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Großflächige Einzelhandelsstandorte in Ortsrandlagen vs. innerstädtischem Einzelhandel

Verläuft die Entwicklung in Ljubljana wie in anderen westeuropäischen Städten?

©2003 Diplomarbeit 119 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Es ist überwiegend der Handel, welcher die für die Urbanität wichtigen Voraussetzungen der Dichte, Frequenz und Mischung schafft und somit eine bedeutende stadtbildende Funktion besitzt. Durch einen Wandel des Nachfrageverhaltens der Konsumenten und der jeweils in den einzelnen Ländern gegebenen Rahmensetzungen politisch-administrativer Gremien vollzieht sich in den meisten europäischen Ländern bereits seit Jahrzehnten ein gravierender Strukturwandel im Einzelhandel, was sich überwiegend in Form von Konzentrationsprozessen und einem Betriebsformenwandel und als Folge dessen in einer zu-nehmenden Verlagerung großflächiger Betriebe in Ortsrandbereiche äußert. Durch diesen „Wandel im Handel“ sind vor allem die Innenstädte als Einkaufsstandorte negativ betroffen, da hier die Originalität des Einzelhandelsangebotes zurückgeht und beträchtliche Attraktivitätsverluste zu verzeichnen sind. Die Auseinandersetzung der Geographie mit der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsstandorte in nicht ortsintegrierten Lagen und den dadurch hervorgerufenen Konsequenzen für den innerstädtischen Einzelhandel als auch für die Stadtentwicklung an sich besitzt deshalb sowohl in Deutschland als auch in den meisten anderen europäischen Ländern bereits eine lange Tradition und hat dafür gesorgt, dass den Städten und Gemeinden eine Vielzahl an Handlungs- und Planungsempfehlungen zur Verfügung stehen, welche die Erhaltung der Attraktivität und Urbanität der Innenstädte - v.a. durch eine vielfältige Nutzungsmischung - gewährleisten sollen.
Die Einzelhandelsstrukturen eines Landes werden natürlich von dem jeweils vorherrschenden sozioökonomischen Entwicklungsstand der Gesellschaft beeinflusst, wobei jedoch die im Rahmen der Vollendung des europäischen Binnenmarktes und der zunehmenden Globalisierung voranschreitende Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen in gewissem Grade auch zu einer Vereinheitlichung der Handelsstrukturen in Europa führt. So kommt es in einzelnen Ländern häufig zu einer Koexistenz traditioneller und moderner Handelsstrukturen, wobei der neue Konkurrenzdruck durch ausländische Konzerne mit modernen Handelskonzepten auf den traditionellen einheimischen Handel entweder zu Geschäftsschließungen nicht-wettbewerbsfähiger Geschäfte führt oder in vielen Fällen zu Anpassungsstrategien, indem die erfolgreichen Handelskonzepte ausländischer Handelsketten imitiert werden.
Nach den politischen Veränderungen seit der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen

Verzeichnis der Abkürzungen

1 Einführung
1.1 Anlass
1.2 Zielsetzung und Aufbau dieser Arbeit

2 Zum Stand der Forschung: Einzelhandel
2.1 Einordnung der Arbeit in den geographischen Kontext
2.2 Der Strukturwandel im Einzelhandel
2.2.1 Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel
2.2.1.1 Handelsexogene Faktoren des Strukturwandels im Einzelhandel
2.2.1.2 Handelsendogene Faktoren des Strukturwandels im Einzelhandel
2.2.2 Folgen des Strukturwandels des Einzelhandels
2.3 Theoretische Begründungsansätze des Betriebsformenwandels
2.3.1 Theorie von Lange
2.3.2 Theorie von Agergard et al
2.3.3 Empirische Überprüfung der Theorien zum Betriebsformenwandel und seinen räumlichen Wirkungen durch Heinritz
2.4 Fazit

3 Die Einzelhandelssituation in Slowenien und Ljubljana
3.1 Die Situation des Einzelhandels in Slowenien
3.2 Die Situation des Einzelhandels in Ljubljana
3.2.1 Städtisches und politisches Umfeld
3.2.1.1 Stadtentwicklung
3.2.1.3 Regulierungsmechanismen für die Einzelhandelsentwicklung
3.2.2 Einzelhandelsentwicklung

4 Struktur der großflächigen Einzelhandelsstandorte am Stadtrand von Ljubljana und Auswahl der innerstädtischen Erhebungsgebiete
4.1 Die vier größten Versorgungszentren in Ljubljana
4.1.1 Das BTC (Blagovno Trgovski Center) in Moste
4.1.2 Das Gewerbegebiet in Rudnik
4.1.3 Das Mercator-Center in Šiška
4.1.4 Das Interspar-Center in Vič
4.2 Die Erhebungsgebiete in der Innenstadt von Ljubljana

5 Methodisches Vorgehen
5.1 Klassische Erhebungsmethoden in der Handelsforschung
5.2 Erarbeitung des Untersuchungsdesigns
5.3 Konstruktion der Fragebögen
5.3.1 Fragebogen für die Einzelhandelsbefragung
5.3.1.1 Begleitschreiben
5.3.1.2 Befragungsteil
5.3.1.2.1 Branche und Betriebstyp
5.3.1.2.2 Wettbewerbssituation
5.3.2 Fragebogen für die passantenbefragung
5.3.2.1 Einkaufsverhalten in der Innenstadt von Ljubljana
5.3.2.2 Einkaufsverhalten in den großflächigen Versorgungszentren am Stadt- bzw. Innenstadtrand
5.3.2.3 Vergleich der Innenstadt und der großflächigen Versorgungszentren am Stadt- bzw. Innenstadtrand
5.3.2.4 Angaben zur person
5.4 Durchführung der Befragungen
5.4.1 Organisation
5.4.2 pretest
5.4.3 Haupterhebungen
5.5 Ergebnisse und Bewertung der Erhebungsmethode
5.5.1 Rücklauf
5.5.2 Motivation der probanden zur Mitarbeit
5.5.3 Repräsentativität

6 Ergebnis: Darstellung und Analyse
6.1 Demographische Angaben der befragten passanten
6.1.1 Stadtteil des Wohnortes
6.1.2 Geschlecht
6.1.3 Alter
6.1.4 Beruf/Beschäftigung
6.1.5 Anzahl der Bewohner im Haushalt
6.1.6 Monatliches Nettohaushaltseinkommen
6.2 Einzelhandelsstruktur in der Innenstadt von Ljubljana
6.2.1 Betriebstypen
6.2.2 Branchen
6.2.3 Verkaufsflächen
6.2.4 Besitzverhältnisse
6.2.5 Alter der Einzelhandelseinrichtungen
6.2.6 Anzahl der Beschäftigten
6.3 Die momentane Wettbewerbssituation
6.3.1 Bewertung der allgemeinen momentanen Wettbewerbssituation in der Innenstadt durch die Geschäftsführer
6.3.2 Die momentane Wettbewerbssituation zwischen innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen und großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand, bedingt durch das jeweils vorhandene Branchenangebot und die Einkaufspräferenzen der Bevölkerung
6.3.3 Die momentane Wettbewerbssituation zwischen innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen und großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand, bedingt durch die Besuchsfrequenz der Bevölkerung
6.4 Bewertung der Einzelhandelsstandorte
6.4.1 Bewertung der innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen und der großflä-chigen Versorgungszentren am Stadtrand durch die befragten passanten
6.4.2 Bewertung des eigenen Geschäftsstandortes und dessen Umfeldes durch die Geschäftsführer
6.4.3 Zugänglichkeit der Innenstadt und der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand
6.5 Auswirkungen der Errichtung großflächiger Versorgungszentren am Stadtrand auf den innerstädtischen Einzelhandel
6.5.1 Auswirkungen aus Sicht der Geschäftsführer
6.5.2 Auswirkungen aus Sicht der befragten passanten
6.5.3 Bereiche der Konkurrenzverschärfung und Veränderungen für den innerstädtischen Einzelhandel
6.5.4 Entwicklung der Kundenzahlen in den innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen
6.5.5 Aktuelle Maßnahmen der Geschäftsführer zur Verbesserung der Konkurrenzsituation
6.5.6 Umsatzentwicklung in den innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen
6.5.7 Miet- und pachtpreisentwicklung
6.5.8 Geschäftsaufgaben, -verlagerungen, -vermietungen und –verpachtungen

7 Zusammenfassung
7.1 Die Situation des Einzelhandels in Ljubljana
7.2 Weiterführende Gedanken: Empfehlungen für die planung
7.2.1 Entwicklung eines angemessenen landesplanerischen und städtebaulichen Steuerungsinstrumentariums
7.2.2 Einwirkung auf Bestimmungsfaktoren im Standortwettbewerb

Quellenverzeichnis

Anhang

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: prozentualer Anteil der erfassten Einzelhandelseinrichtungen an der Grundge-samtheit

Abb. 2: Geschlecht der befragten passanten

Abb. 3: Alter der befragten passanten

Abb. 4: Beruf/Beschäftigung der befragten passanten

Abb. 5: Anzahl der personen, die in den Haushalten der befragten passanten wohnen

Abb. 6: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen der befragten passanten

Abb. 7: Vergleich der absoluten Anzahl an erhobenen Einzel- und Filialbetrieben

Abb. 8: Verkaufsflächen in den erhobenen Einzelhandelseinrichtungen

Abb. 9: Besitzverhältnisse

Abb. 10: Zeitpunkt, seit dem das Geschäft an dem jetzigen Standort besteht

Abb. 11: Anzahl der Beschäftigten in den erhobenen Einzelhandelseinrichtungen

Abb. 12: Einschätzung der eigenen momentanen Wettbewerbssituation

Abb. 13: Vergleichende Bewertung des Einkaufsangebotes der innerstädtischen Einzel- handelseinrichtungen und der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand durch die befragten passanten

Abb. 14: Vergleichende Bewertung der innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen und der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand durch die passanten hin-sichtlich einzelner Faktoren

Abb. 15: Bewertung des Standortes des Geschäftes und dessen Umfeldes

Abb. 16: Für gewöhnlich benutzte Verkehrsmittel der befragten passanten für den Ein-kauf in die Innenstadt und in den großflächigen Versorgungszentren am Stadt-rand

Abb. 17: Dauer des Weges von der Wohnung der befragten passanten in die Innenstadt

Abb. 18: Aufenthaltsdauer in der Innenstadt beim letzten Besuch der befragten passanten

Abb. 19: Antwort auf die Frage, ob durch die Errichtung großflächiger Versorgungszen-tren am Stadtrand Auswirkungen auf das eigene Geschäft aufgetreten sind

Abb. 20: Bereiche der Konkurrenzverschärfung durch die Errichtung der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand

Abb. 21: Veränderungen im Bereich des innerstädtischen Einzelhandels durch die Errich-tung der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand

Abb. 22: In Zusammenhang mit der Errichtung der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand stehenden durchgeführten bzw. geplanten Veränderungen im eigenen Geschäft

Abb. 23: Umsatzentwicklung im innerstädtischen Einzelhandel von Ljubljana in den ver-gangenen fünf Jahren

Abb. 24: Umsatzklassen der erhobenen innerstädtischen Einzelhandelseinrichtungen

Abb. 25: Entwicklung der Miete/pacht in den letzten fünf Jahren in der Innenstadt

Abb. 26: Geplante Geschäftsaufgaben, -verlagerungen, -vermietungen, -verpachtungen der befragten Geschäftsführer

Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1: Gesamtverkaufsfläche und Anzahl der Geschäfte in Ljubljana im Jahr

Tab. 2: Klassifizierung der für die Einzelhandelsbefragung relevanten Straßenzüge

Tab. 3: Erhebungszeiträume der Einzelhandels- und passantenbefragung

Tab. 4: Stadtteile, in denen die Wohnorte der befragten passanten liegen

Tab. 5: Sitz der Hauptgeschäfte der Filialbetriebe

Tab. 6: Absolute Anzahl der einzelnen Branchen der erhobenen Einzelhandelseinrichtun-gen

Tab. 7: Die momentan schärfsten Konkurrenten des innerstädtischen Einzelhandels

Tab. 8: Einkaufspräferenzen der befragten passanten

Tab. 9: Besuchshäufigkeit der Innenstadt und der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand der befragten passanten

Tab. 10: Gründe der befragten passanten für den letzten Besuch der Innenstadt und der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand

Tab. 11: In Zusammenhang mit der Errichtung der großflächigen Versorgungszentren am Stadtrand eingetretenen Auswirkungen für den innerstädtischen Einzelhandel

Tab. 12: Auswirkungen der Errichtung großflächiger Versorgungszentren am Stadtrand auf die Geschäfte in der Innenstadt aus Sicht der befragten passanten

Tab. 13: Geschäfte in der Innenstadt, die seltener bzw. häufiger seit der Eröffnung großflächiger Versorgungszentren am Stadtrand von den befragten passanten besucht werden

Tab. 14: Erhöhung der Miete/pacht in der Innenstadt von Ljubljana in prozent

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Anlass

Die Attraktivität einer Stadt wird durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von Einzel-aspekten und Nutzungsmöglichkeiten bestimmt. Diese bestehen zum einen aus den Berei-chen Arbeit, Verkehr, Kultur, Bildung, Umwelt, Natur, Sport, Freizeit und Unterhaltung, öffentliche Verwaltung und Behörden und zum anderen aus den Bereichen Handel, Handwerk, Dienstleistung und Gastronomie. Zusammengefasst ergeben diese Einzel-aspekte das Leistungs-Netzwerk einer Stadt, dessen subjektives Empfinden durch die Bürger und Besucher entscheidend für die Bewertung der Attraktivität dieser Stadt und somit auch für deren Aufenthaltsqualität ist. Durch die Ergänzung des Bereiches Wohnen lässt sich für die Bürger die Lebensqualität einer Stadt ableiten.

