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Strategischer Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im touristischen Destinationsmanagement unter besonderer Berücksichtigung von geografischen Informationssystemen (GIS)

Skizze eines kontext-sensitiven elektronischen Dienstes für nomadische Wintersporttouristen im österreichischen Alpenraum

©2003 Diplomarbeit 206 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Hochdynamische Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) setzen touristische Akteure unter Handlungsdruck – eröffnen ihnen aber auch neue Chancen.
Diese Arbeit prüft im Rahmen des strategischen Destinationsmanagements und aus einer wert- und nutzenorientierten Perspektive zwei Hypothesen: Erstens, durch Informationsintegration kann IKT die „Lücke“ zwischen einem fragmentierten Destinationsangebot und dem grundsätzlich ganzheitlichen Aufenthaltserlebnis des Touristen erfolgsentscheidend verkleinern. Zweitens, drahtlose IKT ermöglichen einen interaktiven Echtzeitkontakt zu nomadischen Endkunden und damit neue – situationsbedingte (kontextsensitive) – Geschäfte. Es erfolgt eine umfangreiche Untersuchung des heutigen Entwicklungsstands von Netzwerk- und Funktechnologien. Ein zusätzlicher Schwerpunkt wird auf den potentiellen Beitrag von Geografischen Informationssystemen gelegt. Als theoretisches Fundament der Überlegungen dient die Internetökonomie.
Mit Hilfe von Experteninterviews wird ein Service-Produkt-Szenario für alpinen Wintersporttourismus entwickelt und der Versuch unternommen, die weitere Entwicklung hinsichtlich IKT-Affinität der Touristen und des IKT-Einsatzes im touristischen Destinationsmanagement abzuschätzen, um die Qualität von Investitionsentscheidungen zu verbessern.

Problemstellung:
Seit Mitte der 1990er Jahre wandelt sich in den „westlichen“ Industriestaaten die Dienstleistungsgesellschaft zur Informationsgesellschaft. Treiber sind Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) – allen voran das Internet. Von den 16 bis 64jährigen Deutschen besitzen im Frühjahr 2003 bereits 53% einen privaten Internetanschluss, gegenüber 17% in 1999 . Mit dem Massenmarkteintritt drahtloser IKT – allen voran dem Handy – hat sich die technologische Dynamik seit drei Jahren dramatisch verstärkt. 1996 benutzen 137 Mio. Menschen weltweit ein Mobiltelefon. Anfang 2002 sind es über 1 Milliarde . 77 von 100 Westeuropäern besitzen Ende 2002 ein Handy; in Deutschland sind es 72, in Japan 61 und in den USA 48. Funktionale Konvergenz der Geräte und breitbandige Datenübertragung (3G) werden den deutschen Mobilfunkmarkt in 2004 thematisch dominieren.
Digitalisierung und Vernetzung erzwingen einen völlig neuartigen Umgang mit Information, denn die Transaktionskosten und -barrieren des Rohstoffs „Information“ sinken, gleichzeitig lösen sich bestimmte Güter von ihrem bisherigen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7790
Herkt, Matthias: Strategischer Einsatz von Informations- und
Kommunikationstechnologien (IKT) im touristischen Destinationsmanagement unter
besonderer Berücksichtigung von geografischen Informationssystemen (GIS) - Skizze
eines kontext-sensitiven elektronischen Dienstes für nomadische Wintersporttouristen im
österreichischen Alpenraum
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Trier, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Motivation
Eine Rucksackreise durch Boliviens Altiplano macht Funkstille zum
eigenständigen Erlebnis.
Gleichwohl wird die Häufig- und Vielfältigkeit an Bedarfssituationen spürbar: Wo
ist die nächste Wäscherei? Hält der Streik den Grenzübergang weiterhin
geschlossen? Ist die Bekannschaft noch in der Stadt? Wer hat hier und jetzt
kompetente Antworten zur Tihuanaco-Kultur? Welche Veranstalter bieten morgen
eine Tour zum Illimani? Hat das empfohlene Hotel ein Zimmer frei? Papier mit
hunderttausend spanischen Vokabeln trägt man mit; die Busabfahrtszeit ist jedoch
nur mündlich überliefert.
Elektromagnetische Wellen erreichen den Reisenden weltweit und jederzeit. Was
der Fragesteller braucht, ist ein Empfangsgerät ­ und nützliche Anworten.
Danksagung
Meinen Eltern Roswitha und Michael Herkt an dieser Stelle ein herzliches
Dankeschön! für die verlässliche moralische und finanzielle Unterstützung meines
Studiums. Danken möchte ich auch meinem Bruder Valentin für kompetentes
Korrekturlesen. Ein aufrichtiges Merci! geht desweiteren an Manuel Siemon,
Stefan Gumler, Tobias Hannemann und Tamara Ball für die Sicherstellung
ausreichenden Savoir-Vivres während der Bearbeitungszeit dieser Diplomarbeit.
Copyright-Hinweis
Die in dieser Arbeit erwähnten Software-, Hardware- und Produktbezeichnungen
sind in den meisten Fällen auch eingetragene Warenzeichen und unterliegen als
solche den gesetzlichen Bestimmungen; nur um die Lesbarkeit zu verbessern, wird
auf sie ohne vollständige Angabe von Rechte haltenden Unternehmen Bezug
genommen.

I
A
BSTRACT
Hochdynamische Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)
setzen touristische Akteure unter Handlungsdruck ­ eröffnen ihnen aber auch neue Chancen.
Diese Arbeit prüft im Rahmen des strategischen Destinationsmanagements und aus einer wert- und
nutzenorientierten Perspektive zwei Hypothesen: Erstens, durch Informationsintegration kann IKT die
,,Lücke" zwischen einem fragmentierten Destinationsangebot und dem grundsätzlich ganzheitlichen
Aufenthaltserlebnis des Touristen erfolgsentscheidend verkleinern. Zweitens, drahtlose IKT ermöglichen
einen interaktiven Echtzeitkontakt zu nomadischen Endkunden und damit neue ­ situationsbedingte
(kontextsensitive) ­ Geschäfte. Es erfolgt eine umfangreiche Untersuchung des heutigen
Entwicklungsstands von Netzwerk- und Funktechnologien. Ein zusätzlicher Schwerpunkt wird auf den
potentiellen Beitrag von Geografischen Informationssystemen gelegt. Als theoretisches Fundament der
Überlegungen dient die Internetökonomie.
Mit Hilfe von Experteninterviews wird ein Service-Produkt-Szenario für alpinen Wintersporttourismus
entwickelt und der Versuch unternommen, die weitere Entwicklung hinsichtlich IKT-Affinität der
Touristen und des IKT-Einsatzes im touristischen Destinationsmanagement abzuschätzen, um die Qualität
von Investitionsentscheidungen zu verbessern.
Highly dynamic developments in Information and Communication Technologies (ICT) force tourism
players to rethink their business cases ­ while representing new opportunities as well.
This paper tests two hypotheses within the framework of strategic destination management applying a
value centered perspective: Firstly, by facilitating information integration ICT helps closing the gap
between a destination's fragmented offer and a tourist's always holistic travel experience. Secondly, in
establishing interactive real-time contact with nomadic users, wireless ICT allows for new ­ context-
sensitive ­ business opportunities. Following an extensive literature-based investigation into today's
network and wireless technology state of the art, special emphasis is put on examining the potential
contribution of Geographic Information Systems. Conclusions are based on internet economics theory.
Supported by expert interviews, a service product scenario is developed for an alpine destination arguing
that winter sports tourism is especially suited for the envisioned service innovation. In addition, future
prospects regarding ICT affinity of tourists and ICT use by destination management organizations are
examined using expert opinions generating expertise to improve investment decisions.

II
I
NHALTSVERZEICHNIS
1
EINFÜHRUNG ... 10
1.1
P
ROBLEMATIK
... 10
1.2
Z
IELSETZUNG
... 11
1.3
A
BGRENZUNG
... 11
1.4
V
ORGEHENSWEISE
... 12
2
ZUR PROBLEMATIK DES DESTINATIONSMANAGEMENTS... 13
2.1
D
EFINITION VON
D
ESTINATION
... 14
2.2
A
UFGABEN EINER
D
ESTINATIONSMANAGEMENTORGANISATION
(DMO)... 15
2.3
S
TRATEGISCHE
G
ESICHTSPUNKTE
­
UNGEACHTET DER E
B
USINESS
-O
PTIONEN
... 17
2.3.1
Eigenschaften des touristischen Produkts ... 17
2.3.2
Optimierung der Wertkette ... 18
2.3.3
Wertschöpfung als primäres Ziel... 19
2.3.4
Wettbewerbsfähigkeit durch Wert-Orientierung ... 20
2.3.5
Notwendigkeit eines multidimensionalen Wertverständnisses ... 22
2.4
K
ERNKOMPETENZEN DER
DMO... 24
2.5
O
RGANISATION DER
DMO... 25
2.6
Z
USAMMENFASSUNG
... 27
3
INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNOLOGIE... 28
3.1
T
HEMENÜBERBLICK
IKT ... 28
3.2
B
EGRIFFE
... 29
3.3
G
RUNDLAGEN DER
D
ATENÜBERTRAGUNG
... 30
3.4
F
UNKTECHNOLOGIE
... 31
3.4.1
Basiswissen: Elektromagnetische Wellen... 31
3.4.2
Zur getroffenen Auswahl ... 35
3.4.3
Infrarot ... 35
3.4.4
Bluetooth ... 37
3.4.5
IEEE 802.11 WLAN... 39
3.4.5.1
Die Technologie...39
3.4.5.2
Hotspots als öffentlicher Funkzugang zum Internet...41
3.4.6
weitere IEEE-Standards ... 43
3.4.7
Mobilfunknetze ... 44
3.4.7.1
Einleitung ...44
3.4.7.2
3G-Mobilfunk: UMTS...45
3.4.7.3
Dienstepalette ...48
3.4.8
Ortungstechnologien ... 51
3.4.8.1
Outdoor Positionierungssysteme...51
3.4.8.2
Fokus: GPS ...52

III
3.4.9
Zusammenfassende Bewertung... 55
3.5
N
ETZWERKTECHNOLOGIE
... 60
3.5.1
Das Internet... 60
3.5.2
Technologische Herausforderungen... 62
3.5.3
Zusammenfassende Bewertung... 65
3.6
G
EOGRAFISCHE
I
NFORMATIONSSYSTEME
... 66
3.6.1
Einordnung... 66
3.6.2
Funktionsweise und Leistung ... 67
3.6.3
GIS auf mobilen Endgeräten ... 68
3.6.4
GIS im Internet ... 69
3.6.5
Grenzen und Herausforderungen ... 70
3.6.6
Zusammenfassende Bewertung... 71
3.7
F
AZIT
IKT... 71
4
TECHNOLOGIEEINSATZ DER TOURISTISCHEN NACHFRAGE ... 72
4.1
N
ACHFRAGETRENDS UND
W
ERTEDIMENSIONEN
... 72
4.2
N
UTZER DES
I
NTERNETS VIA
M
OBILFUNK
... 73
4.2.1
Zugang als Bedingung... 74
4.2.2
Dienste als Bedingung... 74
4.3
T
OURISTISCHE
N
ACHFRAGE IM
(
MOBILEN
)
I
NTERNET
... 75
4.3.1
Eigenschaften der Zielgruppe... 75
4.3.2
Grösse und Dynamik des Online-Tourismusmarkts ... 76
4.3.3
Hemmende Faktoren ... 77
4.3.4
Potentiale des mobil zugänglichen Internets für Touristen ... 78
METHODEN ... 79
4.4
Z
UR
P
RODUKTSTUDIE
... 79
4.5
ZUR
E
XPERTENBEFRAGUNG
... 80
5
ERGEBNISSE UND DISKUSSION... 83
5.1
T
RIEBKRÄFTE DER
I
NTERNETÖKONOMIE
... 83
5.1.1
Digitalisierung ... 83
5.1.2
Vernetzung... 84
5.1.3
Breitbandfunk ... 85
5.1.4
Neue Strukturen und Kosten... 87
5.2
D
IE
DMO
UNTER
H
ANDLUNGSDRUCK
... 87
5.3
V
ISION EINES
S
ERVICEPRODUKTS
... 90
5.3.1
Einordnung... 90
5.3.2
Zielgruppe(n)... 91
5.3.3
Urlaubstyp und Destination ... 93
5.4
N
UTZENPOTENTIALE FÜR DEN
E
NDKUNDEN
... 98
5.4.1
Informationsbündelung ... 98

IV
5.4.2
Mobilitätsunterstützung... 99
5.4.3
Kontextsensitivität ... 100
5.4.4
Kontextabhängige Nutzenkategorien... 101
5.4.4.1
Zeit...101
5.4.4.2
Raum...102
5.4.4.3
Person ...103
5.4.5
kontextunabhängige Nutzenkategorien... 105
5.5
N
UTZENPOTENTIALE FÜR DIE
DMO... 106
5.5.1
Vernetzung... 106
5.5.2
Bündelung & Vertrieb ... 108
5.5.3
Kundenintegration... 109
5.5.4
Zahlungsbereitschaft ... 110
5.5.5
Überlegungen zum Geschäftsmodell ... 112
5.6
F
OKUS
:
ZENTRALE
B
EDEUTUNG VON
G
EOINFORMATION UND
GIS ... 114
5.7
E
RFORDERNISSE UND
H
ÜRDEN
... 116
5.7.1
im technischen Bereich... 116
5.7.2
im touristischen Bereich:... 120
6
FAZIT... 125
7
LITERATURVERZEICHNIS... 127

