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Effektiver Jugendschutz im Internet im Lichte der Meinungsäußerungsfreiheit nach deutschem öffentlichen Recht

©2003 Diplomarbeit 117 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die rasche technische Entwicklung des Mediums Internet stellt Gesetzgeber, Rechtsprechung und vollziehende Gewalt vor immer neue Herausforderungen. Der Gesetzgeber reagierte auf die zunehmende Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen infolge des gesteigerten Konsums der Neuen Medien zum 1.4.2003 mit verschärften gesetzlichen Vorgaben in Form eines Jugendschutzgesetzes und des Jugendmediendienste-Staatsvertrages.
Inhalt dieser Diplomarbeit war primär die Frage, inwieweit der von staatlicher Seite angestrebte effektive Jugendschutz im Internet einerseits und die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsäußerungsfreiheit andererseits gewährleistet werden können.
Darüber hinaus wird in dieser Arbeit geklärt, inwieweit anhand der bestehenden gesetzlichen Regelungen eine umfassende Kontrolle des Mediums Internet möglich ist und ob diese im Rahmen der Grundlagen eines demokratischen Verfassungsstaats vollständig in der Hand staatlicher Organe liegen sollte.
Über eine Bewertung der bestehenden gesetzlichen Grundlagen hinaus, wird die Aufgabe des Staates, die Möglichkeiten präventiver wie repressiver Kontrolle von Internetinhalten und die notwendigen Grenzen staatlicher Kontrolle aufgezeigt. Den Abschluss bildet die Einbeziehung des internationalen Wirkungsbereiches des Internets.
Die Klärung der vorgenannten Leitfragen wird im Rahmen dieser Arbeit durch folgende inhaltliche Schwerpunkte vorgenommen:
- Darstellung und Bewertung der Grundlagen für den Jugendschutz im Internet – Empirische Daten und Anlassfälle.
- Abwägung zwischen effektivem Jugendschutz und Meinungsäußerungsfreiheit – Darstellung und Bewertung der anwendbaren Rechtsgrundlagen.
- Analyse der Rolle und Aufgabe des Staates im Rahmen der Kontrolle von Internetinhalten.
- Diskussion präventiver Kontrolle – Gefahrenabwehr, Verantwortlichkeit für rechtswidrige Inhalte, polizeirechtliche und private Kontrollmittel.
- Diskussion repressiver Kontrolle – Strafverfolgung und strafbare Handlungen im Internet.
- Grenzen staatlicher Kontrolle.
- Der globale Wirkungsbereich des Internets – Anwendbarkeit deutschen Rechts im internationalen Rahmen, Verhältnis zwischen Handlungs- und Erfolgsort.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
TABELLENVERZEICHNISV
ABBILDUNGSVERZEICHNISVI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNISVII
EINLEITUNG1
TEIL 1: GRUNDLAGEN ZUM JUGENDSCHUTZ IM INTERNET3
A.NEUE MEDIEN - NEUE HERAUSFORDERUNGEN3
I.Die Jugend und das Internet3
II.Anlassfälle8
B.BEGRIFFLICHE […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7592
Weidner, Ruth: Effektiver Jugendschutz im Internet im Lichte der
Meinungsäußerungsfreiheit nach deutschem öffentlichen Recht
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Universität, Diplomarbeit,
2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

II
Während sich vor ihren Augen das Glücksrad dreht und sie sich in der Irrealität
des Mediums verlieren,
zerbröckeln leise die tragenden Strukturen der repräsentativen Demokratie,
stirbt die soziale Kommunikation,
triumphiert das mitleidlose Kalkül der Vermarktung
und schafft sich unter wohlklingenden Metaphern immer neue Instrumente der
Enteignung und Entmündigung
Manfred Buchwald, Medien-Demokratie? - Auf dem Weg zum entmündigten Bürger, 1997

III
Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS ... III
TABELLENVERZEICHNIS... V
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... VII
EINLEITUNG... 1
TEIL 1: GRUNDLAGEN ZUM JUGENDSCHUTZ IM INTERNET ... 3
A. N
EUE
M
EDIEN
­
NEUE
H
ERAUSFORDERUNGEN
... 3
I. Die Jugend und das Internet... 3
II. Anlassfälle ... 8
B. B
EGRIFFLICHE
A
BGRENZUNG
... 13
I. Effektiver Jugendschutz ... 13
II. Internet ... 17
III. Meinungsäußerungsfreiheit ... 19
C. Z
USAMMENFASSUNG
... 22
TEIL 2: DIE SICHERUNG VON EFFEKTIVEM JUGENDSCHUTZ IM
INTERNET UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER
MEINUNGSÄUßERUNGSFREIHEIT ... 23
A. A
NWENDBARE
R
ECHTSGRUNDLAGEN FÜR DEN
J
UGENDSCHUTZ IM
I
NTERNET
... 24
I. Verfassungsrechtliche Grundlagen ... 24
1. Grundgesetz ... 24
2. Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten... 27
3. Strafgesetzbuch ... 28
II. Einfachgesetzliche Grundlagen... 30
1. Teledienste-Gesetz ... 31
2. Mediendienste-Staatsvertrag ... 33
3. Jugendschutz-Gesetz ... 35
4. Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den
Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien ­
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag... 37

IV
B. D
IE
P
RAKTIKABILITÄT BESTEHENDER GESETZLICHER
R
EGELUNGEN FÜR DIE
S
ICHERUNG DES
J
UGENDSCHUTZES IM
I
NTERNET UND DER
M
EINUNGSÄUßERUNGSFREIHEIT
... 39
I. Grundgesetz und Strafgesetzbuch... 39
II. Teledienste-Gesetz und Mediendienste-Staatsvertrag... 44
C. D
IE
K
ONTROLLE VON
I
NTERNETINHALTEN
... 50
I. Die Kontrolle von Internetinhalten als staatliche Aufgabe ... 50
II. Präventive Kontrolle ... 57
1. Begriffliche Einordnung der Gefahrenabwehr ... 58
2. Die Zuordnung der Verantwortlichkeit im Sinne der Haftung für
rechtswidrige Inhalte im Internet... 61
3. Polizeirechtliche Mittel ... 67
4. Private Mittel ... 70
IV. Repressive Kontrolle ... 74
1. Begriff der Strafverfolgung ... 74
2. Strafbare Handlungen im Internet ... 76
3. Staatliche Mittel im Bereich der Repression... 78
V. Grenzen staatlicher Kontrolle ... 81
D. Z
USAMMENFASSUNG
... 86
TEIL 3: ABSCHLIEßENDE BETRACHTUNGEN... 87
A. D
ER GLOBALE
W
IRKUNGSBEREICH DES
I
NTERNETS
... 87
I. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts im internationalen Rahmen... 87
II. Das Verhältnis zwischen Handlungsort und Erfolgsort... 91
B. F
AZIT
... 95
LITERATURVERZEICHNIS... 98

V
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Übersicht der Internetdienste...18
Tab. 2:
Polizeiliche Aufgabenkategorien...60
Tab. 3:
Gegenüberstellung der Verantwortlichkeitsregelung
für Internetinhalte nach § 5 TDG/ MDSTV und PAG...64

