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Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)

Handlungsempfehlung für die deutsche Automobilzulieferindustrie hinsichtlich eines Markteintritts in China

©2004 Diplomarbeit 113 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die deutsche Automobilindustrie ist seit einigen Jahren einem fundamentalen Wandel unterlegen, der sich neben Konzentrationsprozessen und einer verschärften Konkurrenzsituation auch in der Internationalisierung der gesamten Branche geäußert hat. Die Automobilhersteller haben sich nach und nach von ihren Heimatmärkten gelöst, da sich neue Wachstumsmärkte gebildet haben, die sich außerhalb der traditionellen Abnehmerländer befinden. Die Verlagerung der Nachfrage hat bewirkt, dass die großen Hersteller zahlreiche Produktionsstätten an neuen Standorten errichtet haben.
Die Automobilzulieferbranche weist eine starke Abhängigkeit gegenüber den Fahrzeugproduzenten auf, so dass die Konzentrationsprozesse und die Internationalisierung auch hier Spuren hinterlassen haben. Zwar zeichnet sich durch den Strukturwandel in der Automobilbranche ab, dass die Zulieferer einerseits zukünftig mit einem starken Branchenwachstum rechnen können, doch werden sich die Unternehmen, die in der Hauptsache dem Mittelstand angehören, andererseits vielen Herausforderungen stellen müssen. Das Branchenwachstum lässt sich aus drei Entwicklungen ableiten: erstens aus der Zunahme der weltweiten Fahrzeugnachfrage, zweitens aus dem Wachstum des Fahrzeugwerts und drittens aus dem Wertanteil der Zulieferer.
Somit werden sich voraussichtlich in den nächsten Jahren große Wachstumschancen für die mittelständische Zulieferindustrie ergeben, die jedoch mit der Übernahme zusätzlicher Verantwortung einhergehen. Die Hersteller verlangen von den Zulieferern eine immer umfassendere Beteiligung an den Entwicklungs- und Fertigungsaufgaben, so dass vor allem zahlreiche mittelständische Unternehmen der Belastung und den Anforderungen nicht standhalten werden und es zu Konzentrationsprozessen in der Branche kommen dürfte.
Eine große Rolle spielen hierbei die drei von den OEM vorangetriebenen Strategien des Single-Sourcing, Global-Sourcing und Modular-Sourcing. Diese bedeuten, dass die Hersteller zukünftig die Anzahl ihrer Direktlieferanten drastisch reduzieren werden und von diesen verbliebenen Lieferanten eine globale Präsenz (in der Nähe ihrer Werke) und die Zulieferung von Modulen und Systemen statt – wie in der Vergangenheit – von Teilen erwarten. Somit stellt sich die Frage nach der strategischen Ausrichtung kleiner und mittlerer Unternehmen für die Zukunft, um den Fortbestand und die Unabhängigkeit des Unternehmens auch weiterhin zu wahren.
Der Strukturwandel […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7751
Adam, Tobias: Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) -
Handlungsempfehlung für die deutsche Automobilzulieferindustrie hinsichtlich eines
Markteintritts in China
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Fachhochschule Bochum, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis...I
Abkürzungsverzeichnis ...II
0.
Einleitung ...1
1.
Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU ...4
1.1.
Begriffsklärung ... 4
1.1.1.
Zu den Begriffen ,,KMU" und ,,Mittelstand" ... 4
1.1.2.
Zum Begriff ,,Internationalisierung"... 6
1.2.
Die Herausforderungen der KMU vor dem Hintergrund der
Internationalisierung ... 7
1.2.1.
Status quo der Internationalisierung ... 7
1.2.2.
Die Notwendigkeit der Internationalisierung von KMU... 9
1.3.
Internationalisierungstheorien ... 12
1.3.1.
Standorttheorie der Internationalisierung... 13
1.3.2.
Diamant-Ansatz der Internationalisierung von Porter ... 14
1.3.3.
Lerntheorie der Internationalisierung von Johanson/Vahlne... 16
1.4.
Wahl der Internationalisierungsform ... 16
1.4.1.
Export... 18
1.4.2.
Unternehmenskooperation... 19
1.4.3.
Vertriebsniederlassung ... 20
1.4.4.
Produktionsniederlassung... 21
1.4.5.
100%ige Tochtergesellschaft... 22
1.4.6.
Joint Venture vs. 100%ige Tochtergesellschaft ... 22
1.4.7.
Unternehmensneugründung vs. Unternehmenskauf ... 25
2.
Die deutschen Automobilhersteller vor dem Hintergrund einer
zunehmenden Internationalisierung ...26
2.1.
Die deutschen Automobilhersteller in Zahlen... 26
2.2.
Konzentrationsprozesse in der Automobilbranche... 29
2.3.
Internationalisierung der Automobilhersteller... 31
3.
Stand und Entwicklung der (mittelständischen)
Automobilzulieferindustrie ...35
3.1.
Fakten und Zahlen zur Zulieferindustrie ... 37
3.2.
Wachstumsaussichten der Automobilzulieferindustrie... 38
3.2.1.
Entwicklung der weltweiten Fahrzeugnachfrage (Volumen-Effekt)... 38
3.2.2.
Wachstum des Fahrzeugwerts (Content-Effekt) ... 40
3.2.3.
Wertanteil der Zulieferer (Outsourcing-Effekt) ... 41

Inhaltsverzeichnis
3.3.
Die mittelständische Automobilzulieferindustrie im Wandel ... 43
3.3.1.
Veränderte Rolle: Vom Teile- zum Systemlieferanten ... 43
3.3.2.
Konzentrationsprozesse in der Zulieferindustrie... 45
3.3.3.
Internationalisierung als zentrale Aufgabe der KMU... 48
4.
Die Perspektiven deutscher Zulieferer auf dem chinesischen Markt ...52
4.1.
Stand und Entwicklung von Politik und Wirtschaft in China... 53
4.1.1.
Allgemeine Daten zur Volksrepublik China... 53
4.1.2.
Die politische Situation Chinas ... 53
4.1.3.
Grundlagen der Wirtschaftspolitik in der VR China... 56
4.2.
Der chinesische Markt für Automobile und Fahrzeugteile ... 61
4.2.1.
Der chinesische Markt für Automobile ... 61
4.2.2.
Der chinesische Markt für Fahrzeugteile ... 69
5.
Handlungsempfehlungen für ein erfolgreiches Engagement
mittelständischer Zulieferer in der VR China...75
5.1.
Interkulturelle Aspekte der Geschäftstätigkeit in China ... 76
5.2.
Joint Venture vs. 100%ige Tochtergesellschaft ... 78
5.3.
Empfehlungen hinsichtlich der Standortplanung... 82
5.3.1.
Eckgrößen für die Betriebsaufnahme ... 82
5.3.2.
Arbeitskräfteangebot und Lohnkosten ... 85
5.3.3.
Informationen zu arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen... 86
5.3.4.
Empfehlungen hinsichtlich der Finanzierung eines Engagements ... 87
5.4.
Informations- und Kontaktveranstaltungen als Voraussetzung für
einen erfolgreichen Markteintritt... 90
5.5.
Internet-Adressen wichtiger Ansprechpartner hinsichtlich eines
Markteintritts in China... 92
5.5.1.
Staatliche und sonstige Einrichtungen... 92
5.5.2.
Vereine... 93
5.5.3.
Beratungsunternehmen ... 94
6.
Fazit ...95
Anhang: China Business Support Center...98
Literaturverzeichnis ...100

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
I
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Porters Diamant ... 15
Abb. 2: Ausgewählte Formen der Internationalisierung... 17
Abb. 3: Entwicklung und Prognose der weltweiten Anzahl von Herstellern (OEM)... 29
Abb. 4: Automobilproduktion deutscher Hersteller im In- und Ausland (in Mio.
