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Auswirkungen durch Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) auf das Bilanzbonitätsrating

Eine Analyse anhand bedeutender Wertekategorien

©2003 Diplomarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den letzten Jahren haben internationale Rechnungslegungsvorschriften im stetig zunehmen- den Maße an Bedeutung gewonnen und daraus folgend auch Eingang in die Bilanzierung und Bewertung deutscher Unternehmen gefunden. Diese Tendenz kann auf unterschiedliche Gegebenheiten und Entwicklungen zurückgeführt werden. So wurde bereits im Jahr 1997 mit der Gründung des Neuen Marktes als Börsensegment für technologieorientierte, wachstumsstarke Unternehmen die Anforderung seitens der Deutschen Börse AG erhoben, das alle in diesem Segment notierten Gesellschaften ihre Rechnungslegung nach den Vorschriften der IFRS (International Financial Reporting Standards - damals noch IAS) oder den US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) durchzuführen haben. Der immer noch weit verbreiteten Auffassung, dass die Internationalisierung der Rechnungslegung ausschliesslich eine Thema für die grossen, weltweit agierenden Konzerne ist, kann in so weit entgegnet werden, dass seit 2002 auch Unternehmen des Börsensegmentes SMAX zur Anwendung international anerkannter Vorschriften der Bilanzierung verpflichtet sind.
Hierbei handelt es um etablierte, mittelständische Unternehmen, welche den Sprung in die Klasse der kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften geschafft haben. Viele gobal player, darunter unter anderem auch deutsche Unternehmen wie Siemens, Daimler-Chrysler oder die Deutsche Telekom wurden frühzeitig mit den internationalen Anforderungen seitens der Kapitalgeber und Investoren konfrontiert. Demnach fordert beispielsweise die amerikanische Börsenaufsicht SEC (Security Exchange Comission) von ausländischen Unternehmen, welche den hiesigen Kapitalmarkt z.B. in Form eines listings an der New York Stock Exchange (NYSE) oder durch die Emission von Schuldtiteln in Anspruch nehmen, eine zwingende Anwendung der us-amerikanischen Rechnungslegungsstandards US–GAAP oder mindestens eine Überleitung bestimmter Jahresabschlusspositionen. Neben diesen Verpflichtungen aus privatrechtlichen Vereinbarungen hat der Gesetzgeber bereits frühzeitig in Hinblick auf die zukünftigen Anstrengungen zur internationalen Harmonisierung der Rechnungslegung reagiert und durch Einfügung des § 292a HGB im Jahr 1998 eine Öffnungsklausel geschaffen, wonach für deutsche börsennotierte Konzernmutterunternehmen eine Bilanzierung nach international anerkannten Rechnungslegungsstandards (IFRS oder US-GAAP) mit befreiender Wirkung eingeräumt wurde.
Der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7531
Katheder, Stefan: Auswirkungen durch Anwendung der International Financial Reporting
Standards (IFRS) auf das Bilanzbonitätsrating - Eine Analyse anhand bedeutender
Wertekategorien
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg, Fachhochschule, Diplomarbeit,
2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abkürzungsverzeichnis ... V
A. Einleitung, Aufbau und Inhalt der Diplomarbeit ...1
B. Auswirkungen durch Anwendung der International Financial
Reporting Standards (IFRS) auf das Bilanzbonitätsrating...4
I. Ausgewählte quantitative Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung... 4
1. Traditionelle Jahresabschlussanalyse ... 6
1.1 Definition...6
1.2 Informationsgrundlage ...6
1.3 Untersuchungsbestandteile ...6
1.3.1 Finanzwirtschaftliche Analyse ...6
1.3.2 Erfolgswirtschaftliche Analyse...7
1.4 Instrumente und Bildung eines Gesamturteils ...8
2.
Mathematisch - Statistische Analyseverfahren ... 9
2.1 Diskriminanzanalyse ...9
2.1.1 Univariate Diskriminanzanalyse ...11
2.1.2 Multivariate Diskriminanzanalyse ...11
2.2 Regressionsanalyse...12
3. Verfahren mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz ... 14
3.1 Expertensysteme ...14
3.2 Künstliche
Neuronale Netze ...15
4. Zusammenfassung und Überleitung auf die IFRS ... 17

Inhaltsverzeichnis
II
II. Grundsätzliche Rechnungslegungsunterschiede zwischen
IFRS
und
HGB ...19
1. Zielsetzung und Adressaten... 19
2. Vermögens- und Schuldbegriff... 20
3. Periodisierung (Aufwands- und Ertragsrealisation)... 22
III. Wesentliche Bilanzierungs- und Bewertungsunterschiede
bei bedeutenden Wertekategorien und deren Einfluss
auf
das
Bilanzbonitätsrating ... 25
1. Immaterielles Anlagevermögen / IAS 38... 25
1.1 Begriffsdefinition ...25
1.2 Ansatzvorschriften ...26
1.3 Bewertungskonzeption...27
1.3.1 Zugangs- /Erstbewertung ...27
1.3.2 Folgebewertung ...28
1.4 Forschungs- und Entwicklungskosten...32
1.5 Goodwill
(Geschäfts- oder Firmenwert) ...33
1.5.1 Begriff und Entstehung...34
1.5.2 Ansatz und Bewertung ...35
1.6 Resümee ...36
2. Finanzanlagen / Investments - IAS 32 / 39 ... 37
2.1 Begriffsdefinition ...37
2.2 Klassifizierung...38
2.3 Bewertungskonzeption...39
2.3.1 Zugangsbewertung ...39
2.3.2 Folgebewertung ...40
2.4 Resümee ...43
3. Langfristige Fertigungsaufträge / IAS 11 ... 44
3.1 Wesen und Merkmale langfristiger Fertigung ...44
3.2 Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach HGB ...45
3.2.1 Bewertung unfertiger Anlagen...45

Inhaltsverzeichnis
III
3.2.2 Gewinnrealisierung bei langfristiger Fertigung ...47
3.2.2.1 Strenges Realisationsprinzip ...48
3.2.2.2 Selbstkostenaktivierung...48
3.2.2.3 Teilgewinnrealisierung durch Teilabnahme ...48
3.2.3 Verlustantizipation...49
3.3 Bilanzierung von construction contracts nach IFRS...49
3.3.1 Vertragstypen...49
3.3.2 Anwendungsvoraussetzungen ...50
3.3.3 Erfassung von construction contracts nach der pcM in Bilanz und GuV ...52
3.3.3.1 Bei verlässlicher Schätzung und positiven Auftragsergebnis ...52
3.3.3.2 Bei verlässlicher Schätzung aber negativen Auftragsergebnis...53
3.3.3.3 Bei nicht verlässlicher Schätzung des Auftragsergebnisses...53
3.3.4 Resümee...54
4. Rückstellungen - IAS 19 / 37... 55
4.1 Begriffsabgrenzung
und Kategorisierung...55
4.2 Bilanzierung und Bewertung von Verbindlichkeitsrückstellungen ...57
4.2.1 Verbindlichkeitsrückstellungen nach HGB...57
4.2.1.1 Ansatzvorschriften ...57
4.2.1.2 Bewertungskonzeption ...59
4.2.2 Verbindlichkeitsrückstellungen nach IFRS ...60
4.2.2.1 Ansatzvorschriften ...60
4.2.2.2 Bewertungskonzeption ...61
4.2.3 Teilresümee ...62
4.3 Bilanzierung und Bewertung von Drohverlustrückstellungen ...62
4.3.1 Drohverlustrückstellungen nach HGB ...62
4.3.1.1 Ansatzvorschriften ...62
4.3.1.2 Bewertungskonzeption ...63
4.3.2 Drohverlustrückstellungen nach IFRS...64
4.3.2.1 Ansatzvorschriften ...64
4.3.2.2 Bewertungskonzeption ...65
4.3.3 Teilresümee ...65

Inhaltsverzeichnis
IV
4.4 Bilanzierung und Bewertung von Aufwandsrückstellungen...66
4.4.1 Aufwandsrückstellungen nach HGB...66
4.4.2 Aufwandsrückstellungen nach IFRS ...66
4.4.3 Teilresümee ...67
4.5 Bilanzierung und Bewertung von Pensionsrückstellungen...67
4.5.1 Pensionsrückstellungen nach HGB...67
4.5.1.1 Ansatzvorschriften ...67
4.5.1.2 Bewertungskonzeption (-en)...68
4.5.2 Pensionsrückstellungen nach IFRS ...71
4.5.2.1 Ansatzvorschriften ...71
4.5.2.2 Bewertungskonzeption ...71
4.5.3 Teilresümee ...73
4.6 Resümee ...74
C. Schlussbetrachtung ...75
Anhangsverzeichnis ...78
Übungsaufgaben ...79
Literaturverzeichnis ... 103 - 110