VI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Ausstattung privater Haushalte mit Personal
Computern und Internetzugang in Deutschland ­
Ost-West-Vergleich...3
Abb. 2:
Reziproker Kommunikationsprozess
nach Osgood...5
Abb. 3:
Der Gatekeeper-Prozess nach
David Manning White...6
Abb. 4:
Vier Verantwortungsbereiche zur Sicherung von
Jugendschutz und Meinungsfreiheit...23
Abb. 5:
Black-Box-Modell...52
Abb. 6:
Die Einordnung wissenschaftlicher Diskussions-
schwerpunkte für die Kontrolle von Internetinhalten
nach dem Black-Box-Modell...52

VII
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
AfP
Archiv für Presserecht
AG
Amtsgericht
akt.
aktualisierte
AöR
Archiv für öffentliches Recht
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
Az.
Aktenzeichen
BayGVBl.
Bayerische Gesetz- und Verordnungsblätter
BayPAG Bayerisches
Polizeiaufgaben-Gesetz
Bd.
Band
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblätter
BGH
Bundesgerichtshof
BGHSt
Amtliche Sammlung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
BT-Drs.
Drucksachen des Deutschen Bundestages
BTX
Bildschrimteletext
BVerfGE
Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfas-
sungsgerichts
Buchst. Buchstabe
bzw.
beziehungsweise
CR
Computer und Recht
ders.
derselben
d. h.
das heißt
Drs.
Drucksache
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
et. al.
et aliud
f. Folgende
Seiten
ff. Fortfolgende
Seiten
FTP
File Transfer Protocol
gem.
gemäß
GG
Grundgesetz
GjS
Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften
GjSM
Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und
Medieninhalte

VIII
Hg. Herausgeber
Hs. Halbsatz
Inc. Incorporation
IuKDG
Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz
i. V. m
in Verbindung mit
i. S.
im Sinne
JMS-Report Jugendmedienschutz-Report
JMStV
Jugendmedienschutz- Staatsvertrag
JÖSchG
Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit
JuS
Juristische
Schulung
JuSchG Jugendschutz-Gesetz
JZ Juristen
Zeitung
KJ
Kritische
Justiz
KJM
Kommission für den Jugendmedienschutz
LG
Landgericht
MDStV Mediendienste-Staatsvertrag
MEPolG
Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes
und der Länder (10./11.6.1976; 25.11.1975)
Mio.
Millionen
MMR
Multimedia und Recht
Nr.
Nummer
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NStZ
Neue Zeitschrift für Strafrecht
PAG
Polizeiaufgabengesetz
PC
Personalcomputer
PICS
Platform for Internet Content Selection
Rdn.
Randnummer
RSACi
Recreational Software Advisory Council
RStV
Rundfunk-Staatsvertrag
S.
Seite
sog.
so
genannte
StGB
Strafgesetzbuch
StPO
Strafprozess-Ordnung
Tab.
Tabelle
TDG
Teledienste-Gesetz
u. a.
und andere
überarb. überarbeitet
vgl.
vergleiche

IX
Ve-MePolG Vorentwurf zur Änderung des MEPolG
www
world wide web
Ziff.
Ziffer
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
ZUM
Zeitschrift für Urheber- und Multimedia-Recht

1
Einleitung
Das Software-Unternehmen Microsoft hat mit der weltweiten Schließung sei-
ner Diskussionsforen (Chats) des Microsoft-Netzwerkes (MSN) zum 14. Okto-
ber 2003 für Schlagzeilen gesorgt.
1
Der offiziellen Begründung des Unterneh-
mens zufolge erfolgt diese Maßnahme aufgrund der steigenden Anzahl von
unerwünschten Werbemails. Jedoch legt die Tatsache, dass kein Alternativpro-
gramm angeboten werden soll, die Vermutung nahe, dass für diese umgehende
sowie umfassende Sperrung primär die in der Vergangenheit stark angestiege-
ne Verbreitung von Kinderpornografie über die Gesprächsforen verantwortlich
ist.
Microsoft war zu diesem kompromisslosen Vorgehen gegen geschätzt 1,2 Mil-
lionen Nutzer der MSN-Chats verpflichtet, da im Zuge des am 1. April 2003 in
Kraft getretenen Jugendschutz-Gesetzes sowie Jugendmediendienste-Staatsver-
trags die Regelungen für die Verantwortlichkeit der Provider für Internetange-
bote, anknüpfend an die internetspezifischen Normen des Telekommunika-
tionsdienste-Gesetzes (TDG) und den Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV),
verschärft worden waren. Das Kommunikationsmedium, das sich durch Ano-
nymität, globale Reichweite und rasche technische Neuerungen auszeichnet,
war in den letzten Jahren vermehrt zur Plattform für rechtswidrige Taten wie
beispielsweise die Verbreitung von Kinderpornographie geworden. Der Ge-
setzgeber gab damit eine legislatorische Antwort auf die Notwendigkeit eines
umfassenden Rechtsrahmens für das Neue Medium und trug damit zu einer
Gewährleistung des verfassungsrechtlich hervorgehobenen Interesses an einem
effektiven Jugendschutz bei.
Dennoch stellt gerade die rasche technische Entwicklung des Mediums Ge-
setzgeber, Rechtsprechung und vollziehende Gewalt vor immer neue Heraus-
forderungen. In dieser Arbeit soll daher geklärt werden, wie ein effektiver Ju-
gendschutz im Internet im Lichte der Meinungsäußerungsfreiheit ermöglicht
werden kann. Von Interesse ist dabei insbesondere, inwieweit anhand der be-
stehenden gesetzlichen Regelungen eine umfassende Kontrolle des Mediums
möglich ist und ob diese vollständig in der Hand staatlicher Organe liegen soll-
te. Dabei soll der Schwerpunkt auf der Betrachtung der für das Öffentliche
Recht relevanten Aspekte liegen und der Bereich des Privatrechts ausgeblendet
werden.
1
Tagesschau.de, Microsoft schließt Chatrooms wegen Kindpornographie, 2003

