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Erfolgsfaktoren für politisches Marketing

©2003 Diplomarbeit 42 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Parteien und Spitzenpolitiker sind in modernen Mediendemokratien auf professionelle Politikvermittler angewiesen, die ihr Image aktiv gestalten und politische Vorhaben in der Öffentlichkeit darstellen. Das geschieht konzentriert im Wahlkampf. Dabei werden vermehrt betriebswirtschaftliche Marketing-Ansätze zur Politikvermittlung eingesetzt. In der vorliegenden Arbeit werden die Möglichkeiten für Marketingstrategien politischer Akteure untersucht und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen politischem Marketing und dem betriebswirtschaftlichen Marketing für Güter und Dienstleistungen herausgestellt.
Trotz der wesentlichen Differenz zwischen dem politischen System und dem Wirtschaftssystem wird hier die These vertreten, dass sich der betriebswirtschaftliche Marketingansatz prinzipiell auf das Problem der Politikvermittlung anwenden lässt. Im Verlauf dieser Arbeit wird diese These durch theoretische Überlegungen und durch zahlreiche praktische Beispiele untermauert. Die leitende Fragestellung lautet dabei: Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg von politischem Marketing? Beantwortet wird diese Frage im Rahmen einer Analyse der einzelnen Teilgebiete des politischen Marketing, in denen jeweils die Möglichkeiten und Grenzen beleuchtet werden, die eine konsequente Marketingorientierung der Politikvermittlung mit sich bringt. Die Arbeit stützt sich hierfür auf die vorhandene Literatur zum Thema und auf aktuelle Beispiele.
Politisches Marketing bedeutet nicht nur Werbung für Politiker und Parteien. Modernes Marketing-Management für politische Akteure beinhaltet neben der Koordination der Public Relations- und Werbemaßnahmen zunächst einmal die Konzeption der zentralen Kommunikationsstrategie eines politischen Akteurs unter Einsatz der Instrumente der Meinungsforschung und wirkt dabei zurück auf die politischen Entscheidungen selbst. Ziel des politischen Marketing ist das Zustimmungsverhalten der Wähler, d.h. die Legitimierung des politischen Akteurs. Medial vermittelte Stellungnahmen von Politikern müssen sich immer an der Vorstellungswelt der Rezipienten, also der Wähler orientieren, um verstanden zu werden: an deren politischen Einstellungen und Vorkenntnissen, an deren Werten und Überzeugungen und an deren Wahrnehmungs- und Sprachgewohnheiten. Diese Einstellung der Kommunikatoren auf ihre Zielgruppe ist der zentrale Kerngedanke des modernen Marketing.
Erforderlich ist nicht nur die konsequente Ausrichtung der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7524
Hopp, Mario: Erfolgsfaktoren für politisches Marketing
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Humboldt-Universität zu Berlin, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

2
Inhaltverzeichnis
Seite
Einleitung ...3
1. Das Konzept des politischen Marketing ...5
1.1
Politikvermittlung in modernen Demokratien ...5
1.2
Das Konzept des Marketing im Güter- und Dienstleistungsbereich ...7
1.3
Das Konzept des politischen Marketing...9
1.4
Die Ziele des politischen Marketing ...10
1.5
Die Akteure des politischen Marketing ...11
1.6
Politisches Marketing als Gefahr für die Demokratie? ...13
2. Politische Kommunikation in der Medienöffentlichkeit ...16
2.1
Kommunikationsebenen bei der Politikvermittlung ...16
2.1.1 Sachliche Kommunikationsebene...16
2.1.2 Ideologische Kommunikationsebene ...16
2.1.3 Emotionale Kommunikationsebene ...17
2.1.4 Nonverbale Kommunikationsebene...17
2.2
Die Eigendynamik der Massenmedien ...18
2.3
Die Rolle des Fernsehens als Leitmedium ...19
3. Die Arbeitsfelder des politischen Marketing ...21
3.1
Die Bedeutung der Meinungsforschung ...21
3.1.1 Modelle zur Wählersegmentierung ...23
3.1.2 Theorie der Stamm- und Wechselwähler ...25
3.2
Kommunikationsstrategien für politische Akteure ...26
3.2.1 Markenvertrauen für Parteien und Politiker ...28
3.3
Public Relations ...29
3.4
Public Affairs und Issue Management ...30
3.5
Negative Campaigning ...33
3.6
Politikvermittlung über bezahlte Werbung ...33
3.7
Der Einsatz des Internet ...34
3.8
Finanzierung und Fundraising ...35
3.9
Das Management der politischen Marketingstrategie...36
4. Ausblick ...37
Literaturverzeichnis...38

3
Einleitung
Parteien und Spitzenpolitiker sind in modernen Mediendemokratien auf professionelle Politikver-
mittler angewiesen, die ihr Image aktiv gestalten und politische Vorhaben in der Öffentlichkeit dar-
stellen. Das geschieht konzentriert im Wahlkampf. Dabei werden vermehrt betriebswirtschaftliche
Marketing-Ansätze zur Politikvermittlung eingesetzt. In der vorliegenden Arbeit werden die Mög-
lichkeiten für Marketingstrategien politischer Akteure untersucht und die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zwischen politischem Marketing und dem betriebswirtschaftlichen Marketing für Gü-
ter und Dienstleistungen herausgestellt.
