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Open-Source-Software

Vor- und Nachteile beim Einsatz und der Entwicklung in Unternehmen

©2003 Diplomarbeit 140 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Bis vor wenigen Jahren wurde der Softwaremarkt weitestgehend durch kommerziell vertriebene Software dominiert. Seit der Entwicklung des freien Betriebssystems Linux hat sich diese Situation fundamental geändert - Linux hat Open-Source-Software buchstäblich zum Durchbruch verholfen und weltweit bekannt gemacht. Namhafte Hersteller aus der Hard- und Softwarebranche unterstützen und vertreiben das freie Betriebssystem Linux immer häufiger. Seitdem spielt Open-Source-Software eine bemerkenswerte Rolle auf dem Softwaremarkt und wird in immer mehr Unternehmen eingesetzt. Jedoch hat Open-Source-Software in Unternehmen oftmals den Ruf, dass es sich hierbei nur um die Arbeiten von nicht ernstzunehmenden „Hobbyentwicklern“ handele und Open-Source-Software somit für den produktiven Einsatz in Unternehmen ungeeignet sei.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Diplomarbeit setzt an diesem Punkt an und hat zum Ziel, eine eingehende Darstellung über die Wirkung des betriebswirtschaftlichen Einsatzes von Open-Source-Software in Unternehmen aufzuzeigen. Es wird im Verlauf der Arbeit herausgearbeitet, welche grundlegenden Eigenschaften und Merkmale Open-Source-Software kennzeichnen, worin sich diese Merkmale zu kommerziell vertriebener Software unterscheiden und welche Vor- und Nachteile daraus resultieren. Dabei wird besonders auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen des Einsatzes von Open-Source-Software eingegangen und es soll abschließend diskutiert werden, ob der Einsatz von Open-Source-Software in Unternehmen als ökonomisch sinnvoll betrachtet werden kann.
In Kapitel 2 werden die theoretischen Grundlagen zu Open-Source-Software erläutert. Am Anfang wird dem Leser ein kurzer historischer Überblick über die Entstehung von Open-Source-Software gegeben. Im weiteren Verlauf wird Open-Source-Software zu anderen Softwarevarianten abgegrenzt, sodass klargestellt wird, welche Merkmale und Eigenschaften für Open-Source-Software charakteristisch sind. Um einen ausreichenden Praxisbezug zu erhalten, werden einige exemplarisch ausgewählte und erfolgreiche Open-Source-Projekte vorgestellt. Zum Abschluss des Kapitels wird eine Auswahl der Lizenzen beschrieben, die bei der Veröffentlichung von Open-Source-Software Anwendung finden.
Kapitel 3 beschreibt die Wirkung des Einsatzes von Open-Source-Software in Unternehmen. Dies umfasst eine detaillierte Untersuchung der politischen, rechtlichen und technischen Vor- und Nachteile des Einsatzes von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7520
Will, Andreas: Open-Source-Software - Vor- und Nachteile beim Einsatz und der
Entwicklung in Unternehmen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität - Gesamthochschule Kassel, Universität - Gesamthochschule,
Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
II
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... IV
Tabellenverzeichnis... V
Abkürzungsverzeichnis ... VI
1 Einleitung ...1
2 Open-Source-Software...4
2.1 Definition von Open-Source-Software...4
2.2 Geschichte von Open-Source-Software...6
2.3 Abgrenzung von Softwarevarianten ...9
2.3.1 Übersicht ...9
2.3.2 Public-Domain-Software ...10
2.3.3 Open-Source-Software/Freie
Software ...11
2.3.4 Freeware...13
2.3.5 Shareware...14
2.3.6 Proprietäre
Software ...15
2.4 Open-Source-Organisationen ...16
2.5 Ausgewählte Open-Source-Projekte...17
2.5.1 Linux ...17
2.5.2 BIND/DNS...19
2.5.3 Apache ...20
2.6 Lizenzmodelle ...21
2.6.1 Übersicht ...22
2.6.2 GNU General Public License (GPL) ...23
2.6.3 GNU Lesser General Public License (LGPL)...25
2.6.4 BSD-Lizenz...25
2.6.5 Weitere
Lizenzen ...26
3 Einsatz von Open-Source-Software in Unternehmen ...28
3.1 Vorteile ...28
3.1.1 Qualität...28
3.1.2 Stabilität ...32
3.1.3 Sicherheit ...35
3.1.4 Flexibilität ...38
3.1.5 Anschaffungskosten ...41

Inhaltsverzeichnis
III
3.2 Nachteile...42
3.2.1 Mangel
an
Applikationen...43
3.2.2 Benutzerfreundlichkeit...45
3.2.3 Verfügbarkeit des Herstellers...49
3.2.4 Rechtliche
Unsicherheiten ...52
3.2.5 Administration/Personalkompetenz ...54
3.3 Total Cost of Ownership...56
3.4 Politische Faktoren ...58
3.5 Einsatzbereiche...59
3.6 Unternehmensgröße...62
3.7 Beispiele für den Einsatz von Open-Source-Software ...64
3.7.1 Amazon.com ...64
3.7.2 Landeshauptstadt
München...65
3.7.3 Sanitätshaus
Hempel ...66
4 Entwicklung von Open-Source-Software...68
4.1 Softwareentwicklungsmodelle...68
4.1.1 Herkömmliche
Softwareentwicklung ...68
4.1.2 Open-Source-Softwareentwicklung ...74
4.1.2.1 Anbahnung eines Open-Source-Projekts...74
4.1.2.2 Motivation
der
Entwickler...77
4.1.2.3 Koordination und Abwicklung eines Open-Source-Projekts ...79
4.1.2.4 Lebenszyklus eines Open-Source-Projekts ...83
4.2 Geschäftsmodelle...86
4.2.1 Distribution
und
Vertrieb
von Komplementärprodukten...86
4.2.2 Dienstleistung...89
4.3 Beispiele für Open-Source-Softwareentwicklung in Unternehmen ...92
4.3.1 Netscape/Mozilla ...92
4.3.2 Red
Hat ...93
4.4 Vorteile von Open-Source-Softwareentwicklung in Unternehmen...95
4.5 Nachteile von Open-Source-Softwareentwicklung in Unternehmen ...96
5 Fazit und Ausblick...99
Anhang A: Open Source Definition...104
Anhang B: GNU General Public License (GPL)...108
Literaturverzeichnis...118

Abbildungsverzeichnis
IV
Abbildungsverzeichnis
Bild 1 vorinstallierte Server-Betriebssysteme... 8
Bild 2 Marktanteile der Webserver... 21
Bild 3 Anzahl der Open-Source-Lizenzen auf SourceForge... 23
Bild 4 Kriterien für den Einsatz von Open-Source-Betriebssystemen als Server... 33
Bild 5 Gründe gegen den Einsatz von Linux ... 43
Bild 6 Kommerzielle Linux-Programme nach Software-Kategorien ... 45
Bild 7 vorinstallierte Client-Betriebssysteme ... 48
Bild 8 Einsatzbereiche von Open-Source-Software... 60
Bild 9 Einsatz von Linux nach Unternehmensgröße ... 62
Bild 10 Marktstruktur des westeuropäischen ICT-Markts im Jahr 2002... 89

Tabellenverzeichnis
V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Vergleich verschiedener Softwarevarianten ... 9
Tabelle 2 Überblick über bekannte Lizenzmodelle ... 22
Tabelle 3 Vergleich benutzerbezogener Migrationskosten... 63

Abkürzungsverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
AIX
Advanced Interactive eXecutive
AOL America
Online
APSL
Apple Public Source License
ASF
Apache Software Foundation
ASL
Apache Software License
AT&T
American Telephone & Telegraph
BIND
Berkeley Internet Name Daemon
BSD
Berkeley System Distribution
BSI
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
CRM Customer
Relationship
Management
CVS Concurrent
Versions
System
DARPA
US Defense Advanced Research Projects Agency
DNS Domain
Name
System
EITO
European Information Technology Observatory
ERP
Enterprise Ressource Planning
ERM Entity-Relationship-Modell
EULA
End User License Agreement
FAQ Frequently
Asked
Questions
FOKUS
Fraunhofer Institut für offene Kommunikationssysteme
FSF
Free Software Foundation
FTP
File Transfer Protocol
gcc GNU
C
Compiler
GFDL
GNU Free Documentation License
GIMP
GNU Image Manipulation Program
GNOME
GNU Network Object Model Environment
GNU
rekursives Akronym für ,,GNU's Not Unix"
GPL
(GNU) General Public License
GUI
Graphical User Interface
HP Hewlett
Packard
IBM
International Business Machines
ICT
Information and Communication Technology
IDC
International Data Corporation
IIS Internet
Information
Server
IP Internet
Protocol