Einheiten) ... 32
Abb. 5: Lieferpyramide der Automobilindustrie... 36
Abb. 6: Wachstumspotential der Zulieferer von bis zu 75 Prozent bis 2010 ... 39
Abb. 7: Herausforderungen mittelständischer Automobilzulieferer ... 50
Abb. 8: Volksrepublik China und Taiwan... 55
Abb. 9: Die Provinzen Chinas ... 65
Abb. 10: Shanghai und Außenbezirke (u.a. Anting) ... 83
Abb. 11: Foto Kontaktbörse... 91
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Produktionszahlen (in Mio. Einheiten) im In- und Ausland (2002), inklusive der
Veränderungen gegenüber 2001 (in %): ... 28
Tab. 2: Einteilung der Automobilzulieferer nach Aufgabenbereichen... 44
Tab. 3: Automobilproduktion in China (in Stück, Veränderung in % zum Vj.): ... 61
Tab. 4: Neuzulassungen in China (in Stück, Veränderung in % zum Vorjahr) ... 62
Tab. 5: Änderungen durch den WTO-Beitritt ... 68

Abkürzungsverzeichnis
II
Abkürzungsverzeichnis
AFTA
Asiatische Freihandelszone (Asian Free Trade Area)
AHK Auslandshandelskammer
ASEAN
Verband Südostasiatischer Staaten (Association of Southeast Asian
Nations)
BAIC
Beijing Automotive Industry Co.
Bfai
Bundesagentur für Außenhandelsinformationen
BIP Bruttoinlandsprodukt
BMW
Bayrische Motoren Werke
CAAM
China Association of Automobile Manufacturers
CAR
Center of Automotive Research
COFCOM
Commission of Commerce
EDV Elektronische
Datenverarbeitung
FAW
First Automotive Works
GM General
Motors
IHK
Industrie- und Handelskammer
JV Joint
Venture
Kfz Kraftfahrzeug
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
KPCh Kommunistische
Partei
Chinas
Lkw Lastkraftwagen
Mercosur
Gemeinsamer Südamerikanischer Markt (Mercado Común del Cono
Sur)
MOFCOM
Ministry of Commerce of the People's Republic of China
NAFTA
Nordamerikanische Freihandelszone (North American Free Trade
Agreement)
Nfz Nutzfahrzeuge
NVK Nationaler
Volkskongress
OAV
Ostasiatischer Verein e.V.
OEM
Original Equipment Manufacturer = Automobilhersteller
Pkw Personenkraftwagen
RMB Y
Renminbi Yuan (chin. Währung)
SAIC
Shanghai Automotive Industry Corp.
SAR
Special Administrative Region
SIAC
Shanghai International Automobile City
SVW Shanghai
Volkswagen
VDA
Verband der Automobilindustrie
VR China
Volksrepublik China
WFOE
Wholly Foreign Owned Enterprise (100%ige Tochtergesellschaft)
WTO
Welthandelsorganisation (World Trade Organization)

Einleitung
1
0. Einleitung
Die Internationalisierung von Unternehmen ist längst keine neuartige Erscheinung
mehr und begegnet uns täglich in Zeitungs- und Fernsehberichten. Spätestens durch
die Fusionswellen (z.B. Daimler und Chrysler) und ,,Übernahmeschlachten" (z.B. Man-
nesmann und Vodafone) unter großen, multinationalen Konzernen in den späten neun-
ziger Jahren ist der Begriff der Globalisierung in den Blickpunkt der Öffentlichkeit ge-
rückt.
Die betriebswirtschaftliche Forschung beschäftigt sich jedoch bei dem Thema ,,Interna-
tionalisierung von Unternehmen" überwiegend mit den Problemen von Großunterneh-
men. Dies wirft die Frage auf, welche Chancen und Risiken sich für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) dadurch ergeben, dass der Erfolgsfaktor ,,internationale Präsenz"
beständig an Bedeutung zunimmt. Diese Diplomarbeit widmet sich deshalb dem The-
ma der Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen und soll u.a. beantwor-
ten, ob diese bereits hinreichend international ausgerichtet sind oder in dieser Hinsicht
Handlungsbedarf besteht.
Nun lässt sich das Phänomen der internationalen Ausrichtung von KMU jedoch nicht
verallgemeinern und variiert u.a. von Branche zu Branche. In dieser Arbeit soll die In-
ternationalisierung am Beispiel der mittelständischen Automobilzulieferindustrie in
der
Volksrepublik China untersucht werden.
Die Zulieferbranche scheint für eine solche Untersuchung sehr geeignet zu sein, da die
traditionell sehr international ausgerichteten Automobilhersteller, d.h. die Kunden der
Zulieferer, in besonderem Maße von den Konzentrationsprozessen der vergangenen
Jahre bzw. Jahrzehnte beeinflusst wurden. In Anbetracht dieser Tatsache stellt sich
erst recht die Frage, ob sich der Wandel auch auf die Zulieferer - in der überwiegenden
Zahl kleine und mittlere Unternehmen - auswirkt.
Die Volksrepublik China, die seit einigen Jahren als wachstumsstärkstes Land von sich
reden macht, verfügt bereits heute über einen der größten Automobilmärkte der Welt.
Da bereits alle namhaften Hersteller von Kraftfahrzeugen auf dem chinesischen Markt
vertreten sind, bietet es sich an, die internationale Ausrichtung der KMU in Bezug auf
gerade diesen Markt zu untersuchen. Schließlich vereint China aufgrund des enormen

Einleitung
2
Wachstumspotentials derzeit so viele ausländische Direktinvestitionen auf sich wie kein
anderes Land der Welt.
1
In einer Sonderausgabe der Wirtschaftswoche zum Thema ,,China" geht auch Bundes-
kanzler Gerhard Schröder auf die Möglichkeiten des Mittelstands ein, sich in Zukunft
auf dem chinesischen Markt zu engagieren:
,,Auch in Zukunft bestehen für das Wachstum des Handels gute Aussichten.
Deshalb möchte ich ganz besonders die Leser aus dem Mittelstand ermutigen,
die Möglichkeiten des riesigen chinesischen Marktes zu nutzen. Sicher, ein
wirtschaftliches Engagement im Ausland ist immer eine Herausforderung, es
birgt aber auch enorme Chancen."
2
Zudem erscheint es sinnvoll, die Darstellung der Perspektiven kleiner und mittlerer
Unternehmen in China mit einigen konkreten Handlungsempfehlungen abzuschließen.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird eine theoretische Grundlage für die anschließende
Betrachtung der Internationalisierung mittelständischer Automobilzulieferer geschaffen.
Dem Leser wird ein Überblick über einige für das Thema der Arbeit bedeutende Begrif-
fe und den Stand der Internationalisierung von KMU im allgemeinen gegeben. Über-
dies werden ausgewählte Internationalisierungstheorien und ­formen dargestellt.
Das darauffolgende Kapitel beschäftigt sich mit den deutschen Automobilherstellern,
wobei der Schwerpunkt auf der Internationalisierung der Branche liegt. Die Behandlung
dieses Themas ist insofern von großer Relevanz für die Diplomarbeit, als dass beide
Branchen, d.h. die Hersteller- und Zulieferindustrie, aufgrund einer gegenseitigen Ab-
hängigkeit nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können. Dieses Kapitel soll
Aufschluss über die Frage geben, inwiefern sich die Konzentrations- und Internationali-
sierungsprozesse bei den Autobauern auch auf die Zulieferindustrie, und hier vor allem
auf die mittelständischen Unternehmen, auswirken.
Im daran anknüpfenden dritten Kapitel wird die mittelständische Automobilzulieferin-
dustrie dargestellt, wobei die Schwerpunktthemen die Wachstumsaussichten und der
sich vollziehende Wandel der Branche sind. In diesem Kapitel soll eine Antwort auf die
Frage nach der Notwendigkeit der Internationalisierung kleiner und mittlerer Zulieferbe-
triebe gefunden werden.
1
Vgl. Bundesagentur für Außenwirtschaft ­ bfai (Hrsg.), Wirtschaftsinformationen China: Kfz- und Zuliefer-
industrie, Informationsmaterial zur IHK-Veranstaltung ,,Workshop Automobilzuliefermarkt China", IHK Bo-
chum, 31.Oktober 2003, S. 27.
2
Schröder, G., Grußwort, in: Wirtschaftswoche, Sonderausgabe China, Nr. 1, 02.10.2003,
S. 3

Einleitung
3
Das vierte Kapitel widmet sich den Perspektiven deutscher Zulieferer auf dem chinesi-
schen Markt und besteht aus zwei Teilbereichen. Zum einen soll Aufschluss über den
Stand und die Entwicklung von Politik und Wirtschaft in China gegeben werden. Dies
ist eine wichtige Grundlage, um sich ein Bild über die Bedingungen zu machen, die
ausländische Unternehmer in China erwarten. Zum anderen wird der chinesische
Markt für Automobile und Fahrzeugteile dargestellt. Auch hier gilt, dass beide Bran-
chen aufgrund von starken Interdependenzen nicht unabhängig voneinander betrachtet
werden können.