Trotz der wesentlichen Differenz zwischen dem politischen System und dem Wirtschaftssystem
wird hier die These vertreten, dass sich der betriebswirtschaftliche Marketingansatz prinzipiell auf
das Problem der Politikvermittlung anwenden lässt. Im Verlauf dieser Arbeit wird diese These
durch theoretische Überlegungen und durch zahlreiche praktische Beispiele untermauert. Die lei-
tende Fragestellung lautet dabei: Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg von politischem Marke-
ting? Beantwortet wird diese Frage im Rahmen einer Analyse der einzelnen Teilgebiete des politi-
schen Marketing, in denen jeweils die Möglichkeiten und Grenzen beleuchtet werden, die eine
konsequente Marketingorientierung der Politikvermittlung mit sich bringt. Die Arbeit stützt sich hier-
für auf die vorhandene Literatur zum Thema und auf aktuelle Beispiele. Politisches Marketing be-
deutet nicht nur Werbung für Politiker und Parteien. Modernes Marketing-Management für politi-
sche Akteure beinhaltet neben der Koordination der Public Relations- und Werbemaßnahmen zu-
nächst einmal die Konzeption der zentralen Kommunikationsstrategie eines politischen Akteurs
unter Einsatz der Instrumente der Meinungsforschung und wirkt dabei zurück auf die politischen
Entscheidungen selbst. Ziel des politischen Marketing ist das Zustimmungsverhalten der Wähler,
d.h. die Legitimierung des politischen Akteurs. Medial vermittelte Stellungnahmen von Politikern
müssen sich immer an der Vorstellungswelt der Rezipienten, also der Wähler orientieren, um ver-
standen zu werden: an deren politischen Einstellungen und Vorkenntnissen, an deren Werten und
Überzeugungen und an deren Wahrnehmungs- und Sprachgewohnheiten. Diese Einstellung der
Kommunikatoren auf ihre Zielgruppe ist der zentrale Kerngedanke des modernen Marketing. Er-
forderlich ist nicht nur die konsequente Ausrichtung der Kommunikationsinhalte an den Erwartun-
gen der Zielgruppen, sondern auch eine Auswahl der eingesetzten Kommunikationsformen nach
den von diesen bevorzugten Medien. Entscheidungen über Kommunikationsstrategien und konkre-
te Marketingmaßnahmen können deshalb erst auf der Basis hinreichend valider und in themati-
scher Hinsicht differenzierter Informationen über die zu erreichenden Wählergruppen getroffen
werden. Meinungsumfragen haben - auch außerhalb des Wahlkampfes - die Funktion der notwen-
digen Wähler-Informationsbeschaffung übernommen. In Analogie zu den Methoden der Marktfor-
schung wurden die Aufgaben der Meinungsforschung in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet
und ausdifferenziert. Die Ergebnisse der laufend durchgeführten Umfragen liefern Informationen
über die Relevanz bestimmter politischer Themen, über das Image von Politikern bzw. deren
,,Image-Chart" im Zeitverlauf und führen zu umfassenden Topographien der politischen Einstellun-
gen und Erwartungen in der Bevölkerung.
