. Schroeder "Lexikon der Tourismuswirtschaft", 1991.
8
Vgl. Schroeder "Lexikon der Tourismuswirtschaft", 1991.

6
Einkommen, das Leben breiter Bevölkerungsschichten in der Nähe des Existenzminimums,
hohes Bevölkerungswachstum, relativ geringe Lebenserwartung, geringe Arbeits-
produktivität, geringer Bildungsstand, Dominanz des primären Sektors in Produktion und
Export, unzureichende Infrastruktur und in der Regel Verschuldungsprobleme. Die
Entwicklungsländer werden von der Weltbank wiederum in Länder mit niedrigem (1989 bis
600 US$ BSP pro Kopf) und Länder mit mittlerem Einkommen (bis 2.400 US$) unterteilt.
Die Philippinen hatten 1989 ein BSP von 1.160 US$ proKopf, zählen nach dieser Einteilung
somit also zu den Entwicklungsländern mittleren Einkommens.
9
Die Philippinen streben an, im Jahre 2000 zu den "Newly Industrialized Countries" (NIC) zu
gehören. Diese Länder stehen von der wirtschaftlichen Entwicklung her an der "Schwelle" zu
den Industrieländern und werden deshalb auch im Deutschen als Schwellenländer bezeichnet.
Zu diesen Ländern zählt man im asiatischen Raum Hongkong, Südkorea, Taiwan und
Singapur; in Ansätzen Malaysia und Thailand.
9
Durch die unterschiedliche Gewichtung der o.g. Indikatoren für die Ermittlung des
Entwicklungsstands eines Landes kommt es auch zu unterschiedlichen Klassifizierungen. So sind im
Diercke Weltatlas, Braunschweig 1992, S. 234, die Philippinen als Schwellenland klassifiziert. Diese
Einteilung kommt u.a. aufgrund des relativ hohen Bildungsniveaus des Landes zustande.

7
2. Die wirtschaftsgeographische Situation auf den Philippinen
2.1. Naturgeographische Grundzüge
Die Philippinen liegen in der Region Südostasien, zu denen Länder wie Vietnam,
Kambotscha, Thailand, Malaysia, Singapur und Indonesien gehören. Sie gehören zum
nordöstlichen Teil des Malayischen Archipels und sind umgeben vom Südchinesischen Meer,
der Sulu See und dem Pazifik. Sie werden oft auch als Brückenland zwischen Ost- und
Südostasien bezeichnet. Die Philippinen zeichnen sich dadurch aus, daß sie keine kompakte
Landmasse besitzen, sondern sich aus mehr als 7.100 Inseln zusammensetzen, von denen nur
rund 500 das Ausmaß von mindestens einem Quadratkilometer haben. Über 4.000 Inseln
tragen noch nicht einmal einen Namen, und 4/5 aller Inseln sind unbewohnt.
10
Aufgrund der
Inselstruktur haben die Philippinen nur mittelbare Nachbarn: Im Norden Taiwan, Im
Nordwesten die Volksrepublik China, im Westen Vietnam, im Südwesten Malaysia und
Singapur sowie im Süden Indonesien. Östlich liegen außer den Weiten des Pazifiks die Inseln
Mikronesiens.
Die Philippinen erstrecken sich über ein relativ großes Territorium. So mißt die Nord-Süd-
Ausdehnung vom 4. bis 21. Grad nördlicher Breite rund 1.800 km, eine Distanz, die der von
Berlin nach Athen entspricht. Von West nach Ost erstreckt sich das Land vom 117. bis zum
127. Grad östlicher Länge, was etwas mehr als 1.000 km sind. Die Landfläche aller Inseln
umfaßt dagegen nur etwa 300.000 km
2
und entspricht damit der von Italien.
11
Karte 1: Südostasien
Quelle: Michelin (Hrg.): "The World", 1993/1994
10
Vgl. Dusik, 1993, S. 14.
11
Vgl. Bernklau, 1991, S. 32.

8
Vereinfacht lassen sich die Philippinen in drei Hauptregionen unterteilen: Die größte Insel
Luzon zusammen mit Mindoro und Masbate im Norden, die Inseln der Visayas in der Mitte,
sowie Mindanao mit dem Sulu Archipel im Süden. Lediglich die weit nach Westen in das
Südchinesische Meer vorgelagerte Inselgruppe Palawan ist hier nicht eindeutig zuzuordnen.
Die Philippinen zeichnen sich neben ihrer Inselstruktur -und den damit verbundenen langen
Küstenlinien- vor allem durch einen gebirgigen Charakter, sowie isoliert auftretende Vulkane
aus. Besonders die Hauptinsel Luzon ist von den sich von Norden nach Süden erstreckenden
Gebirgszügen geprägt. Die bewaldeten Bergländer sind reich an tropischen Edelhölzern,
bergen aber auch beachtliche Vorkommen an Rohstoffen, vor allem Kupfer, Gold, Chrom,
Nickel, Cobald und Silber. Dagegen tritt das wirtschaftsgeographisch weit wichtigere Element
der Tieflandebenen flächenmäßig klar zurück. Diese sog. lowlands nehmen nur rund 35% und
die highlands die restlichen 65% der Gesamtfläche der Philippinen ein. Außer Luzon und
Mindanao weist kaum eine Insel größere Ebenen auf. Diese starke Zergliederung des
Archipels -durch den Inselcharakter auf der einen und die Gebirgszüge auf der anderen Seite-
wirkt sich auf die infrastrukturelle Erschließung, besonders was den Verkehr und Transport
betrifft, erschwerend und verteuernd aus.