2
Im ersten Teil der Untersuchung sollen die wesentlichen Grundlagen zum Ju-
gendschutz im Internet erläutert werden. Dabei zeigen die gewählten Anlassfäl-
le die Brisanz der vorliegenden Thematik auf. Eine anschließende begriffliche
Abgrenzung stellt die Basis für die nachfolgende Erörterung dar.
Teil 2 behandelt die Abwägung zwischen der Sicherung eines effektiven Ju-
gendschutzes und der Meinungsäußerungsfreiheit. Zunächst soll anhand der
anwendbaren Rechtsgrundlagen für den Jugendschutz im Internet deren Prakti-
kabilität für die vorgenannte Zielsetzung diskutiert und etwaige Unzulänglich-
keiten für die Kontrolle von Internetinhalten aufgezeigt werden. Damit stellt
sich die Frage, in welcher Art und vor allem in welchem Ausmaß diesen von
staatlicher Seite begegnet werden kann. Inhalt des folgenden Kapitels ist daher
die Analyse der Aufgabe des Staates in der Kontrolle von Internetinhalten. Im
Zentrum der anschließenden Diskussion um die präventive Kontrolle steht die
Zuordnung der Verantwortlichkeit für rechtswidrige Inhalte im Internet sowie
die Eignung privater Selbstkontrollorganisationen und Filtersysteme. Die Er-
heblichkeit internetspezifischer Tatbestandsmerkmale im Rahmen strafbarer
Handlungen im Internet, die Gegenstand des Kapitel IV ist, führt direkt zu der
Darstellung der Grenzen staatlicher Kontrolle im Internet in Kapitel V. Im
Dritten Teil der Arbeit soll schließlich die Anwendbarkeit des deutschen
Rechts im internationalen Rahmen diskutiert und damit dem globalen Wir-
kungsbereich des Internets Rechnung getragen werden. Abgerundet wird die
Untersuchung mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und
einer Vorstellung eines integrativen Modells als Lösungsansatz für die Siche-
rung eines effektiven Jugendschutzes im Internet und dem Recht auf Mei-
nungsäußerungsfreiheit.

3
Teil 1: Grundlagen zum Jugendschutz im Internet
A. Neue Medien ­ neue Herausforderungen
I. Die Jugend und das Internet
Das Medium Internet gilt heute als Symbol für weltweite Vernetzung und glo-
bale Kommunikation.
2
Die im Jahre 1969 als geheimes staatliches Informati-
onssystem für das Militär in den Vereinigten Staaten von Amerika konzipierte
Technologie
3
sorgte in den letzten Jahren für einen tiefgreifenden gesellschaft-
lichen Wandel. Begriffe wie ,,Zeitalter der Multimedialität", ,,Informationsge-
sellschaft" und ,,globale Vernetzung" gehören mittlerweile zum Alltagsreper-
toire. Subsumiert wird darunter im Allgemeinen die Aufhebung der Grenzen
zwischen Massen- und Individualkommunikation einerseits und Unterhaltung,
Medien und Computertechnik andererseits.
4
Die rasche Verbreitung und hohe Akzeptanz des Internets geht im Wesentli-
chen mit der Ausstattung privater Haushalte mit Personalcomputern (PC) ein-
her.
5
Besaß im Jahr 1993 in Deutschland-West nur jeder fünfte und in Deutsch-
land-Ost nur jeder sechste Haushalt einen eigenen PC, so waren es im Jahr
Abb. 1: Ausstattung privater Haushalte mit Personalcomputern und Internetzugang in
Deutschland ­ Ost-West-Vergleich
6
2
J. Groebel/B. Konert, Fernsehen und Internet ­ Neue Risiken, neue Regulierungsfragen,
2002, S. 2.
3
T. Strömer, OnlineRecht ­ Rechtsfragen im Internet, 2002, S. 3f.
4
S. EngelFlechsig/A. F. Maennel/A. Tettenborn, Das neue Informations und Kommunikations-
diensteGesetz, NJW 1997, 2981
5
B. v. Eimeren, Internetnutzung Jugendlicher, in: Media Perspektiven, 2/2003, S. 68
6
Eigene Darstellung nach Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Deutschland in Zahlen, 2002,
S. 66
16,3
35,6
43,4
22,4
42,8
48,2
0
5,2
12,2
0
8,8
17,4
0
10
20
30
40
50
60
1993
1998
2000
1993
1998
2000
Ost
West
Ausstattung privater Haushalte in Deutschland
P
rozentual
er A
n
tei
l
Personalcomputer
Internetzugang

4
2000 in beiden Teilen Deutschlands bereits knapp die Hälfte aller Haushalte.
7
Dieser Trend, Computer in den Alltag der Familien einzubinden, führte auch
zu einer raschen Akzeptanz des Internetanschlusses in den privaten Haushalten.
Den Ergebnissen der ARD/ZDF Online-Studie im Jahr 2003 zufolge, hat sich
die Zahl der Internetnutzer in Deutschland von 4,7 Mio. im Jahr 1998 bis 2003
auf 28,3 Mio. versiebenfacht
.
8
Das Neue Medium ist für Jugendliche im Alter
von 14 bis 19 Jahren ein selbstverständlicher Bestandteil ihres Lebens gewor-
den. Die ,,Generation @"
9
, wie sie sich selbst bezeichnet, unterscheidet sich in
ihren Ansprüchen an das Internet erheblich von den erwachsenen Konsumen-
ten. Während letztere vor allem die schnelle und universelle Informationsge-
winnung schätzen, präferiert die jüngere Generation die Möglichkeit, weitest-
gehend ohne Zugangsbeschränkungen auf unkomplizierte und anonyme Wiese
zu kommunizieren und sich dadurch in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
10
Gemäß ihren eigenen Angaben ist die Mehrzahl der jugendlichen Nutzer an
Internetangeboten der Kategorien Comedy (48%), Unterhaltung (55%), sowie
Kontakten zu anderen Nutzern in so genannten Diskussionsforen oder
Chatrooms (64%) interessiert.
11
Letztgenannte offerieren die Teilnahme an
reziproken Kommunikationsprozessen und damit die Möglichkeit, eigene
Wünsche und Vorstellungen einzubringen und umzusetzen. Eine deutliche Prä-
ferenz der Jugendlichen für den Erlebnis- und Unterhaltungswert des Mediums
vor Informations- und Zweckorientierung spiegelt auch die steigende Beliebt-
heit von Computerspielen
12
, die über das Internet mit anderen Teilnehmern
gespielt werden können, wider.
Jugendliche nutzen das Internet demnach vorwiegend als Kommunikations-,
weniger als Informationsmedium. Den Grundlagen der Kommunikationstheo-
rie zufolge ist Kommunikation als der symmetrische Austausch von Informati-
7
Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Deutschland in Zahlen, 2003, S. 66
8
B. v. Eimeren, Internetnutzung Jugendlicher, in: Media Perspektiven 2/2003, S. 67. Zur Inter-
netnutzung Jugendlicher im Jahresvergleich auch: ders./B. MaierLesch, Internetnutzung Ju-
gendlicher ­ Surfen statt fernsehen?, in: Media Perspektiven 11/1999, S. 591 ff.; B. van Ei-
meren/G. Heinz /B. Frees, Entwicklung der OnlineNutzung in Deutschland ­ Mehr Routine,
weniger Entdeckerfreude. ARD/ZDF OnlineStudie 2002, in: Media Perspektiven 8/2002, S.
346 ff.; zum internationalen Vergleich vgl. R. Köcher, Repräsentativbefragung von Internet-
nutzern in Australien, Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika, in: J. Walter-
mann et al. (Hg.), Verantwortung im Internet: Selbstregulierung und Jugendschutz, 2000, S.
433 ff.
9
B. v. Eimeren/B. MaierLesch, Internetnutzung Jugendlicher ­ Surfen statt fernsehen?, in:
Media Perspektiven 11/1999, S. 591; R. Richard, Jugendschutz im Internet, 2001, S. 9
10
ders.
11
ders., S. 75
12
ders. S. 71