Abkürzungsverzeichnis
VII
ISC
Internet Software Consortium
IT Informationstechnik
KDE
K Desktop Environment
KRUD
Kevin Fenzi's Red Hat Über Distribution
LGPL
(GNU) Lesser General Public License
LIVE Linux-Verband
LRP Linux-Router-Projekt
MIT
Massachusetts Institute of Technology
MPL
Mozilla Public License
MTA
Mail Transport Agent
NCSA
National Center for Supercomputing Applications
NPL
Netscape Public License
NSA
National Security Agency
OEM
Original Equipment Manufacturer
OS Operating
System
OSD
Open Source Definition
OSI
Open Source Initiative
OSS Open-Source-Software
PD Public
Domain
PHP
rekursives Akronym für ,,PHP: Hypertext Preprocessor"
PIM Personal
Information
Management
RHAD
Red Hat Advanced Development Laboratory
SAP
Systeme, Anwendungen und Produkte
SCO Santa
Cruz
Operation
SQL Structured
Query
Language
ssh secure
shell
SuSE
Software und Systementwicklung
TCO
Total Cost of Ownership
TCP/IP Transmission
Control
Protocol/Internet Protocol
VSI
Verband der deutschen Softwareindustrie
XML Extensible
Markup
Language
YaST
Yet another Setup Tool
ZOPE
Z Object Publishing Environment

Kapitel 1
Einleitung
1
1 Einleitung
Bis vor wenigen Jahren wurde der Softwaremarkt weitestgehend durch kommerziell
vertriebene Software dominiert. Seit der Entwicklung des freien Betriebssystems Linux
hat sich diese Situation fundamental geändert ­ Linux hat Open-Source-Software buch-
stäblich zum Durchbruch verholfen und weltweit bekannt gemacht. Namhafte Hersteller
aus der Hard- und Softwarebranche unterstützen und vertreiben das freie Betriebssystem
Linux immer häufiger. Seitdem spielt Open-Source-Software eine bemerkenswerte
Rolle auf dem Softwaremarkt und wird in immer mehr Unternehmen eingesetzt. Nach
einer Studie des Marktforschungsinstituts Soreon wird der Unternehmensmarkt von
heute 131 Millionen Euro bis zum Jahr 2007 auf 307 Millionen Euro anwachsen. Dies
entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 24 Prozent [Sore03]. Weiterhin soll sich
die Zahl der Nutzer von bisher zwölf Prozent auf 24 Prozent verdoppeln [Lau03a].
Positive Reaktionen von politischen Einrichtungen wie dem Bundestag, der einem
Einsatz von Linux im Parlament zugestimmt hat, sind zugleich richtungsweisende
Entscheidungshilfen für Unternehmen. So stellen sich immer mehr Unternehmer die
Frage, ob Open-Source-Software eine brauchbare Alternative zu den bisher eingesetzten
kommerziellen Softwareprodukten darstellt und sich ein Einsatz von Open-Source-
Software auch in ihren Unternehmen lohnt. Bei flüchtiger Betrachtung dieser Frage
werden sogar immer mehr Probleme beim Einsatz von kommerziell vertriebener Soft-
ware sichtbar: Beispielsweise hat der Marktführer Microsoft seine Lizenzpolitik durch
die Einführung von Maßnahmen wie der so genannten Produktaktivierung maßgeblich
verschärft. Zusätzlich stellt er ab Ende 2004 keine Supportleistungen mehr für das
immer noch weit verbreitete Produkt Microsoft Windows NT 4 zur Verfügung.
Die derzeitig angespannte allgemeine betriebswirtschaftliche Situation bewirkt in den
meisten Unternehmen eine eher restriktive Budgetpolitik, sodass die Anschaffungs- und
Betriebskosten für Hard- und Softwaresysteme nach Möglichkeit minimiert werden.
Unter dieser Zielsetzung stehen die relativ hohen Anschaffungskosten kommerzieller
Softwareprodukte der kostenlosen und freien Verfügbarkeit von Open-Source-Software-
produkten gegenüber. Jedoch hat Open-Source-Software in Unternehmen oftmals den
Ruf, dass es sich hierbei nur um die Arbeiten von nicht ernstzunehmenden ,,Hobby-

Kapitel 1
Einleitung
2
entwicklern" handele und Open-Source-Software somit für den produktiven Einsatz in
Unternehmen ungeeignet sei.
Die vorliegende Diplomarbeit setzt an diesem Punkt an und hat zum Ziel, eine ein-
gehende Darstellung über die Wirkung des betriebswirtschaftlichen Einsatzes von
Open-Source-Software in Unternehmen aufzuzeigen. Es wird im Verlauf der Arbeit
herausgearbeitet, welche grundlegenden Eigenschaften und Merkmale Open-Source-
Software kennzeichnen, worin sich diese Merkmale zu kommerziell vertriebener Soft-
ware unterscheiden und welche Vor- und Nachteile daraus resultieren. Dabei wird
besonders auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen des Einsatzes von Open-Source-
Software eingegangen und es soll abschließend diskutiert werden, ob der Einsatz von
Open-Source-Software in Unternehmen als ökonomisch sinnvoll betrachtet werden
kann.
Weiterhin wird die Entwicklung von Open-Source-Software in Unternehmen analysiert.
Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung von Open-Source-Software im weiteren
Sinne, weil die Entwicklung von Open-Source-Software nicht hauptsächlich in Unter-
nehmen stattfindet. Der ökonomische Bezug wird auch unter diesem Aspekt her-
vorgehoben: Es wird festgestellt, ob und inwiefern es für ein Softwareentwicklungs-
unternehmen möglich ist, mit der frei verfügbaren Open-Source-Software Gewinne zu
erwirtschaften.
Die Frage, ob computergestützte IT-Systeme zur Optimierung der Arbeitsprozesse in
Unternehmen eingesetzt werden, stellt sich heute nicht mehr. Vielmehr sorgen die
immer schwieriger werdenden betriebswirtschaftlichen Bedingungen und der hohe Kon-
kurrenzdruck dafür, dass Unternehmen und andere Organisationen eingehend über die
Kosten und insbesondere die dadurch entstehenden Folgekosten der eingesetzten com-
putergestützten IT-Systeme informiert werden. Aus diesem Grund liegt der Schwer-
punkt dieser Arbeit auf der ökonomischen Untersuchung des Einsatzes von Open-
Source-Software in Unternehmen.
In Kapitel 2 werden die theoretischen Grundlagen zu Open-Source-Software erläutert.
Am Anfang wird dem Leser ein kurzer historischer Überblick über die Entstehung von
Open-Source-Software gegeben. Im weiteren Verlauf wird Open-Source-Software zu
anderen Softwarevarianten abgegrenzt, sodass klargestellt wird, welche Merkmale und

Kapitel 1
Einleitung
3
Eigenschaften für Open-Source-Software charakteristisch sind. Um einen ausreichenden
Praxisbezug zu erhalten, werden einige exemplarisch ausgewählte und erfolgreiche
Open-Source-Projekte vorgestellt. Zum Abschluss des Kapitels wird eine Auswahl der
Lizenzen beschrieben, die bei der Veröffentlichung von Open-Source-Software An-
wendung finden.
Kapitel 3 beschreibt die Wirkung des Einsatzes von Open-Source-Software in Unter-
nehmen. Dies umfasst eine detaillierte Untersuchung der politischen, rechtlichen und
technischen Vor- und Nachteile des Einsatzes von Open-Source-Software unter ökono-
mischen Gesichtspunkten. Aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit entsprechender
Fachliteratur zu diesem innovativen Thema stützen sich viele Ausführungen und
Ergebnisse dieses Kapitels auf Studien und Analysen von Markforschungsinstituten,
während der restliche Teil der Arbeit in größerem Maß auf Fachliteratur basiert.
Kapitel 4 befasst sich eingehend mit der Entwicklung von Open-Source-Software im
weiteren Sinn. Dabei wird das herkömmliche Softwareentwicklungsmodell mit dem
Entwicklungsmodell für Open-Source-Software verglichen und auf soziale und
organisatorische Aspekte eingegangen. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden einige
Geschäftsmodelle vorgestellt, die bei Vertrieb und Entwicklung von Open-Source-Soft-
ware relevant sind. Abschließend werden die Vor- und Nachteile aufgezeigt, die sich bei
der Entwicklung von Open-Source-Software für ein Unternehmen ergeben.
Kapitel 5 schließt die Betrachtung der Vor- und Nachteile von Open-Source-Software
für Unternehmen mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Faktoren ab. Dabei soll
aufgrund der bisherigen Ausführungen die Frage beantwortet werden, ob Open-Source-
Software für den Einsatz in Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist.