Die Philippinen befinden sich in der tropischen Klimazone, genauer gesagt in den
sommerhumiden bzw. wechselfeuchten Tropen. Man unterscheidet also Gebiete mit nur einer
und Gebiete mit mehreren Regenzeiten. Ausgeprägte Trockenperioden, wie sie für die
meisten Monsunländer Süd- und Südostasiens charakteristisch sind, treten auf den Philippinen
nur selten auf, in den meisten Landesteilen sind die Niederschläge über das ganze Jahr
verteilt. Die Niederschlagsmengen sind groß (durchschnittlich 2.000 mm jährlich, an den
Ostküsten bis knapp 4.000 mm). Da kein Ort auf den Philippinen mehr als 100 km von der
Küste entfernt ist, ist das Klima maritim, d.h. sowohl die täglichen als auch die jährlichen
(25°-29°C) Temperaturschwankungen sind sehr gering. In bezug auf das touristische
Geschehen gibt es daher keine strenge Saisonalität, so daß alle Jahreszeiten für den
Fremdenverkehr bedeutend sind, wie Bernklau dazu feststellt.
12
2.2. Kulturgeographische Entwicklung
Die Philippinen, deren Namen auf den spanischen König Philipp II. zurückgeht, wurden -aus
europäischer Sicht- 1521 von Magellan entdeckt und 1565 spanische Kolonie. Während der
333 Jahre dauernden Kolonialzeit haben die Spanier die räumliche Ordnung des Archipels
entscheidend geprägt. So gehen die Grundrisse der fast ausschließlich von ihnen geprägten
Städte und die der Mehrzahl der ländlichen Gemeinden auf spanische Planungen zurück. Die
Spanier prägten darüber hinaus aber auch die räumliche Struktur des ganzen Landes.
[...] schlechte Straßen gehören zum Wesen der alten spanischen Kolonial-politik,
die immer darauf bedacht war, die einzelnen Provinzen ihrer großen
überseeischen Besitzungen zu isolieren, das Gefühl der nationalen Gemein-schaft
nicht aufkommen zu lassen, um so desto leichter vom fernen Mutterland aus
beherrschen zu können. (Jagor 1873, zitiert aus Bernklau, 1991 S. 42)
12
Vgl. Bernklau, 1991, S. 34.

9
Diese politisch motivierte Isolation der Regionen erklärt die ungenügende Anschließung
peripherer Regionen, die auch heute noch zu beobachten ist.
1898 fiel das Land unter US-amerikanische Herrschaft. Während der Zeit der amerikanischen
Kolonialherrschaft begann der Aufbau des öffentlichen Bildungswesens. Die ersten
staatlichen Grundschulen entstanden. Dabei legten die amerikanischen Besatzer vor allem
Wert auf die Förderung der englischen Sprache, die -zumindest in den Städten- auch heute
noch die wichtigste Verkehrs- und Geschäftssprache darstellt. Diese Tatsache erweist sich u.a.
auch für den Tourismussektor als positiv.
Nach der japanischen Besatzungszeit von 1942 bis 1946 wurde die "Republic of the
Philippines" 1946 völkerrechtlich unabhängig. Durch die geschichtlich bedingten
verschiedensten Kultureinflüsse unterscheiden sich die Philippinen durch die einzigartige
Verschmelzung asiatischer, europäischer und amerikanischer Kultur- und Lebensformen sehr
von anderen südostasiatischen Ländern.
1965 wurde Ferdinand Marcos zum Präsidenten gewählt. 1972 rief er das Kriegsrecht aus, das
seinen Clan vor rivalisierenden Oligarchien schützen sollte. Das Diktaturregime von Marcos
investierte vor allem in aufwendige und überdimensionierte Prachtbauten und öffentliche
Gebäude, anstatt in produktivitätssteigernde, rentable Projekte, wie beispielsweise in Japan zu
dieser Zeit. Die Philippinen entwickelten sich nicht zu einer effizienten Entwicklungsdiktatur,
sondern zu einem der korruptesten Systeme in Asien.
13
Die Verschuldung im Ausland, die nun keiner weiteren Kontolle des Parlamentes mehr
unterlag, stieg rapide an und erreichte 1983 mit 24 Mrd. US$ über 70% des
Bruttosozialprodukts. Das führte dazu, daß die Philippinen das einzige hochverschuldete Land
Asiens sind. Ausländische Banken sagten keine weiteren kurzfristigen Kredite mehr zu, was
die sog. "debt-driven economy" in eine schwere Krise stürzte.
