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Konstanz oder Wandel?

Theoretische und empirische Ansätze eines Vergleichs ost- und westdeutscher Einstellungen und Werte 1990 - 1997

©2000 Diplomarbeit 118 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Zehn Jahre nach der deutschen Vereinigung hat sich der Fokus der Auseinandersetzung über die deutsch-deutsche Annäherung von der politischen über die ökonomische auf die soziokulturelle Ebene verlagert. Jetzt, da politische Institutionalisierung und wirtschaftlicher Aufbau der neuen Bundesländer eine zeitlich verzögerte Annäherung an weitestgehend gleiche westdeutsche Strukturen wahrscheinlich machen, konzentriert sich das öffentliche Interesse auf das soziale und kulturelle Zusammenwachsen zwischen Ost- und Westdeutschen.
Politische und ökonomische Entwicklungen werden nunmehr als Einfluß und Erklärungsfaktoren für Einstellungsunterschiede herangezogen. Insbesondere die Tatsache, daß die beiden deutschen Teilregionen über vierzig Jahre dem Einfluß einander konträrer sozi-politischer Systeme unterlagen, führt zu der Annahme, daß sich dies langfristig in der Einstellungsstruktur der Bevölkerung widerspiegelt.
Die folgende Ausarbeitung leistet einen Beitrag zu ebenjener Diskussion. Anhand einer repräsentativen Befragung Ost- und Westdeutscher (Datenmaterial: World Values Survey) wird untersucht, in welchem Ausmaß sich zum einen Einstellungsunterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern wiederfinden und zum anderen ob sich diese auf entweder sozialisations- oder strukturbedingte Ursachen zurückführen lassen. Es ist ferner möglich, einen Einstellungswandel zu überprüfen, da die Untersuchung an zwei Zeitpunkten möglich ist.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Tabellen- und AbbildungsverzeichnisI
1.Einleitung2
2.Vergleichsperspektiven5
2.1Der ostdeutsche Sonderweg5
2.2Ostdeutsche Identität durch Vergleich und Abgrenzung9
3.Wertewandel17
3.1Einstellungen und Werte17
3.2Zentrale Werte moderner Gesellschaften: Gleichheit und Leistung23
3.3Wirkungsweise und Verhaltensrelevanz26
3.4Sozialisation versus Erfahrung29
3.5Sozialisationsbedingte Besonderheiten des Wertewandels in Transformationsstaaten33
3.6Erfassungsprobleme35
3.7Fazit37
4.Systemunterstützung – Beziehungen zwischen strukturellem und kulturellem Wandel40
4.1Konzepte des Begriffs „politische Kultur“40
4.2Zusammenhänge zwischen politischer Kultur und politischem System45
4.3Politische Kultur in Transformationsstaaten48
4.4Exkurs: Exit und Voice als Erklärungsmodell für mangelndes zivilgesellschaftliches Engagement der Ostdeutschen54
4.5Fazit57
5.Zusammenfassung und Hypothesenbildung59
6.Empirischer Teil64
6.1Beschreibung des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7640
Weber, Melanie: Konstanz oder Wandel? - Theoretische und empirische Ansätze eines
Vergleichs ost- und westeuropäischer Einstellungen und Werte 1990 - 1997
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Humboldt-Universität zu Berlin, Universität, Diplomarbeit, 2000
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

1
Inhaltsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis...I
1. Einleitung ... 2
2. Vergleichsperspektiven... 5
2.1. Der ostdeutsche Sonderweg ... 5
2.2. Ostdeutsche Identität durch Vergleich und Abgrenzung ... 9
3. Wertewandel ... 17
3.1. Einstellungen und Werte ... 17
3.2. Zentrale Werte moderner Gesellschaften: Gleichheit und Leistung ... 23
3.3. Wirkungsweise und Verhaltensrelevanz ... 26
3.4. Sozialisation versus Erfahrung... 29
3.5. Sozialisationsbedingte Besonderheiten des Wertewandels in
Transformationsstaaten ... 33
3.6. Erfassungsprobleme ... 35
3.7. Fazit... 37
4. Systemunterstützung ­ Beziehungen zwischen strukturellem und
kulturellem Wandel ... 40
4.1. Konzepte des Begriffs ,,politische Kultur" ... 40
4.2. Zusammenhänge zwischen politischer Kultur und politischem System... 45
4.3. Politische Kultur in Transformationsstaaten ... 48
4.4. Exkurs: Exit und Voice als Erklärungsmodell für mangelndes
zivilgesellschaftliches Engagement der Ostdeutschen... 54
4.5. Fazit... 57
5. Zusammenfassung und Hypothesenbildung ... 59
6. Empirischer Teil... 64
6.1. Beschreibung des Datensatzes: Der World Values Survey... 64
6.2. Methodische Vorüberlegungen ... 65
6.3. Die verwendeten Variablen... 66
6.3.1. Exkurs: Die Bildungsvariable ... 70
6.4. Überprüfung der Hypothesen ... 72
6.5. Zusammenfassung ... 90
7. Schlußbetrachtung ... 94
Literaturverzeichnis... 98
Anhang ... 107

2
,,Werte waren eine wissenschaftliche Spezialität, der Wertwandel hingegen
ist ein Gemeingut, auf das auch die Wissenschaft ihren Anspruch erhebt.
Daß in der Öffentlichkeit aber der Wandel favorisiert wird, darf den Soziologen
nicht dazu verleiten, die Konstanz zu übersehen.
Manche Werte bleiben konstant, und für andere Werte ändern sich nur die
Ausdrucksformen. Die Stabilität ist die Folie für die Beurteilung des Wandels.
Wer nur den Wandel sieht, sieht immer einen dramatischen Wandel. Wandel und
Konstanz zusammen ergeben erst ein realistisches Bild des ´Wertwandels´"
(Heiner Meulemann, Werte und Wertewandel, S.47).
1. Einleitung
Zehn Jahre nach der deutschen Vereinigung hat sich der Fokus der Auseinandersetzung über
die deutsch-deutsche Annäherung von der politischen über die ökonomische auf die sozio-
kulturelle Ebene verlagert. Jetzt da politische Institutionalisierung und wirtschaftlicher
Aufbau der neuen Bundesländer eine zeitlich verzögerte Annäherung an weitestgehend
gleiche westdeutsche Strukturen wahrscheinlich machen, konzentriert sich das öffentliche
Interesse auf das soziale und kulturelle Zusammenwachsen zwischen Ost- und
Westdeutschen. Politische und ökonomische Entwicklungen werden nunmehr als Einfluß-
und Erklärungsfaktoren für Einstellungsunterschiede herangezogen. Insbesondere die
Tatsache, daß die beiden deutschen Teilregionen über vierzig Jahre dem Einfluß einander
konträrer sozi-politischer Systeme unterlagen, führt zu der Annahme, daß sich dies langfristig
in der Einstellungsstruktur der Bevölkerung widerspiegelt. Die folgende Ausarbeitung soll
einen Beitrag zu ebenjener Diskussion leisten. Anhand einer repräsentativen Befragung Ost-
und Westdeutscher wird untersucht, in welchem Ausmaß sich zum einen
Einstellungsunterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern wiederfinden und zum
anderen ob sich diese auf entweder sozialisations- oder strukturbedingte Ursachen
zurückführen lassen. Es ist ferner möglich, einen Einstellungswandel zu überprüfen, da die
Untersuchung an zwei Zeitpunkten möglich ist. Die Untersuchung von Einstellungen
unterliegt allerdings auch Einschränkungen, die nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf
Bestimmungsgründe von Werten und Einstellungen zulassen.
Die Arbeit umfaßt einen theoretischen und einen empirischen Teil. In ihrem Mittelpunkt
stehen Untersuchungen zu sozialen Einstellungen und Einstellungen gegenüber dem
politischen System. Theoretische Aspekte des Wertewandels und der Systemunterstützung
Ost- und Westdeutscher bilden den Schwerpunkt im ersten Teil. Im empirischen Abschnitt
werden die aus der Theorie abgeleiteten Hypothesen mit Hilfe von Erhebungsdaten überprüft.

