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Können Männer und Frauen Freunde sein?

Eine Studie über gegengeschlechtliche Freundschaft

©2002 Diplomarbeit 214 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Es gibt wahrscheinlich wenige Begriffe in der Soziologie, welche die Gesellschaft so genau zu kennen scheint, wie den Begriff der Freundschaft. Vermutlich ist es wie in der Medizin, wo der Patient glaubt, genauso gut über Kopfschmerzen Bescheid zu wissen wie der Arzt. Daß das natürlich nicht den Tatsachen entspricht, kann sich jeder denken. Obwohl die Freundschaft durchaus eine soziologische Kategorie ist - wie schon NÖTZOLDT-LINDEN (1994) in ihrem Buch zum Ausdruck brachte - findet sie sich in der Soziologie relativ selten wieder. Verdient macht sich bei der Erforschung der Freundschaft vor allem die Sozialpsychologie (vgl. LEMKE, 2000: 22). Dabei wäre es auch in der Soziologie wichtig, der Freundschaft mit mehr Interesse entgegenzukommen, da sie in einer zunehmenden Individualisierung und dem damit verbundenen Bedeutungsverlust traditioneller Bindungen eine Alternative - vorrangig in jungen Erwachsenenjahren - darstellt. Noch seltener, als dies ohnehin schon der Fall ist, wurde im deutschsprachigem Raum die gegengeschlechtliche Freundschaft untersucht. Eine gegengeschlechtliche Freundschaftsforschung ist daher in Deutschland nicht etabliert1. Lediglich zwei Arbeiten (LODDENKÖTTER, 2001; KUHNERT, 2001) einer Fernuniversität und ein populärwissenschaftliches Buch (MÖNKEMEYER/NORDHOFF, 1993) sind in diesem Zusammenhang zu finden. Ein Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, Ergebnisse aber auch Fragen aufzuwerfen, die weitere Untersuchungen ideengebend unterstützen sollen.
Zwei Erlebnisse brachten mich dazu, die gegengeschlechtliche Freundschaft - also die Freundschaft zwischen Mann und Frau - einer näheren Untersuchung zu unterziehen: Erstens - ich sah den Film „Harry und Sally“ (1989). Jeder der den Film kennt, weiß daß der Hauptdarsteller (Harry) die Behauptung aufstellt: „Männer und Frauen können nie Freunde sein. Der Sex kommt ihnen immer wieder dazwischen“2. Diese Annahme führte mit Sicherheit, nicht nur in meinem Bekanntenkreis, zu vielen Diskussionen. Der zweite Grund bestand in AUHAGENs (1993: 220) Äußerung, daß es weitestgehend unbekannt sei, wie Freunde und Freundinnen miteinander umgehen. Ein Thema, dem so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, obwohl es durchaus auch für die Soziologie interessant sein dürfte, verdient meiner Meinung nach eine wissenschaftliche Untersuchung.
In dieser Arbeit soll es nun darum gehen, ob Männer und Frauen Freunde sein können und wenn ja, was diese Freundschaften kennzeichnet. Hierbei […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7511
Ziegenbalg, Jenny: Können Männer und Frauen Freunde sein? - Eine Studie über
gegengeschlechtliche Freundschaft
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Technische Universität Dresden, Technische Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...2
Abkürzungsverzeichnis...4
I TEIL - Theoretischer Zugang
1. Einleitung ... 6
2. Der Freundschaftsbegriff... 8
2.1. Problemdarstellung der Freundschaftsdefinition ... 8
2.2. Die Freundschaftsdefinition - Eine gelöste Aufgabe? ... 10
2.2.1. In Abgrenzung von weiteren sozialen Beziehungen ... 10
2.2.2. Definition ... 13
3. Freundschaftsmodelle und -theorien... 17
4. Funktionen von Freundschaft ... 21
5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen ... 24
5.1. Gemeinsam verbrachte Zeit, Aktivitäten und Gesprächsthemen ... 25
5.2. Soziale Unterstützung ... 27
5.3. Freundschaftsqualität ... 28
5.4. Geschlechtsrollenunterschiede... 30
6. Gegengeschlechtliche Freundschaft ... 32
6.1. Allgemeines ... 32
6.2. Platonische Freundschaft ... 34
6.3. gegengeschlechtliche Freundschaften im (gesellschaftlichen) Dilemma... 36
6.4. Entstehung, Aufrechterhaltung, Beendigung ... 40
6.5. Auftreten und Qualität ... 42
7. Gegengeschlechtliche vs. gleichgeschlechtliche Freundschaft ... 46
Exkurs: Paarbeziehungen vs. gegengeschlechtlichen Freundschaften ... 47

II TEIL - Empirischer Zugang
8. Empirischer Zugang in die gegengeschlechtliche Freundschaftswelt... 51
8.1. Anlage der Studie ... 51
8.1.1. Auswahl der Erhebungsmethode... 51
8.1.2. Eingangsimpuls und Leitfaden... 52
8.1.3. Stichprobe, Datenerhebung und Transkription... 53
8.2. Auswertung und Darstellung... 55
9. Gegengeschlechtliche Freundschaft - ,,... das ist so ein so übelst spezielles
Verhältnis, ich weiß auch nicht, es ist einmalig."... 58
9.1. Können Männer und Frauen Freunde sein?... 59
9.2. Freundschaftsdefinition ... 61
9.3. Wahrgenommene Unterschiede zwischen gegen- und gleichgeschlechtlichen Freundschaften ... 65
9.4. Anziehung ... 69
9.4.1. Beidseitig sexuelle Anziehung ­ ,,... irgendein Knistern ist da schon da." ... 70
9.4.2. Beidseitige Freundschaftsanziehung ... 74
9.5. Umgang mit der Sexualität... 80
9.6. Kontaktvermeidung ... 82
9.7. ,,Es würde nicht gut gehen" ... 84
9.8. Soziales Umfeld ... 88
10. Diskussion und Ausblick ... 94
Literaturverzeichnis...100
Erklärung...108
ANHANG (SIEHE CD-ROM)

Abkürzungsverzeichnis
4
Abkürzungsverzeichnis
Anm. d. Verf.
Anmerkung der Verfasserin
d.h.
das
heißt
ebd.
ebenda
etc.
etcetera
f folgende
Seite
ff
folgende
Seiten
ggf.
gegebenenfalls
Hg.
Herausgeber
Kap.
Kapitel
m.E.
Meines
Erachtens
orig.
original
S.
Seite
URL
Universal
Ressource
Locator
vgl.
vergleiche
vs.
versus
w.o.
weiter
oben
w.u.
weiter
unten
www
world
wide
web
z.B.
zum
Beispiel

TEIL I
Theoretischer Zugang

1. Einleitung
6
1. Einleitung
Es gibt wahrscheinlich wenige Begriffe in der Soziologie, welche die Gesellschaft so
genau zu kennen scheint, wie den Begriff der Freundschaft. Vermutlich ist es wie in
der Medizin, wo der Patient glaubt, genauso gut über Kopfschmerzen Bescheid zu
wissen wie der Arzt. Daß das natürlich nicht den Tatsachen entspricht, kann sich
jeder denken. Obwohl die Freundschaft durchaus eine soziologische Kategorie ist -
wie schon N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994) in ihrem Buch zum Ausdruck brachte - findet sie
sich in der Soziologie relativ selten wieder. Verdient macht sich bei der Erforschung
der Freundschaft vor allem die Sozialpsychologie (vgl. L
EMKE
, 2000: 22). Dabei wäre
es auch in der Soziologie wichtig, der Freundschaft mit mehr Interesse
entgegenzukommen, da sie in einer zunehmenden Individualisierung und dem damit
verbundenen Bedeutungsverlust traditioneller Bindungen eine Alternative - vorrangig
in jungen Erwachsenenjahren - darstellt. Noch seltener, als dies ohnehin schon der
Fall ist, wurde im deutschsprachigem Raum die gegengeschlechtliche Freundschaft
untersucht. Eine gegengeschlechtliche Freundschaftsforschung ist daher in
Deutschland nicht etabliert
1
. Lediglich zwei Arbeiten (L
ODDENKÖTTER
, 2001; K
UHNERT
,
2001) einer Fernuniversität und ein populärwissenschaftliches Buch
(M
ÖNKEMEYER
/N
ORDHOFF
, 1993) sind in diesem Zusammenhang zu finden. Ein Ziel
dieser Arbeit ist es deshalb, Ergebnisse aber auch Fragen aufzuwerfen, die weitere
Untersuchungen ideengebend unterstützen sollen.
Zwei Erlebnisse brachten mich dazu, die gegengeschlechtliche Freundschaft - also
die Freundschaft zwischen Mann und Frau - einer näheren Untersuchung zu
unterziehen: Erstens - ich sah den Film ,,Harry und Sally" (1989). Jeder der den Film
kennt, weiß daß der Hauptdarsteller (Harry) die Behauptung aufstellt: ,,Männer und
Frauen können nie Freunde sein. Der Sex kommt ihnen immer wieder dazwischen"
2
.
Diese Annahme führte mit Sicherheit, nicht nur in meinem Bekanntenkreis, zu vielen
Diskussionen. Der zweite Grund bestand in A
UHAGEN
s (1993: 220) Äußerung, daß es
weitestgehend unbekannt sei, wie Freunde und Freundinnen miteinander umgehen.
Ein Thema, dem so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, obwohl es durchaus
auch für die Soziologie interessant sein dürfte, verdient meiner Meinung nach eine
wissenschaftliche Untersuchung.
In dieser Arbeit soll es nun darum gehen, ob Männer und Frauen Freunde sein
können und wenn ja, was diese Freundschaften kennzeichnet. Hierbei sollen
intersituationale (z.B. Verlauf der Freundschaft, Emotionsentwicklung in der
Freundschaft und Motivbetrachtung) und intrasituationale (z.B. persönliche
1
Die Übersetzungen englischsprachiger Literatur, insofern sie nicht gekennzeichnet wurde, wurden
von der Autorin dieser Arbeit durchgeführt.
2
Aus: ,,When Harry meets Sally", USA (1989), deutscher Titel: ,,Harry und Sally" . Zitat entnommen
aus: www.nobby.de/d-mwhms.htm

1. Einleitung
7
Kontaktaufnahme und Einfluß der Gesellschaft auf die Freundschaft) Aspekte
berücksichtigt werden. Des weiteren stellt sich die Frage, ob in
gegengeschlechtlichen Freundschaften ,,der Sex" im Sinne von sexueller Anziehung
eine Rolle spielen muß, da es sich immerhin um eine Mann-Frau-Beziehung handelt.
Mit anderen Worten: Können Männer und Frauen Freunde sein, obwohl sie
unterschiedlichen Geschlechts sind und sexuelle Anziehung somit eine Rolle spielen
kann? Bei W
ERKING
(1997a: 398) heißt es, daß Mann-Frau-Beziehungen vom
sozialen Umfeld häufig als romantische Partnerschaft angenommen werden. Daraus
ergibt sich eine weitere Frage für meine Untersuchung: Beeinflußt das soziale
Umfeld das gegengeschlechtliche Freundespaar und wenn ja wie? Interessant ist
auch, inwiefern von gegengeschlechtlichen Freundespaaren Unterschiede zu ihren
gleichgeschlechtlichen Freundschaften - also zu Freunden gleichen Geschlechts -
wahrgenommen werden und ob auffällige Besonderheiten auftreten.
Um diese Überlegungen zu einem Ergebnis zu führen, wird im ersten Teil dieser
Arbeit die Freundschaft theoretisch untersucht. Wie man dem Inhaltsverzeichnis
entnehmen kann, wird erst sehr spät begonnen, von gegengeschlechtlicher
Freundschaft zu reden. Das wird verständlich, wenn man das Problem der
Freundschaftsdefinition (Kapitel 2) näher betrachtet. Im Kapitel 3 verweise ich auf
theoretische Ansätze und Modelle. Um die Freundschaft im allgemeinen besser zu
begreifen, gehe ich in Kapitel 4 auf Funktionen von Freundschaft ein, die nach der
strukturellen Definition im vorhergehenden Kapitel hier eine funktionale Definition
liefert. Darüber hinaus soll, um eine bessere Vergleichbarkeit zur
gegengeschlechtlichen Freundschaft zu erhalten, die gleichgeschlechtliche
Freundschaft (Kapitel 5) ebenfalls näher betrachtet werden. Erst nachdem diese
Ansätze Erwähnung fanden, wird in Kapitel 6 näher auf die gegengeschlechtliche
Freundschaft und deren Forschungsstand eingegangen. In Kapitel 7 werden
Unterschiede der gleich- und gegengeschlechtlichen Freundschaft anhand
empirischen Materials näher aufgezeigt.
Der zweite - empirische - Teil bestreitet anschließend den empirischen Zugang zum
Thema gegengeschlechtliche Freundschaft. Dabei wird außer der Methodik (Kapitel
8) ein Einblick in die gegengeschlechtliche Freundschaftswelt ermöglicht (Kapitel 9).
Die Ergebnisse werden sich, aufgrund der qualitativ angelegten Studie, in Form von
Fallbeschreibungen und in Typenbildungen darstellen und teilweise Thesen
generieren. Schließlich wird im letzten Kapitel auf weitere offengebliebene Fragen
und Diskussionspunkte eingegangen.