5
onen zwischen den Kommunikationsteilnehmern definiert. Unter der Voraus-
setzung der Symmetrie haben sowohl Sender als auch Empfänger zu gleichen
Teilen die Möglichkeit auf das Geschehen einzuwirken und sich selbst einzu-
bringen (vgl. Abb. 2).
13
Dies entspricht weitgehend den oben genannten Wünschen Jugendlicher, aktiv
auf das Geschehen einwirken zu können. Sie verbinden mit dem Medium In-
ternet vorwiegend den Begriff der Interaktivität. Interaktivität (lat. inter = zwi-
schen; lat. actio = Tat, Handlung) wiederum bedeutet Handlungen zwischen
mindestens zwei oder mehr Kommunikationspartnern. Dieser Anforderung
Jugendlicher, des reziproken Austausches mit Gleichgesinnten, soll durch Dis-
kussionsforen auf kommerziellen Internetseiten entsprochen werden. Dabei
üben diese einen wesentlichen Einfluss auf den Entwicklungsprozess der He-
ranwachsenden aus.
14
Abb. 2: Reziproker Kommunikationsprozess nach Osgood
15
Von einem ausgeglichenen, symmetrischen Kommunikationsprozess kann bei
diesen Angeboten meist nicht gesprochen werden. Jugendliche, auf der Suche
nach Interaktivität und sozialen Kontakten
16
, nutzen vorwiegend das Angebot
professionell gestalteter, kommerzieller Webseiten, die für die Zielgruppe äu-
ßerst attraktiv sind. Dabei werden Werbung, Medienidole und Computerspiele
als Mittler gezielt eingesetzt, um Jugendliche konsequent zu beeinflussen und
an die eigene Marke
17
oder Organisation zu binden. Dies stört das Gleichge-
wicht jeglicher, auf Reziprozität angelegten Interaktion. Jugendliche sind damit
nicht wirklich gleichberechtigte Akteure, sondern reagieren überwiegend auf
13
W. Schulz, Kommunikationsprozess, in: E. NoelleNeumann/W. Schulz/J. Wilke, Fischer
Lexikon ­ Publizistik/Massenkommunikation, 2000, S. 147
14
jugendschutz.net, Gewaltspiele im Internet, 2003; M. Machill, BITKOM WorkshopNeuer
Jugendschutz für neue Medien, 2003
15
vgl. W. Schulz, Kommunikationsprozess, in: E. NoelleNeumann/W. Schulz/J. Wilke, Fischer
Lexikon ­ Publizistik/Massenkommunikation, 2000, S. 147; W. Schramm, The Nature of
Communication between Humans, in: W. Schramm (Hg.), The Process and Effects of Mass
Communication, 1971, S. 24
16
B. v. Eimeren, Internetnutzung Jugendlicher, in: Media Perspektiven 2/2003, S. 68 ff.
17
ders., S. 75
Encoder
Interpreter
Decoder
Encoder
Interpreter
Decoder
Message
Message

6
das ihnen Dargebotene. Der kommunikative Prozess wird so auf das reaktive
Moment reduziert.
Der Jugendliche agiert in einem virtuellen Raum, der Handlungsfreiheit simu-
liert. Die Anbieter von Internetinhalten wirken jedoch als so genannte Gate-
keeper.
18
Sie selektieren das Angebot im Voraus und üben damit auf die Hand-
lungsmöglichkeiten und das Informationsangebot, auf das der Nutzer zugreifen
kann und damit letztendlich dessen Wissensspektrum, Meinungen und Werte
einen erheblichen Einfluss aus.
Abb. 3: Der Gatekeeper-Prozess nach David Manning White
19
Jugendlichen wird durch das Medium Internet somit ein Ort der unbegrenzten
Möglichkeiten simuliert.
20
Vor allem Internetseiten mit Gewaltcomputerspie-
len, rassistischen Inhalten oder Diskussionsforen zu pornografischen Themen
stellen auf das Unterhaltungsbedürfnis Jugendlicher ab, welches oft aus Wirk-
lichkeitsflucht zur Ablenkung von privaten Problemen, Bedarf nach emotiona-
ler Entlastung, sexueller Neugier oder Alternativenmangel im Freizeitverhalten
resultiert.
21
Die Verwirklichung echter Handlungsfreiheit im Internet bedingt jedoch die
Möglichkeit, ungehindert auf den gesamten Informationspool zugreifen zu
können. Die Unternehmen und Organisationen hinter den Internetangeboten,
vorwiegend umsatzorientiert, arbeiten mit der Neugier, den Hoffnungen und
Ängsten sowie Naivität der Jugend.
22
Sie setzen als positiven Stimulus den
Austausch mit Gleichgesinnten, meist unter anonymen Bedingungen, ein.
18
vgl. W. Schulz, Nachricht, in: E. NoelleNeumann/W. Schulz/J. Wilke, Fischer Lexikon ­
Publizistik/Massenkommunikation, 2000, S. 328 f.; W. HoffmannRiem, Der Rundfunkbeg-
riff in der Differenzierung kommunikativer Dienste, AfP 1996, 14
19
Eigene Darstellung des GatekeeperModells nach D. Manning White, The ,,Gatekeeper":
A case study in the selection of news, in: Journalism Quarterly 22/1950, S. 384 ff.
20
B. v. Eimeren, Internetnutzung Jugendlicher, in: Media Perspektiven, 2/2003, S. 75
21
W. Schulz, Kommunikationsprozess, in: E. NoelleNeumann/W. Schulz/J. Wilke, Fischer
Lexikon ­ Publizistik/Massenkommunikation, 2000, S.165
22
Kinder entwickeln erst ab dem 10 bzw. 11. Lebensjahr kognitive Fähigkeiten, die erforder-
lich sind, um Fiktionales von NonFiktionalem zu unterscheiden. Ausführlich dazu: K. Hopf,
Zwischen Intendantenbefugnis und Zensurverbot: Jugendschutz in privaten Rundfunkange-
boten in Bayern, ZUM 2002, 127
Informationpool
Gatekeeper
Receiver