Kapitel 2
Open-Source-Software
4
2 Open-Source-Software
In diesem Kapitel soll dem Leser zuerst ein grundlegendes Verständnis für Open-
Source-Software vermittelt werden. Es wird geklärt wie Open-Source-Software defi-
niert wird, wie sie entstanden ist und welche wesentlichen Unterschiede zu anderen
Softwarevarianten bestehen. Im weiteren Verlauf werden einige ausgewählte und
erfolgreiche Open-Source-Projekte vorgestellt. Zum Abschluss des Kapitels wird dem
Leser ein kurzer Überblick über das Wesen des Urheberrechts und die verschiedenen
Lizenzmodelle gegeben, die bei der Veröffentlichung von Open-Source-Software Ver-
wendung finden.
2.1 Definition von Open-Source-Software
Der englische Begriff Open Source bedeutet wörtlich übersetzt Offene Quelle und meint
im Fall von Open-Source-Software, dass der Zugang zum Quelltext des Programms
offen ist ­ also der Quelltext mitgeliefert wird. Der Benutzer bzw. Entwickler hat
dadurch die Möglichkeit, den (menschenlesbaren) Quelltext des Programms zu lesen, zu
verstehen und sogar das Recht, ihn beliebig zu verändern.
Open-Source-Software hat ­ genau wie kommerziell vertriebene Software ­ bestimmte
Lizenzbedingungen (vgl. Kapitel 2.6), die aber grundlegend andere Ziele verfolgen als
die Lizenzbedingungen kommerziell vertriebener Software. Bei kommerziellen Soft-
wareprodukten werden dem Nutzer durch den Lizenzvertrag
1
in der Regel bestimmte
Rechte der Nutzung, aber auch Verbote wie z.B. das Kopieren, Verändern oder Weiter-
verbreiten eingeräumt bzw. auferlegt [Zyma03]. Die Lizenzbestimmungen von Open-
Source-Software heben jedoch genau diese Verbote ausdrücklich auf. Open-Source-
Software kann nicht nur weiterverbreitet, sondern auch beliebig modifiziert und dann
mit den vorgenommenen Modifikationen veröffentlicht werden. Kommerzielle Soft-
wareprodukte liegen dem Benutzer bzw. Entwickler dagegen in der Regel nur im
1
Beispielsweise muss bei der Installation von Microsoft Windows der Lizenzvertrag, das ,,End User
License Agreement" (EULA), akzeptiert werden.

Kapitel 2
Open-Source-Software
5
kompilierten Pogrammcode
1
vor, sodass ein Verändern des Quelltexts nahezu un-
möglich ist.
Ein Offenlegen des Quelltexts wäre bei einem kommerziell vertriebenen Software-
produkt für die Entwickler undenkbar, da sie zum Ziel haben, ihr Produkt gewerblich zu
vertreiben, um einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Im Bereich Software
herrscht bezüglich der Vervielfältigung insofern ein Sonderfall, als dass Software z.B.
über das Internet nahezu ohne Mehrkosten beliebig oft dupliziert werden kann. Daher
ist es außerordentlich einleuchtend, dass Softwareentwickler, die ihre Produkte kom-
merziell vertreiben, Kopierschutzmaßnahmen in ihre Produkte integrieren und den
Quelltext des Programms geheim halten. Andernfalls würde möglicherweise eine nicht
abschätzbare Zahl der Endbenutzer die Softwareprodukte nicht mehr erwerben und
stattdessen Raubkopien einsetzen. Dies würde für den Softwarehersteller erhebliche
finanzielle Einbußen bedeuten [Siec01].
Um kommerziell vertriebene Softwareprodukte verändern zu können, bedarf es der
Einwilligung des Herstellers, die nur in Ausnahmefällen (z.B. bei Kooperationen mit
anderen Softwareentwicklungsfirmen) erteilt wird. In der Regel wird Entwicklern, die
den Quelltext zu Gesicht bekommen haben, durch die Unterzeichnung einer Vertrau-
lichkeitserklärung die Weitergabe von Informationen bzw. des Know-how verboten.
Im Gegensatz zu kommerziell vertriebener Software sollen nach Eric S. Raymond die
Benutzer bzw. Entwickler von Open-Source-Software nicht nur zur Weitergabe der
Software, sondern auch zur Weitergabe des Quelltexts ermutigt werden. Dadurch
werden das Programm und die darin enthaltenen offenen Standards auf dem Markt
etabliert, wodurch die Qualität des Programms verbessert wird [Raym01, S. 29 f.].
Ähnlich ist die Situation in dieser Hinsicht auch bei kommerziell vertriebener Software:
Die illegale Weitergabe eines kommerziellen Softwareprodukts als Raubkopie stellt
zwar einen betriebswirtschaftlichen Schaden für den Hersteller dar, aber der Hersteller
nimmt trotzdem eine führende Position am Markt ein ­ allerdings ohne Gewinne zu
erwirtschaften. Nach einiger Zeit kommt für den Hersteller ohnehin der Punkt, an dem
das mit Raubkopien bediente ökonomische System aus solch einer anarchischen Phase
in eine relativ geordnete Phase übergeht. Ab diesem Zeitpunkt ist der Hersteller nicht
nur am Markt etabliert, sondern kann auch Gewinne erwirtschaften; er hat also einen
1
Nur von Maschinen, jedoch nicht von Menschen, lesbarer Programmcode

Kapitel 2
Open-Source-Software
6
Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten erlangt [Schu98]. Genau dieses
Prinzip der kostenlosen Weitergabe soll Open-Source-Software zu einer entsprechenden
Etablierung oder möglicherweise sogar zur Marktführung verhelfen.
Die detaillierte offizielle Open Source Definition der Open Source Initiative (OSI)
wurde von Jens D. Baumgartner ins Deutsche übersetzt und kommentiert und findet
sich im Anhang A [ORei99]. Daher werden an dieser Stelle nur die wesentlichen Merk-
male von Open-Source-Software genannt:
· Uneingeschränkte Nutzung
· Offener und modifizierbarer Quelltext
· Freie, kostenlose Weiterverbreitung
2.2 Geschichte von Open-Source-Software
,,Am Anfang war alle Software frei." Mit diesem Satz beginnt George C. F. Greve
1
in
den meisten Fällen seine Vorträge zum Thema Freie Software [Grass02, S. 13].
Tatsächlich wurde in den Anfängen der Computerindustrie (in den 60er Jahren) Soft-
ware meist nicht kommerziell vertrieben. Der Schwerpunkt lag damals auf dem Vertrieb
und der Wartung der Hardware. Da aber die Hardware ohne die zugehörige Software
nicht funktionierte, wurde sie entweder von den Herstellern zusammen mit der Hard-
ware ausgeliefert oder die Anwender entwickelten ihre Programme selbst.
1969 wurde in den Bell Labs von AT&T die erste Version von UNIX, einem neuen
Betriebssystem, entwickelt. Das besondere an diesem System war, dass es in der Hoch-
sprache C ­ und nicht mehr in hardwaregebundenen Maschinensprachen ­ entwickelt
wurde. Dieses System war also dank der neu entwickelten Hochsprache auch auf
anderen Hardware-Plattformen lauffähig. Da AT&T wegen eines vergangenen Kartell-
rechtsprozesses keinen betriebswirtschaftlichen Nutzen aus dieser Entwicklung ziehen
durfte, wurde das System ­ gegen geringe Summen ­ hauptsächlich an Universitäten
lizenziert [ORei99]. Die Universität von Berkeley erhielt ebenfalls eine Lizenz und
1
George C. F. Greve ist der Präsident der Free Software Foundation Europe.