Die Kommunikation politischer Akteure ist meist komplex und enthält eine Vielzahl verschiedener
Bedeutungsebenen. Zur ihrer Analyse wird diese daher im Kapitel 2.1 theoretisch in mehrere
Kommunikationsebenen unterteilt. Unterschieden werden kann zwischen sachlicher, ideologischer,
emotionaler und nonverbaler Kommunikation. Auf sachpolitischer Ebene finden Diskussionen über
konkrete gesellschaftliche Probleme und deren Bewältigungsmöglichkeiten statt. Zur Vermittlung
ideologischer Richtungen beziehen sich politische Akteure auf moralische Allgemeinplätze, promi-
nente Persönlichkeiten oder historische Schlüsselereignisse und positionieren ihre Politik damit in
einem bestimmten gesellschaftlichen Wertekontext. Darüber hinaus lässt sich eine emotionale
Dimension politischer Kommunikation beobachten. Das Image eines Akteurs kann hierbei als
Marke im betriebswirtschaftlichen Sinne verstanden werden, bei welchem Sympathie und Vertrau-
en über die Annahme oder Ablehnung entscheidet. Im Kapitel 3.2.1 wird aufgezeigt, warum
,,Markenpolitik" bei Wählern auf mehr Zustimmung stößt. In der Fernseh-Gesellschaft bestimmt
auch die nonverbale Kommunikation, also die Gestik und das äußere Erscheinungsbild das Image
eines Politikers mit. Kandidaten müssen sich daher des Einflusses dieser Faktoren auf ihre
Medienwirkung bewusst sein. Da Wähler die Politiker und Parteien nahezu ausschließlich über
Medien wahrnehmen, erhält die Medienstrategie für politische Akteure eine entscheidende Bedeu-

4
tung. Nach ihr werden die einzelnen Aktivitäten, wie öffentliche Stellungnahmen, Fernsehnauftritte,
Pressearbeit und bezahlte Wahlwerbung wie Fernsehspots und Plakatierungen aufeinander abge-
stimmt. Die dominanten Massenmedien sind jedoch nicht als neutrale Überbringer von Nachrichten
anzusehen, sondern als eigenständiges Funktionssystem der Gesellschaft, welches eine eigene,
eine Medienrealität erzeugt. Werden die spezifischen Regeln und die Dynamik des Mediensystems
missachtet, kann die Vermittlung von Politik gar nicht oder nur verzerrt gelingen. Medienunterneh-
men produzieren und konstruieren Nachrichten, die sich immer an den Aufmerksamkeitsregeln der
modernen Medienlandschaft orientieren müssen. Aus der großen Vielfalt möglicher Meldungen für
die Berichterstattung werden nach dem Kriterium eines angenommenen Nachrichtenwertes nur
wenige selektiert. Alle Themen - auch die politischen - werden von Medienunternehmen dabei wie
Produkte betrachtet, die sich jeweils mehr oder weniger gut verkaufen. Um in die Öffentlichkeits-
agenda Einzug zu erhalten, müssen Themen also nachgefragt werden. Völlig neue Themen
(,,Issues") können nicht ohne weiteres in der Medienöffentlichkeit platziert werden. Vielmehr müs-
sen neue Themen auf bereits bekannte Themen referieren, um auf Akzeptanz zu stoßen. Dieser
Zwang zur Anschlussfähigkeit macht es Politikern schwer, innovative Inhalte öffentlich zu kommu-
nizieren, denn Öffentlichkeit heißt hier immer: Medienöffentlichkeit. Diese aber kann immer nur
über medienspezifische Formate informieren.
Die nach aktuellem Wissenstand zusammengestellte und systematisch geordnete Betrachtung der
Arbeitsfelder des politischen Marketing beantwortet nicht nur in vielschichtiger Weise die Frage
nach den erfolgsrelevanten Faktoren. Sie gibt darüber hinaus begründeten Anlass zur Hoffnung,
dass der zunehmende Einsatz des Marketing-Denkens in der Politik keine Bedrohung für die ge-
sellschaftliche Demokratie darstellt, sondern den fortschreitenden Prozess der Demokratisierung
prinzipiell unterstützt und zu einer Aktualisierung der Politikvermittlung führt, die den Anforderun-
gen einer Mediengesellschaft gerecht wird.

