Kommunal-Leasing und US-Cross-Border-Leasing als alternative Finanzierungsformen kommunaler Infrastrukturinvestitionen
©2003
Diplomarbeit
144 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Diplomarbeit mit aktuellen Fragen der öffentlichen Finanzierung.
Sowohl Leasing wie vor allem auch Cross-Border-Leasing sind als so genannte alternative Finanzierungsformen seit einiger Zeit verstärkt in der Diskussion. Beide Varianten werden in der Öffentlichkeit und in den Kommunalverwaltungen ausgesprochen kontrovers diskutiert und in ihren Wirkungen eingeschätzt.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, diese beiden alternativen Finanzierungsformen aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu analysieren und damit einen Lösungsansatz der Konfliktsituation zwischen Investitionsdruck und begrenzten öffentlichen Finanzmitteln aufzuzeigen.
Dazu findet eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kommunal-Leasing statt. Die Ausführungen sollen insbesondere klären, ob sich mit der Nutzung des Leasings für die Kommunen Vorteile gegenüber einer kommunalkreditfinanzierten Investition ergeben können und damit Leasing einen Beitrag zur Auflösung des Investitionsstaus leisten kann. Die Ausführungen beziehen sich überwiegend auf das Immobilien- und das Großmobilienleasing.
Ebenfalls wird auf das in den letzten Jahren zunehmend von den Kommunen bzw. von den kommunalen Unternehmen genutzte Finanzierungsinstrument des US-Cross-Border-Leasings eingegangen. Dieses US-Steuersparmodell ermöglicht der deutschen Kommune die Vereinnahmung liquider Finanzmittel in Form eines Barwertvorteils. Die Arbeit soll dem Leser die Struktur der Transaktion näher bringen und die damit verbundenen Chancen und Risiken beleuchten. Damit soll u.a. ein Beitrag zur Versachlichung der teilweise sehr emotional geführten Debatte geleistet werden. Vorrangig geht es allerdings um die Frage, ob unter Risikogesichtspunkten der Einsatz von US-Cross-Border-Leasing-Geschäften zur Entlastung der kommunalen Haushalte bzw. zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen zu vertreten ist. Im Zusammenhang mit der Entlastungs- bzw. Finanzierungswirkung ist ebenfalls die Frage zu beantworten, ob der Barwertvorteil dem allgemeinen Haushalt oder eventuell dem Gebührenhaushalt zuzuführen ist.
Im Kapitel 2 der Arbeit wird auf die finanzwirtschaftlichen Aspekte der Kommunen Bezug genommen. Es wird die Finanzsituation der Kommunen beleuchtet und dem zukünftigen Investitionsbedarf gegenübergestellt. Anschließend wird auf die […]
Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Diplomarbeit mit aktuellen Fragen der öffentlichen Finanzierung.
Sowohl Leasing wie vor allem auch Cross-Border-Leasing sind als so genannte alternative Finanzierungsformen seit einiger Zeit verstärkt in der Diskussion. Beide Varianten werden in der Öffentlichkeit und in den Kommunalverwaltungen ausgesprochen kontrovers diskutiert und in ihren Wirkungen eingeschätzt.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, diese beiden alternativen Finanzierungsformen aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu analysieren und damit einen Lösungsansatz der Konfliktsituation zwischen Investitionsdruck und begrenzten öffentlichen Finanzmitteln aufzuzeigen.
Dazu findet eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kommunal-Leasing statt. Die Ausführungen sollen insbesondere klären, ob sich mit der Nutzung des Leasings für die Kommunen Vorteile gegenüber einer kommunalkreditfinanzierten Investition ergeben können und damit Leasing einen Beitrag zur Auflösung des Investitionsstaus leisten kann. Die Ausführungen beziehen sich überwiegend auf das Immobilien- und das Großmobilienleasing.
Ebenfalls wird auf das in den letzten Jahren zunehmend von den Kommunen bzw. von den kommunalen Unternehmen genutzte Finanzierungsinstrument des US-Cross-Border-Leasings eingegangen. Dieses US-Steuersparmodell ermöglicht der deutschen Kommune die Vereinnahmung liquider Finanzmittel in Form eines Barwertvorteils. Die Arbeit soll dem Leser die Struktur der Transaktion näher bringen und die damit verbundenen Chancen und Risiken beleuchten. Damit soll u.a. ein Beitrag zur Versachlichung der teilweise sehr emotional geführten Debatte geleistet werden. Vorrangig geht es allerdings um die Frage, ob unter Risikogesichtspunkten der Einsatz von US-Cross-Border-Leasing-Geschäften zur Entlastung der kommunalen Haushalte bzw. zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen zu vertreten ist. Im Zusammenhang mit der Entlastungs- bzw. Finanzierungswirkung ist ebenfalls die Frage zu beantworten, ob der Barwertvorteil dem allgemeinen Haushalt oder eventuell dem Gebührenhaushalt zuzuführen ist.
Im Kapitel 2 der Arbeit wird auf die finanzwirtschaftlichen Aspekte der Kommunen Bezug genommen. Es wird die Finanzsituation der Kommunen beleuchtet und dem zukünftigen Investitionsbedarf gegenübergestellt. Anschließend wird auf die […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 7706
Birkholz, Kai: Kommunal-Leasing und US-Cross-Border-Leasing als alternative
Finanzierungsformen kommunaler Infrastrukturinvestitionen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Potsdam, Universität, Diplomarbeit, 2003
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis
Seite
II
I
NHALTSVERZEICHNIS
Abbildungs- / Tabellenverzeichnis... IV
Abkürzungsverzeichnis ...V
1
EINFÜHRUNG...1
1.1 A
USGANGSLAGE
...1
1.2 P
ROBLEMSTELLUNG
...1
1.3 Z
IELSETZUNG
...3
1.4 M
ETHODIK UND
A
UFBAU DER
A
RBEIT
...4
2
FINANZWIRTSCHAFTLICHE ASPEKTE DER KOMMUNEN ...6
2.1 H
AUSHALTS
-
UND
F
INANZPLAN
...6
2.2 F
INANZSITUATION UND
I
NVESTITIONSBEDARF DER
K
OMMUNEN
...7
2.3 F
INANZIERUNG DER
K
OMMUNEN
...12
2.3.1
Innenfinanzierung... 13
2.3.1.1
Selbstfinanzierung ... 13
2.3.1.2
Finanzierung aus Abschreibungen, Rückstellungen und Kapitalfreisetzung... 15
2.3.2
Außenfinanzierung über Kredite ... 16
2.3.2.1
Der Kommunalkredit ... 19
2.3.2.2
Auswirkungen des Neuen öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens... 22
2.3.2.3
Auswirkungen von Basel II ... 24
2.3.3
Alternative Finanzierungs- und Organisationsformen... 25
2.3.3.1
Organisationsformen... 27
2.3.3.2
Finanzierungsarten... 30
3
KOMMUNAL-LEASING ...34
3.1 D
EFINITION DES
B
EGRIFFS
,,K
OMMUNAL
-L
EASING
"
UND
A
BGRENZUNGEN
...34
3.2 D
ERZEITIGE
N
UTZUNG VON
K
OMMUNAL
-L
EASING
...36
3.3 E
RSCHEINUNGSFORMEN DES
L
EASINGS
...38
3.4 S
TEUERRECHTLICHE
Z
URECHNUNG DES
L
EASINGOBJEKTES
...43
3.4.1
Bedeutung der Zurechnung ... 43
3.4.2
Die Zurechnung des Leasingobjektes gemäß der einzelnen Leasingerlasse ... 45
3.4.3
Spezialleasing ... 51
3.5 G
ENEHMIGUNG VON
L
EASINGVERTRÄGEN
...52
3.6 H
AUSHALTSMÄßIGE
B
ERÜCKSICHTIGUNG DER
L
EASINGRATEN
...55
3.7 W
IRTSCHAFTLICHKEITSVERGLEICH
K
OMMUNAL
-L
EASING VS
.
K
OMMUNALKREDIT
...56
3.7.1
Verfahren der Investitionsrechnung und ihre Anwendung in den Kommunen ... 57
3.7.2
Modellrechnung ,,kreditfinanzierte Eigenerstellung vs. Leasing"... 60
3.7.3
Modelldiskussion... 64
3.7.3.1
Methodik der Vergleichsrechnung... 64
3.7.3.2
Quantitative Aspekte ... 64
3.7.3.3
Qualitative Aspekte ... 78
3.8 Z
WISCHENFAZIT
,,K
OMMUNAL
-L
EASING
"...83
Inhaltsverzeichnis
Seite
III
4
US-CROSS-BORDER-LEASING (US-CBL) ...85
4.1 M
OTIV UND
S
TRUKTUR DES
US-CBL ...85
4.2 G
ESTALTUNG DER
Z
AHLUNGSSTRÖME
...88
4.3 N
UTZUNG VON
US-CBL
SEITENS DER
K
OMMUNEN
...91
4.4 R
ISIKEN DES
US-CBL ...92
4.4.1
Externe Ursachen... 92
4.4.2
Ursachen in der Vertragsgestaltung... 99
4.5 W
EITERE RECHTLICHE
F
RAGESTELLUNGEN IM
Z
USAMMENHANG MIT DEM
US-CBL...101
4.5.1
Genehmigung von US-CBL-Veträgen ... 101
4.5.2
Gebührenrechtliche Konsequenzen ... 103
4.5.2.1
Verlust der Abschreibungsmöglichkeiten... 103
4.5.2.2
Verwendung des Barwertvorteils... 105
4.5.3
Rückforderung staatlicher Zuwendungen... 107
4.6 Z
WISCHENFAZIT
,,US-C
ROSS
-B
ORDER
-L
EASING
"...108
5
SCHLUSSBETRACHTUNG ...110
Anhang 1 ...112
Anhang 2 ...113
Anhang 3 ...114
LITERATURVERZEICHNIS ...115
Abbildungs- / Tabellenverzeichnis
Seite
IV
A
BBILDUNGS
-
/
T
ABELLENVERZEICHNIS
Abbildung 1: Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der Kommunen von 1992-2003. ... 8
Abbildung 2: Entwicklung der kommunalen Ausgaben für Sachinvestitionen. ... 10
Abbildung 3: Entscheidungsabläufe bei der Realisierung kommunaler Investitionen. ... 26
Abbildung 4: Erscheinungsformen des Leasings. ... 38
Abbildung 5: Zurechnung des Leasingobjektes beim Mobilienleasing
(Vollamortisationsverträge)... 48
Abbildung 6: Zurechnung des Leasingobjektes beim Immobilienleasing
(Vollamortisationsverträge)... 49
Abbildung 7: Zurechnung des Leasingobjektes beim Mobilienleasing
(Teilamortisationsverträge). ... 50
Abbildung 8: Zurechnung des Leasingobjektes beim Immobilienleasing
(Teilamortisationsverträge). ... 51
Abbildung 9: Kumulierte nominale Liquiditätsbelastung Kredit vs. Leasing. ... 68
Abbildung 10: Zahlungsströme beim US-Cross-Border-Leasing... 90
Abbildung 11: Ausgewählte Risiken des US-Cross-Border-Leasings... 92
Tabelle 1: Kommunaler Investitionsbedarf in Deutschland 2000 bis 2009. ... 12
Tabelle 2: Übersicht der Leasingerlasse... 46
Tabelle 3: Übersicht über die Ausführungsbestimmungen zum
Wirtschaftlichkeitsvergleich in den Kommunen der einzelnen Bundesländer... 59
Tabelle 4: Totaler Liquiditätsvergleich nach Kroll für die Leasingvariante
(Kaufoptionspreis 200.000 )... 62
Tabelle 5: Totaler Liquiditätsvergleich nach Kroll für die Kaufvariante... 63
Tabelle 6: Nominale Liquiditätsbelastung Kredit vs. Leasing... 66
Tabelle 7: Totaler Liquiditätsvergleich nach Kroll für die Leasingvariante
(Kaufoptionspreis 400.000 )... 69
Tabelle 8: Belastung der Leasinggesellschaft durch Darlehensaufnahme mit einem
Tilgungsrest von 200.000 . ... 112
Tabelle 9: Annuität beim Kommunalkredit. ... 113
Tabelle 10: Belastung der Leasinggesellschaft durch Darlehensaufnahme mit einem
Tilgungsrest von 400.000 . ... 114
Abkürzungsverzeichnis
Seite
V
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABS Asset-Backed-Securities
AfA
Absetzung für Abnutzung
AO Abgabenordnung
Bafin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BFH Bundesfinanzhof
BFuP Betriebswirtschaftliche
Forschung & Praxis (Zeitschrift)
BGBl. Bundesgesetzblatt
BIS
Bank For International Settlements
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BMVBW Bundesministerium
für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
BND betriebsgewöhnliche
Nutzungsdauer
BOT Build-Operate-Transfer
BRD Bundesrepublik
Deutschland
bspw. beispielsweise
BStBl. Bundessteuerblatt
CBL Cross-Border-Leasing
Difu
Deutsches Institut für Urbanistik
DIW
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
DStGB
Deutscher Städte- und Gemeindebund
EK Eigenkapital
ESG Emissionszentrale
der Schweizer Gemeinden
EStG Einkommensteuergesetz
et al.
et alii (und andere, lat.)