Abkürzungsverzeichnis
V
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
AHK
Anschaffungs- oder Herstellungskosten
AK Anschaffungskosten
allg. allgemeine
Anm. Anmerkung
Ann. Annahme
BB Betriebs-Berater
(Zeitschrift)
b&b
bilanz & buchhaltung
Bd. Band
BFH Bundesfinanzhof
Bsp. Beispiel
bspw. beispielsweise
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
ca. circa
ccM
completed contract Methode
c.p. ceteris
paribus
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
d.h. das
heißt
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DSWR
Datenverarbeitung ­ Steuern ­ Wirtschaft - Recht (Zeitschrift)
DVFA
Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e.V.
EGHGB
Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch
ED Exposure
Draft
EK Eigenkapital
EStG Einkommensteuergesetz
etc. et
cetera
evtl. eventuell
F & E
Forschung und Entwicklung
FK Fremdkapital
FWB Frankfurter
Wertpapierbörse

Abkürzungsverzeichnis
VI
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
ggf. gegebenenfalls
GK Gesamtkapital
GoB
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
GoR
Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HFA
Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in
Deutschland
e.V.
HGB Handelsgesetzbuch
HK Herstellungskosten
h.M.
herrschende Meinung
Hrsg. Herausgeber
IAS
International Accounting Standards
IASB
International Accounting Standards Board
IASC
International Accounting Standards Committee
IASCF
International Accounting Standards Committee Foundation
i.d.R.
in der Regel
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
IFRS
International Financial Reporting Standards
i.H.v.
in Höhe von
i.S.v
im Sinne von
i.V.m
in Verbindung mit
KapG Kapitalgesellschaft
KoR
Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeitschrift)
L.u.L
Lieferungen und Leistungen
max. maximal
m.E. meines
Erachtens
Mio. Million
NYSE
New York Stock Exchange
o. oder
p.a. per
annum
pcM
percentage of completion Methode
rev. revised
RK Rahmenkonzept
Rn. Randnummer

Abkürzungsverzeichnis
VII
s. siehe
S. Seite
SEC
Securities and Exchange Commission
SIC
Standard Interpretation Committee
SMAX
Small Cap All Share Index
sog. sogenannte
StuB
Steuern und Bilanzen (Zeitschrift)
u. und
u.a. unter
anderem
v.a. vor
allem
VFE - Lage
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
VG Vermögensgegenstand
vgl. vergleiche
VW Vermögenswert
WPg
Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
z.B. zum
Beispiel

A. Einleitung, Aufbau und Inhalt der Diplomarbeit 1
A. Einleitung, Aufbau und Inhalt der Diplomarbeit
In den letzten Jahren haben internationale Rechnungslegungsvorschriften in stetig zunehmen-
den Maße an Bedeutung gewonnen und daraus folgend auch Eingang in die Bilanzierung und
Bewertung deutscher Unternehmen gefunden.
Diese Tendenz kann auf unterschiedliche Gegebenheiten und Entwicklungen zurückgeführt
werden. So wurde bereits im Jahr 1997 mit der Gründung des Neuen Marktes als Börsenseg-
ment für technologieorientierte, wachstumsstarke Unternehmen die Anforderung seitens der
Deutschen Börse AG erhoben, dass alle in diesem Segment notierten Gesellschaften ihre
Rechnungslegung nach den Vorschriften der IFRS (International Financial Reporting Standards
bzw. International Accounting Standards - IAS)
1
oder den US-GAAP (Generally Accepted Acc-
ounting Principles) durchzuführen haben.
2
Der immer noch weit verbreiteten Auffassung, dass die Internationalisierung der Rechnungs-
legung ausschließlich ein Thema für die großen, weltweit agierenden Konzerne ist, kann inso-
weit entgegnet werden, dass seit 2002 auch Unternehmen des Börsensegmentes SMAX zur
Anwendung international anerkannter Vorschriften der Bilanzierung verpflichtet sind. Hierbei
handelt es um etablierte, mittelständische Unternehmen, welche den Sprung in die Klasse der
kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften geschafft haben.
3
Durch die vom Börsenrat der
Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) am 19. November 2002 verabschiedete Neusegmentierung
des Aktienmarktes wird die Entwicklung hin zu einer investorenorientierten, internationalen
Berichterstattung weiter forciert. Demnach trat im Zuge dieser Neustrukturierung am 01. Januar
2003 neben dem General Standard mit den gesetzlichen Mindestanforderungen der Prime
Standard in Kraft, der u.a. zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS
o. US-GAAP) verpflichtet. Die Notierung im Prime Standard ist wiederum Voraussetzung für die
Aufnahme in die Auswahlindizes DAX, MDAX, SDAX, TecDAX oder NEMAX 50, wodurch das
Ausmaß und der Stellenwert der Internationalisierung der Rechnungslegung deutlich wird.
4
Viele Global Player, darunter u. a. auch deutsche Unternehmen wie Siemens, Daimler-Chrysler
oder die Deutsche Telekom, wurden frühzeitig mit den internationalen Anforderungen seitens
der Kapitalgeber und Investoren konfrontiert. Demnach fordert bspw. die amerikanische Bör-
senaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) von ausländischen Unternehmen, wel-
che den hiesigen Kapitalmarkt z.B. in Form eines Listing an der New York Stock Exchange
(NYSE) oder durch die Emission von Schuldtiteln in Anspruch nehmen, eine zwingende Anwen-
dung der US-amerikanischen Rechnungslegungsstandards US-GAAP oder zumindestens die
1
Die International Accounting Standards (IAS) werden künftig International Financial Reporting Standards (IAS) heißen. Im wei-
teren Verlauf der Diplomarbeit wird der Begriff IAS, auch bezüglich der einzelnen Standards, als gleichbedeutend mit dem Be-
griff IAS verwendet.
2
Vgl. Dürr/Zwirner: Fortschreitende Internationalisierung der Rechnungslegung in Deutschland. In: Betrieb und Wirtschaft
08/2002, Seite 316
3
Vgl. http://deutsche-boerse.com/INTERNET/EXCHANGE/zpd.nsf/PublikationenID/HAMN-56LJMG/$FILE/2002_01_
SMAX.pdf?OpenElement (Zugriff am: 28.02.2003)
4
Vgl. http://deutsche-boerse.com (Zugriff am: 28.02.2003)

A. Einleitung, Aufbau und Inhalt der Diplomarbeit 2
Überleitung bestimmter Jahresabschlusspositionen.
Neben diesen Verpflichtungen, die bisher vor allem aus privatrechtlichen Vereinbarungen ent-
standen sind, hat der Gesetzgeber bereits rechtzeitig in Hinblick auf die zukünftigen Anstren-
gungen zur internationalen Harmonisierung der Rechnungslegung reagiert und durch Einfügung
des § 292a HGB im Jahr 1998 eine Öffnungsklausel geschaffen, wonach für deutsche, börsen-
notierte Konzernmutterunternehmen eine Bilanzierung nach international anerkannten Rech-
nungslegungsstandards (IFRS oder US-GAAP) mit befreiender Wirkung eingeräumt wurde.
5
Der Geltungszeitraum für dieses Wahlrecht ist jedoch bis 31.12.2004 befristet. Ab diesem Zeit-
punkt werden die IFRS noch stärker an Bedeutung gewinnen. Grund hierfür ist die am 07.06.
2002 verabschiedete Verordnung des Ministerrates der Europäischen Union. Demzufolge be-
steht für alle kapitalmarktorientierten Unternehmen ab 2005/2007 eine zwingende Anwendung
der IFRS im Konzernabschluss. Für die übrigen Unternehmen und für die Einzelabschlüsse al-
ler Unternehmen wird den nationalen Gesetzgebern ein Mitgliedstaatenwahlrecht eingeräumt.
Hiernach können je nach Entscheidung der Länder die IFRS verpflichtend vorgeschrieben, den
bilanzierenden Unternehmen ein Wahlrecht eingeräumt, oder auf die Umsetzung vollständig
verzichtet werden. Falls Deutschland einer Ausübung des Wahlrechtes nachgeht, sind vor allem
eine Vielzahl von mittelständischen, HGB - bilanzierenden Unternehmen betroffen.
6
Neben diesem rechtlichen Szenario könnte sich zukünftig aber auch ein faktischer Anreiz oder
sogar Druck auf Unternehmen zur Anwendung der IFRS ergeben. Der Grund hierfür ist u. a. in
der Neuen Basler Eigenkapitalverordnung (BASEL II) zu sehen. Die gesetzlichen Folgen des
sog. BASEL II - Akkords verpflichten Banken, ab dem Jahr 2005 ihre Kredite in Abhängigkeit
von der Bonität der Kunden mit Eigenkapital zu unterlegen. BASEL II führt mithin dazu, dass
Banken weit intensiver als bisher die Bonität ihrer Kunden beurteilen müssen.
7
Durch Anwendung der IFRS haben die betroffenen Unternehmen die Chance, den gehobenen
Anforderungen an Transparenz und wertorientierter Rechnungslegung seitens der Banken
und/oder externen Ratingagenturen zu begegnen. Im Rahmen einer Studie ist die renommierte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young der Frage nachgegangen, welche Erwartungen
die Unternehmen durch die Umstellung auf IFRS - Bilanzierung in Hinblick auf die künftige Kre-
ditwürdigkeitseinstufung und die damit unmittelbar zusammenhängenden Finanzierungskosten,
sowie Finanzierungsmöglichkeiten im internationalen Bereich, anstellen. Die Auswertungen ha-
ben gezeigt, dass sich jedes fünfte
der befragten Unternehmen einen in diesem Zusammen-
hang direkten Vorteil durch die neuen Rechnungslegungsvorschriften erhofft.
8
Durch eine Befragung unter potentiellen Investoren, die von einem Team um Prof. Marten von
5
Vgl. Keßler, Marco: IAS/IAS für mittelständische Unternehmen ab 2005? - Chancen und Probleme. In: KoR 02/2003, Seite 103
6
Vgl. Buchholz, Rainer: IAS für mittelständische Unternehmen? - Vor- und Nachteile neuer Rechnungslegungsvorschriften in
Deutschland. In: DStR 30/2002, Seite 1280
7
Vgl. Struwe, Jochen: Basel II - Bonitätsrating für Mittelständler: (http:// www.struwe-beratung.de), (Zugriff am: 01.03.2003)
8
Vgl. Ernst & Young: IAS/IAS Umstellung: Einfache Konvertierung oder kulturelle Revolution?
(http://www.ey.com/GLOBAL/content.nsf/Germany/Studien), (Zugriff am: 01.03.2003)