2. Der Freundschaftsbegriff
8
Ein Freund ist jemand, vor dem man laut denken kann.
Ralph Waldo Emerson
2. Der Freundschaftsbegriff
2.1. Problemdarstellung der Freundschaftsdefinition
Freundschaft als eine soziologische Kategorie hat sich noch nicht in dem Maße
etabliert, wie sie es verdient hätte. N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994) faßt zusammen, was
auch mir auffiel: ,,Fast nie fehlt der Hinweis darauf, welch schwieriges - im Grunde
aussichtsloses - Unterfangen dieses Bemühen [einer Freundschaftsdefinition, Anm.
d. Verf.] sei" (S. 23). Und trotzdem: Durch die Komplexität von Freundschaft fällt es
schwer, allumfassend zu arbeiten und zu forschen. In diesem Abschnitt soll versucht
werden, die Probleme zur Begriffsbestimmung zu katalogisieren, um dem
interessierten Leser einen Überblick und dem Forscher einen Einstieg in die
Komplexität der Freundschaft zu verschaffen.
Der Soziologe T
ENBRUCK
(1964) hebt hauptsächlich zwei Gründe für eine
Vernachlässigung der Freundschaft und persönlichen Beziehungen in der Soziologie
hervor. Zum einen beschäftigt sich die Soziologie vorrangig mit der Gesellschaft und
deren ,,Daseinsbereiche" (wie z.B. Wirtschaft, Familie usw.), die eine Voraussetzung
für menschliches Zusammenleben begründen und die als soziale Institutionen erst
ein geregeltes Zusammenleben ermöglichen. Die Freundschaft scheint indes eher
gesellschaftlich und damit soziologisch unerheblich. Zum anderen ist die
Freundschaft als private, gesellschaftlich nicht geregelte Beziehung unserer Wahl
scheinbar nur aus der Individualität heraus erklärbar (vgl. ebd.: 435), Freundschaft ist
also in der Sozialpsychologie eher greifbar als in der Soziologie.
Einige Monographien versuchen die Komplexität der Freundschaft zu erfassen (z.B.
F
EHR
, 1996; N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
, 1994; A
DAMS
/B
LIESZNER
, 1992; R
AWLINS
, 1992;
A
UHAGEN
, 1991; R
UBIN
, 1985), aber auch diese stoßen teilweise an die Grenzen
einer nicht klar definierten Kategorie. H
AYS
(1988
3
) formuliert drei Schwierigkeiten,
die bei der Begriffsbestimmung von Freundschaft entstehen können. So könnte es
sein, daß a) die Definition von Freundschaft möglicherweise nicht mit der subjektiven
Auffassung der Untersuchungsteilnehmer übereinstimmt oder dem
Untersuchungskontext nicht angemessen ist (vgl. ebd.: 391f.). Das heißt, jeder
Wissenschaftler und Untersuchungsteilnehmer weiß zwar ungefähr, was damit
gemeint ist, aber jeder legt den Freundschaftsbegriff für sich individuell aus (vgl.
V
ALTIN
/F
ATKE
1997: 29). Zum Beispiel kann für den einen Befragten schon eine
Bekanntschaft als Freundschaft gelten, für einen anderen jedoch die Freundschaft
3
vgl. auch: http://www.tu-dresden.de/phfis/hays.htm

2. Der Freundschaftsbegriff
9
als nicht relevant für die Untersuchung eingestuft werden und somit gar nicht zur
Sprache kommen. Diese Auffassung vertritt auch W
AGNER
(1991) und betont darüber
hinaus, daß die Begriffsbestimmung stark vom Alltagsverständnis und von der
Alltagserfahrung getragen wird (vgl. ebd.: 3).
Ein weiteres Problem, was H
AYS
(1988) zur Diskussion stellt, ist daß b) sich die
Definitionen der einzelnen Forscher voneinander unterscheiden können (vgl. ebd.:
391f). Da viele Wissenschaftler darüber schreiben, wie schwer es ist, eine
allgemeingültige Definition zu finden, verwundert das Problem der Vergleichbarkeit
nicht. N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994: 25) und A
UHAGEN
(1991: 22) schließen Freundschaft
zu Verwandten aus, da ihnen die Freiwilligkeit genommen ist. A
RGYLE
& H
ENDERSON
(1986: 86), ebenso wie K
OLIP
(1993: 82) halten dagegen Freundschaften zu
Verwandten als möglich und durchaus nachvollziehbar. Dies zeigt, daß einige
Forscher in ihren Untersuchungen Verwandte als Freunde ,,aussortieren", andere sie
jedoch mit einbeziehen. Ein Problem, das gerade - geht es z.B. um (sexuelle)
Anziehung
4
- in gegengeschlechtlichen Freundschaften wichtig sein könnte, da
Verwandtschaft Sexualität meines Erachtens nach ausschließt. Darüber hinaus kann
z.B. jeder Forscher die Grenze zwischen losen und lockeren Freundschaften selbst
bestimmen, da es hier keine festgelegten Normen gibt und somit eine
Vergleichbarkeit der Ergebnisse erschwert wird.
Als drittes Problem benennt H
AYS
(1988) c) die Möglichkeit des eventuellen
Ausschlusses bestimmter Freundschaftsformen von der Untersuchung durch
festgelegte Definitionen (vgl. ebd.: 391f). Anders ausgedrückt, ein Forscher könnte
Freundespaare nach ihrer Entwicklung innerhalb der Freundschaft befragen, schließt
aber gegengeschlechtliche Paare oder befreundete Cousinen aus, weil seine
Definition nur gleichgeschlechtliche Freundespaars zuläßt und/oder Verwandte
ausschließt.
Ungeachtet der aufgestellten Probleme von H
AYS
(1988) gilt: Je strenger die
Auffassung einer Freundschaft ist, desto weniger Freunde werden von einer
Versuchsperson aufgezeigt bzw. vom Wissenschaftler zugelassen. Ein Befragter, der
jeden Bekannten als Freund erachtet, wird ein verzerrendes Bild liefern, ebenso der
Befragte, der nur einen Freund aufzählt.
Ein weiteres Problem stellt letztendlich der Wissenschaftler selbst dar. So darf er, wie
es die Wissenschaft lehrt, durch sein eigenes ,,Alltagswissen" über die Freundschaft
die Objektivität nicht aus dem Auge verlieren, weil das Alltagsverständnis und die
wissenschaftliche Begriffsdefinition sich nicht zwingend ähnlich sind. Das macht eine
Erforschung der Freundschaft schwieriger, als sie es ohnehin schon ist.
Abschließend soll hier ein Zitat Elisabeth A
UHAGEN
s (1993) die Komplexität der
4
Anziehung ist dabei die Merkmalsähnlichkeit zwischen Personen (vgl. Wagner 1991: 29).

2. Der Freundschaftsbegriff
10
Freundschaft verdeutlichen: ,,Ein Merkmal der Freundschaft ist also gerade jenes,
daß sie so wenige wirklich eindeutige Merkmale besitzt." (S. 215).
2.2. Die Freundschaftsdefinition - Eine gelöste Aufgabe?
Eines kann und möchte ich an dieser Stelle vorwegnehmen: Freundschaft ist
komplex und läßt sich nicht einfach ,,zusammenfassen". Trotz des Wissens um die
Freundschaft und der Kenntnis jedes Einzelnen, was er für sich unter Freundschaft
versteht, gibt es keine eindeutige Freundschaftsdefinition. F
EHR
(1996) beschreibt
diesen Zustand treffend: ,,Everyone knows what friendship is - until asked to define it.
Then, it seems, no one knows." (S. 5).
2.2.1. In Abgrenzung von weiteren sozialen Beziehungen
Ein Weg zu einer Definition von Freundschaft führt die Wissenschaftler über die
Herleitung aus der persönlichen bzw. sozialen Beziehung. Dies führt aber auch zu
einem Dilemma, da sich nach A
UHAGEN
(1991) die Freundschaft von genau diesen
anderen sozialen Beziehungsformen klar abgrenzen muß (vgl. ebd.: 14). Soziale
Beziehungsformen, so trägt L
ENZ
(1998) zusammen, sind indes gekennzeichnet
durch das Vorhandensein persönlichen Wissens und ein emotionales Band. Sie
werden getragen von der Einzigartigkeit und Unersetzbarkeit der daran beteiligten
Personen und zeichnen sich durch eine besonders ausgeprägte Interdependenz -
also gegenseitiger Abhängigkeit - aus (vgl. ebd.: 39ff).
Schon Georg
S
IMMEL
(1983; orig. 1908: 268) vertrat die Auffassung, daß
Freundschaft und Ehe sich von anderen Beziehungstypen in Hinsicht auf das Sich-
Mitteilen unterscheiden. Man kann also sagen, Freundschaft und Ehe sind informell
ausgerichtet und gehen somit über sachlich zentrierte Interessen der formellen
Beziehungen hinaus.
K
ÖHLER
(1995) hingegen versucht anhand von Merkmalen, die Freundschaft von
anderen Beziehungen zu unterscheiden. Dabei schlußfolgert er, daß sich die
Freundschaft von anderen sozialen Beziehungen durch 1.) die Freiwilligkeit, 2.) die
Variationsbreite und 3.) die sozio-emotionale Ausrichtung der Interdependenz
unterscheidet (vgl. ebd.: 239f).

2. Der Freundschaftsbegriff
11
1.) Die Freiwilligkeit der Interdependenz
Die Freundschaft zeichnet sich durch Freiwilligkeit aus und ist folglich gegenüber
einigen anderen sozialen Beziehungen
5
eher frei wählbar. D
UCK
(1977) weist darauf
hin, daß es den Beziehungspartnern frei stehe, zu entscheiden, ob sie sich mit dem
anderen anfreunden wollen oder nicht (vgl. ebd.: 147). Dem schließt sich K
ÖHLER
(1995) an und erklärt: ,,Freundschaft ist demnach eine Beziehung, deren Beginn und
Verlauf nicht durch äußere Bindungen eingeschränkt oder etwa durch sozialen Druck
oder irgendwelche institutionalisierten Zwänge herbeigeführt wird" (S. 239). Nach
T
ENBRUCK
(1964) sind persönliche Beziehungen wenig sozial standardisiert.
Freundschaften bestehen demzufolge durch freie Wahl und können frei organisiert
werden (vgl. ebd.: 432). Durch diese ,,Nichtinstitutionalisierung" sieht A
LLAN
(1989)
jedoch auch ein Problem für einige soziologische Interessen. Er weist aber auch
darauf hin, daß dies Freundschaft zu etwas Besonderen macht (vgl. ebd.: 4). Anders
ausgedrückt, die Freundschaft ist besonders, weil sie eben nicht durch die
Gesellschaft bestimmt wird; aber sie ist für die Soziologie, die sich mit
gesellschaftlichen Zusammenhängen und Einflüssen beschäftigt, schwer greifbar.
Sie hat kaum Regeln und unterliegt selten gesellschaftlichen Normen. Ganz möchte
ich die gesellschaftlichen Normen nicht ausschließen da, wie weiter unten noch zu
ermitteln sein wird, eventuell in gegengeschlechtlichen Freundschaften
gesellschaftliche Normen eine Rolle spielen.
W
INSTEAD
& D
ERLEGA
(1986) fassen zusammen, daß Freundschaften zwar frei von
Erwartung der Exklusivität sind, aber dadurch auch weniger Verbindlichkeit
aufweisen. Freunde können folglich auch - was das Scheitern von Erwartungen
hinsichtlich der Beziehung angeht - nachsichtiger sein (vgl. ebd.: 3). Die Freunde
können daher eher Konfliktsituationen ausweichen, da durch die Freiwilligkeit die
Option des Ungebundenseins stärker ausgeprägt ist als z.B. bei der Paarbeziehung
oder der Verwandtschaft.
2.) Die Variationsbreite der Interdependenz - Enge vs. lose Freundschaften
Freundschaften weisen große Unterschiede in der Art und Anzahl der jeweils
angestrebten Ziele auf. So gibt es enge bis weniger enge Freundschaften, die sich
wiederum nach Reziprozität
6
und Verbindlichkeit unterscheiden. Enge
Freundschaften sind daher, von K
ÖHLER
(1993, 240) als reziprok und verbindlich,
diffus
7
und hoch-involvierend
8
zusammengetragen werden - demnach findet in engen
5
Andere soziale Beziehungen stellen z.B. die Verwandtschaft, Nachbarschaft und Kollegen dar, die
entweder nicht oder nur begrenzt frei wählbar sind.
6
,,Reziproke [...] Interaktionen sind solche, in denen die Partner entweder gleichzeitig oder
nacheinander das gleiche tun ..." (Hinde, 1993: 19).
7
Die Freundschaft ist diffus, also ohne vorgegebenen Verlauf und somit ungeordnet (vgl. K
NAURS
,
1982: 100)