5
1. Das Konzept des politischen Marketing
1.1 Politikvermittlung in modernen Demokratien
Der Arbeitsbereich des politischen Marketing (auch: Polit-Marketing) entstand in den 50er Jahren
durch die Professionalisierung des Wahlkampfes in den USA. Um Wahlkämpfe zu gewinnen, wur-
de zunehmend Erfahrungswissen über Kommunikationsstrategien aus dem betriebswirtschaftli-
chen Bereich verwendet. Dennis Kavanagh beschreibt in seiner Arbeit ,,Election Campaigning" die
Entschlossenheit, mit der sich das Wahlkampf-Team von Eisenhower während des Präsident-
schaftswahlkampfes im Jahr 1952 das Know-how aus verschiedenen Branchen einkaufte:
"A significant development in political marketing via television advertising was the 1952 Presiden-
tial campaign of the republican candidate, Dwight Eisenhower. His campaign team recruited from
leading advertising agencies, commissioned Gallup to research the issues which concerned the
voters and employed a Holly-wood actor, Robert Montgomery, to improve Eisenhower's television
performances."
1
Bemerkenswert ist bereits hier zu Beginn der Professionalisierung, dass die Meinungsforschung
zeitgleich zusammen mit der Fernsehwerbung eingekauft wurde. Die ,,neuen Methoden", d.h. das
systematische Einstellen von Profis aus dem Marketing- und Medienbereich waren nämlich schon
1952 keineswegs nur eine reine verkaufsfördernde Maßnahme für Politik, sondern beinhalteten
auch von Anfang an die Orientierung der Politik an den Vorstellungen und Einstellungen der Wäh-
ler. Der Einsatz dieser neuen Methoden wurde in den USA innerhalb kurzer Zeit zur Selbstver-
ständlichkeit. In den folgenden Jahrzehnten wurden sie ,,globalisiert" und finden heute in allen mo-
dernen Demokratien Verwendung. Der Experte für politische Kommunikation David M. Farrell be-
schreibt diese Entwicklung folgendermaßen: ,,Die Literatur über politisches Marketing macht auf-
merksam auf einen entscheidenden Schwenk weg von der ,,Verkaufs"-Perspektive - in der die Par-
teien von einem festen Produkt ausgehen und versuchen, die Wähler mittels dieses Produktes für
sich zu gewinnen - hin zu einer ,,Vermarktungs"-Perspektive, in der ein Produkt den Wünschen der
Wähler angepasst wird."
2
In seiner Arbeit über Polit-Marketing betont auch Edgar Wangen, dass der Ausgangspunkt des
politischen Marketing bei den Erwartungen der Wähler liegt: ,,Polit-Marketing ist eine strategisch
instrumentelle Konzeption der Parteien, die im Interesse der Erreichung von Parteizielen und/oder
individueller politischer Ziele von Politikern die Parteifunktionen systematisch und planmäßig auf
die gegenwärtigen und künftigen Erfordernisse im politischen Spektrum und dabei insbesondere
auf die effektiven und potentiellen Bedürfnisse der Bürger ausrichtet."
3
Für den zunehmenden Einsatz des politischen Marketing und den Rückgriff auf moderne Marke-
ting-Maßnahmen zu Politikvermittlung gibt es im wesentlichen zwei Gründe. Der Erste liegt in der
zunehmenden Auflösung der klassischen Wählerlager. Der hohe Grad an funktionaler Ausdifferen-
zierung der modernen Gesellschaft hat zu einer Diversifizierung von Weltbildern und Ideologien
geführt, die eine Ausrichtung der Parteien an großen, ideologisch homogenen Wähler-gruppen
unmöglich macht. Damit verbunden ist eine Zunahme des Anteils an Wechselwählern, die Ihre
Wahlentscheidung nach individuellem Ermessen bei jeder Wahl neu fällen. Zur Entscheidungsfin-
dung orientieren sie sich dabei an den medienvermittelten politischen Geschehnissen, der Wahl-
werbung und den Stellungnahmen von Politikern. Der erhebliche Bedeutungsgewinn der Massen-
medien innerhalb der letzten Jahrzehnte ist der zweite wichtige Grund für die Entwicklung des poli-
tischen Marketing und für die Notwendigkeit der Verwendung professioneller Kommunikationsstra-
tegien: In der Mediengesellschaft gewinnen die Herstellung, Verbreitung und Rezeption von Infor-
mationen ökonomisch, kulturell und politisch an Bedeutung. Was in den Medien veröffentlicht wird,
beeinflusst maßgeblich die Wahlentscheidungen.