A. Einleitung, Aufbau und Inhalt der Diplomarbeit 3
der Universität Wuppertal zu diesem Thema durchgeführt wurde, kam man zu dem Ergebnis,
dass sogar 40% der befragten Kapitalmarktexperten eine Stärkung der Position der Unterneh-
men gegenüber den Banken sehen und dies auch unmittelbar mit günstigeren Fremdkapital-
kosten in Verbindung bringen. Vor allem die Erschließung neuer Finanzierungsquellen auf den
internationalen Kapitalmärkten könnte für viele deutsche Unternehmen auf Grund des zu-
nehmenden knappen Kapitalangebots in Deutschland, welches u.a. auch auf die angespannte
Ertragslage der Banken zurückzuführen ist, einen hohen Stellenwert einnehmen. Durch die bes-
sere internationale Vergleichbarkeit und der erhöhten Transparenz, die IFRS - Abschlüsse ge-
währleisten, haben die Unternehmen zumindest die Möglichkeit, den formalen Anforderungen
der potentiellen Kapitalgebern gerecht zu werden.
9
Anhand der kurz dargestellten historischen Entwicklung und der gesetzlichen Vorhaben werden
die IFRS in Zukunft auch in der deutschen Rechnungslegung einen hohen Stellenwert ein-
nehmen und aus der Bilanzierungspraxis nicht mehr wegzudenken sein. Gleiches gilt für die zu-
nehmende Orientierung an Bonitätsgesichtspunkten bei der Bereitstellung von Finanzierungs-
mitteln.
Auf Grund der Aktualität und der hohen zukünftigen Bedeutung der internationalen Rechnungs-
legungsstandards, sowie der verstärkten Differenzierung von Schuldner nach deren wirtschaft-
licher Leistungsfähigkeit, möchte ich im Rahmen meiner Diplomarbeit der Frage nachgehen, in-
wiefern ein Wechsel von den deutschen handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften hin zu
den International Financial Reporting Standards, Auswirkungen auf ein Bilanzbonitätsrating
nach sich ziehen kann. Diese Untersuchung soll anhand bedeutender Bilanzpositionen, bzw.
Bilanzierungssachverhalte durchgeführt werden.
Um eine konforme Basis für den Vergleich zwischen HGB und IFRS zu erlangen, gilt beider-
seits die Prämisse eines progressiven Bilanzansatzes. Hierbei wird durch Ausschöpfung bilanz-
politischer Bilanzierungs- und Bewertungsspielräume das Ziel verfolgt, auch im Sinne eines po-
sitiven Ratingurteils, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens möglichst gut darzustellen.
Beginnend möchte ich dem Leser einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen Auswer-
tungsmethoden für ein Bilanzbonitätsrating verschaffen.
Darauffolgend stelle ich zunächst einige grundsätzliche Bilanzierungs- und Bewertungsunter-
schiede zwischen den HGB - Richtlinien und den IFRS heraus, bevor ich anschließend, im
Hauptteil der Diplomarbeit, wesentliche Differenzen zwischen diesen beiden Rechnungsle-
gungskonzepten an konkreten Bilanzpositionen herausarbeiten und die jeweilige Konsequenz
auf das quantitative Bonitätsrating aus bilanzieller Sicht ableiten werde.
9
Vgl. Marten, Kai-Uwe: Rechnungslegung nach IAS - Nutzeneffekt aus Sicht von Eigenkapitalgeber. In: Betriebs-Berater (BB)
Heft 39 / 25. September 2002, Seiten 2008-2010 und
Deloitte & Touche (Hrsg.): Rechnungslegung nach IAS. Nutzeneffekt aus Sicht von Eigenkapitalgebern.
Düsseldorf, Oktober 2002 (http://www.dvfa.de/pdf/studie_ ias.pdf), (Zugriff am: 05.03.2003)

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
4
B. Auswirkungen durch Anwendung der International Financial Re-
porting Standards (IFRS) auf das Bilanzbonitätsrating
I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
Mit dem Begriff der Kreditwürdigkeit beschreibt man die Fähigkeit und Bereitschaft eines
Schuldners, seine Verbindlichkeiten sowohl der Höhe nach, als auch termingerecht bedienen zu
können.
10
Der Begriff der Bonität wird im Allgemeinen und auch im Rahmen dieser Arbeit als ein
Synonym für Kreditwürdigkeit verwendet.
Unter dem Prozess der Kreditwürdigkeitsprüfung versteht man eine ursachenbezogene, risiko-
politische Maßnahme, die, wie der Begriff bereits verrät, in einer Prüfung der Kreditwürdigkeit
besteht.
11
Dieser Vorgang hat sich auch unter dem angelsächsischen Wort ,,Rating" weitver-
breitet in den Sprachgebrauch eingebürgert. Von einem Rating spricht man üblicherweise dann,
wenn ein Untersuchungsobjekt hinsichtlich einer bestimmten Zielsetzung bewertet und anhand
sog. Rating - Symbole in eine ordinale Rangordnung gebracht wird. Diese Definition geht je-
doch weit über die der Kreditwürdigkeitsprüfung hinaus, da in diesem weiten Sinne ,,Rating" für
jede erdenkliche Art von Leistungsbewertung Anwendung findet. Aus diesem Grund ist formal
eine Spezifizierung zu ,,Bonitätsrating" vorzunehmen, um einen gleichbedeutenden Ausdruck für
,,Kreditwürdigkeitsprüfung" zu bekommen.
12
Anhand eines Bonitätsratings wird das Ziel verfolgt, entscheidungsrelevante Informationen zu
generieren und daraufhin so zu verdichten, dass dadurch ein Gesamturteil ermittelt werden
kann und dieses die Wahrscheinlichkeit aufzeigt, mit welcher der potentielle Schuldner einen
möglichen Kredit vertragsgemäß bedienen wird. Die Kreditwürdigkeitsprüfung ist damit die Ba-
sis der Kreditvergabeentscheidung und ihr Resultat bestimmt, ob und zu welchen Konditionen
ein Kredit zur Verfügung gestellt wird.
13
Je besser das Rating, um so niedriger ist der Fremdfi-
nanzierungssatz und vice versa. D.h., die Bonitätsbeurteilung liefert zum einen aus Sicht der
Banken die Bemessungsgrundlage für eine adäquate Risikoprämie im Kreditgeschäft, zum an-
deren dient sie den Akteuren am Kapitalmarkt als Anhaltspunkt für die zu fordernde Rendite bei
verzinslichen Anlageformen. Die Bonitätsratings leisten somit einen Beitrag zum Abbau der
asymmetrisch verteilten Informationen zwischen Kreditnehmern und Kreditinstituten, bzw. In-
vestoren. Die Kreditwürdigkeitsprüfung ermöglicht, dass zwischen den Intermediären die nötige
Transparenz für begründbare Handlungsweisen erzeugt wird.
14
Die relevanten Einflussfaktoren, welche für das Ratingurteil maßgeblich entscheidend sind, kön-
nen in qualitative und quantitative Faktoren eingeteilt werden. Zu den qualitativen Faktoren zäh-
len bspw. die Wettbewerbsfähigkeit, sowie -intensität, das Branchenumfeld und die Qualität des
10
Vgl. Betsch/Groh/Lohmann: Corporate Finance. Darmstadt, 2000 , Seite 29
11
Vgl. Fischer, Wolfgang - Wilhelm: IAS - Abschlüsse von Einzelunternehmen. Osnabrück, 2001, Seite 2
12
Vgl. Wambach/ Rödl: Rating. Finanzierung für den Mittelstand. Nürnberg, 2001, Seite 49
13
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seite 14
14
Vgl. Steiner/Starbatty: Aufsichtsrechtliche Anerkennung von Rating - Systemen. In: Finanz Betrieb 09/2002, Seite 481