FK Fremdkapital
FLF Finanzierung
Leasing
Factoring (Zeitschrift)
FN Fußnote
FStrPrivFinG Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz
GemHV Gemeindehaushaltsverordnung
GMZ Grundmietzeit
GO Gemeindeordnung
HGB Handelsgesetzbuch
i.d.R.
in der Regel
KAG Kommunalabgabengesetz
Abkürzungsverzeichnis
Seite
VI
KGSt Kommunale
Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsverein-
fachung
KLR
Kosten- und Leistungsrechnung
KWG
Gesetz über das Kreditwesen
LIBOR
London Interbank Offered Rate
LKW Lastkraftwagen
MinBl. Ministerialblatt
NRW Nordrhein-Westfalen
o. S.
ohne Seite
o. V.
ohne Verfasser
OVG Oberverwaltungsgericht
ÖPNV Öffentlicher
Personennahverkehr
PPP
Public Private Partnership
PSE
Public Sector Entity
Rdn. Randnummer
UARG Unterausschuss
Reform
des
Gemeindehaushaltsrechts des
AK III der Innenministerkonferenz
URL
Uniform Resource Locator
US-CBL US-Cross-Border-Leasing
VOB
Verdingungsordnung für Bauleistungen
VOL
Verdingungsordnung für Leistungen
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
Einführung
Seite
1
1 E
I N F Ü H R U N G
1.1 Ausgangslage
"Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit
Gründung der Bundesrepublik."
1
Das Defizit der kommunalen Haushalte beträgt 2003 vor-
aussichtlich 9,8 Mrd. .
2
Auf der Einnahmenseite macht sich insbesondere der Einbruch bei der Gewerbesteuer
der wichtigsten direkten Einnahmequelle bemerkbar. Aber auch beim Gemeindeanteil an
der Einkommensteuer sind konjunkturbedingte Rückgänge zu verzeichnen. Ebenfalls tru-
gen die rückläufigen Investitionszuweisungen von Bund und Ländern zu einer
Verschlechterung der Einnahmesituation bei.
3
Zusätzliche Belastungen werden durch das
voraussichtliche Vorziehen der Steuerreform entstehen.
Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben öffnet sich nicht nur durch Einnahmeaus-
fälle, sondern auch durch zusätzliche Belastungen auf der Ausgabenseite.
4
Insbesondere
bei den Pflichtaufgaben der Kommunen ist mit weiteren Ausgabenzuwächsen zu rechnen.
Vor diesem Hintergrund fällt es den Kommunen immer schwerer, ihre im Rahmen der
kommunalen Selbstverwaltung
5
obliegenden Aufgaben
6
wahrzunehmen.
1.2 Problemstellung
Die Ausgabensteigerungen der Kommunen können nicht mehr durch Erhöhungen der Ein-
nahmepositionen ausgeglichen werden.
7
Die Anhebung der Hebesätze bei den Realsteuern
1
Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), [Pressemitteilung Nr. 3], 2.1.2003. Eine Definition von
Finanznot, die gleichbedeutend mit dem Begriff der Finanzkrise zu sehen ist, geben Noll/Ebert/Meyer:
,,Eine allgemeine ökonomische Definition von Finanznot, kann darin gesehen werden, daß die Gebiets-
körperschaft konkret Gefahr läuft, die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit und damit die allgemeine
Handlungsfähigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu verlieren." Noll, W.; Ebert, W.; Meyer, S.,
[Finanznot der Kommunen], 1997, S. 25.
2
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
3
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
4
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
5
Das Recht und die Pflicht der Kommunen, die ihnen im Rahmen gemeindlicher Daseinsvorsorge oblie-
genden Aufgaben eigenverantwortlich zu lösen, kommt im Grundgesetz (GG) (vgl. Art. 28 Abs. 2 Satz 1
GG) sowie in den Gemeindeordnungen der Länder zum Ausdruck (s. bspw. § 1 Abs. 2 der GO Branden-
burg).
6
Die Selbstverwaltungsaufgaben der Kommunen lassen sich nach Umfang und Intensität in freiwillige
Aufgaben (Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen, wie Museen, Theater, Schwimmbäder, Bibliothe-
ken), Pflichtaufgaben und Pflichtaufgaben ,,zur Erfüllung nach Weisung" (Weisungsaufgaben)
klassifizieren. Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 12. Außerhalb ih-
res Selbstverwaltungsrechtes erfüllen die Gemeinden Auftragsangelegenheiten des Bundes, die aus
,,Gründen der Zweckmäßigkeit nicht von staatlichen Organen, sondern von den Gemeinden wahrgenom-
men werden". Fiebig, H., [Kostenrechnung], 1998, S. 34.
7
Vgl. Zimmermann, G., [Finanzierungs- und Organisationsmodelle], 1997, S. 396.
Einführung
Seite
2
sowie sonstige Steuererhöhungen behindern den wirtschaftlichen Aufschwung und verbie-
ten sich daher in Krisenzeiten. Die sich bietende Möglichkeit über Leistungsentgelte
(Gebühren und Beiträge) die Haushaltslage aufzubessern, haben die Kommunen weitge-
hend ausgeschöpft
8
und zudem ziehen die in den Kommunalabgabengesetzen enthaltenen
Gebührengrundsätze
9
Grenzen.
Wie bereits die vorherigen Gemeindefinanzberichte zeigt auch der Gemeindefinanzbericht
2003, dass sich die Finanzstruktur in den kommunalen Haushalten zu Lasten der Vermö-
genshaushalte und damit zu Lasten der Investitionstätigkeit verschiebt. Die
Sachinvestitionen haben sich im Jahr 2003 gegenüber 1993 um ca. 25% verringert.
10
Die Problematik der verminderten Investitionstätigkeit liegt in einem weiterhin hohen In-
vestitionsbedarf begründet. Die Bereitstellung einer in quantitativer und qualitativer
Hinsicht ausreichenden Infrastruktur stellt eine komplementäre Voraussetzung für wirt-
schaftliches Wachstum dar. Den Kommunen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu,
da statistisch gesehen ca. der öffentlichen Investitionen auf den kommunalen Bereich
entfallen.
11
Aufgrund der Tatsache, dass die Überschüsse der kommunalen Verwaltungshaushalte nicht
ausreichen den Investitionsbedarf zu decken, wurde in der Vergangenheit vorwiegend auf
den Kommunalkredit als Ultima Ratio der Finanzierung zurückgegriffen. Die Genehmi-
gung der Kreditaufnahme wird jedoch zunehmend restriktiver von der Kommunalaufsicht
gehandhabt, da die in den Gemeindehaushaltsverordnungen (GemHV) bzw. Gemeindeord-
nungen (GO) geforderten Pflichtzuführungen vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt
immer seltener von den Kommunen erfüllt werden können. Im Jahr 2003 beträgt das Defi-
zit der kommunalen Verwaltungshaushalte voraussichtlich 1,85 Mrd. .
12
Vor diesem Hintergrund sind Kommunen darauf angewiesen, verstärkt alternative Finan-
zierungsformen zu prüfen und bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit anzuwenden. Die in
dieser Arbeit diskutierten Finanzierungsformen stellen allerdings keine Alternative zu ei-
ner Modernisierung der Verwaltung dar. Sie sind vielmehr integraler Bestandteil einer
Reihe von Reformaßnahmen, die unter den Begriffen des Neuen Steuerungsmodells und
des New Public Managements diskutiert werden.
13
Die Reformideen haben die Effizienz-
8
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefinanzbericht 2002], 2002, S. 11; Kirchhoff, U.;
Müller-Godeffroy, H., [Finanzierungsmodelle], 1996, S. 9.
9
Vgl. Mohl, H., [Gebührendiskussion], 2000, S. 211.
10
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
11
Vgl. Marek, M., [Kommunales Leasing wichtiger denn je!], 2000, S. 61.
12
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
13
Zum Thema New Public Management und Neues Steuerungsmodell vgl. bspw. Reichard, C., [Public
Management], 2003, S. 496-518. Reichard, C., ["Neue Steuerungsmodell"], 2002. Reichard, C.; Röber,
M., [New Public Management], 2001, S. 371-392.
Einführung
Seite
3
steigerung und die Erhöhung der Transparenz kommunaler Tätigkeiten zum Ziel. Zu die-
sen Maßnahmen zählen u.a. die Leistungstiefenentscheidung (Make-or-buy-Frage)
14
,
Prozessoptimierungen, Innovationen im Finanzmanagement und Rechnungswesen (Ein-
führung der Doppik und einer KLR sowie die Output-Budgetierung)
15
und Innovationen im
Personalmanagement
16
.
1.3 Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zwei alternative Finanzierungsformen zu diskutieren
und damit einen Lösungsansatz der Konfliktsituation zwischen Investitionsdruck und be-
grenzten öffentlichen Finanzmitteln aufzuzeigen.
Dazu findet eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kommunal-Leasing statt. ,,Wer
Leasing nicht ernsthaft als Alternative zur konventionellen Kreditfinanzierung prüft und
wer Leasing nur als reines Finanzierungsinstrument begreift, verstößt gegen das Wirt-
schaftlichkeitsgebot des § 7 der Haushaltsordnung."
17
Die Ausführungen sollen
insbesondere klären, ob sich mit der Nutzung des Leasings für die Kommunen Vorteile
gegenüber einer kommunalkreditfinanzierten Investition ergeben können und damit
Leasing einen Beitrag zur Auflösung des Investitionsstaus leisten kann. Die Ausführungen
beziehen sich überwiegend auf das Immobilien- und das Großmobilienleasing.
Ebenfalls wird auf das in den letzten Jahren zunehmend von den Kommunen bzw. von den
kommunalen Unternehmen genutzte Finanzierungsinstrument des US-Cross-Border-
Leasings eingegangen. Dieses US-Steuersparmodell ermöglicht der deutschen Kommune
die Vereinnahmung liquider Finanzmittel in Form eines Barwertvorteils. Die Arbeit soll
dem Leser die Struktur der Transaktion näher bringen und die damit verbundenen Chancen
und Risiken beleuchten. Damit soll u.a. ein Beitrag zur Versachlichung der teilweise sehr
emotional geführten Debatte geleistet werden. Vorrangig geht es allerdings um die Frage,
ob unter Risikogesichtspunkten der Einsatz von US-Cross-Border-Leasing-Geschäften zur
Entlastung der kommunalen Haushalte bzw. zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitio-
nen zu vertreten ist. Im Zusammenhang mit der Entlastungs- bzw. Finanzierungswirkung
ist ebenfalls die Frage zu beantworten, ob der Barwertvorteil dem allgemeinen Haushalt
oder eventuell dem Gebührenhaushalt zuzuführen ist.