Kapitel 2
Open-Source-Software
7
entwickelte auf dieser Basis die bekannte Berkeley Software Distribution (FreeBSD,
NetBSD und OpenBSD), die heute immer noch weiterentwickelt und unter der sog.
BSD-Lizenz (vgl. Kapitel 2.6.4) verbreitet wird [Hilt00 S. 68 ff]. Da Universitäten
üblicherweise Wissen zur freien Verfügung stellen, wurde die entwickelte Software
nicht kommerziell vertrieben, sondern ebenfalls zur freien Verfügung gestellt
[McKu99].
Parallel zu dieser Entwicklung nahm Richard Stallman
1
1971 am Massachusetts
Institute of Technology (MIT) seine Arbeit als Programmierer auf. Er und sein Team
sahen sich als eine ,,gemeinschaftlich Software nutzende Gesellschaft" [Stall98]. Für
ihn war es selbstverständlich, dass sein Team, sobald es Verbesserungen am System
vorgenommen hatte, diese bzw. das Know-how mit anderen teilte. Sein Motto war, dass
man nichts verliert, wenn man die ,,Früchte seiner Arbeit" mit Anderen teilt, und oft
sogar davon profitiert, indem ein Anderer Verbesserungen an den eigenen Verbes-
serungen vornimmt [FoBa02, S. 32]. Richard Stallman ist heute immer noch einer der
größten Befürworter Freier Software.
1980 wurden die meisten Programmierer aus Stallmans Team von einem Unternehmen
abgeworben, das Software nach heutigen Maßstäben (kommerzieller Software) vertrieb
­ also nur als Kopie in binärer kompilierter Form, während der Quelltext unter Ver-
schluss gehalten wurde. Diese geschlossene Arbeitsweise war mit den Vorstellungen
von Richard Stallman nicht vereinbar, sodass er die Free Software Foundation (FSF)
gründete, das GNU-Projekt
2
ins Leben rief und später die GNU General Public License
(GPL) entwickelte (vgl. Kapitel 2.6.2) [FoBa02, S. 32].
1991 begann Linus Torvalds mit der Entwicklung des freien Betriebssystems Linux
(vgl. Kapitel 2.5.1), was heute unter der GPL steht. Es verhalf Open-Source-Software
zu einem weiteren Durchbruch. Selbst der Software-Gigant Microsoft schätzte in den
bereits 1998 veröffentlichten ,,Halloween-Dokumenten" Open-Source-Software (ins-
besondere Linux) als eine direkte Bedrohung für die eigenen Produkte am Servermarkt
ein [Raym98]. Heute wird Linux ­ zumindest am Servermarkt ­ als eine ernsthafte
Konkurrenz zu anderen Server-Betriebssystemen angesehen [Wilk02a]. So basieren z.B.
1
Richard Stallman ist der Gründer des GNU-Projekts und der Free Software Foundation.
2
Rekursives Akronym für GNU's Not Unix

Kapitel 2
Open-Source-Software
8
die ,,Killer-Applikationen"
1
des Internet von Amazon, Google oder maps.yahoo.com
auf Linux-Software [Wilk03a]. Mittlerweile werden Serversysteme von namhaften Her-
stellern wie IBM oder HP mit einer vorinstallierten Linux-Version ausgeliefert:
41%
27%
17%
13%
2%
Windows NT/2000 Server
Linux
NetWare
UNIX
Andere
Bild 1 vorinstallierte Server-Betriebssysteme [KuGi01]
Sogar Microsoft ­ Marktführer kommerziell vertriebener Software und einer der größ-
ten Kritiker von Open-Source-Software [Raym98] ­ bekennt sich zumindest teilweise
zum Open-Source-Modell. Seit 2002 sind die meisten Teile der Microsoft-Betriebs-
systeme Windows 2000, XP, CE und .NET für Universitäten, Regierungseinrichtungen,
Unternehmenskunden, Systemintegratoren und OEMs (Original Equipment Manu-
facturer) im Rahmen der Microsoft Shared Source 2.0 einsehbar. Nach Aussage von
Jason Matusow, Initiator der Shared Source, hätte Microsoft von der Open-Source-
Bewegung gelernt und wolle einige Vorteile von Open-Source-Software auch für die
eigenen Produkte nutzen. Ein weiterer Grund für die Einführung der Microsoft Shared
Source Initiative dürfte die Forderung von Regierungseinrichtungen wie dem Bundestag
sein, der für einen Einsatz von Microsoft Windows XP im Bundestag die Offenlegung
der Quelltexte aufgrund von Sicherheitsaspekten verlangte (vgl. Kapitel 3.1.3).
Allerdings ist es im Rahmen der Lizenz der Microsoft Shared Source lediglich möglich,
den Quelltext anzusehen; eine Möglichkeit der Veränderung und Weiterverbreitung
räumt Microsoft den Teilnehmern der Shared Source nicht ein. Es bleiben also nach wie
vor alle Rechte bei Microsoft [Krem02c].
1
Besonders erfolgreiche Applikationen

Kapitel 2
Open-Source-Software
9
2.3 Abgrenzung
von
Softwarevarianten
In einigen Bereichen entsprechen die Merkmale von Open-Source-Software den
essenziellen Eigenschaften von anderen Softwarevarianten, sodass nur durch die
Herausarbeitung der Unterschiede die wesentlichen Merkmale von Open-Source-
Software erkannt werden können. Aus diesem Grund gibt der nächste Abschnitt dem
Leser eine kurze Übersicht über die wichtigsten Eigenschaften anderer Software-
varianten, die in den darauf folgenden Abschnitten näher beschrieben und zu Open-
Source-Software abgegrenzt werden.
2.3.1 Übersicht
Die folgende Tabelle zeigt die wesentlichen allgemeinen Eigenschaften der einzelnen
Softwarevarianten, die in den nächsten Abschnitten näher beschrieben werden:
Tabelle 1 Vergleich verschiedener Softwarevarianten [Siec01]
Kostenlos
Weiterver-
breitbar
Uneinge-
schränkt
nutzbar
Quelltext
(modifi-
zierbar)
Lizen-
zierung
PD-Software
Freie Software/OSS
Freeware
Shareware
Proprietäre
Software
In den Softwarebereichen Public-Domain-Software (PD-Software), Freie Software/
Open-Source-Software (OSS), Freeware und Shareware ist es außerordentlich
schwierig, einen aussagekräftigen Überblick über die Größe der Marktanteile zu
erhalten, da diese Softwarevarianten von jedermann beliebig weiterverbreitet werden
können. Aus diesem Grund sind für diese Softwarevarianten keine allgemeingültigen
Daten erhältlich. Bei proprietärer Software gibt die Anzahl der verkauften Lizenzen ­
abgesehen von Raubkopien ­ Aufschluss über die Größe der Marktanteile. Ohne eine
Vergleichszahl aus den anderen Softwarebereichen ist die Größe der Marktanteile
jedoch wenig aussagekräftig. Einzig für den Bereich des Webservermarkts sind Daten