„Die verschiedenen Funktionen sollen allerdings nicht räumlich voneinander isoliert, son-dern auf vergleichsweise engem Raum möglichst konfliktfrei und sich ergänzend wahrge-nommen werden“ (vgl. Franz, Junkernheinrich, u.a., 1996, Seite 35). Letztendlich leistet jeder dieser Bereiche einen Beitrag zur Schaffung von Urbanität[1] und Lebendigkeit in der Stadt, allerdings „stellt die Qualität und die Leistung des Handels das stärkste Motiv für eine Fahrt in die Innenstadt dar“ (vgl. Hatzfeld, 1995, Seite 36).

Der Einzelhandel [2] erzeugt und fördert städtisches Leben, Multifunktionalität und „urba-ne Bedingungen wie Dichte, Frequenz und Mischung, weshalb dem Handel zu Recht stadtbildende Funktionen zugesprochen werden“ (vgl. Franz, Junkernheinrich, u.a., 1996, Seite 36).

„Das Image und insbesondere die Ausstrahlung einer Stadt stehen in engem Zusammen-hang mit den quantitativen und den qualitativen Dimensionen der jeweiligen Handels-funktion“ (Hatzfeld, 1999, Seite 27), weshalb der Handel mit der Stadtentwicklung in en-ger Wechselwirkung steht. Die Verflechtungen zwischen Stadtplanung und Handel zei-gen sich v.a. auf folgenden Ebenen: Zum einen „braucht der Handel eine geordnete Stadt-entwicklung - d.h. mit konstanten, kalkulierbaren und allgemeinverbindlichen Regeln - da dies die Voraussetzung darstellt für eine langfristige Rentabilität bzw. Berechenbar-keit von Investitionen“ (vgl. Hatzfeld, 1996, Seite 31). Durch die Stadtplanung werden schließlich einzelne Umfeldbedingungen für verschiedene Standorte[3] geschaffen oder verändert, wozu natürlich auch die Schaffung einer speziellen Einkaufsatmosphäre zählt. Zum anderen „braucht aber auch die Stadt den Handel, da durch die Marktfunktion Dich-te, Frequenz und Mischung geschaffen werden und sie deshalb eine stadtbildende Funk-tion verfügt. Letztendlich bestimmt die Ausstattung mit Handel ganz maßgeblich die Außenattraktivität, die regionale Ausstrahlung und das Image einer Stadt mit“ (vgl. Hatz-feld, 1996, Seite 32).

Diese komplexen Verflechtungen zwischen Stadtentwicklung und Handel sorgen auf vie-len Ebenen zu Konflikten und Diskussionen, aus denen heraus sich entsprechende Ent-wicklungsoptionen für die zukünftige Gestaltung des Verhältnisses zwischen Stadt und Handel ergeben. Während früher der Handel als typische Funktion der gewachsenen Dorf- und Stadtkerne galt, hat sich „das Verhältnis von Handel und Stadt in den letzten Jahren maßgeblich verändert“ (a.a.O., Seite 32).

„Tiefgreifende Strukturveränderungen im Einzelhandel, welche durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen hervorgerufen wurden, führten zu einer zunehmenden Verlagerung - v.a. großflächiger Betriebe - auf die “Grüne Wiese“ [4] bzw. in Orts-randbereiche“ (vgl. Hirsch u. Kuntzer, 1993, Seite 2).

Der gegenwärtig hervorstechende Entwicklungstrend im Bereich des Einzelhandels be-steht aus der Expansion von Handelsgroßformen. Diese zeichnen sich durch eine enorme Zunahme der Verkaufsfläche, einem stark vereinheitlichten Betriebskonzept ohne lokale Variationsmöglichkeiten, einer ökonomischen Zentralisierung und einer starken Innen-orientierung - indem die Handelsbetriebe losgelöst von ihrem Umfeld, abgeschlossen, architektonisch und funktional nach innen inszeniert werden - aus. Hinzu kommt, dass die Einkaufszentren häufig „gezielt die Attraktivitätspotentiale einer City entwickeln, in-dem sie Angebotsvielfalt mit Einkaufserlebnis, Freizeit- und Kulturangeboten verbinden” (vgl. Blatt u. von Raczeck, 1998, Seite 3). Insgesamt lässt sich der Strukturwandel im Handel auf vier zentrale Begriffe beschränken: Auf „Konzentration, Ökonomisierung, Maßstabssprung und schließlich auf die zeitliche Dynamik der fortwährenden Erneue-rung dieses Wirtschaftsbereiches“ (vgl. Hatzfeld, 1999, Seite 27).

Diese Entwicklung hat in den vergangenen Jahren des Weiteren eine Textilisierungs- und Filialisierungstendenz im innerstädtischen Einzelhandelsangebot nach sich gezogen, wäh-rend gleichzeitig „ein Rückgang des Anteils von Einzelhandelsunternehmen mit elektro-technischen Erzeugnissen und Einrichtungsgegenständen - insbesondere Möbeln - zu ver-zeichnen war. Durch diese Zunahme von Filialgeschäften und Franchiseketten, welche alle ein generelles äußeres Erscheinungsbild aufweisen, sowie durch den gleichzeitigen Rückgang von ortsansässigen, traditionellen Einzelhandelsbetrieben, geht die Originalität des Einzelhandelsangebotes in den Städten zurück, was letztendlich auch zu beträchtli-chen Attraktivitätsverlusten der Innenstädte als Haupteinkaufszentren führt“ (vgl. Speth, 1994, Seite 1). Dabei „wird mittelständischen Unternehmen hinsichtlich der Funktion der Innenstadt als Zentrum für Handel und Dienstleistungen eine besondere Rolle zugewie-sen, da eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen eine größere Angebotsviel-falt gewährleistet, wodurch auch ein Kontrapunkt zur Filialisierung und der damit ver-bundenen Eintönigkeit im Angebot gesetzt werden kann“ (vgl. Franz, Junkernheinrich, u.a., 1996, Seite 36).

Der Dorf-, Stadt-, Regional- und Landesplanung kommt daher die Aufgabe zu, die Vor-teile eines breiteren, tieferen und günstigeren Angebotes großflächiger Einzelhandelsein-richtungen (z.B. von Verbrauchermärkten[5], SB-Warenhäusern[6] und Fachmärkten[7] ) in Ortsrandlagen mit den Nachteilen von Versorgungsproblemen in Wohngebieten und Ortskernen – v.a. für Menschen mit eingeschränkter Mobilität – abzuwägen.

Außerdem „beeinflussen die neuen Standortgemeinschaften des Einzelhandels nachhaltig die Struktur zentraler Orte“ (vgl. Hirsch u. Kuntzer, 1993, Seite 3), wobei häufig orts-, regional- und landesplanerische Konfliktfelder entstehen, da „die Struktur der zentralen Orte mit ihren Verflechtungsbereichen durch die Ansiedlung von Verbraucher- und Fach-märkten in nicht ortsintegrierten Lagen bzw. auf der “Grünen Wiese“ in Frage gestellt werden“ (vgl. a.a.O., Seite 7). „Als Indikator für einen derartigen Befund gelten im allgemeinen der Rückgang der Besucherfrequenzen sowie der Entzug von umsatzrele-vanter Kaufkraft im Zusammenhang mit der Neuorientierung der konsumtiven Nachfrage an Einzelhandelsleistungen in nachrangigen Zentren bzw. nicht integrierten Standorten (vgl. Geßner, 1988, Seite 11). Es gilt also, bestimmte Standorte für Einzelhandelsbetriebe auszuweisen, welche sich nach Größe und Einzugsbereich in das zentralörtliche Versor-gungssystem einfügen.

„Die gegenwärtigen Interessenkonflikte zwischen dem Einzelhandel einerseits und der planung - also den Gestaltern der räumlichen Ordnung aus politik und Verwaltung – andererseits konzentrieren sich auf die planerische Behandlung von Standortfragen, die städtische Verkehrspolitik im Hinblick auf den Handel, die zukünftige Stellung der Innenstadt als Einzelhandelsstandort sowie die Funktionsteilung im Einzelhandel zwi-schen Innenstadt, Nebenzentren und Vororten. Der Einzelhandel gibt dabei vor, die Inte-ressen der Wirtschaft und Verbraucher zu vertreten und gleichzeitig von der planung behindert zu werden. Doch auch die planung reklamiert, das Gemeinwohl als Ziel zu haben, wobei v.a. auch die Rahmenbedingungen für eine optimale Versorgung der Bevöl-kerung geschaffen werden sollen“ (vgl. Klein, 1995, Seite 1). Das problem bei der Lösung dieses Interessenkonfliktes besteht zum einen in „fehlenden oder widersprüchli-chen Leitbildern, einer Inflexibilität bei der Umsetzung der Maßnahmen und Handha-bung der planungsinstrumente, zum anderen aber auch in einer geringen Neigung zur systemhaften Gesamtschau“ (vgl. Klein, 1995, Seite 1).

„Das geflügelte Wort des “Wandels im Handel“ als Kennzeichen dieser Branche trifft sicherlich für die aktuelle Entwicklung zu, sowohl was die Angebotsformen als auch die Standorte des Handels angeht. So lässt sich immer wieder der Diskussionsstoff des Ver-lustes der Innenstadt, eine Auseinandersetzung mit den Standorten auf der “Grünen Wie-se“ und den möglicherweise neuen Standorten am Cityrand vorfinden“ (vgl. Dittmeier, 1999, Seite 95).

1.2 Zielsetzung und Aufbau dieser Arbeit

Die bisher beschriebenen Entwicklungstendenzen im Einzelhandel lassen sich generell auch in Ljubljana beobachten. Doch obwohl sich in den vergangenen zwölf Jahren meh-rere großflächige Einkaufszentren am Stadtrand von Ljubljana mit Anschluss an den Au-tobahnring gebildet haben und die gegenwärtigen Tendenzen darauf hindeuten, dass der Ausbau des großflächigen Einzelhandelangebotes am Stadtrand noch weiter forciert wird, gibt es immer noch keine Anzeichen einer politischen Einflussnahme oder regulierender Vorschriften. Dies liegt zum einen daran, dass die Entwicklung der Einzelhandelseinrich-tungen in Ljubljana seit Jahren eher unkontrolliert verläuft und die Strukturveränderun-gen nicht mehr zu überschauen sind, zum anderen aber wohl auch an dem Mangel an Un-tersuchungen über die Auswirkungen dieser Entwicklung - auch auf die Innenstadt von Ljubljana.

Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit besteht aus diesem Grund darin, die sich mögli-cherweise ergebenden Konsequenzen der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetrie-be am Stadtrand von Ljubljana auf die Geschäfte der Innenstadt zu untersuchen und an-hand dieser Ergebnisse der Frage nachzugehen, ob die Situation in Ljubljana vergleichbar mit der Situation in anderen westeuropäischen Städten ist, deren innerstädtische Einzel-handelseinrichtungen durch die Konkurrenz auf der “Grünen Wiese“ mit Kaufkraftab-fluss und Attraktivitätsverlusten zu kämpfen haben. Falls dies der Fall ist, so gilt es zu klären, welche politischen Maßnahmen und Regulativen getroffen und gefördert werden sollten, um einer weiteren Gefährdung des innerstädtischen Einzelhandels und somit der Gefahr eines Attraktivitätsverlustes der Innenstadt vorzubeugen und eine kontrollierte Ansiedlung großflächiger Einkaufszentren zu ermöglichen. Falls jedoch keine entschei-denden negativen Auswirkungen auf die Innenstadt festzustellen sind, gilt es zu klären, welche Unterschiede zwischen Ljubljana und anderen westeuropäischen Städten, die nachweislich von großflächigen Einkaufszentren am Stadtrand negativ betroffen sind, in dieser Hinsicht bestehen. Zusammengefasst ergeben sich aus diesem Forschungsinteresse somit folgende Fragen:

1. Lassen sich durch die in jüngster Zeit errichteten Einkaufszentren am Stadtrand von Ljubljana – nach dem Vorbild amerikanischer und anderer westeuropäischer Städte – bereits Anzeichen einer Gefährdung des innerstädtischen Einzelhandels und somit einer Verödung der Innenstadt feststellen?
2. Welche Maßnahmen müssen in diesem Fall getroffen werden, um einer Gefährdung des innerstädtischen Einzelhandels und der Attraktivität der Innenstadt von Ljubljana durch die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen am Stadtrand vor-beugen zu können?
bzw.
3. Welche lokalen Besonderheiten weist Ljubljana im Vergleich mit anderen westeuro-päischen Städten auf, deren Innenstädte – im Gegensatz zu Ljubljana – negativ von den Einkaufszentren am Stadtrand betroffen sind?

In folgendem Kapitel 2 werden aktuelle Aspekte der Handelsforschung angesprochen, wobei v.a. die Aspekte, Ursachen und Folgen des Strukturwandels im Einzelhandel im Mittelpunkt stehen. Die Ansiedlung großflächiger Versorgungszentren in Stadtrandlagen ist letztendlich eine Konsequenz dieses Strukturwandels, welcher v.a. durch Rationali-sierungsmaßnahmen im Bereich des Einzelhandels, durch Veränderungen des Konsum- und Einkaufsverhaltens sowie durch Veränderungen demographischer und sozialer Struk-turen innerhalb der Bevölkerung hervorgerufen wird. Ein umfassendes Verständnis dieser prozesse ist notwendig, um die dadurch entstehenden Konsequenzen für die Innenstädte erfassen und mögliche Handlungsoptionen entwickeln zu können.