7
Die globale und dezentral angelegte technische Struktur des Internets begüns-
tigt dabei das Gefühl der Exklusivität in einem unüberschaubaren Netzwerk
Mitglied einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, einer so genannten Com-
munity, zu sein. Jugendlichen wird dadurch scheinbar ein Wertesystem vermit-
telt das Wirklichkeitsflucht legitimiert. Ihre Realität wird so vermehrt zu einer
Medienrealität.
23
Die extremen Folgen können sein: Absprachen zu gemeinsamen Selbstmorden,
Erwachsene, die sich mit Jugendlichen via Chat verabreden, um ihren pädophi-
len Neigungen nachzugehen sowie Jugendliche, die Gewaltszenen aus Compu-
terspielen an ihrer Schule Realität werden lassen.
24
Die angesprochenen Problemfelder verdeutlichen die Notwendigkeit einen
effektiven Jugendschutzes für das Internet auf- und auszubauen. Entscheidend
ist, eine Lösung im Sinne eines ganzheitlichen Konzepts
25
zu finden. Dabei
sind Wirtschaft, Gesetzgebung sowie die Nutzer des Mediums gefordert.
Der Fokus der Wirtschaft liegt derzeit auf der Entwicklung und dem Einsatz
von Filterprogrammen
26
, die dem Anwender durch die Möglichkeit individuel-
ler Voreinstellungen zur Selektion von Internetinhalten ein höheres Maß an
Autonomie im Umgang mit dem Internetangebot verleihen sollen. Zum einen
wird dem einzelnen Nutzer mehr Handlungsfreiheit ermöglicht. Zum anderen
resultiert daraus jedoch ein Machtgefälle zu Lasten staatlicher Gerechtigkeit
und Gesetzlichkeit.
Die Entwicklung einer Lösung für eine umfassende Kontrolle jugendgefähr-
dender Inhalte im Internet kann nicht allein Aufgabe der Wirtschaft sein. Viel-
mehr ist dies Aufgabe des Staates. Die Forderung nach Handlungsfreiheit für
die Nutzung des Internets berührt den Begriff der allgemeinen Freiheit, die
durch das Recht verwirklicht wird. Aufgabe des Staates ist es, durch Gesetzge-
bung und Gesetzesvollzug seine Zwecksetzung, die Rechtlichkeit zu erfüllen
und damit Freiheit für die Allgemeinheit zu ermöglichen.
27
23
B. v. Eimeren, Internetnutzung Jugendlicher, in: Media Perspektiven, 2/2003, S. 67; W.
HoffmannRiem, Der Rundfunkbegriff in der Differenzierung kommunikativer Dienste, AfP
2002, 11
24
J. Groebel/B. Konert, Fernsehen und Internet ­ Neue Risiken, neue Regulierungsfragen,
2002, S. 2.
25
U. Sieber, Kriminalitätsbekämpfung und Freie Datenkommunikation im Internet, MMR
1998, 330; E. M. Frenzel, Von Josefine Mutzenbacher zu American Psycho ­ Das Jugend-
schutzgesetz 2002 und das Ende des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender
Schriften und Medien, AfP 2002, 191
26
S. Vielhaber, Neuer Schutz vor neuen Gefahren? Jugendschutz im Internet, MMR Beilage
2001, 18 f.
27
K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, 2003, S. 43 f., 51, 158 f.

8
Die Notwendigkeit eines umfassenden Jugendschutzes für das Internet ergibt
sich damit nicht nur aus der steigenden Nutzung, sondern auch und vor allem
aus der Zwecksetzung und Aufgabe des Staates.
II. Anlassfälle
Die rasche technische Weiterentwicklung
28
und Verbreitung des Internets in
privaten Haushalten stellte neue Herausforderungen an die Gesetzgebung. Be-
sonders die dezentrale, schwer kontrollierbare Struktur
29
des Mediums brachte
und bringt bis heute erhebliche Probleme für eine umfassende präventive wie
repressive Kontrolle mit sich.
Im folgenden soll anhand ergangener Urteile und Anlassfälle ein kurzer Über-
blick über die sich ständig wandelnden Problematiken geschaffen und damit
die Handlungsnotwendigkeit für die Gesetzgebung zur Schaffung einheitlicher
Regelungen deutlich gemacht werden.
Zu den umstrittendsten Urteilen im Bereich der so genannten Providerhaftung
zählt die Entscheidung im Fall Compuserve
30
aus dem Jahr 1998. Die
Providertätigkeit im Allgemeinen zeichnet sich durch das zur Verfügung
stellen von Inhalten im Internet aus.
31
In der Strafsache wurde Felix Somm, Geschäftsführer der CompuServe Inc.
die Verbreitung pornografischer Schriften gem. §§ 184 StGB Abs. 3 Nr. 2, 11
Abs. 3, 13, 14 Abs.1 Nr. 1, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB zur Last gelegt.
32
Das Un-
ternehmen betrieb Verbindungsrechner, über die deutschen Kunden der Com-
puServe Inc. Zugang zu Datenspeichern der amerikanischen CompuServe Inc.
erhielten. Die für das Verfahren ausschlaggebenden Inhalte waren nicht auf
Computersystemen der deutschen CompuServe Inc. gespeichert. Urheber und
damit im haftungsrechtlichen Sinne Verantwortliche für die Veröffentlichung
der strafbaren Inhalte waren unbekannte Verfasser oder selbständige Foren-
betreiber.
33
Die CompuServe Inc. kann allgemein als Service- und Content-
Provider eingestuft werden, der anderen zu einem Auftritt im World Wide
28
H. J. Kleinsteuber, Ökonomische und technische Restriktionen bei der Verwirklichung von
Medienfreiheit, in: W. Hassemer/W. HoffmannRiem/J. Limbach, Grundrechte und soziale
Wirklichkeit, 1982, S. 140
29
T. Strömer, OnlineRecht ­ Rechtsfragen im Internet, 2002, S. 6.
30
AG München, Urteil vom 28.05.1998 ­ Az. 8340 Ds 465 Js 173158/95
31
T. Strömer, OnlineRecht ­ Rechtsfragen im Internet, 2002, S. 9.
32
Aus den Urteilsgründen des Gerichts zum CompuserveUrteil, MMR 1998, 430
33
Leitsätze der Redaktion zum CompuserveUrteil des AG München vom 28.05.1998, MMR
1998, 429