Kapitel 2
Open-Source-Software
10
für die beiden wichtigen Gebiete Open-Source-Software und proprietäre Software ver-
fügbar (vgl. Kapitel 2.5.3, Bild 2).
2.3.2 Public-Domain-Software
Der Begriff Public-Domain-Software (PD-Software) ist nicht eindeutig definiert. Früher
wurde PD-Software häufig als Oberbegriff für Shareware und Freeware benutzt. Heute
wird vielmehr darunter verstanden, dass PD-Software öffentliches Eigentum ist.
[Schi02, S. 22]. Dabei tritt der Autor dauerhaft seine kompletten Rechte des Programms
an die Allgemeinheit ab
1
. Das bedeutet, dass PD-Software uneingeschränkt
weiterverbreitet, modifiziert oder weiterentwickelt werden darf. Das Produkt kann sogar
in ein kommerzielles Produkt umgewandelt und kommerziell weitervertrieben werden.
Da die Autoren von PD-Software jedoch im Regelfall den Quelltext nicht mit dem
Programm verbreiten, ist eine Weiterentwicklung dieser Programme nahezu unmöglich.
Bei der Veröffentlichung eines Programms nach den PD-Regelungen verzichtet der
Entwickler im größtmöglichen Maß auf seine Autoren- und Verwendungsrechte im
Vergleich zu den anderen Softwarevarianten.
Das Lizenzmodell der PD-Software stammt aus den USA, wo Universitäten dazu
verpflichtet sind, ihre durch öffentliche Mittel geförderten Softwareprojekte der
öffentlichen Allgemeinheit ­ also der public domain ­ zur Verfügung zu stellen. Ein
kommerzieller Vertrieb dieser Programme ist in den USA gesetzlich untersagt. Diese
Idee hat sich mit der Zeit ebenfalls im privaten Softwareentwicklungsbereich verbreitet,
sodass Entwickler, die ihre Programme nicht kommerziell vermarkten wollten, ihre
Software ebenfalls der public domain zur Verfügung stellten [Siep00].
PD-Software war vor einigen Jahren noch wesentlich beliebter als gegenwärtig;
möglicherweise, da viele Entwickler dazu übergegangen sind, ihre Programme als
Open-Source-Software zu veröffentlichen. Bekannte Beispiele für PD-Software sind die
Softwarereihen Fish und Taifun für den Commodore Amiga und Atari ST, in denen
beispielsweise Textverarbeitungen, Bildschirmschoner, Mathematikprogramme oder
Spiele enthalten sind [Siec01].
1
Nach deutschem Recht können nur die Lizenzrechte, jedoch nicht das Urheberrecht abgetreten werden
[NüTe00].

Kapitel 2
Open-Source-Software
11
2.3.3 Open-Source-Software/Freie
Software
Zurzeit wird Open-Source-Software häufig auch als Freie Software oder Free Software
bezeichnet. Tatsächlich gibt es den Begriff Free Software schon länger als Open-
Source-Software. Der Begriff Free Software wurde von Richard Stallman Mitte der
80er Jahre geprägt [Stall99]. Jedoch war bei dieser Bezeichnung problematisch, dass
das Wort free im Englischen mehrere Bedeutungen hat (,,kostenlos" und ,,Freiheit").
Daher musste er den Begriff näher präzisieren, indem er erklärte, dass es sich dabei
nicht um Freiheit im Sinne von kostenlos, sondern vielmehr im Sinne von
Meinungsfreiheit handelt [Free03a]:
,,Free software is a matter of liberty, not price. To understand the concept, you
should think of free as in free speech, not as in free beer."
Trotzdem brachte der Terminus Freie Software ernsthafte Probleme mit sich, unter
anderem, weil Freie Software zumeist kostenlos veröffentlicht wurde. Daher verstanden
die meisten Anwender das Wort free nach wie vor im Sinne von kostenlos [Raym01 S.
176]. Zudem galt Richard Stallman als einer der energischsten Gegner von kom-
merziellen Softwareentwicklungsmodellen. Die Bezeichnung Freie Software hatte aus
diesem Grund für viele Firmen eine anti-kommerzielle Bedeutung [CaSt01, S. 30 ff.].
Um den Verwirrungen um die Mehrdeutigkeit des Worts free aus dem Weg zu gehen
und um die Idee von Richard Stallman besser am Softwaremarkt etablieren zu können,
entstand Anfang 1998 der Begriff Open Source [Raym01, S. 176].
,,In conventional marketing terms, our job was to rebrand the product, and build
its reputation into one the corporate world would hasten to buy. [...] We began
acting on it a few days later. Bruce Perens had the opensource.org domain
registered and the first version of the Open Source website
(
http://www.opensource.edu
) up within a week. He also suggested that the Debian
Free Software Guidelines become the `Open Source Definition'
(
http://www.opensource.org/osd.html
), and began the process of registering `Open
Source' as a certification mark so that we could legally require people to use
`Open Source' for products confirming to the OSD [Open Source Definition]."
Projekte, die Freier Software im weiteren Sinn entsprechen, sollten nun unter der Be-
zeichnung Open Source zusammengefasst werden. Inspiriert durch den bekannten Essay

Kapitel 2
Open-Source-Software
12
,,The Cathedral & The Bazaar"
1
von Eric S. Raymond ­ ein starker Befürworter und
Mitinitiator der Open-Source-Bewegung ­ und durch den steigenden Druck des
Browserkonkurrenten Microsoft, kündigte Netscape an, seinen Browser mitsamt dem
Quelltext im Rahmen des Open-Source-Projekts frei zur Verfügung zu stellen (vgl.
Kapitel 4.3.1). Dies war ein wichtiger Erfolg für die Marketingoffensive der Open-
Source-Bewegung. Die negativen Vorurteile in Bezug auf Freie Software bzw. Open-
Source-Software wurden nach und nach weiter ausgeräumt [Died01a; Lau03a]. Durch
diese Open-Source-Marketingstrategie wurde Linux zu einer Art Vorzeigesoftware für
Open-Source-Projekte und erlangte einen bemerkenswert hohen Bekanntheitsgrad.
Mittlerweile entwickeln große Firmen wie IBM, Oracle oder Sun Programme für Linux
oder Programme, die einer Lizenz unterliegen, die der Open-Source-Definition der OSI
entspricht [Wich02b; Siec01; Schm02, S. 3].
Open-Source-Software wird in der Regel kostenlos über das Internet verbreitet. Die
Linux-Distributionen, wie beispielsweise die Distribution von SuSE (Software und
Systementwicklung), werden vorwiegend auf kostenpflichtigen CDs vertrieben.
Andererseits kann aber die Linux-Distribution von SuSE über den hauseigenen FTP-
Server kostenlos heruntergeladen und beliebig weiterverbreitet werden [SuSE03]. So
bezahlt der Kunde nicht die eigentliche Software, sondern den Aufwand für die
Zusammenstellung der Distribution (also die Auswahl der Programme) und den Service
(Dokumentation, Installations-Support, Patches etc.) der Firma SuSE (vgl. Kapitel
4.2.1). Obwohl es möglich ist, SuSE Linux kostenlos zu beziehen, gibt es dennoch
genügend Nutzer, die den Mehrwert des Services so hoch einschätzen, dass sie bereit
sind, Geld dafür auszugeben [Lödi02].
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Open-Source-Lizenzen (vgl. Kapitel 2.6).
Daher hat die OSI das Prüfzeichen OSI certified für Open-Source-Lizenzen eingeführt,
das sicherstellt, dass die Lizenz den Anforderungen der Open-Source-Definition ent-
spricht [Open03a; Open03b; PereoJ]. Problematisch ist hierbei, dass jeder Software-
hersteller die Möglichkeit hat, sein Programm als Open Source zu bezeichnen. Das liegt
daran, dass Open Source ein beschreibender Begriff ist und daher von der OSI nicht als
eingetragenes Warenzeichen geschützt werden konnte. Bis jetzt wurde ca. 50 Lizenzen
das Prüfzeichen OSI certified verliehen ­ die Tendenz ist steigend. Die gebräuchlichsten
1
In diesem Essay wird auf anschauliche Weise der kommerzielle Softwaremarkt mit einer mittelalter-
lichen Kathedrale und die Open-Source-Bewegung mit einem Basar verglichen.