Anschließend wird in Kapitel 3 die generelle Situation des Einzelhandels in Slowenien und Ljubljana und daran anschließend in Kapitel 4 die Auswahl und Struktur der ein-zelnen Untersuchungsstandorte und größten Einkaufszentren am Stadtrand von Ljubljana beschrieben.

In Kapitel 5 steht das Untersuchungsdesign im Mittelpunkt, wobei auch die Operationali-sierung der Fragestellung erfolgt. Zuerst werden die klassischen Erhebungstechniken der Handelsforschung aufgezeigt, darauf folgt die Entwicklung der eigenen Erhebungsmetho-de und anschließend die Erläuterung des Fragebogenaufbaus. Nach der Beschreibung der Organisation und Durchführung der Befragung wird der Rücklauf und die Repräsentativi-tät der Untersuchung bewertet.

Das Kapitel 6 ist der Deskription und Analyse der Untersuchungsergebnisse vorbehalten. Zuerst erfolgt eine deskriptive Darstellung der demographischen Angaben der befragten passanten als auch der Einzelhandelsstruktur in der Innenstadt von Ljubljana. Nach einer Analyse der momentan gegebenen Wettbewerbssituation und einer Bewertung des Ein-zelhandelsstandortes Innenstadt folgt die Analyse der in Zusammenhang mit der Errich-tung der großflächigen Einzelhandelsstandorte am Stadtrand aufgetretenen Auswirkun-gen für den innerstädtischen Einzelhandel in Ljubljana. Dabei werden auch die entspre-chenden Reaktionen der Einzelhändler erfasst, indem die jeweils geplanten Veränderun-gen im eigenen Geschäft als auch eventuell geplante Geschäftsaufgaben, -verlagerungen, -vermietungen und –verpachtungen dargestellt werden.

Abschließend werden in Kapitel 7 die gewonnenen Ergebnisse zusammenfassend bewer-tet und über einen Vergleich mit den in anderen Ländern und Städten Westeuropas vor-handenen landesplanerischen und städtebaulichen Steuerungsinstrumentarien mögliche zur Verfügung stehende Lösungsansätze für die planung in Ljubljana angeboten. In die-sem Zusammenhang sollen auch die Möglichkeiten einer Einwirkung auf einzelne Be-stimmungsfaktoren im Standortwettbewerb diskutiert werden.

2 Zum Stand der Forschung: Einzelhandel

2.1 Einordnung der Arbeit in den geographischen Kontext

„Der Einzelhandel als ein wesentlicher Bestandteil städtischer Systeme ist seit langem Forschungsgegenstand der Geographie“ (Gerhard, 1998, Seite 4). Doch auch andere „wissenschaftliche Disziplinen, darunter die Betriebswirtschaftslehre und Handelsfor-schung, die Architektur und der Städtebau, die Rechts- und politikwissenschaften sowie die Raumplanung, haben großflächige Einzelhandelsunternehmen und Standorte des Ein-zelhandels zum Forschungsgegenstand“ (vgl. Heineberg, 1986, Seite 14). „Durch die Standortwahl, den Aufbau des Kundeneinzugsbereiches und die Ausrichtung auf be-stimmte Bevölkerungsgruppen wirkt der Einzelhandel prägend für eine Stadt, insbeson-dere für seine nähere Umgebung“ (vgl. Gerhard, 1998, Seite 71).

Bei derartigen Untersuchungen mit Bezug auf die Angebotsseite steht die „Bedeutung einzelhandelsendogener Einflussfaktoren auf raumstrukturelle Umstrukturierungspro-zesse“ (a.a.O., Seite 4) im Vordergrund, wobei das Hauptaugenmerk auf die Standortver-teilung einzelner Einzelhandelseinrichtungen, die Funktion und Hierarchie der Versor-gungseinrichtungen und auf den Betriebsformenwandel[8] gelegt wird.

Bei Untersuchungen auf der Nachfrageseite werden hingegen v.a. die räumlichen Aspek-te der Einkaufsorientierung untersucht, die Wahrnehmungsmuster der Konsumenten so-wie die Nutzung verschiedener Einzelhandelseinrichtungen, wobei diese Aspekte in star-kem Maße von der Zentralitätsforschung beeinflusst werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Nutzungsvielfalt der Innenstädte von Bedeutung. Da sich die Konkurrenz zwischen den einzelnen Versorgungszentren nicht auf die Standorte an sich, sondern auf die potenziellen Konsumenten bezieht, wird der Beachtung des Konsumentenverhaltens in Form der Einkaufsorientierung eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Vor allem in der Wirtschafts- und Sozialgeographie gibt es mehrere Ansätze, mit deren Hilfe das Einkaufsverhalten analysiert werden kann:

- Gravitationstheoretische Ansätze gehen davon aus, dass „die Anziehungskraft oder Attraktivität eines Einzelhandelsstandortes proportional mit der Größe des Angebotes wächst“ (Kagermeier, 1991, Seite 13). Die Größe der Verkaufsflächen, die Zahl der Einzelhandelseinrichtungen und der Beschäftigten sowie die Distan-zen zwischen den Wohnstandorten der potentiellen Kunden und den Angebots-standorten sind für diesen Ansatz wichtige messbare Größen.
- Aktionsräumliche Ansätze werden generell dazu herangezogen, „die vielseitigen Zusammenhänge zwischen siedlungs- und sozialräumlichen Strukturen und der räumlichen Grundorientierung der Bevölkerung bei wichtigen Lebensbeziehungen aufzuzeigen“ (vgl. Güttler, 1985, Seite 3). Somit rückt eher die Nachfrageseite in den Mittelpunkt der Betrachtung, wenn „die Attraktivität eines Standortes unter dem Aspekt des Nutzens für den Nachfrager“ (Kagermeier, 1991, Seite 13) unter-sucht werden soll. Da „der Faktor Zeit und das phänomen der Versorgungskopp-lung für einen Einkauf in großflächigen Versorgungszentren mit Sicherheit eine wichtige Rolle spielen, findet oft der von Hägerstrand entworfene aktionsräumli-che Ansatz Verwendung, in welchem die gegebenen Restriktionen (“constraints“) hinsichtlich des individuellen Handlungsspielraumes ausschlaggebend für die raumzeitlichen Tätigkeiten eines Menschen sind“ (vgl. Bühler, 1990, Seite 127).
- Sozialpsychologische Ansätze gehen davon aus, dass die subjektiven Wahrneh-mungen und Bewertungen der potentiellen Kunden als entscheidend für das Ein-kaufsverhalten angesehen werden. Allerdings werden diese Ansätze v.a. in der Marktforschung und Marketingwissenschaft eingesetzt als in der geographischen Forschung.

Der wichtige Einfluss der Zentralitätsforschung auf einzelne Untersuchungen des Ver-sorgungsverhaltens von Konsumenten wurde bereits erwähnt. Diese Zentralitätsforschung geht v.a. auf die 1933 von Walther Christaller entwickelte Theorie der zentralen Orte zu-rück. Hier wird davon ausgegangen, dass einzelne zentrale Orte einen Bedeutungsüber-schuss gegenüber ihrem Umland aufweisen, indem sie Funktionen besitzen, welche auch von der Umlandbevölkerung genutzt werden. „Das zentralörtliche System wird als ein hierarchisches System von Angebotsstandorten aufgefasst, in denen zentrale Güter unter-schiedlicher Reichweite angeboten werden“ (Kagermeier, 1991, Seite 14). In diesem Sinne sind zum einen „das Verhalten der Käufer und ihr Streben nach Wegeminimierung beim Einkaufen sowie zum anderen die externen Effekte, die durch die Agglomeration von Läden entstehen, als die wesentlichen Bestimmungsgründe für die Existenz von La-denzentren anzusehen“ (vgl. Firzlaff, 1988, Seite 178). Allerdings muss bezweifelt wer-den, dass die Annahmen dieser Theorie auch heute noch ihre Gültigkeit haben, da bei-spielsweise eine ihrer wichtigsten Annahmen, dass „die Konsumenten nach den Idealen der ökonomischen Theorien handeln - also nach dem primat der Nutzenmaximierung“ - (vgl. Kagermeier, 1991, Seite 14) durch die heute vorherrschenden Einkaufsgewohnhei-ten der Bevölkerung nicht mehr alleine ausschlaggebend für die Einkaufsorientierung auf bestimmte Einkaufsorte ist. „Das Kaufverhalten ist oft nicht mehr alleine an preis und Warenauswahl orientiert, sondern wird durch subjektive Aspekte wie Atmosphäre, per-sönliche Vorlieben, u.ä. beeinflusst“ (vgl. Gerhard, 1998, Seite 190). So besteht die Not-wendigkeit, neben den „für die Einkaufsgewohnheiten zugrunde liegenden Zeit-Kosten-Mühe-Kalkülen auch handlungsrelevante, gesellschaftsgestützte und sozial kontrollierte Geschmackspräferenzen der Bevölkerung“ (vgl. Heinritz, 1979, Seite 118) mit zu berück-sichtigen. Daher wurde von Hans Linde bereits 1977 vorgeschlagen, „die in der klassi-schen zentralörtlichen Theorie entscheidende Größe “Reichweite“ durch das Konzept der “Attraktivität einer Offerte“ zu ersetzen“ (Heinritz, 1989, Seite 15). Helmut pfuhl fordert sogar ein „Abrücken der zentrenfixierten Versorgungsideologie, wobei der kommunalen planung die Aufgabe auferlegt werden sollte, im Rahmen einer dualen planungsstrategie die wachsenden Flächenansprüche des Einzelhandels nicht dogmatisch zu beschränken sondern pragmatisch zu leiten, ohne auf die Förderung subzentraler Strukturen zu ver-zichten“ (vgl. pfuhl, 1994, Seite 241).

Es wurde bereits in mehreren Untersuchungen aufgezeigt, dass zu einer Analyse der Ver-sorgungsorientierung sowohl die einzelnen Vorgaben der Angebots- als auch der Nach-frageseite berücksichtigt werden müssen.

Diese Arbeit ist mit der gegebenen Fragestellung und ihrer Behandlung generell als Bei-trag zur Geographie des Tertiären Sektors innerhalb der Wirtschaftsgeographie einzuord-nen, wobei jedoch auch wesentliche Bezüge zur Stadtgeographie bestehen, da bei einer Analyse des Einzelhandels auch die Randbedingungen des städtischen Systems beachtet werden müssen. [9]

2.2 Der Strukturwandelim Einzelhandel

„In den Ländern Westeuropas vollzieht sich ein gravierender Strukturwandel im Einzel-handel, der in Zusammenhang steht mit einem Wandel des Nachfrageverhaltens der Kon-sumenten und der jeweils in den einzelnen Ländern gegebenen Rahmensetzungen poli-tisch-administrativer Gremien, was sich schließlich auf der Angebotsseite in Form von Konzentrationsprozessen und einem Betriebsformenwandel äußert“ (vgl. pütz, 1998, Sei-te 10).

So „lässt sich ein derartiger Strukturwandel im Einzelhandel auch in Deutschland be-obachten: Während die Verkaufsflächen immer weiter ansteigen, ist die Anzahl der Ein-zelhandelsbetriebe rückläufig“ (vgl. Heßmann u. Maier, 2001, Seite 75). „Laut Hauptver-band des deutschen Einzelhandels beläuft sich die pro-Kopf-Verkaufsfläche in den neuen Bundesländern mittlerweile auf 2,66 m², wobei jedoch nach westdeutschem Standard 1,1 bis 1,3 m² völlig ausreichend währen“ (vgl. Grieben, 2001, Seite 1). „Gleichzeitig ist eine Umsatzzunahme zu verzeichnen. Damit erhöht sich der durchschnittliche Umsatz je Ver-kaufsstelle“ (Klein, 1995, Seite 32).

„Veränderungen in der Einzelhandelsstruktur können als Ergebnis des Zusammenwirkens von Entscheidungen der Konsumenten, der Einzelhandelsunternehmen und der politiker und planer verstanden werden“ (vgl. pütz, 1998, Seite 11). Bevor auf die räumlichen Konsequenzen des Strukturwandels und den Einfluss der politiker und planer eingegan-gen wird, sollen daher im folgenden zuerst die Ursachen des Strukturwandels im Einzel-handel am Beispiel Deutschlands und die damit in Zusammenhang stehenden Einflüsse der beiden Akteurgruppen der Konsumenten und der Einzelhandelsunternehmer, welche für die Einzelhandelsentwicklung von Bedeutung sind, aufgezeigt werden.

2.2.1 Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel

Die Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel liegen zum einen in handelsendoge-nen, zum anderen in handelsexogenen Faktoren begründet.

2.2.1.1 Handelsexogene Faktoren des Strukturwandels im Einzelhandel

Handelsexogene Faktoren des Strukturwandels im Einzelhandel sind z.B. mit Verände-rungen des Konsum- und Einkaufsverhaltens oder mit Veränderungen demographischer und sozialer Strukturen gegeben, an die sich der „Einzelhandel anpassen muss, um wett-bewerbsfähig zu bleiben“ (Heßmann u. Maier, 2001, Seite 76).