Dem Diktatorregime von Ferdinand Marcos wurde durch die "People´s Power Revolution" im
Februar 1986 ein Ende gesetzt, und die Witwe des ermordeten Benigno Aquino, Corazon
Aquino wurde zu seiner Nachfolgerin gewählt. Die neue Administration stand vor den beiden
großen Aufgaben, die politische Situation zu stabilisieren sowie die Wirtschaft
wiederzubeleben.Trotz einer Normalisierung der politischen Situation sorgten immer wieder
Putschversuche von Militäreinheiten für politische Unruhe, ein großes Problem für die
Philippinen, da sie damit für ausländische Investoren und auch für Touristen unattraktiv im
Vergleich zu ihren Nachbarstaaten wurden.
Während Aquinos sechsjähriger Amtszeit gelang es jedoch, die demokratischen Institutionen
zu restaurieren und die Freiheit des Individuums weitgehend wiederherzustellen. Überfällige
Reformen sind jedoch ausgeblieben, was auf die fehlenden Mittel und den fehlenden
politischen Willen der Regierung zurückgeführt wird.
14
Mit dem Amtsantritt des heutigen Präsidenten übernahm 1992 Fidel Ramos das politische
Ruder. Politische Unsicherheiten gingen seitdem zurück und auch die Wirtschaft verzeichnete
allmählich eine gewisse Stabilität.
Administrativ sind die Philippinen in 73 Provinzen gegliedert, die wiederum zu 12
Wirtschafts- und Planungsregionen zusammengefaßt sind. Unterhalb dieser Ebenen gibt es
insgesamt 1.505 Bezirke (municipalities), diese setzen sich wiederum aus 40.000 "Barangays"
zusammen, die auf dem Lande mit unseren dörflichen Gemeinden vergleichbar sind.
Außerhalb dieser vierstufigen Verwaltungsgliederung gibt es noch ein weiteres Element,
13
Vgl. Seyfferth, 1991, S. 304.
14
Vgl. Dauth, in: "Frankfurter Rundschau" vom 05. Mai 1992.

10
nämlich die 69 sog. bevorrechtigten Städte ("chartered cities"). Sie sind als eigenständige
öffentliche Körperschaften direkt der Zentralregierung verantwortlich.
Eine verwaltungsmäßige Sonderstellung nimmt die "National Capital Region" (NCR) auch als
Metro-Manila bekannt ein. Sie hat sowohl den Status einer Provinz als auch den einer
eigenständigen Planungsregion.
Die Regionen und Provinzen der Philippinen sind in Karte 2 widergegeben. Die Insel
Boracay, die in Abschnitt 4 besonders analysiert wird, gehört zur Provinz Aklan, die
wiederum in der Region der Western-Visayas liegt. Deswegen wird auch in den folgenden
Abschnitten immer wieder besonders auf die Situation dieser Region hingewiesen und ihre
jeweilige Stellung innerhalb der Philippinen hervorgehoben.
Karte 2: Die Verwaltungsregionen der Philippinen
Quelle: Bernklau, 1991, S. 35 - 37

11
Erklärung zu Karte 2:

12
2.3. Die wirtschaftliche und sozio-demographische Entwicklung
Zwischen 1950 und 1960 lagen die Philippinen mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate
des Pro-Kopf-Einkommens von 3,6% an der Spitze der ASEAN-Staaten, ja selbst vor
Südkorea und Singapur. Alles deutete darauf hin, daß die philippinische Wirtschaft zu einer
der führenden Größen in Südostasien avancieren würde. Die Wirtschaft war gekennzeichnet
durch einen relativ stark entwickelten Industriesektor und ein großes qualifiziertes
Arbeitskräftepotential mit guten englischen Sprachkenntnissen, hinzu kamen eine solide
exportorientierte Landwirtschaft und ein potentiell großer inländischer Markt.
15
Aber bereits im Laufe der 60er Jahre fielen die Philippinen stark hinter die durchschnittlichen
Pro-Kopf-Wachstumsraten der ASEAN-Staaten zurück. Der Abstand vergrößerte sich in den
70er Jaheren weiter, so daß die Philippinen mit einem BSP pro Kopf von 730 US$ 1990
gerade noch etwas besser dastehen als Indonesien (570 US$).
16
Viele asiatische Staaten haben
es dagegen geschafft , sich zu NIC's zu entwickeln, wie Taiwan, Hongkong und Singapur.