Kapitel 2
Open-Source-Software
13
Open-Source-Lizenzen sind die ,,traditionellen" Lizenzen GPL (General Public
License), LGPL (Lesser General Public License) und die BSD-Lizenz (vgl. Kapitel 2.6)
[RoSc02].
Die bekannteste Open-Source-Software ist derzeit Linux, aber mittlerweile gibt es sogar
einige Programme, die in früheren Zeiten als proprietäre Software vertrieben wurde und
seit einiger Zeit als Open-Source-Software verfügbar sind. Bekannte Beispiele hierfür
sind der Browser Netscape/Mozilla (vgl. Kapitel 4.3.1) oder das Office-Paket
StarOffice/OpenOffice. Die ,,klassischen" Open-Source-Projekte, wie z.B. Linux oder
Apache, sind jedoch von Anfang an Open-Source gewesen. In Kapitel 2.5 werden
einige ausgewählte Open-Source-Projekte näher vorgestellt.
Der Begriff Freie Software ist zwar nicht mit Open-Source-Software gleichzusetzen und
grundsätzliche philosophische Prinzipien beider Softwarevarianten entsprechen sich
kaum, aber die praktischen Grundsätze der beiden Softwarevarianten stimmen weitest-
gehend überein, sodass eine Unterscheidung für die meisten Nutzer und Entwickler
nicht wichtig ist [Free03b]. Aus diesem Grund wird im weiteren Teil der Arbeit der
Begriff Open-Source-Software als Überbegriff für Software verwendet, die den Defini-
tionen der FSF und der OSI entsprechen.
2.3.4 Freeware
Freeware ist genau wie der Begriff PD-Software (vgl. Kapitel 2.3.2) ebenfalls nicht
eindeutig definiert. Teilweise wird die Meinung vertreten, dass bei Freeware-
Programmen der Entwickler, ebenso wie bei PD-Software, mit einer Änderung oder
Bearbeitung des Programms einverstanden sei. Bei den meisten Programmen, die als
Freeware bezeichnet werden, trifft dies jedoch nicht zu. Im Allgemeinen wird unter
Freeware vielmehr verstanden, dass der Entwickler seine Autoren- und Verwendungs-
rechte (wie bei kommerziellen Programmen) behält und die Software vertreibt, ohne
einen betriebswirtschaftlichen Nutzen daraus zu ziehen [Schi02, S. 23]. Die Bedeutung
des Worts free entspricht in diesem Fall demnach kostenlos oder gratis (vgl. Kapitel
2.3.3). Freeware ist daher nicht als Free Software im Sinne der FSF zu verstehen.

Kapitel 2
Open-Source-Software
14
Die Modifikation von Freeware-Programmen wird durch den Autor üblicherweise
lizenzrechtlich verboten. Außerdem werden Freeware-Programme nicht zusammen mit
dem Quelltext vertrieben, sodass Änderungen daran beinahe unmöglich sind. Bekannte
Beispiele für Freeware-Programme sind der Microsoft Internet Explorer oder der Adobe
Acrobat Reader [Siec01].
2.3.5 Shareware
Shareware-Programme sind im Internet oder über Softwaresammlungen auf CDs frei
erhältlich. Sie dürfen beliebig kopiert und weiterverbreitet werden; die Weitergabe an
Dritte ist von den Entwicklern sogar erwünscht. Allerdings können Shareware-Program-
me nur zu einem bestimmten Zweck
1
oder für einen beschränkten Zeitraum
2
kostenlos
genutzt werden. Im Fall einer zeitlich beschränkten Nutzung muss der Nutzer nach
Ablauf der Probezeit dem Hersteller eine Lizenzgebühr bezahlen, um das Programm
weiterhin legal nutzen zu dürfen. Dabei entsprechen die Lizenzbedingungen weitest-
gehend den Bedingungen von kommerzieller Software. Der Anwender hat durch dieses
Vertriebssystem den Vorteil, dass er das Programm ausgiebig testen kann, bevor er die
Lizenzgebühr bezahlen muss. Für den Hersteller bieten sich bei diesem Vertriebssystem
ebenso Vorteile: Beispielsweise können die Vertriebskosten relativ niedrig gehalten
werden. Daher entscheiden sich vorwiegend kleinere Unternehmen oder private Ent-
wickler für ein Release ihres Programms als Shareware. Im deutschen Marktsektor liegt
der durchschnittliche Preis für Shareware-Programme zwischen fünf und 15 Euro
[Schi02, S. 24].
Im Gegensatz zu den anderen bis jetzt vorgestellten Softwarevarianten ist Shareware
letztlich eine nicht kostenlos erhältliche und somit kommerzielle Software. Auch wenn
der geringe durchschnittliche Preis von Shareware-Programmen eher auf semi-pro-
fessionelle Entwicklungen schließen lässt, gibt es in diesem Bereich durchaus renom-
mierte Produkte, wie z.B. WinZIP, Paint Shop Pro oder das Spiel Doom.
1
Bspw. nur für den privaten, jedoch nicht kommerziellen Gebrauch
2
In der Regel 30 Tage

Kapitel 2
Open-Source-Software
15
2.3.6 Proprietäre
Software
Proprietäre Software wird in der Regel kommerziell vertrieben. Sie wird von
Unternehmen entwickelt, um einen maximalen Gewinn zu erwirtschaften. Das Unter-
nehmen verkauft jedoch seine Software nicht im eigentlichen Sinn, sondern es überlässt
dem Kunden lediglich ein Nutzungsrecht an dem Programm. Durch den Kauf bzw. die
Installation von einem proprietären Softwareprodukt muss der Kunde den Lizenzvertrag
des Herstellers akzeptieren. Dieser Vertrag beschreibt die Nutzungsrechte des Pro-
gramms für den Kunden. In diesem End User License Agreement (EULA) werden die
Rechte für den Nutzer meist erheblich eingeschränkt. Im EULA von Microsoft für
Windows XP Professional wird beispielsweise die Vervielfältigung von Microsoft
Windows nur als Sicherheitskopie erlaubt; jegliche Weiterverbreitung und Modifi-
zierung von Microsoft Windows wird vom Lizenzgeber verboten [Zyma03].
Heute wird ­ insbesondere vom Marktführer Microsoft ­ eine aggressivere Lizenz-
politik als vor der Veröffentlichung von Microsoft Windows XP betrieben. Der Anwen-
der wird beispielsweise durch den Lizenzvertrag gezwungen, eine so genannte Produkt-
aktivierung (z.B. von Microsoft Windows oder Office XP), durchzuführen. Tut er dies
nicht, so verweigert die Software nach 30 Tagen ihren Dienst [Sier01].
Andere Hersteller bauen stattdessen Kopierschutzmechanismen in ihre Programme ein.
Mechanismen dieser Art haben zum Ziel, den widerrechtlichen Gebrauch von
proprietären Softwareprodukten zu minimieren. Schließlich leben die Hersteller
proprietärer Software vom kommerziellen Vertrieb ihrer Produkte. Da die Soft-
warehersteller einen erheblichen Aufwand betreiben, um ihren Quelltext zu schützen
und so mögliche (Raub-)Kopien zu verhindern, stellt proprietäre Software das genaue
Gegenteil von Open-Source-Software dar. Aus diesem Grund wird proprietäre Software
auch als Closed-Source-Software bezeichnet.
Wenn wir gegenwärtig an Software denken, dann assoziieren wir damit in den meisten
Fällen proprietäre Software. Der Softwaremarkt wird zurzeit von ihr dominiert:
Microsofts Betriebssysteme (Windows NT, 95, 98, ME, 2000 und XP) oder Office-
Pakete (Office 97, 2000 und XP) gehören beispielsweise zu dieser Softwarevariante
[Kuri03a].

Kapitel 2
Open-Source-Software
16
2.4 Open-Source-Organisationen
Trotz der hohen Popularität und der zahlreichen Vorteile von Linux stehen viele
Anwender Open-Source-Software immer noch skeptisch gegenüber. Ein Grund dafür
ist, dass in vielen Fällen nicht etwa Firmen oder Organisationen hinter einem Open-
Source-Projekt stehen, sondern ,,unprofessionell erscheinende" private Software-
entwickler [Wiel01, S. 17]. Die verschiedenen Open-Source-Projekte werden allerdings
nicht von Open-Source-Organisationen wie der FSF oder der OSI geleitet, sondern die
bzw. der Betreuer sind in der Regel die Initiatoren des Projekts bzw. derjenige, der die
ursprüngliche Version des Programms zuerst veröffentlicht hat [FoBa02, S. 298]. Wenn
ein Open-Source-Projekt eine gewisse Größe erreicht hat, dann kann ein einziger
Betreuer das Projekt nicht mehr alleine leiten. Im Fall des Webservers Apache wurde
daher beispielsweise 1999 die Apache Software Foundation (ASF) gegründet (vgl.
Kapitel 2.5.3). Sie ist eine Non-Profit-Organisation, die die Arbeit rund um das Open-
Source- Projekt koordiniert [ApacoJ].
Die klassischen Open-Source-Organisationen ­ wie die OSI und die FSF ­ haben sich
als Ziel gesetzt, Entwickler für Open-Source-Projekte zu begeistern und Aufklärungs-
arbeit in Bezug auf Open-Source-Software zu leisten; sie sind demnach das eigentliche
Marketinginstrument der Open-Source-Gemeinde [Open03c; Free02]. Die einzelnen
Open-Source-Projekte haben nur in Ausnahmefällen ­ beispielsweise wenn sie von der
Industrie adaptiert wurden ­ entsprechende Marketinginstrumente [Siec01].
Die FSF gilt als die Wurzel der Open-Source-Organisationen und wurde 1985 von
Richard Stallman gegründet. Sie ist das Marketinginstrument für Freie Software und
leistet die entsprechende Lobbyarbeit [Free02a]. Im Rahmen der FSF entstanden auch
das GNU-Projekt und die heute sehr verbreitete GPL.
Die OSI wurde erst 1997 von einigen weniger anti-kommerziell eingestellten
Verfechtern Freier Software gegründet, darunter Eric S. Raymond, Tim O'Reilly
(Gründer und Präsident des O'Reilly-Verlags), Brian Behlendorf (leitender Entwickler
der ASF) und Bruce Perens (Leiter des Debian-Projekts
1
) [Krem99; Pere99]. Sie ist das
1
Debian war eine der ersten nicht-kommerziellen Distributionsplattformen für Linux.