Zu den Veränderungen demographischer und sozialer Strukturen zählt neben einer zuneh-menden Suburbanisierung und steigenden Realeinkommen breiter Bevölkerungsschichten und dem damit verbundenen Anstieg des Lebensstandards v.a. auch die steigende Mobili-tät der Menschen und „die damit erhöhte Bereitschaft der Verbraucher, die Transport-funktion zu übernehmen, was mit zu einer Verdichtung der Umsätze auf immer weniger und zunehmend größere Betriebe“ (vgl. a.a.O., Seite 77) und somit zu einer Verlagerung des Einzelhandels aus den Innenstadtbereichen auf die “Grüne Wiese“ beiträgt.

Der Wandel im Konsum- und Einkaufsverhalten und damit die Akzeptanz des Einzel-handels in zentralen und an peripheren Standorten lässt sich im wesentlichen an drei Ver-haltensmustern festmachen: Der „Wunsch des Konsumenten nach Wohlgefühl und der Sehnsucht nach angenehmen Einkaufserlebnissen bedingt eine Suche nach Inszenierung, die Belastung des individuellen Zeitbudgets durch den Versorgungseinkauf erhöht die Nachfrage nach schnell erreichbaren Einkaufsstandorten, und durch das in den letzten Jahren stetig ansteigende Qualitäts- und preisbewusstsein, welches sich in der Suche nach Sonderangeboten und Niedrigpreisen als auch im Verzicht auf Service im Sinne der Selbstbedienung äußert, werden erhöhte Anforderungen an Informationen über das Ein-zelhandelsangebot gestellt” (vgl. Miodek, 1998, Seite 61). Auch das Schlagwort des “Er-lebnis-Shopping“ soll an dieser Stelle genannt werden: So kann das Einkaufen zum einen eine Funktion der Versorgungstätigkeit, zum anderen aber auch für die heutige Erlebnis-gesellschaft eine Möglichkeit der Freizeitgestaltung darstellen. „Dabei entwickelt sich ein polarisiertes Einkaufsverhalten, indem rationalen Kaufentscheidungen mit hohem preis-bewusstsein bei Versorgungseinkäufen von Waren des Grundnutzenbedarfs emotionale Kaufentscheidungen mit vordergründiger Ich-Bezogenheit bei Waren des Zusatznutzen-bedarfs gegenüberstehen“ (vgl. pütz, 1998, Seite 13). Einkaufszentren, die sich als „Ex-tremform der Verbindung von Einkaufsmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen und kultu-rellen Angeboten darstellen und somit teilweise die Funktion eines Gemeinde- oder Stadtzentrums übernehmen“ (vgl. Gerhard, 1998, Seite 40), erfüllen deshalb die Anforde-rungen der Konsumenten an eine Kopplung möglichst vieler Funktionen. „Die gestiegene Mobilität und die wachsende Technisierung der Haushalte in Verbindung mit der Unfähigkeit der gewachsenen Dorf– und Stadtkerne, den zunehmenden Verkehr aufzunehmen und den gewachsenen parkraumbedarf zu befriedigen, sind zusammen mit der Steigerung des verfügbaren Einkommens und einem polarisierten Einkaufsverhalten somit als Hauptgründe für das Aufkommen neuer, großflächiger Betriebsformen des Einzelhandels in nicht ortsintegrierten Lagen anzusehen“ (vgl. Hirsch u. Kuntzer, 1993, Seite 5). Die durch den „zunehmenden Trend zum Großeinkauf und die zunehmende Motorisierung entstehenden Standortnachteile in der Innenstadt“ (vgl. Vogels, 1991, Seite 94) werden sich wohl auch in Zukunft noch weiter verschärfen. Auch der „Trend zum Wohnen an der peripherie oder in kleineren Städten im Umland wird sich nur begrenzt umkehren, da nur wenig platz für Wohnungen in den Innenstädten verfügbar und das Mietpreisniveau sehr hoch ist. Belebte Innenstädte sind daher auch in hohem Maße auf Kunden von außerhalb angewiesen“ (vgl. Dude, 1989, Seite 7).

2.2.1.2 Handelsendogene Faktoren des Strukturwandels im Einzelhandel

Durch die beschriebenen Veränderungen der handelsexogenen Faktoren verändert sich auch „der Handlungsrahmen der Einzelhandelsunternehmen und deren standortspezifi-sche Kosten- und Erlössituation, weshalb die Unternehmen ihre Wettbewerbsstrategien anpassen müssen“ (vgl. pütz, 1998, Seite 15). „Der sich abzeichnende Strukturwandel im Einzelhandel ist v.a. durch zwei Tendenzen geprägt: Zum einen durch eine sehr tief grei-fende Industrialisierung der Distribution, zum anderen durch ein bisher nicht gekanntes Ausmaß des Engagements internationaler Kapitalgruppen im Bereich des Handels, ver-bunden mit einer Internationalisierung von Ansiedlungs- und Investitionsstrategien“ (vgl. Läpple, 1996, Seite 130). Diese Industrialisierungs- und Internationalisierungsschübe fin-den allerdings nicht im “primären Netz“ des Handels statt, sondern „mit einer außerge-wöhnlichen Dynamik im “sekundären Netz“, welches nicht in die städtischen Strukturen integriert ist“ (vgl. a.a.O., Seite 131). „Dem sekundären Netz werden dabei alle Einzel-handelsbetriebe an nicht integrierten Standorten zugeordnet, wobei es sich meistens um neue Betriebsformen wie Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser, Discounter oder Fach-märkte sowie um Einkaufszentren in Gewerbe- und Sondergebieten handelt“ (vgl. popp, 2002, Seite 22), welche auch zentrenrelevante Sortimente[10] anbieten und somit als „Hauptursache für die Verödung der Innenstädte angesehen werden“ (vgl. a.a.O., Seite 23). Die Handelsgruppen setzen im sekundären Netz auf „Massenproduktionsvorteile durch große Einheiten und zunehmende Technisierung, wodurch einzelne Teilprozesse wie planung, Bau und Unterhalt von Verkaufseinrichtungen oder Beschaffung, Transport, Lagerhaltung und Verkauf von Waren als Gesamtprozess rationalisiert und kostenmäßig optimiert werden“ (vgl. Läpple, 1996, Seite 131). Die dadurch entstehenden kostenmäßi-gen Substitutionsvorgänge des Handels, bei denen eine Gesamtkostenminimierung durch eine systematische Kostenabwägung erzielt werden soll, sind die eigentliche Ursache für das Ersetzen des teuren personals durch relativ billigere Verkaufsfläche und des Waren-bestandes durch Warenbewegung, d.h. der Miet- und Lagerhaltungskosten durch Trans-portkosten und schließlich der Substitution des gewerblichen Lieferverkehrs durch pri-vate Einkaufsverkehre, indem „der Handel auf immer größere Einheiten – i.d.R. auf der “Grünen Wiese“ an nicht integrierten Standorten“ (vgl. a.a.O., Seite 132) mit hervorra-gender überörtlicher Straßenverkehrs-Einbindung – konzentriert wird. „Bei grundnutzen-orientierten Einzelhandelsunternehmen äußert sich dies aufgrund des preisorientierten Kaufverhaltens v.a. in steigenden Marktanteilen discounterorientierter[11] und großflächi-ger Betriebsformen, die durch eine konsequente Umsetzung des SB-prinzips und einer Ausweitung der Verkaufsfläche Kostensenkungsstrategien verfolgen“ (vgl. pütz, 1998, Seite 19). So wurden die „im Lebensmitteleinzelhandel dominierenden kleinen Bedie-nungsläden zuerst durch SB-Läden, später durch flächengrößere Supermärkte mit einem vielfältigen Sortiment und in jüngster Zeit durch noch größere preisaggressive Verbrau-cher- und Hypermärkte mit einem diversifizierten Angebot abgelöst. Im Non-Food-Be-reich hingegen verlieren sowohl die großflächigen Waren- und Kaufhäuser als auch die Fach- und Spezialgeschäfte immer mehr Marktanteile an die Fachmärkte“ (vgl. Kulke, 1997, Seite 481), wobei in den letzten Jahren auch die FOC’s[12] an Bedeutung gewinnen. „Auch Unternehmenskonzentrationen, die entweder durch internes Wachstum oder durch Fusionen und Übernahmen entstehen, sind vorwiegend das Ergebnis von Kostensen-kungsstrategien mit den Zielen, einen Wettbewerbsvorteil durch preisführerschaft zu er-zielen sowie die Marktposition zu verbessern und neue Märkte zu erschließen“ (vgl. pütz, 1998, Seite 17). Einen weiteren handelsendogenen Aspekt stellt die Filialisierung dar, mit der eine Risikostreuung erzielt werden soll.

Zusätzlich nimmt die Konkurrenz auf den heimischen Märkten häufig durch ausländische Investoren und Firmen zu, weshalb sich die bereits bestehenden Spannungen zwischen traditionellen Verkaufsstrukturen und moderneren Einrichtungen noch weiter verstärken. „Dies ist eine weitere Ursache für entstehende Spannungen zwischen etablierten innen-stadtorientierten Einzelhandelseinrichtungen und -ketten und auf der “Grünen Wiese“ entstehenden Einkaufszentren“ (vgl. Simmons, Kamikihara, u.a., 1998, Seite 207).

Aus diesen Gründen ist es nicht verwunderlich, dass vorwiegend „Unternehmen aus dem klein- und mittelbetrieblichen Bereich lebhaft Klage führen über gnadenlosen Wettbe-werb[13], über Verdrängungswettbewerb und manchmal sogar auch über Vernichtungswett-bewerb“ (vgl. Schenk, 1989, Seite 93).

Neben Kostensenkungsstrategien werden jedoch auch – v.a. als Reaktion auf das polari-sierte Nachfrageverhalten der Konsumenten - Differenzierungsstrategien in Form einer Ausdifferenzierung einer Vielzahl von Betriebsformen von den Unternehmen verfolgt. „Hierzu ist ein Einsatz qualifizierten Stammpersonals und eines umfassenden Warenan-gebotes von Gütern mit Erlebniseigenschaften und Statuskomponenten sowie eine attrak-tive und aufwendige ästhetische Gestaltung von Betriebsflächen notwendig“ (vgl. pütz, 1998, Seite 19). Aus diesen Gründen siedeln sich diese Betriebsformen bevorzugt in innerstädtischen Lagen an.

2.2.2 Folgen des Strukturwandels des Einzelhandels

Natürlich ziehen die durch den Betriebsformenwandel und die Konzentrationsprozesse stattfindenden Strukturveränderungen auch entsprechende räumliche Konsequenzen nach sich:

Mit dem phänomen der Konzentrationsprozesse, also der rückläufigen Zahl der Betriebe bei gleichzeitiger Zunahme der durchschnittlichen Betriebsgröße, deutet sich v.a. eine Zunahme der „planerischen Relevanz der Funktionsausübung des Einzelhandels an, da mit dem zunehmenden Flächenbedarf und den steigenden Umsatzerwartungen des Ein-zelbetriebes auch ein größeres Einzugsgebiet[14] verbunden ist“ (vgl. Klein, 1995, Seite 32). Eine Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe ist „besonders problematisch, wenn das Angebot des Standortes dadurch nur unwesentlich bereichert wird, da das Marktgebiet und die regionale Abschöpfung kaum vergrößert werden und es zu einem starken internen Verdrängungswettbewerb mit vorhandenen Anbietern kommt“ (vgl. Kul-ke, 1989, Seite 154). Als Folge der Rationalisierungsbemühungen erfolgt v.a. eine De-zentralisierung der Betriebe - d.h. eine Verlagerung der Standorte in Stadtrandlagen - da sich hier zum einen niedrigere Miet- und Grundstückspreise vorfinden lassen, zum ande-ren aber durch Autobahnkreuze und Ausfallstraßen auch die Erreichbarkeit für den pkw-Verkehr besser ist als in Innenstadtlagen. Dabei sind die kurzfristigen Kostenvorteile der Errichtung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen am Stadtrand, welche durch die ge-ringeren Bodenpreise, niedrigere Baukosten, eine schnelle Verfügbarkeit von preis-günstigen Grundstücken, die Nähe zu den Hauptverkehrsachsen, die Möglichkeit zur Errichtung großer parkplätze und geringere städtebauliche Auflagen entstehen, unter ge-samtwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht unbedingt billiger als ein Bau innerhalb der Stadt. „Den Bau- und Investitionskosten nicht zugerechnet werden nämlich i.d.R. die von der Allgemeinheit zu tragenden hohen Folgekosten durch den Bau neuer oder den Aus-bau bestehender Verkehrs- und Erschließungsanlagen, die hohen Verkehrs- und Umwelt-belastungen und die andernorts entstehenden Verluste durch weiter brachliegende oder brachfallende Gebäude und Infrastruktur” (vgl. Blatt u. von Raczeck, 1998, Seite 12).