2. Der Freundschaftsbegriff
12
Freundschaften eher ein Austausch statt, sie sind eher verpflichtend und nicht auf
bestimmte Bereiche eingeschränkt. Für V
ALTIN
& F
ATKE
(1997) sind ,gute' und ,beste'
Freunde ,,diejenigen, mit denen man - unabhängig von der Regelmäßigkeit oder
Häufigkeit des Zusammenseins - intime Gedanken und Gefühle austauscht und
durch eine ganz besondere emotionale Qualität verbunden" ist (S. 30). Darüber
hinaus erhöht nach B
ELL
(1981) Intimität und Enge zwischen den Freunden den Wert
der Freunde und das Vertrauen in die Freundschaft (vgl. ebd.: 403). Trotzdem erlaubt
es eine Freundschaft nach L
ENZ
(1998) zwei Personen viel stärker, Distanz zu
wahren, als eine Zweierbeziehung (vgl. ebd.:47).
W
AGNER
(1991) vertritt die Auffassung, daß sich ein bester Freund auf der Existenz
eines einzigen Freundes begründet, der sich durch besondere Merkmale von
anderen Freunden unterscheidet (vgl. ebd.: 12). Für den Autor ist dies die Idealform
der Freundschaft (vgl. ebd.: 5). Die Umschreibung Idealform zeigt aber auch, daß
diese Form als solche nur sehr selten, bzw. gar nicht existiert. Das entspräche auch
A
RGYL
s & H
ENDERSON
s (1986) Verweis, daß die Forschung sich zwar oft mit engen
Freunden befaßt, diese jedoch eventuell weniger typisch sind (vgl. ebd.: 84). W
RIGHT
(1982: 4) nimmt an, daß Freundschaften nach der Stärke bzw. Intensität variieren.
Ein Blick in die englischsprachige Literatur zeigt, daß die Begriffe ,,friend" und
,,friendship" im amerikanischen eine umfassendere Bedeutung als im deutschen
haben. In den USA werden demnach auch Bekannte und Arbeitskollegen als
,,friends" bezeichnet. Der Begriff, wie er hier in Deutschland für die Freundschaft (im
engeren Sinne) gebraucht wird, trifft in den USA am ehesten auf ,,close friendship" zu
(vgl. V
ALTIN
/F
ATKE
1997: 25; W
OLF
, 1996: 24; A
UHAGEN
1991: 5). W
OLF
(1996)
beweist diesen Aspekt schon allein mit der Tatsache, daß ,,friend" übersetzt ,,Freund"
und ,,Bekannter" heißen kann, umgekehrt ist jedoch ,,Freund" nur ein ,,friend" (vgl.
ebd.: 24). Dies ist ein Punkt, der gerade beim Vergleich von deutschen (im weiteren
Sinne europäischen) Forschungsstandpunkten und Ergebnissen aus den USA
relevant und zu beachten ist.
Freundschaften können demnach locker und eng sein, was z.B. bei
Paarbeziehungen im traditionellen Sinne eher undenkbar wäre. Sucht man nach
weiteren persönlichen Beziehungen, so sind lediglich die Verwandtschaften mit den
Freundschaften vergleichbar, da auch sie, unabhängig von der Unfreiwilligkeit der
Beziehung enge, aber auch lockere Beziehungen aufweisen können.
3.) Die sozio-emotionale Ausrichtung der Interdependenz
Interaktionen zwischen Freunden finden nach K
ÖHLER
(1995: 240) eher aus Gründen
des Selbstzweckes statt und werden durch die Erwartung von Intimität getragen. Es
8
Unter hoch-involvierend verstehe ich den (sehr) starken Einbezug in eine Beziehung - in diesem Fall
in die Freundschaft (vgl. K
NAURS
, 1982: 195)

2. Der Freundschaftsbegriff
13
ist also entscheidend, wie die Freunde aufeinander reagieren und aufeinander
eingehen. Dabei sollte durch die gegebene Freiwilligkeit in der Freundschaft den
Freunden ein positives Gefühl vermittelt werden, da sonst, wie schon besprochen
wurde, die Freundschaft schnell auseinandergehen kann. Das Autorenteam V
ALTIN
&
F
ATKE
(1997) bestärken, daß gerade das ,gute Gefühl' in der Beziehung die
Freundschaft ausmacht (vgl. ebd.: 28). Die Freundschaft, so argumentiert A
UHAGEN
(1991: 17), wird subjektiv als positiv erlebt, sie muß hingegen, so betont H
AYS
(1988:
394), nicht immer positiv sein. D
UCK
(1977) verweist in diesem Zusammenhang
generell darauf, daß es in Freundschaften keine Gefühlsneutralität gibt (vgl. ebd.:
145). Somit ist eine Freundschaft geprägt von Emotionen, die in vielen Fällen als
positiv, zeitweise aber auch als negativ, jedoch nie als neutral
9
empfunden werden.
Ein Vergleich zu anderen, persönlichen Beziehungen fällt an dieser Stelle schwer, da
m.E. in keiner Beziehungsform auf Dauer eine Gefühlsneutralität herrscht. Da D
UCK
jedoch meint, daß in Freundschaften nie Gefühlsneutralität zu finden ist, zeigt sich
hier eventuell doch ein Unterschied zu anderen Beziehungsformen, in denen
Empfindungen eine untergeordnete Rolle spielen. So nehme ich an, daß z.B. zu dem
Postbeamten, eher eine Gefühlsneutralität entsteht, als zu Freunden, welche
informellen Charakter haben.
Eine Unterscheidung der Freundschaft von weiteren Beziehungsformen ist jedoch
nur dann sinnvoll, wenn die Freundschaft als solches klar definiert ist. Eine
Begriffserklärung soll nun im nächsten Abschnitt folgen.
2.2.2. Definition
Nachdem eine Unterscheidung zu weiteren persönlichen Beziehungen ermittelt
wurde, soll an dieser Stelle ein Einblick in die Welt der Freundschaftsdefinitionen
verschafft werden. Wie in Kapitel 2.1 beschrieben wurde, besteht gewissermaßen
keine allgemeingültige Freundschaftsdefinition. Aufgrund der Komplexität und der
doch in einigen Fällen unterschiedlichen Freundschaftsbestimmung, wird in diesem
Abschnitt lediglich ein Versuch unternommen, unterschiedliche
Freundschaftsdefinitionen zusammenzutragen, um dadurch einen
zusammenfassenden Überblick zur Begriffserklärung von Freundschaft zu erhalten.
Ein bei der Literaturdurchsicht häufig gefundenes Zitat, dem auch ich mich nicht
entziehen möchte, ist die Freundschaftsdefinition von H
AYS
(1988). Er definiert
Freundschaft folgendermaßen: ,,Voluntary interdependence between two persons
over time, that is intended to facilitate social-emotional goals of the participants, and
9
Unter neutralen Emotionen verstehe ich die Gleichgültigkeit gegenüber einer Beziehung gegenüber.

2. Der Freundschaftsbegriff
14
may involve varying types and degrees of companionship, intimacy, affection and
mutual assistance" (S. 395). Freundschaft besteht also auf einer freiwilligen
Abhängigkeit zwischen zwei Personen. Die sozio-emotionalen Ziele können sich
dabei durch Typ und Grad unterscheiden. Diese Ziele variieren in der Art und der
Anzahl der bestimmten Freundschaften und sind abhängig von den Merkmalen der
Einzelnen (z.B. Alter, Geschlecht, Persönlichkeit
10
), dem Entwicklungsstadium der
Freundschaft (flüchtige versus enge Freundschaft) und den Umgebungsfaktoren
(z.B. dem bestehenden Netzwerk, den Möglichkeiten im Milieu). Darüber hinaus ist
für H
AYS
die Freundschaft ein multidimensionales Phänomen und ein dynamischer
Prozeß (vgl. ebd.: 395f). Freundschaften sind folglich komplex und unterliegen
Veränderungen. Letzterem Punkt zeigt sich auch A
LLAN
(1989) offen. Auch er ist der
Ansicht, daß die Freundschaften sich über die Zeit verändern und wandeln (vgl.
ebd.:127).
Für B
ELL
(1981) ist Freundschaft: ,,... a voluntary, close and enduring social
relationship. How enduring is difficult to answer, but it can go on for years" (S. 402).
Freundschaft ist demzufolge eine freiwillige, enge und beständige soziale Beziehung.
Die Wahl der Partner ist dabei freiwillig sowie ohne Zwang und hat eine Auswirkung
auf beide Freunde (vgl. ebd.: 403).
Nach A
UHAGEN
(1991) grenzt sich Freundschaft von romantischer Liebe durch den
Mangel an Exklusivität
11
und sexuellem Verlangen ab. Außerdem geben Freunde im
Gegensatz zum Partner nicht das Äußerste und sind seltener Fürsprecher oder
Anwalt (vgl. ebd.: 7). Die Freundschaftsentwicklung ist dabei abhängig von a) der
Häufigkeit und Intensität der Kontakte, b) dem Grad der Intimität und
Selbstoffenbarung und c) der Ähnlichkeit der Partner und ihrer Situation (vgl. ebd.:
19). Freundschaft ist für die Wissenschaftlerin folglich eine dyadische, persönliche
und informelle
12
Sozialbeziehung, die keine offiziellen Verpflichtungen hat, die auf
Gegenseitigkeit beruht, für beide einen Wert besitzt, freiwillig ist, eine zeitliche
Ausdehnung und einen positiven Charakter hat sowie keine offene Sexualität
beinhaltet (vgl. ebd.: 17). Die an dieser Sozialbeziehung beteiligten Personen werden
als Freund oder Freundin bezeichnet, die für beide unterschiedlichen Wert haben
und aus verschiedenen inhaltlichen Elementen zusammengesetzt sein kann (vgl.
A
UHAGEN
, 1993: 217). Freundschaften sind demzufolge auf verschiedene Personen
unterschiedlich ausgerichtet und können von den Freunden unterschiedlich stark
empfunden werden und darüber hinaus noch andere Wertigkeiten für die Beteiligten
haben.
10
Zur Persönlichkeit schreibt D
UCK
(1977), daß sich nicht nur die Freundschaft entwickelt, sondern
auch die Persönlichkeit sich ändern kann oder ändert (vgl. ebd.: 140).
11
Setzt man Exklusivität mit sexueller Treue gleich, zeigt sich nach B
URKART
(1997: 207) jedoch, daß
auch in Paarbeziehungen die ,,sexuelle Treue im engeren Sinn keine allgemeine Regel mehr ist ...".
12
,,Für Freundschaften existieren keine offiziellen oder amtlichen Bestätigungen oder Vorschriften vom
Gesetzgeber ..." (A
UHAGEN
, 1993: 218)

2. Der Freundschaftsbegriff
15
W
AGNER
(1991) erklärt: ,,Freundschaft ist eine Beziehung wechselseitiger starker
Zuneigung zwischen zwei Personen, die Veränderungen unterliegt und von
unterschiedlicher Dauer ist" (S. 203). Die Dauer, so schlußfolgert D
UCK
(1977), sagt
dagegen jedoch nicht zwingend etwas über die Enge einer Freundschaft aus,
sondern ist im Gegenteil sogar ein ungenaues Maß (vgl. ebd.: 144). Eine weitere
wichtige Komponente sieht W
AGNER
(1991) in der starken Zuneigung zweier
Individuen (vgl. ebd. 203). Auch für K
OLIP
(1993) sind Freundschaftsbeziehungen mit
Emotionen verbunden: Freundschaften sind bei ihr ,,freiwillige Zusammenschlüsse
zwischen Menschen beiderlei Geschlechts, die auf wechselseitiger Intimität und
emotionaler Verbundenheit begründet" sind (S. 82f).
Die Soziologin Ursula N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994) faßt Freundschaft folgendermaßen
zusammen: ,,Freundschaft ist eine auf freiwilliger Gegenseitigkeit basierende
dyadische, persönliche Beziehung zwischen nicht verwandten,
gleichgeschlechtlichen Erwachsenen in einer Zeitspanne" (S. 29). Dabei handelt es
sich bei der dyadischen Freundschaft um eine sehr persönliche Beziehung, welche
sich am Individuum orientiert und in dem Kontext der Wissenschaftlerin vor allem
eine Erwachsenenfreundschaft darstellt (vgl. ebd.: 29). Außerdem ist Freundschaft
ein dynamischer, multidimensionaler Beziehungsprozeß in der Zeit, welcher durch
ökologische, situative, biosoziale Faktoren sowie Gesellschafts-, Persönlichkeits- und
Interaktionsfaktoren und anderer sozialer Netze bestimmt wird (vgl. ebd.:137).
N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
geht in ihrer Freundschaftsdefinition davon aus, daß Freunde nicht
verwandt
13
sind. Die familiären Bindungen zu Familienmitgliedern oder Verwandten
werden ausgeschlossen, weil sie über Zuschreibung und soziale Regelungen
zustandekommen (vgl. ebd.: 25). Weiterhin können laut der Autorin familiale Dyaden
und Freundschaftsdyaden einander nicht ersetzen (vgl. ebd.: 30). A
UHAGEN
(1991)
räumt ein, daß Verwandtschaftsbeziehungen in der Freundschaftsdefinition
ausgeschlossen werden (vgl. ebd.: 22). Demgegenüber stehen die Meinungen
K
OLIP
s (1993: 83) und W
OLF
s (1996: 17), die Freundschaften zu Verwandten als
durchaus nachvollziehbar und somit für möglich halten. Dies wird z.B. durch eine
Untersuchung von A
RGYLE
& H
ENDERSON
(1986) bekräftigt, die herausfanden, daß
sieben Prozent der Freunde auch Verwandte waren (vgl. ebd.: 86). Gerade in diesem
Punkt gehen die Meinungen der Wissenschaftler auseinander. Tatsache ist, daß
Freundschaften unter Verwandten belegt wurden, diesen Freundschaften ist jedoch
die Freiwilligkeit genommen, da Verwandtschaft nicht auf Freiwilligkeit beruht. Es
wird in diesem Zusammenhang von einem doppelten Beziehungsphänomen
gesprochen. Nichtsdestotrotz werden Freundschaften, insofern es sie unter
Verwandten gibt, freiwillig geschlossen - einer Person steht es also z.B. offen, ob
13
Verwandtschaften sind ähnlich in Bezug auf die Intimität wie Freundschaften.
(http://www.geocities.com/SoHo/Lofts/5072/SozBez.htm).