14
Vgl. Naschold, F.; Budäus, D.; Jann, W., et al. (Hrsg.), [Leistungstiefe], 1996.
15
Vgl. Reichard, C., [Innovationen in Finanzmanagement und Rechnungswesen], 1999, S. 49-62; Reichard,
C.; Bals, H., [Resource-based Accounting and Output-Budgeting], 2002, S. 137-151. Für eine umfangrei-
che Thematisierung des Neuen öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens vgl. Lüder, K., [Neues
öffentliches Haushalts- und Rechnungswesen], 2001.
16
Vgl. Reichard, C., [Innovationen im Personalmanagement], 1999, S. 37-49.
17
Kiefer, D., zitiert nach: Brede, H., [Diskussion], 1997, S. 167.
Einführung
Seite
4
1.4
Methodik und Aufbau der Arbeit
Das Literaturstudium bildet die Grundlage der Arbeit, wobei durch die Vielzahl der be-
rücksichtigten Quellen und Autoren versucht wurde, eine möglichst umfassende und
abgewogene Darstellung des Themas sicherzustellen.
Ergänzt wurde die Arbeit durch die Befragung von Experten, die zur Klärung von finanzie-
rungstechnischen, haushaltsrechtlichen und juristischen Fragen beitrugen. Insbesondere im
Rahmen der im Abschnitt 3.7.1 durchgeführten Analyse, welche Verfahren der Wirtschaft-
lichkeitsrechnung die Kommunen anzuwenden haben, wurden die Innenministerien der
Länder befragt.
Bei der Bearbeitung des Themas ,,US-Cross-Border-Leasing" wurde auch auf Diskussi-
onsbeiträge und Erfahrungen zurückgegriffen, die im Rahmen der Teilnahme an einem
Seminar des Bildungszentrums für die Entsorgungs- und Wasserwirtschaft GmbH am
15.7.2003 in Duisburg gesammelt wurden.
Im folgenden Kapitel 2 wird auf die finanzwirtschaftlichen Aspekte der Kommunen Bezug
genommen. Es wird die Finanzsituation der Kommunen beleuchtet und dem zukünftigen
Investitionsbedarf gegenübergestellt. Anschließend wird auf die klassischen Finanzie-
rungsquellen der Kommunen eingegangen. Im Hinblick auf den der Außenfinanzierung
hinzuzurechnenden Kommunalkredit wird kurz die Frage angerissen, welche Auswirkun-
gen mit aktuellen Entwicklungen wie Neues Kommunales Haushalt- und Rechnungswesen
sowie Basel II verbunden sind. Vor dem Hintergrund der angespannten Finanzsituation,
der zunehmend restriktiveren Kreditgenehmigung und dem weiterhin hohen Investitions-
bedarf werden kurz derzeitig diskutierte alternative Organisations- und
Finanzierungsmodelle dargestellt. Diese versprechen eine effizientere Verwendung der
knappen Mittel und sollen daher zu einer Entlastung der Haushalte führen bzw. einen Bei-
trag zur Auflösung des Investitionsstaus leisten.
Im Kapitel 3 wird ausführlich auf eine alternative Finanzierungsform das Kommunal-
Leasing eingegangen. Nach einer begrifflichen Klärung des ,,Kommunal-Leasings" wer-
den die einzelnen Erscheinungsformen des Leasings erläutert. Anschließend wird zunächst
geklärt, ob eine Zurechnung beim Leasinggeber bzw. Leasingnehmer auch bei den nicht
steuerpflichtigen Kommunen von Bedeutung ist. Nach Klärung dieser Frage wird auf die
einzelnen Leasingerlasse eingegangen, welche die steuerliche Zurechnung des Leasingob-
jektes in Abhängigkeit der Vertragsgestaltung regeln.
Einführung
Seite
5
In zwei weiteren Unterkapiteln werden die Fragen der Genehmigung von Leasingverträgen
sowie der haushaltsmäßigen Berücksichtigung der Leasingraten behandelt.
Ein ausführlicher Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Kommunal-Leasing und einer
kommunalkreditfinanzierten Investition bildet einen weiteren Gegenstand des Kapitels.
Nach einer allgemeinen Einführung in die Verfahren der Investitionsrechnung und ihrer
Anwendung in den Kommunen wird eine fiktive Modellrechnung durchgeführt. Daran
schließt sich eine Diskussion der Modellaspekte an, die neben der Methodik der Rechnung
eine umfassende Darstellung quantitativer und qualitativer Aspekte beinhaltet.
Ein Zwischenfazit zum Kommunal-Leasing schließt das Kapitel 3.
Das Kapitel 4 der Arbeit beschäftigt sich eingehend mit der Finanzierungsvariante des US-
Cross-Border-Leasings (US-CBL). Zunächst soll dem Leser diese Sonderform des grenz-
überschreitenden Leasings verständlich gemacht werden, die der deutschen Kommune
liquide Finanzmittel verschafft. Es werden einige ausgewählte Praxisbeispiele angeführt,
um einen Einblick in die derzeitige Nutzung dieser Transaktion seitens der Kommune zu
erhalten.
Risiken, die sich aus einem US-CBL-Geschäft für die Kommunen ergeben können, werden
ausführlich diskutiert. Weitere rechtliche Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit
US-Cross-Border-Leasing-Geschäften für die Kommune ergeben z.B. die Genehmigung
der Geschäfte oder die Verwendung des Barwertvorteils werden ebenfalls erörtert.
Die wesentlichen Ergebnisse des Kapitels werden in einem Zwischenfazit zum US-Cross-
Border-Leasing zusammengefasst.
Mit einer Schlussbetrachtung und einer Würdigung der verschiedenen Aspekte schließt
diese Arbeit im Kapitel 5.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
6
2 F
I N A N Z W I R T S C H A F T L I C H E
A
S P E K T E D E R
K
O M M U N E N
2.1
Haushalts- und Finanzplan
Der Haushaltsplan
18
bildet den Kern der öffentlichen Finanzwirtschaft
19
und ist Bestandteil
der Haushaltssatzung. Er beinhaltet alle im Haushaltsjahr voraussichtlich eingehenden
Einnahmen, die zu leistenden Ausgaben sowie die notwendigen Verpflichtungsermächti-
gungen
20
, die für die Aufgabenerfüllung der Gemeinde erforderlich sind.
21
Während es sich
bei Bund und Ländern um einen Einheitshaushalt handelt, ist der kommunale Haushalts-
plan aufgrund des besonderen Gewichts der Investitionsausgaben in einen Verwaltungs-
und einen Vermögenshaushalt gegliedert.
22
Die vermögenswirksamen Einnahmen und
Ausgaben Investitionsauszahlungen sowie die Kreditaufnahmen und -tilgungen werden
im Vermögenshaushalt abgebildet. Im Verwaltungshaushalt finden die übrigen vermögens-
unwirksamen laufenden Einnahmen und Ausgaben einschließlich der Fremdkapitalzinsen
ihren Niederschlag.
23
Diese Aufspaltung des kommunalen Haushalts führt zu einer Tren-
nung von konsumtiven und investiven Ausgaben.
24
Vermögens- und Verwaltungshaushalt
stehen jedoch nicht isoliert und abgeschlossen nebeneinander. Sie sind über die Zuführung
des Überschusses des Verwaltungshaushaltes zum Vermögenshaushalt verbunden (Grund-
sätze des Haushaltsausgleiches und der Gesamtdeckung).
25
Die Zuführung muss
mindestens in einer Höhe erfolgen, dass die Kreditbeschaffungskosten und die ordentliche
Tilgung abdeckt werden. Damit wird sichergestellt, dass die Tilgungen aus den laufenden
Haushaltsmitteln und nicht aus neu aufgenommenen Krediten erfolgen
26
und somit eine
kumulative Belastung verhindert wird.
Neben der Aufstellung eines Haushaltsplanes erfordern die Gemeindehaushaltsverordnun-
gen
27
und die Gemeindeordnungen
28
die Aufstellung eines Finanzplanes. Der fünfjährige
18
Bei dem Begriff ,,Haushaltsplan" handelt es sich um einen spezifisch deutschen Ausdruck, der auf inter-
nationaler Ebene als Budget bezeichnet wird. Vgl. Musgrave, R.A.; Musgrave, P.B.; Kullmer, L., [Die
öffentlichen Finanzen], 1994, S. 48 f., FN 17.
19
Vgl. Musgrave, R.A.; Musgrave, P.B.; Kullmer, L., [Die öffentlichen Finanzen], 1994, S. 48.
20
Bei den Verpflichtungsermächtigungen handelt es sich um "Ermächtigungen zum Eingehen von Ver-
pflichtungen, die künftige Haushaltsjahre mit Ausgaben für Investitionen und
Investitionsfördermaßnahmen belasten." § 76 Abs. 2 Nr. 1 GO Brandenburg.
21
Siehe § 77 Abs. 1 Satz 1 GO Brandenburg.
22
Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), [Haushaltssystem], S. 68; Siehe § 77 Abs. 2 Satz 1 GO
Brandenburg.
23
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 18.
24
Vgl. Kröger, C.W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 18.
25
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 18.
26
Vgl. Kirchhoff, U.; Land, G., [Organisation und Finanzierung], 1993, S. 15.
27
Siehe § 2 Abs. 2 Nr. 2 GemHV Brandenburg, § 23 GemHV Brandenburg.
28
Siehe bspw. § 83 GO Brandenburg.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
7
Finanzplan enthält eine Übersicht über den Umfang und die Zusammensetzung der voraus-
sichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Verwaltungs- sowie des Vermögenshaushalts
und wird durch ein Investitionsprogramm ergänzt.
2.2 Finanzsituation
und
Investitionsbedarf der Kommu-
nen
Die im folgenden zur Darstellung der Finanzsituation verwendeten Daten wurden überwie-
gend aus dem Gemeindefinanzbericht 2003 entnommen.
29
Im Jahr 1995 betrug das Defizit der kommunalen Haushalte
30
7,33 Mrd. und setzte damit
den negativen Trend der drei vorherigen Jahre fort, in denen der Finanzierungssaldo durch-
schnittlich 6,91 Mrd. erreichte.
31
Von 1998 bis 2000 konnten durch zuvor eingeleitete
Sparmaßnahmen
32
und durch den im Jahr 1997 einsetzenden moderaten Anstieg der Ein-
nahmen wieder Überschüsse von jeweils ca. 2 Mrd. erzielt werden.
33
Für das Jahr 2001
ergab sich jedoch bereits wieder ein negativer Finanzierungssaldo von fast 4 Mrd. , der
auf die schwache Wirtschaftsentwicklung sowie die steuerreformbedingten Einnahmeaus-
fälle zurückzuführen ist.
34
Diese Entwicklung setzte sich auch im Jahr 2002 fort, in dem
das Gesamtdefizit der Gemeindehaushalte 4,7 Mrd. betrug. Für 2003 wird ein Defizit von
ca. 9,8 Mrd. prognostiziert.
35
Karrenberg/Münstermann schätzen den Finanzierungssaldo
für 2004 auf einen negativen zweistelligen Milliardenbetrag.
36
Insbesondere durch das
Vorziehen der Steuerreform, die weitgehend unausgeglichen bleiben wird, ist mit Einnah-
meausfälle von 3,5 Mrd. zu rechnen.
37
29
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003]. Die Daten berücksichtigen nicht
die Stadtstaaten, Krankenhäuser mit kaufmännischem Rechnungswesen und ausgegliederte Einrichtun-
gen. Weiterhin sind die Daten um besondere Finanzierungsvorgänge bereinigt. Vgl. Karrenberg, H.;
Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
30
Obwohl zwischen den einzelnen Gemeinden und zwischen den alten und neuen Bundesländern teilweise
erhebliche Unterschiede bestehen (vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), [Monatsbericht Juni 2000], S. 46;
Kröger, C. W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 44), konzentriert sich diese Betrachtung auf die
Gesamtheit der Kommunen.