Durch die Autoorientiertheit haben die großen Einkaufszentren auf der “Grünen Wiese“ hinsichtlich der Entwicklung des MIV einen negativen Effekt, da aufgrund der guten Zu-gänglichkeit für den MIV und dem großen Einzugsgebiet die meisten Einkaufsfahrten mit dem pkw durchgeführt werden. Durch die Verlagerung einzelner Einzelhandelsgroßbe-triebe auf die “Grüne Wiese“ entstehen außerdem Agglomerationsvorteile für weitere Handels- und Freizeiteinrichtungen, was zu einer fortschreitenden Suburbanisierung führt. Da „die Standorte auf der “Grünen Wiese“ bereits vielfach Kristallisationspunkte für weitere gewerbliche Ansiedlungen vorwiegend im Dienstleistungssektor darstellen, beschleunigen die nicht integrierten Einzelhandelsstandorte den prozess der Zersiedlung der Landschaft im suburbanen Raum noch weiter“ (vgl. Schmidt u. Fliege, 1995, Seite 17). An peripher gelegenen Standorten entstehen somit regelrechte Standortagglomera-tionen von Verbraucher- und Fachmärkten, wobei den Fachmärkten die Verbraucher-märkte als Kundenmagneten dienen. Neben dem traditionellen Versorgungsnetz aus Märkten und Geschäften in Haupt- und Nebenzentren entsteht durch diese Entwick-lungstendenzen ein unabhängiges sekundäres Versorgungsnetz. Durch die Dezentrali-sierung der Verkaufsfläche bei einer gleichzeitigen Stagnation der Verkaufsfläche in Innenstädten erfolgt eine polarisierung der räumlichen Angebotsstruktur, zum einen in zentrale Innenstadtstandorte „mit einer meist passiven Angebotsspezialisierung, da insbe-sondere Einzelhandelseinrichtungen wie Baumärkte, Möbelhäuser, Garten-Center, Auto-häuser, etc. - also mit sperrigen und schwer zu transportierenden Sortimenten - den Standort Innenstadt verlassen“ (vgl. popp, 2002, Seite 23), zum anderen in nicht- bzw. teilintegrierte Standorte. „Als Folge der standörtlichen peripherisierung verlieren die Innenstädte als traditionelle Angebotsstandorte des Handels an relativem Gewicht“ (Hatzfeld, 1999, Seite 30), wobei „vor allem die Nebengeschäftszentren und die kleineren, weniger attraktiven Hauptgeschäftszentren unter dieser polarisation zu leiden haben“ (vgl. Vogt, 1988, Seite 172). In dieser Hinsicht verliert der Handel somit auch „viel von seinen stadtbildenden Funktionen, er wirkt zunehmend stadtauflösend. Als generelle Tendenz tritt die Enträumlichung der Handelsfunktion hervor, d.h. der Handel verliert immer mehr seinen spezifischen Lokalbezug und städtischen Identifikations-gehalt, welche sich bisher über persönlichkeiten, Traditionen oder Bauwerke herstellten“ (vgl. Hatzfeld, 1996, Seite 47). Hinzu kommt, dass durch die Schwächung der Einzelhandelsbetriebe in den Kernbereichen der Ortschaften die Möglichkeit besteht, dass aufwendig geplante Sanierungsmaßnahmen für die Kernbereiche in Frage gestellt werden“ (vgl. Hirsch u. Kuntzer, 1993, Seite 9). Es besteht außerdem auch die Gefahr, dass sich „die großflächigen Einzelhandelseinrichtungen negativ auf ein hierarchisch aus-gerichtetes Zentrensystem auswirken, wobei der Umfang der Beeinträchtigung in hohem Maße von den im suburbanen Raum entstandenen Betriebsformen und Branchen ab-hängt“ (vgl. Schmidt u. Fliege, 1995, Seite 17). So ist „für bestimmte Einzelhandelsein-richtungen, wie z.B. Heimwerker-, Garten- und Möbelmärkte eine Ansiedlung aufgrund ihres hohen Flächenbedarfs am Stadtrand durchaus zweckmäßig und wirkt sich kaum nachteilig auf die Entwicklung von Stadtzentren bzw. Stadtteilzentren aus.“ (vgl. a.a.O., Seite 19). Allerdings haben „in den vergangenen Jahren durch die Verlagerung des Ansiedlungsdrucks vom Food-Sektor, zu dem die Verbrauchermärkte und SB-Warenhäu-ser zählen, zum Non-Food-Sektor, zu welchem die Fachmärkte zählen, die negativen Auswirkungen der großflächigen Angebotsformen auf die Entwicklung gewachsener Zentren zugenommen, da die Fachmärkte häufig innenstadtrelevante Sortimente anbieten und somit in direkter Konkurrenz zu den Anbietern der Innenstadt stehen“ (vgl. Hatzfeld, 1996, Seite 56). Außerdem nimmt auch die Konkurrenz der Shopping-Center mit anderen Einkaufszentren der Region zu, weshalb auch in manchen Einkaufszentren selbst ein gewisser Leerstand zu verzeichnen ist. Andererseits „weisen diese Standorte jedoch häufig kein günstiges sozial-kulturelles Umfeld auf“ (vgl. Gerken, 1987, Seite 285). Während weniger spezialisierte innerstädtische Einzelhandelseinrichtungen oft gezwun-gen sind, ihren Standort in den suburbanen Raum zu verlagern, so „sind es vor allem ex-klusive Fachgeschäfte[15], die der Konkurrenz der innerstädtischen Tertiärisierung stand-halten können“ (Heßmann u. Maier, 2001, Seite 78). „Zunehmend mehr Verbraucher ge-ben sich mit den Massenangeboten nicht länger zufrieden, sondern verlangen differen-zierte, häufig individualisierte Leistungen“ (Gutersohn, 1988, Seite 131). Die Speziali-sierung auf bestimmte Warengruppen und das Qualitätsprinzip bleiben somit einige der wenigen perspektiven für den traditionellen Einzelhandel. Durch den Bau von Shopping-Malls, welche zusätzlich zu dem grundnutzenorientierten auch den zusatznutzen-orientierten Erlebniseinkauf anbieten, nimmt jedoch auch in dieser Hinsicht der Wettbewerb zwischen innerstädtischen und peripheren Einzelhandelseinrichtungen zu.

Neben den räumlichen Konsequenzen dieser Strukturveränderungen des Einzelhandels bestehen auch strukturelle Konsequenzen: Durch die zunehmende Konzentration und den Maßstabssprung hat die Macht des Handels in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zu-genommen, indem der Handel „mit internationalen Ansiedlungsstrategien und Bewer-tungssystemen großmaßstäbige und hochattraktive Betriebsformen hervorbringt. Durch diese Ausweitung wirtschaftlicher Durchsetzungskraft und professionalisierung des Han-dels verschlechtert sich dementsprechend die strategische position der Stadtplanung“ (vgl. Hatzfeld, 1996, Seite 47). Es sind v.a. die „Verbrauchermärkte, Shopping-Center, SB-Warenhäuser und Fachmärkte, welche zu den Einrichtungsformen mit den größten problemen für die Stadtentwicklung und Stadtplanung“ (vgl. a.a.O., Seite 53) zählen.

Die Suburbanisierung der Wohnbevölkerung findet aufgrund unterschiedlichster Ein-flüsse - nicht nur wegen der dezentral gelegenen Einzelhandelsgroßbetriebe - statt. „Durch die daraus resultierende Abnahme der Wohnbevölkerung in der Innenstadt ver-schwindet natürlich auch ein beträchtlicher Teil des ursprünglichen Marktes für den dort ansässigen Handel, ein Faktor, der gegen die heutigen Stadtzentren als bevorzugte Han-delsplätze spricht“ (vgl. Holzwarth, 1998, Seite 37). Die Vorteile des Einkaufes in einem Einkaufszentrum[16] auf der “Grünen Wiese“ gegenüber eines Einkaufes in der Innenstadt sind allerdings auch gegeben: Der heutzutage eigentlich wichtigste Faktor beim Einkau-fen ist die Bequemlichkeit. Durch die einfache Erreichbarkeit mit dem Auto, die Bran-chenvielfalt, die bewusste Kundenorientiertheit und v.a. die Wetterunabhängigkeit des Einkaufes ist es für die meisten Konsumenten wesentlich bequemer, die Einkaufszentren am Stadtrand aufzusuchen als in die Innenstadt zu fahren. Weitere Faktoren stellen die Sauberkeit von Einkaufszentren sowie das zentrale Management dar, wohingegen „die Zusammenarbeit der Einzelhändler in der City aufgrund mangelnder Kooperationsbe-reitschaft oft eine Schwierigkeit darstellt“ (Gerhard, 1998, Seite 73). Andererseits ist diese – zumindest teilweise feststellbare - Verlagerung öffentlicher Räume in private Ein-zelhandelsinstitutionen nicht ohne Gefahr durchführbar: Neben der Tatsache, dass durch die eingeschränkte freie Zugänglichkeit für alle personen wesentliche Grundrechte der Bevölkerung verletzt werden, geht auch die Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten sowie die Lebendigkeit der Straße verloren, wodurch letztendlich auch die Urbanität schwindet.

„Attraktive Innenstädte zeichnen sich durch das dichte Nebeneinander ganz unterschied-licher Nutzungen aus. Dabei spielt der Einzelhandel in Gestalt vielfältiger Fachgeschäfte und leistungsfähiger Kauf- und Warenhäuser[17] eine wichtige Rolle. Sie sorgen für Leben-digkeit und Urbanität, da sie in besonderem Maße Menschen anziehen“ (vgl. Berge u. Block, 1995, Seite 45). „Der Trend, großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zunehmend zentrenrelevanten Sortimenten und mit einem umfangreichen parkplatzangebot am Stadt-rand und auf der “Grünen Wiese“ zu errichten“ (vgl. Berge u. Block, 1995, Seite 45) hat deshalb häufig „eine Verödung der City durch die Verdrängung der Wohnbevölkerung, steigende Grundstückspreise und Raummieten, einen Mangel an Reserveflächen, die Be-einträchtigung der Vielfalt urbaner Qualitäten und den Verlust von citynahen Wohnge-bieten zur Folge“ (vgl. Heßmann u. Maier, 2001, Seite 78). „Die Innenstadt, die sich durch Vielfalt und gewachsene Strukturen auszeichnet, wird in diesem Fall ersetzt durch geplante private Einrichtungen am Stadtrand“ (vgl. Gerhard, 1998, Seite 71). Mit dem Aspekt der Filialisierung geht zudem ein Verlust des „Branchenmixes in der Innenstadt einher, dessen Vorhandensein für die Attraktivität und v.a. auch die Urbanität der Innen-stadt notwendig ist“ (vgl. Tharun, 1995, Seite 12). So ist es kaum verwunderlich, dass die Einkaufszentren in der Literatur z.T. als die “neuen Innenstädte“ oder als “Wiedergeburt der Städte im suburbanen Kontext“ bezeichnet werden.

Selbstverständlich nehmen diese „prozesse der Konzentration und Zentralisierung des Handels erheblichen Einfluss auf die Ziele und Aufgaben der Stadtentwicklungsplanung, v.a. in den Bereichen Innenstadt, Ökologie und Nahversorgung“ (vgl. Hatzfeld, 1999, Seite 29). „Die Art und Intensität der Einflussnahme der politisch-administrativen Gre-mien auf die Einzelhandelsstruktur hängt dabei von den zugrunde liegenden normativen planungsleitbildern sowie Eingriffsmöglichkeiten und Gestaltungsinstrumenten ab“ (vgl. pütz, 1998, Seite 22). Eines dieser planungsleitbilder besteht aus der wichtigen Zielset-zung, dass „die Stadt überall die Versorgung ihrer Bürger sicherstellen muss, wobei dies v.a. für immobile Menschen gilt, die große Entfernungen nicht überwinden können und darauf angewiesen sind, mit dem ÖpNV Versorgungseinrichtungen in geringen Distan-zen mit bestimmten Sortimenten erreichen zu können“ (vgl. von Ofen, 1991, Seite 36). Die gegenwärtigen Tendenzen der Entwicklung im Handel widersprechen dabei aller-dings oft dem Ziel einer verbrauchernahen Versorgung. Obwohl die Innenstädte in quan-titativer Hinsicht kaum an Attraktivität verlieren, da die Besucherzahlen und Mietpreise eher steigen, besteht das problem eher in „Niveauverlusten, der Banalisierung des Ange-botes und der Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes von Fußgängerzonen“ (Hatzfeld, 1996, Seite 66), also in der Qualität des innerstädtischen Einzelhandels, v.a. hervorgeru-fen durch den Trend zur Filialisierung. „Eine Umsetzung städtebaulicher Leitbilder hin-sichtlich der Einzelhandelsgestaltung, welche u.a. den Schutz gewachsener Stadtkerne und eine Fortführung des Modells einer zentrenorientierten Stadtentwicklung vorsehen“ (vgl. pütz, 1998, Seite 23), soll die Qualität des innerstädtischen Einzelhandels verbessern.

2.3 Theoretische Begründungsansätze des Betriebsformenwandels

Wie bisher aufgezeigt wurde, hat der Betriebsformenwandel eine zentrale Bedeutung für den Strukturwandel. „So stellt er ein wichtiges Kennzeichen dar, tritt aber gleichzeitig im Rahmen der handelsendogenen Einflüsse als Ursache auf. Und in Rückkopplung mit den handelsexogenen Einflüssen übt er infolge der großen Akzeptanz der neuen Betriebsfor-men eine Katalysatorfunktion für die gesamte Einzelhandelsentwicklung aus“ (Klein, 1995, Seite 35). Zur Erklärung des Betriebsformenwandels werden v.a. wirtschafts-wissenschaftliche Ansätze herangezogen, wobei sich diese theoretischen Ansätze in drei Hauptgruppen untergliedern lassen können: Umwelttheorien, zyklische Theorien und Konflikttheorien.