Im fünften und abschließenden Kapitel sollen Handlungsempfehlungen für diejenigen
Mittelständler formuliert werden, die ihre Möglichkeiten auf dem chinesischen Markt
näher untersuchen wollen und in Betracht ziehen, kurz- bis mittelfristig eine Produkti-
onsstätte in China zu gründen. Die Empfehlungen sollen jedoch nicht als Leitfaden für
einen Markteintritt dienen, sondern dem Leser vielmehr ein Gespür für die vielfältigen
Chancen und Risiken vermitteln, die den ,,Einsteiger" im Reich der Mitte erwarten.
Die vorliegende Diplomarbeit möchte Anregungen bieten und den Leser zum Nach-
denken über ein Engagement auf dem chinesischen Markt anregen. Wenn es gelingt,
einige Leser auf zukünftige Chancen und Risiken dieses Wachstumsmarktes hinzuwei-
sen und zur Beschäftigung mit der Zukunft des Mittelstands zu bewegen, ist bereits ein
wichtiges Anliegen des Verfassers erfüllt worden.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
4
1.
Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
Dieses Kapitel soll als Grundlage für die nähere Betrachtung der mittelständischen
Automobilzulieferindustrie vor dem Hintergrund der Internationalisierung dienen.
Im ersten Unterkapitel werden die Begriffe ,,KMU/Mittelstand" und ,,Internationalisie-
rung", die im weiteren Verlauf dieser Arbeit von besonderer Bedeutung sind, erläutert.
Im zweiten Teil wird näher auf die Situation der kleinen und mittleren Unternehmen in
Deutschland eingegangen, wobei sowohl der Stand der Internationalisierung als auch
der für die KMU entstehende Handlungsbedarf hinsichtlich einer internationalen Tätig-
keit dargestellt wird.
Im weiteren Verlauf werden drei Ansätze dargestellt, die die Beweggründe für eine
Tätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen auf ausländischen Märkten zu erklären
versuchen.
Der Markteintritt kleiner und mittlerer Unternehmen auf einem ausländischen Markt
wirft außerdem die Frage nach der geeigneten Internationalisierungsform auf, deren
Varianten im letzten Unterkapitel untersucht werden.
1.1. Begriffsklärung
1.1.1. Zu den Begriffen ,,KMU" und ,,Mittelstand"
Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), in der Literatur oftmals auch als mittelstän-
dische Unternehmen bezeichnet, wird eine große Bedeutung für die deutsche Volks-
wirtschaft beigemessen. Es gibt allerdings unterschiedliche Methoden hinsichtlich der
Abgrenzung der KMU bzw. des Mittelstands von Großunternehmen, da dies sowohl mit
Hilfe von messbaren Größenkriterien als auch durch andersartige Merkmale der Unter-
nehmen geschehen kann.
Die bisher In Deutschland übliche messbare Abgrenzung zählt alle Unternehmen aus
Industrie, Handel, Dienstleistung und Handwerk mit weniger als 500 Beschäftigten zu
den KMU. Diese lassen sich wiederum unterteilen in Kleinstunternehmen (bis zu neun
Mitarbeitern), kleine Unternehmen (10 bis 99 Beschäftigte) und mittlere Unternehmen
(100 bis 499 Mitarbeiter). Darüber hinaus kann nach weiteren Kriterien differenziert
werden, die von Branche zu Branche variieren. So gilt beispielsweise für den Umsatz

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
5
in der Industrie eine Obergrenze von 12,5 Millionen Euro für KMU, während im Groß-
handel 25 Millionen Euro angesetzt werden.
3
Die Europäische Kommission hat sich erstmals 1996 für eine eigene Definition ent-
schieden, um eine gemeinschaftsweite Vereinheitlichung verschiedener in Europa be-
stehender Definitionen des Begriffes ,,KMU" zu schaffen.
Ein KMU ist entsprechend der
Definition der Europäischen Union
4
ein Unternehmen, das weniger als 250 Mitarbeiter
beschäftigt und einen Jahresumsatz von höchstens 40 Mio. Euro oder eine Jahresbi-
lanzsumme von höchstens 27 Millionen Euro aufweist. Weiterhin darf das Unterneh-
men nicht zu 25 Prozent oder mehr des Kapitals oder der Stimmanteile im Besitz von
einem oder mehreren Unternehmen gemeinsam stehen, die die Definition der KMU
nicht erfüllen.
Neben diesen messbaren Größen gibt es auch eine Reihe weiterer, sehr bedeutender
Kriterien, die in der Literatur oftmals bevorzugt herangezogen werden, da die verschie-
denen Größenindikatoren nicht alle relevanten Aspekte der KMU beinhalten. So nennt
das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn) beispielsweise eine Reihe soge-
nannter qualitativer Aspekte
5
, die für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit
dem Mittelstand von zentraler Bedeutung sind. Dabei handelt es sich zum einen um die
enge Verbindung von Unternehmen und Inhaber bzw. Inhaberin, und zum anderen um
die völlige oder doch zumindest weitgehende Konzernunabhängigkeit, die auch die
Europäische Kommission in ihre Definition der KMU mit einbezieht. Der erstgenannte
Aspekt meint sowohl die Einheit von Eigentum, Leitung, Haftung und Risiko, d.h. die
Einheit von wirtschaftlicher Existenz des Unternehmens und seiner Leitung, als auch
die verantwortliche Mitwirkung der Leitung an allen unternehmenspolitisch relevanten
Entscheidungen.
Ein Beispiel aus der Industrie zeigt, dass die messbare Abgrenzung des Begriffes
,,KMU" auch in der Praxis nicht unumstritten ist. Der die deutsche Automobilbranche
repräsentierende Verband der Automobilindustrie (VDA) vertritt ebenfalls die Ansicht,
dass zur Definition des Mittelstands die Messgrößen Beschäftigtenzahl, Bilanzsumme
und Umsatz von nachrangiger Bedeutung sind. Der VDA nennt hierzu vielmehr die
,,Attribute mittelständischen Handelns"
6
Risikobereitschaft, Innovationskraft und Flexibi-
3
Vgl. Eden, H., Kleine und mittlere Unternehmen im Prozess der Internationalisierung, in: Krystek, U.; Zur,
E. (Hrsg.), Internationalisierung ­ Eine Herausforderung für die Unternehmensführung, Berlin/Heidelberg,
1997, S. 43.
4
Vgl. Europäische Union (Hrsg.), Empfehlung der Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition
der kleinen und mittleren Unternehmen,
[http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=de&numdoc=31996
H0280&model=guichett], 16.12.2003.
5
Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg.), Unternehmensgrößenstatistik 2001/2002 ­ Daten
und Fakten, [http://www.ifm-bonn.org/], 16.12.2003.
6
Verband der Automobilindustrie (Hrsg.), Auto Jahresbericht 2003, Frankfurt am Main, 2003, S. 68 f.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
6
lität, die in Unternehmensformen, in denen der Familieneinfluss stark verankert ist, von
besonderer Bedeutung sind. Hierzu zählen nach Meinung des VDA mehr als 80 Pro-
zent seiner Zulieferunternehmen.
1.1.2. Zum Begriff ,,Internationalisierung"
Der Begriff ,,Internationalisierung" lässt verschiedene Interpretationen zu und sollte als
Sammelbegriff für eine Vielzahl von Aktivitäten und Prozessen aufgefasst werden. Aus
der Sicht eines Unternehmens kann die Internationalisierung als ,,nachhaltige und für
das Unternehmen insgesamt bedeutsame Auslandstätigkeit"
7
verstanden werden. Un-
terhält ein Unternehmen beispielsweise zwar im Ausland Niederlassungen, deren Ge-
schäfte aber gemessen am Gesamtumfang der Unternehmung nicht bedeutsam sind,
so handelt es sich dennoch nicht um ein internationales Unternehmen im Sinne der
Definition.
8
Die weite Definition deutet bereits an, dass es sehr unterschiedlich starke
Ausprägungen der Internationalisierung gibt, von einem hohen Exportanteil am Ge-
samtumsatz bis hin zu Direktinvestitionen mit Tochtergesellschaften, eigenen Produkti-
onsstätten und Allianzpartnern in allen Regionen der Welt. In letzterem Fall handelt es
sich um die Globalisierung, welche die weitreichendste Form der Internationalisierung
darstellt.