3
In Kapitel 2 wird auf die Besonderheit der ostdeutschen Transformation im Unterschied zu
osteuropäischen Transformationsländern eingegangen. Obwohl der Vergleich zwischen alten
und neuen Bundesländern im Fokus der Betrachtung liegt, erscheint die Abgrenzung zu
anderen ehemals sozialistischen Ländern als wichtig, um eine doppelte Vergleichsperspektive
zu schaffen (Liebig/Verwiebe, 2000) und dadurch den ,,ostdeutschen Sonderweg" zu
begründen.
Die Identifizierung der ostdeutschen Bevölkerung in ihrer Besonderheit findet durch
Einstellungs- und Wertunterschiede statt, die wiederum auf Vergleichen beruhen. Es wird der
Vergleich als Mittel zur Unterscheidung, Abgrenzung und Identitätsstiftung dargestellt. Die
Funktion des Vergleichens als Verhaltensstrategie zur Identitätsfindung gründet sich auf
Abgrenzung durch in erster Linie Einstellungs- und Wertunterschiede.
Obgleich Werte und Einstellungen nur schwer zu erfassen sind, werden in Kapitel 3
zumindest die wesentlichen Merkmale zusammengetragen. Im Speziellen unterscheiden
insbesondere die Werte Gleichheit und Leistung BRD und DDR als Wertgemeinschaften. Aus
diesem Grunde werden in Kapitel 3 Gleichheit und Leistung in ihrem potentiell
unterschiedlichen Begriffsverständnis auf den Sozialisationshintergrund der beiden
Vergleichsregionen zurückgeführt. Darüber hinaus wird auf die Problematik verwiesen, daß
Wirkungsweise und Verhaltensrelevanz bestimmter Einstellungen abhängig von deren
Priorität und Durchsetzungsmöglichkeiten sind.
Es wird des weiteren auf die Gegenüberstellung von Sozialisations- und Erfahrungsthese
verwiesen. Die Annahme von entweder Sozialisation oder Erfahrung als Grund für
Einstellungsunterschiede führt wiederum zu verschiedenen Entwicklungsszenarien für die
bundesdeutsche Gesellschaft.
Das erste Schwerpunktkapitel umfaßt außerdem die Darstellung dreier Ansätze, die Hinweise
darauf geben, daß sich, bedingt durch den radikalen Wechsel transformierter Staaten in
konträre Systeme, alte und neue Wertstruktur gleichermaßen in Bewußtsein,
Bewertungskriterien und Begriffsauffassungen niederschlagen können. Das führt außerdem
zurück auf grundsätzliche Probleme der komparativen Sozialforschung.
Das zweite Schwerpunktkapitel beinhaltet eine Auseinandersetzung mit der
Systemunterstützung und die Frage, inwiefern sie von kulturellen oder strukturellen Faktoren
abhängig ist. Zunächst wird auf Konzepte politischer Kultur und deren Entwicklung
eingegangen, dabei insbesondere auf den Begriff der Civic Culture bei Almond und Verba
(Almond, 1989; Almond/Verba, 1989). Kapitel 4 kann als Erweiterung des ersten
Schwerpunktkapitels aufgefaßt werden. Ebenfalls dem Einfluß von Wert- und
Einstellungsstruktur unterliegend, drücken sich Sozialisation und Situation, im Sinne

4
langfristiger und kurzfristiger Erfahrungen mit dem politischen System, in der direkten
Unterstützung politischer Institutionen aus. Der Fokus liegt also auf dem Zusammenhang
zwischen politischer Kultur und Struktur, wobei sich am Beispiel der osteuropäischen
Transformationsstaaten und den neuen Bundesländern wiederum Inkongruenzen in den
Einstellungsmustern zur Systemunterstützung feststellen lassen (Fuchs, 1998). Das vierte
Kapitel schließt mit einem Exkurs, in dem Zusammenhänge zwischen zivilgesellschaftlichem
Engagement und Albert O. Hirschmans (1970) Konzept von Formen des Widerspruchs, der
Abwanderung und der Loyalität dargestellt werden; es können dadurch politische
Erfahrungen mit der gegenwärtigen Situation in Beziehung gesetzt werden.
Durch Zusammenfassung der wichtigsten Thesen der beiden theoretischen Teile in Kapitel 5
kann die Überleitung zum zweiten, empirischen Teil dieser Ausarbeitung erfolgen. Es
ergeben sich aus den ersten beiden Schwerpunktkapiteln fünf Hypothesen, die mit Hilfe von
Umfragedaten des World Values Surveys überprüft werden.
In Kapitel 6 wird zunächst der Datensatz beschrieben. Der World Values Survey eignet sich
aus zwei Gründen besonders für die Untersuchung ost- und westdeutscher Einstellungsmuster
und deren potentiellen Wandel: zum einen durch auf soziale und politische Einstellungen
bezogene Fragen und zum anderen durch Replikation der Befragung an einem zweiten
Zeitpunkt. Methodische Vorüberlegungen und die Darstellung der verwendeten Variablen für
die empirische Untersuchung leiten über zur Auswertung der Einstellungsvariablen in bezug
auf die eingangs formulierten Hypothesen.
Es können schließlich in der Zusammenfassung beider Schwerpunktkapitel und des
empirischen Teils in Kapitel 7 Ergebnisse formuliert werden, die Hinweise auf die zentrale
Fragestellung dieser Arbeit geben, nämlich ob es eine Annäherung zwischen ost- und
westdeutscher Einstellungsstruktur aufgrund der vorliegenden Umfragedaten gibt.

5
2. Vergleichsperspektiven
Zunächst wird in den beiden folgenden Abschnitten auf zwei Vergleichsperspektiven
hingewiesen: zum einen auf den regionalen Vergleich Ostdeutschlands zu den
osteuropäischen Transformationsländern und zum anderen auf den sozialen Vergleich als
Mittel zur Abgrenzung und Identitätsfindung der Ostdeutschen. Regionaler und sozialer
Vergleich sollen die ostdeutsche Bevölkerung in ihrer Besonderheit einordnen und dadurch
Hinweise auf die weitere Untersuchung von Einstellungen und Werten geben.
2.1. Der ostdeutsche Sonderweg
Nicht nur die sozialwissenschaftliche Literatur wertet die ostdeutsche Transformation im
Vergleich zur osteuropäischen Transformation als Sonderfall und zwar in mehrfacher
Hinsicht.
Besonders treffend formuliert Offe (1994) ein Dilemma der Gleichzeitigkeit, womit er die
Schwierigkeit der zeitgleichen Transformationsentwicklung der osteuropäischen Staaten auf
drei Ebenen meint, nämlich die Territorialfrage, die Demokratisierung und die Wirtschafts-
und Eigentumsordnung betreffend. Das was in westeuropäischen Staaten über Jahrhunderte
gewachsen sei, nämlich die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Nationalstaates
zum Kapitalismus und zur Demokratie, müsse in den Transformationsländern beinahe
synchron stattfinden.
Jedes funktionierende politische System sei das Ergebnis dreier hierarchischer Festlegungen,
sozusagen ein Drei-Ebenen-Modell. Die Territorialfrage impliziere die Entscheidung über
Identität, Bürgerrechte und territoriale, historische und kulturelle Grenzen eines nationalen
politischen Gemeinwesens. Die zweite Ebene umfasse Regeln, Verfahren und Rechte, m. a.
W. die Verfassung über das kollektive Handeln des Gemeinwesen. Erst auf der dritten Ebene
falle die Entscheidung über die Verteilung politischer Entscheidungsbefugnisse und
materieller Ressourcen, die das Ergebnis von Wahlen und der Institutionalisierung der
Gesetzgebung, Justiz und Verwaltung sind.
Das Problem, welches durch die Gleichzeitigkeit der Transformation auf allen drei Ebenen
entsteht, ist zum einen, daß nicht genügend Zeit für langsame Reifungsprozesse vorhanden
ist. Zum anderen gibt es, anders als das Beispiel des Zweiten Weltkrieges für die
Bundesrepublik Deutschland zeigt, keine siegreiche Besatzungsmacht, die verfassungsmäßige
und territoriale Weichenstellungen oktroyieren könnte.

6
Die Situation der osteuropäischen Staaten unterscheidet sich in zwei Punkten, die den
Transformationsprozeß erschweren, von der DDR. Erstens blieb die territoriale Integrität
einiger osteuropäischer Staaten nicht erhalten und zweitens gab und gibt es starke
Migrationsbewegungen.
Die Gefahr, auf die Offe (1994) hinweist, besteht im Phänomen der wechselseitigen Blockade
von Problemlösungen. Entscheide man sich für die Institutionalisierung des Marktes vor
derjenigen der Demokratie (die Meinung unterstützend, daß der Markt die
Demokratieentwicklung fördert und sich erst durch, wie Offe es nennt,
,,Konkurrenzdemokratie" ein Verfahren der innerstaatlichen Interessenaustragung und
Friedensstiftung als leistungsfähig erweist), berge das die Gefahr, daß sich eine Minderheit
schnell bereichere und somit soziale Ungleichheit produziere, die gegen egalitäre
Ressentiments verstoße.
Entscheide man sich für die Institutionalisierung der Demokratie als Voraussetzung für die
Marktwirtschaft, so unterstütze man die Meinung, daß ein Verfahren notwendig ist, das Eliten
der Verantwortung unterwerfe und Partizipationsmöglichkeiten für die Bevölkerung zulasse.
Da aber in osteuropäischen Staaten, anders als in westeuropäischen Staaten, der Kapitalismus
vor allem durch Reformeliten institutionalisiert werde, bestehe die Gefahr, daß diese Eliten
ihre Entscheidungen auf Interessen beziehen, die nicht die Interessen der Wirtschaftsakteure
widerspiegeln. Dabei werde ein objektives Interesse der Gesellschaft unterstellt, welches vom
empirischen Willen der Masse nicht geteilt werde. Darüber hinaus könne der Vorwurf der
Vertretung eigener Interessen entstehen.
Das Kernproblem der osteuropäischen Staaten besteht im Mangel an einheitsstiftenden
Institutionen. Die Unterschiedlichkeit Ostdeutschlands besteht dagegen darin, einen Anschluß
an bestehende, bewährte westdeutsche Institutionen erlangt zu haben. Dennoch hängt die
Bewährung der Institutionen insbesondere von der Wahrnehmung der institutionellen
Beständigkeit ab und nicht nur von deren bloßer Existenz.
Die Lösung des Dilemmas liegt für Offe (1994) im entscheidenden Faktor der Geduld. Das
trifft für Ostdeutschland gleichermaßen zu, denn nach der Anpassung an die neuen
Verhältnisse, muß eine Bereitschaft des Wartens vorhanden sein, da die individuelle
Hoffnung auf rasche Anpassung, Entwicklung und Fortschritt erfahrungsgemäß nicht mit der
realen Situation übereinstimmt, die sehr viel langwieriger und nachhaltiger ist.
Die ostdeutsche Transformation ist ein Spezialfall durch den Beitritt zu einer bereits
funktionierenden Marktwirtschaft und einer konsolidierten Demokratie. Es gibt kein Dilemma