Tab. 1: Ostasiatische Länder im wirtschaftlichen Vergleich
BSP pro Kopf in US$
1960
1990
Philippinen
235
730
Malaysia
273
2 320
Thailand
96
1 420
Indonesien
80
570
Singapur
416
11 160
Taiwan
152
7 512
Quelle: 1960: Seyfferth, 1991, S. 301; 1990: Fischer Weltalmanach 1993
Die Gründe dafür, daß die Philippinen ihre Chancen nicht genutzt haben, werden im
folgenden kurz zusammengefaßt:
- Wie im vorigen Abschnitt schon erwähnt, wurde während des Diktatorregimes unter
Ferdinand Marcos versäumt, in wichtige Infrastrukturmaßnahmen und produktivitäts-
steigernde Projekte zu investieren. Stattdessen legte das korrupte System öffentliche Mittel
und Devisen größtenteils im Ausland an und investierte hauptsächlich in Prestigeobjekte.
- Auch in der folgenden Zeit gelang es aufgrund der leeren Staatskassen nicht wie erwartet,
dringend nötige Investitionen zu tätigen, um die Wirtschaft schnell wieder anzukurbeln.
- Eines der Hauptprobleme der Philippinen war und ist das rapide Bevölkerungswachstum.
Seit 1948 hat die Zahl der philippinischen Bevölkerung von rund 19 Mio. auf heute 64
Mio. und damit um das 3,3-fache zugenommen. Bei einem gleichbleibenden
Bevölkerungswachstum von derzeit 2,4% hätte sich die Bevölkerung im Jahre 2024
verdoppelt. Mit 64 Mio Einwohnern sind die Philippinen hinter Indonesien die zweitgrößte
Nation der ASEAN.
Obwohl 1993 zum ersten Mal nach langjähriger Stagnation mit 2,3% wieder ein Wachstum
des realen Sozialprodukts verzeichnet werden konnte, leidet das Land immernoch unter
großen Problemen, die hier kurz genannt seien:
Die Philippinen sind ein Rohstoff-Exportland und wie fast alle Entwicklungsländer von
Weltmarktpreisen abhängig, die sie selbst nicht beeinflussen können.
15
Vgl. Seyfferth, 1991, S. 301.
16
Quelle: Baratta (Hrg) "Fischer Weltalmanach", 1993 Spalte 391 und 513.

13
Der philippinische Arbeitsmarkt ist durch weitverbreitete Arbeitslosigkeit bzw.
Unterbeschäftigung gekennzeichnet. Die Arbeitslosenquote lag 1992 bei 9,8%, 40% der
Erwerbstätigen gelten als unterbeschäftigt (Arbeitszeit von deutlich unter 40
Stunden/Woche).
17
Viele Filipinos arbeiten im Ausland, vor allem im Mittleren Osten.
Während meines Aufenthalts auf den Philippinen fielen mir immer wieder die seitenlangen
Stellenausschreibungen, meist saudiarabischer Firmen, auf. Diese sog. "Overseas Filipino",
die jährlich Devisen von über 1 Mrd. US$
18
überweisen, spielen natürlich auch für den
Tourismus eine bedeutende Rolle, wie später noch gezeigt wird. Fast die Hälfte der
Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft tätig, 16% im Industrie- und 38% im
Dienstleistungssektor. Hier wird die Abhängigkeit des Arbeitsmarktes von der Landwirtschaft
deutlich, ein Phänomen, was typisch für Entwicklungsländer ist.
Die Energieversorgung des Landes stellt noch immer ein großes Dilemma dar. Die
unzureichende Stromerzeugungskapazität und der ständige Ausfall veralteter Kraftwerke
waren der Hauptgrund für die Stagnation der Wirtschaft in den letzten Jahren. Es wurden
jahrelang keine neuen Kraftwerke gebaut und alle der 60 bestehenden Kraftwerke sind
überholungsbedürftig. Experten beziffern das derzeitige Stromerzeugungsdefizit auf 1000
MW.
19
Erst im letzten Jahr konnte zumindest in Manila durch den Bau einer Reihe von
Kleinkraftwerken ("fast Track Power Plants") die Lage verbessert werden. Die täglich bis zu
zehnstündigen Stromausfälle in der Hauptstadt legten vor allem den industriellen Sektor lahm.
Das erhebliche Handelsbilanzdefizit -es lag 1993 bei 6 Mrd. US$- macht den Staat von
ausländischen Kapitalzuflüssen abhängig. Das hohe Haushaltsdefizit, das u.a. durch die
geringen Steueraufkommen des Landes zustandekommt, erschwert die Finanzierung
wachstumsrelevanter Infrastruktur.
Trotzdem haben sich die Wachstumsaussichten, nicht zuletzt aufgrund der langsam spürbaren
Verbesserungen der Energieversorgung sowie der Stabilität des Peso (Inflationsrate 1993:
7,6%) verbessert. Auch eine Veränderung der Wirtschaftspolitik trug sicherlich dazu bei. So
konzentriert sich die philippinische Regierung in jüngster Zeit auf die Förderung
ausländischer Investitionen, die auf arbeitsintensive und/oder exportorientierte Produktion
ausgerichtet sind. Dabei wird immer wieder auf die niedrigen nationalen Lohnkosten
hingewiesen, die noch unter dem Niveau anderer "Billiglohnländer" wie z.B. Thailand liegen.