Der Grad der Internationalisierung lässt sich anhand vielfältiger Indikatoren wie die im
Ausland erbrachten Umsätze, die Anzahl der Mitarbeiter im Ausland, die Anzahl der
ausländischen Tochtergesellschaften u.a.m. bestimmen. Die zahlreichen in der Litera-
tur vorgeschlagenen Methoden sind allerdings sehr unterschiedlich und haben nicht zu
einheitlichen Definitionen führen können. Generell kann die Quantifizierung der einzel-
nen Merkmale davon ablenken, dass die Internationalisierung bereichsübergreifend
das gesamte Unternehmen betrifft, und ist daher eher kritisch zu sehen. Durch die In-
ternationalisierung der Unternehmen verändern sich Kultur, Zielsetzung, Strategien
sowie Denk- und Handlungsweisen des Managements und der Mitarbeiter in bedeu-
tendem Maße. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich das Ausmaß der Interna-
tionalisierung vielmehr in letztgenannten Veränderungen widerspiegelt als in Export-
quoten oder der Anzahl ausländischer Tochtergesellschaften.
9
7
Krystek, U.; Zur, E., Internationalisierung als Herausforderung für die Unternehmensführung: Eine Einfüh-
rung, in: Krystek, U.; Zur, E. (Hrsg.), Internationalisierung ­ Eine Herausforderung für die Unternehmens-
führung, Berlin/Heidelberg, 1997, S. 5.
8
Vgl. Dülfer, E., Internationales Management in unterschiedlichen Kulturbereichen, 5.,
überarbeitete und erweiterte Aufl., München/Wien, 1997, S. 6.
9
Vgl. Krystek, U.; Zur, E., Internationalisierung als Herausforderung, a.a.O., S. 5.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
7
1.2.
Die Herausforderungen der KMU vor dem Hintergrund der Internationali-
sierung
1.2.1. Status quo der Internationalisierung
Internationalisierung ist nicht mehr allein für große multinationale Unternehmen von
Bedeutung. ,,Sie gehört heute fast zur Standardstrategie auch in unzähligen Mittelbe-
trieben, die mittlerweile ihre ursprüngliche Zurückhaltung überwunden haben und sich
immer mehr für Direktinvestitionen im Ausland interessieren."
10
Bei einigen KMU lässt
sich sogar bereits ein höherer Internationalisierungsgrad als bei manchen Großunter-
nehmen feststellen, obwohl diese über langjährige internationale Erfahrungen verfü-
gen.
11
So behauptet sich eine zunehmende Anzahl internationaler, sogar multinationaler KMU
durch strategische Allianzen und andere kooperative Unternehmensformen in weltum-
spannenden Netzwerken. Diesen gelingt es dank Spezialisierungs- und Flexibilitätsvor-
teilen, ihren Weltmarktanteil auch gegenüber Großunternehmen, vor allem aber ge-
genüber traditionellen, nur auf dem Heimatmarkt agierenden Unternehmen zu erhöhen.
In Deutschland gibt es zahlreiche dieser KMU, die in ihrem Branchensegment Welt-
marktführer sind und zudem mehr als 70 Prozent ihrer Produkte exportieren.
12
Diese
weltmarktorientierten KMU spezialisieren sich zumeist auf relativ eng definierte Markt-
segmente und bearbeiten Nischenmärkte, um so die Position des Marktführers zu er-
langen.
13
,,Die internationale Ausrichtung der Unternehmenspolitik wird damit für Unter-
nehmungen aller Größenklassen von der Ausnahme zur Regel und von einer strategi-
schen Option zur grundlegenden Erfolgsvoraussetzung vieler Unternehmungen."
14
Wie bereits in Kapitel 1.1.1. erwähnt, herrscht in der Literatur weitestgehend Einigkeit
darüber, dass sich KMU in besonderem Maße durch Risikobereitschaft, Innovations-
kraft und Flexibilität auszeichnen. Auch besteht kein Zweifel daran, dass mittelständi-
sche Unternehmen einen hohen Grad an Anpassungsfähigkeit aufweisen und sich be-
reits in der Vergangenheit, aus volkswirtschaftlicher Betrachtungsweise, als Beschäfti-
gungsstabilisator verdient gemacht haben. Neben diesen Stärken weisen die KMU - im
Vergleich zu Großunternehmen - verallgemeinernd Schwächen bei der Umsetzung der
Internationalisierung auf. ,,Kleine und mittlere Unternehmen verfügen [...] über eine
10
Kumar, B., Grundlagen und Problemfelder der internationalen Unternehmenstätigkeit in: Kumar, B.;
Haussmann, H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit ­ Erfolgs- und Risikofakto-
ren, Märkte, Export-, Kooperations- und Niederlassungsmanagement, München, 1992, S. 2.
11
Vgl. Krystek, U.; Zur, E., Internationalisierung als Herausforderung, a.a.O., S. 6.
12
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management ­ Theorien, Funktionen, Fallstudien, 3.,
überarb. und erw. Aufl., Stuttgart, 2003, S. 31.
13
Vgl. Eden, H., Kleine und mittlere Unternehmen, a.a.O., S. 43 f.
14
Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management ­ Theorien, Funktionen, Fallstudien, 3., überar-
beitete. und erweiterte Aufl., Stuttgart, 2003, S. 31.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
8
schlechtere Startposition: Sie haben eine vergleichsweise schlechtere Ressourcenaus-
stattung und eine dünnere Kapitaldecke, die Managementfehler oder Fehlinvestitionen
zu einem existenzbedrohenden Risiko anwachsen lässt."
15
Dennoch gibt es Signale,
die auf eine zunehmende Dynamik der Internationalisierung von KMU hindeuten. Wäh-
rend 1984 nur etwa 52 Prozent der deutschen Unternehmen mit 100 bis 500 Beschäf-
tigten grenzüberschreitend tätig waren, pflegten 1996 schätzungsweise bereits mehr
als 80 Prozent der KMU außenwirtschaftliche Beziehungen.
16
Diese Entwicklung ist
auch dringend notwendig, da der Prozess der Globalisierung, der seit dem Beginn der
neunziger Jahre in eine neue Dimension vorgestoßen ist, eine beachtliche Schwung-
kraft hat. So wies die Welthandelsorganisation (WTO) in ihrem ersten Bericht im Jahr
1995 bereits auf die wachsende Abkehr der Unternehmen von nationalen Wirtschafts-
räumen hin. Dies führt mittel- bis langfristig zu einem Handlungsbedarf, da eine stei-
gende Zahl von in- und ausländischen Konkurrenten zu einer Erhöhung des Wettbe-
werbsdrucks führt, die sich in erster Linie über die Preise äußert.
17
Nachfolgend soll noch einmal beispielshalber auf die mittelständischen Industrieunter-
nehmen im Speziellen eingegangen werden. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass das
Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Internationalisierungsstrategie bereits in vielen
KMU der Industrie vorhanden ist.
Nach Meinung des Instituts für Mittelstandsforschung
(IfM) Bonn sind etwa 100.000 der 106.000 in der Bundesrepublik Deutschland regist-
rierten Industrieunternehmen dem Mittelstand zuzuordnen, d.h. sie weisen der Definiti-
on des IfM Bonn entsprechend bis 500 Beschäftigte und 50 Mio. Euro Umsatz auf. Die-
se Unternehmen beschäftigen insgesamt ca. vier Mio. Menschen, erwirtschaften über
550 Mrd. Euro Umsatz und tätigen jährliche Investitionen im Wert von 28 Mrd. Euro.
18
Die Exportquoten der KMU aus der Industrie variieren sehr stark, nehmen aber i.d.R.
mit der Anzahl der Beschäftigten zu. Der Anteil der Unternehmen mit einer Exportquote
von mehr als 20 Prozent liegt bei Unternehmen mit bis zu 19 Mitarbeitern noch bei 22
Prozent, während er bei Betrieben mit über 200 Beschäftigten im Durchschnitt bei etwa
57 Prozent liegt. Aus eben diesem Grunde sind Verallgemeinerungen nicht sinnvoll,
doch zeigt sich auch hier, dass sich Internationalisierung nicht auf Großunternehmen
beschränken muss. Leider gibt es jedoch auch eine große Gruppe von Unternehmen,
die bisher gar keine Aktivitäten in Richtung Ausland unternommen haben und auch
noch keine konkreten Pläne haben. So tätigen 46 Prozent der Unternehmen mit bis zu
15
Icks, A., Trends und Zukunftsperspektiven, in: Icks, A.; Kaufmann, F.; Menke, A. (Hrsg.), Unternehmen
Mittelstand ­ Chancen im globalen Strukturwandel, München, 1997, S. 24.