31
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
32
Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), [Monatsbericht Juni 2000], S. 46.
33
Vgl. DIW (Hrsg.), [DIW-Wochenbericht 31/02], S. 4.
34
Vgl. DIW (Hrsg.), [DIW-Wochenbericht 31/02], S. 4.
35
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003 - Kurzfassung], 2003, S. 5.
36
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003 - Kurzfassung], 2003, S. 9.
37
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 9; o. V., [Gemeinden
fordern 3,4 Milliarden Euro], 17.7.2003.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
8
130,0
135,0
140,0
145,0
150,0
155,0
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
Jahr
Mr
d
.
Ausgaben
Einnahmen
Defizit
Defizit
Abbildung 1: Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der Kommunen von 1992-2003.
38
Primäre Ursache für die hohen Defizite der letzten Jahre sind die Rückgänge auf der
Einnahmenseite. Im Jahr 2001 betrug das Minus 2,7%, im Jahr 2002 konnte zwar durch
außergewöhnliche Einnahmen ein geringes Wachstum von 0,4% verzeichnet werden, aber
für 2003 wird wieder ein Minus von 2,1% erwartet.
39
Die Rückgänge fallen bei der Gewer-
besteuer als wichtigste Gemeindesteuer am stärksten aus. Im Jahr 2001 betrug das
Minus gegenüber dem Vorjahr 11,4%, für das Jahr 2002 minus 7,9% und auch für 2003
wird von einem Rückgang in Höhe von 7,9% ausgegangen.
40
Die Investitionszuweisungen
von Bund und Ländern weisen 2003 zwar einen Wert von 9,8 Mrd. und damit einen Zu-
wachs von 1,54 Mrd. gegenüber dem Vorjahr auf, liegen damit aber dennoch ca. 13% unter
dem Wert von 1992.
41
Hinsichtlich der Entwicklung der Ausgaben konnte der 1995 eingeleitete Konsolidierungs-
kurs dazu beitragen, dass die Gesamtausgaben von 152,7 Mrd. im Jahr 1995 auf 142,5
Mrd. im Jahr 1998 zurückgingen. Die gestiegenen Ausgaben für Sozialleistungen 2001:
27,3 Mrd. (+4%), 2002: 28,2 Mrd. (+3%), 2003: 29,4 Mrd. (+4,2%) und die gestie-
genen Personalausgaben (2001: +1,9%, 2002: +2,1%) haben jedoch zu einem Wachstum
der laufenden Ausgaben geführt.
42
Die Gemeindefinanzberichte der letzten Jahre zeigen,
38
Quelle: Eigene Darstellung, basierend auf Daten von Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefi-
nanzbericht 2003], 2003, S. 77.
39
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
40
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
41
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 5.
42
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 5.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
9
dass sich die Finanzstruktur zu Lasten der Vermögenshaushalte entwickelt. Während die
Ausgaben des Verwaltungshaushalts zwischen 2001 und 2003 um 5,23 Mrd. stiegen, wur-
den die Ausgaben des Vermögenshaushalts im selben Zeitraum um 1,9 Mrd. reduziert. Die
Kürzungen bei den Sachinvestitionen betrugen gegenüber den Vorjahren im Jahr 2001
minus 1,9%, im Jahr 2002 minus 2,4% und im Jahr 2003 minus 1,1%.
43
Für 2004 rechnet
das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sogar mit einem Rückgang von
6,8%.
44
Zwischen den Jahren 1992 und 2003 betrug damit die Abnahme bei den Sachinves-
titionen ca. 30%.
45
Derartige kurz- bis mittelfristig zu realisierende Einsparungen bei den
Sachinvestitionen können in den anderen Aufwandsbereichen nur eingeschränkt durchge-
führt werden, da ein großer Teil ,,der gesamten Ausgaben durch gesetzliche, vertragliche
und sonstige mittelfristig nicht korrigierbare Bedingungen vorgeprägt und nicht mehr steu-
erbar im Sinne einer sachlichen und zeitlichen Priorisierung politischer Optionen"
46
ist.
Daher ist es nicht verwunderlich, wenn Kommunen im Rahmen der Haushaltskonsolidie-
rung zuerst ihre Investitionsausgaben einschränken bzw. reduzieren. Es wird hier bewusst
nicht der Sättigungsthese gefolgt, die den Rückgang der Investitionen damit begründet,
dass es in den sog. ,,klassischen" Bereichen zu einer Sättigung des Bedarfs gekommen ist.
47
Von einer Bedarfssättigung im Bereich der kommunalen Infrastruktur kann aufgrund der
auf S. 11 dargestellten Schätzung des Investitionsbedarfs durch das Deutsche Institut für
Urbanistik (Difu) nicht gesprochen werden. Die Reduzierung der Investitionen ist vor dem
Hintergrund der Bedeutung der Infrastruktur und des weiterhin hohen Investitionsbedarfes
äußerst problematisch, denn die Infrastruktur bildet eine komplementäre Voraussetzung für
wirtschaftliches Wachstum.
48
43
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
44
DIW (Hrsg.), [DIW-Wochenbericht 36-37/03], 2003, S. 548.
45
Vgl. DIW (Hrsg.), [DIW-Wochenbericht 31/02], S. 16.; Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefi-
nanzbericht 2003], 2003, S. 5.
46
Rehm, H., [Sozialstaatsüberwälzung], 1991, S. 223; Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzie-
rung], 1998, S. 40. Im westdeutschen Durchschnitt sind 90% der gesamten Ausgaben durch diese
Rigiditäten festgelegt. Vgl. Kirchhoff, U.; Land, G., [Organisation und Finanzierung], 1993, S. 247.
47
Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Finanzmanagement], 1997, S. 21.
48
Büschgen, H.E.; Ergenzinger, T., [Verkehrsinfrastruktur-Investitionen], 1993, S. 31. Zu den primären,
sekundären und tertiären Wirkungen der Infrastruktur vgl. Willms, M., [Infrastrukturinvestitionen], 1998,
S. 18-25.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
10
0
5
10
15
20
25
30
35
40
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
Jahr
Mr
d
.
Kommunen Ost
Kommunen West
Abbildung 2: Entwicklung der kommunalen Ausgaben für Sachinvestitionen.
49
Kommunaler Investitionsbedarf
Der Begriff ,,Investition" ist in der Literatur mit unterschiedlichen Inhalten verbunden.
50
In
Anlehnung an Perridon/Steiner soll im Rahmen dieser Arbeit unter Investition ,,der zielge-
richtete Einsatz finanzieller Mittel zur Beschaffung von Gütern des
Strukturvermögens verstanden werden."
51
Kennzeichen des Struktur- bzw. Anlagever-
mögens ist die damit verbundene langfristige Kapitalbindung. Da es sich bei öffentlichen
Investitionen überwiegend um Infrastrukturmaßnahmen handelt, bedarf es noch einer Klä-
rung des Begriffs der Infrastruktur. Die Definition von Jochimsen hat im
deutschsprachigen Raum die häufigste Verbreitung gefunden. Jochimsen versteht unter
Infrastruktur ,,die Gesamtheit aller materiellen, institutionellen und personalen Anlagen,
Einrichtungen und Gegebenheiten [..], die den Wirtschaftseinheiten im Rahmen einer ar-
beitsteiligen Wirtschaft zur Verfügung stehen"
52
. Diese Arbeit beschränkt sich auf die
49
Quelle: Eigene Darstellung, basierend auf den Daten von Karrenberg, H.; Münstermann, E., [Gemeinde-
finanzbericht 2003], 2003, S. 79 und S. 81.
50
Vgl. Götze; U.; Bloech, J., [Investitionsrechnung], 1995, S. 5 ff.; Schierenbeck, H., [Betriebswirtschafts-
lehre], 2003, S. 321-324. Zur volkswirtschaftlichen Sichtweise vgl. Cezanne, W., [Volkswirtschaftslehre],
1993, S. 298 ff; Stobbe, A., [Rechnungswesen], 1994, S. 97 f. und S. 438.
51
Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 29. Analog zu dem im Abschnitt 2.3 verwendeten
monetären (zahlungsorientierten) Finanzierungsbegriff existiert auch ein zahlungsorientierter Investiti-
onsbegriff. Vgl. Kruschwitz, L., [Investitionsrechnung], 2003, S. 4 f.
52
Jochimsen, R., [Infrastruktur], 1966, S. 145. Zu der institutionellen Infrastruktur gehören soziale und
institutionelle Normen sowie die Rechts- und Wirtschaftsverfassung, zu der personalen Infrastruktur die
Bildungs- und Gesundheitsökonomik sowie das human capital. Vgl. Büschgen, H.E.; Ergenzinger, T.,
[Verkehrsinfrastruktur-Investitionen], 1993, S. 31.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
11
Betrachtung der materiellen Infrastruktur.
53
Die Ausgaben für Infrastruktur sind investiver
Natur, da sie eine Nutzenerhöhung in späteren Perioden nach sich ziehen.
54
Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf den Analysen des kommunalen Investiti-
onsbedarfs des Difu.
55
Die Schätzung bezieht sich auf den Zeitraum von 2000 bis 2009 und
berücksichtigt den Bedarf an Sachinvestitionen (einschließlich Grundstücken) für alle
Kommunen (Städte, Gemeinden, Kreise) und deren Unternehmen, Krankenhäuser und
Zweckverbände.
Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass der kommunale Investitionsbedarf für
den betrachteten Zeitraum 686 Mrd.
56
betragen wird. Rund 475 Mrd. des Investitions-
bedarfs entfallen auf die alten Bundesländer, wobei die Bereiche Verkehr (27%), soziale
Infrastruktur (21%) sowie Wasserversorgung und Umweltschutz (19%), die drei quantita-
tiv wichtigsten Bereiche bilden. In den neuen Bundesländern ergibt sich ein
Investitionsbedarf von 211 Mrd. . Auch hier sind die Bereiche Verkehr (25%), soziale
Infrastruktur (14%), Wasserversorgung und Umweltschutz (17%) sowie zusätzlich der
kommunale Wohnungsbau (15%) die Schwerpunkte des Investitionsbedarfs.
57
Die Analyse
ergibt weiterhin, dass hinsichtlich einer Trennung in Nachhol- und Erweiterungsinvestitio-
nen einerseits sowie Ersatzinvestitionen andererseits, 60% der Sachinvestitionen in den
alten und 72% in den neuen Bundesländern auf den Ersatzbedarf entfallen.
58
53
Jochimsen versteht unter materieller Infrastruktur ,,1. die Gesamtheit aller Anlagen, Ausrüstungen und
Betriebsmittel in einer Volkswirtschaft [..], die zur Energieversorgung, Verkehrsbedienung und Tele-
kommunikation dienen; hinzu kommen 2. die Bauten usw. zur Konservierung der natürlichen Ressourcen
und Verkehrswege im weitesten Sinne und 3. die Gebäude und Einrichtungen der staatlichen Verwaltung,
des Erziehungs- und Forschungs- sowie des Gesundheits- und Fürsorgewesens." Jochimsen, R., [Infra-
struktur], 1966, S. 103. Zu den charakteristischen Merkmalen der materiellen Infrastruktur vgl. Büschgen,
H.E.; Ergenzinger, T., [Verkehrsinfrastruktur-Investitionen], 1993, S. 32.
54
Vgl. Spremann, K., [Investition und Finanzierung], 1991, S. 73.
55
Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), [Investitionsbedarf], 2002.
56
In Preisen von 1999.
57
Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), [Investitionsbedarf], 2002, S. 336 ff.