7
der Gleichzeitigkeit durch den erfolgreichen Institutionentransfer im Sinne der Übertragung
eines kompletten Systems politischer Institutionen und rechtlicher Normen. Es standen und
stehen umfangreiche Finanzmittel ebenso zur Verfügung wie westliche Akteure (Reißig,
1997).
Für Westdeutschland bedeutete der Beitritt der DDR zum Gebiet der Bundesrepublik
außerdem kein Risiko, weil die neuen Bundesländer als strukturelle und personelle
Minderheit in Deutschland keine umfassende gesellschaftliche Umgestaltung für die BRD
implizierten.
Laut Reißig (1997) liegt die Besonderheit der Transformation Ostdeutschlands in ihrer
Kurzfristigkeit, Ganzheitlichkeit, politischen Steuerbarkeit und Alternativlosigkeit begründet.
Da Experimente vermieden werden sollten, was vor allem in der klaren westdeutschen
Dominanz bei den Beitrittsverhandlungen zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion und
dem Einigungsvertrag zum Ausdruck kam
1
, standen die praktisch-politischen Erwartungen
unter den folgenden Prämissen: nach der raschen Installierung der westdeutschen
Institutionen wurde ein zügiger wirtschaftlicher Aufschwung erwartet, dem langfristig ein
zunehmendes Zufriedenheitspotential folgen sollte. Den Abschluß der erfolgreichen
Transformation sollte sodann die Angleichung der Einstellungs- und Wertorientierungen
bilden.
Bei der Bewertung des Transformationsstandes stehen sich nunmehr positive und negative
Bilanzen gegenüber. Je nach Betrachtungsweise und Untersuchungsgegenstand, wird den
neuen Bundesländern entweder eine konsolidierte und stabilisierte
Transformationsentwicklung bescheinigt, oder es werden noch anhaltende Paradoxien,
Konflikte und Ambivalenzen festgestellt, die zu Thesen der Spaltung führen.
Zunächst einmal war die wirtschaftliche Transformation besonders durch den sogenannten
,,Öffnungsschock" gekennzeichnet. Namentlich gaben Preisfreigabe und radikale
Marktöffnung besonders externen Akteuren gute Investitionschancen. Intern bedeutete dies
allerdings eine Verschlechterung der Existenz- und Entwicklungsbedingungen der Betriebe
durch eine Strukturkrise, die durch die in erster Linie politisch motivierte übergangslose
Wirtschaftsintegration eingeleitet wurde. Die Folgen waren Deindustrialisierung, hohe
Arbeitslosigkeit und immense Produktions- und Produktivitätslücken zwischen alten und
1
Der Abschluß des Einigungsvertrags beruhte zwar vor allem auf Forderungen seitens der DDR, gab ihren
Vertretern allerdings begrenzte Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Beitrittsmodalitäten (vgl. Schäuble,
1991).

8
neuen Bundesländern, die auch durch finanzielle Unterstützung aus den alten Bundesländern
(ABL
2
) nicht aufgefangen werden konnten.
Die institutionelle Transformation verlief dagegen weitgehend erfolgreich durch die
Übertragung der institutionellen Grundordnung der ABL. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene
kann also im vereinten Deutschland von funktionstüchtigen Institutionen gesprochen werden,
auf individueller Ebene zeigt sich indes, daß die Institutionen in den NBL relativ schwach
integriert sind (Geißler, 1992; Zapf/Habich, 1996).
Im Fokus der sozialwissenschaftlichen Betrachtungen der vergangenen Jahre standen vor
allem Untersuchungen zum Zufriedenheitspotential und der Wert- und
Einstellungsentwicklung, nicht zuletzt angeheizt von der kontroversen Diskussion um die
,,innere Mauer" zwischen Ost- und Westdeutschen (u. a. Kaase/Bauer-Kaase, 1998; Offe,
1994; Pollack/Pickel, 1998; Walz/Brunner, 1997; Wegener/ Liebig, 1998; Wiesenthal, 1996).
Im Gegensatz zur vergleichsweise leicht zu konstatierenden Bestandsaufnahme des
Funktionierens westdeutscher Institutionen und des wirtschaftlichen Aufschwungs (vgl.
Diewald, 1996), stellt sich die empirische Nachweisbarkeit der Annäherung von Werten,
Normen und Einstellungen problematischer dar (u. a. Liebig/Verwiebe, 2000;
Wegener/Liebig, 1998; Zelle, 1998).
Bedingt durch die Tatsache, daß Einstellungs- und Wertewandel langfristige Phänomene sind,
die Rückwirkungen durch entweder sozialisierte Normen oder sozialstrukturelle Merkmale
ausgesetzt sind (Pollack/Pickel, 1998; Wegener/Liebig, 1998; Zelle, 1998), gilt die
Untersuchung als besonders schwierig. Hinzu kommt, daß die westdeutsche Bevölkerung, die
immer wieder als Referenzgesellschaft zur ostdeutschen hinzugezogen wird, ebenfalls einem
zeitlichen Wandel unterliegt.
Ergebnisse der Umfrageforschung bestätigen, daß Anfang der 1990er Jahre ein hohes
Zufriedenheitspotential der Ostdeutschen beobachtet werden konnte, während seit Mitte der
90er Jahre ein Wandel der Stimmungslagen sichtbar wurde (Bierhoff, 1999; Pollack/Pickel,
1998; Reißig, 1997; Walz/Brunner, 1997; Winkler, 1996)
3
. Die Erklärungsansätze schwanken
seither insbesondere zwischen Sozialisations-, Erfahrungs- und Kompensationshypothese (u.
a. Pollack/Pickel, 1998; Wegener/Liebig, 1998; Zelle 1998; vgl. auch Abschnitt 3.4.).
2
Im Folgenden sollen die Abkürzungen ABL und NBL äquivalent für alte und neue Bundesländer verwendet
werden.
3
Interessanterweise kann anhand der Auswertung des Wohlfahrtssurveys 1998 festgestellt werden, daß der
Großteil der Einkommensgewinne der Ostdeutschen in die Zeit zwischen 1991 bis 1995 fällt. Daraus ließe sich
also auf eine Übereinstimmung zwischen ,,materiellem" und ,,immateriellem" Wandel Mitte der 90er Jahre
schließen. (Vgl. dazu Dehley/Böhnke, 1999.)

9
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt nunmehr auf der Frage nach der sozio-kulturellen
Integration, dem Einstellungs- und Wertekonsens bzw. -dissenz zwischen den beiden
deutschen Teilgesellschaften. Seit der Vereinigung zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Deutschen Demokratischen Republik im Oktober 1990 wird von einer neuen Teilung
des wiedervereinten Deutschlands gesprochen. Dabei wird darauf hingewiesen, daß es einen
Staat mit zwei Teilgesellschaften gebe, die sich durch zwei kollektive Identitäten
unterscheiden. Es entstehe eine dualistische Gesellschaft, wobei die ostdeutsche
Teilgesellschaft mit dem Begriff der ,,ostdeutschen Sonderidentität" stigmatisiert wird,
zusammenhängend mit der Beobachtung von Trotz- bzw. Abwehrreaktionen seitens der
ostdeutschen Bevölkerung als Abgrenzung zur westdeutschen Mentalität. Nicht selten wird
den Ostdeutschen positiver Rückgriff auf ihre sozialistische Biographie (Nostalgie)
vorgeworfen, der die sozio-kulturelle Integration erschwere.
Reißig (1997) schlägt in diesem Zusammenhang drei Szenarien der Angleichung vor. In der
ersten Möglichkeit wird davon ausgegangen, daß Westdeutschland als Referenzgesellschaft
erhalten bleibt. Es komme zu einer einseitigen Angleichung Ostdeutschlands an
Westdeutschland, bei der die ABL natürlich ebenfalls zeitlichem Wandel unterliegen. Das
zweite Konzept deutet getrennte Entwicklungen beider Teilstaaten an. Drittens bestehe die
Option eines Dualismus, eines gesamtdeutschen Transformations- und Reformprojekts mit
unterschiedlichen Prioritäten. Allen drei Annahmen ist allerdings gemein, daß
Gesamtdeutschland selbst einem Wandel unterliegt und zwei Subgesellschaften
hervorgebracht hat.
2.2. Ostdeutsche Identität durch Vergleich und Abgrenzung
Die Bewertung der Lebenslage ist das Ergebnis temporaler oder sozialer Vergleiche. Dabei
kann sich der zeitliche zum sozialen Vergleich wandeln und umgekehrt. Enttäuschte
Erwartungen der Ostdeutschen als Ergebnis der Transformationsentwicklung sind in bezug
auf etwas Vorausgehendes zu deuten: es gibt immer eine Referenzgruppe oder eine
Referenzzeit, mit der Gegenwärtiges und Zukünftiges gedeutet und woran es gemessen wird.
Die Wahrnehmung von Einstellungs- oder Wertprioritäten beruht auf Vergleichen. Dazu
dienen Bezugssysteme, die besonders beim sozialen Vergleich, um den es sich in diesem
Zusammenhang handelt, prägend auf Persönlichkeitsstruktur und nicht zuletzt Identität sind.
Vergleiche dienen zur Abgrenzung zu anderen Personen, Gruppen, Wertegemeinschaften, um
das eigene Wahrnehmen, Urteilen und Handeln zu rechtfertigen bzw. erst möglich zu machen.