16
Vgl. Eden, H., Kleine und mittlere Unternehmen, a.a.O., S. 45.
17
Vgl. ebenda, S. 45.
18
Vgl. Backes-Gellner, U. (IfM Bonn), ,,Der industrielle Mittelstand ­ ein Erfolgsmodell", Vortrag auf dem
Tag des industriellen Mittelstands, Berlin, 21. Oktober 2003 [http://www.ifm-bonn.org], 13.12.2003.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
9
19 Beschäftigten keine Geschäfte im Ausland und auch in der Klasse mit bis zu 99
Mitarbeitern trifft dies auf 34 Prozent zu. Den Umfragen zufolge planten bereits 2001
79 Prozent der Unternehmen, ihre Exportaktivitäten zu erweitern und immerhin 16 Pro-
zent die Errichtung eigener Produktionsstätten im Ausland.
19
Nach Aussage des IfM
Bonn, basierend auf einer Umfrage von 1050 Unternehmen im Frühjahr 2003
20
, ist die
Zahl der Unternehmen ohne Exporterfahrungen im Jahr 2002 deutlich zurückgegangen
und die Unternehmen, deren Auslandsumsatz mehr als 50 Prozent ausmacht, haben
zugenommen. Überdies waren auch andere Internationalisierungsstrategien wie die
Lohnfertigung, Kapitalbeteiligungen und die Lizenzvergabe bei der Gruppe mit einem
durchschnittlichen Jahresumsatz von 70 Mio. Euro sehr häufig anzutreffen. Selbst klei-
nere Unternehmen mit im Schnitt 50 Mio. Euro Jahresumsatz sehen laut Umfrage vor,
bis 2005 mit Joint Ventures und eigenen Produktions- und Vertriebsstätten im Ausland
vertreten zu sein.
1.2.2. Die Notwendigkeit der Internationalisierung von KMU
Die Notwendigkeit der Internationalisierung, d.h. der Handlungsbedarf der KMU, leitet
sich grundsätzlich aus politischen, technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ab,
die sich besonders seit dem Beginn der neunziger Jahre durch eine große Dynamik
auszeichnen. Diese drei Entwicklungen werden nachfolgend erläutert:
Entwicklungen im politischen Umfeld: Die Bildung regionaler Integrationsräume wie
die Europäische Union, die nordamerikanische Freihandelszone NAFTA, das süd-
amerikanische Integrationsabkommen Mercosur und die südostasiatische Freihan-
delszone AFTA hat sich sehr förderlich auf den internationalen Handel ausgewirkt.
Das Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar und lässt sich durch Beispiele wie
die beschlossene EU-Osterweiterung und die geplante Freihandelszone der ASE-
AN-Staaten (Verband Südostasiatischer Staaten) verdeutlichen. Damit entsteht bis
zum Jahr 2010 voraussichtlich die größte Freihandelszone der Welt, mit 1,7 Mrd.
Verbrauchern und einer Wirtschaftskraft von nahezu 2 Billionen US-$, wovon allein
die VR China - das Land mit dem sechsthöchsten Bruttoinlandsprodukt der Welt -
etwa 1,16 Billionen US-$ bestreitet.
21
Überdies haben Bestrebungen der aus dem GATT hervorgehenden Welthandels-
organisation (WTO) seit Mitte der neunziger Jahre nicht nur zu regionalen Integra-
19
Vgl. Backes-Gellner, U. (IfM Bonn), ,,Das industrielle Familienunternehmen ­ Kontinuität im Wandel",
Vortrag auf dem Tag des industriellen Mittelstands, Berlin, 10. Oktober 2001 [http://www.ifm-bonn.org],
13.12.2003.
20
Backes-Gellner, U. (IfM Bonn), ,,Der industrielle Mittelstand", a.a.O.
21
Vgl. von Baratta, M. (Hrsg.), Der Fischer Weltalmanach 2004, Frankfurt am Main, 2003, S. 1032 f.,
1142.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
10
tionsräumen geführt, sondern zu einer weltweiten Liberalisierung des Handels.
Durch Zollsenkungen und den teilweisen Abbau tarifärer und nicht-tarifärer Han-
delshemmnisse gelingt es den Unternehmen mehr als je zuvor, ,,Massenprodukti-
onsvorteile zu realisieren und ihre Wertaktivitäten in den Ländern der Welt anzu-
siedeln, wo diese den größten ökonomischen Nutzen erzielen. Als Folge davon
nimmt die grenzüberschreitende Tätigkeit von Unternehmungen und die Verflech-
tung und gegenseitige Abhängigkeit von Volkswirtschaften stetig zu."
22
Neben der weltweiten Zunahme der Integrationsräume in den zurückliegenden
Jahrzehnten hat sich für deutsche Unternehmen mit dem Beginn der neunziger
Jahre ein weiterer wirtschaftspolitischer Aspekt grundlegend verändert. Der Zu-
sammenbruch der ehemaligen Sowjetunion und die damit verbundene marktwirt-
schaftliche Öffnung der ehemaligen Ostblockstaaten hat die Bundesrepublik von
einer wirtschaftsgeografischen Randlage in die ,,Mitte" Europas gerückt. Dies eröff-
net den deutschen KMU die Möglichkeit, Standorte in geografischer Nähe zu er-
richten und dank der weit unter dem deutschen Niveau liegenden Lohnkosten
günstiger zu produzieren. Allerdings besteht neben den sich bietenden Chancen
auch das Risiko, dass Anbieter aus den mittel- und osteuropäischen Staaten zu
Konkurrenten auf den westlichen Märkten werden, zumal einige Staaten über in-
dustrielle Tradition verfügen. Ein weiterer Aspekt ist die Entstehung neuer Märkte,
die zwar überwiegend durch einen erheblichen Entwicklungsrückstand gekenn-
zeichnet sind, aber durch hohe Wachstumsraten langfristig ein großes Absatzpo-
tential für die KMU bieten.
23
Entwicklungen im technischen Umfeld: Eine wichtige Rolle spielen auch zahlreiche
Neuerungen im Bereich der Transport-, Informations- und Kommunikationstechnik,
die zu Fortschritten hinsichtlich der Mobilität von Personen und Gütern und zu einer
Reduzierung der Kommunikationskosten geführt haben. ,,Technischer Fortschritt
und Deregulierung haben einen kostengünstigen und schnelleren Transport von
Gütern, Personen und Informationen ­ auch über Landesgrenzen hinweg ­ in
Gang gesetzt. Durch die gestiegene Kapazität von Datenverarbeitungsanlagen und
die zunehmende Verschmelzung von Informations- und Kommunikationstechnolo-
gien wird es zunehmend einfacher und kostengünstiger, Informationen zu akquirie-
ren und zu verarbeiten."
24
Einen Beitrag haben die Entwicklungen in der EDV auch
zu einer effizienteren Produktion und Entwicklung geleistet, da durch den Einsatz
verschiedener Systeme die Koordinierung eines internationalen Fertigungsverbun-
22
Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 26.
23
Vgl. Menke, A., Erfolgskonzept ,,Außenhandel" auf dem Prüfstand, in: Icks, A.; Kaufmann, F.; Menke, A.
(Hrsg.), Unternehmen Mittelstand ­ Chancen im globalen Strukturwandel, München, 1997, S. 117 f.
24
Ebenda, S. 119.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
11
des mit weit ineinander verflochtenen grenzüberschreitenden Lieferbeziehungen
ermöglicht wird.
Ein weiterer bedeutender Aspekt ist die durch die dynamische Entwicklung von
Technologien verursachte Verkürzung der Produktlebenszyklen, die wiederum zu
einem stetig steigenden Anteil der Forschungs- und Entwicklungskosten an der
Bruttowertschöpfung geführt hat.