V
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Vorgehensweise ... 13
Abbildung 2: Destinationsgestalt ... 15
Abbildung 3: Modell der Value Profit Chain ... 23
Abbildung 4: ausgewählte IKT-Module ... 28
Abbildung 5: OSI-Referenzmodell ... 30
Abbildung 6: Elektromagnetische Wellen und Gerätefrequenzen... 32
Abbildung 7: Zur Auswahl der Funktechnologie-Module (für Handhelds) ... 35
Abbildung 8: Übertragungsgeschwindigkeiten von Funktechnologien im Vergleich ... 56
Abbildung 9: Profil der befragten Experten ... 82
Abbildung 10: Infrastrukturdimensionen des Informationsgeschäfts... 84
Abbildung 11: Erfolgsaussichten für WLAN und UMTS im Vergleich ... 86
Abbildung 12: Vergleich des Handlungsdrucks auf touristische Akteure ... 88
Abbildung 13: Grösse versus Geschwindigkeit des Veränderungsdrucks ... 89
Abbildung 14: Zielgruppen nach Reisezweck ... 93
Abbildung 15: Wertschätzung des Internet- und Portalzugangs auch unterwegs ... 95
Abbildung 16: Winternächtigungen in Österreich 2002 nach Quellmärkten... 96
Abbildung 17: Mehrwert für PDA/Smartphone durch GPS-Modul ... 99
Abbildung 18: Destinationsinterne Vorteile durch das anvisierte Service-Produkt... 106
Abbildung 19: Einschätzung der Zahlungsbereitschaft für vorgeschlagenes Service-Produkt ... 111
Abbildung 20: Internetgestützte Geschäftsmodelltypen nach Leistungsangebot differenziert ... 113
Abbildung 21: Zum Wert von GIS für das touristische Destinationsmangement... 114
Abbildung 22: Produktstudie: Entwicklungsstand mobiler Endgeräte ... 117
Abbildung 23: Experteneinschätzung des Entwicklungsstands mobiler Endgeräte ... 119
Abbildung 25: Zufriedenheit der Experten hinsichtlich Entwicklungsstands mobiler Endgeräte ... 120
Abbildung 25: Verantwortungsfragen hinsichtlich Implementierung ... 121
Abbildung 26: Diskussion geeigneter Preismodelle für anvisiertes Service-Produkt ... 122

VI
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ADC
Analog Digital Conversion
AES
Advanced Encryption Standard
AFH
Adaptive Frequency Hopping
A-GPS
Assisted Global Positioning System
ALI Automatic
Location
Identification
AM Amplitude
Modulation
AMPS
Advanced Mobile Phone System
AP Access
Point
ARCHIE
A Reliable Computer/Human Interaction Environment
ARPANET Advanced
Research Projects Agency NETwork
A-S Anti-Spoofing
ATM Asynchronous
Transfer
Mode
C/A Coarse/Acquisition
CDMA
Code Division Multiple Access
CF-Card Compact
Flash-Card
CIF
Common Intermediate Format
CLV
Customer Lifetime Value
CRM
Customer Relationship Managements
CSA Client-Server-Architektur
CSD Circuit
Switched
Data
CSS
Cascading Style Sheets
CVM
Customer Value Management
D-AMPS Digital-Advanced
Mobile Phone Service/System
DECT
Digital Enhanced Cordless Telecommunications
D-GPS Differential
Global Positioning System
DINKS
Double Income No Kids
DMO Destinations-Managment
Organisation
DNS
Domain Name System
DOD Department
of
Defense
DSP Digital
Signal
Processors
DSSS
Direct Sequence Spread Spectrum
DSSSL
Document Style Semantics and Specification Language
EGNOS
European Geostationary Navigation Overlay Service
EMAIL Electronic
Mail
EMS Enhanced
Messaging
Service
EMW ElektroMagnetische
Welle
EPOC
Electronic Piece of Cheese

VII
ETSI
European Telecommunications Standards Institute
FCC
Fedeal Communications Commission
FDD
Frequency Division Duplex
FDMA
Frequency Division Multiple Access
FM Frequency
Modulation
FOMA
Freedom Of Mobile multimedia Access
FTP
File Transfer Protocol
GB GigaByte
GGSN
Gateway GPRS Support Node
GHz GigaHertz
GIS Geografisches
InformationsSystem (Geographic Information System)
GLONASS
GLObal'naya Navigatsioannaya Sputnikovaya Sistema
GML
Geographic Markup Language
GMPCS
Global Mobile Personal Communications Service
GNSS
Global Navigation Satellite Systems
GOPHER
Vorgänger des WWW ohne Hyperlinks
GPRS
General Packet Radio Service
GPS
Global Positioning System
GSM
Global System for Mobile Telecommunications
HiPerLAN
High Performance Local Area Network
HSCSD
High Speed Circuit Switched Data
HTML
HyperText Markup Language
HTTP
Hyper Text Transfer Protocol
HTTPS
Hyper Text Transfer Protocol Secure sockets
I&K
Information & und Kommunikation
ICT
Information and Communication Technologies
IEEE
Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc.
IFITT
International Federation for Information Technology and Travel & Tourism
IKT
Informations- und Kommunikations-Technologien
IMAP
Internet Message Access Protocol
IP Internet
Protocol
IPsec
Internet Protocol Security
IRC Internet
Relay
Chat
IrDA Infrared
Data
Association
ISM
Industrial, Scientific, Medical
ISO
International Standards Organization
ITU
International Telecommunications Union
KB Kilobyte
KBit/s
Kilobit pro Sekunde
LAN
Local Area Network
LBS Location-Based
Services

VIII
MAN Metropolitan
Area
Network
MB Megabyte
MBit/s Megabit
pro
Sekunde
MHz Megahertz
MICE
Meetings, Incentives, Conventions, Exhibitions
MMC MultiMediaCard
MMS Multimedia
Messaging
Service
MP3
Moving Picture Experts Group Layer-3 Audio (audio file format/extension)
MSAS
Multi-Functional Satellite Augmentation System
MSC
Mobile Switching Center
MSS
Mobile Satellite Services
NICCIMON Niedersächsisches
Kompetenzzentrum
Informationssysteme für die Mobil Nutzung
OASIS
Organization for the Advancement of Structured Information Standards
OS Operating
System
OSI Open
Systems
Interconnection
PAN
Personal Area Network
PC Personal
Computer
PDA Personal
Digital
Assistant
PDC Personal
Digital
Cellular
PGP
Pretty Good Privacy
PIM Personal
Information
Manager
PMR
Profoundly Mentally Retarded
POIX
Point Of Interest eXchange Language Specification
POP Post
Office
Protocol
PPS
Precise Positioning Service
PSAP
Public Safety Answering Point
PWLAN Public
Wireless
LAN
QWERTZ
Reguläre Tastenanordnung auf Computertastatur
RADAR
Radio Detection And Ranging
RAM Random-Access
Memory
ROM Read-Only
Memory
SA Selective
Availability
SAR
Search and Rescue
SD SecureDigital
SDP
Service Discovery Protocol
SGML
Standard General Markup Language
SGSN
Service GPRS Support Node
SMS
Short Messages Service
SMTP
Simple Mail Transfer Protocl
S-PCS
Satellite Personal Communic System
SPS
Standard Positioning Service

IX
SSL Secure
Socket
Layer
SVG
Scalable Vector Graphics
SWOT
Strenghts Weaknesses Opportunities Threats
TCP
Transmission Control Protocol
TDMA
Time Division Multiple Access
TELNET
Network Virtual Terminal Protocol
TFT
Thin Film Transistor (auf Basis von Liquid Crystal Display)
TQM
Total Quality Management
UMTS
Universal Mobile Telecommunication System
UNII
Unlicensed National Information Infrastructure
URL
Uniform Resource Locator
USB Universal
Serial
Bus
USENET User's
Network
USP
Unique Selling Proposition
VC Virtual
Community
VoIP Voice
over
IP
VPC Value
Profit
Chain
VPN Virtual
Private
Network
WAAS
Wide Area Augmentation System
WAP Wireless
Application
Protocol
WCDMA
Wideband Code Division Multiple Access
WEP
Wired Equivalent Privacy
WH Wireless
Handhelds
WLAN
Wireless Local Area Network
WMS
Web Map Server
WPAN
Wireless Personal Area Network
WWW
World Wide Web
xHTML
Extensible Hypertext Markup Language
XML
eXtensible Markup Language
XSL
eXtensible Stylesheet Language

10
1 E
INFÜHRUNG
1.1 P
ROBLEMATIK
Seit Mitte der 1990er Jahre wandelt sich in den ,,westlichen" Industriestaaten die
Dienstleistungsgesellschaft zur Informationsgesellschaft. Treiber sind Informations- und
Kommunikationstechnologien (IKT) ­ allen voran das Internet. Von den 16 bis
64jährigen Deutschen besitzen im Frühjahr 2003 bereits 53% einen privaten
Internetanschluss, gegenüber 17% in 1999
1
. Mit dem Massenmarkteintritt drahtloser
IKT ­ allen voran dem Handy ­ hat sich die technologische Dynamik seit drei Jahren
dramatisch verstärkt. 1996 benutzen 137 Mio. Menschen weltweit ein Mobiltelefon.
Anfang 2002 sind es über 1 Milliarde
2
. 77 von 100 Westeuropäern besitzen Ende 2002
ein Handy; in Deutschland sind es 72, in Japan 61 und in den USA 48
3
. Funktionale
Konvergenz der Geräte und breitbandige Datenübertragung (3G) werden den deutschen
Mobilfunkmarkt in 2004 thematisch dominieren.
Digitalisierung und Vernetzung erzwingen einen völlig neuartigen Umgang mit
Information, denn die Transaktionskosten und ­barrieren des Rohstoffs ,,Information"
sinken, gleichzeitig lösen sich bestimmte Güter von ihrem bisherigen Trägermedium.
Tourismus als Informationsgeschäft
4
ist in seiner Branchenstruktur,
Wettbewerbsfähigkeit und seinen Geschäftsmodellen besonders betroffen.
Tourismusakteure müssen fortan in zwei Welten tätig sein: in der physisch-sinnlichen
(,,marketplace") und in der virtuellen (,,marketspace")
5
. Im Veränderungsdruck liegen
jedoch auch grosse Chancen ­ gerade für den Tourismus, und besonders für das
Destinationsmanagement. Ein fragmentiertes Angebot, verstreute ,,Wissens-Inseln",
limitierte und teils gemeinschaftlich genutzte Ressourcen, interne Interessenskonflikte
und eine diffuse Aussendarstellung sind einige der Herausforderungen, denen
Mitarbeiter einer Destinationsmangementorganisation (DMO) gegenüberstehen. Der
Tourist
6
nimmt die Destination jedoch stets ganzheitlich wahr. Dadurch entsteht eine
,,Lücke" zwischen Angebot und Nachfrage. Mittels strategischen Managements und
1
Vgl. FAZ 2003, S. 20
2
Vgl. Bitcom 2002, URL: http://www.itk-trends.de/0216_02.htm [23.08.2003]
3
Vgl. RegTP
2002, URL: http://www.regtp.de/imperia/md/content/aktuelles/22.pdf [24.08.2003]
4
Vgl. Schertler 1994a, S. 17ff
5
Vgl. Rayport / Sviokla, S. 59
6
nur aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit stets die maskuline Form verwendet.