2. Der Freundschaftsbegriff
16
er/sie mit seinem/ihrem Cousin engeren Kontakt als zu einem anderen pflegt.
Freiwillig ist die Freundschaft deswegen trotzdem und m.E. somit unter Verwandten
nicht von der Hand zu weisen.
Man sieht, daß Freundschaftsdefinitionen in einigen Fällen nicht allgemeingültig sind
und daraus Probleme auftreten können. Daß auch allgemeingültige Aussagen über
Freundschaft zu Problemen bei der Untersuchung führen, möchte ich kurz anhand
zweier Beispiele verdeutlichen. Zwei Personen zeichnen eine - so heißt es in vielen
Definitionen - Freundschaft aus. Folglich ist es empfehlenswert, beide Freunde zur
Untersuchung heranzuziehen, um eine Allgemeingültigkeit für Freundschaften zu
erhalten. Leider ist dies - wie auch ich feststellen mußte - nicht immer möglich, da
z.B. Freunde nicht immer im selben Ort leben müssen. Darüber hinaus ist
Freundschaft per Definition in einen dynamischen Prozeß involviert, d.h. der
Untersuchungszeitraum sollte sich möglichst nicht nur auf einen Zeitpunkt
beschränken. Da dies natürlich nicht immer möglich ist, sollte zumindest versucht
werden, Freundschaftspaare, die sich in derselben Freundschaftsphase (dazu mehr
in Kap. 3) befinden, in der Untersuchung einzubinden. Es ist jedoch schwer,
Freundespaare zu finden, die an genau derselben Stelle in der Freundschaft
angelangt sind, wie ein anderes Freundschaftspaar, da die Entwicklung bei den
Freundespaaren unterschiedlich schnell verlaufen dürfte und somit eine Orientierung
z.B. an der Dauer der Freundschaft nicht unbedingt aussagekräftig genug ist.
Ungeachtet von Differenzen in der Eingrenzung von Freundschaft, zeigt sich
zusammenfassend ein umfangreiches Freundschaftsbild. Freundschaft ist
demzufolge eine Dyade, die auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit beruht,
unabhängig (also nicht an gesellschaftliche Normen gebunden) ist und über einen
Zeitabschnitt besteht. Sie hat einen positiven Charakter und beinhaltet weder offene
Sexualität noch ist sie von Exklusivität geprägt.
In den Definitionen wurde von Freundschaft allgemein gesprochen, aber gerade im
letzten Satz finden sich Ausgangspunkte für die gegengeschlechtliche
Freundschaftsforschung, da sich offene Sexualität in der (heterosexuellen)
gleichgeschlechtlichen Freundschaft ausschließen läßt, jedoch die
gegengeschlechtliche Freundschaft - die sich aus einer Mann-Frau-Beziehung
zusammensetzt - Sexualität m.E. nach beinhalten kann. Auch muß der positive
Charakter, wie er allgemein für Freundschaften angenommen wird, m.E. in
gegengeschlechtlichen Freundschaften gesondert betrachtet werden, da hier
eventuell ebenfalls die Mann-Frau-Beziehung als negativer Effekt hineinspielen kann.

3. Freundschaftsmodelle- und theorien
17
3. Freundschaftsmodelle und -theorien
Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Freundschaft mit Hilfe von Definitionen
erklärt wurde, soll hier mit Hilfe von Theorien die Freundschaft näher betrachtet
werden. In der Literatur finden sich im Vergleich zu anderen soziologischen
Kategorien relativ wenige Theorien. Wenn Theorien auftreten, sind es vorrangig
Theorien zu persönlichen Beziehungen im allgemeinen. P
ERLMAN
& F
EHR
(1986)
meinen dazu, daß die Sozialwissenschaften nicht direkt an Freundschaftstheorien
interessiert sind (vgl. ebd.: 10). Im folgenden Abschnitt soll jedoch trotzdem der
Versuch unternommen werden, verschiedene Ansätze darzustellen. Auf die
psychologischen Ansätze, die z.B. Emotionen, Einsamkeit und optische Reize
aufgreifen, möchte ich in meiner Arbeit nicht näher eingehen, da sie soziologisch
schwer greifbar sind und daher zu weit gehen würden.
Phasenmodelle
Wie schon aufgezeigt wurde, sind Freundschaften dynamisch und durchlaufen, wie
alle persönlichen Beziehungen bestimmte Phasen. Für A
DAMS
& B
LIESZNER
(1994)
entstehen und entwickeln sich Beziehungen über die Zeit. Die Wissenschaftlerinnen
versuchen in ihrer Arbeit, Freundschaftsphasen zusammenzutragen und unterteilen
in eine dyadische Phase, eine Aufrechterhaltungsphase, eine Auflösungs- bzw.
Netzwerkphase. Die dyadische Phase ist stark geprägt vom Bekanntmachen - sie
enthält die Identifikation oder die Anziehung zu einem potentiellen Freund. Dabei
werden enge Freundschaften allmählich abhängiger von der Zuneigung als der
Häufigkeit der Kontakte. Dieser Phase folgt die Aufrechterhaltungsphase, die
entweder in eine Auflösungsphase oder eine Netzwerkphase gleiten kann (vgl.
ebd.:172f). Nach einer Kennenlernphase wird somit der Kontakt aufrechterhalten und
mündet entweder in einer Auflösungsphase, die ein Ende der Beziehung bedeutet,
oder in der Netzwerkphase, in der die Freunde zwar bekannt aber nicht mehr
befreundet sind. A
SENDORF
& B
ANSE
(2000) lassen eine Netzwerkphase außer acht
und gliedern die Freundschaft in drei Phasen: Die Entstehung, die Erhaltung und die
Auflösung - wobei die Entstehung laut den Wissenschaftlern am häufigsten
untersucht wurde (vgl. ebd. 120).
Im Gegensatz zu L
EVINGER
s (1980) Phasenmodell
14
persönlicher Beziehungen,
verzichten die zwei vorliegenden Modelle auf eine Krisenphase in Freundschaften.
Das erscheint auch sinnvoll, da Krisen in einer Freundschaft aufgrund der
14
A ­ Acquaintances: Auf die andere Person aufmerksam werden und bekanntmachen
B ­ Buildup: Aufbau der Beziehung
C ­ Continuation: Fortsetzung und Beibehaltung der Beziehung
D ­ Deterioration: Verfall und Rückgang der Beziehung
E ­ Ending: Die Beziehung wird durch eine Trennung oder durch den Tod einer Person beendet (vgl.
dazu L
ENZ
, 1998: 57f)

3. Freundschaftsmodelle- und theorien
18
Freiwilligkeit zu einer Beendigung führen dürften, die eine längerwährende
Krisenphase ausschließt. Ein weiteres Phasenmodell über den Freundschaftsprozeß
entwarf W
AGNER
(1991). Er betrachtet darin den Freundschaftsverlauf differenzierter
als die beiden zuvor aufgeführten Autorenteams. Dabei unterscheidet er in der
Entstehungsphase die psychologische und soziale Phase, wobei diese unterstützend
auf die dritte Phase wirken, um eine Freundschaft zu beginnen. W
AGNER
teilt
nunmehr in fünf Stadien einer Freundschaft auf: 1.) Vorauslaufende Bedingungen für
die Entstehung von Freundschaften (psychologischer Natur), 2.) die
Kontaktaufnahme, 3.) den Beginn (Etablierung) der Freundschaft, 4.) die
Konsolidierung und Stabilisierung von Freundschaft und 5.) die Beendigung und der
Abbruch der Freundschaft (vgl. W
AGNER
, 1991: 195ff). Es wird deutlich, daß W
AGNER
dabei großen Wert auf das Kennenlernen legt, sich das Modell jedoch im weiteren
Verlauf nicht wesentlich von den vorher beschriebenen Phasenmodellen
unterscheidet.
A
RGYLE
& H
ENDERSON
(1986) stellen eine Liste für die Freundschaft erforderlichen
Erfahrungswerten auf. Sie meinen, daß Freundschaften eine Reihe von Stadien
durchlaufen, in denen jeweils bestimmte Fertigkeiten notwendig sind. So sind zuerst
die äußere Erscheinung und das Verhalten ausschlaggebend, um sagen zu können,
welche Menschen man mag. Danach erscheint es den Autoren als wichtig, daß der
potentielle Freund den anderen zu belohnt - ihm also zeigt, daß man ihn mag.
Selbstoffenbarung beweist schließlich das Vertrauen zu dem anderen (vgl. ebd.
395f). Daraus lassen sich m.E. drei Phasen ableiten: eine emotionale Phase, in der
die Personen abwägen, ob sie miteinander in Zukunft agieren möchten, eine Phase
der Belohnung, in der Emotionen gezeigt werden und eine Phase der
Selbstoffenbarung, die auf eine Freundschaft stabilisierend wirkt. Laut Argyle &
Henderson (1986) ist gerade in der Kennenlernphase ein weiteres Kriterium von
besonderer Wichtigkeit, nämlich die Frage, wie stark das Gegenüber vom Anderen
als belohnend empfunden wird (vgl. ebd.: 95), also, ob Alter auf Ego
15
belohnend
wirkt. Unter ,,belohnend" wird dabei vom Autorenteam das positive Gefühl
verstanden, welches der/die Freund/in gibt. Der Eindruck von Gebrauchtwerden und
geistiger Anziehung wird vermittelt. Ist der Grad der Intimität größer geworden, wird
das Einzelgespräch ebenfalls als belohnend empfunden. Eine weitere Belohnung
stellen das angenehme Verhalten des anderen oder gemeinsame Aktivitäten dar
(vgl. ebd.: 96f).
Phasenmodelle sind m.E. als Ansätze für Untersuchungen, die sich mit dem Verlauf
der Freundschaft oder einer bestimmten Phase befassen, zu verstehen. Dabei
strukturieren Phasenmodelle die Beziehungsform Freundschaft. Eine Theorie, die
15
Ego ist `das Ich' und Alter (ego) ist das andere ich, auch `vertrauter Freund' genannt (vgl. K
NAURS
,
1982:32). In der Wissenschaft finden sich Alter (ego) und Ego oft bei der Beschreibung von
Beziehungszusammenhängen anhand zweier Personen.

3. Freundschaftsmodelle- und theorien
19
mehr auf die Interaktion zwischen den Freunden setzt und die Beziehung auf
Merkmale untersucht, soll nun aufgeführt werden.
Gleichgewichtstheorie - ,,equity theory"
Die Equity-Theorie ist eine Austauschtheorie - somit eine Theorie ausgleichender
Gerechtigkeit. Laut W
ALSTER
, U
TNE
& T
RAUPMAN
(1977) ist die Equity-Theorie eine
auffallend einfache Theorie, in der versucht wird, ,,die Erkenntnisse der
Verstärkungstheorie, der Theorie der kognitiven Konsistenz, der psychoanalytischen
Theorie und der Austauschtheorie zu verarbeiten" (S. 194).
Die Grundprinzipien der Gleichgewichtstheorie sind dabei, daß erstens Menschen
sich in einer Beziehung am wohlsten fühlen, wenn sie genau das bekommen, was
ihnen ihrer Meinung nach zusteht und zweitens sobald in der Beziehung entdeckt
wird, daß sie ungleichgewichtig ist, wird der Versuch folgen, das Gleichgewicht
wieder herzustellen. Dabei kommt es entweder zu a) einer tatsächlichen Herstellung
des Gleichgewichts, b) zu einem psychologischen - also angenommenen -
Gleichgewicht oder c) zu der Beendigung der Beziehung (vgl.
W
ALSTER
/U
TNE
/T
RAUPMAN
, 1977: 197f und übersetzt bei A
RGYLE
/H
ENDERSON
, 1986:
111). Mit anderen Worten, es ist für den Einzelnen wichtig, was er interaktiv investiert
(hat) und inwiefern das Erhaltene vergleichsweise fair oder ungerecht ist.
Ähnlich wurde dieser Ansatz auch schon von George C. H
OMANS
(1968: 63)
aufgegriffen: Eine Person wird, die mit einer anderen in Tauschbeziehung steht, eine
Proportionalität ihrer Belohnungen zu ihren Kosten erwarten. Das heißt, mit größer
werdenden Kosten müssen auch die Belohnungen steigen. Bei zwei interagierenden
Personen muß das Verhältnis zwischen Kosten und Belohnung also ausgeglichen
sein, sonst wird eine Person Ärger empfinden. H
OMANS
nennt das ausgeglichene
Verhältnis zweier Personen in Hinsicht auf Kosten und Belohnung das Gesetz
ausgleichender Gerechtigkeit (vgl. ebd.: 63f). Der Autor meint damit, daß das
Verhalten zweier Individuen abhängig von den Kosten und Belohnungen ist, die sie
aufbringen müssen und erhalten. H
OMANS
stellt ebenfalls fest, daß Gerechtigkeit und
Ähnlichkeit mit einem Wort, nämlich dem der Gleichheit zusammengefaßt werden
kann (vgl. ebd.: 152), die Ähnlichkeit somit mit Gerechtigkeit in Zusammenhang
steht.
Ähnlichkeit
Wie H
OMANS
(1968) schon herausstellte, ist Ähnlichkeit für Interaktionspartner
belohnend (vgl. ebd.: 87ff). Freunde, die sich also ähnlich sind, haben geringere
Kosten, als Freunde, die sich nicht ähneln. Eine Freundschaft wird demzufolge
leichter unter ähnlichen Personen zustande kommen, da die aufgewendeten Kosten -