Neben dem o.g. hohen Bevölkerungswachstum sind für die Philippinen noch andere
soziodemographische Kennzeichen typisch. So leben beispielsweise -bedingt durch die
extrem ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung- noch immer über 50% der
Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, wie der nächste Abschnitt noch einmal deutlich
machen wird. Im Gegensatz zu anderen Entwicklungsländern ist der Bildungsstand der
Philippinen relativ hoch, was größtenteils auf die Politik der amerikanischen Besatzungszeit
zurückzuführen ist. Aber auch nach 1986 versuchte die Regierung unter Präsidentin Aquino,
dem Bildungssektor höchste Priorität zukommen zu lassen. So waren 1988 die Staatsausgaben
des Resorts "Erziehung, Kultur und Berufsbildung" am größten. Die Analphabetenrate betrug
1990 10,3% der Bevölkerung über 15 Jahren, was im Vergleich zu anderen
Entwicklungsländern ein sehr geringer Prozentsatz ist.
17
Vgl. Baratta (Hrg.) "Fischer Weltalmanach 1995", Spalte 498.
18
Vgl. Munzinger Archiv (Hrg.) "Munzinger Länderhefte Philippinen", 1991, S. 5.
19
Vgl. Handelsblatt vom 07. April 1993.

14
2.4. Die raumwirtschaftliche Konzentration
Die Grundlagen für die heute auf den Philippinen anzutreffende räumliche Wirtschafts-
struktur wurde bereits in der Kolonialzeit gelegt. Die Wahl Manilas als Verwaltungszentrale
und ökonomische Schaltstelle durch die spanische Kolonialmacht führte bereits am Ende des
19. Jahrhunderts zu einer außergewöhnlichen Dominanz der Hauptstadt. Auch während der
amerikanischen Verwaltungsperiode änderte sich an der zentralistischen Verwaltungs-struktur
der Spanier kaum etwas. Der Ausbau der Infrastruktur beschränkte sich auf den Großraum
Manila.
20
Bronger wertet den Entwicklungsstand der 73 Einzelregionen (Provinzen) anhand von 27
Einzelindikatoren aus allen wichtigen Daseinsfunktionen (Raum und Bevölkerung,
Gesamtwirtschaftliche Kenndaten, produzierendes Gewerbe, Landwirtschaft, Verkehr und
Kommunikation, Bildung und Versorgung, Wohnen) aus.
21
Im folgenden sind die wichtigsten
Ergebnisse seiner räumlichen Analyse zusammengefaßt: (Karte 3 auf Seite 15 verdeutlicht das
regionale Entwicklungsgefälle graphisch.)
1.
Es existiert eine ausgeprägte Kluft zwischen der Hauptstadtregion auf der einen und
sämtlichen übrigen Regionen auf der anderen Seite. Die Entwicklung beschränkte sich
in erster Linie auf eine einzige Region, die Hauptstadtregion (oder "core region"), es hat
also eine ausgesprochen punktuelle Entwicklung stattgefunden. Bronger spricht in
diesem Zusammenhang auch von einer Zentrum-Peripherie-Raumstruktur.
2.
Mit der Zweiteilung des Raumes in Zentrum und Peripherie muß jedoch vorsichtig
umgegangen werden, da auch außerhalb der Hauptstadtregion gravierende regionale
Disparitäten herrschen, wie später noch deutlich wird.
3.
Neben der Heterogenität im Entwicklungsstand der Einzelregionen läßt sich eine von
innen (Zentrum) nach außen gerichtete räumliche Ordnung im Entwicklungsgefälle
erkennen: Mit zunehmender Entfernung vom Zentrum Manila sinkt der
Entwicklungsstand der Region. Ausnahmen von dieser räumlich hierarchischen
Ordnung bilden in erster Linie die Einzelregionen mit eigenständigen städtischen
Zentren. Ein Beispiel dafür ist Cebu in den Visayas, das als altes Kulturzentrum die
einzige überregionale Zentralität neben Manila erreichen konnte.
4.
Der zuletzt genannte Punkt macht eine weitere räumliche Besonderheit deutlich: Es hat
sich ein ausgeprägtes Entwicklungsgefälle zwischen Stadt und Land in den Regionen
herausgebildet. Auf die dadurch resultierenden räumlichen Auswirkungen in Form der
Landflucht und damit verbundenen negativen Effekten wird weiter unten näher
eingegangen.
Neben dieser allgemeinen Darstellung der räumlichen Struktur erscheint es notwendig, auf die
räumlichen Unterschiede einiger Wirtschaftssektoren und sozioökonomischer Indikatoren, die
für das Verständnis der Entwicklung und der Auswirkungen des Tourismus nötig sind,
hinzuweisen. Dazu zählt m.E. vor allem die Verteilung der einzelnen Wirtschaftssektoren, der
Infrastruktur, die Verteilung der Bevölkerung und ihre Wanderungsprozesse, sowie
sozioökonomische Disparitäten.