10
Sie wirken identitätsstiftend, indem sie Unterschiede zu anderen Personen oder
Gemeinschaften sichtbar machen.
Wenn Ost- und Westdeutsche als soziale Gruppen identifiziert werden können, weil die
Gemeinsamkeiten innerhalb der Gruppe in Gegenüberstellung mit den Gemeinsamkeiten
zwischen Ost und West überwiegen, kann schließlich von kollektiven Identitäten derselben
gesprochen werden. Dabei gilt, je größer die wahrgenommenen Unterschiede zwischen den
Gruppen im Vergleich zu den Verschiedenheiten innerhalb der Gruppe sind, desto größer ist
die kollektive Gruppenidentität.
Als entscheidendes Distinktionsmerkmal zwischen West- und Ostdeutschland gilt die
vierzigjährige unterschiedliche Prägung durch ideologisch und strukturell konträre sozio-
politische Systeme, die beide Regionen maßgeblich voneinander abgrenzte und deshalb einen
Vergleich auch heute noch sinnvoll erscheinen läßt.
Der Fokus des Vergleichsmaßstabs für Ostdeutschland liegt, und lag bereits zu DDR-Zeiten,
u. a. auf Westdeutschland. Bereits vor der Vereinigung galt die Bundesrepublik als
Referenzgesellschaft in doppelter Hinsicht:
·
Erstens als offizielle negative Vergleichsgesellschaft durch Abgrenzung zum
Kapitalismus, wodurch die eigene sozialistische Gesellschaft legitimiert werden sollte.
·
Zweitens als inoffizielle heimliche Vergleichsgesellschaft der Bevölkerung, was sich u. a.
im Wunsch zur bzw. der tatsächlichen Ausreise vieler DDR-Bürger manifestierte
4
.
Auch gegenwärtig zeigt sich, daß die Transformation Ostdeutschlands im Referenz- und
Vergleichsmaßstab Westdeutschlands gedeutet wird: je mehr sich die NBL wirtschaftlich,
institutionell und sozial den ABL annähern, umso erfolgreicher wird die Transformation mit
dem Endziel der Übereinstimmung mit Westdeutschland eingestuft. Die
Vergleichsperspektive ist einseitig und wird nicht oft in Frage gestellt, wie das zum Beispiel
von Liebig/Verwiebe (2000) getan wird, die eine doppelte Vergleichsperspektive
Ostdeutschlands mit Westdeutschland einerseits und den osteuropäischen
Transformationsstaaten andererseits fordern, um den Einstellungswandel Ostdeutschlands zu
deuten
5
.
Als problematisch erscheint bei einer einseitigen Vergleichsperspektive zwischen ABL und
NBL zunächst die Gefahr, den potentiellen Wandel der Referenzgesellschaft
4
Der andauernde Ausreisestrom vieler DDR-Bürger nach Westdeutschland kam trotz des Mauerbaus 1961 nie
völlig zum Erliegen und fand schließlich im November 1989 durch den Fall der Mauer und den darauf
folgenden massiven Ausreisewellen seinen Höhepunkt.
5
Liebig/Verwiebe geht es bei der Untersuchung zu Einstellungsunterschieden und -gemeinsamkeiten vor allem
um die Frage, ob es einen ,,ostdeutschen Sonderweg", eine Angleichung an die ABL oder vielmehr
Einstellungsübereinstimmungen mit den osteuropäischen Staaten gibt. Durch den Vergleich mit den
osteuropäischen Ländern soll die oben bereits erwähnte Sozialisationsthese überprüft werden.

11
Westdeutschlands selbst mitunter nicht in die Untersuchung einzubeziehen. Das würde
beispielsweise verhindern, eine reziproke Beeinflussung der beiden Teilpopulationen in
Einstellungen und Werten festzustellen. Zwar ist die Ausgangssituation durch den Beitritt der
DDR zum Gebiet der Bundesrepublik insofern einseitig, als sämtliche Institutionen der ABL
fast kompromißlos auf die NBL übertragen wurden
6
. Daraus folgt zunächst die Vorstellung,
daß, aufgrund der raschen Installation der westdeutschen Institutionen, die soziale Integration
dem wirtschaftlichen Aufschwung folgt. Es kann allerdings nicht zwangsläufig gefolgert
werden, daß sich Einstellungs- und Wertorientierungen ebenso schnell anpassen.
Ein weiteres Problem beim Vergleich zwischen West- und Ostdeutschland könnte durch den
Vergleich selbst entstehen: durch die immer wieder ins Bewußtsein gerufene
Gegenüberstellung entwickeln die Kategorien ,,Ost" und ,,West" eine Eigendynamik und
werden dadurch in ihrer Berechtigung nicht mehr in Frage gestellt (Kessler et al., 1999: 213).
Dadurch könnte ein Prozeß in Gang gesetzt werden, der einen Einstellungs- und
Werteunterschied hervorruft, welcher vorher in der Form nicht vorhanden war
7
.
Auch in bezug auf den negativen ökonomischen Entwicklungsstand der NBL im Vergleich zu
den ABL kann dies zutreffen. Indem immer wieder auf die Rückständigkeit der Region
Ostdeutschland verwiesen wird, entsteht im Bewußtsein der Bürger das oben bereits erwähnte
Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein bzw. wird dieses Gefühl intensiviert. Die größere
soziale Ungleichheit wird deshalb mit Hinweis auf die versprochene Angleichung der
Lebensverhältnisse vermehrt beklagt
8
.
6
In diesem Zusammenhang ist die ,,Kolonialisierungsthese" zu erwähnen, die die Vorstellung der Ostdeutschen
beschreibt, vom westdeutschen System ,,kolonialisiert" worden zu sein. Zum einen indem westdeutsche Akteure
Elitepositionen im Beschäftigungssektor besetzten und hochkarätige Kapitalgüter erwarben (u. a. Gergs et al.,
1997), zum anderen durch den Vorwurf, daß das Mitspracherecht der Ostdeutschen bei den
Beitrittsverhandlungen beschnitten worden sei (vor allem was die Diskussion um den Einigungsvertrag
anbelangt; s. auch Fußnote 1).
7
Vgl. dazu auch Kapitel 2: Der Rückzug in eine ostdeutsche Identität kann u. a. im Sinne einer Trotz- bzw.
Abwehrreaktion als Abgrenzung zur westdeutschen Mentalität verstanden werden.
8
An dieser Stelle sei auf eine Grundgesetzänderung von 1994 hingewiesen, die die Umformulierung des in
Art.72,3 GG festgeschriebenen Passus über die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Gleichwertigkeit der
Lebensverhältnisse forderte, was insbesondere den ostdeutschen Anspruch auf gleiche strukturelle
Voraussetzungen deutlich einschränkt.

12
Kessler et al. (1999) identifizieren sechs Verhaltensstrategien zur Identitätsfindung
Ostdeutscher durch Abgrenzung. Die ersten beiden angeführten Punkte können individuellen
Strategien, Punkt drei und vier kollektiven Strategien und die letzten beiden kreativen
Strategien zugerechnet werden:
1. Individuelle Mobilität: Durch den Wechsel in eine neue Gruppe und dadurch potentiell in
eine neue Identität wird die eigene Situation verbessert.
2. Re-Kategorisierung: Durch die Verschiebung der Vergleichsebene auf eine höhere Stufe
kann ein negativer Vergleichsmaßstab vermieden bzw. eine positivere Vergleichsebene
geschaffen werden
9
.
3. Sozialer Wettbewerb: Um Überlegenheit zu demonstrieren, gibt es eine Verschiebung der
Vergleichsdimension auf eine andere Ebene. So werden z. B. statt materieller Güter
moralische Werte in den Vordergrund gestellt.
4. Realistischer Wettbewerb: Hierunter kann der direkte Konflikt zwischen Gruppen um die
Verteilung materieller Güter und Ressourcen verstanden werden.
5. Temporaler Vergleich: Besonders in Zeiten rascher Veränderungen gibt es einen
Rückzug in vergangene Erlebnisse oder Leistungen, um der aktuellen Situation
auszuweichen
10
.
6. Umbewertung der materiellen Vergleichssituation: Um die eigene Situation aufzuwerten,
wird die Vergleichsebene nivelliert.
Mit diesen sechs Bewertungsstrategien wollen Kessler et al. (1999) zwei Theorien
untersuchen. Erstens die Theorie der sozialen Identität, die Verhaltensstrategien zwischen
Gruppen erklärt, die nach positiverer Selbsteinschätzung streben und zweitens die Theorie der
relativen Deprivation
11
. Diese geht davon aus, daß das Gefühl der ungerechten Behandlung
zu Empörung und schließlich zu kollektiven Handlungen der Gegenwehr führt. Die
Konflikttheorien sollen Aufschluß geben über Konfliktbedingungen zwischen Gruppen, aber
auch über deren Bewältigungsstrategien.
Eine dritte Theorie, die des realistischen Gruppenkonflikts, verbindet schließlich die beiden
genannten Ansätze. Neben dem Streben nach positiver Selbsteinschätzung, gebe es noch den
Kampf um materielle Ressourcen, der wiederum zum Gefühl der relativen Deprivation führe.
9
Kessler et al. (1999) führen als Beispiel die Vermeidung des Ost-West-Vergleichs durch Identifikation der
Ostdeutschen als Deutsche im Allgemeinen an.
10
Diese Strategie zielt u. a. auf die sogenannte ,,Ostalgie" im Sinne eines Rückzugs der Ostdeutschen in z.T.
positiv-verklärte, selektiv ausgewählte Erinnerungen an die Zeit der DDR.
11
Im Ergebnis stellen Kessler et al. (1999) fest, daß die individuellen Strategien vom Modell der sozialen
Identität besser erklärt werden, während die Theorie der relativen Deprivation die kollektiven Strategien besser
darstellt.