3. Freundschaftsmodelle- und theorien
20
seien es z.B. das Verständnis oder die Achtung dem anderen gegenüber - geringer
ausfallen, als bei Personen, die sich weniger ähneln.
W
AGNER
(1991) vertritt die Auffassung, daß nur, wenn Freunde bei denselben
Variablen ähnliche oder gleiche Werte aufweisen, es theoretisch sinnvoll sei, sie als
Kennzeichen einer Freundschaftsbeziehung zu sehen. Der Wissenschaftler ist
jedoch eher gegen eine Äquivalenzannahme (vgl. ebd.: 77). D
UCK
(1977) bestärkt:
,,Jede Beziehung zwischen Persönlichkeitsähnlichkeit und Freundschaft ist also
ansatzweise vorhanden, sobald zwei Menschen einander begegnen und auf die
Eigenschaften des Anderen reagieren" (S. 146)
16
.
Eine Studie der beiden Wissenschaftler W
ILD
& F
INK
(1993) zeigt, daß
Partnerähnlichkeit sich nur schwach auf die Freundschaftswahl auswirkt, jedoch ist
für eine engere Beziehung eine höhere Ähnlichkeit bei der Ausübung sozialer und
geselliger Aktivitäten förderlich (vgl. ebd.: 283ff). Dagegen stehen einige Studien, die
eine Ähnlichkeit durchaus als wichtige Freundschaftskomponente betrachten. So
findet sich auf einer Internetseite: ,,Personen mit ähnlichen Einstellungen, Meinungen
und Werten werden mit größerer Wahrscheinlichkeit Freunde"
(
http://www.geocities.com/SoHo/Lofts/5072/SozBez.htm). Auch
für A
RGYLE
& H
ENDERSON
(1986) ist es besonders wichtig, daß zwei potentielle Freunde in gleiche Weise über
Dinge denken (vgl. ebd.: 94). W
OLF
(1996) erkennt in seiner Freundschaftsstudie
ebenfalls eine starke Tendenz zur Homophilie - also der Ähnlichkeit der Freunde - in
Freundschaften (vgl. ebd.: 53).
Die Wissenschaftlerinnen V
ALTIN
& F
ATKE
(1997) meinen, daß in unserer
Gesellschaft Freundschaft über verschiedene Altersstufen, Bildungsgrade, Religions-
und Geschlechtszugehörigkeit, soziale Herkünfte und geographische Nähe bzw.
Ferne hinweg gebildet werden kann. Sie wird jedoch zum größten Teil durch eine
strukturelle Ähnlichkeit der Freunde/innen hinsichtlich der genannten Faktoren
bestimmt (vgl. ebd.: 30). Auch D
IEWALD
(1991) glaubt, daß das Entstehen einer
Freundschaft durch gegenseitige Neigung, Sympathie, Ähnlichkeit, einen
gemeinsamen Lebensstil und gemeinsame Interessen sowie ein ähnliches Alter
gefördert wird (vgl. ebd.: 109) und reiht sich somit in die große Zahl der
Wissenschaftler ein, die Ähnlichkeit als ein wichtiges Kriterium für ein Freundschaft
erachten. Ähnlichkeit, so muß man an dieser Stelle zusammenfassen, fördert folglich
die Freundschaft.
16
Die Übersetzung wurde von Wolfgang S
TRÖBE
durchgeführt.

4. Funktionen von Freundschaft
21
4. Funktionen von Freundschaft
Nachdem die Freundschaft definiert und theoretische Ansätze dargestellt wurden,
soll nun auf die Funktionen einer Freundschaft eingegangen werden. Der Leser wird
feststellen, daß auch die Funktionen etwas über eine Freundschaft aussagen. Die
Funktionen sind dabei nicht nur als Aufgaben für die jeweiligen Freunde zu
verstehen, sondern sie vermitteln auch, worauf eine Freundschaft beruht. Dabei ist
es wichtig zu betonen, daß kaum eine Freundschaft alle Funktionen übernehmen
kann. Schon Georg S
IMMEL
(1983; orig. 1908) spricht von differenzierten
Freundschaften (vgl. ebd.: 269), also Freundschaften, die sich auf einen Teil der
Persönlichkeit beschränken und nicht in andere Teile hineinreichen. Anders
formuliert, keine Freundschaft gleicht in ihren Funktionen haargenau der anderen. So
verbindet uns nach S
IMMEL
: ,,... mit einem Menschen von der Seite des Gemütes, mit
einem andern von der geistigen Gemeinsamkeit her, mit einem Dritten um religiöser
Impulse willen, mit einem vierten durch gemeinsame Erlebnisse" (S. 269). Ein Freund
deckt folglich andere Aufgabenbereiche ab als ein anderer. Dadurch, so
schlußfolgert H
AYS
(1988), weicht der Grad - in welchem sich die Freunde
untereinander helfen und unterstützen - sehr ab und ist abhängig von den
Merkmalen der Einzelnen und von dem Niveau der Freundschaft (vgl. ebd.: 395).
Robert H
INDE
(1993) bezieht sich in seinem Essay auf die Beziehungswissenschaft
im allgemeinen und stellt dabei heraus, daß einige Personen viele unterschiedliche
Dinge gemeinsam machen (multiplexe Beziehungen), andere Personen wiederum
nur für eine Aktivität zusammenkommen (uniplexe Beziehungen) (vgl. ebd.: 15). Da
auch die Freundschaft eine soziale Beziehung ist, wird hier ein Qualitätsmerkmal für
Freundschaft sichtbar. Folglich haben in multiplexen Beziehungen die
Beziehungspartner mehrere Aufgabenfelder. Daraus läßt sich schließen, daß mit
diesen Beziehungspartnern auch mehr Zeit verbracht wird.
Um mit N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
s (1993) Worten zu sprechen: ,,Ein Freund ist in
verschiedenerlei Hinsicht für Erwachsene bedeutsam: In pragmatischer, sozialer,
personaler und emotionaler. Er ist nicht nur unverbindlicher Begleiter, sondern sollte
neben konkreter Unterstützung seelisch-moralischen Beistand leisten, vor Alleinsein
schützen und sozialen Rückhalt bieten" (S. 24). Die Autorin betont in diesem
Zusammenhang das Vorhandensein unterschiedlicher interpersonaler Funktionen in
Freundschaften, die über alle Lebensalter und Freundschaftsphasen eine Rolle
spielen: Die emotionale, kognitive und materielle Unterstützung (vgl. ebd.: 115).
A
LLAN
(1989) greift das Sprichwort ,,A friend in need is a friend indeed" (S. 104) auf
und hebt hervor, daß Freundschaft eine altruistische Beziehung ist, die auf einer
andauernden Verbindlichkeit zu des anderen Wohles basiert (vgl. ebd.: 104).

4. Funktionen von Freundschaft
22
Darüber hinaus versorgen sich Freunde untereinander mit Hilfe und Unterstützung in
einer Zeit von Sorgen und Krisen (vgl. ebd.: 126).
A
RGYLE
H
ENDERSON
(1986) erklären, daß junge Leute von Freunden erwarten, daß
sie unterhaltsam sind, von älteren Menschen wird hingegen erwartet, daß sie nützlich
und hilfreich sind (vgl. ebd.: 85). Wie die Wissenschaftler des weiteren bekräftigen,
liegt bei Freunden das Schwergewicht auf Nichtstun, Essen, Trinken und
Gesprächen (vgl. ebd.: 99)
17
. Dennoch versuchen junge Menschen zwischen
Adoleszenz und Heirat innerhalb ihrer Möglichkeiten zu helfen (vgl. ebd.: 109).
Die Autoren V
ALTIN
F
ATKE
(1997) kommentieren auf Grundlage einer Arbeit
S
ELMAN
s drei Funktionen von Freundschaft: 1.) Geselligkeit und Austausch
(gemeinsame Aktivitäten, Gespräche), 2.) Beistand (Hilfe) und Unterstützung
(emotionaler Beistand, praktische Hilfe) und 3.) Bestätigung und Sicherung der
Individualität (Selbstverwirklichung) (Selbst-Sein-Können, Entwicklung und Lernen,
Sicherheit) (vgl. ebd.: 46ff). Ebenso schützt Freundschaft vor Gefühlen sozialer
Isolierung, sozialer Marginalität und Langeweile. Sie stärkt des weiteren das
Selbstwertgefühl der Freunde und unterstützt ein positives Lebensgefühl (vgl.
D
IEWALD
, 1991: 110). Auch F
EHR
(1996: 5) erklärt, daß Freunde verschiedene Arten
von Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stellen und kognitive Bedürfnisse erfüllen.
Für N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994: 120) sind Freunde und Cliquen außerdem eine wichtige
Stütze zwischen Identitätsaufbau und Identitätsdiffusion. Darüber hinaus sind
Freunde ein Teil des sozialen Netzwerkes und unterstützen das Wohlbefinden des
Einzelnen. Laut N
ESTMANN
(1988: 127) engagieren sich Freunde und Bekannte
demnach in gemeinsamen gesundheitsfördernden Freizeitaktivitäten, aber erörtern
auch innerfamiliale Konflikte (vgl. ebd.: 127).
L
AIREITER
B
AUMANN
(1993) fanden in ihrer Untersuchung heraus, daß Stichpunkte
wie ,dem anderen vertrauen', ,von dem anderen Informationen erhalten', ,sich Geld
borgen' und ,Hilfe bei der Arbeit erhalten' positiv bei Freunden korrelieren (vgl. ebd.:
47) und somit ebenfalls als Funktionen betrachtet werden können.
Für Kinder und Jugendliche begründen sich Freundschaften durch wechselseitiges
Verstehen auf der Basis gemeinsamer Problemlagen, gemeinsamer Interessen an
bestimmten Tätigkeiten, das Vorhandensein möglicher Gelegenheiten und durch
nicht weiter begründbare besondere Sympathie (vgl. A
CHENBACH
/F
URTNER
-
K
ALLMÜNZER
1988: 152ff). Die Funktionen in Kinderfreundschaften, die sich daraus
ableiten, sind gemeinsames Spielen und Problemlösung. Im Jugendalter
(Adoleszenz), so schreibt K
OLIP
(1993), bestehen enge Freundschaften zu (meist
gleichgeschlechtlichen) Mitgliedern der Gleichaltrigengruppe, die den Austausch von
Geheimnissen und das Besprechen von Problemen ermöglichen (S. 79f).
17
Die Dimension Lachen ist für B
ELL
(1981) in dieser Hinsicht besonders wichtig, da sie Vertrauen
vermittelt und man mit dem anderen entspannen kann und eine schöne Zeit verbringt (vgl. ebd.: 403).

4. Funktionen von Freundschaft
23
Freundschaften in der Adoleszenz dienen somit zu Beginn des
Abnabelungsprozesses vom Elternhaus zur Orientierung an Gleichaltrigen. Wie
K
OLIP
weiterhin meint, kommt es aufgrund körperlicher Veränderungen und durch
Überflutung mit neuen Impulsen zu einem Identitätsverlust, der mit Hilfe
Gleichaltriger reguliert werden kann (vgl. ebd.: 75). A
RGYLE
H
ENDERSON
(1986)
gehen davon aus, daß die Heranwachsenden sich Freunde suchen, die sie
bewundern bzw. ihrem Selbst-Ideal ähnlich sind (vgl. ebd.: 103). Anders
ausgedrückt, Freunde suchen sich Freunde, die durch ihren ,gehobenen' Status
belohnend auf das Individuum wirken und/oder sich ähneln. K
ON
(1971) geht sogar
soweit zu sagen, daß in der Jugend der Freund im buchstäblichen Sinne das Alter
ego - das andere Ich - wird (vgl. ebd.: 244).
Auch - um dies vorwegzunehmen - in der gegengeschlechtlichen Freundschaft
kristallisieren sich spezielle Funktionen heraus. So sehen K
APLAN
K
EYS
(1997) in
der gemischtgeschlechtlichen Freundschaft eine Möglichkeit, die Häufigkeit von
Schwangerschaften in Teenagerjahren zu reduzieren, da sie in dieser Zeit den
Umgang mit dem anderen Geschlecht ohne sexuellen Einbezug lernen (vgl. ebd.:
192). H
AYS
(1988) vertritt zusätzlich die Auffassung, daß die Freundschaft zwischen
Männern und Frauen ein großer Beitrag zum Verständnis zwischen den
Geschlechtern zugeschrieben werden kann (vgl. ebd.: 404). Dies erklärt sich aus der
Tatsache, daß Männer und Frauen durch Gespräche miteinander Einblick in die
Gedankenwelt des anderen Geschlechts erhalten.
Abschließend läßt sich vermerken, daß Freundschaft in erster Linie dem
Wohlbefinden der Freunde dient und somit sich, wie es in Kapitel 2.2.1 schon
diskutiert wurde, vor allem positiv auswirkt. Dazu gehört, daß die Freunde sich sozial
unterstützen, gegenseitig füreinander da sind und sich gegenseitig im Wert
bestätigen. Keine dieser Funktionen ist jedoch ausschließlich bei der Freundschaft
wiederzufinden. Lediglich in der Jugend finden sich Ansätze dafür, daß
Freundschaften eine, wenn nicht sogar die wichtigste Rolle von den
Beziehungsformen übernehmen. Dabei dienen die Freundschaften in erster Linie zur
Identitätsfindung und zur Problembewältigung. Die wichtigste Funktion im jungen
Erwachsenenalter ist vor allem das Bereitstellen eines positiven Lebensgefühls durch
den Austausch von Geselligkeit und Spaß und das Bereitstellen von Hilfe bei
Problemen. Bei älteren Menschen soll die Freundschaft hingegen nützlich und
hilfreich sein.