In allen 13 Regionen mit Ausnahme der Hauptstadtregion und den Central-Visayas trug der
Agrarsektor 1988 überdurchschnittlich zur regionalen Bruttoinlandsproduktion bei. In der
Hauptstadtregion und der südlich angrenzenden Region Southern Tagalog (IV) trug das
20
Vgl Krämer, 1992, S. 71f.
21
Vgl. Bronger, 1987, S. 190.

15
verarbeitende Gewerbe überdurchschnittlich zum BIP bei. Die Struktur und Entwicklung des
Dienstleistungssektors divergiert stark in den einzelnen Regionen.
Nur in der Hauptstadtregion und in den Central-Visayas waren 1988 Dienstleistungen mit
rund 52% bzw. 46% deutlich überrepräsentiert, wobei in den Central-Visayas der Handel
überdurchschnittliche Bedeutung hat. Krämer weist die Regionen anhand ihrer Beiträge zum
nationalen BIP sowie ihrer intraregionalen Wirtschaftsstruktur folgenden Gruppierungen zu:
22
1.
Nationales Wirtschafts- und Dienstleistungszentrum: Die Hauptstadtregion (NCR)
2.
Industrialisierte Regionen: Central-Luzon (III), Southern Tagalog (IV), und die Central-
Visayas (VII)
3.
Region mit bedeutender Handelsfunktion: Central-Visayas (VII)
4.
Agrarregionen mit industriellem Entwicklungspotential: Ilocos (I), Western Visayas
(VI) sowie Northern- (X), Southern- (XI) und Central-Mindanao (XII)
5.
Agrarregionen ohne industrielle Basis: Cagayan-Valley (II), Bicol (V), Eastern-Visayas
(VIII) und Western-Mindanao (IX)
Das schon im vorhergehenden Kapitel beschriebene starke Bevölkerungswachstum der
Philippinen zeigte sich besonders in der Hauptstadtregion. Das führte dazu, daß der Anteil der
Gesamtbevölkerung in der Hauptstadtregion von 8,1% im Jahre 1960 auf 13,0% im Jahre
1990 anstieg. Neben den überdurchschnittlichen Wachstumsraten der Hauptstadtregion wird
der dort zu beobachtende Ballungsprozeß anhand der Karte 4 deutlich, die die
Bevölkerungsdichte der einzelnen Provinzen darstellt. In Metro-Manila drängen sich 1990
rund 12 500 Einwohner auf einen Quadratmeter (zum Vergleich: In Berlin waren es im selben
Jahr nur 3.867). Auch das großräumige Umland der Metropole ist mit 600 - 800 Einwohnern
pro m
2
sehr dicht besiedelt.
Neben eventuell unterschiedlich generativem Verhalten der einzelnen Bevölkerungs-gruppen
liegen die Ursachen der räumlich differenzierten Bevölkerungsentwicklung vor allem in den
Wanderungsbewegungen. So erfolgte vom Beginn der 70er Jahre bis 1987 das interregionale
Wanderungsverhalten wie folgt: Zuwanderungsgebiete waren die Hauptstadtregion, Southern
Tagalog sowie die Mindanaoregionen, während in anderen Landesteilen, besonders den
Visayas die Abwanderung überwog. Krämer nennt hierfür (u.a.) zwei Gründe. Zum einen
erfolgt der Migrationsstrom hin zu den dünn besiedelten Mindanaoregionen vor allem
aufgrund der dort noch verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche und vollzog sich deshalb
weitgehend zwischen ländlichen Gebieten. Auf der anderen Seite erfolgt die Zuwanderung in
Richtung Hauptstadtregion in erster Linie wegen der besseren Beschäftigungsmöglichkeiten
im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor sowie den Erwartungen der
Auszubildenden, die nur in größeren Städten bzw. der Hauptstadtregion erfüllt werden
können. Die zuletzt genannten Migrationsströme vom Land zur Stadt reduzierten sich jedoch
in den 80er Jahren aufgrund der industriell begründeten Rezession.
22
Vgl. Krämer, 1992, S. 74.

16

17
Im Vergleich zu anderen südostasiatischen Staaten verlief der Verstädterungsprozeß in den
70er und 80er Jahren auf den Philippinen langsamer. Eine Ursache dafür ist der bereits hohe
Verstädterungsgrad der Siedlungsstruktur, der mit 41% im Jahre 1980 auf den Philippinen
deutlich höher lag als in Indonesien (27%) und Thailand (21%) und dem von Malaysia
entsprach.
Seit 1974 wurde in den einzelnen Landesentwicklungsplänen der National Economic
Development Authority (NEDA) der Wille zum Abbau der gesellschaftlichen und räumlichen
Disparitäten im Einkommen und in den Erwerbsmöglichkeiten, sowie die Verminderung von
Arbeitslosigkeit und Armut bekundet mit dem Ziel der Verbesserung bzw. Angleichung der
Lebensverhältnisse in allen Teilräumen des Landes.