11
IKT-Einsatz seitens der DMO kann dieses brachliegende Geschäftspotential weitgehend
erschlossen werden.
1.2 Z
IELSETZUNG
In dieser Arbeit soll zwei Hypothesen nachgegangen werden. Erstens: IKT leistet einen
entscheidenden Beitrag zur touristischen Informationsintegration. Je wichtiger
Bündelungsaktivitäten eines Akteurs sind, umso grösser das IKT-Einsatzpotential.
Zweitens: drahtlose IKT ermöglicht einen interaktiven Echtzeitkontakt und damit
situationssensitive ­ neue ­ Geschäfte. Neben der Untersuchung dieser beiden
Hypothesen, setzt sich die Arbeit zum Ziel, für einen IKT-Einsatz besonders geeignete
Kundensegmente und Tourismusarten zu identifizieren. Insbesondere soll geprüft
werden, inwiefern alpiner Wintersporttourismus sich als ,,Testbett" eignet für die IKT-
gestützte Inwertsetzung des vermuteten Potentials. Analytisches Ziel ist es, die
einzelnen Elemente des Potentials unter Wertschöpfungs- und Nutzengesichtspunkten
zu strukturieren ­ einerseits für die DMO, andererseits für den Touristen. Wo besteht
ein echter Zusatznutzen, und wie hoch ist die Zahlungsbereitschaft? Voraussetzung
hierfür ist zunächst die Identifizierung und Evaluierung zentraler Module der IKT-
Entwicklung. Mit Blick auf das Aufgabenspektrum der DMO, sollen insbesondere
Geografische Informationssysteme (GIS) auf ihren Problemlösungsbeitrag hin geprüft
werden. Abschliessend setzt sich die Arbeit zum Ziel, zukünftige IKT-Entwicklungen
abzuschätzen und tourismusbezogene erfolgsentscheidende Hürden aufzuzeigen.
1.3 A
BGRENZUNG
Der Anspruch dieser Arbeit ist primär analytischer Art. Es soll der aktuellste IKT-
Entwicklungsstand umfassend und korrekt dargestellt, und unter strategischen
Gesichtspunkten hinsichtlich neuer Potentiale und erfolgsrelevanter Faktoren für den
Einsatz im touristischen Destinationsmanagement bewertet werden. Um die Relevanz
(,,Haltbarkeit") der Arbeit trotz der hochdynamischen IKT-Entwicklung zu erhöhen,
erfolgt eine Verankerung in der Beschreibung des nutzenorientierten Idealzustands.
Konkrete Investitionsalternativen für eine DMO können aus den zusammengestellten
technischen Daten weitgehend errechnet werden; darüber hinaus wird ein Konzept
skizziert (,,anvisiertes Service-Produkt") ­ eine destinationsspezifische Analyse hätte
den Rahmen dieser Arbeit jedoch gesprengt. Auf eine empirische Marktumfrage und
das direkte Gespräch mit Touristen wurde im Rahmen dieser Arbeit verzichtet, weil

12
davon ausgegangen werden muss, dass sowohl deren Wissen über den aktuellen
technologischen Entwicklungsstand als auch deren Vertrautheit mit allen Facetten
modernster mobiler Geräte und Informationsinfrastrukturen noch zu gering ist, um
aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Als Primärforschungsleistung und
Praxiskontaktkomponente wurden stattdessen Experteninterviews durchgeführt, und
deren Antworten unter Berücksichtigung aktuellster Sekundärliteratur strukturiert und
diskutiert.
1.4 V
ORGEHENSWEISE
Um die genannten Ziele zu erreichen, werden zunächst in Kapitel 2 die grundlegenden
Aufgaben, Probleme und strategischen Lösungsansätze im Destinationsmanagement
ohne Berücksichtigung von IKT-Optionen dargestellt. Es folgt in Kapitel 3 eine
Zusammenstellung des aktuellen Stands wichtiger, ausgewählter IKT-Module. Mit
Blick auf die mobilitätsorientierte Zielsetzung finden Funktechnologien dabei
besondere Aufmerksamkeit. Das Ausmass gegenwärtiger Nutzung dieser IKT ­
insbesondere im Tourismus ­ ist Inhalt von Kapitel 4. Mit diesen Erkenntnissen
betreffend DMO-Situation, IKT-Möglichkeiten und Technologie-Affinität der
(touristischen) Nachfrage, wird der Grundlagenteil der Arbeit abgeschlossen. Kapitel 5
zeigt die bei der Expertenbefragung verwendete wissenschaftliche Methodik und
erläutert das Vorgehen bei der Produktstudie. In Kapitel 6 werden Handlungsdruck
durch und Anwendungspotential von IKT im Destinationsmanagement unter
strategischen Gesichtspunkten herausgearbeitet. Als Diskussionsgrundlage dient die
Skizze eines ,,Service-Produkts" (mobil zugängliches Web Portal) für eine alpine
Wintersportdestination. Die Antworten der Experten werden neutral dargestellt, bevor
sie unter Hinzuziehung von Sekundärliteratur kritisch gewürdigt werden. Die
analytische Unterteilung des Kapitels in Nutzenpotentiale für Endkunden versus
Nutzenpotentiale für die Destination einerseits, und in technologiebedingte versus
tourismusspezifische Hürden andererseits, soll dabei als gedankliche
Strukturierungshilfe dienen. Es folgen ein Fazit, die Literaturangaben und der Anhang,
dessen Inhalt sämtliche verwendeten Materialien und Fragestellungen umfasst, so dass
die Nachvollziehbarkeit dieser Diplomarbeit sichergestellt ist. Nachstehende Abbildung
stellt diese Vorgehensweise grafisch dar.

13
Abbildung 1: Vorgehensweise
Quelle: eigene Darstellung
2 Z
UR
P
ROBLEMATIK DES
D
ESTINATIONSMANAGEMENTS
Aus der Vielzahl der touristischen Anbieter soll in dieser Arbeit nur einer
herausgegriffen werden: die Destinationsmanagementorganisation (DMO). Im
Folgenden werden überblicksartig grundlegende Aufgaben, Probleme und strategisch
sinnvolle Lösungsansätze dargestellt. Welche Risiken und Chancen neueste IKT für
eine DMO darstellen, wird erst unter Hinzuziehung von Experten in Kapitel 6.5
diskutiert.

14
2.1 D
EFINITION VON
D
ESTINATION
Aus dem romanischen Sprachraum (,,Bestimmungsort") abgeleitet, steht der Begriff im
Tourismus weniger für eine präzise Ortsangabe, als vielmehr für den räumlichen
Aktionsradius des Touristen während seines Aufenthaltes. Die begriffliche
Mindestgrösse wird zeitlich durch eine Übernachtung und räumlich durch die innerhalb
eines Tages erreichbaren Attraktionen des Umkreises definiert. Da letztlich der Kunde
die Kaufentscheidung trifft, ist sein Verständnis von Destination(sgrösse) maßgeblich.
Dabei hat sich herausgestellt, dass die wahrgenommene Grösse einer Destination mit
steigender Entfernung zu- und mit präziserem Reisezweck abnimmt
7
. Bei einer
Destination kann es sich also nur um ein einzelnes Golf-Ressort oder einen ganzen
Kontinent (,,doing Europe") handeln. Grössere Destinationen können entweder
homogen sein oder sich aus vernetzten kleineren Destinationen zusammensetzen. Eine
Arbeitsdefinition der W.T.O. lautet:
"A local tourism destination is a physical space in which a visitor spends at least one overnight. It
includes tourism products such as support services and attractions, and tourism resources within one day's
return travel time. It has physical and administrative boundaries defining its management, and images and
perceptions defining its market competitiveness. Local destinations incorporate various stakeholders often
including a host community, and can nest and network to form larger destinations."
8
Eine Destination kann also durch zwei Paarbegriffe definiert werden. Zum einen stehen
sich der geographische Raum (physikalische Grenzen) und der mentale Raum
(Wahrnehmungsgrenzen) gegenüber; zum anderen kontrastieren die
marktwirtschaftliche (Image-Grenzen) und die politische Perspektive (administrativ-
rechtlichen Grenzen). Diese vier Parameter definieren die Destinationsgestalt.
Gleichzeitig erwächst aus ihnen innerhalb der Anspruchs- und Machbarkeitsgrenzen ein
vierdimensionaler Entwicklungsspielraum. Abbildung 2 zeigt eine Beispieldestination,
die trotz relativ beschränkter natürlicher Ressourcen, ein attraktives Image besitzt und
am Markt deutlich wahrgenommen wird ­ allerdings sind die politischen
Rahmenbedingungen sehr restriktiv und besseres Binnenmarketing notwendig.
7
Vgl. Hannemann 2002, S. 18, dort modifiziert nach Bieger 2002, S. 57
8
WTO 2002, URL:
http://www.world-tourism.org/education/news/news_releases/think_tank.htm
[03.10.2003]

15
Abbildung 2: Destinationsgestalt
Quelle: eigene Darstellung
Wenn dem Kunden die Definitionskompetenz zugesprochen wird, existieren mehrere
Definitionen von ,,Destination", die zielgruppen- und reisezweckspezifisch sind und
sich geografisch durchaus überschneiden können. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie
stets aus (mindestens) einem Leistungsbündel bestehen. Eine Destination besteht also
aus einem ,,Muster von Attraktionen und damit verbundenen Tourismuseinrichtungen
und Dienstleistungen"
9
. Auf der Suche nach einem stimmigen Urlaubserlebnis will bzw.
kann der Kunde aber nicht die Leistungen der beteiligten Unternehmen differenziert
bewerten, mit der Folge, dass die Einzelangebote einer Destination nur im Verbund am
Markt als vollwertiges Produkt wahrgenommen werden. Damit stellt die Destination
(als ganzes!) die eigentliche Wettbewerbseinheit im Incoming-Tourismus dar. Sie sollte
deshalb als strategische Geschäftseinheit geführt werden
10
. Diese Aufgabe übernimmt in
europäischen Destinationen üblicherweise eine DMO.
2.2 A
UFGABEN EINER
D
ESTINATIONSMANAGEMENTORGANISATION
(DMO)
Bieger nennt vier Funktionen als Aufgaben einer DMO: Planung, Angebotsgestaltung,
Interessenvertretung und Marketing
11
. Vor dem Hintergrund, dass es unabhängige
9
WTO 1993, S. 22
10
Vgl. Bieger 2002, S. 56
11
Vgl. Bieger 2002, S. 58ff

16
Bürger und eigenständige Unternehmen und keine ,,Angestellten" und ,,Abteilungen"
sind, die Planungsaufgaben an die DMO herantragen, handelt sie als koordinierende und
nicht als anweisende zentrale Instanz. Die Angebotsfunktion nimmt eine DMO im
Sinne eines Service Centers wahr. Die Aufgabe des destinationsinternen
Interessenausgleichs ist von Bedeutung, da mit Tourismus stets externe Effekte
verbunden sind; diese in ihrer Gesamtheit zu erkennen und Maßnahmen zu ihrer
Minimierung bzw. Entschädigung der Betroffenen durchzuführen, verlangt ein
professionelles Binnenmarketing seitens der DMO. Die touristische Nutzung
öffentlicher Güter einerseits (z.B. Strassen) und die der Öffentlichkeit zur Verfügung
gestellte brancheneigene Infrastruktur mit Image und Bereithalteeffekt anderseits (z.B.
Wanderwege) bedingen einen hohen politischen Verflechtungsgrad, aus dem die
Interessenvertretungsfunktion der DMO erwächst
12
.
Ihre Marketingfunktion beinhaltet den Auftrag, für eine profilierte Positionierung zur
erhöhten Wahrnehmung am Markt (Branding, Marke als Qualitätsgarant) zu sorgen.
Das vielleicht grösste Problem einer DMO ist die schwierige Erfolgsmessung. Der
Kohäsionsgrad der Tourismusbetriebe oder die soziopolitische Tourismusunterstützung
lassen sich kaum quantifizieren. Übernachtungszahlen (ihre Erfassung ist gesetzlich
vorgeschrieben) geben keine Auskunft über den Anteil der Tagesgäste, über Pro-Kopf-
Ausgaben, Betriebskosten und die Kundenzufriedenheit was das Destinationserlebnis in
seiner Gesamtheit betrifft. Somit ist auch die wichtigste, rein finanzielle Zielgrösse ­
die (nachhaltige) höhere Wertschöpfung innerhalb der touristischen Destination ­ nicht
zufrieden stellend erfassbar. Im Bereich Aussenmarketing kommt erschwerend hinzu,
dass der DMO abverlangt wird, für ein Produkt zu werben, das sie selbst nur
eingeschränkt beeinflussen kann. Ungeachtet der erwähnten Schwierigkeiten ist eine
strategische Betrachtung der Situation und Handlungsoptionen einer Destination bzw.
ihrer ,,Führungsorganisation" DMO erfolgsentscheidend.
12
ausserdem erwächst daraus ein grosses Konfliktpotential mit politischen Amtsinhabern, da deren Erfolgsmessung anhand von
Wählerstimmen erfolgt, d.h. der Anzahl der Einzelvorteile und nicht der Grösse des Gesamtvorteils.