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
24
5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
Ungeachtet der Freundschaftsdefinitionen und -theorien ist auch interessant, die
verschiedenen Typen von Freundschaften herauszustellen. F
EHR
(1996) trägt die
Typen von Freundschaften zusammen: Gleich- und gegengeschlechtliche
Freundschaften, Männer- und Frauenfreundschaften, Kinderfreundschaften und
Seniorenfreundschaften (vgl. ebd.: 18). Die Autorin meint, daß Freundschaften in
Typen mit vielen Ansatzpunkten aufgeteilt sind, welche die demographischen
Merkmale, den sozialen Kontext, in welchem die Freundschaft stattfindet und die
Geschlossenheit der Verbindung umfassen (vgl. ebd.: 20).
Ein weiterer Schritt, um sich der gegengeschlechtlichen Freundschaft zu nähern,
muß deshalb darin bestehen, zuvor die gleichgeschlechtliche Freundschaft näher zu
betrachten. Dies erscheint mir sinnvoll, da die Freundschaftsforschung gerade diesen
Freundschaftstyp schon häufiger betrachtet hat und so zur Orientierung dienen kann.
Für die Arbeit ist darüber hinaus wichtig, inwiefern sich Männerfreundschaften von
Frauenfreundschaften unterscheiden bzw. wie sich Männer und Frauen in ihren
gleichgeschlechtlichen Freundschaften verhalten, um ggf. Unterschiede zu
gegengeschlechtlichen Freundschaften auffinden zu können.
Im antiken Griechenland verstand man unter Freundschaft nur das Verhältnis
zwischen Männern (vgl.
http://home.wtal.de/WUW/titelseite.html
). Entsprechend ihrem
Rang waren Frauen keine gesellschaftlich anerkannten Individuen und somit auch zu
Freundschaften nicht fähig bzw. wurden nicht in die Betrachtungsweisen einbezogen.
Das hat sich bis in unsere Tage hinein grundlegend geändert und Frauen werden
heute als gleichberechtigtes Individuum betrachtet.
Gerade ab dem 20. Jahrhundert befaßten sich relativ viele Arbeiten mit den
Unterschieden zwischen den Geschlechtern in gleichgeschlechtlichen
Freundschaften (z.B. W
INSTEAD
, 1986; H
ENDRICK
, 1988; S
HERROD
, 1989,
D
UCK
/W
RIGHT
, 1993; F
EHR
, 1996; B
URLESON
et al., 1996; H
USSONG
, 2000).
Um möglichst keine Gedanken außer acht zu lassen, orientiert sich die Arbeit an der
sinnvollen Aufteilung Beverly F
EHR
s (1996). Die Wissenschaftlerin untergliedert ihren
sehr ausführlichen Aufsatz dabei in Themenkomplexe, in denen
Geschlechtsunterschiede auftreten können: Die gemeinsam verbrachte Zeit,
Aktivitäten, Gesprächsthemen, soziale Unterstützung, Freundschaftsqualität, Liebe
und Zuneigung, Nähe und Intimität sowie Geschlechtsrollenunterschiede (vgl. ebd.:
114ff). Diese Themenkomplexe habe ich versucht, sinnvoll zusammenzufassen und
sollen nun näher betrachtet werden.

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
25
5.1. Gemeinsam verbrachte Zeit, Aktivitäten und Gesprächsthemen
In Kapitel 4 wurde festgestellt, daß der Austausch von Problemen und das
gemeinsame Miteinander Funktionen einer Freundschaft darstellen. Wie verhält es
sich aber, wenn man zwischen den Geschlechtern unterscheidet? Zeigen sich
zwischen Männern und Frauen Unterschiede in den einzelnen Funktionen der
Freundschaft oder sind die Funktionen bei beiden Geschlechtern gleich?
F
EHR
(1996) vertritt die Auffassung, daß sich Frauenfreundschaften nicht im hohen
Maße von den Männerfreundschaften unterscheiden. Ein Unterschied, den sie
jedoch fand war, daß Frauen mehr Zeit für ihre Freund/innen aufbrachten, dies
insbesondere in Form von Telefonaten (vgl. ebd.: 115). Telefonate stellen eine Art
der Kommunikation dar, die Gespräche auch über Entfernung ermöglichen. Bedient
man sich dem Klischee, daß Männer nicht so gern telefonieren wie Frauen, ergibt
sich daraus eventuell eine Bestätigung, daß Frauen eher kommunizieren und Männer
eher ,reagieren'. Auch A
RGYLE
H
ENDERSON
(1986) betonen, daß für Frauen vor
allem Gespräche in der Freundschaft wichtig sind. Sie befassen sich innerhalb der
Freundschaft mit sich selbst, darüber hinaus herrscht ein hohes Maß an Offenheit,
mit dem persönliche Probleme besprochen werden. Männer befassen sich dagegen
häufiger mit Gesprächen über Drittes oder unternehmen etwas zusammen. Sie
gehen also eher gemeinsamen Freizeitbeschäftigungen nach (vgl. ebd.: 99f). Auf den
Punkt brachte es W
RIGHT
(1982), der schlußfolgert, daß Frauen ihre Freundschaft
eher ,,face-to-face" und Männer eher ,,side-by-side" leben (vgl. ebd.: 8). Männer teilen
folglich Aktivitäten miteinander, die eher nach außen gerichtet sind. Frauen sind
dagegen mehr auf sich selbst und ihre Gesprächspartnerin orientiert, sind somit mehr
nach innen gerichtet.
P
ARKER
D
E
V
RIES
(1993: 623) kommen zu dem Ergebnis, daß für Männer das Alter
des Freundes, das Teilen von Aktivitäten und Kontrolle eine signifikant größere
Bedeutung als für Frauen haben. Sie bekräftigen damit den Unterschied zwischen
den Geschlechtern. B
ELL
(1981) meint: ,,... men are often outward oriented they tend
to construct roles about behavior" (S. 404). Der Mann sieht einen anderen Mann als
einen Rechtsanwalt, einen Konkurrenten im Tennis, als Kollegen oder als ,Trink-
Kumpan'. In diesem Sinne begreifen viele Männer die Frauen (auch heute noch)
nicht als volles menschliches Wesen. Wenn es jedoch darum geht, emotionale Dinge
auszutauschen, so B
ELL
, ziehen sie Frauen vor (vgl. ebd.: 404f). Auch D
UCK
W
RIGHT
(1993) tragen ähnliche Ansichten zusammen: ,,Perhaps the ,friendship talk'
of women centers on topics like how to get along with significant others whereas that
of man centers on topics like where to get the best deal on aluminium siding" (S.
718). Es zeigt sich, daß Männer rationaler und Frauen emotionaler in ihren
Gesprächsthemen sind. Indem verweist S
HERROD
(1989) auf den ,typischen' Mann

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
26
und die ,typische' Frau. Er hebt jedoch auch hervor, daß Männer und Frauen die
gleichen Charaktere beim besten Freund wünschen: Vertraulichkeit (Intimität),
Anerkennung, Vertrauen und Unterstützung (vgl. ebd.: 167). Die Ergebnisse von
B
URLESON
et al. (1996) zeigen darüber hinaus, daß es ein hohes Maß an Ähnlichkeit
in der Mitteilungsfähigkeit zwischen Männern und Frauen gibt, ungeachtet der
Tatsache, daß die Männer sachlich und Frauen gefühlsbetont orientiert sind (vgl.
ebd.: 218). Ähnlichkeiten scheinen also vorhanden, auch wenn den Unterschieden
mehr Bedeutung beigemessen wird. Zu diesem Ergebnis kommt auch H
ENDRICK
(1988). Er beschreibt zwar ebenfalls den Unterschied in den Aktivitäten zwischen
Männern und Frauen, zeigt aber auch auf, warum dieser Unterschied so ,bedeutend'
ist. Dies, so schlußfolgert er, wäre darauf zurückzuführen, daß Menschen
Ähnlichkeiten als nicht problematisch erachten, während die Unterschiede eine
Erläuterung nach sich ziehen (vgl. ebd.: 444ff). Mit den Worten der Medien
ausgedrückt: ,,Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht", und nur diese
bedarf einer Erläuterung.
Das Ergebnis, daß Frauen mehr über persönliche Probleme und Gefühle reden als
Männer, sollte jedoch laut F
EHR
(1996: 123f) nicht den Schluß zulassen, daß Frauen
nur über solche Dinge sprechen. Ebenso sollten den Männern Gespräche über
Persönliches und Beziehungen zugestanden werden. Barbara W
INSTEAD
(1986) geht
von der Möglichkeit aus, daß Vertraulichkeiten besprochen, aber unterschiedliche
Aspekte in den Gesprächen gefunden werden, die auffällig sind und im Gedächtnis
bleiben. Als weiteren Aspekt räumt sie ein, daß Männer widerstrebender als Frauen
persönliche und vertrauliche/intime Elemente von ihren gegengeschlechtlichen
Freundschaften berichten (vgl. ebd.: 85).
Zusammenfassend kann man sagen, daß die Unterschiede zwar viel besprochen
werden, sie aber nicht immer so signifikant sind, wie man es allgemein annimmt.
Wenn sich Frauen und Männer unterscheiden, dann in den Gesprächsthemen und
den Aktivitäten. Frauen sind emotionaler ausgerichtet und bevorzugen eher ein
Gespräch, Männer sind dagegen rationaler ausgerichtet und unternehmen mehr
miteinander. Ihre Gesprächsthemen richten sich dabei eher auf Drittes als auf
persönliches, wie es Frauen tun. Daraus kann man schlußfolgern, daß
Freundschaften zu Frauen folglich eher für Gespräche genutzt, Freundschaften zu
Männern dagegen eher bei Unternehmungen aufgesucht werden. Diese Überlegung
ist jedoch nicht bewiesen und steht deshalb für weitere Untersuchungen an anderer
Stelle zur Diskussion.

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
27
5.2. Soziale Unterstützung
Ein weiterer Aspekt, den es zu betrachten gilt, ist die soziale Unterstützung
18
von
Männern und Frauen. Dabei zeigt sich generell, daß Frauen mehr soziale
Unterstützung als Männer geben (vgl. F
EHR
, 1996: 127 und N
ESTMANN
, 1996: 229ff).
Wie verhält es sich jedoch speziell in Freundschaften? Zeigen sich in der sozialen
Unterstützung in Freundschaften Unterschiede zwischen den Geschlechtern?
W
INSTEAD
(1986) weist darauf hin, daß Frauen in ihren gleichgeschlechtlichen
Freundschaften in stressigen Situationen mehr emotional unterstützend wirken als
Männer (vgl. ebd.: 83). D
UCK
W
RIGHT
(1993) zeigen in ihrer Studie jedoch
Ähnlichkeiten zwischen Männern und Frauen auf: So stimmen beide in der
Anteilnahme, Hilfe, Unterstützung und anderen sogenannten sozio-emotionalen
Aspekten in ihren Freundschaften überein. Trotzdem ist es bei Frauen
wahrscheinlicher als bei Männern, daß sie diese sozio-emotionalen Aspekte direkt
und offen zeigen. Die Autoren fragen sich, warum in anderen Studien der
Unterschied so viel größer ist und glauben, daß die Lösung in der begrenzten
Sichtweise auf die Bedeutung von Vertrauen und Anteilnahme liegt (vgl. ebd.: 725).
Frauen zeigen folglich ihre Anteilnahme offener als Männer, was zu dem Schluß
führt, daß Frauen auch mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Männer, die ihre
Unterstützung nicht nach außen hin erkennen lassen, wirken dadurch eventuell
weniger unterstützend. Trotzdem zeigte sich auch bei B
UHRKE
F
UQUA
(1987), daß,
wenn Frauen und Männer unter Streß standen, sie vor allem weibliche Unterstützung
aufsuchten. Als Erklärung liefern die beiden Autoren, daß Frauen dazu erzogen
wurden, fürsorglich und anteilnehmend zu sein und daß es bei Frauen eher
gesellschaftlich akzeptiert ist als bei Männern, sich unterstützend zu nähern.
Weiterhin könnten Männer und Frauen gelernt haben, daß Frauen in ihrer
angelernten Rolle der Fürsorgerin wahrscheinlicher unterstützend sind als Männer
(vgl. ebd.: 348f). Darüber hinaus federn Frauen, laut S
HERROD
(1989: 173), Streß ab
und reduzieren zudem noch Depressionen.
Es wurde festgestellt, daß Frauen in ihren Freundschaften unterstützender wirken als
Männer. Dabei ist jedoch zu beachten, daß Frauen in der Regel unterstützender sind
als Männer und sich dieser Unterschied nicht nur auf Freundschaften beschränkt.
18
Für soziale Unterstützung nennt D
IEWALD
(1991) z.B. die Alltags-Interaktion, die Status-Vermittlung
oder die Geselligkeit. Der Autor weist jedoch auch darauf hin, daß nicht alle Formen sozialer
Unterstützung faßbar sind (vgl. ebd.: 100). Unter sozialer Unterstützung verstehe ich somit
Interaktionen des sozialen Umfeldes, die zum Wohlbefinden des Individuums beitragen.