- Die Gruppe von Umwelttheorien geht davon aus, dass sich der Einzelhandel den sich jeweils bestehenden und verändernden exogenen Einflüssen anpasst, er somit ein „lern- und anpassungsfähiges System darstellt“ (vgl. Klein, 1995, Seite 37). Die Kritik an diesen Ansätzen besteht v.a. an dem vollständigen Vernachlässigen endogener Einflüsse und Bedingungen, deren Integration aber unabdingbar ist zur Erklärung der Entstehung neuer Betriebsformen. Der Betriebsformenwandel je-doch lässt sich durch die Umwelttheorien erklären. Außerdem wird „die Notwen-digkeit einer kontinuierlichen Analyse aller exogenen Umwelteinflüsse als Vor-aussetzung für ein Überleben“ (a.a.O., Seite 38) gut aufgezeigt.
- Die Gruppe von zyklischen Theorien geht davon aus, dass „Veränderungen im Handel eine quasi ihm innewohnende Eigenschaft“ (vgl. a.a.O., Seite 38) dar-stellen. „Die grundlegende Hypothese des rhythmischen und oszillatorischen Ab-laufes dieser Veränderungen unter Wiederholung früherer Trends gestattet eine Einteilung des Entwicklungsverlaufes von Betriebsformen in verschiedene Reife-phasen. In der langfristigen Beobachtung wird sogar von einer zunehmenden Ver-kürzung der zeitlichen Abschnitte gesprochen. Es lassen sich im einzelnen drei Theorieansätze voneinander unterscheiden: Der verdrängungstheoretische Ansatz, der Lebenszyklusansatz und der Marktlückenansatz. „Im Gegensatz zum Umwelt-ansatz können die zyklischen Theorien sehr gut das Auftreten neuer Betriebsfor-men erklären“ (a.a.O., Seite 41). Allerdings findet die „unternehmerische Ent-scheidung oder Reaktion auf Veränderungen kaum Beachtung, in vielen Fällen genügt die Annahme der Systemimmanenz des Wandels“ (vgl. a.a.O., Seite 41).
- Die Gruppe von Konflikttheorien geht davon aus, dass eine „Reaktion auf Neue-rungen grundlegend ist für die Ausbildung neuer oder auch nur für eine stärkere Differenzierung bereits bestehender Betriebsformen“ (vgl. a.a.O., Seite 41). Wichtige Theorieansätze sind der evolutionstheoretische Ansatz, die crisis-response-Theorie, der gegenmachttheoretische Ansatz, v.a. aber der polarisations-theoretische Ansatz. Dieser geht davon aus, dass „die zunehmende polarisierung des Nachfrageverhaltens zwischen der Besorgung lebensnotwendiger Waren des Grundbedarfs und der Besorgung von Waren zur Steigerung der Lebensqualität der Auslöser für die Differenzierung von Betriebsformen sowohl innerhalb von Branchen als auch branchenübergreifend ist“ (vgl. a.a.O., Seite 42). Durch die Verknüpfung exogener- und endogener Umweltfaktoren ist der polarisationstheo-retische Ansatz sehr dynamisch und dadurch im Bereich der städtischen Einzel-handelsentwicklung einfacher anzuwenden als beispielsweise der Lebenszyklus-ansatz. Der generelle Vorteil der Konflikttheorien liegt in der Nähe zur Unter-nehmerentscheidung, wobei die Entstehungsursachen von Neuerungen aufgrund äußerer Umwelteinflüsse unberücksichtigt bleiben und daher einen Kritikpunkt darstellen.

Es ist nahe liegend, dass eine Kombination der drei vorgestellten Theoriegruppen die je-weils hervorgebrachten Kritikpunkte verwerfen könnte. Einzelne Versuche, diese An-sätze miteinander zu kombinieren, unternahmen z.B. Lange sowie Agergard et al., wobei Heinritz diese einer ersten empirischen Überprüfung unterzog.

2.3.1 Theorie von Lange

Lange unternimmt in seiner Theorie von 1973 den Versuch einer teilweisen Dynami-sierung der Theorie der zentralen Orte, wobei er sowohl das exogene als auch das endo-gene Umfeld berücksichtigt. Seine zentrale These ist, dass „die Einkommensentwicklung zu einer Verschiebung und Umwertung der zentralörtlichen Strukturen in Richtung einer bevorzugten Entwicklung großer Zentren mit hohem Kopplungspotential führt, wodurch es tendenziell zu einer Auflösung des einfachen hierarchischen Systems kommt“ (vgl. Heinritz, 2002, Seite 2).

„Wesentliche Einflussgröße des exogenen Umfeldes ist dabei das räumliche Konsumen-tenverhalten mit zeitlich variablen Randbedingungen“ (Klein, 1995, Seite 44). „Jeder Konsument bildet demnach ein Verbrauchsprofil aus, das alle von ihm nachgefragten Gü-ter enthält. Das Besorgungsprofil stellt die räumliche Umsetzung dieses Verbrauchspro-fils dar“ (vgl. Heinritz, 2002, Seite 2). Die Raumüberwindung ist eingeteilt in eine exter-ne Raumüberwindung, welche den Zu- und Abgang zum Geschäftszentrum beschreibt, und in eine interne Raumüberwindung, welche den Aufwand im Geschäftszentrum be-schreibt. „Lange geht von der Annahme aus, dass dem Konsumenten für Besorgungen nur ein bestimmtes Zeitbudget zur Verfügung steht, das mit zunehmender Verbrauchs-häufigkeit der zu besorgenden Güter geringer wird. Hieraus leitet er den Zwang ab, die Besorgung der Güter möglichst effektiv durchzuführen, also zu koppeln“ (vgl. Klein, 1995, Seite 44). Das dynamische Element auf der Seite des Konsumenten besteht also darin, dass sich das Verbrauchsprofil mit steigendem Einkommen ändert, indem sowohl die Verbrauchshäufigkeit als auch die Zahl der nachgefragten Güter steigt. Dadurch steht für jede Besorgung weniger Zeit zur Verfügung, wodurch die Notwendigkeit zur Kopp-lung wächst und somit auch die Ansprüche an die Ausstattung eines Zentrums. Deshalb ist es unter bestimmten Bedingungen für den Konsumenten ökonomisch-rationaler, nicht den nächstgelegenen zentralen Ort aufzusuchen, sondern ein weiter entfernt gelegenes, aber besser ausgestattetes Zentrum.

Die wesentliche Einflussgröße des endogenen Umfeldes auf den Betriebsformenwandel stellt auf der Unternehmerseite die Reaktion auf veränderte Verbrauchsprofile dar. Wich-tig für den Erfolg ist die Sortimentszusammenstellung und die Optimierung des internen Kopplungspotentials für den Kunden, also die erfolgreiche gedankliche Vorwegnahme des potentiellen Besorgungsprofils. „Neue Betriebsformen mit kleinem internem Kopp-lungspotential suchen in der Expansionsphase Standorte in großen Zentren, um den Kopplungseffekt zu nutzen und über die hierarchische Diffusion bis zu einem Hierarchie-rang zu gelangen, der gerade noch ihre Einzugsbereichsanforderungen garantiert“ (vgl. Heinritz, 2002, Seite 3). Dies hat ein schnelles Wachstum höherrangiger Zentren zur Folge, wobei sich um diese Zentren herum die Bedingungen für das Wachstum nieder-rangiger Zentren verschlechtern. Im Extremfall kann dies bis zu einer Zentrenauflösung führen. „Neue Betriebsformen mit großem internen Kopplungspotential besitzen durch ihre Geschäftsgröße einen neuen Freiheitsgrad der Standortwahl, weshalb sich diese Be-triebsformen bevorzugt an Standorten zwischen bestehenden Zentren an verkehrsgünstig gelegenen Knotenpunkten ansiedeln“ (vgl. a.a.O.). Dadurch entsteht ein zusätzliches Mo-ment der Instabilität, wobei Lange davon ausgeht, dass Zentren hohen Ranges tendenziell positiv, Zentren niedrigeren Ranges tendenziell negativ in ihrer Entwicklung durch diese Betriebsformen betroffen sind.

Möglicher Kritikpunkt am Ansatz von Lange ist die unzureichende Berücksichtigung der Folgen der zunehmenden Mobilität der Konsumenten und damit auch der Veränderung der Standortwahl.

2.3.2 Theorie von Agergard et al

Agergard, Olson und Alpass versuchen in ihrer Theorie der Spiralbewegungen von 1970 „über die Erklärung des Betriebsformenwandels zu einer Erklärung der gegenwärtigen und Voraussage der zukünftigen Zentrenentwicklung im urbanen Raum zu gelangen“ (Klein, 1995, Seite 46). Externe Einflüsse, welche auf die „vorhandenen Branchen- und Raumstrukturen einwirken, stellen die Einkommens-, Bevölkerungs- und Verkehrsent-wicklung dar, wobei vor allem die unterschiedlichen Einkommenssteigerungen zu einer ständigen Veränderung der Nachfrage führen“ (vgl. Söllner, 1984, Seite 55). Interne Faktoren der Beeinflussung bestehen aus der Standortwahl, der preisbildung, der Sorti-mentsbildung und dem personaleinsatz, welche durch das wachsende Einkommen und der daraus resultierenden Zunahme des Verkehrsaufkommens beeinflusst werden. „Die Entwicklung neuer Betriebsformen geht demnach in Richtung größerer Betriebe mit erhe-blichem Flächenaufwand, wachsendem Mindestumsatz und damit größeren Einzugsbe-reichen. Mit zunehmender Etablierung einer neuen Betriebsform kommt es zu wachsen-dem intraformalem Wettbewerb, welcher den Aufwand für Werbung, Bedienung, Aus-stattung und Service in Form eines “trading up“ steigen lässt. Durch die somit ver-schwindenden anfänglichen preisvorteile schwindet auch die Distanztoleranz der Kun-den, weshalb neue Betriebsformen in die entsprechenden Lücken eindringen. Dies zieht gravierende Konsequenzen nach sich, da das Flächenwachstum der Betriebe und die da-mit verbundene Ausweitung der Einzugsbereiche direkte Auswirkungen auf die Zentren-struktur haben. Jüngere Zentren haben größere Einzugsbereiche als ältere Zentren der-selben Hierarchiestufe, da sie i.d.R. die weiterentwickelten Betriebsformen aufweisen. Im Verlauf der Entwicklung werden in jeder Hierarchiestufe auslaufende Betriebsformen durch neue, flächenmäßig größere ersetzt. Dabei kommt es zu einer Ausdünnung der Zentrenanzahl“ (vgl. Heinritz, 2002, Seite 4). „Des Weiteren zeigt die Zentren-entwicklung des ganzen Systems infolge eines Flächenmangels und von Verkehrs-problemen in den alten Zentren eine zentrifugale Tendenz bzgl. der Innenstadt“ (vgl. Klein, 1995, Seite 46).

Kritikpunkt an dem Theorieansatz von Agergard et al. ist, dass die „Aussagen auf stetig steigende Einkommen der Konsumenten sowie die Unbegrenztheit des zur Verfügung stehenden Raumes für neue Einzelhandelsstandorte und geplante Zentren gestützt sind, damit aber nicht die wesentlichen, sich aus der polarisation der Nachfrage ergebenden Betriebsformenentwicklungen und eventuell darauf aufbauende Spezialisierungen von Standortbereichen vorhergesagt werden können“ (vgl. a.a.O., Seite 48).

2.3.3 Empirische Überprüfung der Theorien zum Betriebsformenwandel und seinen räumlichen Wirkungen durch Heinritz

In seiner Langzeitstudie “Handel im Wandel“ führt Heinritz im zeitlichen Abstand von fünf Jahren 1981 und 1986 jeweils eine Totalerhebung in 26 Testgebieten unterschied-licher Zentralität und Struktur zwischen München und Ingolstadt durch, wobei auch wesentliche Elemente der Theorieansätze von Lange, Agergard und McNair thematisiert werden. Dadurch sollten die „Veränderungen der Einzelhandelsstruktur in verschieden strukturierten Teilräumen langfristig empirisch untersucht werden“ (vgl. Heinritz, 1989, Seite 20). Es wurde sowohl eine Ausweitung von Verkaufsflächen, Sortimenten und Dienstleistungen festgestellt wie auch gegenläufige Bewegungen. „Die These, dass neu eröffnete Betriebe nur ein niedriges Einstiegsniveau haben und das Ladensterben nur gealterte Betriebe betrifft, muss widerlegt werden“ (vgl. Klein, 1995, Seite 47). „Am ehesten findet die These von Lange Bestätigung, der zufolge mit einem Rückgang des Einzelhandels in Räumen geringer oder fehlender Zentralität zu rechnen ist“ (a.a.O.). Räume hoher Zentralität können jedoch nicht generell eine bevorzugte Entwicklung vor-weisen. Als besonders wachstumsstark erwies sich Suburbia, also die Unterzentren im suburbanen Raum. Weiter konnte die Bedeutung des externen Kopplungspotentials ein-deutig nachgewiesen werden. Nur in ganz wenigen Branchen vermögen Betriebe ein ge-ringes Kopplungspotential des Standortraums durch stärkere Spezialisierung auszuglei-chen.