17
2.3 S
TRATEGISCHE
G
ESICHTSPUNKTE
­
UNGEACHTET DER E
B
USINESS
-O
PTIONEN
2.3.1
Eigenschaften des touristischen Produkts
Tourismus sollte grundsätzlich als Informationsgeschäft
13
verstanden werden, denn die
Informationsintensität von touristischen Produkten und Prozessen ist hoch
14
. Tourismus
ist eine bilaterale personenbezogene Dienstleistung; die Einbeziehung des Kunden
(Integrativität) ist aufgrund der fehlenden Lagerbarkeit des Produkts zwingend
erforderlich (Uno-Actu-Prinzip). Beim Kauf erhält er ein immaterielles Produkt: es wird
ihm ein abstraktes Leistungsbündel versprochen, dessen Umfang und Qualität er schwer
einschätzen und ebenso schwer einklagen kann. Doch auch der Anbieter selbst kann
aufgrund der individuell unterschiedlichen und variablen Erwartungshaltung auf
Nachfrageseite, und aufgrund der Stimmungen unterworfenen menschlichen
Leistungskomponenten auf Anbieterseite, keine kontinuierliche Qualität des Produkts
garantieren ­ im Falle der DMO, die die Leistungen mehrerer Anbieter verkauft,
verschärft sich dieses Problem
15
.
Dies macht den Kauf touristischer Produkte zur Vertrauenssache ­ je komplexer das
Leistungsbündel und je geringer die Erfahrung mit dieser Art von Produkt, umso
deutlicher ist dieses Merkmal und das Risiko für den Kunden ausgeprägt. Eine weitere
produktspezifische Aufschlüsselung des Kaufrisikos kann mit Hilfe der Kriterien
Beurteilbarkeit und Beurteilungszeitpunkt erfolgen
16
. In jedem Falle trägt der Kunde die
Opportunitätskosten in Form des Zeitaufwands für die Reise
17
. Für den Anbieter
dagegen liegt das grösste Risiko in den Leerkosten, da es sich beim Tourismus aufgrund
des Bereithaltecharakters der Leistungselemente um ein Fixkostengeschäft handelt. Der
emotional hohe Stellenwert der ,,schönsten Zeit des Jahres" in Verbindung mit
Spontanität als Ausdruck von Urlaubsgefühl, bedingt eine extrem kurze Reaktionszeit
zwischen Angebot und Nachfrage und damit den Wettbewerbsfaktor Zeit (time based
competition)
18
. Vor diesem Hintergrund sind Informationsasymmetrien ein zentrales
Problem im Tourismus. Diese wurzeln nicht zuletzt in der Modularität des Produkts. Es
13
Vgl. zum gesamten Abschnitt Schertler 1994a, S. 9-42
14
Vgl. Porter 1998, S. 103ff
15
Vgl. Alford 1998, S. 57
16
Vgl. Weiber 1993, S. 60
17
Vgl. Büttgen 2000, S. 37
18
Vgl. Ebner 1994, S. 22

18
wird vom Tourismus als ,,synthetischer Industrie" gesprochen, deren Kunden
unweigerlich ,,Prosumenten" sind. Hier liegt jedoch auch eine enorme Chance für
Tourismusanbieter, vereinfacht der Bausteincharakter des Produkts doch sowohl
Differenzierungs- als auch Diskriminierungsstrategien zur vollen Ausschöpfung der
individuellen Preiselastizität. Funktionierende, effektive Wertketten(vernetzungen)
innerhalb einer Destination sind dafür jedoch die Voraussetzung.
2.3.2
Optimierung der Wertkette
Um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Destination zu sichern ist es erforderlich,
eine ausreichende Wertschöpfung am Markt zu erzielen. Wertschöpfung entsteht durch
die Schaffung eines Mehrwertes. Dabei ist der (Mehr-)Wert als der Betrag definiert,
welchen der Abnehmer für die (zusätzlich) erbrachte Leistung bereit ist zu zahlen
19
.
Quellen der Wertschöpfung innerhalb eines Unternehmens lassen sich erst durch die
analytische Zerlegung in einzelne strategisch relevante Aktivitäten identifizieren. Jede
dieser Aktivitäten kann zu einem Wettbewerbsvorteil werden, wenn sie entweder einen
relativen Kostenvorteil oder eine Differenzierungsbasis schafft. Als analytisches
Instrument hat Porter 1985 das Model der Wertkette vorgestellt, das zwischen primären
und sekundären Aktivitäten eines Unternehmens unterscheidet, welche zusammen die
Gewinnspanne bedingen. Erstere sind direkt auf das Produkt ausgerichtet (Logistik,
Produktion, Absatz, Kundendienst); letztere generieren nur mittelbar einen Mehrwert,
indem sie unternehmensweit unterstützend wirken (Unternehmensinfrastruktur,
Technologieentwicklung, Beschaffung, Personalwirtschaft)
20
.
Die Kombination solcher Aktivitäten wird als wertschöpfender Prozess bezeichnet; die
Gesamtheit der logisch verbundenen Prozesse stellt die Wertschöpfungskette dar
21
. Die
Wertkette eines Unternehmens ist in der Regel mit vor- und nachgelagerten Wertketten
anderer Unternehmen verbunden. Die Anordnung des Wertesystems ist
branchenspezifisch. Die Wertketten der beteiligten Tourismusunternehmen integrieren
dabei unterschiedlich viele Elemente des vom Kunden als ,,Moment of Truth" erlebten
Kernprozesses
22
­ bestehend aus Information, Buchung, Anreise, Empfang,
Unterbringung, Unterhaltung, Verpflegung, Sportangebote, Abrechung, Abreise,
19
Vgl. Porter 1999a, S. 68
20
Vgl. Porter 1999a, S. 63-76
21
Vgl. auch Lücke 1996, S. 199-202
22
Vgl. Bieger 2002, S. 106

19
Kundenpflege
23
. In einer alpinen Destination ist der Spezialisierungsgrad auf einzelne
Elemente ­ bedingt durch die Dominanz von Klein- und Mittelbetrieben ­
üblicherweise hoch, und somit auch die Zahl der interbetrieblichen (jeweils potentiell
ineffizienten!) Wertkettenschnittstellen. Verschärfend kommt hinzu, dass aufgrund des
Dienstleistungscharakters für den Kunden beim Kontakt mit dem Kernprozess auch
stets in beträchtlichem Masse die Qualität der sekundären Aktivitäten spürbar ist.
Darüber hinaus ist im Tourismus der Anteil gemeinsam genutzter Ressourcen hoch
(z.B. Gastfreundschaft, Verkehrsanbindung); zudem werden viele davon auch von
nicht-touristischen lokalen Unternehmen genutzt. Diese Umstände erschweren das
wertschöpfungsmaximierende Wertkettenmanagement für einzelne Tourismusbetriebe.
Erforderlich ist deshalb eine destinationsübergreifende, prozessorientierte, nach
Kundensegmenten differenzierende Perspektive und Ausgestaltung der
Wertschöpfungskette.
2.3.3
Wertschöpfung als primäres Ziel
Neben einem verbesserten Wertkettenmanagement, das auf die Entwicklung von
Fähigkeiten abzielt, kann auch durch Effizienzsteigerungsstrategien (d.h.
Kostenkontrolle) und Innovationsstrategien (als temporärer Monopolist neuen
Kundennutzen anbieten) sowie eine stärkere Marktpenetration (Präsenzvorteil) die
Wertschöpfung durch das Unternehmen erhöht werden
24
. Diese strategischen Optionen
(auch als Wertschöpfungs-Grid bekannt) sind wiederum mit Blick auf die konkrete
Marktsituation zu bewerten. ,,Porter's Five" als bekanntester Analyserahmen
unterscheidet die fünf Wettbewerbskräfte Nachfrager, Lieferanten, Konkurrenten,
Substitutionsprodukte und Markteintritte
25
, stösst allerdings die zeitliche Dynamik
betreffend (z.B. Produktlebenszyklus, Technologieeinsatz) an seine Grenzen. Für den
Einsatz im touristischen Destinationsmanagement ist das ,,Diamant-Modell" von Porter
weiterentwickelt worden, u.a. von Bieger, wonach die Wettbewerbsfähigkeit einer
Destination bestimmt wird von Faktorbedingungen (z.B. Strassen, Bauland, Personal),
Nachfragebedingungen (z.B. Anspruchsniveau der Gäste), Verflechtungen (Kooperation
auf Unternehmens- und Branchenebene oder mit Nachbarregion), und der Qualität des
23
Vgl. Bieger 2002, S. 58ff
24
Vgl. Schertler 2002, URL:
http://www.uni-trier.de/uni/fb4/strama/Downloads/WS02-03/TRS02-12-17dl.pdf
[05.10.2003]
25
Vgl. Porter 1999b, S. 34

20
Managements und seiner Strategien
26
. Damit findet eine verstärkte Berücksichtigung
der ökologischen und soziopolitischen Rahmenbedingungen statt, die
Wettbewerbsposition der Destination wird präziser modellier- und steuerbar und eine
höhere Wertschöpfung begünstigt.
2.3.4
Wettbewerbsfähigkeit durch Wert-Orientierung
Ergänzt wird dieser Fokus auf Marktstrukturen und Wettbewerbspositionen in der
Literatur zunehmend durch eine kunden- und wertorientierte Perspektive, mit der
Begründung, dass es letztlich der Kunde ist, der die (erfolgsrelevante)
Kaufentscheidung trifft, wobei nicht (mehr) Einzelleistungen nachgefragt werden,
sondern ,,the destination (the ,,brand") with its package of experiences offered"
27
. Um
Mehrwert für den Kunden zu generieren, muss eine Destination (bzw. DMO) verstehen,
aus was ein solcher besteht. Die bewusste Auswahl bestimmter Zielgruppen (und
eventuelle ,,Abweisung" anderer) ist hierfür eine Notwendigkeit. Vorzuziehen sind
dabei qualitätsbewusste Kundensegmente, da sie frühzeitig im Produktlebenszyklus
stimulierend wirken und der Destination somit einen Differenzierungsvorsprung geben
(können). Ein Ansatz auf Anbieterseite und Wertkettenebene zur Verbesserung der
Servicequalität ist Total Quality Management (TQM), mit dessen Hilfe die
interbetrieblichen ,,Schnittstellen" des Destinationsprodukts versucht werden, qualitativ
einander anzugleichen. Zur Messung wird unter anderem die Differenz zwischen
Kundenerwartung und Kundenzufriedenheit herangezogen
28
.
Ein Ansatz, der sowohl Anbieter- als auch Kundenperspektive einbezieht, ist Customer
Value Management (CVM). Dieser geht davon aus, dass sich der Wert eines Produkts
für den Kunden aus dem Unterschied des Verhältnisses von (mehrdimensionalem)
Nutzen oder Qualität zu (mehrdimensionalem) Preis oder Aufwand ergibt, wobei dieser
Ratio zusätzlich noch mit dem von Konkurrenzangeboten verglichen wird. Aus dieser
Definition ergibt sich, dass eine DMO ihr Angebot nicht absolut, sondern relativ zu
Konkurrenzangeboten verbessern, dass sie die Produktqualität stets im Verhältnis zum
Preis definieren und vor allem, dass sie die individuelle Preissensitivität von
Kunden(gruppen) beachten sollte
29
. Da die Höhe der Kundenerwartung den
26
Vgl. Bieger 2002, S. 113
27
Pechlaner / Smeral / Matzer 2002, S. 15
28
Vgl. Pechlaner / Smeral / Matzler 2002, S. 16
29
Vgl. Pechlaner / Smeral / Matzler 2002, S. 17

21
wahrgenommenen Nutzen bzw. Aufwand ebenfalls beeinflusst, und diese wiederum
modifizierbar ist durch Marketingaktivitäten des Anbieters, kann ,,customer value [...]
be seen as being subjective and situational."
30
. Für den Gesamteindruck und das
Differenzierungspotential der Destination ist dabei die Grösse des gebotenen
Begeisterungsnutzens entscheidend; vom Basisnutzen abgegrenzt wird er dadurch, dass
er wenn nicht vorhanden, nicht negativ ins Gewicht fällt, während umgekehrt ein
Basisnutzen wenn vorhanden nicht positiv ins Gewicht fällt. Ein hybrider ­ und meist
temporärer ­ Nutzentyp sind Performance-Faktoren. Durch den Gewohnheitseffekt (,,ist
doch selbstverständlich"), verschiebt sich die als fair (angemessen) empfundene Preis-
Leistungslinie kontinuierlich zu Lasten der Anbieter
31
und macht ständige
Verbesserungen von Leistung, Erwartungsmanagement und vor allem des
Prozessdenkens der DMO nötig.
Doch auch in diesem Fall ist langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Destination
gefährdet, denn all diese (Positionierungs)-Strategien konzentrieren sich auf die
Wertschöpfung für den Kunden und ­ davon abgeleitet ­ für das Unternehmen. Die
Interessen der Investoren (hier: Gemeinde, Banken), Partner (hier: lokale
Leistungsträger) und insbesondere die der Mitarbeiter des Unternehmens (hier: DMO,
eingeschränkter auch die Leistungsträger) bleiben unbeachtet.
Heskett / Sasser / Schlesinger argumentieren daher, dass die Wertschöpfung durch ein
Beziehungsgeflecht nicht nur maximiert, sondern der Mehrwert auch fair unter allen
Beteiligten aufgeteilt werden müsse, um das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig
und erfolgreich zu führen
32
. Gerade im emotionsgeladenen Tourismusgeschäft, bei dem
menschlicher Kontakt von Anbieter und Kunde einen zentralen Stellenwert hat, ist eine
verstärkte Beachtung der Mitarbeiterzufriedenheit nachvollziehbar sinnvoll. Vor allem
aber ist die multidimensionale Nutzenperspektive des Wertschöpfungsprozesses eine
wertvolle analytische Hilfe bei der Suche nach Wettbewerbsvorteilen und bietet
Anknüpfungspunkte für den Einsatz von IKT im Tourismus. Das Modell der Value
Profit Chain (VPC) soll daher kurz vorgestellt werden.
30
Pechlaner / Smeral / Matzler 2002, S. 18
31
Vgl. Pechlaner / Smeral / Matzler 2002, S. 19f
32
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. xi