[...] Limitations in the purchasing power of most Filipinos exist in spite of the
marked growth of the country´s economy. This indicates the personal and
geographical maldistribution of income and wealth in the country.[...] Although
improvement over the 1971 distribution was registered, future development efforts
will have to be decively directed towards a more equitable dispersal of the
benefits of economic progress. (NEDA: "Five-Year Philippine Development Plan
1978-1982", Manila 1977, S. 6)
Innerhalb der Philippinen zeigen sich trotzdem noch deutliche interregionale
Produktivitätsunterschiede. So betrug das durchschnittliche BIP pro Kopf in der
Hauptstadtregion 1975 - 1988 annähernd das 2,5 fache des nationalen Durchschnittswertes,
während in Ilocos, Cagayan-Valley, Bicol und in den Eastern-Visayas nur rund die Hälfte des
nationalen Bruttoinlandproduktes pro Person erwirtschaftet wurde.
Tab. 2: Regionale Verteilung des BIPs pro Kopf und des Familieneinkommens
Indizes des BIP pro Kopf
(Bewertung nach konstanten Preisen von
1972)
durchschnittliches
Familieneinkommen
1975
1985
1988
1975
1985
1988
LUZON
NCR
267
234
239
10 469
61 259
82 269
I
Ilocos
53
62
63
5 525
27 842
36 293
II
Cagayan-Valley
58
57
52
5 102
29 930
36 486
III
Central-Luzon
83
85
82
5 773
43 010
51 691
IV
Southern-Tagalog
113
111
112
5 441
33 075
41 766
V
Bicol
45
48
45
4 280
22 155
29 070
Visayas
VI
Western-Visayas
95
79
73
5 484
27 622
34 110
VII
Central-Visayas
84
91
96
5 172
22 828
29 588
VIII Eastern-Visayas
44
45
42
4 834
19 509
27 221
Mindanao
IX
Western-Mindanao
53
69
66
5 662
26 090
34 492
X
Northern-Mindanao
76
92
94
3 803
29 972
40 599
XI
Southern-Mindanao
104
102
100
6 307
31 430
41 607
XII
Central-Mindanao
70
82
84
5 025
27 034
38 232
Philippinen
100
100
100
5 480
34 063
43 738
Quelle: Krämer, 1992 S. 154 und 156
Grundsätzlich lassen sich zwischen ländlichen und urbanen Regionen sowie zwischen Metro-
Manila und anderen Städten Einkommensunterschiede beobachten, wie sie in Tabelle 3

18
dargestellt sind. So betrug das Einkommen der urbanen Gebiete 1985 das 2,1fache von dem
der ländlichen Regionen (in der Tabelle in der vorletzten Zeile ausgewiesen). Diese
Statistiken verdeutlichen noch einmal die Motivation für eine Migration vom Land zur Stadt.
Tab. 3: Einkommensunterschiede zwischen ländlichen und urbanen Regionen
Durchschnittliche monatliche Haushaltseinkommen
(in Peso)
1965
1971
1975
1985
1988
1.) urbane Gebiete
4 405
5 867
8 328
58 001
76 191
2.) Metro Manila
6 590
7 785
10 649
61 259
82 269
3.) andere Städte
3 463
5 141
7 088
50 890
62 711
4.) ländliche Gebite
1 755
2 818
4 742
28 928
35 740
(1/4)
2,5
2,1
1,8
2,1
2,1
(2/3)
1,9
1,5
1,5
1,2
1,3
Quelle: Krämer, 1992, S. 155
Lebensqualität läßt sich jedoch nicht allein durch das Durchschnittseinkommen pro Kopf
innerhalb einer Region erfassen, vielmehr muß noch die intraregionale Verteilung der
Haushaltseinkommen auf einzelne Gruppen der Bevölkerung berücksichtigt werden. So
verfügten 1988 10% der Haushalte über 36% der Einkommens,
23
eine Tatsache, die als
Kennzeichen unterentwickelter Länder immer wieder kritisch hervorgehoben wird:
Die Ungerechtigkeit bei der Einkommensverteilung ist auf den Philippinen
genauso empörend wie in vielen südamerikanischen Ländern. (P. Seitlitz, im
General Anzeiger vom 15.02.94)
Besonders deutlich werden die intraregionalen personellen Einkommensunterschiede bei der
Betrachtung derjenigen Haushalte, die in absoluter Armut -also unterhalb des
Existenzminimums- leben und somit am stärksten von intraregionalen Disparitäten betroffen
sind. Der nationale Durchschnitt lag 1988 bei 49%. Deutlich über diesem Wert lag die Region
Bicol (V), die Western-Visayas (VI) -die Region also innerhalb der die Insel Boracay liegt-
und die Eastern-Visayas (VIII). Die Hauptstadtregion (NCR) hatte mit einem Armutsanteil
von 31,8% den niedrigsten Wert, wobei das in erster Linie auf das Umland Manilas
zurückzuführen ist, da hier die Wohnorte der reichen philippinischen Bevölkerung zu finden
sind. Mit Ausnahme der Hauptstadtregion mit einem deutlich unterdurchschnittlichen
Verarmungsgrad haben die interregionalen Unterschiede im Verar-mungsgrad von 1975 -
1988 leicht abgenommen.