58
Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), [Investitionsbedarf], 2002, S. 341.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
12
Bereich
Alte Bundesländer
Neue Bundesländer
Deutschland
in Mrd.
in %
in Mrd.
in %
in Mrd.
in %
Leitungsgebundene Energieversorgung 35,0 7,4 6,6 3,1 41,7 6,1
Wasserversorgung und Umweltschutz 88,5
18,6
36,7
17,4 125,2 18,2
Verkehr (Straßen und ÖPNV)
126,9 26,7 52,0 24,6 179,0 26,1
Soziale Infrastruktureinrichtungen 98,8
20,8
29,8 14,1 128,6
18,7
Kommunale Verwaltungsgebäude 14,6
3,1
4,1
2,0 18,8 2,7
Kommunale Telekommunikation
4,6 1,0 0,5 0,2 5,1 0,7
Kommunaler Wohnungsbau
16,4 3,5 31,5
14,9
48,0
7,0
Sonstige kommunale Investitionsbereiche 59,5 12,5 43,6 20,7 103,1
15,0
Erwerb von kommunalem Grundvermögen 30,7
6,5
6,1 2,9 36,8
5,4
Insgesamt
475,0
100,0
211,2
100,0
686,2
100,0
Tabelle 1: Kommunaler Investitionsbedarf in Deutschland 2000 bis 2009.
59
2.3 Finanzierung
der
Kommunen
Wie der Investitionsbegriff ist auch der Begriff der Finanzierung in der Literatur mit unter-
schiedlichen Inhalten belegt. Es lassen sich historisch zwei Entwicklungspfade
identifizieren, die sich allgemein am Vermögen und Kapital (klassischer Finanzierungs-
begriff) bzw. an Zahlungsströmen orientieren (monetärer Finanzierungsbegriff).
60
Der
klassische Finanzierungsbegriff in seiner engsten Fassung orientiert sich an den Passiva
der Bilanz und betrachtet nur die langfristige Kapitalbeschaffung als Finanzierung. Die von
Schmalenbach vertretene weitere Fassung subsumiert unter Finanzierung neben der lang-
fristigen auch die kurzfristige Kapitalbeschaffung sowie die Kapitalrückzahlung und
Kapitalumschichtung im Bereich der Passiva.
61
Der durch den zusätzlichen Einbezug der
Aktivseite der Bilanz am Realkapital orientierte Finanzierungsbegriff umfasst ,,neben der
Beschaffung externer Mittel auch die interne Kapitalaufbringung durch Gewinne, Mittel-
freisetzungen, Abschreibungen usw."
62
. Der sich in neuerer Zeit herausgebildete monetäre
Finanzierungsbegriff orientiert sich an den Geld- bzw. Zahlungsströmen.
63
Köhler versteht
daher Finanzierung als die ,,Gesamtheit der Zahlungsmittelzuflüsse (Einzahlungen) und der
beim Zugang nichtmonetärer Güter vermiedenen sofortigen Zahlungsmittelabflüsse (Aus-
zahlungen)"
64
. Dieser monetäre Finanzierungsbegriff, der alle Formen der internen und
externen Geldbeschaffung beinhaltet
65
, findet im Rahmen dieser Arbeit Verwendung.
59
Quelle: In Anlehnung an Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), [Investitionsbedarf], 2001, S. 337 f.
60
Vgl. Steiner, M., [Der Begriff der Finanzierung], 1993, Sp. 1024 f.
61
Vgl. Schmalenbach, E., [Beteiligungsfinanzierung], 1966, S.1 f.
62
Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 353.
63
Vgl. Steiner, M., [Der Begriff der Finanzierung], 1993, Sp. 1025.
64
Köhler, R., [Finanzierungsbegriff], 1969, S. 451.
65
Vgl. Steiner, M., [Der Begriff der Finanzierung], 1993, Sp. 1025.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
13
Hinsichtlich einer Systematisierung der Finanzierungsformen
66
erfolgt in dieser Arbeit eine
Differenzierung zwischen Innen- und Außenfinanzierung.
2.3.1 Innenfinanzierung
Zu dem Begriff der Innenfinanzierung werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur die
Selbstfinanzierung (Finanzierung aus Gewinnen), Finanzierung aus Abschreibungen, Fi-
nanzierung aus Rückstellungen sowie die Finanzierung durch Kapitalfreisetzung gezählt.
67
2.3.1.1
Selbstfinanzierung
Während es sich in der Privatwirtschaft bei der Selbstfinanzierung um eine Finanzierung
aus einbehaltenen Gewinnen handelt
68
, soll in dieser Arbeit in Anlehnung an Matschke/
Hering der Begriff ,,kameralistisch im Sinne eines Einnahmeüberschusses verwendet wer-
den."
69
Alle Einnahmen der Kommune, die sie ohne Rückzahlungsverpflichtung erhält,
können somit unter der Selbstfinanzierung subsumiert werden. Die Selbstfinanzierung über
Abgaben bildet den wichtigsten Bereich der kommunalen Innenfinanzierung. Zunächst
werden daher die Abgaben, die sich in Steuern, Gebühren und Beiträge unterteilen lassen
70
,
dargestellt.
Die Steuern
71
bilden innerhalb der Abgaben und auch unter allen anderen Einnahmepositi-
onen der Kommunen die wichtigste Einnahmequelle. Sie hatten 2002 einen Anteil von
34,6% an den kommunalen Einnahmen und beliefen sich auf 47,4 Mrd. . Davon entfielen
20,2 Mrd. auf den Anteil von Städte und Gemeinden an der Einkommensteuer und 15,8
Mrd. auf die Gewerbesteuer.
72
Unter die steuerlichen Einnahmen fallen allerdings nicht
nur die Realsteuern (Gewerbe- und Grundsteuer) sowie der Einkommen- und Umsatzsteu-
eranteil, sondern auch die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern (z.B. Hunde-,
Getränke- und Vergnügungsteuer).
73
Die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die
66
Zu den Systematisierungsansätzen vgl. bspw. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 353-
347.
67
Vgl. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 356.
68
Vgl. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 465.
69
Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 50.
70
Siehe § 1 Abs. 1 KAG Brandenburg.
71
Steuern sind nach § 3 Abs. 1 der Abgabenordung (AO) definiert als ,,Geldleistungen, die nicht eine Ge-
genleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen
zur Erzielung von Einnahmen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die
Leistungspflicht knüpft".
72
Vgl. o. V., [Länder helfen Kommunen], 14.8.2003.
73
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 19.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
14
primär Lenkungszielen dienen, machen jedoch nur 1% der kommunalen Steuereinnahmen
aus.
74
Die Gebühren
75
bilden, nach Steuern sowie Zuweisungen und Zuschüssen, die drittwich-
tigste Einnahmequelle der Kommunen und die zweitwichtigste innerhalb der
Kommunalabgaben. Im Jahr 2003 betrug ihr Anteil an den Gesamteinnahmen der Kom-
munen 11,4%.
76
Die wichtigsten Gebührengrundsätze bilden das Kostendeckungs- und
Äquivalenzprinzip.
77
Die Gebührenerhöhung scheidet weitgehend zur kommunalen Haus-
haltssanierung aus. In den quantitativ wichtigen Gebührenhaushalten - z.B. Abwasser- und
Abfallbeseitigung - ist eine Vollkostendeckung schon seit Jahren erreicht. In Bereichen wie
Kultur und Bildung sind Gebührenerhöhungen derzeit politisch nicht gewollt oder auf-
grund einer hohen Preiselastizität der Nachfrage nicht durchsetzbar.
78
Beiträge
79
stellen ein Entgelt für Nutzungsmöglichkeiten dar, die den Bürgern durch Inves-
titionsmaßnahmen der Gemeinde entstehen. Hierbei ist es im Gegensatz zu den Gebühren
irrelevant, ob die Leistung tatsächlich in Anspruch genommen wird, denn allein die Mög-
lichkeit der Inanspruchnahme ist für die Beitragserhebung entscheidend.
80
Beiträge finden
ihren Niederschlag im Vermögenshaushalt, wobei der Anteil der Beiträge an den Gesamt-
einnahmen der Gemeinden mit etwa 2% eher unbedeutend ist.
81
Die bereits im
Zusammenhang mit den Gebühren erwähnten Grundsätze der Kostendeckung und des
Äquivalenzprinzips gelten auch für die Beitragsbemessung.
82
Die Zuweisungen von Bund und Ländern (laufende Zuweisungen sowie Zuweisungen für
Investitionen) bilden nach den kommunalen Einnahmen aus Abgaben die zweitwichtigste
Einnahmequelle der Kommunen. Im Jahr 2003 belaufen sie sich auf voraussichtlich 47, 6
Mrd. .
83
74
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 58.
75
§ 4 Abs. 2 KAG Brandenburg definiert Gebühren als ,,Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine
besondere Leistung Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit der Verwaltung (Verwaltungsgebühren)
oder für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen (Benutzungsgebühren) erhoben
werden."
76
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
77
Vgl. Mohl, H., [Gebührendiskussion], 2000, S. 211.
78
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefinanzbericht 2002], 2002, S. 11.
79
,,Beiträge sind Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweite-
rung, Erneuerung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen [...], jedoch ohne die
laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen." Abs. 2 Satz 1 KAG Brandenburg.
80
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 22.
81
Vgl. Rau, T., [Betriebswirtschaftslehre], 1994, S. 507.
82
Siehe bspw. § 8 Abs. 4 Satz 8 KAG Brandenburg (Kostendeckungsprinzip), § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG
Brandenburg (Äquivalenzprinzip).
83
Vgl. Karrenberg, H.; Münstermann E., [Gemeindefinanzbericht 2003], 2003, S. 77.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
15
Im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten der Zuweisungen durch die Kommunen
muss zwischen allgemeinen und zweckgebundenen Zuweisungen unterschieden werden.
Die zweckgebundenen Zuweisungen dienen primär als Finanzierungshilfe für bestimmte
Bereiche (z.B. ÖPNV, Schulen, Krankenhäuser) sowie zur Förderung kommunaler Investi-
tionen.
84
Die bisher noch nicht angesprochenen Einnahmen im Rahmen der Selbstfinanzierung sind
quantitativ nur von geringer Bedeutung und werden daher in dieser Arbeit nicht weiter
vertieft. Zu ihnen gehören beispielsweise Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit (Ge-
winne, Konzessionen), Erstattungen, Mieten, Pachten und Zinsen.
85
2.3.1.2
Finanzierung aus Abschreibungen, Rückstellungen und Kapitalfreiset-
zung
Die übrigen neben der Selbstfinanzierung existierenden Formen der Innenfinanzierung aus
Abschreibungen, Rückstellungen und Kapitalfreisetzung spielen im Vergleich zu privaten
Wirtschaftsunternehmen und bezogen auf die Kommune insgesamt derzeit nur eine geringe
Rolle.
86
Primäre Ursache hierfür ist das kamerale Rechnungswesen, das zahlungsunwirk-
same Aufwandsarten wie Abschreibungen und Rückstellungen nicht berücksichtigt.
Bedeutung erlangt die Abschreibungsfinanzierung jedoch in den sog. kostenrechnenden
Einrichtungen und in öffentlichen Unternehmen, insb. aufgrund der hohen Anlageintensität
in Verkehrs- und Versorgungsunternehmen.
87
Abschreibungen verfolgen primär den Zweck, die Wertminderung abnutzbarer Anlagegü-
ter als periodenbezogenen Aufwand bzw. Kosten zu erfassen und entsprechend auf die
Jahre der Nutzung zu verteilen.
88
Verfolgt wird damit eine nominelle (bilanzielle Abschrei-
bung) bzw. reale Substanzerhaltung
89
(kalkulatorische Abschreibung). Damit sich über die
Verrechnung dieser zahlungsunwirksamen Aufwandsart jedoch ein Finanzierungseffekt
einstellt, muss der Aufwandsgegenwert über die Umsatzerlöse verdient und als Einzahlung
zufließen, so dass eine Rückführung von gebundenem Kapital in eine liquide Form er-
folgt.
90
Darüber hinaus wird durch die bilanzielle Verrechnung der Abschreibungen in der
Gewinn- und Verlustrechnung eine liquiditätsneutrale Gewinnminderung und damit ein
84
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 123.