Politisches Marketing kann von Politikern oder Parteien, von Regierungen oder auch von einzelnen
Institutionen betrieben werden. Politisches Marketing ist eine Management-Aufgabe, d.h. es ist
kein der Politikproduktion nachgeschalteter Prozess, sondern erfordert die Involvierung des politi-
schen Akteurs selbst. Für diesen bietet die Wählerperspektive eine wichtige Orientierung bei der
1
Kavanagh, 1995: S.14
2
Farrell, 2002: S.94
3
Wangen,1983: S.23

6
Festlegung der Richtung seiner Politik. Die Meinungsforschung liefert hierzu stets aktuelle Informa-
tionen über die allgemeine Stimmungslage und die Erwartungen der Wähler sowie über konkrete
Meinungen zu bestimmten tagespolitischen Fragen. Dabei muss der politische Akteur mit seinen
Entscheidungen nicht notwendig die Erwartungen der repräsentierten Wähler erfüllen. Er muss
diese aber zumindest zur Kenntnis nehmen und bei den Entscheidungen mitberücksichtigen. Bei
aller Ausrichtung der Politik auf die Meinungen der Wähler bleibt so immer noch Raum für die poli-
tische Führungsaufgabe von Parteien und Politikern.
Aus der kontinuierlichen Auseinandersetzung des politischen Akteurs mit den Positionen und Er-
wartungen der Wähler entwickelt dieser eine Kommunikationsstrategie, die sowohl in Kontinuität
zur bisherigen Ausrichtung der Politik steht, als auch zeitgemäße Stellungnahmen zu den aktuellen
politischen Problemen integriert. Bei der Konzeption der Kommunikationsstrategie wird unter ande-
rem festgelegt, welche Botschaften vermittelt, auf welche Werte referiert und in welchen Formen
kommuniziert werden soll. Eine derartige Kommunikationsstrategie ist jedoch nicht als fixer Plan zu
verstehen, sondern stellt vielmehr einen grundlegenden Rahmen dar, in welchem die teilweise
kurzfristig beschlossenen Reaktionen auf die Entwicklungen in der Medienöffentlichkeit stattfinden.
Aus der Kommunikationsstrategie werden die einzelnen Marketing-Aktionen für die Wahlkampf-
phase abgeleitet. Festgelegt werden müssen, wie bei einem Marketingplan eines Wirtschaftsun-
ternehmens, mit welchen Medien die fokussierten Bevölkerungsgruppen am besten erreicht wer-
den können und wann, wo, welche Werbung geschaltet wird. In der Regel werden konkrete Marke-
ting-Aktionen wie Fernseh- oder Printwerbung aus Kostengründen nur während des Wahlkampfes
durchgeführt. Die Wählermarktorientierung der politischen Akteure führt jedoch tendenziell zu ei-
nem Zustand des ,,permanenten Wahlkampfes". Schließlich bildet sich das Image eines Politikers
während der gesamten Amtszeit aus und wirkt dementsprechend auch auf die nachfolgende
Wahlentscheidung. Die wichtigste Rolle für das politische Marketing außerhalb der Wahlkampf-
phase spielen die kostenfreien Public Relations-Maßnahmen, d.h. die Selbstdarstellung und die
öffentlichen Rechtfertigungen politischer Vorhaben und getroffener Entscheidungen durch die Poli-
tiker und Parteien in den berichterstattenden Medien.Der strategisch geplante Umgang mit The-
men der öffentlichen Agenda wird als ,,Issue Management" bezeichnet. Dieser für das politische
Marketing wichtige Bereich wird in Kapitel 3.4 näher behandelt.