9
Web verhilft, Speicherplatz auf eigenen Rechnern zur Verfügung stellt und
darüber hinaus zusätzliche, eigene Dienstleistungen anbietet.
34
Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, Hinweisen der Strafverfolgungsbe-
hörden auf kinderpornografische Inhalte auf unternehmenseigenen Servern
nicht mit einer unverzüglichen Sperrung nachgekommen zu sein. Die Verurtei-
lung im ersten Urteil durch das Amtsgericht (AG) München zu einer zwei-
jährigen Freiheitsstrafe indes erfolgte nicht aufgrund eines Unterlassens. Das
Gericht sah den Tatbeitrag zur Mittäterschaft durch ein positives Tun in 13
zusammenhängenden Fällen als erfüllt an.
35
Der Angeklagte wurde zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung verurteilt.
Dieses Urteil wurde am 17.11.1999 vom Landgericht München als nicht
rechtmäßig aufgehoben.
36
Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der
Geschäftsführer des CompuServe AG ,,für den 1996 von der CompuServe Inc.
vermittelten Zugang zu pornografischem Material in Newsgroups strafrechtlich
nicht strafbar sei. Er handelte nicht vorsätzlich und ist weiter schon aufgrund
§ 5 Abs. 3 TDG freizusprechen."
37
Die erneute Unsicherheit der Rechtspre-
chung im Umgang mit den Tatbestandsmerkmalen des § 5 TDG macht ein
Auszug aus der Urteilsbegründung deutlich: ,,Der Angeklagte ist aufgrund § 5
Abs. 3 TDG freizusprechen [...] Die objektive Theorie, dem sich das Gericht
anschließt, berücksichtigt nur in geringem Maße den Willen des Gesetzgebers;
vielmehr ist die Auslegung anhand des Gesetzeswortlauts vorzunehmen."
38
Dieses Beispiel macht anhand der inkonsistenten Beweisführung
39
im ersten
Urteil des AG München I deutlich, dass die Gesetzgebung und Rechtsprechung
im Jahre 1998 weit von einer Lösung für einen effektiven Jugendschutz im
Internet entfernt war.
Knapp ein Jahr später lehnte dieselbe Staatsanwaltschaft die Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens wegen Veröffentlichung des so genannten Starr-Re-
ports
40
im Internet ab und stellte damit ihre Vorgehensweise, vergleichbar der
im CompuServe-Fall, erneut in Frage. Grundlage der Anzeigerstattung war die
Veröffentlichung eines staatlichen Dokuments, ein Bericht des Sonderstaats-
anwalts Starr über die Affäre des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton mit
34
T. Strömer, OnlineRecht ­ Rechtsfragen im Internet, 2002, S. 9.
35
Aus den Urteilsgründen des Gerichts zum CompuserveUrteil, MMR 1998, 430
36
Urteil des LG München I vom 17. 11. 1999 ­ Az.: 20 Ns 465 Js 173158/ 95 (AG München I)
37
Leitsatz des Urteils des LG München I vom 17.11.1999 Az.: 20 Ns 465 Js 173158/ 95 (AG
München I)
38
Aus den Gründen des Urteils des LG München I vom 17.11.1999 Az.: 20 Ns 465 Js 173158/
95 (AG München I)
39
U. Sieber, Anmerkung zum CompuserveUrteil vom 28.5.1998, MMR 1998, 438, 447 f.
40
AG München, NstZ 1998, S. 518

10
der Praktikantin Monika Lewinsky, im Internet mit Abrufbarkeit in Deutsch-
land. Die Ablehnung des Ermittlungsverfahrens
41
mangels Anfangsverdacht i.
S. des § 152 Abs. 2 StPO und einer Inhaltsprüfung auf die Feststellung eines
pornografischen Schwerpunktes wurde damit begründet, dass ein staatliches
Dokument keine pornografische Schrift i. S. des § 184 StGB darstellen kön-
ne.
42
Damit erscheint die Entscheidung der Staatsanwaltschaft dem Grundsatz
nach gerechtfertigt. Während die Staatsanwaltschaft den Fokus auf die Ver-
antwortlichkeit der Provider-Haftung und entsprechender Strafbarkeit dieser in
Deutschland legte, stellte der Anzeigeerstatter auf die Verfolgung der für die
Verbreitung des Starr-Reports Verantwortlichen, der Urheber des Dokumentes
aufgrund Verbreitung pornografischer sowie jugendgefährdender Schriften ab.
Die damit einhergehende strafrechtliche Verfolgung der Mitglieder des ameri-
kanischen Justizministeriums hätte im Ergebnis eine Aufhebung deren
Immunität zur Folge.
43
Die ursprünglich als positiv zu bewertende Intention,
die tatsächlich für den Inhalt Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen,
entbehrt hier in der Verwirklichung jedoch jeder rechtlichen Grundlage, da ein
staatliches Dokument ebenso wie beispielsweise eine deutsche Anklageschrift
zum § 184 StGB für sich genommen nicht pornografisch sein kann.
44
Allein die Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung sowie die breite öffentliche
Diskussion um die Urteilsfindung in den genannten Fällen machen deutlich,
dass es der deutschen wie internationalen Rechtsprechung im Bereich des In-
ternets an einem eindeutigen, einheitlichen Rechtsrahmen mangelt, der Rechts-
sicherheit schafft.
Durch die technische Weiterentwicklung des Internets brachte besonders das
Gebiet der Providerhaftung in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Teledienste-Gesetz
(TDG) in den kommenden Jahren neue Probleme mit sich. Am 15.11.2001
erging vom Landgericht Potsdam der Urteilsspruch, dass sich das Unternehmen
EBAY, der Betreiber einer Internethandelsplattform auf das Haftungsprivileg
aus § 5 Abs. 2 TDG
45
berufen könne. Demnach sind Diensteanbieter nur ,,für
41
Leitsatz des Einstellungsbescheides der Staatsanwaltschaft beim LG München I vom 2.12.
1998 ­ Az. 466 AR6 8213/98
42
H. Radtke, Der StarrReport als pornographische Schrift im Internet?, in: JurPC WebDok.
77/1999
43
H. Radtke, Der StarrReport als pornographische Schrift im Internet?, in: JurPC WebDok.
77/1999
44
Entscheidungsbegründung des LG München I vom 2.12.1998 ­ Az. 466 AR6 8213/98
45
Dem Haftungsprivileg aus § 5 Abs. 3 TDG zufolge sind ,,Diensteanbieter für fremde Inhalte,
zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine au-
tomatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte auf Grund Nutzerabfrage gilt als

11
eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten" verantwortlich.
46
Somit ist der
Beklagte entgegen dem Antrag des Klägers, nicht für die Verbreitung oder das
Zugänglichmachen jugendgefährdender, volksverhetzender und gewaltverherr-
lichender Schriften verantwortlich.
47
Dem Antrag auf Aufhebung der einstwei-
ligen Verfügung gab das das LG Potsdam statt. Die Verfügungsklage wurde als
zulässig anerkannt, aber als unbegründet zurückgewiesen.
48
Das Unternehmen
Ebay konnte den Nachweis liefern, dass dem Nutzer ihrer Dienstleistung jeder-
zeit erkennbar sei, dass es sich bei den Angeboten um fremde Inhalte handele,
die der Anbieter nicht selbst erstellt oder sich zu eigen gemacht hat.
49
Dieser Begründung steht jedoch entgegen, dass das aus der Einstufung als rei-
ner Diensteanbieter resultierende Haftungsprivileg das Unternehmen nicht nur
von jeder Verantwortung freistellt, sondern gleichzeitig die Nutzung einer In-
ternetplattform ein legitimiertes Schlupfloch für das Angebot jugendgefähr-
dender Schriften via Internet bietet.
Hier werden ebenfalls Lücken der für die Rechtsprechung unerlässlichen Ein-
deutigkeit der Gesetzgebung deutlich.
Auch in letzter Zeit konnten die vorgenommenen Anpassungen und Novellie-
rungen der rechtlichen Rahmenbedingungen an das Neue Medium wenig Licht
in das Dunkel widersprüchlicher Rechtsauslegung und Rechtsprechung im Sin-
ne eines effektiven Jugendschutzes im Internet bringen. Jüngstes Beispiel hier-
für ist die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 31.01.2003 zur Al-
tersverifikation im Internet.
50
Mit dem Freispruch eines Anbieters pornografi-
scher Webseiten, die lediglich durch die Kontrolle der Personalausweisnummer
vor dem Zugriff Minderjähriger geschützt wurden, hob das Gericht die erstin-
stanzliche Verurteilung des Anbieters zu einer Geldstrafe von 3500 Euro, we-
gen Verbreitung von Pornografie nach § 184 StGB, durch das Amtsgericht
Neuss vom 19.08.2002 auf.
51
Die Entscheidung wurde damit begründet, dass
die Kombination aus Überprüfung der Ausweiskennzahl und einer kosten-
pflichtigen 0190-Nummer für das pornografische Angebot vorlag. Der zugrun-
Zugangsvermittlung."; Informations und KommunikationsdiensteGesetz ­ IuKDG, vom
22.7.1997, BGBl. I S. 1870
46
R. MüllerTerpitz, Verantwortung und Haftung der Anbieter, in: D. Kröger/M. A. Gimmy,
Handbuch zum InternetRecht, 2000, S. 170; M. Schreibauer, Strafrechtliche Verantwort-
lichkeit für Delikte im Internet, in: D. Kröger/M. A. Gimmy, Handbuch zum InternetRecht,
2000, S. 598 f.
47
LG Potsdam, Urteil vom 15.11.2001 ­ Az. 51 O 113/01
48
Haftungsprivileg für Betreiber einer Internethandelsplattform nach §5 Abs. 2 TDG, ZUM
2002, 839; Verantwortlichkeit des Betreibers einer Internetplattform, ZUM 2003, 154
49
ders., 840; Verantwortlichkeit des Betreibers einer Internetplattform, ZUM 2003, 153
50
LG Düsseldorf, Urteil zur Altersverifikation im Internet ­ Az. XXXI 34/02 ­ 70 Js 6582/01
51
jugendschutz.net, Altersverifikation: Pornografie im Internet = unzulässiger Versandhandel?,
2002; ders., Pornografie in geschlossenen Benutzergruppen, 2003;