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
28
5.3. Freundschaftsqualität
Nachdem die Geschlechtsunterschiede in der sozialen Unterstützung aufgezeigt
wurden, bietet sich ein Vergleich der Freundschaftsqualität in den Freundschaften
an, da m.E. die soziale Unterstützung etwas über die Qualität einer Freundschaft
aussagt. Die Freundschaftsqualität ist dabei ein wichtiges Kriterium, um z.B. enge
von losen Freundschaften unterscheiden zu können. Außerdem hilft die Qualität dem
Forscher zu erkennen, in welche Phase er die Freundschaft einordnen muß und mit
welchen Freundschaften er sie vergleichen darf. Dabei setzt sich die
Freundschaftsqualität bei V
ALTIN
F
ATKE
(1997: 182) aus den Konstrukten Intimität,
Emotionalität und personale Selbstentfaltung zusammen.
Zeigen sich in der Literatur Unterschiede zwischen Männer- und
Frauenfreundschaften? Diese Frage kann, um es vorwegzunehmen, mit Ja
beantwortet werden. A
RGYLE
H
ENDERSON
(1986) kommen zu dem Ergebnis, daß
Frauen mehr engere Freunde haben als Männer. Eifersucht auf Dritte ist für Männer
dagegen ein geringeres Problem als für Frauen (vgl. ebd.: 99f). Da Eifersucht vor
allem in Beziehungen auftritt, in der die Partner Exklusivität voraussetzen bzw. eine
enge Bindung anstreben, wird das Ergebnis der engeren Freundschaft bei Frauen
untermauert. L
ENZ
(1998) weist jedoch darauf hin, daß die Freundschaftsqualität
nicht beeinträchtigt werden muß, wenn ein Individuum parallel mit mehr als einer
Person befreundet ist (vgl. ebd.: 47). Daraus folgt, daß Frauen, wie es auch schon
festgestellt wurde, gefühlsbetonter auf ihre Freundschaften reagieren. In der
Untersuchung S
APADIN
s (1988: 393) wurde einmal mehr eine deutlich höhere
Freundschaftsqualität bei jungen unverheirateten Frauen
19
ermittelt als bei
unverheirateten Männern. B
UHRKE
F
UQUA
(1987: 339) erhielten ein ähnliches
Ergebnis: Frauen waren in ihren gleichgeschlechtlichen Beziehungen zufriedener mit
dem Gleichgewicht, mit der Aufnahme und der Geschlossenheit als die Männer.
Gerade letzteres deutet darauf hin, daß die Freundschaften der Frauen enger sind
und damit eine höhere Qualität aufweisen. Auch A
UHAGEN
(1991: 106) fand in ihrer
Tagebuch-Untersuchung Unterschiede zwischen Männer- und
Frauenfreundschaften. So zeigten sich Frauenfreundschaften intensiver und
vielfältiger. Frauen unterstützten sich darüber hinaus häufiger als Männer in ihren
Freundschaften (vgl. ebd.: 106). P
ARKER
D
E
V
RIES
(1993: 622) fügen hinzu, daß
Freundschaften mit Frauen durch größere Reziprozität charakterisiert sind. Frauen
sind somit in engere Freundschaften involviert als Männer. In den Untersuchungen
zeigt sich nicht nur, daß Frauen intensivere Freundschaften führen, es wird auch von
den Befragten als solches wahrgenommen. In der Untersuchung von D
UCK
W
RIGHT
19
Frauen: M = 6.17 auf einer 7-Punkt-Skala; Männer: M = 4.55 (M sind die Mittelwerte in der
Untersuchungseinheit)

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
29
(1993) sprachen mehr Frauen als Männer positiv über ihre gleichgeschlechtliche
Freundschaft. Dabei investieren Frauen mehr in ihre Freundschaft und erhalten
reziprok dazu mehr interpersonelle Belohnungen. Außerdem tendieren
Frauenfreundschaften dazu, emotionaler zu sein als Männerfreundschaften, das sei
aber laut der Autoren kein Anzeichen dafür, daß Männer weniger hilfreich seien (vgl.
ebd.: 723f). Es wird also deutlich, daß Frauen, da sie emotionaler sind, auch
eifersüchtiger sein können. Frauen mit hoher emotionaler Ausprägung sind daher, so
läßt sich vermuten, intensiver in ihre Freundschaften involviert als es die weniger
emotionalen Männer sind.
Da die Freundschaftsqualität sich jedoch nicht nur aus der Geschlossenheit der
Freunde ergibt, müssen die weiteren Kriterien ebenfalls betrachtet werden. Eng
verbunden mit der Freundschaftsqualität ist deshalb auch die Liebe, Zuneigung und
Intimität der Freunde untereinander. Wie schon angedeutet wurde, sind Frauen
gefühlsbetonter und liebevoller in ihren Freundschaften als Männer (vgl. F
EHR
, 1996:
131).
Einige Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, daß Frauen offener sind als
Männer (vgl. Buhrke/Fuqua, 1987
20
: 351; A
RIES
/J
OHNSON
, 1983: 1193f; B
ELL
, 1981:
417). In diesem Zusammenhang legten in S
APADIN
s (1988) jedoch mehr Männer als
Frauen Wert auf Intimität, Spaß und Fürsorglichkeit in ihren gegengeschlechtlichen
Freundschaften - diese Ergebnisse waren jedoch nur für die Fürsorglichkeit
signifikant. Dem gegenüber steht die hohe Wertigkeit der gleichgeschlechtlichen
Freundschaften für die Frauen, die noch die Wertigkeit der gegengeschlechtlichen
Freundschaft der Männer übertraf (vgl. ebd.: 394).
Dessenungeachtet geht Beverly F
EHR
(1996) der Streitfrage nach, ob
Frauenfreundschaften wirklich intimer als Männerfreundschaften sind. Sie kommt
dabei auf folgende Ergebnisse:
a) Männer sind ebenso intim wie Frauen, aber nur in ihren engsten Freundschaften.
b) Männer sind ebenso intim wie Frauen, sie mögen nur nicht diesen Begriff.
c) Männer scheinen weniger intim und zwar nur, weil Intimität als eine weibliche
Verhaltensweise definiert ist.
d) Männer sind einfach weniger intim, ungeachtet der Definition.
e) Männer und Frauen haben dieselbe Definition, aber verschiedene Schwellen für
Intimität.
f) Männer sind weniger intim, aber sie mögen diesen Zustand/Verhaltensweise.
g) Männer können ebenso intim sein wie Frauen, aber sie ziehen es einfach vor, es
nicht zu sein (vgl. ebd.: 134ff).
20
B
UHRKE
F
UQUA
(1987) gehen in ihrer Studie jedoch auf Beziehungen im Allgemeinen ein, also
nicht speziell auf die Freundschaft.

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
30
Männer können also genau so intim werden wie Frauen, wollen es aber anscheinend
nicht der Öffentlichkeit zeigen oder möchten es einfach nicht sein. Zu einem
ähnlichen Ergebnis kommt auch H
ESSE
in seiner Meta-Analyse. Er kommt zu dem
Schluß, daß die Selbstoffenbarung der Frau zum Mann nicht größer ist als die von
Mann zu Mann. Trotzdem scheinen sich Frauen gegenüber Männern mehr zu öffnen
als Männer gegenüber Frauen. H
ESSE
kommt abschließend jedoch zu dem Ergebnis,
daß die Unterschiede in der Selbstoffenbarung nicht so groß sind, wie von
Theoretikern und Forschern angedeutet wird. (vgl.:
http://www.hausarbeiten.de/rd/archiv/germanistik/germ-litsalon.shtml
). Auch das Forscherteam
A
RIES
J
OHNSON
(1983) zieht die Konsequenz, daß Männer durchaus enge Freunde
haben und diesen Persönliches anvertrauen können - die Häufigkeit und Tiefe, mit
der sie sich anderen Männern mitteilen, jedoch dem Druck der Geschlechterrolle
unterliegt und dies einschränkt (vgl. ebd.: 1193).
Abschließend läßt sich sagen, daß Frauen zwar engere und intimere Freundschaften
als Männer haben, jedoch die Männer ebenfalls zu solchen engen und intimen
Freundschaften fähig sind. Es läßt sich vermuten, daß Männer, wenn sie Intimitäten
zeigen, eventuell einer ,gesellschaftlichen Ächtung' unterliegen, weil sie ihrer
Geschlechterrolle nicht mehr gerecht werden. Intimitäten in gegengeschlechtlichen
Freundschaften sind dadurch, so ist zu vermuten, für Männer weniger ,bestrafend',
da sie sich von ihrer Rolle als Mann weniger entfernen, als bei gleichgeschlechtlichen
Freundschaften.
5.4. Geschlechtsrollenunterschiede
Die im letzten Abschnitt begonnene Überlegung möchte ich an dieser Stelle wieder
aufgreifen. Es kann angenommen werden, daß es Rollenunterschiede zwischen den
Geschlechtern auftreten, die das Verhalten in der Freundschaft beeinflussen.
F
EHR
(1996: 154) glaubt, daß Mann und Frau Schwierigkeiten haben können,
Freunde zu werden, weil ungenügende Möglichkeiten für eine Verbindung,
insbesondere in dem Kontext der Gleichheit existieren. Anders formuliert, das
Rollenverständnis kann Mann und Frau daran hindern, eine gerechte Freundschaft
zu führen, was wiederum zu einer Beendigung der Beziehung führen kann (vgl. Kap.
3, Gleichgewichtstheorie).
Auch W
RIGHT
(1982) kommt zu dem Schluß, daß sich Männer- und
Frauenfreundschaften in den traditionellen Geschlechterrollen und den
Sozialisierungsvorlagen unterscheiden, da die Frauen als gefühlsbetont und sozio-
emotional und die Männer als rational und pflichtorientiert betrachtet werden (vgl.

5. Männerfreundschaft vs. Frauenfreundschaft - Männer vs. Frauen
31
ebd.: 19). Dies wird auch durch die von G
OFFMAN
(1994) aufgestellte Auffassung,
daß das Geschlecht als Grundlage eines zentralen Codes bezeichnet wird,
unterstützt. Sonach prägt dieser Code ,,auch die Vorstellungen des Einzelnen von
ihrer grundlegenden menschlichen Natur" (S. 105). Die Soziologin N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994: 126) vertritt gleichfalls die Auffassung, daß Geschlechtsunterschiede nicht nur
kulturell, sondern eventuell auch biologisch bedingt sein können. Die
Geschlechterrolle ist damit nicht nur prägend für das Individuum selbst, sondern auch
für das Zusammensein mit einem anderen Individuum. Das heißt, die
Geschlechterrolle ist in Mann und Frau verhaftet und zieht dadurch einen
Unterschied zwischen den Geschlechtern, unabhängig von der Freundschaft, nach
sich. Die Freundschaft ist somit von der Geschlechterrolle geprägt, nicht jedoch die
Geschlechterrolle von der Freundschaft. Wenn also ein Unterschied im Geschlecht
auftritt, kann dieser folglich von der sozio-biologisch oder gesellschaftlich geprägten
Geschlechterrolle kommen. Lassen sich keine Geschlechtsrollenunterschiede finden,
so ist zu vermuten, daß auch keine Geschlechtsunterschiede in der Freundschaft
auftreten.
Ungeachtet der Tatsache existierender Unterschiede haben laut F
EHR
(1996),
androgyne
21
Frauen und [gynandrische
22
, Anm. d. Verf.] Männer generell offene,
vertrauliche und zufriedene Freundschaften (vgl. F
EHR
, 1996: 153). Es ist zu
vermuten, daß diese Menschen auch gegengeschlechtliche Freundschaften leichter
eingehen können, da sie dem anderen Geschlecht ähnlicher sind.
W
RIGHT
(1982) betont: ,,However, when differences were found, they were seldom
extremly large or glaringly obvious and thus provide no sound basis for predicting the
character of the friendship of any particular pair of men or women" (S. 1). Darüber
hinaus geht er davon aus, daß sich mit größer werdender Festigkeit/Stabilität und
Dauer der Freundschaft sich die Geschlechtsunterschiede in bestimmten Fällen
verringern werden (vgl. ebd.: 19). Unterschiede zwischen Männern und Frauen in
ihren Freundschaften sind folglich nicht so entscheidend, wie sie immer dargestellt
werden. Wenn Unterschiede auftreten, sind diese auf die Persönlichkeit und das
Geschlechterrollenverhalten der Individuen zurückzuführen und mit einiger
Wahrscheinlichkeit auch biologischer Natur.
21
Androgynie bezieht sich im biologischen Sinne auf das Vorhandensein männlicher
Geschlechtsmerkmale bei Frauen (vgl. K
NAURS
Fremdwörterbuch, 1982: 36). In meiner Arbeit wird er
als Begriff für das Vorhandensein männlicher Geschlechtsrollenmerkmale bei Frauen verstanden.
22
Gynandrie ist das Gegenteil zu Androgynie (vgl. K
NAURS
, 1982: 160). Auch dieser Begriff wird in der
weiteren Arbeit auf das Vorhandensein weiblicher Geschlechtsrollenmerkmale verweisen.

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
32
,,
I started my research because one of my best friends is a woman."
D
ONALD
J. O´M
EARA
23
6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
In der heutigen Zeit, in der sich Arbeits- und Privatleben vermischen, in der sich
Vereine und Clubs nicht nur ausschließlich aus Männern oder Frauen
zusammensetzen, kommt es zu einer Vermischung der Geschlechter. Mit der daraus
resultierenden Gleichberechtigung wünschen sich auch Frauen ihren legitimen Platz
in der Gesellschaft - ein Aufeinandertreffen der Geschlechter wird daher greifbar. Ein
besseres Verständnis für den Anderen erlangen beide Geschlechter im Umgang
miteinander, deshalb ist es so wichtig, nicht nur die Paarbeziehungen als eine Mann-
Frau-Beziehung zu untersuchen, sondern auch die gegengeschlechtliche
Freundschaft näher zu betrachten. Wie sich eine gegengeschlechtliche Freundschaft
auszeichnet, was sie für Besonderheiten birgt und wie der derzeitige
Forschungsstand ist, soll nun im folgenden näher betrachtet werden.
6.1. Allgemeines
Wir haben festgestellt, daß Untersuchungen in erster Linie allgemein die
Freundschaft und eine Differenzierung nach dem Geschlecht anstreben (z.B.
A
UHAGEN
, 1991; B
REITENBACH
, 2000). Vergleichsweise wenige - und hier in erster
Linie englischsprachige - Untersuchungen gehen dabei auch auf
gegengeschlechtliche Freundschaft ein (z.B. M
ONSOUR
, 2001; W
ERKING
, 1997a und
1997b; B
USTANOBY
, 1993; T
READWELL
, 1992; R
AWLINS
, 1992). Grund dafür ist
sicherlich zum Teil die Tatsache, daß die Freundschaften zwischen Mann und Frau
einerseits eine Untergruppe der Freundschaft darstellen, andererseits der Umstand,
daß die allgemeine Freundschaftsforschung ebenso noch Defizite aufweist.
Die Wissenschaftler B
OOTH
H
ESS
(1974) veröffentlichten die erste empirische
Untersuchung zur gegengeschlechtlichen Freundschaft - bezeichnenderweise in
einer Zeitschrift für Ehe und Familie. Danach folgten erst wieder ab 1981 diverse
Arbeiten über gegengeschlechtliche Freundschaft (z.B. B
ELL
, 1981; R
AWLINS
, 1982;
R
OSE
, 1985;
S
APADIN
, 1988;
O`M
EARA
, 1989). Untersuchungen zu
gegengeschlechtlicher Freundschaft, kommentiert W
ERKING
(1997a: 407), wurden
vor allem in Hinsicht auf Geschlecht und Alter, den Typ der Freundschaft und die
23
http://www.psychologytoday.com/menwomenfriends.html