Die zentralen Austauschprozesse bei der Politikvermittlung in Mediengesellschaften aus Marke-
tingsichtweise sind in Abbildung I dargestellt. Der Austausch zwischen Wählern und politischen
Akteuren erfolgt einerseits direkt, über die Wahlen, die Ergebnisse von Meinungsumfragen, sowie
durch die konkreten legislativen Entscheidungen, die für die Wähler verbindlich sind. Andererseits
findet ein großer Teil der Kommunikation medienvermittelt statt: Politiker betreiben Öffentlichkeits-
arbeit und politische Werbung, Wähler rezipieren diese über Massenmedien im Rahmen ihrer indi-
viduellen Medienkonsumgewohnheiten.Das wirtschaftliche Eigeninteresse der Medienunterneh-
men, d.h. die betriebliche Absatzorientierung und die besonderen Anforderungen, die ein Mas-
senmedium an die Inhalte stellt, wirken als einschränkende Bedingungen oder als Filter, die von
den politischen Akteuren verstanden und berücksichtigt werden müssen, um den Wählern Politik
erfolgreich vermitteln zu können.

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Politische
Akteure
Wähler
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Meinungsumfragen
Politische Entscheidungen
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Abbildung I: Austauschprozesse bei der Politikvermittlung in der
Mediengesellschaft
Quelle:
Eigene Darstellung
1.2 Das Konzept des Marketing im Güter- und Dienstleistungsbereich
Marketing wird oft mit Vertrieb gleichgesetzt. Eventuell wird noch der Bereich der Werbung und der
Verkaufsförderung hinzugezählt. Modernes Marketing meint aber weitaus mehr als nur eine sepa-
rate betriebliche Funktion, als welche sie früher meist verstanden wurde. Das heutige Marketing-
denken bezieht sich auf das gesamte Unternehmen aus der Perspektive des Kunden. Der Begriff
des Produkts wird im weiteren Verlauf als Oberbegriff für Güter und Dienstleistungen aller Art ver-
wendet werden, auch wenn in der Marketing-Literatur teilweise zwischen materiellen Gütern und
Dienstleistungen unterschieden wird. Dieser Unterschied kann jedoch hier vernachlässigt werden,
da der Fokus auf der Gegenüberstellung von betriebswirtschaftlichem Marketing und politischem
Marketing liegt.
Der vorhandene Bedarf am Markt bestimmt die gesamten Aktivitäten eines Unternehmens von der
Produktion über die Produktkommunikation bis hin zum Vertrieb. Unternehmen werden daran
gemessen, wie gut sie den aktuellen Bedarf am Markt erkennen und befriedigen können. Dabei
geht es bei der Platzierung von Produkten keineswegs nur um einen Preiskampf. Viel wichtiger ist
zunächst einmal, dass den Anforderungen der Kunden mit einer adäquaten Lösung begegnet wird.
Diese Lösung beinhaltet neben dem konkreten Produkt auch den angemessenen Preis. Angemes-
sen heißt in diesem Zusammenhang immer: Den Betrag, den der Kunde bereit ist zu zahlen. Die-
ser hat mit den tatsächlichen Produktionskosten nicht notwendigerweise etwas zu tun. Die angebo-
tene Lösung kann zudem einen ideellen Produktanteil beinhalten: Wer stellt das Produkt her? Wie
wird produziert? Interessieren kann die Kunden zum Beispiel, ob der Hersteller aus der eigenen
Region stammt oder ob es sich um ein Markenprodukt handelt. Auch sozialverträgliches und öko-
logisches Produzieren gewinnt auf der Kundenseite zunehmend an Bedeutung. Das Leitbild für
das Marketing formuliert Philip Kotler, einer der führenden Vertreter des Fachbereichs Marketing

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b) Der wertschaffende Ablauf
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folgendermaßen: ,,Das Leitbild für das Marketing ist ein Austausch in freier Wahl bei fairen Bedin-
gungen unter geschäftsfähigen Partnern zum Wertgewinn beider."