Ein weiteres Phänomen ist die Tatsache, daß der Verarmungsgrad in den Städten
durchschnittlich geringer ist als in ländlichen Gebieten. Die Mehrheit der auf dem Land in
Armut lebenden war 1988 in der Landwirtschaft beschäftigt (62% - 65%). Ungefähr zwei
Drittel aller landwirtschaftlich tätigen Familien zählte 1988 zu den Armen. Traditionell zählen
23
Bronger (S. 218) vergleicht die benachbarten Inseln Cebu und Bohol. Cebu hat zwar statistisch
einen um 50% höheren Entwicklungsstand als die Nachbarinsel Bohol, ist aber gekennzeichnet durch
eine große Diskrepanz zwischen arm und reich im Gegensatz zu Bohol, wo es keine Reichenviertel,
aber auch keine Slums gibt. Und trotzdem ist eine Wanderung von Bohol ("diesen fast letzten
Paradieses") nach Cebu zu beobachten. Krämer untersucht intraregionale personelle
Einkommensdisparitäten mit Hilfe des Gini-Koeffizienten und kommt zu dem Ergebnis, daß in Manila
diese Einkommensunterschiede weitaus größer sind als in anderen Regionen des Archipels (Krämer,
1992, S. 158).

19
die landlosen und nicht selbständig Tätigen -also von Lohn abhängigen- zu den
Allerärmsten.
24
Dazu gehören besonders die in der Fischerei Beschäftigten, von denen 80%
unterhalb der Armutsgrenze leben.
25
Im Vergleich zu anderen Staaten Asiens haben die Philippinen eine der ungerechtesten
Einkommensverteilungen und die höchste Rate absoluter Armut aller ASEAN-Staaten.
26
Neben der Analyse der räumlichen Verteilung der Einkommen sowie der Entwicklung der
Armut, zeigen auch andere soziale Indikatoren den krassen Unterschied der Lebens-
verhältnisse zwischen Stadt und Land. Hierzu zählen Indikatoren, wie Bildungswesen
(ausgedrückt z.B. anhand der Alphabetisierungsgrade) oder Unterschiede in der
medizinischen Versorgung (beispielsweise Lebenserwartungen oder Säuglingssterblichkeit).
Eine derart differenzierte Analyse erscheint an dieser Stelle jedoch nicht angebracht, da es
nicht das Ziel dieser Arbeit ist, ein genaues Bild über die Gesamtsituation der Philippinen zu
vermitteln. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Untersuchungen von Maren
Krämer
27
sowie auf den Länderbericht "Philippinen 1992" vom statistischen Bundesamt.
Die Versorgung der einzelnen Regionen mit infrastrukturellen Einrichtungen im Jahre 1989
ist in Tabelle 4 dargestellt.
Tab. 4: Ausstattung der Regionen mit ausgewählten Infrastruktureinrichtungen
Straßendichte*
Haushalte mit Energie-
versorgung (in %)
Haushalte mit Wasser-
versorgung (in %)
NCR
4,71
97,8
78,60
I
0,56
64,7
26,90
II
0,30
50,2
6,70
III
0,71
79,9
29,80
IV
0,39
62,0
39,50
V
0,49
44,8
35,40
VI
0,68
34,5
21,70
VII
0,71
39,0
30,40
VIII
0,39
26,4
37,20
IX
0,52
34,4
22,20
X
0,52
55,4
49,70
XI
0,50
48,9
25,40
XII
0,49
40,3
17,60
Philippinen
0,52
57,0
36,30
*Länge der Straßen in Bezug zur regionalen Fläche insgesamt
Quelle: Krämer, 1992, S. 166f
Deutlich zu erkennen ist auch hier die herausragende Stellung der Hauptstadtregion , sie
übertrifft -was die Versorgung der Haushalte mit wirtschaftlicher Infrastrukturausstattung
angeht- alle anderen Regionen. Die für die spezielle Analyse der Insel Boracay in Abschnitt 4
besonders interessante Region VI (Western-Visayas) hat einen der schlechtesten Werte,
sowohl was die Versorgung der Haushalte mit Energie als auch mit Wasser betrifft. Innerhalb
der Inselgruppe der Visayas sind nur die Haushalte der Provinz Cebu weitgehend mit
24
Vgl. Balisacan, 1993, S. 533ff.
25
Vgl. Munzinger -Archiv (Hrg.) "Munzinger Länderhefte Philippinen", 1991, S. 8.
26
Vgl. Seyfferth, 1992, S. 305.
27
Vgl. Krämer, 1992, S. 164f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1995
ISBN (eBook)
9783832478681
ISBN (Paperback)
9783838678689
DOI
10.3239/9783832478681
Dateigröße
56.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Geowissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (April)
Note
2
Schlagworte
südostasien entwicklungsland tourismusforschung asean wirtschaftszweig
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Titel: Tourismus auf den Philippinen - die Insel Boracay
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