22
2.3.5
Notwendigkeit eines multidimensionalen Wertverständnisses
Am Anfang einer wertorientierten Strategie steht die Definition der anvisierten Märkte
und Kunden. Beidesmal ist ­ wie beim CVM-Ansatz ­ eine bewusste Selektion
zweckmässig, im letzteren Fall nicht nur nach demografischen (Alter, Einkommen),
sondern auch nach psychografischen (Anspruchsniveau, Ängste) Kriterien. Der
qualitative Unterschied des von Sasser erstmals 1972 in Ansätzen vorgestellten
Konzepts gegenüber ,,klassischen" Wertschöpfungsstrategien liegt v.a. in einem neuen
Verständnis von Wert: ,,people buy results and process quality (the way results are
achieved), not products and services"
33
, d.h. dass der Kunde nicht das Produkt oder die
Dienstleistung als solche nachfragt, sondern eine Problemlösung oder
Wunscherfüllung
34
­ mit weitreichenden Konsequenzen für das (Tourismus)-Geschäft,
denn damit werden Nutzengleichungen für Kunden und Mitarbeiter mehrdimensional.
Im Modell der Service Profit Chain (die Basis des VPC-Modells) wird der
wahrgenommene Kundennutzen als Ratio von Ergebnis plus Prozessqualität geteilt
durch die Summe von Preis und Zugangskosten definiert
35
. Eine weitere
Aufschlüsselung des Kundennutzens nach Servicequalitäts-Dimensionen erfolgt bei
Lovelock / Wright in Erscheinungsbild der physischen Infrastruktur (inkl. Personal),
Servicegeschwindigkeit, Servicequalität, Empatie-Ausmass und Verlässlichkeit, wobei
letztere für die wichtigste gehalten wird
36
. Empirischen Untersuchungen zufolge steht
Kundenzufriedenheit in direktem Zusammenhang mit Kundenloyalität. Und mit der
Dauer der Loyalität steigt die Kundenprofitabiltiät exponentiell an
37
- ausser von
gewachsener Immunität kann von einsetzendem Viral Marketing (Mund-zu-Mund
Werbung ist extrem effizient) profitiert werden. Diese perfekten Kunden (,,apostles")
stehen den ,,gefährlichsten" Kunden (,,terrorists") in einer Zufriedenheits-Loyalitäts-
Matrix diagonal gegenüber; beide verbreiten eigene gute bzw. schlechte Erfahrungen
virulent weiter
38
­ für das Unternehmen gilt es also, erstere zu erschaffen und letztere zu
vermeiden.
Da gerade in einer (internetsensitiven) Netzwerkbranche wie dem Tourismus die
Wechselbarrieren niedrig und Kundenaquisitionskosten hoch und ansteigend sind, ist
33
Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 11
34
Beispiel: es wird ein ,,Abendessenerlebnis" gewünscht, nicht ,,angewärmte Nahrung von einem Helfer auf den Tisch gestellt".
35
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 47f
36
Vgl. Lovelock / Wright 1999, S. 94
37
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 57ff
38
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 1997, S. 87

23
eine langfristige Kundenbeziehung und die Beachtung des Customer Lifetime Values
(CLV) als wichtigste Komponente des Customer Relationship Managements (CRM)
erfolgsentscheidend
39
. Kundenkontakt stellt also nicht eine Transaktion, sondern eine
Beziehung(spflege) dar
40
. Der Wert, auf den sich hohe Kundenzufriedenheit bezieht,
wird in erster Linie von Mitarbeitern (im Tourismus v.a. die mit direktem
Kundenkontakt) geschaffen. Somit ist Mitarbeiterzufriedenheit erfolgsentscheidend.
Auch für Mitarbeiter lässt sich eine ­ individuell variable ­ multidimensionale
Nutzendefinition formulieren: Fähigkeitseinsatz plus Arbeitsplatzqualität stehen dem
reziproken Gehalt plus Arbeitsplatzbewerbungskosten gegenüber. Hervorzuheben ist,
dass nicht-monetäre Nutzendimensionen für Mitarbeiter (z.B. Trainingschancen,
Anerkennung, faire Behandlung, Unternehmenskultur) die Nutzengleichung offenbar
stark beeinflussen
41
. Analog zur bewussten Kundenselektierung wird vorgeschlagen,
auch die Mitarbeiter ähnlich sorgfältig auszuwählen ­ und zwar in erster Linie nach
Einstellung und Talent (,,striving, thinking, relating to others"
42
), nur sekundär nach
Ausbildungsgrad.
Abbildung 3: Modell der Value Profit Chain
Quelle: modifiziert nach Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. xvii, 11 und 19.
Im Modell der Value Profit Chain werden die Nutzenwerte von Mitarbeitern, Kunden,
Investoren und Partnern zueinander in Beziehung gesetzt und festgestellt, dass sie sich
hinsichtlich Zufriedenheit respektive Loyalität gegenseitig verstärken, wenn die
39
nach Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 66ff, bewirken die loyalsten 20% der Kunden eines Handelsunternehmens (mit einem
weniger emotionalen Produkt als die Touristik) etwa 100% des Gewinns.
40
Vgl. Lovelock / Wright 1999, S. 123
41
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 154ff
42
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 148

24
Unternehmenskultur Empowerment und die persönliche Fähigkeitsentwicklung der
Mitarbeiter fördert
43
. Die Anwendung dieser Erkenntnisse über reziproke
mehrdimensionale Nutzengleichungen muss im Kern der Unternehmung ihren
Ausgangspunkt haben.
Im Modell der Value Profit Chain
44
wird dieser als Performance Trinity bezeichnet;
eingebettet in die ökonomische, soziale, rechtliche und technologische Umwelt besteht
die ,,Leistungsdreiheit" (vereinfacht) aus Führungs-, Kultur- und Strategieaspekten. In
Abänderung des Modells erscheint es jedoch sinnvoll, Vision als zielführendes Element
,,oberhalb" der (selbst zweckgerichteten!) Performance Trinity anzusiedeln
45
, denn
Vision kann als Ziel grundsätzlich unabhängig von Leistung bestehen. Vision,
Führungs- und Strategie-Elemente (die so genannte strategic value vision), wirken ­
unterstützt von Wert- und Kulturelementen ­ zusammen auf verbesserte
Unternehmensfähigkeiten (value drivers) hin: Effizienz, Fokus, Anpassung, Vertrauen,
Entwicklung und Differenzierung. Um diese zu erreichen, ist der Einsatz mehrerer
Instrumente (value levers) möglich: neben der obligatorischen intern konsistenten und
konzentrierten operativen Strategie (auf Prozessablauf-, Organisations-, Kontroll-,
Anreiz- und Unternehmenskulturfragen kann hier nicht näher eingegangen werden) ist
ein Wertbearbeitungssystem (value delivery system)
46
, das aus der physischen
Infrastrukturausstattung, vor allem aber aus moderner IKT besteht, unverzichtbar.
Letzteres Element wird vom Autor dieser Arbeit als Instrument mit Multiplikatoreffekt
(enabler) für die gesamte Wertekonstellation verstanden und in Kapitel 6 erneut
aufgegriffen. Durch die beschriebenen Unternehmensstrategien, -instrumente und
resultierenden ­fähigkeiten soll das Ziel eines v.a. in der Unternehmenskultur und ­
philosophie verankerten Markenstatuses als bevorzugter Geschäftspartner ­ hier:
Reiseerlebnisanbieter ­ erreicht werden
47
.
2.4 K
ERNKOMPETENZEN DER
DMO
Obige strategische Gesichtspunkte haben Ansätze für Wettbewerbsvorteile aufgezeigt.
Die grössten Wettbewerbsvorteile sind dabei solche, die auf (unternehmensinternen)
43
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 19
44
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. xv, xvii, 11 und 19
45
Vgl. das ,,Trierer Modell" von Schertler 2002, URL:
http://www.uni-trier.de/uni/fb4/strama/Downloads/WS02-03/TRS03-01-
14dl.pdf
[03.10.2003]
46
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 11
47
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. xiv

25
Kernkompetenzen eines Unternehmens aufbauen, weil sie schwerer imitier- und
transferierbar sind ­ diese zu (er)kennen und konsequent zu nutzen ist Aufgabe eines
jeden Leistungsträgers innerhalb einer touristischen Destination. Im Falle der DMO sind
in Anlehnung an die zweigeteilte Aufgabenstellung (Binnenmarketing i.w.S.,
Aussenmarketing), zwei Kernkompetenzen sinnvoll und möglich: erstens die Fähigkeit,
das touristische Wertessystem für alle Stakeholder der Destination übergreifend,
prozessorientiert und sensitiv gegenüber anderen soziopolitischen Aufgaben zu
optimieren; und zweitens die Fähigkeit die Destination als einheitlichen Erlebnisraum
am Markt zu führen. Während eine kommerzielle Nutzung der erstgenannten
Kernkompetenz aufgrund schwieriger Erfolgsmessung und dem optimierend-
koordinierenden Aufgabencharakter wenig sinnvoll erscheint, könnten für die
zweitgenannte Kernkompetenz durchaus Geschäftsfelder und ­modelle definiert
werden. Denn angesichts sinkender finanzieller Mittel aus der ­ oft politisierten ­
Gemeindekasse
48
, wird die Erschliessung eigener Einnahmequellen für DMOs zur
Wahrung des Handlungsspielraums zunehmend eine Notwendigkeit.
Solange eine Kernkompetenz jedoch nur einen Grundnutzen generiert, wird ein Entgelt
nicht durchzusetzen sein. Daher kann nur eine Extraleistung mit Zusatznutzen
(Begeisterung) zum Geschäftsfeld einer DMO werden. Derzeitige Basisleistungen einer
DMO sind beispielsweise ein charmantes, unvoreingenommenes Auskunftspersonal
(service), ein 24-Stunden-Informations- und Buchungsdienst (availability) oder
gebündelte, von einzelnen Leistungsträgern zur Verfügung gestellte Informationen zur
Destination (content). Da der Kauf eines intangiblen, lediglich versprochenen
touristischen Produkts in hohem Masse ein Vertrauensgeschäft ist, könnte die DMO
beispielsweise Qualitätssicherung betreiben und in Form von Gütesiegeln oder geprüfter
Angebotsinhalte (proofed content) einen entgeltwerten Zusatznutzen anbieten
49
. Auf
weitere Geschäftsfelder und ­modelle wird im Kontext der Internetökonomie in Kapitel
6.5.5 eingegangen.
2.5 O
RGANISATION DER
DMO
Grundsätzlich sollte hier nach der Devise "structure follows strategy" vorgegangen
werden. Erst wenn obiges Wertenetzwerk bestimmt, analysiert und die eigene Rolle des
48
unter Hinweis auf das Subsidiaritätsprinzip ist die Kompetenz für tourismuspolitische Entscheidungen in Deutschland gesetzlich
nach wie vor auf kommunaler Ebene angesiedelt.
49
Vgl. Schertler 2002, Vorlesung an der Universität Trier

26
Unternehmens (hier: DMO) festgelegt worden ist, kann und muss eine konsequente
Ausrichtung der Struktur und Kultur des Unternehmens unternommen werden ­ eine
Managementaufgabe, die häufig unterschätzt wird. Für die Praxis sind insbesondere im
obigen Sinne wertorientierte (neue) Anreize und Erfolgsindikatoren für Mitarbeiter
wichtig
50
. Umstritten ist in der Literatur derzeit, ob und wenn ja, welche
organisatorischen Konsequenzen nötig sind, wenn eine DMO sich für den Verkauf
eigener Serviceprodukte entscheidet. Es zeichnet sich Einigkeit darüber ab, dass eine
DMO zumindest die Planungs- und Interessenvertretungsfunktionen als Non-Profit-
Unternehmen ausüben sollte, um alle Stakeholder demokratisch einbinden zu können
und bei Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen nicht befangen
zu sein
51
.
Strategisch gesehen ähneln diese Aufgaben der DMO der Führung eines virtuellen
Unternehmens. Denn eine touristische Destination besteht ­ zumindest im europäischen
Raum
52
­ meist aus rechtlich unabhängigen, wirtschaftlich aber abhängigen
Unternehmen, die in beträchtlichem Masse gemeinsame Ressourcen nutzen
53
. Die
Beziehung der Leistungsträger innerhalb einer Destination kann somit als eine
Mischung von Kooperation und Wettbewerb ­ ,,coopetition" ­ beschrieben werden.
Um ein solches virtuelles Netzwerk an Unternehmen am Markt als
Wettbewerbseinheit zu führen, ist entweder Integration oder Kooperation der
Beteiligten erforderlich. In jedem Fall ist, wie bereits dargelegt, eine
zielgruppenspezifische Optimierung der Dienstleistungskette erforderlich
54
. Eine
zumindest teilweise produktorientierte (horizontale) Organisationsform der DMO
erscheint für diese Aufgabe sinnvoll (z.B. ,,Produktmanager Snowboard")
55
. Für eine
erfolgreiche Durchführung der Marketing- und Angebotsfunktion ist jedoch eine
zentrale Entscheidungsfindung und unternehmerisches Kalkül erforderlich; es spricht
somit viel für eine organisatorische Abtrennung und die Einrichtung entsprechender
50
Vgl. Heskett / Sasser / Schlesinger 2003, S. 48
51
vgl. Bieger 2002, S.97ff
52
In Nordamerika werden Destinationen häufig in Gebieten ohne lokale Bevölkerung errichtet; die einzelnen Leistungsträger
konkurrieren zwar üblicherweise miteinander, sind aber häufig in einer Holding zusammengefasst und somit zentral auf
finanziellem Wege steuerbar (Integrationseffekt).
53
Vgl. Bieger 2002, S. 93
54
Vgl. Bieger 2002, S. 140f
55
Vgl. Bieger 2002, S. 62