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
5
Managements eines Unternehmens. Quantitative Entscheidungsgrößen basieren hauptsächlich
auf Daten des externen Rechnungswesens, d.h. dem Jahresabschluss. Der Vorteil dieser sog.
,,hard facts" liegt gegenüber der ,,soft facts" in der standardisierten Erhebung und der daraus re-
sultierenden Objektivierung.
15
Wie ich einleitend bereits angedeutet habe, werde ich jegliche qualitativen Faktoren bei der
späteren Analyse der Auswirkungen durch Anwendung der IFRS auf das Bilanzbonitätsrating
außer Acht lassen und alleinig den Jahresabschluss als quantitative Einflussgröße meiner
Beurteilung zu Grunde legen.
Während (Bonitäts-) Ratings in den USA, insbesondere auf deren Kapitalmärkten, bereits eine
lange Tradition haben, gewannen sie in Europa erst in jüngerer Zeit an Bedeutung. Dies ist u. a.
daran zu erkennen, dass neben den international etablierten Ratingagenturen wie Fitch,
Moody's und Standard & Poor's, mehrere Agenturen, wie z. B. die Creditreform AG, Euro
Ratings AG oder die RS Rating Service AG, beginnend im Jahr 1998, in Deutschland gegründet
wurden. Diese Institutionen haben sich, anders als Moody's & Co., vornehmlich der mittelstän-
dischen Klientel verschrieben.
16
Neben der zunehmenden Ausrichtung der Kapitalmärkte bzw. der Investoren an den Bonitäts-
kriterien der Schuldner, wird, wie in der Einführung bereits erwähnt, diese Entwicklung mit dem
Inkrafttreten der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung einen weiteren Schub erhalten. Viele,
vor allem mittelständische Unternehmen, fürchten jedoch in diesem Zusammenhang eine Ver-
schlechterung ihrer Position gegenüber den Gläubigern und somit steigende Finanzierungs-
kosten. Parallel zu dieser Herausforderung dürfen die durch die neue EG - Verordnung von
2002 betroffenen Unternehmen allerdings nicht außer Acht lassen, sich frühzeitig auf eine Um-
stellung der Rechnungslegung von HGB auf IFRS vorzubereiten. Diese tiefgreifende Änderung
sollte aber nicht ausschließlich als eine weitere Bedrohung, wie so häufig von der Zielgruppe
verlautbart, angesehen werden. Im Schriftum mehren sich immer häufiger die Argumente, dass
der Umbruch in der Rechnungslegung auch als Chance verstanden werden kann, den zukünf-
tigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Dies wird neben der allgemein höheren quali-
tativen Aussagekraft eines IFRS - Abschlusses auch damit begründet, dass die IFRS eine im
weitaus größeren Maße als nach HGB, ergebnis- und eigenkapitalverbessernde Darstellung im
Jahresabschluss erlauben, was sich wiederum positiv auf das Bonitätsurteil auswirken wird.
17
Im Rahmen meiner Diplomarbeit verfolge ich das Ziel, herauszufinden, inwieweit diese These
unterstützt werden kann. Zunächst möchte ich aber einen bewusst kurz gehaltenen Überblick
über einige ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung geben. Hierdurch soll dem Le-
ser das nötige Grundverständnis für die gegenwärtig angewandten Methoden jahresabschluss-
analytischer Untersuchungen und die Wege zu einem abschließenden Bonitätsurteil vermittelt
15
Vgl. Steiner/Starbatty: Aufsichtsrechtliche Anerkennung von Rating - Systemen. In: Finanz Betrieb, 09/2002, Seite 483
16
Vgl. Wambach/Rödl: Rating, Finanzierung für den Mittelstand. Nürnberg, 2001, Seite 95
17
Vgl. Lüdenbach, Norbert: Der lange Schatten des Übergangs auf die IAS Rechnungslegung. In: DStR 06/2002, Seite 232

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
6
werden.
1. Traditionelle Jahresabschlussanalyse
1.1 Definition
Mit der Jahresabschluss- oder kurz Bilanzanalyse werden Verfahren der Informationsgewin-
nung bezeichnet, mit deren Hilfe aus den Angaben des Jahresabschlusses Erkenntnisse über
die gegenwärtige und künftige wirtschaftliche Lage eines Unternehmens gewonnen werden.
18
1.2 Informationsgrundlage
Unternehmen sind nach deutschen Rechnungslegungsbestimmungen gem. § 242 HGB und bei
Anwendung der IFRS gem. § 6 Rahmenkonzept verpflichtet, mindestens einmal im Jahr über
die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit Auskunft zu geben. Dieser Forderung
wird durch die einzelnen Bestandteile eines Jahresabschlusses nachgekommen. Nach handels-
rechtlichen Vorschriften umfasst dieser zum einen die Bilanz, in der eine Gegenüberstellung
des gesamten Vermögens und der Schulden erfolgt und deren Verhältnis am Ende des Ge-
schäftsjahres aufzeigt. Des Weiteren wird dieser statische (zeitpunktbezogene) Ansatz um eine
Gewinn- u. Verlustrechnung (GuV) ergänzt, anhand derer eine Aufstellung aller Aufwendungen
und Erträge vorgenommen, und per Saldo der Erfolg der Berichtsperiode ermittelt wird. Im Ge-
gensatz zur Bilanz handelt es sich hierbei um eine zeitraumbezogene (dynamische) Betrach-
tungsweise. Kapitalgesellschaften sind gem. § 264 Abs. 1 S. 1 HGB zusätzlich zur Erstellung ei-
nes Anhangs verpflichtet, welcher zusammen mit der Bilanz und GuV eine Einheit, den Jahres-
abschluss, bildet.
19
Die Bestimmungen der IFRS fordern darüber hinaus zwingend eine Aufstellung über die Verän-
derung des Eigenkapitals, sowie eine Kapitalflussrechnung.
20
Folgend möchte ich nun auf die unterschiedlichen Untersuchungsbestandteile bei einer Kredit-
würdigkeitsprüfung anhand eines Jahresabschlusses eingehen. Wie bereits in der Einführung
erwähnt, soll dem Leser bewusst nur ein kurzer Einblick verschafft werden, da eine detaillierte
Diskussion bilanzanalytischer Verfahren und deren Würdigung nicht das vornehmliche Ziel die-
ser Arbeit ist.
1.3 Untersuchungsbestandteile
1.3.1 Finanzwirtschaftliche Analyse
Grundsätzlich erfolgt eine Differenzierung in den finanz- und erfolgswirtschaftlichen Analysebe-
reich. Mit Hilfe der finanzwirtschaftlichen Analyse erhält der Bilanzanalytiker Informationen, ob
und inwieweit das untersuchte Unternehmen das Ziel einer finanziellen Stabilität erreicht, bzw.
18
Vgl. Coenenberg, Adolf: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg, 2000, Seite 873
19
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seite 1
20
Vgl. Federmann, Rudolf: IAS - STUD. Hamburg, 2002, Seite 40

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
7
gesichert hat. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, sowohl eine Betrachtung der Ver-
mögens-, als auch der Finanzlage vorzunehmen.
21
Im Fokus der Betrachtung der Aktivseite der Bilanz steht die Analyse der Struktur der Vermö-
gensgegenstände. Diese Vermögensstrukturanalyse zeigt, für welche Zwecke das im Unterneh-
men eingesetzte Kapital verwendet wird. Durch diese Vorgehensweise sollen Aufschlüsse über
die Zusammensetzung und Bindungsdauer der Aktivpositionen gewonnen werden.
22
Diese In-
formationen sind auch in Hinblick auf die Beurteilung etwaiger operativer Risikopotentiale hilf-
reich. So sind bspw. langfristig gebundene Aktiva, wie Maschinen oder Anlagen, i.d.R. mit ei-
nem nicht unerheblichen Anteil an fixen Kosten verbunden. In konjunkturell schwachen Phasen
und in Zeiten niedrigerer Produktion wird die Gesamtheit der Fixkosten auf eine kleinere Anzahl
von Erzeugnissen umgelegt. Da sich der Abbau von fixen Kosten in der Praxis aber auf Grund
der Illiquidität dieser Vermögensgegenstände häufig schwierig gestaltet (Kostenremanenz),
kann dies zu einer erheblichen Ergebnisbelastung führen.
23
Analog der vorgehenden Systematik steht auch nun bei der Beurteilung der Finanzlage, also
der Passivseite der Bilanz, deren strukturelle Ausgestaltung im Mittelpunkt der Analyse (Kapital-
strukturanalyse). Hierbei werden vor allem den Relationen zwischen Eigenkapital (EK), Fremd-
kapital (FK) und Gesamtkapital (GK) eine hohe Bedeutung beigemessen. So kann aus dem An-
teil des FK am EK bzw. GK das finanzielle Risiko eines Unternehmens abgeleitet, und somit
Prognosen über dessen zukünftige Finanzierungsmöglichkeiten und -kosten abgeben werden.
Diese Annahmen werden sich wiederum in der Beurteilung der Bonität widerspiegeln.
Geht man nun einen Schritt weiter und wendet sich von der jeweils isolierten Behandlung von
Aktiv- und Passivseite ab, und bringt diese beiden Untersuchungsbestandteile in Verbindung,
so gelangt man zur sog. horizontalen Bilanzstrukturanalyse. Mit deren Hilfe können Aussagen
über die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens getroffen werden, indem etwa den
kurzfristig verfügbaren Zahlungsmitteln (liquiden Mitteln) die Höhe der kurzfristigen Zahlungs-
verpflichtungen gegenübergestellt werden.
24
1.3.2 Erfolgswirtschaftliche Analyse
Die Zielsetzung der erfolgswirtschaftlichen Analyse liegt darin, Auskünfte über die zukünftigen
Gewinnerzielungspotentiale bzw. der Ertragskraft kreditnehmender/-suchender Unternehmen
bereitzustellen.
Grundsätzlich sind hierfür also zukunftsbezogene Informationen erforderlich. Der Jahresab-
schluss verkörpert aber lediglich das Ergebnis einer vergangenen, abgeschlossenen Berichts-
periode. Wegen diesem Dilemma verbleibt im Allgemeinen nur die Möglichkeit, mittels approxi-
21
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seite 139
22
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seiten 161/162
23
Vgl: Jacob/Klein/Nick: Basiswissen Investition und Finanzierung. Vallendar 1994, Seiten 192/193
24
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf 1998, Seite 195