Kapitel 2
Open-Source-Software
17
Pendant zur FSF und leitet die Marketingkampagne für Open-Source-Software
[Open03c].
Sowohl die FSF als auch die OSI sind Non-Profit-Organisationen und werden zu großen
Teilen über Spenden finanziert, sodass ihre Mittel sehr begrenzt sind [Free02b].
Trotzdem ist Freie Software bzw. Open-Source-Software heute bekannter denn je: Pub-
likationen im Internet (vgl. Kapitel 4.1.2.3) und die oft unterschätzte aber hoch-
wirksame Mundpropaganda stellen die eigentlichen Marketingwerkzeuge dar und haben
Open-Source-Projekte, wie beispielsweise Linux, bekannt gemacht [Siec01; Weis97].
2.5 Ausgewählte
Open-Source-Projekte
In den letzten Abschnitten wurden die wesentlichen begrifflichen Merkmale von Open-
Source-Software beschrieben. Die herausgearbeiteten Merkmale sollen durch die
Beschreibung des Verlaufs von konkreten Open-Source-Projekten einen entsprechenden
Praxisbezug erhalten und dadurch differenzierter klargestellt werden. Daher wird in den
nächsten Abschnitten der Verlauf von drei exemplarisch ausgewählten und erfolgreich
verlaufenden Open-Source-Projekten beschrieben.
2.5.1 Linux
Der finnische Informatikstudent Linus Torvalds kündigte am 25. August 1991 zum
ersten Mal an, dass er an einem eigenen Betriebssystem arbeitet [Torv01, S. 94]:
,,Hallo an alle, die dort draußen Minix verwenden ­ ich arbeite an einem (frei
zugänglichen) Betriebssystem (nur so als Hobby, wird nicht groß und
professionell wie GNU sein) für 386 (486er) AT-Kompatible. Die Sache ist seit
April am Köcheln und nimmt allmählich Formen an. Ich hätte gern Feedback über
die Dinge, die euch an Minix gefallen/nicht gefallen, da mein Betriebssystem
gewisse Ähnlichkeiten aufweist [...]."
Linus Torvalds war damals begeistert von der Idee der Freien Software und ver-
öffentlichte sein Projekt mitsamt dem Quelltext im Internet. 1994 kam die Version 1.0

Kapitel 2
Open-Source-Software
18
von Linux heraus und Linus Torvalds stellte sein Projekt unter die GPL. Zu diesem
Zeitpunkt benutzten schon ca. 100.000 Anwender Linux [BöGr03].
Die Popularität von Linux entwickelte sich ab diesem Zeitpunkt steil bergauf, was ohne
die Entwicklung des Internets kaum möglich gewesen wäre. Bis Juli 1998 koordinierte
Linus Torvalds allein die Arbeit der mittlerweile überall auf der Welt verteilt sitzenden
Entwickler an Linux (vgl. Kapitel 4.1.2.3). Ab diesem Zeitpunkt konnte er allerdings
die vielen eingesandten Änderungen der Entwicklergemeinde nicht mehr schnell genug
bearbeiten und gab einen Teil seiner Arbeit und Verantwortung an andere Entwickler
ab. Letztlich ist es allerdings immer noch so, dass Linus Torvalds alle wichtigen
Entscheidungen in Bezug auf Linux trifft [YoGo99, S. 121 f.].
Genau genommen ist Linux nur der so genannte Kernel, der ,,Kern" des Betriebs-
systems. Da ein Betriebssystem alleine nicht sinnvoll zu benutzen ist, wurden nur noch
die eigentlichen Programme gebraucht, um tatsächlich damit arbeiten zu können. Im
Rahmen des GNU-Projekts von Richard Stallman waren schon vor der Entwicklung von
Linux eine Reihe von freien UNIX-Programmen (wie z.B. Emacs, Mtools, Wget etc.)
entwickelt worden, die ebenfalls unter der GPL standen. Daher war von Anfang an ein
vollwertiges freies Betriebssystem mit einer ausreichenden Anzahl von Anwendungen
verfügbar.
Mittlerweile hatte sich ein regelrechter Markt für und um Linux gebildet, Unternehmen
wie Red Hat, SuSE, oder Caldera vertreiben Linux-Distributionen und bieten zusätz-
liche Supportleistungen an [Siec01]. Namhafte Softwarehersteller wie z.B. Oracle,
Informix, SAP oder IBM portieren ihre Software auf Linux; Hardwarehersteller wie
IBM oder Sun liefern ihre Maschinen auf Wunsch mit Linux aus. Der größte Webspace-
Provider in Deutschland, die 1&1 Internet AG, betreibt in Karlsruhe mit 12.000 Linux-
Servern den größten Linux-Server-Park Europas [KrWi03].
Nach Angaben der International Data Corporation (IDC) nimmt das erst seit ca. zehn
Jahren existierende freie Betriebssystem Linux heute am Servermarkt mit 26 Prozent
einen ernstzunehmenden Marktanteil ein; die wesentlich länger existierenden Microsoft-
Betriebssysteme kommen auf einen Marktanteil von 44 Prozent. Die Organisation The

Kapitel 2
Open-Source-Software
19
Linux Counter Project
1
geht mittlerweile weltweit von 18 Millionen Linux-Benutzern
aus [Linu03]. Der Anteil von Linux auf Arbeitsplatzrechnern ist allerdings als gering
anzusehen [Lau03b]. Der höhere Marktanteil im Serverbereich begründet sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit auf die Tatsache, dass Linux ein kommandozeilenorientiertes
UNIX-ähnliches Betriebssystem ist (vgl. Kapitel 3.2.2). Im Serverbereich spielen nicht
etwa Eigenschaften wie eine einfache und komfortable Bedienung eine Rolle, sondern
vielmehr ein hohes Maß an Stabilität, Flexibilität, Sicherheit und Performance (vgl.
Kapitel 3.1). Diese Eigenschaften sind typisch für UNIX- bzw. Open-Source-Betriebs-
systeme.
2.5.2 BIND/DNS
Der Berkeley Internet Name Daemon (BIND) wird von praktisch allen Internet-
Benutzern tagtäglich genutzt ­ auch wenn fast niemand den Namen dieser Software
kennt. Er stellt das Domain Name System (DNS) zur Verfügung und ist für die Auf-
lösung von Domain-Namen, wie z.B.
www.google.com
, in maschinenlesbare IP-
Adressen, wie 216.239.51.99 für Google, verantwortlich. Ohne diesen Dienst müssten
die Internet-Benutzer die für einen Menschen schwer zu merkenden IP-Adressen benut-
zen, um die entsprechenden WWW-Seiten zu erreichen.
BIND wurde ursprünglich 1984 an der Berkeley Universität entwickelt und entstand im
Rahmen einer Diplomarbeit unter Aufsicht der DARPA (US Defense Advanced
Research Projects Agency). Heute wird BIND von der gemeinnützigen Organisation
ISC (Internet Software Consortium) betreut. DNS und der Rest der Berkeley TCP/IP
Software Suite (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) stellt die Grundlage
für die gesamte Internet-Technologie dar. Wäre BIND eine kommerzielle Closed-
Source-Software gewesen, dann hätte DNS kaum zum Standard werden können, was
wiederum mit großer Wahrscheinlichkeit die rasante Entwicklung des Internets in
hohem Maß gehemmt hätte [ORei99].
BIND ist fester Bestandteil aller UNIX-Derivate und Linux-Distributionen. Sogar
Microsoft hat eine Windows-Version von BIND in seine Server-Betriebssysteme
1
Siehe
http://counter.li.org