85
Ausführlich zu diesen Einnahmequellen vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung],
1998, S. 135-138.
86
Vgl. Matschke, M. J., [Nachhaltige Entlastung], 1998, S. 3.
87
Vgl. Rehkugler, H., [Innenfinanzierung öffentlicher Unternehmen], Sp. 650.
88
Vgl. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 471.
89
Vgl. Plinke, W., [Kostenrechnung], 1997, S. 74.
90
Vgl. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 472.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
16
positiver Steuereffekt erzielt.
91
Dieser Steueraspekt trifft im Bereich der Kommunen jedoch
nur auf die kommunalen Eigenbetriebe als Betrieb gewerblicher Art und die Eigengesell-
schaften zu, da die Gemeinden als hoheitlich tätige Gebietskörperschaften keiner
Gewinnbesteuerung unterliegen.
92
,,Rückstellungen sind zu bilden für dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Ver-
bindlichkeiten, für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sowie für bestimmte
Aufwendungen."
93
Der Finanzierungseffekt durch die Bildung von Rückstellungen beruht
darauf, dass Gelder für o.g. Sachverhalte zurückgestellt werden und damit bis zu ihrer
Verwendung auch zu Finanzierungszwecken zur Verfügung stehen.
94
Da für den Finanzie-
rungseffekt die Fristigkeit der Rückstellungen entscheidend ist, haben
Pensionsrückstellungen als langfristige Rückstellungen hierbei eine wichtige Bedeutung.
95
Bei der Innenfinanzierung über die Kapitalfreisetzung handelt es sich bei den Kommunen
96
vorwiegend um den Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen. Mit dem Verkauf
von Vermögen ist jedoch nur ein einmaliger Finanzierungseffekt verbunden, so dass es
sich hier um keine dauerhaft ergiebige Finanzierungsquelle handelt und die Reserven
schnell verbraucht sind.
97
2.3.2
Außenfinanzierung über Kredite
Die kommunale Außenfinanzierung entspricht fast vollständig der Kreditfinanzierung.
98
Auf die begrenzt mögliche Beteiligungsfinanzierung der Kommunen wird im Abschnitt
2.3.3 eingegangen. Im Rahmen der Außenfinanzierung müssen nicht unbedingt Zahlungs-
mittel zufließen, sondern es kann sich auch um benötigtes Realkapital in Form von
Grundstücken, Gebäuden, Anlagen etc. als geldäquivalente Sachleistungen handeln.
99
Bei Krediten handelt es sich um ,,das unter der Verpflichtung der Rückzahlung von Dritten
oder von Sondervermögen mit Sonderrechnung aufgenommene Kapital mit Ausnahme der
91
Ausführlich zu der Finanzierung aus Abschreibungen vgl. auch Wöhe, G., [Einführung], 1993, S. 986-
996.
92
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 139.
93
Laufermann, J., [Rücklagen und Rückstellungen], Sp. 1676. Siehe auch § 249 HGB.
94
Vgl. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 477.
95
Vgl. Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 2003, S. 477 f.
96
Die in Industrieunternehmen anzutreffende Finanzierung durch eine dauerhafte Vermögensumschichtung
im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen, spielt aufgrund der kaum vorhandenen Lagerhaltung von
Kommunen und kommunalen Unternehmen eine relativ geringe Rolle. Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T.,
[Kommunale Finanzierung], 1998, S. 141.
97
Vgl. Schwarting, G., [Kreditwesen], 2000, S. 25.
98
Vgl. Matschke, M. J., [Nachhaltige Entlastung], 1998, S. 3.
99
Vgl. Spremann, K., [Wirtschaft, Investition und Finanzierung], 1996, S. 269.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
17
Kassenkredite"
100
. Der Kassenkredit ist ein Instrument zur liquiditätsmäßigen Überbrü-
ckung kurzfristiger Zahlungsschwierigkeiten bzw. Einnahmen- und
Ausgabenschwankungen in der Gemeindekasse
101
und ist damit kein mittel- oder langfristi-
ges Finanzierungsmittel.
102
Die Vorschriften zur Kreditaufnahme der Kommunen sind in den GO und den GemHV
kodifiziert. Sie basieren auf dem gemeinsamen Musterentwurf, welcher der Haushaltsre-
form von 1974 zugrunde lag und entsprechen sich daher weitgehend.
103
Die weiteren
Ausführungen beziehen sich überwiegend auf die Bestimmungen im Land Brandenburg.
Kredite sind nach § 75 Abs. III GO Brandenburg subsidiär gegenüber den anderen Ein-
nahmearten und gelten damit als Ultima Ratio:
104
,,Die Gemeinde darf Kredite nur
aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmä-
ßig wäre."
105
Der Gesamtbetrag der im Vermögenshaushalt vorgesehenen Kreditaufnahme bedarf im
Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde (Ge-
samtgenehmigung).
106
Eine Kreditfinanzierung der laufenden Ausgaben ist durch § 85 Abs.
1 Satz 1 GO Brandenburg nicht möglich
107
, denn ,,Kredite dürfen [...] nur im Vermögens-
haushalt und nur für Investitionen, Investitionsfördermaßnahmen und zur Umschuldung
aufgenommen werden." Das Volumen der Gesamtkreditaufnahme ist weiterhin durch den
Abs. 2 Satz 3 des selbigen Paragraphen beschränkt: ,,[Die Kreditaufnahme] ist zu versagen,
100
§ 41 Nr. 19 GemHV Brandenburg.
101
Vgl. Dettmer, H.; Prophete, W.; Wegmeyer, K., [Kassenwesen], 1995, S. 77.
102
Trotz dieser Definition muss festgestellt werden, dass die Kassenkredite verstärkt in Anspruch genommen
werden. Ihr Volumen ist von 0,5 Mrd. im Jahr 1992 auf 11 Mrd. im Jahr 2002 gestiegen. Vgl. Roth,
P., [Reform der Gewerbesteuer], 13.8.2003.
103
Vgl. Kröger, C.W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 16.
104
Vgl. z.B. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 155. Eine andere Auffassung
wird durch Jünger/Walter/Götz vertreten. Sie sehen die Kreditaufnahme gleichberechtigt neben den ande-
ren Einnahmekategorien des kommunalen Vermögenshaushalts. Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A.,
[Kommunales Finanzmanagement], 1997, S. 8 f.
105
Im Falle der Unzweckmäßigkeit kann von der Subsidiarität der Kreditaufnahme abgewichen werden.
Dabei ist die Unzweckmäßigkeit nicht nur nach haushaltswirtschaftlichen, sondern auch nach gesamtwirt-
schaftlichen Aspekten zu beurteilen. Vgl. z.B. Scheel, W., [Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-
Westfalen: Kommentar], 1997, S. 92. Der Fall der wirtschaftlichen Unzweckmäßig liegt bspw. vor, wenn
verzinsliche Rücklagenmittel, die eine höhere Grenzrendite (Guthabenszins) als der Zinssatz der Kredit-
aufnahme aufweisen, aufgelöst werden müssten. Vgl. Ritsert, R., [Kapitalmarktorientierte Finanzierung],
1999, S. 30, FN 32; Kröger, C.W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 52.
106
Siehe bspw. § 85 Abs. II S.1 GO Brandenburg. In Nordrhein-Westfalen ist mit der Reform des kommuna-
len Haushaltsrechts 1994 der Genehmigungsvorbehalt für die Kreditaufnahme entfallen. Vgl. Scholl, R.;
Thöne, M., [Eigenerstellung oder Fremdbezug], 1998, S. 44.
107
Dass dies teilweise in der Praxis teilweise doch umgangen wird, zeigt sich an den Unterhaltungsmaßnah-
men. Die Unterhaltungsmaßnahmen sind unabhängig von ihrem finanziellen Umfang dem
Verwaltungshaushalt zuzuordnen. Nach jahrelanger Unterlassung der Unterhaltungsmaßnahmen kommt
es vor, dass Kommunen die ,,Generalinstandsetzung" als werterhöhende Investition nun im Vermögens-
haushalt veranschlagen, was haushaltsrechtlich und betriebswirtschaftlich falsch ist. Vgl. Fiebig
[Kostenrechnung], 1998, S. 27 f.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
18
wenn die Kreditverpflichtung mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht im
Einklang steht." Wann die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht mehr gegeben
ist, gibt das kommunale Haushaltsrecht nicht eindeutig vor.
108
Der § 21 Abs. 1 Satz 2
GemHV Brandenburg zum Haushaltsausgleich kann exemplarisch als eine Präzisierung
der dauernden Leistungsfähigkeit gesehen werden: ,,[Die Zuführung vom Verwaltungs-
zum Vermögenshaushalt] muss mindestens so hoch sein, dass damit die Kreditbeschaf-
fungskosten und die ordentliche Tilgung von Krediten gedeckt werden können". Damit ist
zwar der aktuelle Haushalt ausgeglichen, aber es kann nicht beurteilt werden, ob auch der
zukünftige Haushalt bei einer Neukreditaufnahme ausgeglichen ist. Daher wird die dauer-
hafte Leistungsfähigkeit und damit die Kreditgenehmigung durch die Aufsichtsbehören
vorrangig an der ,,freien Spitze" gemessen.
109
Vereinfacht ausgedrückt ergibt sich die ,,freie
Spitze" als Überschuss des Verwaltungshaushaltes reduziert um die Ausgaben für die or-
dentliche Tilgung sowie die Kreditbeschaffungskosten. Ist die ,,freie Spitze" positiv, so
kann einer Neuverschuldung bis zu einer Höhe zugestimmt werden, deren Belastung aus
Zins und Tilgung die ,,freie Spitze" nicht übersteigt. Zusätzlich beurteilen die Kommunal-
aufsichten seit Beginn der 90er-Jahre die Kreditaufnahme nach rentablen und nicht-
rentablen Investitionsmaßnahmen.
110
Die Kreditaufnahme führt zu keiner bzw. verminder-
ten Haushaltsbelastung, wenn die aus der Nutzung des Investitionsgutes hervorgehenden
Kosten einschließlich der Kapitalkosten auf die Empfänger der Leistung z.B. im Rahmen
von Gebühren abgewälzt werden können.
111
Allerdings ist der überwiegende Teil der
kommunalen Investitionsbereiche den nicht-rentablen Aufgaben zuzuordnen.
112
Ist die anhand dieser Kriterien beurteilte dauerhafte Leistungsfähigkeit gefährdet, so kann
die Aufsichtsbehörde die Kreditgenehmigung entweder ganz oder teilweise versagen oder
mit Bedingungen und Auflagen versehen. Die Kommunalaufsicht genehmigt allerdings
nicht jeden Einzelkredit, sondern der in der Haushaltssatzung vorgesehene Gesamtbetrag
108
Vgl. Schwarting, G., [Kreditwesen], 2000, S. 72. Bspw. zählt der Runderlass zum Kreditwesen vom
1.8.2003 für das Land Brandenburg u.a. folgende Anhaltspunkte zur Beurteilung der dauernden Leis-
tungsfähigkeit auf: ,,a) die Höhe der Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt, b)
Pflichtzuführungen, c) (Soll-)Mindestzuführungen, d) die Belastungen aus vorhandenen Schulden, kredit-
ähnlichen Geschäften, Gewährverträgen und sonstigen Verpflichtungen sind zu berücksichtigen, f) die
künftige Entwicklung, wie sie sich vor allem aus dem Finanzplan und dem zugrunde liegenden Investiti-
onsprogramm ergibt." Ministerium des Inneren des Landes Brandenburg (Hrsg.), [Kreditwesen der
Kommunen], 2003, S. 6, Abschnitt 1.3.2.
109
Vgl. Matschke, M. J.; Hering, T., [Kommunale Finanzierung], 1998, S. 147.
110
Vgl. Kröger, C.W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 49.
111
Vgl. Schwarting, G., [Kreditwesen], 2000, S. 71.
112
Vgl. Kröger, C.W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 22.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
19
der Kreditaufnahme wird der Prüfung und damit dem Genehmigungsentscheid unterwor-
fen.