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
8
mativer (näherungsweiser) Hochrechnungen, sog. Trendextrapolationen, von vergangenen auf
künftige Ergebnisentwicklungen zu schließen.
25
Voraussetzung hierfür ist aber, dass im Rahmen einer strukturierten Ergebnisanalyse zu be-
stimmen ist, welche die wichtigsten Erfolgsquellen (z.B. ordentliches Betriebsergebnis, Finanz-
und Verbundergebnis oder außerordentliches Ergebnis) des Unternehmens sind (Erfolgsquel-
lenanalyse). Des Weiteren muss darauffolgend eine Differenzierung dieser Quellen in nach-
haltig und nicht nachhaltig (Erfolgsspaltung) vorgenommen werden. Als nachhaltig werden die-
jenigen Erfolgsbeiträge (Aufwendung und/oder Erträge) bezeichnet, die voraussichtlich auch in
den Folgeperioden in ähnlicher Höhe auftreten. Diese spiegeln sich typischerweise im or-
dentlichen Betriebserfolg wider. Nicht nachhaltige Komponenten werden durch das außeror-
dentliche Ergebnis aufgezeigt.
26
Als weitere Teilbereiche der erfolgswirtschaftlichen Jahresabschlussanalyse sollten u.a. noch
kurz die Aufwands- & Ertragsstrukturanalyse, sowie die Rentabilitätsanalyse Erwähnung fin-
den.
27
Aus welchen Komponenten sich eine Erfolgsquelle - hier vor allem das ordentliche Betriebs-
ergebnis - zusammensetzt, wird mittels der Aufwands- & Ertragsstrukturanalyse untersucht. Des
Weiteren gilt es nach Maßstäben zu suchen, die eine Erklärung für die Veränderung der unter-
suchten Ergebnisgröße liefern. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Genauigkeit der beschrie-
benen Ergebnisprojektion zu erhöhen.
28
Bei der Rentabilitätsanalyse wird eine Ergebnisgröße
(z.B. Jahresüberschuss) ins Verhältnis zu einer vermuteten Einflussgröße (z.B. Eigenkapital)
gesetzt. Als Voraussetzung gilt aber, dass sich die beiden Werte in sachlicher, zeitlicher und
wertmäßiger Hinsicht entsprechen (Entsprechungs- bzw. Äquivalenzprinzip). Mit Hilfe der
Rentabilitätsanalyse wird die Ertragskraft des zu analysierenden Unternehmens geprüft und das
Ziel verfolgt, Erkenntnisse über den Erfolg bzw. Misserfolg unternehmerischer Betätigung zu
erlangen.
29
Nachdem ich nun herausgestellt habe, welche Informationsträger für diese Methode der Kredit-
würdigkeitsprüfung herangezogen werden, und welchen Untersuchungsbestandteilen besonde-
re Beachtung zu schenken ist, möchte ich schließlich noch erläutern, welche Hilfsinstrumente
für dieses Verfahren Anwendung finden und wie ein abschließendes Bonitätsurteil gefällt wer-
den kann.
1.4 Instrumente und Bildung eines Gesamturteils
Ein charakteristisches Instrument der Jahresabschlussanalyse ist die Ermittlung von Kennzah-
len, die entweder als absolute Werte (wie z.B. die Gesamtleistung), oder aber als Verhältnis-
25
Vgl. Coenenberg, Adolf. Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg 2000, Seiten 949/950
26
Vgl. Baetge, Jörg. Bilanzanalyse. Düsseldorf 1998. Seite 342-344
27
Vgl. Fischer, Wolfgang-Wilhelm. IAS - Abschlüsse von Einzelunternehmen. Osnabrück 2001, Seite 234
28
Vgl. Coenenberg, Adolf. Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg 2000, Seite 996
29
Vgl. Coenenberg, Adolf. Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg 2000, Seite 1005

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
9
zahlen (wie z.B. die EK - Rentabilität) auftreten können. Letztere genießen auf Grund ihrer bes-
seren Vergleichbarkeit eine weitaus größere Akzeptanz und werden mit einzelnen oder mehre-
ren Zahlen aus Jahresabschlusspositionen gebildet. Die Voraussetzung für einen sinnvollen
Vergleich bildet ein Maßstab (Benchmark), durch welchen erst eine Aussage hin zu ,,Gut" oder
,,Schlecht" ermöglicht wird. Als Vergleichsarten lassen sich der Soll-Ist-Vergleich, anhand eines
quasi - objektiven Normwertes, sowie der Zeit- und Betriebsvergleich unterscheiden, ohne hier
näher im Einzelnen darauf einzugehen.
30
Da die Betrachtung vieler isolierter Einzelkennzahlen aber zu gegensätzlichen Teilurteilen füh-
ren kann, erfolgt eine Zusammenfassung in einem Kennzahlensystem, das die Informationen
verdichtet und eine integrierte Gesamtbetrachtung der Jahresabschlussdaten ermöglicht. Als
klassisches Beispiel kann hierfür das bekannte System von Du Pont (ROI - System) genannt
werden. Es darf aber nicht übersehen werden, dass Kreditwürdigkeitsprüfungen mit Hilfe dieser
Verfahren auch einige Unzulänglichkeiten aufweisen. So kämen verschiedene Analytiker bei ei-
nem Unternehmen zwar anhand der gleichen Datenlage auch zu übereinstimmenden Ausprä-
gungen bei den einzelnen Kennzahlen. Die jedoch subjektive Einschätzung über die Gewich-
tung der Einzelkennzahlen führt dazu, dass die Rating - Analysten nur zufällig zu einem glei-
chen Gesamturteil über die wirtschaftliche Lage des zu analysierenden Unternehmens gelan-
gen würden.
31
2. Mathematisch - Statistische Analyseverfahren
2.1 Diskriminanzanalyse
Die Diskriminanzanalyse ist ein auf mathematisch - statistischen Gegebenheiten basierendes
Verfahren zur Kreditwürdigkeitsprüfung und Insolvenzprognose.
Informationsgrundlage dieser Methode ist, wie bei der traditionellen Jahresabschlussanalyse,
der Jahresabschluss selbst und daraus ermittelte Kennzahlen. Das Ziel der Diskriminanzanaly-
se besteht, ausgehend von einer empirischen Datenanalyse, durch Auswertung einer ausrei-
chend großen Anzahl von Jahresabschlüssen, darin, Trennwerte zur objektiven Klassifikation
von Jahresabschlüssen bzw. der Unternehmen zu ermitteln.
32
Genauer gesagt soll durch den anhand der repräsentativen Stichprobe aus solventen und insol-
venten Unternehmen bestimmten Trennwert, mittels einzelner oder mehrerer Merkmalsvariab-
len (Kennzahlen), eine möglichst überschneidungsfreie Differenzierung in die Gruppe bestands-
fester (,,guter") oder insolvenzgefährdeter (,,schlechter") Unternehmen erfolgen.
33
Aus diesen, zunächst sehr theoretischen Definitionen, lassen sich folgende konkrete Arbeits-
schritte ableiten, die für den Aufbau einer funktionierenden Diskriminanzanalyse erforderlich
sind:
30
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seite 83
31
Vgl. Baetge, Jörg. Bilanzanalyse. Düsseldorf 1998. Seite 517
32
Vgl. Coenenberg, Adolf: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg, 2000, Seite 896
33
Vgl. Everling, Oliver: Rating - Chance für den Mittelstand nach BASEL II. Wiesbaden, 2001, Seite 352