25
Dies hat zur Konsequenz, dass Kosten schneller
amortisiert werden müssen, indem große Stückzahlen abgesetzt werden. Internati-
onalisierung scheint somit eine Option auch für mittelständische Unternehmen zu
sein, da der Absatz hoher Stückzahlen meist die Präsenz auf mehreren Märkten
bedingt und die Produktionskosten möglichst reduziert werden müssen. Auch sind
die Unternehmen dazu gezwungen, Nachfragetrends früh zu erkennen und für
Produktentwicklungen zu nutzen. Dies lässt sich aber zumeist nur durch eine Prä-
senz auf den betreffenden Märkten umsetzen und könnte von den KMU mit Hilfe
eigener Direktinvestitionen verwirklicht werden. ,,Gerade kleine und mittlere Unter-
nehmen, die typischerweise eine größere Kundennähe aufweisen, sind hier im Vor-
teil. Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit sind daher Auslandsinvestitionen
wichtige Instrumente, um externe Impulse aufzunehmen, mit eigenen Ressourcen
zu verbinden und schnell zur Marktreife auf vielen Märkten zu bringen."
26
Entwicklungen im wirtschaftlichen Umfeld: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag die
Weltbevölkerung noch bei etwa 1,6 Mrd. Menschen, von denen ein Viertel in Euro-
pa lebten. Heute zählt die Weltbevölkerung mehr als sechs Mrd. Menschen, von
denen jedoch nur noch ca. 10 Prozent zur europäischen Bevölkerung gehören. Die
Volksrepublik China, 1950 mit bereits 555 Mio. Menschen bevölkerungsreichstes
Land der Welt, hatte 2003 mit 1,3 Mrd. Menschen einen Anteil von 21 Prozent an
der Weltbevölkerung.
Dieser Trend trifft auf nahezu die gesamte asiatisch-
pazifische Region und einige andere Staaten zu und wird sich aktuellen Prognosen
nach weiter fortsetzen.
27
Bereits heute macht der Anteil allein Asiens an der Welt-
bevölkerung 55 Prozent aus, weshalb es aller Voraussicht nach in Zukunft eine
Verlagerung des Nachfragepotentials in Richtung dieser Länder geben wird. Der
Großteil der asiatischen Länder verzeichnet zudem ein Marktwachstum, das deut-
lich über dem westlicher Industrienationen liegt. Während der reale Zuwachs des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Bundesrepublik von 1990 bis 2001 im Durch-
schnitt 1,5 Prozent jährlich betrug, waren es beispielsweise in der VR China im
gleichen Zeitraum 10 Prozent. Hinzu kommt, dass viele dieser bevölkerungsreichen
Länder einen großen Nachholbedarf haben, den es in den kommenden Jahren zu
25
Vgl. Menke, A., Erfolgskonzept ,,Außenhandel" auf dem Prüfstand, a.a.O., S. 120 f.
26
Ebenda, S. 121.
27
Vgl. von Baratta, M. (Hrsg.), Der Fischer Weltalmanach 2004, Frankfurt am Main, 2003, S. 1016, 1347.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
12
decken gilt. Ein Beispiel aus der Automobilindustrie verdeutlicht diesen Sachver-
halt: Während in Deutschland 585 Kraftfahrzeuge auf 1.000 Einwohner kommen,
sind es etwa in China und Indien 16 bzw. 10 Fahrzeuge.
28
In diesem Fall führen
das hohe Wirtschaftswachstum einerseits, und der geringe Motorisierungsgrad an-
dererseits zu einer rasanten Bedeutungszunahme dieser Wachstumsmärkte. Die-
ses Beispiel lässt sich auch auf andere Branchen übertragen und macht somit
deutlich, dass die kleinen und mittelgroßen Unternehmen mittel- bis langfristig auf
diesen Wandel reagieren müssen.
Die Gesamtheit dieser Entwicklungen lässt die Schlussfolgerung zu, dass auch die
KMU Strategien entwickeln sollten, um rechtzeitig auf die zunehmende Internationali-
sierung reagieren zu können, indem Risiken erkannt und Chancen genutzt werden.
Dabei sind die traditionellen Stärken des Mittelstands wie Risikobereitschaft, Innovati-
onskraft und Flexibilität gute Voraussetzungen, sich an die Erfordernisse der jeweiligen
Branche anzupassen und am Prozess der Internationalisierung zu partizipieren.
29
1.3. Internationalisierungstheorien
In der Literatur existieren zahlreiche Ansätze, welche die Tätigkeit von Unternehmen
auf ausländischen Märkten zu erklären versuchen. Die ersten Erklärungsversuche, die
sogenannten Außenhandelstheorien, gehen auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück
und untersuchen die Vorteilhaftigkeit des grenzüberschreitenden Güteraustausches bei
international immobilen Produktionsfaktoren. Dazu zählen neben anderen die Theorie
der absoluten Kostenvorteile von Adam Smith (1776) und das Theorem der komparati-
ven Kostenvorteile von Ricardo (1817). Diese Ansätze werden jedoch an dieser Stelle
vernachlässigt, da ­ wie bereits erwähnt ­ von der Annahme völlig immobiler Produkti-
onsfaktoren ausgegangen wird, die sich weitestgehend nicht bewahrheitet. Zwar kön-
nen die Außenhandelstheorien den grenzüberschreitenden Handel erklären, nicht aber
die Beweggründe für Unternehmen, ausländische Direktinvestitionen zu tätigen. Des-
halb wird in dieser Arbeit eine kleine Auswahl aus den Theorien der internationalen
Direktinvestitionen dargestellt, die sich auf Welge/Holtbrügge
30
stützt.
Bevor nachfolgend einige Theorien erläutert werden, erscheint es sinnvoll, zunächst
näher auf den Begriff ,,Direktinvestitionen" einzugehen. Die Deutsche Bundesbank de-
finiert Direktinvestitionen als Kapitaltransfers ins Ausland, die ,,vom Investor in der Ab-
28
Vgl. Verband der Automobilindustrie (Hrsg.), Tatsachen und Zahlen, 67. Folge, Frankfurt am Main,
2003, S. 350 ff.
29
Vgl. Eden, H., Kleine und mittlere Unternehmen, a.a.O., S. 47.
30
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 55 ff.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
13
sicht vorgenommen werden, einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit
des kapitalnehmenden Unternehmens zu gewinnen oder einem Unternehmen, an dem
der Investor bereits maßgeblich beteiligt ist, neue Mittel zuzuführen."
31
Dabei sind die-
se von Portfolio-Investitionen zu unterscheiden, die renditeorientiert erfolgen und ­
anders als Direktinvestitionen ­ kurz- bis mittelfristiger Natur sind.
32
Zudem erfolgt die
Kapitalübertragung bei Portfolio-Investitionen ausschließlich in monetärer Form, wäh-
rend Direktinvestitionen auch ,,den Transfer von materiellen Ressourcen, die Thesau-
rierung von im Ausland erwirtschafteten Gewinnen oder die Kapitalaufnahme auf loka-
len Geld- und Finanzmärkten umfassen"
33
. Altmann nennt folgende Formen bzw. Ab-
stufungen der Direktinvestitionen:
,,Gründung oder Akquisition von neuen Unternehmen, Betriebsstätten oder Zweig-
niederlassungen,
Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen,
dauerhafte Kreditvergabe an ausländische Unternehmen,
Ausstattung von ausländischen Unternehmen mit Finanz- und Sachmitteln, Kauf
von Gebäuden, Grundstücken und Anlagen."
34
1.3.1. Standorttheorie der Internationalisierung
Die Standorttheorie der Internationalisierung geht von der Annahme aus, dass Unter-
nehmen ihre Entscheidung für eine Direktinvestition in einem bestimmten Land vor
allem auf der Grundlage der dort anzutreffenden Standortfaktoren fällen. Zu den be-
deutendsten dieser Faktoren gehören
staatliche Investitionsanreize (Steuervergünstigungen, Subventionen),
marktliche Faktoren, (z.B. Marktgröße, Marktwachstum, Handelshemmnisse),
ökonomische Faktoren (z.B. Lohnkostendifferenzen, Steuervorteile) und
politische Risiken.
Empirische Untersuchungen haben allerdings ergeben, dass seitens der Unternehmen
lediglich die marktlichen Faktoren, im Besonderen das Marktpotential, einen großen
Einfluss auf Investitionsentscheidungen ausüben. Alle anderen Faktoren haben, so
31
Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Die deutschen Direktinvestitionen im Ausland, in: Monatsbericht der
Deutschen Bundesbank, 17. Jg., 12, 1965, S. 19-27.