113
Für die öffentlich-rechtlichen Formen kommunaler Unternehmen, wie dem Eigenbetrieb
oder dem Zweckverband, ergeben sich hinsichtlich der Kreditaufnahme die gleichen Rege-
lungen wie für den Kommunalhaushalt.
114
Für die kommunalen Unternehmen in privater
Rechtsform existiert keine gesonderte Genehmigungspflicht für die Kreditaufnahme.
2.3.2.1
Der Kommunalkredit
Der Kommunalkredit stellt für die Kommunen die vorherrschende Form der Fremdfinan-
zierung
115
und der Finanzierung kommunaler Investitionen dar
116
. Die Kreditraten sind in
einen Tilgungs- und Zinsanteil zu unterteilen, wobei der Zinsanteil im Verwaltungs- und
der Tilgungsanteil im Vermögenshaushalt zu buchen ist.
117
Der Kommunalkredit weist einen hohen Standardisierungsgrad auf, so dass ein Angebots-
vergleich erleichtert wird und der Wettbewerb primär über den Zinssatz stattfindet.
118
Hinsichtlich der Tilgung ist das annuitätisch getilgte Darlehen die gebräuchlichste Form.
119
Üblich ist ein anfänglicher Tilgungssatz von einem Prozent.
120
Kennzeichen des Annuitä-
tendarlehens ist, dass die als Annuität bezeichnete Summe aus Zinsbelastung und Tilgung
über die Kreditlaufzeit konstant bleibt. Im Zeitverlauf wächst der Tilgungsanteil an der
Annuität zugunsten des Zinsanteils.
113
Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Finanzmanagement], 1997, S. 9.
114
Vgl. Schwarting, G., [Kreditwesen], 2000, S. 88 ff.
115
Vgl. Riener, H., [Kommunalleasing], 1997, S. 560; Baum, H.G.; Wagner, M., [Finanzierung öffentlicher
Einrichtungen], 1998, S. 201.
116
Vgl. Schwegmann, K., [Finanzierungsalternativen], 1997, S. 109.
117
Vgl. Kroll, M. (Hrsg.), [Leasing-Handbuch], 2002, S. 3.
118
Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Finanzmanagement], 1997, S. 88.
119
Vgl. Seger, R. [Instrumente der Fremdfinanzierung], 2000, S. 61. Zu den unterschiedlichen Arten der
Tilgung vgl. Schwarting, G., [Kreditwesen], 2000, S. 25.
120
Vgl. Schwegmann, K., [Finanzierungsalternativen], 1997, S. 109. Gemäß Jünger/Walter/Götz wird all-
seits empfohlen, den Tilgungssatz von 1 bis 2 Prozent zzgl. ersparter Zinsen beizubehalten. Höhere
Tilgungsleistungen, so die Ansicht, könnten aufgrund der hohen jährlichen Schuldendienstleistungen zu
einer Instabilität der Gemeindefinanzen führen. Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Fi-
nanzmanagement], 1997, S. 39. Dieser Empfehlung kann nur eingeschränkt gefolgt werden, denn die
kumulierten Haushaltsbelastungen nehmen mit zunehmender Tilgung stark ab, was anhand einer selbst
durchgeführten Berechnung verdeutlicht werden soll. Aus einem Kredit über 100.000 , einem Zinssatz
von 5% und einer anfänglichen Tilgung von 1% resultiert eine jährliche Annuität und damit Haushaltsbe-
lastung von 6.000 . Der Kredit wäre nach 37 Jahren getilgt und der mit 5 Prozent aufgezinste Endwert
aller geleisteten Annuitäten beträgt ca. 610.000 . Bei einem anfänglichen Tilgungssatz von 2% und an-
sonsten unveränderten Daten ergibt sich eine jährliche Annuität von 7.000 . Der Kredit ist bereits nach
26 Jahren getilgt und der kumulierte aufgezinste Endwert aller Annuitäten beträgt ca. 356.000 . Die 1%-
ige höhere Tilgung führt zu einem Reduzierung der kumulierten mit 5 Prozent aufgezinsten Belastung
von 254.000 . Daher sollte die Höhe der Tilgung sich nicht starr an festgelegten Prozentsätzen orientie-
ren, sondern immer daran, wie viel der Haushalt zu Tragen in der Lage ist.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
20
Unabhängig von der Tilgungsmodalität kann die Darlehensaufnahme zu einem variablen
oder festen Zinssatz erfolgen.
121
Ein fixierter Zinssatz bietet die Absicherung gegen ein
steigendes Zinsniveau und bildet daher eine sichere Kalkulationsgrundlage. Die Chance
eines variablen Zinses liegt hingegen in der möglichen Zinsersparnis bei sinkendem Zins-
niveau, aber beinhaltet auch das Risiko einer Verteuerung des Kredites bei steigenden
Zinsen. Ein Vergleich Festzins vs. variabler Zins im Zeitraum von 1975 bis 2003 anhand
der Spanne (Spreads) zwischen Festzinssatz zehn Jahre und dem Drei-Monats-LIBOR
zeigt, dass die variable Finanzierung mit Ausnahme von 1982 und dem Zeitraum von
1990 bis 1994 günstiger gewesen wäre.
122
Das der variablen Verzinsung immanente Risi-
ko von steigenden Zinsen kann durch den Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten
(Zinsderivate) begegnet werden.
123
Der Einsatz von Derivaten kann auch bei Festzinskredi-
ten zur Anwendung kommen, denn durch die Trennung von Grundgeschäft (Darlehen) und
Zinsgestaltung (Derivat) kann die Kommune auch während der Laufzeit des Kredits gestal-
tend auf den Kredit einwirken.
124
Begründet ist die Vorrangstellung des Kommunalkredits in den vergleichsweise günstigen
Kreditzinssätzen, die den Kommunen seitens der Banken offeriert werden. Für die Höhe
der Zinssätze ist der § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Kreditwesen (KWG), der eine
angemessene Eigenmittelausstattung
125
der Institute fordert, mitentscheidend
126
. Darüber
sind die Eigenkapitalkosten des Instituts für Kredite determiniert und werden über den
Zinssatz an die Kreditnehmer weitergereicht. Kredite an örtliche Gebietskörperschaften
sowie kommunalverbürgte Kredite sind nach dem Grundsatz I allerdings anrechnungsfrei,
so dass sich aus dieser Vorgehensweise der günstige Kommunalkreditzins ableitet. Für die
121
Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Finanzmanagement], 1997, S. 37.
122
Vgl. Grunwald, E., [Moderne Zinspolitik], 2003, S. 26.
123
Zum Thema ,,Zinsmanagement mit Derivaten" und der rechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes im kom-
munalen Haushalt vgl. Kirchhoff, U.; Henning, H., [Zinssteuerung], 2000, S. 307-315; Kolodziej, M.,
[Finanzierung], 1996, S. 256-261; Ritsert, R., [Kapitalmarktorientierte Finanzierung], 1999, S. 126-160.
Für eine kritische Stellungnahme zum Konzept der Konnexität beim Derivateeinsatz vgl. Hashagen, J.;
Sommer, D.; Steitz, M., [Zinsrisikosteuerung], 1999, S. 107-112. Durch den Einsatz eines professionellen
Zins- und Schuldenmanagements im Jahr 2002 konnte die Stadt Salzgitter bis Juni 2003 690.000 Zinsen
einsparen. Vgl. Grunwald, E., [Moderne Zinspolitik], 2003, S. 26.
124
Vgl. Kirchhoff, U.; Henning, H., [Zinssteuerung], 2000, S. 307.
125
Die Eigenmittel bestehen aus dem haftenden Eigenkapital und den Drittrangmitteln. Das haftende Eigen-
kapital ist die Summe aus Kernkapital und Ergänzungskapital. Die Höhe der Eigenmittelunterlegung wird
durch § 10 Abs. I S. 2 konkretisiert, wonach das Bundesministerium für Finanzen und die Deutschen
Bundesbank Solvabilitätsgrundsätze (Grundsatz I) aufstellen, nach denen die Bundesanstalt für Finanz-
dienstleistungsaufsicht beurteilt, ob die Anforderungen des Satzes 1 erfüllt sind. Risikoaktiva, zu den
auch Kredite zählen, sind insgesamt mit mindestens 8% haftendem Eigenkapital zu unterlegen (vgl. Deut-
sche Bundesbank, [Eigenmittel]). Dazu werden die Kreditnehmer in Bonitätsklassen eingestuft und einen
Wert zwischen 0% und 100% zugewiesen. Durch Multiplikation dieses Gewichtungsfaktors mit dem Sol-
vabiliätskoeffizienten und dem Kreditbetrag ergibt sich die Höhe des vorzuhaltenden haftenden
Eigenkapitals.
126
Die Banken sind natürlich in ihrer Entscheidung über den Zinssatz eines Kreditgeschäftes frei.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
21
kreditgebende Bank besteht darüber hinaus kein Ausfallrisiko und es kann damit auf eine
intensive Bonitätsprüfung und die Stellung von Sicherheiten verzichtet werden.
127
Diese Besonderheiten resultieren nicht ausschließlich aus der Haftung der übergeordneten
Gebietskörperschaften gegenüber den Kommunen. Vielmehr beruhen sie auf der Fähigkeit
der Kommune, die Leistungskraft der Bürger und Unternehmen im Rahmen der Realsteu-
ern über die Hebesätze und über Abgaben in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich positiv wirkt
sich die Einbindung der Kommunen in den Steuerverbund und den Finanzausgleich aus.
128
Die kommunale Kreditaufnahme ist bisher häufig auf Deutschland bzw. auf die EU be-
schränkt. Der Fremdwährungskredit wird aufgrund der damit verbundenen
Wechselkursrisiken kritisch gesehen. In einigen Bundesländern wird explizit darauf hin-
gewiesen, dass von Fremdwährungskrediten in Ländern außerhalb des europäischen
Währungsraumes abzusehen ist.
129
Mit der Fremdwährungskreditaufnahme können jedoch
Finanzierungskostenvorteile erzielt werden, die z.B. bei Inanspruchnahme des Schweizer
Kapitalmarktes um bis zu 1,20% (2. Halbjahr 1999) unter denen am deutschen Kapital-
markt liegen können.
130
Die Absicherung des Wechselkursrisikos über
Devisentermingeschäfte würde den Zinsvorteil kompensieren und ist daher laut
Kirchhoff/Henning nicht zu empfehlen.
131
Hier ist jedoch einschränkend darauf hinzuwei-
sen, dass dem Kreditnehmer nach erfolgter Absicherung des Geschäftes die Chance offen
steht, dass sich der Wechselkurs zu seinen Gunsten entwickelt und das Geschäft für ihn
daher insgesamt positiv ist. Im Falle des Beispiels der Schweiz verweisen
Kirchhoff/Henning darauf, dass das Risiko einer Wechselkursänderung als gering einzu-
schätzen ist, da sich der Schweizer Franken in der Vergangenheit im Vergleich zur DM
bzw. zum relativ stabil verhalten hat.
132
127
Vgl. Kröger, C.W., [Sonderfinanzierungsformen], 2001, S. 54.
128
Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Finanzmanagement], 1997, S. 1; Lehner, A.H.,
[Kommunalkredit], 2000, S. 27 f.
129
Vgl. Ministerium des Inneren des Landes Brandenburg (Hrsg.), [Kreditwesen der Kommunen], 2003, S.
16, Abschnitt 1.4.20; Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.), [Kreditwirtschaft der
Gemeinden], 2003, S. 649.
130
Vgl. Kirchhoff, U.; Henning, H., [Gestaltungsvarianten], 2000, S. 263.
131
Vgl. Kirchhoff, U.; Henning, H., [Gestaltungsvarianten], 2000, S. 264.