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
10
1. Auswahl einer Grundgesamtheit für die empirische Studie:
Dies bedeutet im Einzelnen, dass zu Beginn des Verfahrens die Voraussetzung gegeben
sein muss, auf eine für diese Zwecke ausreichende Grundgesamtheit von Jahresabschlüs-
sen innerhalb eines definierten Zeitraums zurückgreifen zu können. Für die Untersuchungs-
bzw. Analysestichprobe werden daraufhin aus dieser Grundgesamtheit eine jeweils gleich
große Anzahl von solventen und insolvent gewordenen Unternehmen im Random - Verfah-
ren ausgewählt. Die Jahresabschlüsse der gezogenen Unternehmen stellen in Folge die
Datenbasis für die Analyse dar.
34
2. Auswahl und Bestimmung einer geeigneten Kennzahl bzw. geeigneter Kennzahlen:
Zunächst werden für jeden Jahresabschluss die Werte bereits zuvor ausgewählter Kenn-
zahlen berechnet. Im Gegensatz zum dem Fall, in dem die Gruppierung der Unternehmen
mit nur einer Merkmalsvariablen durchgeführt wird, müssen bei zur Hilfenahme mehrerer
Kennzahlen einige Regeln beachtet werden, damit ein objektives Gesamturteil gebildet wer-
den kann. So erscheint es als plausibel, dass zwischen den einzelnen Kennzahlen keine
Korrelationen
35
existieren sollten. Darüberhinaus müssen noch einige weitere statistische
Kriterien erfüllt sein, auf die ich im Weiteren jedoch nicht eingehen werde, da dies meine
Absicht, einen kurzen Überblick zu vermitteln, gefährden würde.
Ziel ist es nun, die Kennzahl/-en zu bestimmen, durch welche die beste Trennung in gesun-
de und kranke Unternehmen möglich gemacht wird.
3. Bestimmung des kritischen Trennwertes (Cut ­ off):
Bevor anhand der Kennzahlenausprägung/en eine Klassifizierung der analysierten Unter-
nehmen in ,,gesund" und ,,krank" erfolgen kann, muss zunächst ein Trennwert in Verbindung
mit einer Arbeitshypothese festgelegt werden. Als frei gewähltes Beispiel verwende ich an
dieser Stelle die Kennzahl Eigenkapitalquote (EK/GK). Die Arbeitshypothese lautet in die-
sem Fall g>k, d.h., dass ein hoher Wert positiver als ein niedrigerer Wert einzuschätzen ist
und eher auf ein gesundes, als auf ein krankes Unternehmen hindeutet. Wenn der kritische
Trennwert nun bei 15% liegen würde, dann sind alle Unternehmen mit einer EK - Quote von
über 15% zu den Gesunden und alle unter 15% zu den Bestandsgefährdeten zu zählen.
4. Überprüfung der Zuverlässigkeit:
Zuletzt ist es erforderlich, die Funktionsweise und Zuverlässigkeit des durch eine oder meh-
rere Kennzahl/-en entwickelten Instrumentes an einer möglichst großen Kontrollstichprobe
zu testen. Als Datengrundlage sollten für diesen Anlass nur solche Jahresabschlüsse heran-
gezogen werden, die bei den bisherigen Arbeitsschritten noch keine Verwendung fanden.
36
34
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seite 90
35
Als Korrelation bezeichnet man - vor allem in der Finanzwelt - ein statistisches Maß, welches die Intensität und die Art der
Abhängigkeit von einzelnen Werten untereinander ausdrückt.
Vgl. Beike/Schlütz: Finanznachrichten lesen - verstehen - nutzen. Stuttgart, 2001, Seiten 170/455
36
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seiten 562-566

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
11
Wie ich bereits versucht habe anzudeuten, kann die Diskriminanzanalyse mit nur einer oder
aber auch mehreren Merkmalsvariablen (Kennzahlen) durchgeführt werden. Aus diesem Grund
wird auch eine Differenzierung in univariate und multivariate Diskriminanzanalyse vorgenom-
men.
Im Folgenden möchte ich auf die wesentlichen Unterschiede dieser beiden Varianten eingehen
und mögliche Vor- und Nachteile aufzeigen.
2.1.1 Univariate Diskriminanzanalyse (UDA)
Im Rahmen der univariaten Diskriminanzanalyse wird, wie unter Arbeitsschritt 2 beschrieben,
jede berechnete Kennzahl einzeln dahingehend geprüft, wie gut sie geeignet ist, Unternehmen
in die beiden Gruppen ,,bestandsfest" oder ,,bestandsgefährdet" einzuordnen. Diejenige Kenn-
zahl, welche die höchste Trennschärfe für die Klassifizierung aufweist, findet demzufolge beim
univariaten Verfahren alleinige Anwendung.
Dieser Methode bediente sich bereits vor knapp 40 Jahren der renommierte amerikanische
Finanz- und Bilanztheoretiker Wiliam H. Beaver. Er stellte bspw. bei seinen Untersuchungen
fest, dass die Merkmalsvariable aus dem Quotienten des Cash - Flows zum Fremdkapital die
größte Genauigkeit bei der Unternehmensbeurteilung aufwies.
37
(Hinweis: Bei dieser Kennzahl
handelt es sich um ein Maß für die Fähigkeit eines Unternehmens, seine Verbindlichkeiten be-
dienen zu können.)
Ein Vorteil der univariaten Diskriminanzanalyse ist in der leicht nachvollziehbaren Handlungs-
vorschrift bei Kreditentscheidungen zu sehen, da lediglich eine einzige Merkmalsvariable über
die zu wählende Handlungsalternative entscheidet. Nachteile bestehen durch die Gefahr von
Fehlklassifikationen, da sich anhand von nur einer Kennzahl die Bestimmung des kritischen
Trennwertes als sehr schwierig gestaltet.
38
Diesem Kritikpunkt kann die multivariate Diskrimi-
nanzanalyse entgegenwirken, da sie mehrere Kriterien (Kennzahlen) in die Urteilsfindung mit
einfließen lässt, da eine einzige Kennzahl i.d.R. nicht in der Lage ist, die gesamte wirt-
schaftliche Situation eines Unternehmens widerzuspiegeln.
2.1.2 Multivariate Diskriminanzanalyse (MDA)
Die multivariate Diskriminanzanalyse gehört zu den moderneren Verfahren der Bonitätsbeurtei-
lung kreditsuchender Unternehmen. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass mit Hilfe mehrerer
Kennzahlen, die gleichzeitig durch eine bestimmte Gewichtung in einer Funktion additiv mitei-
nander verbunden sind, ein Punktwert, der sogenannte Z - Wert (Z - Score), berechnet wird.
Die Diskriminanzfunktion kann somit wie folgt definiert werden:
Z = g
1
·
x
1
+ g
2
·
x
2
+ ...+ g
n
· x
n
37
Vgl. Coenenberg, Adolf: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg, 2000, Seite 897
38
Vgl. Pytlik, Martin: Diskriminanzanalyse und Künstliche Neuronale Netze zur Klassifizierung von Jahresabschlüssen.
Franfurt am Main, 1995, Seiten 91/92

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
12
Dabei stellt g die Gewichtung eines Kriteriums und x die jeweilige Ausprägung der einbezoge-
nen Kennzahl dar. Dem Ergebnis der Diskriminanzfunktion, dem Z - Wert, wird daraufhin der
kritische Trennwert gegenübergestellt, dessen Über- bzw. Unterschreiten zur jeweiligen Klassifi-
kation des Unternehmens führt.
39
Die Herausforderung und auch Schwierigkeit bei der MDA ist offensichtlich, da aus einer Viel-
zahl von Kennzahlen diejenigen zu isolieren sind, die unter einer bestimmten Gewichtung ,,ge-
sunde" und ,,kranke" Unternehmen am besten trennen, d.h. eine minimale Fehlklassifizierung
hervorbringen. Mathematisch ist die Bestimmung der Gewichte g
i
das zentrale Problem der Dis-
kriminanzanalyse, betriebswirtschaftlich besteht es darin, aussage- und damit trennfähige Merk-
male zu bestimmen.
40
Ein Vorteil der MDA liegt darin, dass mit Hilfe eines Gesamtindexes aus mehreren Kennzahlen
ein integriertes Gesamturteil über die Finanz- Ertragslage eines Unternehmens abgegeben
werden kann. Des Weiteren haben die Ergebnisse der MDA gezeigt, dass zu einer bereits sehr
realitätsnahen Beurteilung der Unternehmenslage keine große Menge an Kennzahlen benötigt
wird. Als Beispiel können die Ergebnisse von Altmann im Jahr 1968 herangezogen werden, der
schon damals mit lediglich 6 Kennzahlen in der Lage war, im ersten Jahr vor der Insolvenz eine
Trefferquote von 95% und im zweiten Jahr vor der Insolvenz eine Trefferquote von immerhin
72% zu erzielen.
41
2.2 Regressionsanalyse
Neben der Diskriminanzanalyse sollte als weiteres mathematisch - statistisches Verfahren der
Bonitätsbeurteilung die Regressionsanalyse Erwähnung finden.
Hierbei können drei Verfahren unterschieden werden, die bisher in der Praxis zur Anwendung
kommen:
42
1. Lineares Wahrscheinlichkeitsmodell
2. Logit - Analyse
3. Probit - Analyse
Die beiden letzten Methoden (2. u. 3.) möchte ich in diesem Zusammenhang außer Acht lassen
und werde ausschließlich anhand des linearen Wahrscheinlichkeitsmodells (Lineare Regres-
sion) versuchen, ein Grundverständnis für die Funktionsweise von Regressionsanalysen zu ver-
mitteln.
Durch regressionsanalytische Verfahren wird das Ziel verfolgt, einem potentiellen Krediten-
gagement direkt eine Verlustwahrscheinlichkeit zuzuordnen. Hierfür wird zunächst, wie bei der
Diskriminanzanalyse, ein gewisser Bestand an Unternehmen bzw. Krediten herangezogen, die
39
Vgl. Keiner, Thomas: Rating für den Mittelstand. Frankfurt, 2001, Seiten 180/181
40
Vgl. Eigermann, Judith: Quantitative Credit - Ratingverfahren in der Praxis. In: Finanz Betrieb 10/2001, Seite 525
41
Vgl. Coenenberg, Adolf: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg, 2000, Seite 901
42
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seite 96