32
Vgl. Altmann, J., Außenwirtschaft für Unternehmen, 2. völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage,
Stuttgart, 2001, S. 42 ff.
33
Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 55.
34
Altmann, J., Außenwirtschaft für Unternehmen, a.a.O., S. 42.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
14
scheint es, eine relativ geringe bzw. eine zu vernachlässigende Bedeutung für die Ent-
scheidungsfindung.
35
1.3.2. Diamant-Ansatz der Internationalisierung von Porter
Porters Diamant-Ansatz der Internationalisierung entstand durch die Beobachtung,
dass weltweit erfolgreiche Unternehmungen einer Branche oftmals aus dem gleichen
Land stammen. Dadurch kam Porter zu der These, dass die Unternehmen einzelner
Branchen in bestimmten Ländern besonders günstige Bedingungen genießen, auf-
grund derer ein internationales Engagement und sogar die Erringung von Wettbe-
werbsvorteilen im Ausland möglich wird.
Nach Porters Ansicht ist diese Fähigkeit der internationalen Tätigkeit von der Ausprä-
gung vierer Bestimmungsfaktoren und zweier Zusatzfaktoren, die zusammen ein sich
verstärkendes System ergeben, abhängig. Dieses System, auch als Diamant bezeich-
net (vgl. Abb. 1, S. 15), setzt sich aus folgenden Bestimmungs- und Zusatzfaktoren
zusammen:
,,Die Faktorbedingungen sind die an einem Standort zur Verfügung stehenden Pro-
duktionsfaktoren und stellen die elementare Grundlage eines Landes oder einer
Region dar."
36
Dabei ist zwischen den sogenannten fortschrittlichen Faktoren und
den Grundfaktoren ­ wie z.B. Vorkommen an Rohstoffen und Bodenschätzen - zu
unterscheiden. Erstere sind von besonderer Bedeutung und entstehen nur durch
langfristige Investitionen in das Sach- und Humankapital, während Letztgenannte
an Gewicht verlieren, da sie zunehmend durch alternative und innovative Produkti-
onsverfahren ersetzbar werden. Porter hält einen Mangel an Grundfaktoren in ei-
nem Land sogar für vorteilhaft, da sich die betroffenen Unternehmen aufgrund die-
ser Wettbewerbsnachteile zu Innovationen und einer Vermeidung von Verschwen-
dung gezwungen sehen und dies somit in einen Wettbewerbsvorteil umkehren.
37
Die Nachfragebedingungen beschreiben sowohl Höhe als auch Art der Inlands-
nachfrage, wobei die Art der Nachfrage aussagt, ob es sich um eine anspruchsvol-
le Nachfrage handelt. Nach Meinung Porters üben kritische, qualifizierte und sehr
anspruchsvolle Konsumenten einen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit
der jeweiligen Branche aus, da sie zu permanenten Verbesserungsprozessen an-
regen. Somit werden sie zum wesentlichen Input für den Aufbau von nationalen
35
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 66 f.
36
Fuchs, M.; Apfelthaler, G., Management internationaler Geschäftstätigkeit, Wien/New
York, 2002, S. 45.
37
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 64 f.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
15
Wettbewerbsvorteilen, während die leicht zufrieden zu stellenden Konsumenten die
Entwicklung der Branche nicht vorantreiben.
38
Abb. 1: Porters Diamant
Unterneh-
mensstrate-
gie,
Struktur
und
Konkur-
renz
Staat
Verwandte
und unter-
stützende
Branchen
Nachfrage-
bedingun-
gen
Faktorbe-
dingungen
Zufall
Quelle: Fuchs, M.; Apfelthaler, G., Management internationaler Geschäftstätigkeit, Wien/New York, 2002,
S. 44.
Die Existenz international wettbewerbsfähiger verwandter und unterstützender
Branchen im Inland kann zu internationalen Wettbewerbsvorteilen der einzelnen
Branchen führen. So können starke inländische Zulieferindustrien nachgelagerten
Branchen dadurch einen Vorteil verschaffen, dass diese einen früheren, effiziente-
ren und oft auch kostengünstigeren Zugang zu Produktionsverfahren erhalten.
39
Der Faktor Unternehmensstrategie, Struktur und Konkurrenz ist bedeutend für die
Frage, wie ein Unternehmen/eine Branche potentielle Entwicklungsoptionen hin-
sichtlich einer Internationalisierung erkennen kann. Dies hängt von den Organisati-
onsstrukturen und den kulturbedingten Führungsstilen ab, die entscheidend für die
Wettbewerbsfähigkeit sind. Zudem werden sich Unternehmen in einem von starker
Inlandskonkurrenz geprägten Umfeld tendenziell dazu gezwungen sehen, die In-
ternationalisierung voranzutreiben, um ihre Abhängigkeit von Basisfaktoren zu ver-
ringern und fortgeschrittene und spezialisierte Vorteile zu erlangen.
40
Neben diesen vier Bestimmungsfaktoren nennt Porter die zwei ergänzenden Fakto-
ren Zufall und Staat, die in einer Region den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen be-
38
Fuchs, M.; Apfelthaler, G., Management internationaler Geschäftstätigkeit, a.a.O., S. 45 f.
39
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 65 f.
40
Vgl. ebenda, S. 66.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
16
einflussen. Der erst genannte Faktor steht für Ereignisse außerhalb der Herr-
schaftsgewalt von Unternehmen, wie z.B. außenpolitische Entwicklungen und
Durchbrüche in Basistechnologien. Diese Ereignisse können Unternehmen die Ge-
legenheit bieten, ihren ausländischen Konkurrenten Marktanteile abzunehmen.
Schließlich kann noch der Staat die Bestimmungsfaktoren des Diamanten beein-
flussen, indem dieser Strukturanpassungen ermöglicht und dadurch freigesetzte
Produktionsfaktoren einer produktiveren und zukunftssichernden Verwendung zu-
geführt werden können.
41
1.3.3. Lerntheorie der Internationalisierung von Johanson/Vahlne
Johanson/Vahlne nehmen bei ihrer Theorie an, dass Unternehmen die Internationali-
sierung grundsätzlich von organisatorischen Lernprozessen abhängig machen. Sie
gehen davon aus, dass sich Unternehmen ohne Auslandserfahrungen zunächst für die
risikoärmste Form der Internationalisierung, nämlich den Export ihrer Produkte, ent-
scheiden. Andere Internationalisierungsformen mit einer größeren Marktbindung, die
sich durch größere Chancen und Risiken auszeichnen, werden erst mit zunehmenden
Kenntnissen und Erfahrungen mit der Auslandstätigkeit gewählt. Zudem findet bevor-
zugt eine Expansion in Länder mit geringen kulturellen Unterschieden zum Herkunfts-
land statt, bevor aufgrund der gesammelten Erfahrungswerte auch Länder anderer
Kulturbereiche gewählt werden.
42
1.4.
Wahl der Internationalisierungsform
Der Markteintritt mittelständischer Unternehmen auf einem ausländischen Markt wirft
die Frage nach der geeigneten Internationalisierungsform auf, deren Varianten nach-
folgend dargestellt werden. Hierfür erscheint es sinnvoll, die Internationalisierungsfor-
men in der Reihenfolge zu erläutern, von der auch Johanson/Vahlne in ihrer Lerntheo-
rie der Internationalisierung ausgehen (s. Kap. 1.3.3.). Diese Reihenfolge bietet sich
besonders im Zusammenhang mit kleinen und mittleren Unternehmen an, da sich die
Entscheidungsträger aufgrund begrenzter Ressourcen bei den Management-
Kapazitäten und Finanzen in den meisten Fällen für eine schrittweise Internationalisie-
rung entschließen werden (s. Abb. 2).
41
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 66.
42
Vgl. ebenda, S. 62 ff.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
17
Abb. 2: Ausgewählte Formen der Internationalisierung
Kapitaleinsatz
Kooperation
100%ige Tochtergesellschaft
Export
Produktionsniederlassung
Vertriebsniederlassung
100%
Risiko
100%
Quelle: Altmann, J., Außenwirtschaft für Unternehmen, 2. völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage,
Stuttgart, 2001, S. 28 (modifiziert).