2.4 Fazit

Letztendlich muss ein „Mittelweg zwischen wünschenswerter Stadt- und Einzelhandels-entwicklung und einer marktwirtschaftlichen Entfaltung der Einzelhändler“ (Gerhard, 1998, Seite 82) gefunden werden. Auf der einen Seite sollte es vermieden werden, Ver-kaufsflächenerweiterungen am Stadtrand durchzuführen, um nicht weitere Konkurrenz für Einzelhandelsflächen in der Innenstadt zu schaffen, auf der anderen Seite sollte die öffentliche Hand nicht zu sehr in den Einzelhandelsmarkt eingreifen und diesen dadurch in seiner Expansion behindern. Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma könnte in einem Stadtmarketing liegen, wodurch die einzigartigen Qualitäten der Innenstadt hervor-gehoben werden sollen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist v.a. der Ausbau des Woh-nungs-, Freizeit- und Kulturangebotes in der Innenstadt, da diese hierdurch auch nach Ladenschluss ihre Urbanität nicht verliert.

Folgende Grundsätze sollten für eine stadtverträgliche Steuerung des großflächigen Ein-zelhandels im Rahmen einer planungsrechtlichen Grundlage verwirklicht werden: Zum einen sollen „großflächige Einzelhandelsbetriebe, sofern sie ein gewisses Maß an zen-trenrelevanten Sortimenten anbieten, nur in städtebaulich integrierten Lagen zugelassen werden, zum anderen müssen sich großflächige Vorhaben nach Größe und Sortiment in die Versorgungsstruktur der Stadt funktional einfügen“ (vgl. Hatzfeld, 1996, Seite 61). Eine Zuordnung unterschiedlicher Warengruppen in zentrenrelevante und zentrenunrele-vante Sortimente ist jedoch nicht ohne weiteres möglich. Generell zentrenprägende Effekte werden den Warengruppen Textilien, Schuhe, Uhren/Schmuck, Foto/Optik, Sportartikel und Spielwaren zugeschrieben, geringe zentrenprägende Effekte hingegen den Warengruppen Möbel, Bodenbeläge/Tapeten, Fahrzeuge/Kfz-Teile, Bau- und Heim-werkerartikel und Nahrungsmittel bei Großmengeneinkauf.

3 Die Einzelhandelssituation in Slowenien und Ljubljana

3.1 Die Situation des Einzelhandels in Slowenien

Bei einem nationalen wie auch regionalen Vergleich lassen sich mit Sicherheit große Un-terschiede zwischen den Märkten feststellen, da die Einzelhandelsstrukturen direkt von den jeweils gegebenen politisch-administrativen Regulierungen, mit den damit in Zusam-menhang stehenden städtischen Umfeldbedingungen und somit schließlich auch von der historischen Entwicklung, der Topographie, der Bevölkerung, der Dichte an Hauptver-kehrsadern und dem öffentlichen Verkehrsnetz, dem Kfz-Besitz pro Einwohner - generell dem sozioökonomischen Entwicklungsstand der Gesellschaft - beeinflusst werden. So kann beispielsweise eine hauptsächlich auf den Gebrauch von Kfz ausgerichtete Stadt-struktur zu einer Dispersion von Einkaufsaktivitäten führen, wodurch schließlich Ein-kaufszentren auf der “Grünen Wiese“ begünstigt werden. „Trotz dieser stark lokalen Orientierung des Einzelhandels mit einer jeweils vorherrschenden spezifischen lokalen Einzelhandelstruktur führt die im Rahmen der Vollendung des europäischen Binnen-marktes und der zunehmenden Globalisierung voranschreitende Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen in gewissem Grade zu einer Vereinheitlichung der Handels-strukturen in Europa“ (vgl. pütz, 1998, Seite 25). So lassen sich hinsichtlich der Einzel-handelsentwicklung in Europa typische spezifische Entwicklungspfade feststellen. Leider kann „der beschleunigende Einfluss der Internationalisierung auf die Modernisierung der Einzelhandelsstrukturen aufgrund des komplizierten Gefüges von Wechselwirkungen nicht quantifiziert werden, aber er ist der Tendenz nach mehrfach beschrieben worden“ (vgl. Schröder, 1999, Seite 102). „Im Sinne des Abbaus eines Modernitätsgefälles zwi-schen südlichen und nördlichen EU-Staaten wirkt die wachsende Internationalisierung also zweifellos vereinheitlichend“ (a.a.O.), da durch „international agierende Einzelhan-delskonzerne die länderübergreifende Diffusion moderner Handelskonzepte erheblich be-schleunigt wird“ (vgl. pütz, 1998, Seite 32). „Dies gilt allerdings nur bei der Betrachtung nationaler Durchschnittswerte. Vielmehr verstärken sich die regionalen Disparitäten auf regionaler Maßstabsebene innerhalb der südeuropäischen Staaten, da sich u.a. Investitio-nen ausländischer Unternehmen derzeit noch stark auf wenige Teilräume innerhalb der betreffenden Staaten konzentrieren, welche dadurch auch eine stärkere Modernisierung ihrer ohnehin schon moderneren Einzelhandelsstrukturen erleben“ (vgl. Schröder, 1999, Seite 102). So kommt es in einzelnen Ländern häufig zu einer Koexistenz traditioneller und moderner Handelsstrukturen, wobei der neue Konkurrenzdruck durch ausländische Konzerne mit modernen Handelskonzepten auf den traditionellen einheimischen Handel entweder zu Geschäftsschließungen nicht-wettbewerbsfähiger Geschäfte führt oder in vielen Fällen zu „Anpassungsstrategien, indem die erfolgreichen Handelskonzepte ausländischer Handelsketten imitiert werden.

Nach den politischen Veränderungen zu Beginn der 90er Jahre zeigen sich auch in Slo-wenien die teilweise recht gravierenden Veränderungen in den Wirtschaftsstrukturen: „Einer der vorherrschenden Strukturprozesse ist die Tertiärisierung, was aus ökonomi-scher perspektive v.a. die Marktwirtschaft und die damit verbundenen Folgen bedeutet, in räumlicher Hinsicht ein schnelles Wachstum der Läden und Handelszentren und in struk-tureller Hinsicht die Anpassung an die Marktgesetze“ (vgl. pak, 2001, Seite 183). „Diese Transformationsprozesse tangieren alle sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ebenen der Gesellschaft, wobei der Strukturwandel des Einzelhandels, der durch das Zusammen-spiel von Angebot, Nachfrage und politisch-administrativer Steuerung geprägt wird, somit zum Spiegelbild der komplexen Dynamik von Transformationsprozessen wird“ (vgl. pütz, 1998, Seite 7). „Da die slowenischen Unternehmen nicht kapitalstark genug sind, um selbst eine Chance auf dem europäischen Markt zu besitzen, bietet sich ihnen v.a. über die Errichtung großflächiger Einkaufszentren - u.a. mit ausländischen Unterneh-men - die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen“ (vgl. Rogelj, 2002, Seite 10). „Mercator besitzt in Slowenien 30 % des Marktwertes, gefolgt von Merkur und Živila aus Kranj, TUŠ aus Celje, der Vereinigung von Handelsunternehmen, aber auch von Interspar“ (vgl. pak, 2001, Seite 184). „Ziel der ausländischen Kapitalströme sind v.a. jene Regionen, in denen eine vergleichsweise hohe Kaufkraft, eine moderne und aus-differenzierte Gesellschaftsstruktur und eine aus logistischer Sicht günstige, hohe Bevöl-kerungsdichte zusammentreffen“ (Schröder, 1999, Seite 102). „So verteilten sich im Jahre 2001 46,5 % aller Einzelhandelseinrichtungen Sloweniens mit 54,9 % der gesamten Verkaufsfläche auf nur elf Städte. Somit hat sich die Anzahl der Geschäfte im Vergleich zu 1999 in den städtischen Gemeinden um 5,4 % erhöht, während sie in ganz Slowenien um 7,1 % abgenommen hat“ (vgl. Kavčič, 2002, Seite 14).

Die Veränderungen im Bereich des Einzelhandels in Slowenien werden in folgenden Abbildungen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 1 : Entwicklung der Zahl der Einzelhandelseinrichtungen und der dort Beschäftigten (eigener Entwurf nach Rošker, 2002, Seite 406)

Die Entwicklung der Anzahl der Einzelhandelseinrichtungen und der Beschäftigten im Einzelhandel in Slowenien seit 1990 wird in Abbildung 1 dargestellt, wobei seit 1997 eine veränderte Klassifizierung bei der statistischen Datenerfassung vorliegt. Aus diesem Grund lassen sich folgende Tendenzen feststellen: Die Zahl der Einzelhandelseinrichtun-gen nahm im Zeitraum zwischen 1990 und 1996 von 6.638 auf 7.144 und somit um 7,6 % zu, während die Anzahl der im Einzelhandel beschäftigten personen um 7,2 % von 39.331 auf 36.674 gesunken ist. Im Zeitraum von 1997 bis 2001 nahm sowohl die Zahl der Einzelhandelseinrichtungen von 14.232 auf 11.970 um 18,9 % als auch die Anzahl der im Einzelhandel beschäftigten personen von 54.547 auf 52.011 um 4,9 % ab.

„Zwischen 1990 und 1996 stieg des Weiteren der Gesamtumsatz im slowenischen Einzel-handel von 65.349 Millionen SIT[18] (inklusive Umsatzsteuer) um 1233,3 % auf 871.324 Millionen SIT, zwischen 1997 und 2001 von 1.290.008 Millionen SIT um 30,6 % auf 1.684.770 Millionen SIT.

Auch die Anzahl der Einwohner pro Einzelhandelseinrichtung nahm kontinuierlich zwi-schen 1990 und 1996 von 301 auf 278 ab, während zwischen 1997 und 2001 wieder ein Anstieg von 140 auf 166 Einwohner pro Einzelhandelseinrichtung zu verzeichnen war“ (vgl. Rošker, 2002, Seite 406).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 2 : Entwicklung der Zahl der Einzelhandelseinrichtungen einzelner Branchen (eigener Entwurf nach Rošker, 2002, Seite 408)

In Abbildung 2 wird die Entwicklung der Anzahl der Einzelhandelseinrichtungen in Slo-wenien im Zeitraum zwischen 1997 und 2001 in Abhängigkeit der jeweiligen Branche dargestellt. So lässt sich v.a. eine sinkende Anzahl an Lebensmittelgeschäften von 6.031 um 31,5 % auf 4.587 als auch an Textil- und Bekleidungsgeschäften von 2.204 um 35,0 % auf 1.632 feststellen. Weitere Strukturdaten der einzelnen Branchen des sloweni-schen Einzelhandels aus dem Jahre 2001 – hierunter die absolute Verkaufsfläche und ab-solute Beschäftigtenanzahl, die durchschnittliche Verkaufsfläche und durchschnittliche Verkaufsfläche pro Angestelltem und die durchschnittliche Beschäftigtenzahl pro Geschäft - werden im Anhang in Tabelle 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 3 : Entwicklung der Verkaufsfläche (eigener Entwurf nach Kavčič, 2002, Seite 13)

Die Entwicklung der Verkaufsfläche wird aus Abbildung 3 ersichtlich. So vergrößerte sich die gesamte Verkaufsfläche in Slowenien zwischen 1998 und 2001 von insgesamt 1.106.615 m² um 36,6 % auf 1.511.558 m². Bei einem Vergleich der Entwicklung der Anzahl der Einzelhandelseinrichtungen und der Entwicklung der Verkaufsflächen lässt sich folgender Trend beobachten: Während die Anzahl der Geschäfte zwischen 1997 und 2001 um 18,9 % gesunken ist, stieg die Verkaufsfläche in diesem Zeitraum kontinuierlich an. Somit zeichnet sich in dieser Hinsicht auch in Slowenien die Entwicklung anderer westeuropäischer Länder ab: Eine Zunahme großflächiger Einzelhandelseinrichtungen bei einem gleichzeitigen Rückgang der Anzahl an kleineren Geschäfte. „So gab es 2001 bereits 443 Einzelhandelseinrichtungen mit einer Verkaufsfläche von mehr als 500 m² (entspricht 3,9 % aller Einzelhandelseinrichtungen), während es im Jahre 1999 nur 367 und im Jahre 1998 nur 294 in dieser Größenordnung gab. Dabei ist der Anteil an Le-bensmittelgeschäften mit einer Verkaufsfläche von über 500 m² mit 4,1 % am größten“ (vgl. Kavčič, 2002, Seite 14). Die durchschnittliche Verkaufsfläche eines Geschäftes in Slowenien betrug dabei im Jahre 2001 133 m². Inwiefern die Errichtung großflächiger Versorgungszentren in Slowenien einen Rückgang der Anzahl an kleineren Geschäften bewirkte, wird durch folgende Tatsache deutlich: „Die Zahl der Kleinbetriebe stieg noch von 6.460 im Jahre 1985 auf über 12.000 im Jahre 1996 an. Erst Mitte der neunziger Jahre kam es – bedingt durch Konkurrenz und Spekulation – zur starken Blüte und Ent-wicklung großer Handelsunternehmen, wobei auch ausländische Firmen v.a. im Lebens-mittelbereich - wie z.B. Interspar - Fuß fassten, wodurch aber gleichzeitig eine immer schlimmer werdende Krise für die kleinen und weniger rentablen privatbetriebe einge-läutet wurde“ (vgl. pak, 2001, Seite 183). Eine sinkende Anzahl an Einzelhandelseinrich-tungen ließ sich erstmals 1999 als Folge von Geschäftszusammenschlüssen und –über-nahmen feststellen. Dieser Umstrukturierungsprozess der Einzelhandelslandschaft hat somit zur Entwicklung von Betriebsformen und –größen beigetragen, die in ihrer Dimen-sionierung für slowenische Erfahrungen unbekannt gewesen sind.