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
13
in der Vergangenheit insolvent bzw. notleidend geworden sind oder nicht. Daraufhin werden
den einzelnen Testdaten die Ziffern 0 oder 1 zugewiesen. Eins, wenn aus der zu Grunde liegen-
den Stichprobe ein Unternehmen Konkurs anmelden musste oder ein Kredit ausgefallen ist.
Null, wenn dieser Fall nicht eingetreten ist.
Nachdem man die Zuordnung durchgeführt hat, wird eine Funktion aus gewichteten Kennzah-
len errechnet, die den Fall der Kreditwürdigkeit (Solvenz) am besten erklärt.
Mit anderen Worten werden die Gewichte der Kennzahlen genau so bestimmt, dass sich bei
solventen Fällen möglichst genau eine ,,0" als Funktionswert errechnet, bei insolventen Fällen
eine ,,1". Der funktionale Zusammenhang zwischen der abhängigen Variable Kreditwürdigkeit
und der unabhängigen Variablen, wie z.B. den Bilanzkennzahlen, kann formal wie folgt darge-
stellt werden:
m
y
i
= a +
j
x
i
j .
j=1
Das y stellt in diesem Fall das Bonitätsurteil, also die Kreditwürdigkeit des Unternehmens, dar.
Die unabhängigen Variablen x
j
, mit i = 1,...,m sind die für das Ergebnis verantwortlichen Ein-
flussfaktoren (wie z.B. Eigenkapitalquote, Verschuldungsgrad, Liquidität etc.).
Die Parameter a und
j
werden bei der linearen Regression üblicherweise durch die statistische
Methode der kleinsten Quadrate aus den bekannten Vergangenheitswerten der Stichprobe er-
mittelt. Das heißt, dass die Gewichte so gewählt werden, dass das für alle Elemente der Stich-
probe mit obiger Linearkombination rechnerisch ermittelte y möglichst nahe am tatsächlichen y
liegt.
43
Bei der Überprüfung der Bonität eines kreditsuchenden Unternehmens werden dann die rele-
vanten Kennzahlen x
1
...x
m
(i.d.R. 5 bis 7) in die (Schätz-) Funktion eingesetzt und mit dem je-
weiligen Parameter
j
gewichtet. Das unter Berücksichtigung der Konstanten a ermittelte Er-
gebnis entspricht, als absolute Zahl, der zu erwartenden Ausfallwahrscheinlichkeit dieses Kre-
ditengagements. Unglücklicherweise kann dieses Modell auch Verlustwahrscheinlichkeiten 0
und 1 produzieren, was keinen ökonomischen Sinn macht, da es weder ,,schlechter als in-
solvent" noch ,,besser als solvent" gibt. Diese Schwäche der linearen Regression kann durch
die bereits genannten Logit - und Probit - Verfahren ausgeschaltet werden, da sie nichtlinear
sind und mit Hilfe ,,statistischer Tricks" nur Verlustwahrscheinlichkeiten zwischen 0 und 1 zu-
lassen.
44
Diese Modelle stellen ,,lediglich" Weiterentwicklungen der linearen Regression dar und stehen
somit auch nicht im Gegensatz zu meinen Ausführungen über die grundsätzliche Vorgehens-
weise und Methodik des linearen Wahrscheinlichkeitsmodells.
43
Vgl. Füser, Karsten: Intelligentes Scoring und Rating. Wiesbaden, 2001, Seiten 60/61
44
Vgl. Eigermann, Judith: Quantitative Credit - Ratingverfahren in der Praxis. In: Finanz Betrieb 10/2001, Seite 526

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
14
3. Verfahren mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz
Verfahren mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz verkörpern die jüngsten Methoden zur Bonitäts-
beurteilung von Unternehmen und nehmen auch in der Praxis der Bonitätsprüfung einen immer
höheren Stellenwert ein. Dieser Entwicklung möchte ich mich natürlich nicht verschließen und
werde abschließend zu den ausgewählten Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung zwei Syste-
me dieser Art vorstellen.
3.1 Expertensysteme
Bei Expertensystemen handelt es sich um computergestützte Systeme, welche die Problemlö-
sungsfähigkeiten eines menschlichen Experten in einem eng begrenzten Anwendungsbereich
(Fachgebiet) kopieren und anwenden. Zunächst ist es erforderlich, dass das problemspezifi-
sche Wissen eines menschlichen Experten in strukturierter Form auf einer Wissensbasis im
System eingegeben und abgespeichert wird. Die wissensbasierten, rechnergestützten Systeme
sollten dann die Fähigkeit besitzen, zusätzliche Informationen aus bereits vorhandenen Daten
abzuleiten (Data Mining).
45
Der Aufbau eines derartigen Systems setzt somit die Mitarbeit mindestens eines Fachmannes
des betreffenden Spezialgebietes - in unserem Fall dem Bilanzrating - voraus, dessen Wissen
und fortlaufend neue Erkenntnisse in das System implementiert werden müssen. Dieser erste
Baustein zur Konstruktion eines Expertensystems wird als Wissensakquisitionskomponente be-
zeichnet.
Beruhend auf dem Expertenwissen werden, im Unterschied zu reinen Datenbanken, ,,Wenn-
Dann-Regeln" (,,If-then-else") zur Bildung von Urteilen aus der vorliegenden Informationsgrund-
lage verwendet. Dieser Prozess findet in der Problemlösungskomponente oder im sog. Infe-
renzsystem statt, welches als das entscheidende Modul eines jeden Expertensystems anzuse-
hen ist. Hier wird neues Wissen abgeleitet, indem logische, häufig deduktive Schlussfolge-
rungen aus vorhandenem Datenmaterial und Handlungsvorschriften gezogen werden. Das Sys-
tem sollte somit auch selbständig beurteilen können, in welchen Fällen es eine gültige Aussage
treffen kann, die der Meinung des Experten entsprechen würde.
46
Des Weiteren muss ein solches System über eine entsprechende Dialogkomponente verfügen,
die eine einfache, bedienungsfreundliche und zielorientierte Interaktion zwischen Mensch und
Maschine ermöglicht. Dies kann z.B. durch standardisierte Bildschirmmasken, oder auch durch
graphische Aufbereitung gewährleistet sein. Diesbezüglich ist es auch erforderlich, dass der An-
wender die Möglichkeit hat, nachzuvollziehen, wie und aus welchem Grund das System zur ent-
sprechenden Urteilsfindung gelangt ist.
47
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass
durch Expertensysteme das Ziel verfolgt wird, das Wissen hochqualifizierter Fachleute in dieser
45
Vgl. Everling, Oliver: Rating - Chance für den Mittelstand nach Basel II. Wiesbaden, 2001, Seite 389
46
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seiten 103/104
47
Vgl. Everling, Oliver: Rating - Chance für den Mittelstand nach Basel II. Wiesbaden, 2001, Seite 391

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
15
Form auch einem größeren, weniger qualifizierten Anwenderkreis zugänglich zu machen. Da-
raus entsteht der Vorteil, dass sich die Qualität der Ratingurteile insgesamt erhöht und es dem-
zufolge auch zu einer verstärkten Objektivität und Akzeptanz dieser Entscheidungen kommt.
48
3.2 Künstliche Neuronale Netze
Künstliche Neuronale Netze (KNN) folgen der Grundidee, die Strukturen des biologischen neu-
ronalen Netzes, genauer gesagt, des eines menschlichen Gehirns und dessen Funktionsprinzi-
pien zur Informationsverarbeitung, nachzubilden. Natürlich sollen nicht die ganzen Funktionen
eines Gehirns nachgebaut werden, dies ist höchstens für medizinische Simulationen interes-
sant. Vielmehr sollen die besonderen Fähigkeiten eines natürlichen Gehirns, wie z.B. Lernfähig-
keit, Fehlertoleranz und Mustererkennungsfähigkeit erreicht werden. Die daraus resultierenden
Vorteile können auch in betriebswirtschaftlichen Problemstellungen, wie der Kreditwürdigkeits-
prüfung, erfolgreich eingesetzt werden.
49
Genau wie mathematisch - statistische Verfahren greifen Neuronale Netze auf eine Vielzahl von
historischen Jahresabschlussdaten zurück, um die bekannten Klassifikationen durchführen zu
können. Darüber hinaus existieren jedoch keine weiteren Gemeinsamkeiten zwischen diesen
beiden Arten der Kreditwürdigkeitsprüfung.
50
Folgend möchte ich den Aufbau eines Künstlichen Neuronalen Netzes sowie den Transforma-
tionsmechanismus beschreiben, der aus den relevanten Einflussgrößen (hier: Bilanzkennzah-
len) ein abschließendes Bonitätsurteil generiert.
Neuronale Netzwerke bestehen aus einer Eingabeschicht (Input-Ebene), einer oder mehrerer
verdeckter Schicht/-en (Hidden-Ebene/-n) und einer Ausgabeschicht (Output-Ebene), denen
i.d.R. einige hundert Neuronen zugeordnet sind. Zwischen den einzelnen Schichten sind die
Neuronen einer Ebene mit vor- bzw. nachgeschalteten Neuronen über Synapsen verbunden.
Die Neuronen eines KNN sind biologischen Nervenzellen nachempfunden, die, vereinfacht ge-
sagt dazu dienen, Informationen in Form von Signalen zu senden und zu empfangen. Die Sy-
napsen dienen als Verbindungsgewichte zwischen den Neuronen. D.h., je stärker ein Verbin-
dungsgewicht ist, umso wichtiger ist der Informationsstrom zwischen den betreffenden Neu-
ronen.
51
In der Eingabeschicht empfängt nun je ein Neuron die Ausprägung einer Kennzahl (Kennzah-
lenwert) und übermittelt diese Information an die Zwischenschicht (verdeckte Schicht). Die Neu-
ronen dieser Ebene kombinieren diese Ausprägungen und bilden eine Funktion, die an die Aus-
gabeschicht weitergeleitet wird. Falls ein einziges Neuron an der Ausgabeschicht existiert, ver-
dichtet dieses die Funktionswerte der Neuronen aus der Zwischenschicht zu einem Bilanzboni-
48
Vgl. Keiner, Thomas: Rating für den Mittelstand. Frankfurt, 2001, Seite 136
49
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seite 573
50
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seite 107
51
Vgl. Everling, Oliver: Rating - Chance für den Mittelstand nach Basel II. Wiesbaden, 2001, Seite 373