13
Die Identifikation des Individuums mit einer Gruppe beruht auf der Unterscheidung zu
anderen Gruppen, wobei Werte deren Distinktionsmerkmale sind. Welche Handlungsstrategie
letztendlich vom einzelnen gewählt wird, ist wiederum abhängig vom Grad der Wichtigkeit
der Unterscheidung, dem Grad der Identifikation mit der Gruppe und den alternativen
Handlungsmöglichkeiten. Kessler et al. (1999) betonen den Begriff der negativen bzw.
positiven Vergleichsergebnisse, d.h. daß soziale Identität oder relative Deprivation und die
daraus abgeleitete Handlungsentscheidung von den Vorzeichen des Vergleichs abhängig sind.
Dabei kann beispielsweise aus einer Benachteiligungssituation heraus gefragt werden, ob es
einen (berechtigten) Anspruch auf Verbesserung gibt, ob die erwünschte Verbesserung
erreichbar ist oder ob zukünftige Verbesserungen zu erwarten sind. Ein wichtiger Aspekt an
dieser Stelle bezieht sich auf die Frage, ob von Identifikation mit der Vergleichsgruppe
bereits gesprochen werden kann, wenn nur Ansprüche und Ziele übereinstimmen, dagegen die
äußere Situation unverändert als benachteiligt gelten kann (Diewald et al., 1996).
Auf der Grundlage der obigen Überlegungen zur Vergleichsperspektive und den daraus
abgeleiteten Handlungsstrategien, werden für die Ostdeutschen Einstellungs- und
Wertemuster vermutet, die zunächst auf eine negative soziale Identität im Vergleich zu den
Westdeutschen hindeuten, in jedem Fall in bezug auf ihre ökonomisch-materielle Situation.
Die sechs Verhaltensstrategien von Kessler et al. (1999) sollen deutlich machen, wie
vielschichtig die Handlungsbasis aufgrund spezifischer Gruppenidentifikation sein kann. Als
Vorüberlegung sollen die Handlungsstrategien theoretisch festgehalten werden, empirisch
können sie nicht überprüft werden. Es kann aber festgestellt werden, daß der soziale
Vergleich als Strategie dient, um Situationen zu bewerten und Identitäten aufzubauen.
Insofern sind Aussagen zu Einstellungen und Werten im Kontext der Referenzgruppe zu
interpretieren und zwar bezogen auf die Entstehung der Einstellung sowie auf deren
Aussagekraft.
Der soziale Vergleich ist in erster Linie wertend. Zur Bewertung in Kategorien wie besser
und schlechter oder höher und niedriger bedarf es einem Deutungsmuster, welches in
modernen Gesellschaften einen Gleichheitsdiskurs voraussetzt. Bezug nehmend auf Eder
(1990), bilden in einfachen Gesellschaften askriptive Kriterien wie Geschlecht und Alter das
zugrundeliegende Organisationsprinzip. In traditionellen Gesellschaften nehmen die
Unterscheidungsmerkmale zu und ermöglichen vertikale Klassifikationen; soziale

14
Ungleichheit wird dabei im Gegensatz zu modernen Gesellschaften als Teil der heiligen
Ordnung gesehen und unterliegt nicht einem permanenten Diskurs.
Die Quantität der Unterscheidungsmerkmale nimmt in modernen Gesellschaften in dem Maße
zu wie die Individualisierung der Lebenslagen voranschreitet. Soziale Differenzen werden im
Rahmen eines Gleichheitsmodells gedeutet, wobei die Legitimierung der vorhandenen
sozialen Ungleichheit im Vordergrund der Diskussion steht. Die Gleichheitsidee wird
aufrechterhalten, indem soziale Ungleichheit als Ergebnis individueller Leistung und
Kompetenz interpretiert wird.
Der soziale Vergleich führt zunächst zur Wahrnehmung sozialer Unterschiede und je nach
Wichtigkeit der zu verteilenden Ressourcen, kommt es zu mehr oder minder starken
Verteilungskonflikten bei begrenzt vorhandenen Ressourcen oder zu Ungerechtigkeits-
empfinden bei ungleicher Verteilung der Ressourcen. Schmitt et al. (1999: 171) verweisen
darauf, daß soziale Vergleiche nicht nur Verteilungskonflikte auslösen, sondern im Gegenteil
dieselben verhindern können, indem sie einen Anspruch begründen oder auf einen Ausgleich
durch ungleiche Verteilungen anderer Ressourcen hinweisen. Das bundesdeutsche Beispiel
macht deutlich, daß ein Widerspruch zwischen dem Anspruch der Ostdeutschen, die die
Angleichung der Lebensverhältnisse als nicht schnell genug voranschreitend empfinden und
den Westdeutschen, die diese Anspruchshaltung oft als überzogen interpretieren, besteht.
Schmitt et al. (1999: 171) konstatieren, daß diesem Widerspruch eine unterschiedliche
Vorstellung von Gerechtigkeit zugrunde liegt. Die gerechte Verteilung bzw. das Urteil über
die Verteilungsgerechtigkeit setze eine ,,Vergleichbarkeit des Zuteilungsanspruchs" voraus
(Schmitt et al., 1999: 171). Durch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist nunmehr
zwar ein formaler Gleichstellungsanspruch erreicht worden, die tatsächliche Umsetzung birgt
aber eine zeitliche Verzögerung, die mit der wachsenden Anspruchshaltung nicht kongruent
ist. Darüber hinaus wächst, je länger sich die erwarteten Ansprüche nicht erfüllen, die
Befürchtung, daß sich die erhofften materiellen und ideellen Homogenisierungsprozesse auch
in Zukunft nicht einstellen. Dies ist in erster Linie bedingt durch die strukturelle
Benachteiligung der Region Ostdeutschland.
Soziale Ungleichheit, bezogen auf die Verteilung gesellschaftlich wertvoller Güter, ist nicht
zwangsläufig gleichzusetzen mit sozialer Ungerechtigkeit. So kann sich das Gefühl der
sozialen Benachteiligung verstärken, obgleich sich die tatsächliche soziale Ungleichheit
verringert und umgekehrt.

15
Die Wahrnehmung von Ostdeutschen vollzieht sich vor allem in Abgrenzung zu
Westdeutschland. Die Tatsache, daß Westdeutschland den Vergleichsmaßstab für
Ostdeutschland bildet, gilt nicht erst seit der Vereinigung 1990. Der Unterschied zur
Vorwendezeit besteht allerdings darin, daß der von Schmitt et al. (1999) zitierte
Zuteilungsanspruch erst seit der Vereinigung vorhanden und seitdem auch strittig ist.
In der soziologischen Definition meint der Begriff Identität ,,das Gleichbleibende" und zwar
durch dauerhafte Übernahme bestimmter sozialer Rollen und Gruppenmitgliedschaft sowie
durch gesellschaftliche Anerkennung durch Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe
(Fuchs et al., 1978). Therborn (1995) weist darauf hin, daß die Identifikation des Einen nur
durch Gegenüberstellung mit dem Anderen möglich ist, und zwar durch Unterscheidung von
der Umwelt, durch Selbstidentifikation und durch Betrachtung durch die Außenwelt.
Je klarer demzufolge die Unterscheidung zum Anderen ist, desto klarer erscheint die eigene
(kollektive) Identität. Aber nicht nur in Ablehnung des Anderen, sondern im Zuspruch des
Selbst gelingt die Identifikation. Je klarer und unterschiedlicher die Anderen dabei erkennbar
sind, desto früher und stärker sollte eine unterscheidbare Identität entstehen. Andererseits gilt,
je klarer das Selbst ist, umso klarer ist auch die Unterschiedlichkeit zu den Anderen. Das
Loslösen von nahestehenden Anderen ist demzufolge ein Aspekt der Identitätsbildung.
Therborn erklärt ferner, daß es neben den Erfahrungen mit dem Anderen den Prozeß der Self-
assertion gibt: je mehr eigene Ressourcen vorhanden sind, umso stärker ist der Wunsch nach
einer separaten Autonomie (Therborn, 1995: 1ff.). Dabei schließt diese Differenzierung
bestimmte Unterbrechungsmomente ebenso ein wie stabile und dauerhafte Segmente.
Differenzierung ist daher ein sehr unregelmäßiger Prozeß. Therborn sieht diejenigen
Identitäten als am machtvollsten an, die die gleiche Herkunft haben. Identität bringe durch
Schaffung gleicher Normen und Werte individuelle Bewertungsstandards, Stil und Ethik
hervor.
Identität hat ferner eine zeitliche Dimension, beispielsweise wird die Vergangenheit mit der
Gegenwart gewichtet, indem vergangene Ereignisse höher oder niedriger bewertet werden als
gegenwärtige.
Identität ist eine notwendige Grenzmarkierung nicht gegen sondern durch etwas anderes
(Eder, 1999). Identität ist demnach die Identifizierung des Einen durch Abgrenzung von
Verschiedenem. Eder (1999) bestimmt zur Identitätsfindung drei symbolische Komponenten:
zunächst muß das Andere durch Inklusion und Exklusion normativ definiert werden,
daraufhin bedarf das Inkludierte einer affektiven Besetzung und Identifikation, um schließlich