27
Profit Center innerhalb der DMO
56
. Ein hierfür geeignetes Serviceprodukt wird in
Kapitel 6.3 vom Verfasser dieser Arbeit vorgeschlagen. Im Ergebnis ist also ein
destinationsorientiertes Unternehmensnetzwerk empfehlenswert, das Wert für den
Kunden und Wohlstand für die Teilnehmer erschafft, und in welchem sich idealerweise
jeder Teilnehmer auf einige wenige Kernkompetenzen konzentriert
57
.
2.6 Z
USAMMENFASSUNG
Dieses Kapitel hat grundlegende Konzepte zur Definition, dem Aufgabenspektrum, dem
Management und der Organisation einer touristischen Destination angeführt. Der DMO
wurde dabei eine kooperativ-initiierende Führungsrolle zugesprochen. Als wesentliche
Erkenntnisse können festgehalten werden: Tourismus ist ein vertrauensintensives
Informationsgeschäft, und eine Destination ein virtuelles Netzwerk von Unternehmen
mit fragmentierten Einzelleistungen. Der Kunde nimmt sie jedoch als ganzheitlichen
Erlebnisraum wahr. Soweit es die politischen Rahmenbedingungen zulassen, sollte die
DMO gezielt ein Kunden-Portfolio definieren. Die Notwendigkeit, individuelle
Kundenpräferenzen zu kennen mit dem Oberziel einer mehrjährigen Kundenbeziehung,
wurzelt im positiven Zusammenhang von Kundenloyalität und Kundenprofitabilität.
Ferner wurde gezeigt, dass eine prozessorientierte Perspektive und
mehrdimensionale Nutzendefinition bedeutende Wertschöpfungspotentiale und
Ansatzpunkte für Wettbewerbsvorteile offen legt. Nicht-monetäre Nutzendimensionen
wurden ebenso erläutert wie der Unterschied zwischen Basis- und entgeltwertem
Zusatznutzen. Im Rahmen des VPC-Konzepts wurden die (erstaunliche?) Bedeutung
von Mitarbeiterzufriedenheit und die Performance-Wechselwirkungen zwischen allen
vier Geschäftskontakttypen eines Unternehmens (Kunden, Mitarbeiter, Partnerfirmen,
Investoren) verdeutlicht. Schliesslich wurden sinnvolle Kernkompetenzen einer DMO
identifiziert und Schlussfolgerungen für eine effektive Organisation ihrer Aktivitäten
gezogen. Auf die Diskussion operativer Fragestellungen kann und muss an dieser Stelle
verzichtet werden, da das Thema dieser Arbeit primär der mehrdimensionale
strategische Mehrwert von IKT für das Destinationsmanagement ist. Im Folgenden wird
der derzeitige Entwicklungsstand ausgewählter IKT dargestellt, in der Absicht,
anschliessend beide Themengebiete ­ Destinationsmanagement und IKT ­ unter
Heranziehung von Expertenmeinungen zusammenzuführen.
56
Vgl. Bieger 2002, S. 136
57
Vgl. Tapscott / Ticoll / Lowry 2000, S. 17

28
3 I
NFORMATIONS
-
UND
K
OMMUNIKATIONSTECHNOLOGIE
3.1 T
HEMENÜBERBLICK
IKT
Aus der Vielzahl heutiger Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eine
themenrelevante Auswahl zu treffen, ist eine Notwendigkeit und Herausforderung
zugleich. Nach ausführlicher Sichtung aktueller Literatur, unter Berücksichtigung des
Markt- und Medieninteresses, vor allem aber mit Blick auf das Einsatzpotential dieser
IKT zwecks Verbesserung des Erlebniswertes einer touristischen Destination, fiel die
Entscheidung des Verfassers auf folgende drei Themengebiete (bzw. Module):
Abbildung 4: ausgewählte IKT-Module
Quelle: eigene Darstellung
Zur Begründung der Auswahl: Wirkliche Mobilität im IKT-Sektor lässt sich nur durch
den Einsatz von Funktechnologie erzielen ­ hier ist derzeit auch die grösste
technologische Dynamik zu beobachten. Für den (touristischen) Endkunden relevant ist
sie allerdings nur, wenn mobile Endgeräte mit entsprechender Funktionalität erhältlich
sind. Im Verbund verwirklichen Funktechnologie und Endgeräte-Funktionalität das
Mobilitätsziel. Um nicht nur Sprach- sondern auch Datendienste nutzen zu können, ist
ein Zugang zu ­ möglichst vernetzten ­ Datenbanken erforderlich; dies begründet die
(kurze) Beschäftigung mit dem Internet und Netzwerkaspekten. Die Bedeutung
professionellen Informationsmanagements auf Datenbankebene wird abschliessend am
Beispiel von Geografischen Informationssystemen diskutiert. Zusammengenommen
bewirken diese vier Komponenten heutiger IKT einen im angelsächsischen Raum auch

29
als ,,IT Push" bezeichneten Veränderungsdruck auf Produkte, Prozesse und
Unternehmensstrategien.
3.2 B
EGRIFFE
Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wird in dieser Arbeit primär aus
einer betriebswirtschaftlichen und strategisch-politischen Perspektive behandelt.
Deshalb wird dieser recht breit definierbare Begriff (IKT) im Folgenden gleichgesetzt
mit dem technisch präziseren Begriff ,,Informationstechnologie und
Telekommunikation" (deutsche Abkürzung: ITK). Für eine Verwendung des Begriffs
IKT spricht ausserdem der in der englischen Fachliteratur weit verbreitete Ausdruck
,,Information and Communication Technology" (ICT)
58
.
Des Weiteren ist die Unterscheidung von Daten, Information, Wissen und
Kommunikation für das Verständnis moderner IKT von Bedeutung. Unter Daten
werden elementare Fakten, Aussagen und Sachverhalte verstanden, die objektiv
messbar sind und deren Integrität das einzige Gütekriterium ist
59
. Weil Daten leicht zu
strukturieren, digitalisierbar und übertragbar sind, setzen sämtliche IKT auf dieser
Ebene an. Zu einer Information werden Daten erst, wenn sie analysiert und in einen
Bedeutungsgehalt zugewiesen bekommen
60
. Informationen regen Lebewesen
61
zur
Interaktion an (Signalfunktion), erzwingen sie aber nicht. Sie können technisch nicht
verarbeitet werden, weil sie einen Konsens bezüglich Semantik und Interpretation
erfordern. Wissen ist das Ergebnis eines kontextbezogenen Erkenntnisprozesses, dem
eigenes Handeln aufgrund einer empfangenen Information vorausgegangen ist
62
.
Wissen ist im Gegensatz zu Information persönlicher Natur, weil es im Subjekt
verankert ist. Da es die Fähigkeit zu situationsspezifischen Schlussfolgerungen und
Handlungen einschliesst, ist es in einer sich dynamisch verändernden Umgebung sehr
schwierig, Wissen maschinell zu handhaben. Darüber hinaus bedingt dies, dass Wissen
auch ,,verderblich"
63
ist
64
. Der Begriff Kommunikation steht für den Austausch von
58
vgl. European Communities 2002 URL:
http://europa.eu.int/information_society/services/glossary/text_en.htm#i
[abgerufen am
23.08.2003]
59
z.B. ,,die Lufttemperatur beträgt 20ºC".
60
z.B. ,,die Lufttemperatur im Kühlschrank beträgt 20ºC".
61
Information kann nur in Lebewesen existieren, da die Fähigkeit, einem Ereignis einen Bedeutungsgrad beizumessen, ein
subjektives Präferenzsystem voraussetzt.
62
z.B. ,,die Lufttemperatur im Kühlschrank beträgt 20ºC, weil ich die Tür aufgelassen habe und es hier Hochsommer ist".
63
Schlemm 1999, URL:
http://www.thur.de/philo/som/somkat.htm
[10.09.2003]

30
Informationen zwischen Lebewesen bzw. für den Austausch von Daten zwischen
Maschinen. Kommunikation ist die notwendige Bedingung für die Existenz von
Systemen
65
.
3.3 G
RUNDLAGEN DER
D
ATENÜBERTRAGUNG
Als notwendige Bedingung für die Existenz von Computern kann also die elektronische
Digitalisierung identifiziert werden, die konzeptionell erstmals 1840 von Samuel Morse
formuliert wurde. Analog zur gemeinsamen Sprache menschlicher Sozialsysteme,
dienen in Computersystemen so genannte Protokolle zur Kommunikation. Um die
maschinelle Codierung, Übertragung und Decodierung der Daten laufend flexibel
optimieren zu können und weltweit für alle Rechner verständlich zu halten, wurde 1984
das OSI-Referenzmodell als ISO Standard (Nr. 7498) entwickelt.
Abbildung 5: OSI-Referenzmodell
Quelle: ergänzt nach Stickel / Groffmann / Rau 1997, S. 74
Bei der Datenübertragung wird der Protokollstapel beim Sender von oben nach unten
und beim Empfänger vice versa bearbeitet. Im OSI-Referenzsystem lassen sich
sämtliche hier diskutierten IKT verorten. Während Netzwerktechnologien meist alle
Protokollschichten benutzen, arbeiten einige Nahfunktechnologien im engeren Sinne
nur mit den vier unteren Protokollebenen. Der Wert tragbarer Handcomputer kann in
64
Vgl. Schlichter 2003, URL:
http://www11.informatik.tu-muenchen.de/lehre/lectures/ws2001-
02/cscw/extension/html/cscw_course5.8.2.html
[10.09.2003]
65
Vgl. Wikimedia Foundation Inc. 2003, URL:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunikation
, [10.09.2003]

31
Form einer Kontaktfähigkeit mit starken IKT-Infrastrukturen deutlich gesteigert
werden, weshalb diese Geräte obige Protokolle zunehmend ebenfalls beherrschen. Für
professionelles Informationsmanagement im engeren Sinne sind dagegen primär die
obersten drei Protokollschichten von Bedeutung.
3.4 F
UNKTECHNOLOGIE
Die Bedeutung der Funktechnologie liegt vorrangig darin, dass sie die quasi
ortsungebundene Nutzung eines ,,Mediums" ermöglicht, das unsichtbar, geräuschlos
und unfühlbar sein kann, und darüber hinaus weltweit in hohem Masse verfügbar ist:
Strahlungsenergie.
3.4.1
Basiswissen: Elektromagnetische Wellen
Strahlungsenergie ist substanzungebundene Energie, welche sich in Form von
elektromagnetischen Wellen strahlenförmig in alle Richtungen ausbreitet.
Elektromagnetische Wellen bestehen aus einem elektrischen und einem magnetischen
Wechselfeld. Die Vektoren beider Energiefelder stehen dabei senkrecht zueinander und
zur Ausbreitungsrichtung. Beide Energieformen verwandeln sich zyklisch, gleichphasig
und sinusförmig schwingend ineinander, weil gemäss den Maxwell-Gleichungen, ein
sich in seiner Stärke änderndes elektrisches Feld stets ein magnetisches Feld erzeugt
und vice versa. Eine elektromagnetische Welle pflanzt sich mit Lichtgeschwindigkeit
(rund 300.000 km / s im Vakuum) fort. Dabei ist sie ­ anders als z.B. Schallwellen ­
nicht von der Existenz eines Trägers abhängig; da sie keine Masse besitzt, kann sie sich
(im Vakuum) unendlich weit ausbreiten.
Die Menge der pro Zeiteinheit bewegten Energie hängt ab von Frequenz und Amplitude
der Welle; je höher die Frequenz und je grösser die Amplitude, umso mehr Energie wird
von der Welle transportiert
66
. Für Frequenz [v], Wellenlänge [
] und
Lichtgeschwindigkeit [c] gilt: c =
* v; damit stehen Frequenz und Wellenlänge der
nach Max Planck aus Energiequanten zusammengesetzten elektromagnetischen
Strahlung in einem inversen Verhältnis zueinander: je kürzer die Wellenlänge, umso
höher die Energie
67
. Erzeugen lassen sich elektromagnetische Wellen zwar auch mit
einem Streichholz, primäre Quelle dieser Strahlung ist jedoch die Sonne.
66
die Intensität einer elektromagnetischen Welle ist das Quadrat der Amplitude geteilt durch eine magnetische Feldkonstante. ­ vgl.
Tipler 1994.
67
zum Abschnitt über Aufbau einer EMW vgl. Tipler 1994, S. 1001ff sowie Mauser 2003, URL:
http://www.geographie.uni-
muenchen.de/iggf/Multimedia/Einfuehrung/grundlagen_elektromagnetisch.htm
[09.09.2003]