12
de gelegten Vorschrift des zum damaligen Zeitpunkt geltenden § 3 Abs. 2 des
Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS)
52
zufolge,
war die Verbreitung pornografischer unter der Voraussetzung, dass durch tech-
nische Vorkehrungen Minderjährige von einem Zugriff ausgeschlossen wer-
den, erlaubt. Entsprechend der Interpretation der Norm durch das Gericht war
die Anforderung an die technischen Prüfsysteme als niedrig zu klassifizieren
und demzufolge das Ausreichen der getroffenen Vorkehrungen durch den An-
geklagten zu bestätigen.
Das Urteil spiegelt jedoch auch Unsicherheit im Umgang mit den bestehenden
rechtlichen Regelungen wider.
53
Unterstrichen wird diese Tatsache durch die
Ausführungen des Gerichts: ,,Höhere Schutzanforderungen würden dem zuläs-
sigen Interesse von Erwachsenen zuwiderlaufen, Zugang zu erlaubter Porno-
grafie zu erlangen. [...] Passwörter für geschützte Angebote können sich die
Heranwachsenden jederzeit über ungeschützte ausländische Websites zugäng-
lich machen, die der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen sind. Daher ist es
fraglich, ob sich Jugendliche überhaupt dafür interessieren, den Schutzmecha-
nismus der Personalausweisnummernabfrage zu umgehen."
54
Das Gericht hat
damit implizit der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 höheres Gewicht als
die Schranke des Jugendschutzes zugemessen. Dies verdeutlicht zum einen die
Unsicherheit in der Auslegung bestehender Gesetze sowie einer daraus resul-
tierenden Aushöhlung des vom Gesetzgeber festgestellten vorrangigen Interes-
ses an einem effektiven Jugendmedienschutz.
Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass sowohl der Gesetzgeber als
auch die Rechtsprechung mit dem neuen Medium Internet vor neue Heraus-
forderungen gestellt wurden und werden. Dabei erschweren die weltweite
Verbreitung, wachsende Dynamik und dezentral angelegte Struktur des Medi-
ums, einen zentralen Ansatzpunkt zur Schaffung einheitlicher Regelungen und
Gesetze zu finden. Widersprüchliche Rechtsauslegungen und Rechtsprechun-
gen resultieren überwiegend aus dem Spannungsverhältnis zwischen Wahrung
der verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte auf Informations- und Mei-
52
Das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) wurde mit Inkrafttreten
des JugendschutzGesetzes (JuSchG) am 1.4.2003 außer Kraft gesetzt. In den Normen des
JuSchG werden erhöhte Anforderungen an Altersverifikationssysteme gestellt. So muss der
Anbieter sicherstellen, dass seine pornografischen Inhalte nur von Erwachsenen wahrge-
nommen werden. Ausführlicher dazu: c´t aktuell, Niedrige Anforderungen an Altersschutz-
systeme für ErotikWebseiten, in: heise online, 2003
53
jugendschutz.net: Stellungnahme zur mündlichen Begründung der Entscheidung des Landge-
richts Düsseldorf zur Altersverifikation im Internet, 2003
54
ders., denselben Ansatz vertritt auch: S. EngelFlechsig/A. F. Maennel/A. Tettenborn, Das
neue Informations und KommunikationsdiensteGesetz, NJW 1999, 2991

13
nungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG
55
und der Beschränkung dieser Frei-
heitsrechte zugunsten umfangreicher und effektiver Schutzmassnahmen für
Jugendliche.
Um zukünftig Unsicherheiten in der Rechtsprechung und etwaigen Fehlurteilen
seitens der Justiz entgegenzuwirken, erscheint die Schaffung geeigneter recht-
licher Rahmenbedingungen, die auf die Internetproblematik zugeschnitten sind,
seitens der Gesetzgebung dringend angezeigt.
Aus den vorgenannten Fällen wird das Spannungsverhältnis zwischen der Rea-
lisierung eines effektiven Jugendschutzes im Internet einerseits und der Wah-
rung grundrechtlich garantierter Freiheiten andererseits, deutlich. Da diese Zie-
le jedoch bislang nicht in gleichem Maße erreicht werden konnten, bleibt fest-
zustellen, welchen Stellenwert beiden im Einzelnen im Rahmen der Gesetz-
lichkeit des Staates eingeräumt wird. Dies erfordert im Folgenden eine einge-
hende Klärung der Begriffe Jugendschutz, Effektivität, Internet und Meinungs-
freiheit, sowie eine Bestandsaufnahme der entsprechenden rechtlichen Rah-
menbedingungen.
B. Begriffliche Abgrenzung
I. Effektiver Jugendschutz
In der öffentlichen Diskussion werden Maßnahmen zur Realisierung eines
umfassend wirksamen Jugendschutzes häufig allgemein unter dem Ausdruck
,,effektiver Jugendschutz"
56
subsumiert. Auch in der Begründung zum Staats-
vertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rund-
funk und Telemedien (JMStV) wird als Zielsetzung der Regelung angeführt,
ein einheitliches Regelwerk im Sinnes eines ,,effektiven Jugendschutzes"
schaffen zu wollen.
57
Auffällig ist die stete Verwendung zweier inhaltlich ge-
trennter Begriffe als ein Gesamtausdruck. Die begriffliche Abgrenzung des
effektiven Jugendschutzes soll daher mittels einer getrennten Betrachtung von
Effektivität und Jugendschutz vorgenommen werden. Dabei sollen maßgeblich
die gesetzlichen Bestimmungen für den Jugendschutz im Bereich der Neuen
Medien miteinbezogen werden.
55
U. Sieber, Die rechtliche Verantwortlichkeit im Internet ­ Grundlagen, Ziele und Auslegung
von § 5 TDG und §5 MDStV, MMR Beilage 1999, 2
56
K. Hopf, Zwischen Intendantenbefugnis und Zensurverbot: Jugendschutz in privaten Rund-
funkangeboten in Bayern, ZUM 2002, 128