16
symbolisch repräsentiert zu werden. Um die ost- und westdeutsche Bevölkerung miteinander
zu verknüpfen, ist schließlich eine gemeinsame Kultur notwendig, wobei deren Grundlagen
durchaus strittig sein können und nach Eder (1999) sogar sein müssen
12
. Damit die
bundesdeutsche Gesellschaft nicht als bloßer Zweckverband identifiziert wird, muß Kultur die
Verknüpfung der einzelnen sozialen Gruppen leisten.
Ein wesentlicher Punkt bei der Identifizierung des Selbst versus des Anderen ist, daß sich
kollektive Identitäten bilden, die zwar das gleiche Andere bestimmen, deren
Bestimmungsgründe aber voneinander abweichen können. Ferner haben Individuen multiple
soziale Identitäten, die kontextgebunden sind. Eine kollektive Identifikation ist demnach
abhängig vom Bezugsobjekt, so daß ost- und westdeutsche Gruppenidentität dann vorhanden
ist, wenn die regionale Zugehörigkeit im Vergleich zu anderen Bezugsmerkmalen als
wichtiger erachtet wird
13
. Im sozialwissenschaftlichen Diskurs geht es bei der Identifikation
von Gruppenidentitäten vor allem um deren Abgrenzung durch unterschiedliche
Einstellungen und Werte und deren potentiellen Wandel.
12
Eder (1999) verweist darauf, daß Kultur erst dann entstehe, wenn gemeinsames Wissen strittig sein könne,
denn ohne Dissens sei Kultur überflüssig. Kultur setze voraus, daß Konsens in Dissens überführt werden könne
und geteiltes Wissen neu bestätigt werde. Dazu seien kulturspezifische Regeln notwendig.
13
Geographische Identifikation ist vor allem abhängig von der Vergleichsdimension: wird man beispielsweise
außerhalb des eigenen Herkunftslandes nach der geographischen Zugehörigkeit gefragt, wird vermutlich das
Heimatland die Bezugsregion darstellen. Wird die Frage jedoch innerhalb des Herkunftslandes gestellt, ist die
geographische Identifikation eventuell eher regional etc.

17
3. Wertewandel
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf Einstellungs- und Wertewandel Ost- und Westdeutscher.
Zwei Schwerpunkte liegen der Untersuchung dabei zugrunde: soziale und politische
Einstellungen und Werte. Im ersten Schwerpunkt wird zunächst bezug genommen auf den
Wertewandel. Neben dem Versuch einer Eingrenzung der Begrifflichkeiten werden für die
Vergleichsgruppen relevante Werte hervorgehoben; auf deren Wirkung und
Verhaltensrelevanz wird anhand von Beispielen eingegangen. Sozialisationsbedingte
Besonderheiten durch die Transformationssituation und mitunter daraus resultierende
Erfassungsprobleme von Werten und Einstellungen schließen das erste Schwerpunktkapitel
ab. Dabei liegt die These der ,,inneren Mauer" zwischen Ost- und Westdeutschen den
Ausführungen zugrunde.
3.1. Einstellungen und Werte
Im Diskurs um sozialen Wandel wird oft das Begriffspaar des Werte- und Einstellungs-
wandels verwendet. Da in der Empirie kaum eine Begriffsdefinition angestrebt wird und im
theoretischen Diskurs sehr unterschiedliche Definitionen existieren, sind nachfolgende
Ausführungen im Sinne einer Zusammenstellung der wesentlichen Merkmale zu verstehen.
Fishbein/Ajzen (1975) definieren Einstellung als ,,a learned predisposition to respond in a
consistently favorable or unfavorable manner with respect to a given object" (Fishbein/Ajzen,
1975: 6). Demnach werden Einstellungen erlernt, sie bereiten das Handeln vor und dieses
Handeln ist in konsistenter Weise vorteilhaft oder unvorteilhaft für den Objektbezug.
Einstimmigkeit bei der theoretischen Begriffsbestimmung herrscht meist über die
Identifizierung von drei Kategorien (Fishbein/Ajzen, 1975), die vom tatsächlichen Verhalten
unterschieden werden müssen:
·
Affekte
(Gefühle und Bewertungen)
·
Kognitionen
(Meinungen und Glauben)
·
Konationen
(Intentionen des Verhaltens)
Einstellungen fallen nach Fishbein/Ajzen (1975) in die erste Kategorie, stehen aber mit den
beiden anderen in engem Zusammenhang. Eine Einstellung repräsentiert nicht eine
spezifische Überzeugung, sondern in ihr kumulieren eine Reihe von Meinungen in bezug auf

18
das Objekt. Analog sind Einstellungen nicht unabhängig vom intendierten Verhalten zu
betrachten. Außerdem bezieht sich die Einstellung nicht nur auf eine spezifische
Verhaltensintention. Die oben aufgeführte Triade steht dabei nicht nur in einem linearen
Zusammenhang, sondern die einzelnen Faktoren sind untereinander auch Wechselwirkungs-
und Rückwirkungsprozessen ausgesetzt, z.B. beeinflußt eine Überzeugung eine Einstellung
und diese beeinflußt wiederum rückwirkend die Überzeugung bzw. hat das von allen drei
Faktoren beeinflußte Verhalten Rückwirkung auf die Grundüberzeugung und verändert sie
oder prägt neue Meinungen über das Objekt. Die drei dargestellten Komponenten
unterscheiden sich nach Krech et al. (1962) in ihrer Valenz und Multiplexität. Valenz bezieht
sich auf Richtung und Grad einer Einstellung. Die Richtung bei kognitiven Elementen bilden
Ablehnung bzw. Zustimmung, bei affektiven Elementen Abneigung bzw. Zuneigung und bei
der verhaltensbestimmenden Komponente Unterstützung bzw. Aggression. Der Grad wird
durch die Lage einer Einstellungsausprägung zwischen den beiden Polen der jeweiligen
Komponente gemessen. Unter Multiplexität wird die Anzahl der Elemente der drei
Komponenten gefaßt, also die Zahl der Überzeugungen, Affekte oder
Verhaltensbereitschaften bezüglich eines Einstellungsobjekts.
Rokeach (1968) unterscheidet ferner objektbezogene von situationsbezogenen Einstellungen.
Situationsbezogene Einstellungen beziehen sich auf die Wahrnehmung einer Situation und
der subjektiven Bedeutung derselben für das Individuum, wobei die objektive Realität in
diesem Zusammenhang als sekundär betrachtet wird. Situations- und objektbezogene
Einstellungen interagieren bei einem Zusammentreffen zwischen Individuum und Objekt und
wirken so verhaltensbestimmend.
Einstellungen sind erlernt, zeitlich relativ stabil, gegenstandsbezogen und als latente Variable
aufzufassen (Schiefele, 1990). Sie bestimmen die Richtung bzw. die selektive Ausrichtung
des Denkens, Erkennens, Wahrnehmens, Urteilens, Wertens und Verhaltens (Hillmann, 1994:
173f.). Eine Einstellung kann oft zu verfestigten Strukturen von Anschauungen, Meinungen
oder Überzeugungen führen (Bernsdorf, 1969). Einstellungen beziehen sich auf ein
bestimmtes Objekt und sind deshalb ziel- oder zweckgerichtete Verhaltensbereitschaften.
Zum Objekt einer Einstellung kann jede Art von Umweltgegebenheit werden, z.B.
Gegenstände, Personen, Institutionen, Situationen oder auch Normen und Werte.
Einstellungen sind nicht angeboren, sondern werden durch Erfahrung vermittelt, sie sind das
Ergebnis der Interaktion und Kommunikation des einzelnen mit seiner Umwelt. Ferner sind
Einstellungen relativ situationsunabhängig und deshalb verhältnismäßig beständig. Eine
weitere wichtige Eigenschaft ist, daß Einstellungen emotional oder affektiv geladene
Stellungnahmen sind.