Altmann
43
formuliert diesen Sachverhalt folgendermaßen: ,,Eine vorsichtige Ausweitung
der Inlandsaktivitäten auf das Ausland ist vor allem in kleinen und mittleren Unterneh-
men (KMU) fast als Standardstrategie anzusehen ­ Schritt für Schritt, zunächst meist
über Exporte, [...], später vielleicht gefolgt von eigener Präsenz im Ausland durch eine
Vertriebsniederlassung, und schließlich gar eine eigene Produktionstochter." Die For-
men der Internationalisierung reichen also vom Export, der risikoärmsten Internationa-
lisierungsform, bis hin zur 100%igen Tochtergesellschaft, deren Errichtung zu wesent-
lich höheren Risiken und auch Chancen führt.
In der Literatur wird zwischen der funktionellen (oder stammlandzentrierten) und der
institutionellen (oder zielmarktzentrierten) Internationalisierung unterschieden.
44
Der
Begriff ,,funktionell" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Internationalisierung
bzw. der Markteintritt nahezu ausschließlich durch das Stammhaus im Heimatland ge-
steuert wird, und umfasst die Formen Export (direkt/indirekt), Auslands-Lizenzvergabe,
internationales Franchising u.a.m. Im Gegensatz dazu wird bei der ,,institutionellen"
Internationalisierung eine Präsenz des Unternehmens im Ausland unterstellt, die meist
durch die Gründung bzw. Errichtung von Auslandsniederlassungen, Unternehmensko-
operationen oder 100%igen Tochtergesellschaften realisiert wird. Es sei an dieser Stel-
le angemerkt, dass in der Arbeit bewusst auf eine Darstellung einiger funktioneller und
43
Altmann, J., Außenwirtschaft für Unternehmen, a.a.O., S. 27.
44
Vgl. auch Dülfer, E., Internationales Management, a.a.O., S. 172 ff. und Fuchs, M.; Apfelthaler, G., Ma-
nagement internationaler Geschäftstätigkeit, a.a.O., S. 163 ff.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
18
institutioneller Internationalisierungsformen verzichtet wird, um nur die praxisrelevan-
testen Möglichkeiten zu erläutern. Hierbei wird ­ mit Ausnahme des Exports - ein be-
sonderer Schwerpunkt auf die institutionellen Formen der Internationalisierung gelegt.
Auch soll das Kapitel dem Leser lediglich einen Einblick in die Formen der Internationa-
lisierung vermitteln und hat nicht den Anspruch, die vielfältigen Mischformen der Inter-
nationalisierung in vollem Umfang auszuführen.
1.4.1. Export
Der zu der Gruppe der funktionellen Internationalisierungsformen gehörende Export
lässt sich unterteilen in die Grundformen direkter und indirekter Export. Beim direkten
Export werden die Güter unmittelbar an einen Importeur im Ausland abgesetzt, wäh-
rend das Auslandsgeschäft beim indirekten Export über einen auf eigene Rechnung
und eigenes Risiko tätigen Absatzmittler abgewickelt wird.
45
Vorteile des direkten Ex-
ports sind sowohl die Gestaltungsmöglichkeit der Exporttätigkeit als auch die verhält-
nismäßig geringen Transaktionskosten, da auf eine Handelsstufe zwischen den Ge-
schäftspartnern verzichtet wird. Dies erhöht die Flexibilität und verringert den Kapital-
aufwand aus der Sicht des exportierenden Unternehmens.
46
Im Gegensatz dazu profitiert ein Exportunternehmen beim indirekten Export von der
Erfahrung der Absatzmittler, sofern diese eine gute Marktkenntnis des Partnerlandes
besitzen und zudem ihr Know-how und ihre Dienstleistungen einbringen. Auch wickeln
diese im Idealfall den Export technisch ab, z.B. durch den Einsatz von Maklern oder
Vertragshändlern, und verringern somit das Risiko der Marktferne.
47
So kann die Ex-
porttätigkeit mit Hilfe des indirekten Exports nahezu ohne Auslandserfahrung des Ex-
porteurs erfolgen.
Beide Formen, sowohl der direkte als auch der indirekte Export, werden der Errichtung
von Auslandsniederlassungen vor allem aufgrund geringerer Marktrisiken und politi-
schen Risiken vorgezogen. Auch sind sie ressourcenschonender, können zur Ausnut-
zung von Massenproduktionsvorteilen an den (inländischen) Standorten beitragen und
ermöglichen zugleich das ,,vorsichtige Herantasten" an einen unbekannten Markt.
48
Die
Umsetzung einer Exportstrategie kann jedoch - abhängig vom Zielland - ganz ent-
scheidende Nachteile mit sich bringen oder sich als unmöglich herausstellen. Ein wich-
tiger Aspekt ist die Gefahr von protektionistischen Handelsbeschränkungen im Ziel-
land, die gerade eben auf die Unterbindung von Importen potentieller Partnerunter-
45
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 102.
46
Vgl. Altmann, J., Außenwirtschaft für Unternehmen, a.a.O., S. 28 ff.
47
Vgl. ebenda 30 ff.
48
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 102.

Die Internationalisierung aus der Sicht von KMU
19
nehmen abzielen. Exporte machen also einen nahezu ungehinderten Güter- und Zah-
lungsverkehr zu einer wichtigen Voraussetzung. Überdies spielt der Wechselkurs bzw.
dessen Absicherung eine entscheidende Rolle bei der Ausfuhr von Waren.
49
Ein ge-
wichtiger Nachteil des Exports ist zudem die (geographische) Kundenferne: in be-
stimmten Ländern wie Japan oder China stellt der persönliche Kontakt und die lokale
Präsenz ein ,,Muss"
50
dar. Dies gilt nicht nur für den direkten Export, da selbst beim
indirekten Export der Kontakt zwischen dem eigentlichen Hersteller und dem Kunden
durch die Zwischenschaltung einer Handelsstufe nicht optimal ist. In diesem Fall bliebe
dem Unternehmen nur der Verzicht auf das Auslandsengagement oder die Entschei-
dung zugunsten einer institutionellen Internationalisierungsform.
1.4.2. Unternehmenskooperation
Unternehmenskooperationen gehören zu den institutionellen Internationalisierungsfor-
men, die im Gegensatz zu den funktionellen Formen den Einsatz von Direktinvestitio-
nen erfordern. Bei der internationalen Unternehmenskooperation handelt es sich um
die formalisierte und langfristige Zusammenarbeit zwischen mindestens zwei Unter-
nehmen aus unterschiedlichen Ländern, die rechtlich und wirtschaftlich selbständig
sind und den Entschluss für eine Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis gefasst ha-
ben.
51
Kooperationen können in vertikaler, horizontaler oder lateraler Richtung ge-
schlossen werden. Die vertikale Kooperation umfasst die Zusammenarbeit von Unter-
nehmen verschiedener Wertschöpfungsstufen einer Branche, während die Unterneh-
men bei der horizontalen Kooperation auf der gleichen Wertschöpfungsstufe angesie-
delt sind. Die laterale Kooperation hingegen ist die Zusammenarbeit von Unternehmen
verschiedener Branchen.
52
Die drei gängigsten Formen der Unternehmenskooperation sind Joint Ventures, ver-
tragliche Kooperationen und Fusionen, wobei hier auf die Darstellung der Fusionen
verzichtet wird, da diese durch den Verlust der rechtlichen Unabhängigkeit gekenn-
zeichnet sind und somit für das Thema der Diplomarbeit von nachrangiger Bedeutung
sind.
,,Unter einem Joint Venture wird eine auf Kapitalbeteiligungen und der Teilung von
Geschäftsführung und Risiko beruhende, vertraglich festgelegte und dauerhafte
zwischenbetriebliche Zusammenarbeit verstanden."
53
Das dadurch entstehende
49
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 102.
50
Altmann, J., Außenwirtschaft für Unternehmen, a.a.O., S. 29.
51
Vgl. Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 107.
52
Vgl. Fuchs, M.; Apfelthaler, G., Management internationaler Geschäftstätigkeit, a.a.O.,
S. 190.
53
Welge, M.; Holtbrügge, D., Internationales Management, a.a.O., S. 110.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832477516
ISBN (Paperback)
9783838677514
DOI
10.3239/9783832477516
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Bochum – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2004 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
systemlieferant mittelstand joint-venture standortfaktor standortplanung
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Titel: Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)
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