132
Vgl. Kirchhoff, U.; Henning, H., [Gestaltungsvarianten], 2000, S. 264.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
22
Abschließend soll noch auf die kommunalverbürgten Kredite hingewiesen werden. Durch
die Übernahme einer Ausfallbürgschaft
133
kann die Kommune auch bei rechtlich selbstän-
digen Organisationsformen (z.B. Eigengesellschaft) und auch bei privaten Dritten
annährend Kommunalkreditkonditionen sicherstellen. Die Übernahme einer Bürgschaft ist
durch die kommunale Aufsichtsbehörde genehmigungspflichtig.
134
Die Kommune sollte
eine Bürgschaftsverpflichtung nur dann eingehen, wenn die damit verbundenen Risiken
ohnehin bei ihr lägen oder die Risiken durch Effizienzvorteile Privater im Bereich der Er-
stellung oder dem Betrieb von Infrastrukturobjekten kompensiert bzw. überkompensiert
werden.
135
2.3.2.2
Auswirkungen des Neuen öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens
Das öffentliche Rechnungswesen befindet sich aktuell in einer Umbruchsphase von der
Kameralistik zur Doppik, wobei als rechtlicher Bezugsrahmen sowohl das Handelsgesetz-
buch (HGB) als auch internationale Rechnungslegungsvorschriften diskutiert werden.
136
Diese unter dem Begriff des Neuen öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens
137
be-
handelten Entwicklungen können im Rahmen dieser Arbeit nicht erschöpfend behandelt
werden. Es geht vielmehr darum, mögliche Auswirkungen auf die Kreditfinanzierung der
Kommunen kurz zu skizzieren.
Das derzeitige Haushalts- und Rechnungswesen ist durch die Kameralistik geprägt. Im
Vergleich zum Rechnungswesen erwerbswirtschaftlich organisierter Unternehmen unter-
scheidet sich die Kameralistik in seiner Rechnungslogik, seinem Kontenbild und seinen
Rechnungsverläufen.
138
Bei der Kameralistik handelt es sich um ein Geldverbrauchskon-
zept, da nur die Stromgrößen Einnahmen und Ausgaben und die damit korrespondierende
Bestandsgröße Geldvermögen abgebildet wird.
139
Eine vollständige Erfassung des Ressour-
cenverbrauchs, z.B. Abschreibungen oder Rückstellungen für Pensionszahlungen, erfolgt
133
In der Praxis hat es sich etabliert, dass die Kommunen eine modifizierte Ausfallbürgschaft abgeben. Die
Kommune haftet bei dieser Form der Bürgschaft ohne Einrede der Vorausklage. Es handelt sich somit um
eine selbstschuldnerische Bürgschaft, mit der Modifizierung, dass sich das Kreditinstitut nicht sofort bei
Fälligkeit der Hauptschuld an die Kommune wenden kann, sondern zunächst den Hauptschuldner in An-
spruch nehmen muss. Vgl. Jünger, H.; Walter, J.; Götz, A., [Kommunales Finanzmanagement], 1997, S.
86 f.
134
Siehe § 86 Abs. II S. 2 GO Brandenburg.
135
Vgl. Jänsch, P., [Kommunal-Leasing], 1999, S. 86.
136
Vgl. Srocke, I., [Konsequenzen], 2002, S. 73-108; Srocke, I., [Segmentberichterstattung], 2003, S. 692-
708.
137
Beim Neuen öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen handelt es sich um ein Konzeptelement des
New Public Managements, welches auf die ,,Binnenperspektive" der NPM-Reformen gerichtet ist. Vgl.
Reichard, C.; Röber, M., [New Public Management], 2001, S. 372.
138
Vgl. Oettle, K., [Kameralistik], 1993, Sp. 1048 f.
139
Vgl. Bals, H.; Reichard, C., [Das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen], 2000, S. 211.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
23
grundsätzlich nicht. Die fehlende Möglichkeit den Ressourcenverbrauch vollständig zu
erfassen, führt u.a. zu mangelnder Transparenz, Fehlentscheidungen und einer Verletzung
der ,,intergenerativen Gerechtigkeit"
140
. Lüder fordert zur Reform des öffentlichen Rech-
nungswesens ein ,,drei-Komponenten-Rechnungssystem", bestehend aus einer
Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und Vermögensrechnung.
141
Der Ergebnishaushalt, der
von der KGSt auch als ,,Verwaltungshaushalt neuer Art"
142
bezeichnet wird, enthält zu-
künftig auch nicht geldwirksame Aufwendungen
143
. Durch diese zusätzlichen Belastungen
stellt sich die Frage der Auswirkungen auf den Haushaltsausgleich. Die Belastungen im
Ergebnishaushalt werden sicherlich höher als bisher ausfallen, jedoch ist zu berücksichti-
gen, dass die Tilgungen aus dem Haushaltsausgleich vollständig herausfallen werden (die
heute über die Mindestzuführung des § 21 Abs. 1 Satz 2 den Ausgleich belasten)
144
. Die
AG Doppik im UARG schlägt im Arbeitsentwurf zur neuen GemHV im § 24 Haus-
haltsausgleich vor: ,,Der Haushaltsausgleich ist gegeben, wenn der Ergebnishaushalt
ausgeglichen ist."
145
Ergänzend ist auch die Verwendung von Eigenkapital zum Haus-
haltsausgleich vorgesehen. Damit wird nun im Rahmen der Beurteilung der stetigen
Aufgabenerfüllung auch das Eigenkapital herangezogen. Bickeböller/Pehlke fordern präzi-
ser: ,,Jede Kommune soll einen Teil ihres vorhandenen Eigenkapitals zum Ausgleich von
temporären Defiziten einsetzen können. Der hierfür vorgesehenen Anteil wird von Rückla-
gen getrennt als Ausgleichsrücklage innerhalb des Eigenkapitals ausgewiesen."
146
Wird sich die Kommunalaufsicht zukünftig bei der Neukreditgenehmigung ausschließlich
am Ergebnishaushalt orientieren, ist nicht von einer restriktiveren Kreditgenehmigungs-
praxis auszugehen. Orientiert sich die Kreditgenehmigung zukünftig am Cash-Flow, so ist
auch hier nicht mit einer eingeschränkten Kreditgenehmigung zu rechnen. Die den neuen
Ergebnishaushalt zusätzlich belastenden Aufwandspositionen wie Abschreibungen und
Rückstellungen werden bei einer Cash-Flow Betrachtung eliminiert.
140
Vgl. Lüder, K., [Konzeptionelle Grundlagen], 1999, S. 7.
141
Vgl. Lüder, K., [Konzeptionelle Grundlagen], 1999, S. 8-22.
142
Vgl. Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt), [Vom Geldverbrauchs-
zum Ressourcenverbrauchskonzept], 1995, S. 13 und S. 17-26.
143
Als ordentliche Aufwendungen enthält der Ergebnishaushalt voraussichtlich: Personalaufwendungen,
Versorgungsaufwendungen, Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, bilanzielle Abschreibungen,
Transferaufwendungen, Zinsen und sonstige Finanzaufwendungen und sonstige ordentliche Aufwendun-
gen. Vgl. AG Doppik im UARG, [Arbeitsentwurf], 2003, S. 3 f.
144
Vgl. Bickeböller, H.; Pehlke, G., [Haushaltsausgleich in der Doppik], 2003, S. 97.
145
AG Doppik im UARG, [Arbeitsentwurf], 2003, S. 12.
146
Bickeböller, H.; Pehlke, G., [Haushaltsausgleich in der Doppik], 2003, S. 99. Die Ausgleichsrücklage soll
sich an dem bei der Eröffnungsbilanz vorhandenen Eigenkapital und der Ertragskraft der Kommune ori-
entieren. Vgl. Bickeböller, H.; Pehlke, G., [Haushaltsausgleich in der Doppik], 2003, S. 100.
Finanzwirtschaftliche Aspekte der Kommunen
Seite
24
2.3.2.3
Auswirkungen von Basel II
Bei Basel II handelt es sich um das derzeit aktuelle am 30. April 2003 verabschiedete
,,Dritte Konsultationspapier zur Neuen Basler Eigenkapitalverordnung"
147
des Basler Aus-
schusses
148
für Bankenaufsicht. Mit Basel II wird die Eigenkapitalverordnung von 1998
ersetzt und u.a. die Mindestkapitalanforderungen an Kreditinstitute in Abhängigkeit vom
Kreditrisiko neu geregelt. Die derzeit geltende Eigenkapitalquote Quotient aus Eigenka-
pital und risikogewichteten Aktiva von mindestens 8% bleibt erhalten. Die
Neuregelungen betreffen die Definition der risikogewichteten Aktiva, d.h. die Verfahren,
die zur Berechnung der Risiken der Banken verwendet werden. Zusätzlich werden gegen-
über Basel I nicht nur das Kredit- und das Marktrisko
149
, sondern zukünftig auch das
operationelle Risiko
150
erfasst.
151
Auch die Kommunen sind von den neuen Vorschriften betroffen, denn nach den derzeiti-
gem Verhandlungsstand ist die bisherige Null-Risiko-Gewichtung aufgrund des Partial Use
für den Bereich der öffentlichen Gebietskörperschaften nicht gesichert. So fürchtet bspw.
der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen ,,dass es im Zuge der neuen Baseler
Eigenkapitalanforderungen ohne dauerhaften Partial Use zu einer Verteuerung der Staats-
und Interbankenkredite kommen kann."
152
Eine Aufhebung des Partial Use könnte zu einer
notwendigen Eigenkapitalunterlegung eines Kommunalkredites und damit zu einer Steige-
rung des Kommunalkreditzinses führen.
Die Auswirkungen von Basel II sind jedoch von einer Reihe von Wahlmöglichkeiten des
nationalen Gesetzgeber und der Banken abhängig.
153
Das Risikogewicht zur Bestimmung
der Eigenkapitalunterlegung wird im Rahmen des Standardansatzes durch die externe Ra-
tingbeurteilung
154
und der Einordnung des Kreditnehmers in einen spezifischen Sektor
bestimmt. Öffentliche Stellen unterhalb der Zentralregierung und damit auch Städte und
Gemeinden werden in den Sektor der ,,public sector entities (PSEs)" eingeordnet. Der nati-
147
Vgl. BIS (Hrsg.), [Overview of The New Basel Capital Accord], 2003.
148
Der Basler Ausschuss wurde 1974 ins Leben gerufen und setzt sich aus Vertretern der Zentralnotenban-
ken und der Bankenaufsicht der G-10 Länder sowie der Schweiz, Luxemburg und Spanien zusammen.
Vgl. BIS (Hrsg.), [The Basel Commitee on Banking Supervision], 2002.
149
Die Berechnung des Marktrisikos bleibt unter Basel II unverändert. Vgl. BIS (Hrsg.), [Overview of The
New Basel Capital Accord], 2003, S. 3.
150
,,Basel II definiert das operationelle Risiko als Risiko von Verlusten infolge der Unangemessenheit oder
des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen." BIS
(Hrsg.), [Overview of The New Basel Capital Accord], 2003, S. 10.
151
Vgl. BIS (Hrsg.), [Overview of The New Basel Capital Accord], 2003, S. 3.
152
Finanzminister des Landes Nordrhein Westfalen, [Az.: IV/1 912-07], 2003.
153
Vgl. Esters, C., [Basel II], 2003, S. 37.
154
"Bei Krediten an Staaten können die Bonitätseinstufungen sowohl jene umfassen, die von
Exportratingagenturen der OECD entwickelt wurden, als auch jene, die von privaten Ratingagenturen
veröffentlich wurden." BIS (Hrsg.), [Overview of The New Basel Capital Accord], 2003, S. 4.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2003
- ISBN (eBook)
- 9783832477066
- ISBN (Paperback)
- 9783838677064
- DOI
- 10.3239/9783832477066
- Dateigröße
- 1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Potsdam – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
- Erscheinungsdatum
- 2004 (Februar)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- finanzierung kommunalleasing leasing wirtschaftlichkeit cross border
- Produktsicherheit
- Diplom.de