19
Einstellungen werden aus (verbalem oder nonverbalem) Verhalten geschlossen und sind nicht
das Verhalten selbst oder dessen Ursachen sondern vermittelnde Bedingungen, d.h. sie
reflektieren Werthaltungen der sozio-kulturellen Umwelt. Psychologische lerntheoretische
Ansätze verweisen darauf, daß einerseits Personen mit der gleichen Einstellung lernen
können, diese im Verhalten verschieden auszudrücken (Doob, 1947). Andererseits kann sich
die gleiche Einstellung von Personen in bezug auf ein Objekt in der Bedeutungsdimension des
Objekts unterscheiden (Osgood et al., 1957).
Einstellungen sind nicht starr, aber es bedarf der Änderung bestimmter Einflüsse und
Bedingungen, um einen Einstellungswandel zu erreichen. Einstellungen werden von externen
und internen Faktoren beeinflußt, wobei externe Faktoren objektbezogen sind und interne
Faktoren mit der Persönlichkeitsstruktur des Individuums, m. a. W. mit der sozialen
Wahrnehmung des einzelnen, zusammenhängen (Bernsdorf, 1969).
Bei der Einstellungsmessung ist zunächst von Bedeutung, wie ausgeprägt bzw. stark in bezug
auf das Objekt, wichtig und beständig die Einstellung für das Individuum ist. Die
entscheidende Frage bei der Einstellungsforschung bleibt aber ,, [...] ob, wodurch und in
welchem Ausmaß bereits bestehende Einstellungen planmäßig geändert oder die Bildung
neuer, erwünschter Einstellungen bewirkt werden kann" (Bernsdorf, 1969: 214). Es ist davon
auszugehen, daß sich Einstellungen um so schwerer ändern lassen, je stärker ihre Bedeutung
und ihre Unterstützung durch die sozio-kulturelle Umwelt ist.
Kulturtheoretische Überlegungen legen nahe, daß Akteure nicht direkt auf Situationen
reagieren, sondern ihre Handlungsmuster über Orientierungen leiten (Eckstein, 1988).
Psychologisch als Reiz-Reaktions-Modell (Stimulus-Response-Modell) dargestellt, werden
Antworten auf Stimuli (m. a. W. das Verhalten in Situationen) unterschieden in zum einen
Erfahrungen objektiver Situationen des Akteurs und zum anderen subjektive Verarbeitung des
Erfahrenen. Eckstein (1988) unterscheidet (Wert-) Orientierungen von Einstellungen.
Einstellungen seien Ausdrucksformen, die helfen Orientierungen zu finden. Orientierungen
werden in kollektiver Form zu kulturellen Wertmustern. Umgekehrt formuliert, repräsentieren
Wertorientierungen Handlungs- und spezifische Einstellungsmuster.
Orientierungen werden kulturell sozialisiert und zwar entweder direkt durch Regelzuweisung
oder indirekt über wiederholt gemachte Erfahrungen. In beiden Fällen ist eine
Wertegemeinschaft innerhalb einer Generation bzw. Geburtskohorte zu erwarten. Eckstein
(1988) bezeichnet frühes und späteres Lernen als kumulative Sozialisation, wobei es umso
schwieriger wird, Gelerntes rückgängig zu machen, je früher es angeeignet wurde. Nicht nur
für das eigene Handeln sondern ebenso für Handlungsmuster in Interaktion mit anderen sind
Wertorientierungen von äußerster Wichtigkeit, damit nicht jeder Handlungsschritt neu

20
überlegt werden muß. Formlosigkeit, Unsicherheit bis zu Entropie seien sonst, laut Eckstein,
soziale Folgen.
Nach Fishbein/Ajzen (1975) stehen Einstellungen in Zusammenhang mit Überzeugungen und
Werten gegenüber einem bestimmten Objekt, wobei Überzeugungen durch Informationen, die
sich ein Individuum selbst oder über die Objekte seiner Umwelt angeeignet hat, geprägt
werden. Einstellungen können Resultate vormaliger Wertprägung sein und lassen auf diese
Weise Rückschlüsse auf Werte und deren Wandel zu. Während Einstellungen nur
vermittelnde Funktion haben, können Werte grundlegende, zentrale, allgemeine
Zielvorstellung und Orientierungsleitlinie für das menschliche Handeln sein.
Werte sind laut Kluckhohn (1976) Vorstellungen des Wünschbaren. Sie sind nicht beliebig,
sondern verbindlich für den einzelnen. Außerdem sind Werte allgemeiner als Normen, weil
sie Orientierungspunkte und keine Vorschriften für das menschliche Handeln vorgeben
(Meulemann, 1996). Werterwartungstheoretische Ansätze (u. a. Atkinson, 1957) verweisen
darauf, daß Erwartungen erlernt werden und Personen ihr Verhalten in Erwartung potentieller
positiver Ereignisse beeinflussen. Diese Erwartungen können auf Wertüberzeugen beruhen,
die den Eintritt eines positiven Ereignisses durch individuelle Einflußnahme wahrscheinlich
machen.
Werte bilden für eine kollektive Einheit das Element der Integration. Rokeach (1973) versteht
unter einem Wert oder einer Werthaltung die Überzeugung, daß bestimmte Verhaltensweise
und Ziele vor deren Alternativen präferiert werden. Werte gelten für Rokeach als der
Einstellung und dem Verhalten übergeordnet. Mehrere Werte werden nach ihrer Priorität
hierarchisiert.
Bei Bernsdorf (1969) wird die Fähigkeit des Wertens als angeboren definiert, während die
Maßstäbe des Abwägens und Wertens durch Erziehung und Erfahrung erlernt werden. Man
unterscheidet ferner Ideal- und Grundwerte von instrumentellen Werten (Handlungsweisen
zum Erreichen von Idealwerten). Instrumentelle Werte wie beispielsweise Leistung oder
Effizienz üben oft stärkeren Einfluß auf das Verhalten aus als Idealwerte (Hillmann, 1994).
Werte gelten in Form von abstrakten Regeln als Normen der Religion, Sitte, Moral oder des
Rechts. Werturteile entscheiden indessen über die Angemessenheit oder Unangemessenheit
einer menschlichen Handlung.
Da die Gründe der Legitimität von sozialen Werten größtenteils im Irrationalen liegen, sind
Geltungsbereich und davon abgeleitete Wertnormen immer wieder im Fokus der Diskussion.
Deshalb sind irrationale Werte erst dann ,,soziale Werte" wenn sie empirisch nachweisbar als
,,gesellschaftliche Realitäten" wirksam werden (Bernsdorf, 1969: 1000).

21
Die Beurteilung sozialer Werte muß immer im zeitlichen und räumlichen Rahmen der zu
beobachtenden Wertegemeinschaft geschehen und deren materielle Lebenssituation muß mit
einbezogen werden. So können beispielsweise bestimmte Wertstandards, die in homogenen
Gemeinschaften sinnstiftend sind, eine soziale Gruppe charakterisieren, während in
pluralistischen Gesellschaften keine Gruppenidentifikation vermittels der gleichen Werte
stattfindet. Schließlich kann ,,nur solchen sozialen Wertungen [...] ,objektive`
Allgemeingültigkeit zuerkannt werden [...], die allen Gruppen der Gesellschaft gemäß sind,
d.h. auf die Existenzbedingungen aller Gesellschaftsteile, wenn auch in unterschiedlichem
Maße, zutreffen" (Ebenda: 1001).
Neben den Schwierigkeiten der bloßen Identifikation von Werten und Einstellungen kommt
es immer wieder zur Diskussion um Werte- und Einstellungswandel. Im Mittelpunkt steht
dabei die Wichtigkeit der Herstellung einer Wertegemeinschaft für demokratische Nationen.
Dabei sind Werte nicht die einzigen integrationsbestimmenden Merkmale einer Gesellschaft.
Der Zusammenhalt einer Gemeinschaft kann ebenso durch Zwang oder Gewalt stattfinden
(Fuchs, 1999: 152; Meulemann, 1996: 48). Das widerspricht jedoch dem Grundgedanken
demokratischer Gesellschaften und deshalb gelten geteilte gesellschaftliche Werte mitunter
als wichtigste Faktoren für die soziale Integration, einen gewaltfreien Umgang der Mitglieder
der Gemeinschaft voraussetzend. Der Erforschung der Werte und ihrem potentiellen Wandel
wird deshalb hohe Bedeutung beigemessen, weil Werte sämtliche Lebensbereiche in Politik,
Religion, Kultur, Wirtschaft etc. betreffen, deren Legitimation durch gemeinsame Werte
gewährleistet sein muß.
Als einer der gegenwärtig wichtigsten empirischen Forscher in der Wertewandeldiskussion
gilt Ronald Inglehart (1971, 1977, 1987, 1989a, 1989b), der vor allem mit seiner Theorie der
,,Silent Revolution" für kontroverse Debatten sorgte. Inglehart sieht im Übergang von der
industriellen zur postindustriellen Gesellschaft einen gleichzeitigen Wandel von
materialistischen zu postmaterialistischen Werten, bedingt durch das hohe Niveau an
existentieller Sicherheit, welches Wirtschaftswachstum und wohlfahrtsstaatliche Entwicklung
nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hervorgerufen haben.
Empirisch erfaßt er mittels eines Ranking-Verfahrens auf den Polen eines eindimensionalen
Kontinuums materialistische und postmaterialistische Werte. Teil der Ingelhartschen
Erklärung dafür, daß gesellschaftliche Werte ausschließlich diese beiden Werttypen
umfassen, sind dabei Mangel- und Sozialisationshypothese. Die Mangelhypothese
berücksichtigt, daß die Prioritäten einer bestimmten Geburtskohorte Ausdruck ihrer
ökonomischen Umwelt sind und deshalb subjektive Wertpriorität auf knappen Gütern und