4
Bedeutsam ist hierbei die
Betonung der Freiwilligkeit aller Austauschprozesse. Auch wenn diese Idealbedingungen in der
Praxis nie ganz erreicht werden können, so bleiben sie doch als Leitbild richtungsweisend und
spiegeln die Grundwerte moderner Demokratien wieder.
Die moderne Marketing-Theorie hat ihren Ursprung in den USA. Ihr Auftauchen markiert den
Übergang vom Zeitalter der Massenproduktion zur ,,Überflussgesellschaft".
5
Abbildung II veran-
schaulicht hierzu zwei Modelle der Geschäftsprozesse im Unternehmen.
Abbildung II:
Zwei Modelle zum Geschäftsprozess im Unternehmen
Quelle:
Kotler/Bliemel, 2001: S.6
Das überkommene Modell a) funktioniert gut in Wirtschaftssystemen, in denen ein prinzipieller
Mangel an Produkten herrscht. Relativ unabhängig von den Veränderungen der Marktanforderun-
gen werden Massenprodukte zunächst hergestellt und anschließend vertrieben. Der Preis ent-
spricht hier weitgehend den tatsächlichen Produktionskosten. Moderne Marketing-Theorien basie-
ren auf einem anderem Prinzip, dem des wertschaffenden Ablaufs im Unternehmen. In den heuti-
gen Märkten mit hohem Wettbewerb steht die Wertbestimmung, das heißt die Erforschung der
Kundenbedürfnisse an erster Stelle, wie in Modell b) veranschaulicht ist. In heterogenen Märkten
haben Kunden in verschiedenen Marktsegmenten verschiedene Interessen und Wertvorstellungen,
die differenziert betrachtet werden müssen. Aus der Kundenperspektive heraus werden dann Pro-
dukte konzipiert, entwickelt, beworben und vertrieben. Das gesamte Unternehmen ist auf eine ho-
he Wertschaffung in den Zielmärkten ausgerichtet.
Das Marketingdenken beginnt damit nicht nur zeitlich an erster Stelle, sondern auch hierarchisch
an oberster, im Management eines Unternehmens. Die eigentliche Geschäftidee oder Geschäfts-
grundlage integriert bereits im Ansatz die Wertbestimmung im entsprechenden Zielmarkt. Die kon-
krete Bedürfnis- und Werterforschung steht am Anfang des unternehmerischen Handelns. Nach
einer Fokussierung auf das genaue Zielsegment des Marktes erfolgt die wertmäßige Positionie-
4
Kotler/Bliemel, 2001: S.5
5
Kotler/Bliemel, 2001: S.6

9
rung des Produkts, d.h. die Produktkonzeption. Erst dann wird der eigentliche Wert erstellt. Dieser
besteht neben dem Produkt auch aus der Definition der zugehörigen Produktkommunikation. Die
Vermittlung des Wertes beinhaltet alle Werbe- und Akquisemaßnahmen bis zum Abschluss des
Verkaufs. Schließlich erfolgt die physische Warenverteilung, bei welcher der Wert an den Kunden
übertragen wird. Im Zustand hoher Konkurrenz am Markt kann auch ein noch so gutes Vertriebs-
system keine Produkte absetzen, die den eigentlichen Bedarf der Kunden verfehlen. Dies trifft so-
wohl für Waren aller Art als auch für Dienstleistungen und sowohl für den Privatkunden- als auch
den Geschäftskundenbereich zu. Auf den Einsatz des modernen Marketingdenkens können daher
immer weniger Unternehmen verzichten.
1.3 Das Konzept des politischen Marketing
Im Konzept des politischen Marketing wird der Grundgedanke der modernen Marketingtheorie, die
konsequente Kundenorientierung des gesamten Unternehmens, auf den Bereich der Politik über-
tragen. Dieser Grundgedanke lässt sich mit der demokratischen Theorie prinzipiell gut vereinba-
ren. Weiterhin werden aus bestimmten Arbeitsbereichen des betrieblichen Marketing, so zum Bei-
spiel aus der Marktforschung, der Werbung und der Medienkommunikation, Strategien und Ar-
beitsweisen übernommen.