32
Abbildung 6: Elektromagnetische Wellen und Gerätefrequenzen
1 Standard
AM-Radio
2 D-GPS
Korrektursignal
3 Bündelfunk
4 Standard
FM-Radio
5
IS-95 CDMA
6 P-GSM-900
7
GSP L5-Band
8 GPS
L2-Band
9 GPS
L1-Band
10 DCS-1800
11 P-GSM-1800
12 S-PCS
13 DECT
14 IMT-2000
(UMTS)
15
MSS (Sat-UMTS)
16 RADAR
Indoor-Ortung
16 Bluetooth
16 Mikrowellenherd
16 Garagenöffner
16 WLAN
IEEE
802.11b+g
16 WLAN
IEEE
802.15.3
17
IMT-2000 (UMTS)
18
WLAN IEEE 802.16a
19
WLAN IEEE 802.16a
20 UNII
21 HiperLAN
22 WLAN
IEEE
802.11a
23
WLAN IEEE 802.16a
24
Bündelfunk PMR
25 Satellitenfernsehen
26 Bündelfunk
PMR
27 Bündelfunk
PMR
28 IrDA

33
Quelle
68
: eigene Darstellung [kursiv = geplant;
blau
= auf lizenzfreien Frequenzen]
Als so genannter Schwarzer Strahler
69
(engl.: black body) mit einer Temperatur von
etwa 6000 K, also über dem absoluten Nullpunkt (0 Kelvin bzw. -273,15º Celsius)
emittiert die Sonne polychromatisch über das gesamte elektromagnetische Spektrum.
Unter Anwendung des Stefan-Boltzmann-Gesetzes
70
und dem Wien'schen
Verschiebungsgesetz
71
liegt das Maximum der solaren Emission bei 0,483 Mikrometern
[µm] Wellenlänge und damit in einem Bereich des elektromagnetischen Spektrums, der
für das menschliche Auge sichtbar (0,38 ­ 0,7 µm) ist
72
. Im Gegensatz zu diesem
Wellenlängenbereich werden kürzere oder längere Frequenzen beträchtlich von der
Atmosphäre der Erde gefiltert.
73
Im Ultraviolettbereich sind vor allem O
2
und O
3
Moleküle in rund 30 km Höhe für
einen niedrigen spektralen Transmissionsgrad verantwortlich
74
; dagegen wirken im
Infrarotbereich vor allem H
2
0 und CO
2
, weniger O
2
und O
3
, als absorbierende,
reflektierende und (modifizierend) transmittierende Elemente. Zu unterscheiden ist hier
die unselektive Streuung der EMW durch Wassermoleküle gegenüber der mit steigender
Frequenz stärker wirkenden so genannten Rayleigh-Streuung der anderen Partikel.
Dabei kommt es ­ abhängig von der Energieintensität der EMW und in dieser
Reihenfolge ­ zur Anregung der Moleküle in Form von Rotation, Vibration und
68
Daten wurden aus vielen bereits im Fliesstext zitierten Quellen zusammengestellt; ausserdem vgl. European
Radiocommunications Office 2001, URL:
http://www.ero.dk/gsm
[29.09.2003]
69
Schwarzer Strahler: als solcher wird in der Physik ein Körper bezeichnet, der alle auf ihn treffenden Wellenlängen
elektromagnetischer Energie absorbiert. Gemäss dem Kirchhoff'schen Strahlungsgesetz ist dies die Bedingung dafür, dass ein
solcher Körper auch seine maximal mögliche Strahlungsenergie emittiert. ­ Vgl. Kirchhoff 1860, S. 275 - 301
70
Stefan-Boltzmann-Gesetz: die abgestrahlte Gesamtenergie eines schwarzen Strahlers über alle Frequenzen ist proportional zur
4.Potenz seiner Temperatur. ­ Vgl. Mauser 2003, URL:
http://www.geographie.uni-
muenchen.de/iggf/Multimedia/Einfuehrung/grundlagen_strahlungsquellen.htm
[09.09.2003]
71
Wien'sches Verschiebungsgesetz: proportional zur steigenden Temperatur eines Körpers verkleinert sich die Wellenlänge, bei der
die maximale Energie emittiert wird. ­ Vgl. Fleer 2000, URL:
http://www.geographie.ruhr-uni-
bochum.de/agklima/vorlesung/strahlung/gesetze.html
[09.09.2003]
72
Die von der Erde ­ auch sie ist ein Körper mit einer Temperatur über dem absoluten Nullpunkt ­ am häufigsten emittierte
Wellenlänge beträgt dagegen 9,66 µm. Grund für den geringeren Emissionsgrad ist ihre kleinere Abstrahlungsfläche und niedrigere
Temperatur von rund 300 K. Diese Wellenlänge kann vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen, aber in Form von Wärme
gefühlt werden und fällt in den als Thermales Infrarot bezeichneten Spektralbereich.
73
im Durchschnitt wird etwa 19% der solaren Energieeinstrahlung von der Erdatmosphäre absorbiert. ­ Vgl. Spencer 1998, URL:
http://www.eomonline.com/Common/Archives/May%2098/spencer.htm
, [05.09.2003]
74
Dies ist für das Leben auf der Erde essentiell, da elektromagnetische Strahlung ab einer Wellenlänge von kleiner als 400 nm (UV-
A) damit beginnt, einzelne Elektrone von Atomen abzuspalten (zu ionisieren) und grössere Moleküle zu zerstören ­ was beim
Menschen u.a. Hautkrebs auslösen kann (Ozonlochproblematik). ­ Vgl. König / et al. 1999, URL:
http://www.fpk.tu-
berlin.de/~fpk/cbt/fernerkundung/start/index.html
, [04.09.2003]

34
Emission von Licht und / oder Wärme.
75
Zur elektrischen Aufladung von Molekülen
und Atomen kommt es allerdings nur im Falle der ionisierenden Strahlung (z.B.
Röntgenstrahlung)
76
. Reflexion und Emission von (teils absorbierter, teils endogener)
elektromagnetischer Strahlung seitens der Erde führen zu einem weiteren
Energieverlust, d.h. Frequenzsenkung relativ erdbodennaher EMW ­ dem so genannten
,,Treibhauseffekt" innerhalb der Troposphäre. Hiervon ist insbesondere EMW mit einer
Wellenlänge im thermischen Infrarotbereich betroffen (0,1 bis 1 mm). Bereiche im
elektromagnetischen Spektrum, deren assoziierte Wellenlänge kaum von der
Atmosphäre modifiziert wird, werden als ,,Atmosphärische Fenster"
77
bezeichnet. Nur
EMW mit einer Frequenz in diesen Bereichen kann nahezu unverändert die Atmosphäre
passieren und eignet sich somit für satellitengestützte Funktechnologien.
Neben dem Bereich des sichtbaren Lichts und des nahen Infrarots, trifft dies nur auf den
Hochfrequenzbereich (1cm bis 10 m) zu. Radiowellen ab 3m sind aufgrund ihrer relativ
niedrigen Frequenz (bis 100 MHz) für informationsintensive Anwendungen allerdings
wenig attraktiv und werden v.a. für den Hörfunk (z.B. AM Radio im Bereich 88 bis 108
MHz) genutzt. Die Grenze bei 100 MHz ist aber auch deshalb kritisch, weil nur EMW
mit höherer Frequenz über (quasi)-optische Eigenschaften verfügen, sich gradlinig
ausbreiten und somit besser kontrollierbar / nutzbar sind. Raumwellen mit niedrigerer
Frequenz werden dagegen an der Erdatmosphäre reflektiert und / oder gebrochen, bevor
sie die Empfangsantenne erreichen. Ausser als (typische) Raumwelle kann eine EMW
sich auch als Bodenwelle ausbreiten. Die Reichweite einer solchen ist aufgrund der
gekrümmten Erdoberfläche jedoch begrenzt. Elektrisch leitende Körper der Umgebung
können eine solche Bodenwelle allerdings weiter tragen als geometrisch möglich.
Neben einer guten spezifischen Leitfähigkeit der Erdoberfläche (z.B. Meerwasser), ist
hierfür der Frequenzbereich der EMW bestimmend: mit steigender Frequenz nimmt die
Eindringtiefe des elektrischen Feldes in den Erdboden ab und die Reichweite der EMW
75
Vgl. Bundesamt für Strahlenschutz 2003, URL:
http://www.bfs.de/elektro/hff/wirkungen.html
[09.09.2003]
76
Die viel diskutierte Handystrahlung liegt im EMW-Bereich von 30cm und besitzt damit eine Quantenenergie von weniger als
einem Millionenstel dessen, was zur Ionisierung notwendig wäre. ,,Handy-Funkwellen können zwar thermische Reaktionen an
organischem Gewebe bewirken, sind aber bei weitem nicht stark genug Molekularverbindungen zu schädigen." (3sat Online 2003,
URL:
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/neues/dial/29042/
[04.09.2003])
77
zum Abschnitt über Eigenschaften und Wirkungsweise von EMW: - Vgl. Mauser 2003, URL:
http://www.geographie.uni-
muenchen.de/iggf/Multimedia/Einfuehrung/grundlagen_elektromagnetisch.htm
[09.09.2003] sowie Natural Resouces Canada 2003,
URL:
http://www.ccrs.nrcan.gc.ca/ccrs/learn/tutorials/fundam/chapter1/chapter1_1_e.html
[06.09.2003]

35
verringert sich
78
. EMW können entweder künstlich erzeugt werden (mit einer
definierten Frequenz, Amplitude, Polarisation etc), oder es können die natürlich
vorhandenen EMW genutzt werden. In beiden Fällen werden sie manipuliert bzw.
kodiert. Zusammenfassend kann festgestellt werden: Funktechnologie ist im
Wesentlichen nichts weiter als die Verschmelzung der beiden Basistechnologien des
Informations- und Kommunikationssektors: Radio und Telefon.
3.4.2
Zur getroffenen Auswahl
EMW bilden also die Grundlage für Funktechnologien. Aus der Vielzahl der
technologischen Lösungen zur Datenübertragung über EMW wurden solche mit hohem
Praxiswert für diese Arbeit ausgewählt. Mindestens eine von zwei Bedingungen musste
erfüllt sein: Erstens, verbessert die spezifische Funktechnologie erkennbar entweder die
Endgeräteleistung (clientseitig) oder die Netzwerkleistung (serverseitig)? Zweitens,
besitzt sie als Trend ausreichend Masse, um auf dem Markt 2003 bis 2005 erkennbar
von Bedeutung zu sein? Eine sorgfältige Sichtung der Fachliteratur und Medien führte
zur Auswahl der folgenden fünf Funktechnologien:
Abbildung 7: Zur Auswahl der Funktechnologie-Module (für Handhelds)
Quelle: eigene Darstellung
Jede dieser Technologien ist heute entweder weit verbreitet oder weist ein hohes
Wachstum auf dem Markt für mobile Endgeräte auf. Einen Anspruch auf
Vollständigkeit erhebt der Verfasser mit dieser Auswahl allerdings nicht ­ lediglich auf
ihre Praxisrelevanz für den Endnutzer.
3.4.3
Infrarot
,,IrDA Data" ist ein Standard zur Datenübertragung mit Infrarotlicht im
Frequenzbereich von 850 ­ 900 nm, das 1994 als einheitlicher Standard von der IrDA
78
Vgl. David 2002, URL:
http://www.radarstrahlung.de/Radar-EMV-Ausbreitung.htm
[09.09.2003]