22
Werten liegt
14
. Die Sozialisationshypothese deutet ferner darauf hin, daß es eine zeitliche
Verzögerung zwischen sozioökonomischer Umwelt und Wertpriorität gibt. Daraus folgt, daß
Grundwerte des Menschen größtenteils durch Bedingungen geprägt sind, die während des
Heranwachsen gelten und sich deshalb nicht sehr schnell durch neue äußere Faktoren
verändern lassen.
Die Hauptkritik an Ingleharts Thesen wendet sich zum einen gegen die Eindimensionalität
des Wertekontinuums Materialismus und Postmaterialismus. Dabei wird der Vorwurf geltend
gemacht, das Modell lasse keine gleichrangigen Orientierungen auf beide Wertbereiche zu, da
es auf distinkten Wertedimensionen aufbaue. Deshalb sind auch Wertverlust oder
Wertsynthese nach Ingelharts Modell nicht möglich (Klein, 1995; Maag, 1991). In diesem
Zusammenhang wird besonders die Methode des Rankings kritisiert. Der zweite Kritikpunkt
zielt auf das Argument der formativen Prägung als wichtigste Variable der Wertorientierung.
Dagegen wird argumentiert, daß die Stellung im Lebenszyklus eine ebenso wichtige Rolle für
den Wertewandel spielt (Flanagan, 1982a, 1982b).
Auch methodisch bleiben kritische Vorwürfe nicht aus. Meulemann (1996) bemängelt, daß
Ingelhart seine Wertewandelthese nur an den unterschiedlichen Werturteilen zweier
Altersgruppen festmacht, nämlich an alten und jungen Personen. Dafür kann aber ein
einfacher Alterseffekt verantwortlich sein, denn es ist nicht überprüfbar, ob die Jungen nicht
ebenso antworten wie die Alten wenn sie selbst alt sind. Deshalb sei aufgrund der
vorliegenden Information ein Wertewandel nicht nachweisbar (Ebenda: 63).
Die Erfahrung vieler Autoren, die sich mit Werte- und Einstellungswandel beschäftigt haben,
zeigt, wie schwierig die Eingrenzung dieser Begriffe ist (u. a. Meulemann, 1996, 1998a;
Kluckhohn, 1967). Die Probleme beziehen sich vor allem auf die empirische Erfaßbarkeit von
Werten, ihre relative Langlebigkeit, die schwer zu untersuchende Verhaltensrelevanz von
14
Ingleharts führt das Beispiel des intergenerationalen Wandels zwischen Nachkriegsgeneration und deren
Folgegeneration an. Aus der unterschiedlichen Sozialisation der beiden Geburtskohorten resultiere eine
unterschiedliche Wertepriorität. Da die Kinder der Nachkriegsgeneration im Überfluß aufwuchsen, spielt
ökonomische Sicherheit eine geringere Rolle als bei der Elterngeneration.

23
Einstellungen und Werten und die Diskussion um das besonders in der empirischen
Sozialforschung verwendete Konzept Ronald Ingleharts.
3.2. Zentrale Werte moderner Gesellschaften: Gleichheit und Leistung
Zunächst soll anhand der Werte Gleichheit und Leistung bezug nehmend auf theoretische
Ausführungen Meulemanns (1995, 1998a, 2000) beispielhaft dargestellt werden, welche
Schwierigkeiten sich bereits bei der Definition der Wertbegriffe ergeben, sobald es sich um
den Vergleich zweier unterschiedlich sozialisierter Vergleichsgruppen handelt.
Meulemann (1995) definiert Leistung als das nach sozialen Gütekriterien meßbare Ergebnis
persönlicher Anstrengung. Leistung kann zugleich persönlichen Einsatz sowie sozialen
Gewinn bedeuten, Chancengleichheit vorausgesetzt
15
. Die beiden Werte Gleichheit und
Leistung bedingen einander, weil Leistung die soziale Ungleichheit legitimieren kann und
somit funktional differenzierte Gesellschaften relativ stabil bleiben können. Meulemann
(1998a, 2000) verweist außerdem darauf, daß für moderne, differenzierte Gesellschaften die
beiden Werte Gleichheit und Leistung von besonderer Wichtigkeit sind. Er fügt später einen
dritten Wert hinzu, die Mitbestimmung, die neben der sozialen Differenzierung für die
funktionale Differenzierung entscheidend ist.
Dabei liegen Werte auf einer höheren Hierarchiestufe als beispielsweise Meinungen oder
Bewertungen, weil sie früh sozialisiert und verinnerlicht werden und dadurch relativ stabil
sind. Meulemann (1996) definiert Werte als Orientierungspunkte des Handelns, die
wesentlich zur Integration einer Gesellschaft beitragen. Sie bestimmen die nationale Identität,
die wiederum meßbar am Grad der Unterstützung der Werte sei
16
. Werte leiten
Entscheidungen über Normen, nach denen sich das Handeln (konform oder auch abweichend)
richte. Konfligierende Werte werden über Kompromisse zu Normen. Zwar sind Werte nach
Meulemann (1996) die Basis für das Handeln, sie wirken aber im Alltag im Hintergrund.
15
Mit Chancengleichheit ist bei Meulemann (1995) die Rechtfertigung unterschiedlicher Ergebnisse aufgrund
unterschiedlicher Leistung gemeint.
16
Ein wichtiger Hinweis Meulemanns (1996) deutet auf einen Widerspruch zwischen Werten und Identität der
Ostdeutschen. Obgleich sich die Werte der Ost- und Westdeutschen immer weiter annäherten, werde das
Identitätsbewußtsein der Teilgruppe der ostdeutschen Bevölkerung ­ im Sinne der wachsenden Bedeutung des
Regionenfaktors - immer stärker. Die Zugehörigkeit zur Region der NBL bestimme demnach die Identität mehr
als die Werte, die sich an sie knüpfen.

24
Er betrachtet Gleichheit als die Voraussetzung und Leistung als das Ergebnis der sozial
differenzierten Gesellschaft (Meulemann, 1998a, 2000)
17
:
·
Der Wert Gleichheit impliziert Chancengleichheit, die tatsächliche Ungleichheit als
Ergebnis individueller, nach verbindlichen Gütemaßstäben meßbarer Anstrengung
rechtfertige. Dabei müsse Gleichheit nicht nur individuell gewollt sondern auch sozial
möglich sein.
·
Leistung als Wert erfordert, daß jeder in seiner spezialisierten Funktion Individualität
gewinnen kann. Leistung als Selbstverwirklichung durch spezialisierte Arbeit muß nach
Meulemann ein realistisches Ziel sein.
Am Beispiel des Vergleichs zwischen der DDR und der BRD wird deutlich, daß den
Systemunterschieden unterschiedliche Auffassungen von Leistung im Sinne der
Arbeitsproduktivität unterliegen. Leistung wurde und wird in den ABL als Versuch
verstanden, selbstgewählte Gütemaßstäbe zu erfüllen, während in der DDR die Erfüllung der
staatlich auferlegten Arbeitsnormen im Vordergrund stand.
Gegen die Vermutung Meulemanns (1998a, 2000), daß, aufgrund der divergierenden
Sozialverfassungen der BRD und der DDR und den daraus folgenden Strukturchancen, im
Vergleich zu den NBL, Gleichheit in den ABL weniger betont sein müsse als Leistung und
Mitbestimmung, kann gerade umgekehrt bezug nehmend auf Ingleharts (1971, 1977, 1987)
Mangelhypothese argumentiert werden, daß durch das Vorhandensein der Werterfüllung von
Leistungsprinzip und Mitbestimmung, Gleichheit in der Wertepriorität der Westdeutschen
steigt
18
. DDR und BRD unterschieden sich in der Internalisierung der Werte Gleichheit und
Leistung, indem Leistung in der DDR in erster Linie mit Planerfüllung konnotiert wurde, in
der BRD dagegen als mehr oder minder freiwillige Arbeit mit dem Ziel der
Selbstverwirklichung galt. Berufliche Selbstverwirklichung war in der DDR einerseits durch
eine restriktive Arbeitsmarktpolitik und Einkommensnivellierung kaum möglich, andererseits
verhinderten Arbeitsplatzgarantie und geringe Einflußnahme auf die Planwirtschaft
individuell-leistungsbezogene Auf- oder Abwärtsmobilität. Die Umsetzung des Wertes
Gleichheit wurde in der DDR von staatlicher Seite ideologisch vorgegeben, während in der
17
Meulemann führt die Mitbestimmung als weiteren Wert der modernen Gesellschaft an; sie gewinne an
Wichtigkeit, weil die funktionale Differenzierung bestimmte gesellschaftliche Teilbereiche abschotte.
18
Dieses Ergebnis unterstützt Ingleharts Mangelhypothese (vgl. Kapitel 5.1.), davon ausgehend daß individuelle
Prioritäten gerade den Mangel knapper Güter und Werte widerspiegeln.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832476403
ISBN (Paperback)
9783838676401
Dateigröße
908 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin – Philosophische Fakultät III, Sozialwissenschaften
Note
1,5
Schlagworte
sozial transformation politisch ostdeutsch
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Titel: Konstanz oder Wandel?
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