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
16
tätsindikator, dem sog. Netz- oder N-Wert, der die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kreditenga-
gements ausdrückt. Alternativ können aber auch zwei Neuronen in der Ausgabeschicht ange-
siedelt sein, die demzufolge jeweils für ein genau definiertes Urteil vorgesehen sind. Beim Ein-
satz in der Kreditwürdigkeitsprüfung bedeutet dies bekannterweise ,,solvent" oder ,,insolvent".
52
Die Klassifikation der betroffenen Unternehmen erfolgt, wie eingangs erwähnt, anhand von
Kennzahlenwerten aus den Jahresabschlussdaten. Welche Kennzahlen in das Bonitätsurteil
einfließen und wie diese gewichtet und zusammengefasst werden, so dass möglichst niedrige
Fehlklassifikationen erfolgen, lernt das Künstliche Neuronale Netz anhand einer ausreichend
großen, repräsentativen Auswahl von solventen und insolvent gewordenen Unternehmen selb-
ständig. Diese Fähigkeit wird dem System zunächst in der Trainingsphase angeeignet. Hierfür
werden dem Netz die Datensätze der sog. Lernstichprobe wieder und wieder präsentiert, damit
es an diesen Daten (Kennzahlenwerten) die Strukturen und Zusammenhänge von gesunden
und kranken Unternehmen erlernt, und somit eine möglichst fehlerfreie Einordnung erlangt wird.
Die Trainingsphase dient demnach dazu, die gespeicherten Synapsengewichte (Verbindungs-
gewichte) fortlaufend so an die Lernstichprobe anzupassen, bis die tatsächlichen mit den erwar-
teten Ausgangssignalen (solvent oder insolvent) übereinstimmen. Diese Lernregel, welche zur
Lösung von Klassifikationsproblemen besonders gut geeignet ist, wird auch als Backpropaga-
tion - Algorithm bezeichnet.
53
Nach Ausübung der optimalen Anzahl von Lernschritten wird abschließend anhand von Testda-
ten, welche bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Verwendung fanden, die Leistungsfähigkeit des
KNN in Hinblick auf die Klassifizierungssicherheit überprüft (Validierungsstichprobe). Falls sich
das System demnach als entscheidungssicher präsentiert, kann der Einsatz in der Praxis erfol-
gen. Das KNN versucht nun, die erlernten Strukturen in den zu analysierenden Jahresabschlüs-
sen wiederzuerkennen und eine entsprechende Klassifikation vorzunehmen.
54
An dieser Stelle möchte ich auf ein berühmtes Beispiel in der Entwicklung eines konkreten
Künstlichen Neuronalen Netzes hinweisen.
1995 wurde am Institut für Revisionswesen der Westfälischen Wilhelms-Münster-Universität von
dem bekannten Bilanzexperten Professor Dr. Jörg Baetge in Zusammenarbeit mit der BPA
Baetge Partner GmbH Co. Auswertungszentrale KG das BP-14 Bilanzbonitäts-Rating
entwickelt. Baetge konnte bei der Entwicklung dieses KNN auf einen Datenbestand von 10.515
Jahresabschlüssen gesunder und 912 kranker Unternehmen zurückgreifen. Für die oben be-
schriebene Trainingsphase wurden je 393 Jahresabschlüsse gesunder und kranker Unterneh-
men herangezogen, wobei jedes Unternehmen drei aufeinander folgende Jahresabschlüsse
einbringen musste. Als Eingabewerte wurden 209 Kennzahlen verwendet, die für jedes Unter-
nehmen berechnet wurden und in die Lernstichprobe eingingen. Über den beschriebenen Back-
52
Vgl. Schüler, Thorsten: Rating und Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen. Dortmund, 2002, Seite 107
53
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seiten 575-577
54
Vgl. Keiner, Thomas: Rating für den Mittelstand. Frankfurt, 2001, Seite 132

I. Ausgewählte Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung
17
propagation - Algorithm wurden laufend die Verbindungsgewichte neu angepasst und über den
sog. Pruning - Algorithm sukzessive die am schlechtesten geeigneten Kennzahlen zur Klassifi-
zierung eliminiert.
Letztlich ergab sich ein Netz mit ,,lediglich" 14 Kennzahlen (BP-14), welches die beste Klassifi-
kationsleistung erreichte und anhand dessen der Bonitätsindikator (N-Wert) mit einer Skala von
-10 (höchste Gefährdungsklasse) bis +10 (beste Güteklasse) entwickelt wurde. Gemäß den Er-
gebnissen der Validierungsstichprobe ist dieses spezielle System in der Lage, mit einer Treff-
sicherheit von 91,25% bestandsgefährdete Unternehmen bis zu drei Jahre im Voraus zu identi-
fizieren.
55
Die Überlegenheit Künstlicher Neuronaler Netze zeigt sich beim Rating, z.B. gegenüber der
Diskriminanzanalyse, vor allem in einer höheren Trennschärfe, da durch ein Netzwerk eine si-
cherere Zuordnung eines zu beurteilenden Falls zu den Klassen ,,gute Bonität" bzw. ,,schlechte
Bonität" möglich ist. Dieser Vorteil ist darin begründet, dass neben linearen auch nichtlineare
Beziehungen zwischen den Eingangsinformationen und der Klassifikation berücksichtigt werden
können.
56
Eine weitere positive Eigenschaft liegt in der Möglichkeit, auf veränderte Zuordnungs-
muster reagieren zu können. So muss im Falle einer Anpassung das Neuronale Netz nicht
gänzlich neu programmiert werden, sondern kann durch wiederholte Trainingsmaßnahmen (Sy-
stemanpassungen) eine neue Kombination aus Kriterienwerten erlernen, welche den aktuellen
Merkmalen einer bestimmten Klasse entspricht. Des Weiteren unterliegen KNN in Hinblick auf
die Anzahl der Merkmalsvariablen keinen Restriktionen und weisen u.a. ein hohes Maß an Ro-
bustheit und Assoziationsfähigkeit auf.
57
Trotz der unbestrittenen Vorzüge sollte aber nicht vergessen werden, auf einen entscheidenden
Kritikpunkt hinzuweisen. Demnach wird die mangelnde Transparenz bei der Entscheidungsfin-
dung von Künstlichen Neuronalen Netzen als gewichtigster Einwand angesehen. Es wird daher
im Schriftum häufig der Begriff der ,,Black Box" genannt, da der Anwender kaum eine
Möglichkeit hat, den Prozess der Entscheidungsfindung nachzuvollziehen.
58
Abschließend kann festgestellt werden, dass sich Künstliche Neuronale Netze in den letzten
Jahren zu leistungsstarken Systemen entwickelt haben, die bei vielen Bedarfsträgern als ein-
ziges alternatives Instrument zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit angesehen werden.
59
4. Zusammenfassung und Überleitung auf die IFRS
Die Problemstellung dieser Arbeit liegt in der Untersuchung der Auswirkungen durch Anwen-
dung der IFRS auf das Bilanzbonitätsrating. Dies bedeutet, dass der Schwerpunkt meiner Arbeit
55
Vgl. Baetge, Jörg: Bilanzanalyse. Düsseldorf, 1998, Seiten 579-583
56
Vgl. Everling, Oliver: Rating - Chance für den Mittelstand nach Basel II. Wiesbaden, 2001, Seite 374
57
Vgl. Füser, Karsten: Intelligentes Scoring und Rating. Wiesbaden, 2001, Seiten 71/72
58
Vgl. Coenenberg, Adolf. Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Augsburg, 2000, Seite 902
59
Vgl. Füser, Karsten: Intelligentes Scoring und Rating. Wiesbaden, 2001, Seite 70

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832475314
ISBN (Paperback)
9783838675312
DOI
10.3239/9783832475314
Dateigröße
833 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (Dezember)
Note
1,0
Schlagworte
immaterielle vermögensgegenstände rückstellungen fertigungsaufträge finanzinstrumente
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Titel: Auswirkungen durch Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) auf das Bilanzbonitätsrating
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