„Die Richtgröße für ein Einkaufszentrum in Slowenien wurde mit 7.000 m² festgesetzt, wohingegen diese in Deutschland bei 10.000 m² Nettohandelsfläche liegt“ (vgl. pak, 2001, Seite 187). Die Minimalfläche für ein Einkaufszentrum beträgt dabei 3.000 m². In diese Größenordnung fallen v.a. die in Slowenien weit verbreiteten Hypermärkte[19]. „Han-delszentren mit einer Verkaufsfläche von 3.000 m² bis 10.000 m² werden in Slowenien als kleine Einkaufszentren eingestuft, diejenigen mit einer Verkaufsfläche von 10.000 m² bis 20.000 m² als mittelgroße Einkaufszentren und diejenigen mit mehr als 20.000 m² Verkaufsfläche als große bzw. Mega-Einkaufszentren“ (vgl. Drozg, 2001, Seite 83), von denen es im Jahre 2001 acht Stück in Slowenien gab, davon allein fünf in Ljubljana. Auch wenn die ersten Einkaufszentren bereits um das Jahr 1993 eröffnet wurden, entstan-den die meisten Einkaufszentren im Zeitraum zwischen 1997 und 1999. In Slowenien gab es im Jahre 2001 schließlich 53 Einkaufszentren, unter diesen 18 Hypermärkte, 13 große Spezialgeschäfte, 22 Handelszentren und einen Handelskomplex[20]. „Die Gesamtver-kaufsfläche aller Einkaufszentren stieg von knapp 10.000 m² im Jahre 1990 auf 280.000 m² im Jahre 1999, was einen Anteil von 25 % aller Handelsflächen in Slowenien ausmacht.

„Zudem wird die Situation für den innerstädtischen Einzelhandel weiter verschlechtert, indem die in Slowenien bestehenden Verordnungen hinsichtlich der Ladenöffnungszeiten momentan sehr liberal gehandhabt werden. So kann jeder Geschäftsführer[21] seine Öff-nungszeiten selbst bestimmen“ (vgl. Rogelj, 2002, Seite 8). Die großflächigen Versor-gungszentren am Stadtrand haben nicht nur bis spät abends, sondern sogar Sonntags ge-öffnet und zwingen die innerstädtischen Geschäftsführer somit, auch ihre Geschäftszeiten zu verlängern. Als Folge erhöhen sich dadurch die Belastungen durch höhere Lohnzah-lungen. Ein Beschluss, einheitliche Öffnungszeiten gesetzlich zu erzwingen, wird derzeit untersucht.

Obwohl sich in schon weiter entwickelten Staaten gezeigt hat, dass peripher am Stadtrand gelegene Einkaufszentren zu einer Verödung der Innenstadt beitragen können, entstehen in Slowenien weiterhin Einkaufszentren lediglich an den Stadträndern und nicht in den Innenstädten. „Eigentlich müssten diesen Einrichtungen langfristige raumordnungspoliti-sche Abwägungen vorangehen, doch die Forderungen nach einer Ad-hoc-Verbesserung der Versorgungssituation und einer fortschreitenden Wirtschaftsentwicklung, das Fehlen jeglicher raumplanerischer Grundsätze in den einzelnen Gemeinden sowie der rudimen-täre Verwaltungsapparat für diese neuen probleme fördern den Wettlauf von Investoren um die Verkaufsflächen“ (vgl. Jürgens, 1995, Seite 134).

[...]


[1] Auch wenn dem Begriff “Urbanität“ relativ viel „Unbestimmtheit immanent ist, so soll er in dieser Arbeit in erster Annäherung verbunden werden mit der Lebendigkeit und Attraktivität der Innenstadt und den in diesem Zusammenhang formulierten Zielvorstellungen von der Erhaltung der Multifunktionalität bzw. Nutzungsvielfalt sowie der Verbesserung der Erreichbarkeit und Einkaufsatmosphäre einschließlich der Stadtbildpflege“ (vgl. Geßner, 1988, Seite 12).

[2] „Einzelhandel betreibt, wer Handelsware an Letztverbraucher absetzt. Der Handel stellt somit den Mittler zwischen der produktion und dem Verbrauch dar, wobei er selbst wesentliche dispositive Entscheidungen trifft. Wichtige Regulative in seiner Tätigkeit als Mittler und auch der vorgeschalteten produzenten stellen dabei Informations- und Kapitalströme dar, wobei der Handel somit einerseits beeinflusst, andererseits aber auch selbst Einflüssen unterliegt“ (vgl. Klein, 1995, Seite 21).

[3] „Ein Standort wird als erdräumliche Lokalisation mit bestimmten sachlichen und funktionalen Attributen verstanden. Die Nahumgebung eines Betriebes im Hinblick auf den dort ansässigen Einzelhandel wird als sein Standortraum bezeichnet“ (vgl. Klein, 1995, Seite 26).

[4] Der Begriff “Grüne Wiese“ wird als Synonym für großflächige Einzelhandelseinrichtungen an peripheren bzw. nicht integrierten Standorten verwendet.

[5] „Verbrauchermärkte sind großflächige Einzelhandelsbetriebe und bieten ein breites und tiefes Sortiment an Nahrungs- und Genussmitteln sowie an Ge- und Verbrauchsgütern des kurz- und mittelfristigen Bedarfs überwiegend in Selbstbedienung und Dauerniedrigpreispolitik an“ (vgl. pütz, 1998, Seite 18).

[6] „Selbstbedienungswarenhäuser sind großflächige Einzelhandelsbetriebe mit umfassendem Sortiment und einem Schwerpunkt bei Lebensmitteln ganz oder überwiegend in Selbstbedienung ohne kostenintensiven Kundendienst mit hoher Werbeaktivität in Dauerniedrigpreispolitik“ (vgl. a.a.O.).

[7] “Fachmärkte sind großflächige Einzelhandelsbetriebe und bieten ein breites und tiefes Sortiment aus ei-nem Zielgruppenbereich mit fachkundiger Beratung zu günstigem preis und oft mit einer aggressiven Wer-bung an” (vgl. Fischer, 1998, Seite 77).

[8] Durch die individuelle Handhabung und Gewichtung der Standortwahl, der Handlungsform (preis- und Sortimentsbildung, Andienung, Wettbewerb), der Organisations- und der Kooperationsform – also der we-sentlichen Handlungsparameter des stationären Einzelhandels – baut jedes Unternehmen seine Konzeption auf. Diese Unternehmenskonzeptionen werden klassifiziert und diese Klassen als Betriebsformen bezeich-net. „Mit dem Begriff Betriebsform wird – im Vergleich mit dem häufig synonym verwendeten Begriff Betriebstyp – die Stellung eines Handelsbetriebes in der Distributionskette zwischen Urerzeugung und Konsument angegeben“ (vgl. Müller-Hagedorn, 1998, Seite 41). Im Rahmen der vorliegenden Untersu-chung werden solche Betriebe als relevant erachtet, bei denen überwiegend privathaushalte als Kunden fungieren und die einen stationären Laden aufweisen.

[9] „Das wichtigste Strukturelement, in welches das komplexe phänomen “Einzelhandelsstruktur“ zerlegt werden kann, ist das Warenangebot am jeweiligen Standort mit dessen Klassifizierung nach alltäglicher, periodischer und längerfristiger Bedarfsdeckung. Die Ausstattung mit Gütern unterschiedlicher Bedarfs-stufen und die damit theoretisch verknüpften unterschiedlich großen Einzugsbereiche sind das wichtigste Merkmal, durch das sich Einzelhandelsagglomerationen unterscheiden“ (vgl. Schröder, 1999, Seite 15). Als weitere Strukturelemente können die Qualität der angebotenen Waren, die Traditionalität beziehungsweise Modernität des Einzelhandelsbetriebes sowie die Betriebsgröße herangezogen werden.

[10] Bei zentrenrelevanten Sortimenten handelt es sich „um Warengruppen, bei denen im Fall einer Neuan-siedlung an peripheren Standorten in großflächigem Maßstab von einem besonderen Gefährdungspotential für die gewachsenen Zentren auszugehen ist“ (Waldhausen-Apfelbaum, 1998, Seite 107).

[11] Mit Discounterorientierung wird eine absatzpolitische Strategie bezeichnet, bei der Konsumgüter des Massenabsatzes bei einfacher Ladenausstattung zu niedrigen preisen angeboten werden. Die Strategie ist auf das bei Massengütern vorwiegend rational geprägte Einkaufsverhalten ausgerichtet.

[12] „Factory Outlet Center sind als Spezial-Einkaufszentren zu definieren, die eine Agglomeration von Her-stellerfachgeschäften und von Ausverkaufsgeschäften der Handelsunternehmen darstellen, welche zumin-dest in der Theorie Artikel zweiter Wahl und unmodern Gewordenes zu preisen anbieten, die bis zu 50 % unter dem Ladenpreis liegen, was praktisch einem permanenten Sonderverkauf mit Rabatten, der dem normalen Einzelhandel verwehrt wird, gleichkommt” (vgl. Jürgens, 1998, Seite 325).

[13] „Überschneiden sich die Einzugsgebiete von zwei Betrieben, dann entsteht Wettbewerb zwischen ihnen, wenn sie sich aufgrund gleicher Zielsetzung in einem Spannungsverhältnis befinden. Hierbei unterscheidet man den intraformalen Wettbewerb, welcher das Konkurrenzverhältnis zweier Betriebe, die der gleichen Betriebsform angehören, bezeichnet, von dem interformalen Wettbewerb, welcher zwischen Betrieben glei-cher Zielsetzung aber verschiedener Betriebszugehörigkeit besteht“ (vgl. Klein, 1995, Seite 27).

[14] „Um seinen Standort bildet der Betrieb ein Einzugsgebiet aus. Je nach inhaltlichem Kontext beinhaltet es sein Kundenpotential oder die zu einem bestimmten Zeitpunkt erfassten Herkunftsorte seiner Besucher. Je nach Art und Spezialisierungsgrad des Sortimentes kann die Dichte der potentiellen Kunden oder Besu-cher invariant sein, distanziell abfallen oder räumlich unregelmäßig variieren. In Kurzform wird dann von einem fixen, distanziell abfallenden oder selektiven Einzugsgebiet gesprochen“ (Klein, 1995, Seite 26).

[15] „Fachgeschäfte sind Einzelhandelsbetriebe und bieten ein branchenspezifisches oder bedarfsgruppen-orientiertes Sortiment in großer Auswahl und in unterschiedlichen Qualitäten und preislagen mit ergän-zenden Dienstleistungen an“ (vgl. pütz, 1998, Seite 18).

[16] „Ein Einkaufszentrum, bzw. ein geplantes Geschäftszentrum stellt eine als Einheit geplante, errichtete und verwaltete Agglomeration von Einzelhandels- und sonstigen Dienstleistungsbetrieben dar. Das we-sentliche Attraktivitätsmerkmal stellt das umfangreiche parkplatzangebot dar. Man unterscheidet unge-plante gewachsene Zentren, welche ihre Größe der Entwicklung des Einzugsgebietes und den Wettbe-werbsverhältnissen anpassen, und geplante Geschäftszentren, welche von Beginn an mit einer bestimmten Größe ausgestattet sind, die dem vorgesehenen Einzugsgebiet entspricht“ (vgl. Klein, 1995, Seite 29). „In der jüngeren Literatur wird der Begriff Einkaufszentrum zunehmend synonym mit dem Begriff Shopping-Center verwendet“ (vgl. Heineberg, 1996, Seite 13).

[17] „Warenhäuser sind großflächige Einzelhandelsbetriebe und bieten i.d.R. auf mehreren Etagen ein breites und überwiegend tiefes Sortiment mehrerer Branchen mit tendenziell hoher Serviceintensität und eher hohem preisniveau an Standorten in der Innenstadt oder in Einkaufszentren an“ (vgl. pütz, 1998, Seite 18).

[18] 224 SIT entsprechen 1 € (Stand: November 2002).

[19] „Hypermärkte sind große Selbstbedienungsgeschäfte mit verschiedenartigen produkten, vorwiegend jedoch mit Lebensmitteln. Außer einem zentralen Selbstbedienungsgeschäft sind oft auch kleinere Ge-schäftsräume und Gastronomiebetriebe unter einem Dach vereint“ (vgl. Drozg, 2001, Seite 82).

[20] „Ein Handelskomplex ist ein Gebiet, auf dem mehrere Geschäftsobjekte eine abgerundete Gesamtheit bilden. Die Objekte sind untereinander durch Zufahrtswege verbunden und weisen gewöhnlich einen gro-ßen gemeinsamen parkplatz auf. Neben Geschäften für alltägliche, mittel- und langfristige Versorgung fin-den sich in ihrer Nähe häufig auch ein Vergnügungspark, Multiplexkinos, Sport- und Erhohlungsstätten vor“ (vgl. a.a.O., Seite 83). Den einzigen in Slowenien bestehenden Handelskomplex stellt derzeit das BTC in Ljubljana dar.

[21] Auf eine geschlechtsspezifische Trennung der Begriffe “Geschäftsführerin“ und “Geschäftsführer“ wird bewusst verzichtet und lediglich die Form “Geschäftsführer“ verwendet, um den Lesefluss zu erleichtern.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832477738
ISBN (Paperback)
9783838677736
DOI
10.3239/9783832477738
Dateigröße
975 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München – Geowissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (März)
Note
3,0
Schlagworte
stadtentwicklung einkaufszentren strukturwandel grüne wiese
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Titel: Großflächige Einzelhandelsstandorte in Ortsrandlagen vs. innerstädtischem Einzelhandel
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