14
Jugendschutz kann im weiten Sinne als die Gesamtheit aller Maßnahmen der
Gesetzgebung, Rechtsprechung und vollziehenden Gewalt zum Schutze einer
durch das Alter von Erwachsenen abgegrenzten Bevölkerungsgruppe definiert
werden. Will man diesen Begriff für das Internet weiter eingrenzen so sind im
Wesentlichen folgende Punkte von Belang:
1. Definition des Schutzbereich
2. Schutzumfang
3. Zielsetzung des Jugendschutzes
Zu 1.: Auskunft dazu gibt § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Jugendschutz-Gesetzes
(JuschG) sowie §
3 Absatz
1 des Jugendmediendienste-Staatsvertrages
(JMStV). Danach sind zur Abwendung der Beeinträchtigung oder Gefährdung
der Entwicklung und Erziehung durch elektronische Medien per definitionem
Kinder und Jugendliche zu schützen. Als Kinder gelten nach den Bestimmun-
gen der Jugendschutz-Gesetzes Personen unter 14 Jahren und als Jugendliche
Personen ab 14 Jahren, die jedoch das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet ha-
ben.
58
Diese Bestimmung der Altersgrenzen von Kindern und Jugendlichen ist
mit der Klassifizierung des Sozialgesetzbuches, VIII. Buch in § 7 Abs. 1 Nr. 1
und 2 kongruent. Unterstützt wird die Sinnhaftigkeit dieser grundlegenden
Begriffsabgrenzung des JMStV und des JuSchG durch die Bestimmungen des
Strafgesetzbuches (StGB) in § 176 Abs. 1 und § 180 StGB.
59
Ebenso unter-
mauern die Altersgrenze der Geschäftsunfähigkeit gem. § 104 BGB und der
beschränkten Geschäftsfähigkeit gem. § 106 BGB
60
im Hinblick auf Vertrags-
abschlüsse im Internet die Eindeutigkeit des gesetzesübergreifenden Schutzes
von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Neuen Medien.
Eine der begrifflichen Abgrenzung für Kinder und Jugendliche zugrunde lie-
gende Konformität über alle Gesetze und Regelungen ist insofern essentiell, als
die Realisation eines wirksamen und umfassenden Jugendschutzes einen gerin-
gen Interpretationsspielraum für Rechtsprechung wie vollziehende Gewalt er-
fordert.
57
Begründung zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz
in Rundfunk und Telemedien (JugendmedienschutzStaatsvertrag), 2002, Abschnitt A
58
JugendmedienschutzStaatsvertrag in der Fassung vom 23.7.2002, § 1
59
Begründung zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz
in Rundfunk und Telemedien (JugendmedienschutzStaatsvertrag), 2002, § 3 Abs. 1
60
H. Heinrichs, Kommentierung des § 104 BGB Rdn. 1, § 106 BGB Rdn. 1 f., in: O. Palandt:
Bürgerliches Gesetzbuch, 200

15
Zu 2.: Der Umfang des Schutzes von Kindern und Jugendlichen kann im wei-
ten Sinne in die Bereiche potenziell jugendgefährdende Inhalte und schwer
jugendgefährdende Inhalte unterteilt werden.
61
Als gefährdend sind grundsätz-
lich jegliche Angebote einer Prüfung zu unterziehen, die dazu geeignet sind,
,,Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit [...] zu gefähr-
den".
62
Potenziell jugendgefährdende Inhalte sind Inhalte, die nicht unter das
absolute Verbreitungsverbot nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 JMStV fallen.
63
Im
JMStV werden diese auch als ,,entwicklungsbeeinträchtigende Angebote" klas-
sifiziert. Es handelt sich dabei um Angebote der elektronischen Medien, die
dazu geeignet sein können, den Schutz der Entwicklung und Erziehung von
Kindern und Jugendlichen zu gefährden, aber gemäß den Vorschriften des Ju-
gendschutzgesetzes nicht als jugendgefährdend im Sinne von § 18 JuSchG ein-
zustufen sind. Inhalte dieser Art können nach § 14 JuSchG bei entsprechender
Alterskennzeichnung straffrei angeboten werden. Schwer jugendgefährdende
Inhalte dagegen sind Angebote, die in jedweder Art und Weise unzulässig sind.
Sie sind gemäß JuSchG als schwer jugendgefährdend einzustufen und damit in
die Liste der jugendgefährdenden Medien aufzunehmen. Für diese gilt ein ge-
nerelles Verbot der Verbreitung, des Zugänglichmachens, der Herstellung und
der Veröffentlichung.
64
Darunter werden Angebote aus den Bereichen Kinder-
Pornografie, rechtsradikaler Propaganda mit Aufstachelungsabsicht zum Ras-
senhass, Anleitungen zur Begehung einer rechtswidrigen Tat und anderes Ma-
terial, das gegen nationale Gesetze verstößt, subsumiert. Eine genaue Auflis-
tung findet sich in § 4 JMStV und §15 JuSchG. Ausnahmen für das oben ge-
nannte generelle Verbot gelten gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV mit Einschrän-
kungen für geschlossene Benutzergruppen.
Zu 3.: Maßgebliche Zielsetzung des Jugendschutzes ist es, Kinder und Jugend-
liche in ihrer Entwicklung und Erziehung vor Angeboten zu schützen, die diese
beeinträchtigen oder gefährden könnten. Der Jugendschutz kann nicht nur als
eine Schranke einzelner Grundrechte gesehen werden, sondern hat als Ausfluss
aus Art. 1 und Art 6 Abs. 2 GG Verfassungsrang.
65
Die damit verbundene Auf-
gabe des Staates, wahrgenommen in den Bestimmungen des JuSchG und des
JMStV, erwächst im Wesentlichen aus Artikel 1, der den Schutz der Men-
61
M. Machill, BITKOM WorkshopNeuer Jugendschutz für Neue Medien, 2002
62
Begründung zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz
in Rundfunk und Telemedien (JugendmedienschutzStaatsvertrag), 2002, Abschnitt 1 § 1
63
ders., Abschnitt 1, § 5
64
Jugendschutzgesetz vom 23. 7. 2002, BGBl. I (2002), S. 2730; Begründung des Deutschen
Bundestages zum Jugendschutzgesetz, 14/9013, 2002, § 15, S. 23
65
R. Richard, Jugendschutz im Internet, 2001, S. 14

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832475925
ISBN (Paperback)
9783838675923
DOI
10.3239/9783832475925
Dateigröße
803 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
grundgesetz medienrecht jugenschutzgesetz internet polizeirecht
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