36
spezifiziert wurde (Version 1.0). IrDA wurde 1993 als non-profit-Organisation
gegründet und hat gegenwärtig über 160 Unternehmen als Mitglieder. Ein erstes Gerät
mit Infrarotschnittstelle wurde bereits 1979 von hp verkauft. Grundsätzlich kann ein
direktes oder ein diffuses Infrarotsignal verwendet werden. Ein diffuses Infrarotsignal
wird von Gegenständen und Wänden reflektiert, so dass es ähnlich wie sichtbares Licht
den ganzen Raum ausfüllt. Die Datenübertragungsrate der Spezifikation 1.1 liegt zwar
wie beim direkten Infrarotsignal bei bis zu 16 MBit/s
79
, doch muss sie mit allen
Teilnehmern im Raum geteilt werden. Eine direkte Infrarotverbindung (wie die von
IrDA Data) erfordert dagegen ,,freie Sicht" zwischen den Geräten und ist gegenwärtig
auf eine Entfernung von 1 ­ 3 m beschränkt, wobei ein Abstrahlwinkel von max. 30º zu
beachten ist.
In beiden Fällen werden zwei Wellenlängen (,,Kanäle") im nahen Infrarotbereich zur
Kommunikation des digitalen Signals verwendet
80
. Die Kommunikation wird stets von
nur einem der beiden Geräte gesteuert; das andere, meist leistungsschwachere Gerät wie
z.B. ein Drucker, antwortet nur wenn es gefragt wird (,,Master-Slave-Beziehung").
Somit beschränkt sich das IrDA-Protokoll auf die zwei untersten Schichten des OSI-
Referenzmodells; höhere Protokollschichten sind optional erhältlich. Mit dem IrDA
LAN Treiber V3.0 kann ein Gerät neuerdings auch in ein lokales Netzwerk (LAN)
eingeklinkt werden. Das ,,IrDA Control" Protokoll ist eine batterieschonendere Variante
mit geringerem Datendurchsatz (75 KBit/s), die aber eine Reichweite bis zu 5 m besitzt
und simultane Multikommunikation mit diversen Geräten erlaubt; es wird bevorzugt im
Haushaltsbereich eingesetzt (z.B. TV Fernbedienung)
81
.
Anfang dieses Jahres wurde ein IrDA-Protokoll namens ,,IrFM Point and Pay"
veröffentlicht, das einen sicheren Bezahlvorgang via Infrarot (,,point and shoot")
zwischen Handy / PDA und entsprechend ausgerüsteter Verkaufsstelle (z.B.
Getränkeautomat) erlaubt
82
. Weitere Anwendungen von Infrarot-Technologie ­ v.a. in
diesem sog. embedded systems Bereich ­ sind in Entwicklung. Von 1999 bis 2003
wurden weltweit über 200 Mio. Handys und PDAs mit einer Infrarot-Schnittstelle
79
nur mit der der VFIR-(very fast Infrared)-Erweiterung; die Spezifikation 1.0 erlaubt 115 KBit/s; ohne Erweiterung sind etwa 4
MBit/s möglich. ­ Vgl. IrDA 2003a, URL:
http://www.irda.org/about/index.asp
[11.09.2003]
80
Vgl. Koon / Khan 2002, URL:
http://murray.newcastle.edu.au/users/students/2002/c2101543/h.htm
[11.09.2003]
81
Vgl. IrDA 2003b, URL:
http://www.irda.org/standards/standards.asp
[11.09.2003]
82
Vgl. IrDA 2003, URL:
http://www.irda.org/FMPAY/FM_Webpage.html
[11.09.2003]

37
verkauft
83
. Angesichts der grossen Verbreitung und entsprechenden
Interoperabilitätsvorteile kann damit gerechnet werden, dass der derzeit laufende Antrag
auf Adoption als ISO-Standard erfolgreich sein wird. Als Punkt-zu-Punkt-
Verbindungsstandard eignet sich IrDA für die Nutzung in einem Netzwerk jedoch
weniger.
3.4.4
Bluetooth
Bluetooth
84
ist ein Standard zur Datenübertragung im Frequenzbereich von 2.402 ­
2.480 GHz (sog. ISM-Band: Industrial, Scientific, Medical), und wurde erstmals in
2000 als Version 1.0 veröffentlicht
85
. Die 1998 gegründete Bluetooth Special Interest
Group umfasst neben dem Pionier Ericsson mittlerweile ein Konsortium von über 1500
Mitgliedsfirmen. Der Datenaustausch erfolgt mit Bluetooth als Vollduplex-Signal (was
simultanes Hören und Sprechen erlaubt) unter Verwendung sämtlicher OSI-
Referenzmodellschichten
86
. Sendungs- und Empfangsmodul sind bautechnisch zu
einem ,,Transceiver" zusammengefasst. Wie beim IrDA-Data Standard werden Punkt-
zu-Punkt Verbindungen aufgebaut, allerdings können nicht nur zwei Geräte, sondern bis
zu sieben zu einem Piconet und bis zu 10 Geräte zu einem Scatternet
zusammengeschlossen werden können. Die Steuerungs- und Synchronisationsfunktion
sowie die Adressenverwaltung übernimmt dabei das Gerät, welches die erste
Verbindung aufbaut (Master). Anschliessend befinden sich die im Piconet verbundenen
Geräte entweder im passiven Standby- oder aktiven Connected-Status.
Der Übertragungsumkreis ist omnidirektional. Um Interferenzen der vielen auf dem
lizenzfreien ISM-Frequenzband operierenden Geräte zu minimieren
87
, kommt entweder
ein Frequenzsprungverfahren (billiger, Datentransmission bis 1,6 MBit/s) oder ein
Direktsequenzverfahren (teurer, Datentransmission bis 11 MBit/s) zur Anwendung. Der
neueste Bluetooth-Standard (Version 1.2) verwendet das Adaptive Frequency Hopping
83
Vgl. IrDA 2003, URL:
http://www.irda.org/news/press_irda.asp
[11.09.2003]
84
,,Der Wikinger-König Harald Blaatand (= dänisch; wörtlich übersetzt heisst er Blauzahn bzw. englisch Bluetooth) ist historisches
Vorbild und Namensgeber für dieses schnurlose Funkverfahren. Er einte gemeinsam mit seinen Verbündeten im zehnten
Jahrhundert Dänemark und Norwegen.". Ericsson GmbH 2003a, URL:
http://www.ericsson.de/technologien/bluetooth/
[12.09.2003]
85
da die Funkfrequenzvergabe nationaler Gesetzgebung unterliegt, ist auch das ISM-Band um 2,4 GHz nicht in allen Ländern
völlig gleich definiert. Für Staaten mit eingeschränktem ISM-Band gibt es lokale Bluetooth-Versionen, die allerdings nicht
kommunikationsfähig sind mit einer nicht-lokalen Version. ­ Vgl. Bluetooth SIG, Inc. 2001, URL:
https://www.bluetooth.org/docman2/ViewProperties.php?group_id=53&document_content_id=8150
, [12.09.2003]
86
Vgl. Bluetooth SIG, Inc. 2003a, URL:
http://www.bluetooth.com/dev/specifications.asp
[12.09.2003]
87
potentielle ,,Frequenz-Konkurrenten"für Bluetooth-Geräte sind Mikrowellenofen, schnurlose Haustelefone (DECT) und WLAN.

38
(AFH). Hierfür wird das ISM-Band in 79 Kanäle mit einer Breite von jeweils 1 MHz
aufgeteilt. Anschliessend werden 32 Kanäle ausgewählt, zwischen denen bis zu 1600
Mal pro Sekunde hin- und hergesprungen wird, wobei bis zu 7 Kanäle simultan in
Benutzung sein können. Bluetooth verwendet eine Kombination aus Leitungs- (Circuit)
und Paketvermittlung (Packet), und kann im asynchronischen Modus eine theoretische
Datenübertragungsgeschwindigkeit von bis zu 723 KBit/s downstream bei
gleichzeitigem 57 KBit/s upstream ­ assymetrisch ­ erreichen.
Die Reichweite einer drahtlosen Datenübertragung via Bluetooth hängt ab von der
Leistung des verwendeten Transmitters im Radiomodul. Üblicherweise beträgt sie 2,5
mW bzw. 10 m; andere Leistungsklassen sind 1m, 100m oder mehrere Kilometer (mit
Spezialmodul)
88
. Direkter Sichtkontakt ist nicht erforderlich. Mauern und Türen können
die Reichweite jedoch materialspezifisch reduzieren, so dass in der Praxis of nur 40
KBit/s realisiert werden. Obwohl auch Punkt-zu-Mehrpunkt-Verbindungen möglich
sind, ist Bluetooth primär ein WPAN; mittels dem SDP wird jedes geeignete Gerät in
Reichweite einzeln dem ,,Master"-Gerät des Nutzers hinzugefügt (Pairing) ­ und zwar
auch nur dann, wenn beide das gleiche Profil besitzen, von denen es inzwischen 34
verschiedene gibt.
Profile sind stark anwendungsspezifische Komplettspezifikationen eines
Bluetoothprotokollstapels: für jeden ,,Service" (Audiosteuerung, Bildtransfer, LAN-
Zugang u.v.m.) des Gerätes ist ein eigenes Bluetooth-Profil erforderlich. Eine
Verschlüsselung der gesendeten Daten ist möglich
89
. Gegenwärtig gibt es über 1000
verschiedene elektronische Geräte mit einer Bluetooth-Schnittstelle auf dem Markt
90
. In
2002 war Bluetooth bereits in über 100 Mio. Handys integriert. Die Realisierung eines
Bluetooth-basierten WPANs, innerhalb dessen sämtliche Geräte nahtlos miteinander
kommunizieren, ist das Zielszenario des Bluetooth-Konsortiums. Mit der Adaption des
Standards seitens der Arbeitsgruppe der IEEE für WPAN (802.15) wurde ein wichtiges
Etappenziel erreicht. Für 2005 wird damit gerechnet, dass Bluetooth in 73% aller
Mobilfunktelefone und in 44% aller Handheld PCs integriert sein wird
91
.
88
Vgl. Ericsson GmbH 2003a, URL:
http://www.ericsson.de/technologien/bluetooth/technik.html
[12.09.2003]
89
Vgl. Bluetooth SIG, Inc. 2003b, URL:
http://www.bluetooth.com/tech/works/glossary.asp
[12.09.2003]
90
z.B. in Computermäusen, Mobilfunktelefonen, Autonavigationssystemen, aber auch zunehmend in PDAs, Kameras, Kopfhörern,
Kühlschränken und GPS-Empfangsmodulen.
91
Vgl. Ericsson GmbH 2003a URL:
http://www.ericsson.com/press/archive/backgrounder/bluetooth_backgrounder_april.doc
[12.09.2003]

39
3.4.5
IEEE 802.11 WLAN
WLAN (Wireless Local Area Network) 802.11 ist ein vom IEEE
92
entwickelter
Standard. Der Name setzt sich aus dem des Projekts (802) ­ dem des Themas
(LAN/MAN) ­ und dem der Arbeitsgruppe (11), die sich mit dem Wireless-Aspekt
dieses Projekts beschäftigt, zusammen. Ziel sind verbesserte Spezifikationen vor allem
der unteren Protokollschichten des OSI-Referenzmodells
93
, um bestehende lokale Netze
(LANs) ­ z.B. IEEE 802.3 Ethernet oder IEEE 802.5 Token Ring ­ um eine drahtlose
Version zu erweitern. Der ersten Veröffentlichung des WLAN-Standards in 1997 folgte
die Gründung der Wi-Fi Alliance in 1999, die als internationale non-profit Organisation
von rund 180 Mitgliedsfirmen weltweit unterstützt wird und WLAN-Produkte auf
Interoperabilität hin begutachtet. Seit Beginn der WiFi-Zertifizierung im März 2000
wurden über 600 Produkte mit Wi-Fi® ausgezeichnet
94
.
3.4.5.1
Die Technologie
Den WLAN-Protokollstapel 802.11 gibt es in verschiedenen Varianten, wobei die
Unterschiede sowohl im benutzten Frequenzbereich als auch in der Modulationstechnik
liegen (beides gehört zur PHY-Schicht). Der verbreiteste ist 802.11b (,,WiFi"); er
arbeitet mit dem ISM-Frequenzbereich um 2,4 GHz und verfügt über eine Bandbreite
von 11 MBit/s. Dabei kommt kein Frequenzsprungverfahren (wie bei Bluetooth),
sondern das leistungsstärkere DSSS Modulationsverfahren zur Anwendung. Die
Version 802.11a (,,WiFi5") erzielt dank einem weiter verbesserten
Modulationsverfahren namens OFDM eine theoretische Datentransfergeschwindigkeit
von 54 MBit/s und ist für den ­ ebenfalls lizenzfreien ­ UNIII Frequenzbereich um 5
GHz ausgelegt.
Dank der kürzeren Wellenlänge in diesem Bereich stehen mehr Radiokanäle zur
Verfügung, so dass Interferenzen weniger oft vorkommen als bei 2,4 GHz. Allerdings
sind Geräte mit 802.11a nicht mit 802.11b kompatibel, verbrauchen mehr Energie und
kosten tendenziell mehr; ihre Verbreitung ist auf den internen Firmeneinsatz beschränkt.
92
das IEEE (sprich: Eye-triple-E) ist eine non-profit-Organisation mit über 380.000 Personen aus technischen Berufen als
Mitgliedern. Das Institut ist 1963 aus dem Zusammengehen des AIEE (American Institute of Electrical Engineers) und des IRE
(Institute of Radio Engineers) entstanden. Seine Hauptaufgaben sieht es im Publizieren, Organisieren von Konferenzen und der
Entwicklung von Standards im ICT-Bereich. ­ Vgl. IEEE Inc. 2003, URL:
http://www.ieee.org/portal/index.jsp?pageID=corp_level1&path=about&file=index.xml&xsl=generic.xsl
[12.09.2003]
93
Vgl. IEEE Inc. 2002, URL:
http://www.ieee802.org/802%20overview.pdf
[12.09.2003]
94
Vgl. WiFi Alliance 2003, URL:
http://www.wi-fi.org/OpenSection/why_Wi-Fi.asp?TID=2
[19.04.2003]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832477905
ISBN (Paperback)
9783838677903
Dateigröße
3.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Trier – Geographie/Geowissenschaften FB VI
Note
1,3
Schlagworte
tourismus strategie funktechnologie destination wettbewerb
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Titel: Strategischer Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im touristischen Destinationsmanagement unter besonderer Berücksichtigung von geografischen Informationssystemen (GIS)
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