Kapitel 2
Open-Source-Software
20
integriert. Nach Schätzungen des O'Reilly-Verlags soll es mehrere Millionen Hosts im
Internet geben, auf denen BIND läuft [ORei99].
2.5.3 Apache
Die erste Version des Apache Webservers stammt aus dem Jahr 1995, als der
Webserver von NCSA (National Center for Supercomputing Applications) noch
Marktführer war. Da bei NCSA der Quelltext verfügbar war, passten einige Entwickler
den Webserver mit Patches
1
an ihre eigenen Bedürfnisse an. Diese Tätigkeit wuchs
schließlich zu einem eigenständigen Projekt heran, dem Apache Webserver (,,a patchy
server"). Schon Ende des Jahres 1995 wurde die Version 1.0 von Apache veröffentlicht.
Inzwischen ist praktisch nichts mehr vom Quelltext des alten Servers von NCSA übrig;
es wurde eine komplett neue Serverarchitektur entwickelt. Mitte 1999 wurde eine Non-
Profit-Organisation namens ,,The Apache Software Foundation" (ASF) gegründet, die
die Entwicklung des Webservers koordiniert. Die ASF hat zwar unter anderem als
Aufgabe den Markennamen Apache zu schützen, leistet aber keine Marketingarbeit für
den freien Webserver. Daher ist es umso erstaunlicher, dass Apache in so kurzer Zeit
zum Marktführer in dieser Branche werden konnte. Mittlerweile haben sich unter dem
Dach von Apache eine Vielzahl von Unterprojekten gebildet, wie z.B. Jakarta (eine
Java-Engine), mod_perl (Integration der Scriptsprache Perl) oder xml.apache.org
(XML-Support), die modular in Apache integriert werden können. Die modulare
Erweiterbarkeit von Apache sehen viele Nutzer als einen seiner größten Vorteile an.
Anders als bei Linux gibt es beim Apache-Projekt keinen Leiter wie Linus Torvalds;
alle Entscheidungen werden mehrheitlich abgestimmt, die Koordination geschieht über
eine Mailingliste (vgl. Kapitel 4.1.2.3).
Heute ist Apache für ca. 30 Plattformen verfügbar und hat den größten Marktanteil im
Vergleich mit allen anderen Webservern weltweit. Die Messung des Erfolgs von Open-
Source-Projekten stellt sich als eine außerordentlich schwierige Aufgabe dar. Im Fall
des Webservermarkts mit Apache sieht die Situation jedoch anders aus. Das liegt daran,
dass der Webservermarkt die Besonderheit hat, dass seine Marktanteile im Gegensatz zu
anderen Branchen und in Bezug auf Open-Source-Software relativ präzise durch die
1
Englische Bezeichnung für ,,Flicken"; ein kleines Programm, das ein anderes Programm ändert oder
darin enthaltene Fehler behebt.

Kapitel 2
Open-Source-Software
21
Abfrage der im Internet zur Verfügung stehenden Hosts zu messen sind. Wie in Bild 2
zu sehen ist, hat Apache seinen Vorgänger von NCSA mittlerweile vollständig abgelöst.
Schon im Sommer 1996 wurde Apache Marktführer und teilt sich seitdem den Web-
servermarkt mit dem Microsoft IIS (Internet Information Server). Andere Webserver
haben vergleichsweise geringe Anteile. Damit zählt der Webserver Apache (neben
Linux) zu einem der erfolgreichsten Open-Source-Projekte:
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Okt-9
5
Jan-96
A
p
r-9
6
Jul-
9
6
Okt-9
6
Jan-97
A
p
r-9
7
Jul-
9
7
Okt-9
7
Jan-98
A
p
r-9
8
Jul-
9
8
Okt-9
8
Jan-99
A
p
r-9
9
Jul-
9
9
Okt-9
9
Jan-00
A
p
r-0
0
Jul-
0
0
Okt-0
0
Jan-01
A
p
r-0
1
Jul-
0
1
Okt-0
1
Jan-02
A
p
r-0
2
Jul-
0
2
Okt-0
2
Jan-03
A
p
r-0
3
Jul-
0
3
Apache
Microsoft
SunONE
NCSA
Andere
Bild 2 Marktanteile der Webserver, August 1995 bis Juli 2003, Anfragen von
42.298.371 Sites [Netc03a]
2.6 Lizenzmodelle
Nicht nur im Fall von proprietärer Software erhält der Nutzer bestimmte Rechte und
Pflichten durch die Lizenz, unter der eine Software steht. Auch Open-Source-Software
unterliegt gewissen Bestimmungen, die in Lizenzen geregelt werden. Es gibt
mittlerweile eine Vielzahl von Open-Source-Lizenzen, die an dieser Stelle jedoch nicht
alle im Detail beschrieben werden können. Daher gibt der nächste Abschnitt dem Leser
einen Überblick über die Unterschiede der drei am weitesten verbreiteten Lizenzen. Die
nächsten Abschnitte gehen dann näher auf diese drei Lizenzen ein, während der letzte
Abschnitt kurz einige exemplarisch ausgewählte Lizenzen beschreibt.

Kapitel 2
Open-Source-Software
22
2.6.1 Übersicht
Unter einer Softwarelizenz versteht man die Einräumung von bestimmten Nutzungs-
rechten an einer Software. Open-Source-Lizenzen schützen bestimmte Rechte der
Autoren, indem sie sie unter ein Urheberrecht (Copyright) stellen, was den Autoren
(und allen anderen) das Recht gibt, die Software nach bestimmten Vorgaben zu
vervielfältigen, zu verbreiten und/oder zu verändern [Gerw00]. Bei einem völligen
Verzicht auf die Urheberrechte
1
könnte jeder beliebig mit der Software verfahren, wie
im Fall von PD-Software (vgl. Kapitel 2.3.2).
Trotzdem gibt es unter den Open-Source-Lizenzen zahlreiche Unterschiede. Die
nächsten Abschnitte beschreiben diese Unterschiede in den Rechten und Pflichten und
vergleichen die Lizenzen im Detail miteinander. Die folgende Tabelle gibt im Vorfeld
schon einen Überblick über die wichtigsten Unterschiede:
Tabelle 2 Überblick über bekannte Lizenzmodelle [RoSc02]
Kostenlos
Weiter-
verbreit-
bar
Uneinge-
schränkt
nutzbar
Quelltext
(modifi-
zierbar)
Derivate
müssen
frei sein
Keine Ver-
mischung
mit pro-
prietärer
Software
GPL
LGPL
BSD-Lizenz
Neben den drei in der Tabelle genannten Lizenzen gibt es noch eine ganze Reihe
weiterer Open-Source-Lizenzen. Von der OSI wurde bis jetzt ca. 50 Lizenzen das
Prüfzeichen OSI certified verliehen, welches sicherstellt, dass die Lizenzen den Anfor-
derungen der Open-Source-Definition der OSI entsprechen (vgl. Kapitel 2.1). Erst seit
dem Release von Mozilla als Open-Source-Software unter einer eigens entwickelten
Lizenz (vgl. Kapitel 4.3.1) entstanden die meisten weiteren Open-Source-Lizenzen.
Diese benutzen oftmals bestehende Lizenzen als Basis und werden dann dermaßen
modifiziert, dass sie die speziellen Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens sichern.
Diese neuen Lizenzen können dann der OSI zu Begutachtung vorgelegt werden, damit
sie das Prüfzeichen OSI certified erhalten. Allerdings zählen nach wie vor die drei in
1
Nach deutschem Recht können nur die Lizenzrechte, jedoch nicht das Urheberrecht abgetreten werden
[NüTe02].

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832475208
ISBN (Paperback)
9783838675206
DOI
10.3239/9783832475208
Dateigröße
947 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Kassel – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
linux total cost ownership open source closed software
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Titel: Open-Source-Software
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