Beschäftigt man sich mit der Übertragung der Marketingtheorie auf das politische System, so ist es
zunächst erforderlich, die im Marketing verwendeten zentralen Begriffe auf ihre Anwendbarkeit im
neuen Bezugsfeld der Politik zu überprüfen: Wer ist der Kunde, wer ist Verkäufer und wo ist das
Produkt? Stellt man diese entscheidende Frage derart direkt, wird deutlich, dass die zentralen
Begriffe nicht einfach übernommen, sondern teilweise weitgehend umdefiniert werden müssen. Als
Kunden werden im Konzept des politischen Marketing die Wähler verstanden, die zwischen Politi-
kern und Parteien und damit auch zwischen verschiedenen politischen Richtungen und Ideologien
wählen können. Wähler können sich über die alternativen Angebote informieren, die von den politi-
schen Akteuren vertreten und aktiv beworben werden. Letztere nehmen damit die Rolle des Ver-
käufers ein. Der eigentliche Akt des Wählens steht damit in Analogie zum Kauf in betriebswirt-
schaftlicher Terminologie. Auch wenn kein Geld über den Ladentisch gereicht und kein konkretes
Produkt ausgehändigt wird, findet hier ein entscheidender Austauschprozess statt: Bei der Wahl
übt der Bürger seinen Einfluss auf die Gesellschaft aus, für den er auf der anderen Seite ­
beispielsweise in Form von Steuerzahlungen - zur Verantwortung gezogen wird. Wähler können
daher - analog zur Produktwahl bei einem Kaufakt - abwägen, welchem politischen Vertreter sie
ihren Einfluss zugute kommen lassen. Anstelle von Geld wird also politische Verantwortung über-
tragen.
Als Gegenleistung, also Produkt, erhält der Wähler die Vertretung seiner Interessen im politischen
System. Diese Leistung kann durchaus konkrete Auswirkungen für den Wähler haben: Beim Wahl-
sieg des politischen Akteurs können über die Gesetzgebung zum Beispiel finanzielle Vergünsti-
gungen für die entsprechende Interessengruppe der Wähler die Folge sein. In den meisten Fällen
ist die Gegenleistung für den Wähler allerdings weitaus unkonkreter und nicht eindeutig überprüf-
bar. Dem relativ konkreten Benefit für den politischen Akteur im Falle des Wahlsieges steht daher
ein relativ unkonkreter und unsicherer Vorteil für den wählenden Bürger gegenüber. Die vom Wäh-
ler übertragene politische Verantwortung wirkt sich für die Wahlsieger und neuen Amtsinhaber in
Form von Diäten als direkte materielle Zuwendung aus. Die Vergabe der Ämter und der politischen
Entscheidungsbefugnisse ist zudem eindeutig reguliert und erfolgt nach gesetzlichen Vorschriften.
Ob und wie andererseits den Interessen der Wähler Rechnung getragen und Wahlversprechen
tatsächlich umgesetzt werden, ist meist unklar. Die Gründe dafür liegen im politischen System
selbst. Zunächst einmal ist der Wähler meist gezwungen, sich zwischen wenigen verschiedenen
politischen Programmen zu entscheiden. Es können also keine differenzierten Wunschlisten abge-
geben werden, möglich ist nur eine pauschale Annahme oder Ablehnung einer Partei oder eines
Kandidaten. Desweiteren kann die von den politischen Vertretern zu erbringende Leistung nicht
konkret und eindeutig formuliert werden, wie bei einer kommerziell angebotenen Dienstleistung,
zum Beispiel bei einer Autoreparatur. Liegt bei dieser der Kostenvoranschlag auf dem Tisch, ist
sowohl das Problem (defekter Motor) als auch der Lösungsweg (Motor austauschen) und die zu
erwartenden Kosten sowie der erforderliche Zeitbedarf verbindlich festgelegt. Über ein gesell-
schaftliches Problem, wie zum Beispiel die Rentenvorsorge, herrscht dagegen kein allgemeiner
Konsens. Weder bei der Einschätzung der Dringlichkeit eines solchen Problems, noch bei der

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832475246
ISBN (Paperback)
9783838675244
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin – Philosophische Fakultät III, Sozialwissenschaften
Note
3,2
Schlagworte
politikvermittlung kommunikation meinungsforschung medien wähler
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