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
33
Dauer der Freundschaft durchgeführt. In letzter Zeit gehen jedoch auch immer mehr
Untersuchungen auf (sexuelle) Anziehung (K
APLAN
/K
EYS
, 1997; R
EEDER
, 2000) und
den Vergleich zwischen gegengeschlechtlicher Freundschaft und Paarbeziehungen
(S
CHNEIDER
/K
ENNY
, 2000; G
UERRERO
, 1997) bzw. gleichgeschlechtlicher
Freundschaft (Parker/de Vries, 1993) ein. Interessant sind die Studien von S
APADIN
(1988), die sich durch die Befragung Berufstätiger abhebt und die Studie des
Autorenteams L
IN
R
USBULT
(1995), das sich einem interkulturellen Vergleich
gegengeschlechtlicher Freundschaften in China und US-Amerika widmet.
Sowohl O´M
EARA
(1989: 525) als auch W
ERKING
(1997a: 393) meinen, daß die
gegengeschlechtliche Freundschaft von den Wissenschaftlern größtenteils ignoriert
wurde. Dies ist erstaunlich, liegen doch zwischen beiden Aussagen knapp acht
Jahre. Ein Grund hierfür, so erläutert O´M
EARA
(1989: 525), ist wahrscheinlich, daß
die Freundschaft allgemein ein relativ junges Forschungsthema [in der Soziologie,
Anm. d. Verf.] ist und somit die Unterkategorie gegengeschlechtliche Freundschaft
erst einmal zurückgesetzt wird. Ein weiteres Argument ist vermutlich, daß die (enge)
gegengeschlechtliche Freundschaft in erster Linie zwischen der späten Adoleszenz
und der Heirat vorkommt, danach aber immer mehr von der Familie verdrängt wird,
somit also die Untersuchungsgruppe noch mehr eingeschränkt wird, als sie es
ohnehin schon ist. Ebenso führt für R
EEDER
(2000: 330) die Tatsache, daß für die
Gesellschaft Mann-Frau-Beziehungen zwangsläufig in Paarbeziehungen enden
sollten bzw. sich - die Medien zeigen es in vielen romantischen Liebeskomödien -
platonische Freundschaften nicht lange aufgrund der romantischen Liebe aufrecht
erhalten lassen, zu einem Verlust der Daseinsberechtigung der
gegengeschlechtlichen Freundschaft. Darüber hinaus meint G
AINES
(1994), daß die
gegengeschlechtliche Freundschaft offensichtlich, verglichen mit den ,sexuelleren'
Themen wie Partnerschaft und Heirat, nicht konkurrieren kann (vgl. ebd.: 9). Mit
anderen Worten, die gegengeschlechtliche Freundschaft stellt eine Mann-Frau-
Beziehung dar, die Sexualität aufgrund Freundschaft weitestgehend ausschließt und
dadurch weniger interessant für die Forschung ist. Dabei ist gerade die sexuelle
Komponente, wie man sehen wird, von vielen Forschern aufgegriffen worden.
R
AWLINS
(1982) verfaßte eines der ersten theoretischen Essays über
gegengeschlechtliche Freundschaft. In diesem stellt er eine Typologie von Mann-
Frau-Beziehungen auf, die er in fünf Kategorien zusammenfaßt:
1) Freundschaft als herzliche und persönliche Beziehung ohne offene Sexualität;
2) Platonische Liebe, als eine Beziehung von tiefer Intimität und hoher emotionaler
Verbundenheit ohne sexuelle Aktivitäten;

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
34
3) Freundschafts-Liebe, als eine mehrdeutige (mehrschichtige) Beziehung, die Grade
von Freundschaft wie auch Potential für einen Übergang zur romantischen
Beziehung einbezieht;
4) Körperliche Liebe, als eine Beziehung, die sich eher auf einem sexuellen
Verhältnis als auf emotionaler Zugehörigkeit gründet und
5) Romantische Liebe, als eine exklusive emotionale und körperliche (physikalische)
Beziehung (vgl. ebd.: 344).
Für meine Arbeit ist vor allem der erste Beziehungstyp interessant, der die ,reine'
Freundschaft beschreibt. Aus diesem Grund wird auch in erster Linie auf diesen
Beziehungstyp eingegangen.
Da in der Literatur nur Definitionen zur Freundschaft allgemein zu finden sind, eine
theoretische Abgrenzung jedoch sinnvoll wäre, möchte ich ein Zitat M
ONSOUR
s
(1992) aufgreifen, der in seiner Untersuchung nach guten Freunden beiderlei
Geschlechts fragte und mit Hilfe einer Bestimmungsformel bestimmte
Personengruppen für gegengeschlechtliche Freunde ausschloß. So fordert der
Wissenschaftler: ,,... and cross-sex friends should not include individuals you are
dating, boyfriends, girlfriends, or spouses" (S. 282). Gegengeschlechtliche
Freundschaften grenzen sich somit von allen Beziehungen ab, die eine Partnerschaft
anstreben bzw. beinhalten. Die platonische Freundschaft, als ein Begriff, der aus der
Alltagssprache stammt, verdeutlicht dabei am besten, daß es sich um eine ,reine'
Freundschaft handelt.
Als Zusammenfassung für dieses Kapitel soll die Definition für gegengeschlechtliche
Freundschaften von O`Meara (1989) angeführt werden: ,,Cross-sex friendship is a
specific type of friendship - a nonromantic, nonfamilial, personal relationship between
a man and a woman. The relationship is nonromantic in the sense that ist function is
purposefully dissociated from courtship rites by the actors involved." (S. 526).
6.2. Platonische Freundschaft
Nicht nur in einer Freundschaftsuntersuchung (z.B. A
FIFI
/F
AULKNER
, 2000;
M
ESSMAN
/C
ANARY
/H
AUSE
, 2000) findet sich der Begriff platonisch wieder, der auf die
Reinheit und Unverdorbenheit der Freundschaft hinweist. A
FIFI
F
AULKNER
(2000)
definieren ,platonisch': ,,... as `people' who you were not dating at the time ... and had
no mentions of dating at the time" (S. 210). Mann-Frau-Beziehungen, die quasi keine
Partnerschaft anstreben sind somit platonisch. M
ESSMAN
, C
ANARY
H
AUSE
(2000)
schlußfolgern: ,,The term platonic was defined for participants as a non-sexual
involvement" (S.73). Die gegengeschlechtlichen Freunde führen somit eine

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
35
Freundschaft ohne sexuelle Kontakte. Darüber hinaus ist für O´M
EARA
(1989)
gegengeschlechtliche Freundschaft eine nicht-romantische, nicht-familiäre,
persönliche Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau (vgl. ebd.: 526). ,Nicht-
romantisch', so kommentieren K
APLAN
K
EYS
(1997: 192) muß dabei nicht
bedeuten, daß Lieben, sexuelle Anziehung
24
und Leidenschaft in der Beziehung nicht
vorhanden sein können - diese Komponenten werden nur typischerweise mehr als in
einer romantischen Beziehung kontrolliert und reguliert.
Für K
UHNERT
(2001) ist die platonische Freundschaft analog zur platonischen Liebe
die geistige, nicht sinnliche Freundschaft (vgl. ebd.: 5). Einen signifikanten
Unterschied zwischen platonischer Freundschaft und Freundschaft findet die Autorin
jedoch in ihrer Untersuchung nicht. Dafür korrelieren Freundschaft und platonische
Freundschaft positiv miteinander (vgl. ebd.: 13). Dies spricht für das Weglassen des
,platonischen' Begriffes, da auch in einigen Freundschaftsdefinitionen (siehe dazu
Kapitel 2.2) offene Sexualität ausgeschlossen ist. Warum wird sowohl in der
Alltagssprache als auch von Wissenschaftlern dieser Begriff dennoch immer wieder
verwendet? In der Alltagssprache mag man dies noch einsehen, da nicht jedem die
wissenschaftliche Definition von Freundschaft geläufig sein dürfte. Warum aber
verwenden Wissenschaftler immer noch diesen Begriff? M.E. ist es trotz der ziemlich
eindeutigen Freundschaftsdefinition - die jedoch, wie schon festgestellt wurde,
durchaus Schlupfwinkel aufweist - schwierig, immer von Freundschaft und
,Freundschaft' zu reden. Der gleichgeschlechtlichen Freundschaft wird man wohl
kaum ein ,platonisch' voransetzen. Die gegengeschlechtliche Freundschaft jedoch
beinhaltet eine Mann-Frau-Beziehung, die zur Bekräftigung der nicht-sexuellen
Komponente als ,platonisch' bezeichnet wird, um damit die ,reine' Freundschaft zu
signalisieren. Angesichts der Tatsache, daß A
FIFI
F
AULKNER
(2000: 211) in ihrer
Untersuchung herausfanden, daß 51 Prozent
25
der Befragten schon einmal mit
einem oder mehreren Freunden sexuellen Kontakt hatten
26
, sollte die
Freundschaftsdefinition noch einmal überarbeitet werden. Eventuell ist es möglich,
daß die gegengeschlechtliche Freundschaft als eine moderne Beziehungsform
durchaus sexuelle Kontakte beinhaltet. Dieser Vermutung muß jedoch an einer
anderen Stelle nachgegangen werden.
24
Laut Reeder (2000) ist (sexuelle) Anziehung: ,,Attraction is taken to be a generic, unidimensional
experience, undifferentiated by type of attraction or type of relationship." (S. 332).
25
59 Prozent der Befragten gaben an, daß nach dem sexuellen Akt keine romantische Beziehung
folgte, 13 Prozent begannen nach dem sexuellen Akt eine Beziehung, 9 Prozent berichteten von
sexuellen Aktivitäten mit einem Ex-Partner und 9 Prozent wurden romantisch involviert, die Beziehung
zerbrach jedoch (vgl. ebd.: 214).
26
Hier wurden jedoch auch lose Freundschaften untersucht.

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
36
6.3. gegengeschlechtliche Freundschaften im (gesellschaftlichen) Dilemma
Die gegengeschlechtliche Freundschaft stellt eine Beziehungsform dar, die,
verglichen mit anderen sozialen Beziehungsformen, noch nicht sehr häufig
untersucht wurde. Trotzdem zeigen sich schon interessante Ansätze, was die
Erforschung der Probleme in gegengeschlechtlichen Freundschaften angeht. Eine
sinnvolle Gliederung nahm m.E. O´M
EARA
(1989) vor, der in seiner Arbeit auf vier
Dilemmata in gegengeschlechtlichen Freundschaften hinwies: a) Die Ermittlung des
Typs emotionaler Bindung, b) die Sexualität, c) die Ungleichheit und d) der öffentliche
Auftritt in gegengeschlechtlichen Freundschaften (vgl. ebd.: 531).
Als drittes Problem zeigte sich für O´M
EARA
(1989: 531) die Ungleichheit zwischen
Freund und Freundin. Dabei entsteht die Ungleichheit durch die unterschiedlichen
Geschlechterrollen und die damit verbundenen Unterschiede zwischen Mann und
Frau (vgl. Kapitel 5.4). Die vorher genannten Schwierigkeiten, die für das
Freundespaar auftaten, sind von dem Freundespaar durch Klärung und Aushandlung
lösbar, da die Probleme nur innerhalb der Freundschaft auftraten. Anders verhält es
sich bei dem letzten Problem, welches O´M
EARA
benennt. Hier wird die Freundschaft
gewissermaßen durch Faktoren von außen beeinflußt - also von dem sozialen
Umfeld. Für gegengeschlechtliche Freunde kann es zu Problemen bei der
Aufrechterhaltung in der Öffentlichkeit kommen - sie müssen als solche auftreten und
müssen den Eindruck hinterlassen, nichts anderes zu sein als Freunde. Es ist zu
vermuten, daß es nicht genügend Rollenmodelle für gegengeschlechtliche
Freundschaften gibt und so der Platz in der Gesellschaft nicht gesichert ist.
Die Ermittlung des Typs der emotionalen Bindung, die in der Beziehung dargestellt
wird, ist für das Freundespaar problematisch und muß ausgehandelt werden. Dabei
ist ausschlaggebend, daß wahrscheinlich nicht immer klar ist, warum der Mann und
die Frau befreundet sind. Es ist innerfreundschaftlich schwierig, dem anderen
verständlich zu machen, warum er oder sie eigentlich mit dem oder der anderen
befreundet ist, obwohl kein Beziehungswunsch besteht.
Ein weiteres Problem stellt die Sexualität dar und wie mit ihr in der Freundschaft
umgegangen wird. Freunde, so O´M
EARA
(1989: 534), müssen folglich mit der
Tatsache leben, daß gegengeschlechtliche Beziehungen immer ein Potential an
Sexualität beinhalten und dies in ihrer Beziehung entweder latent oder manifest ist.
Dem widerspricht die von M
ONSOUR
, B
ETTY
K
URZWEIL
(1993) durchgeführte Studie,
die Teile von O´M
EARA
s Schwierigkeiten gegengeschlechtlicher Freunde
untersuchte. Es zeigte sich unter anderem, daß gute gegengeschlechtliche Freunde
in der Summe in sexuellen und romantischen Abstufungen in der Beziehung
übereinstimmen (vgl. ebd.: 544) und somit das Problem der Sexualität nicht relevant

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
37
ist. Die Wissenschaftler beziehen dabei jedoch die losen Freundschaften nicht mit ein
und konzentrieren sich auf enge gegengeschlechtliche Freundschaften.
Zu diesem Thema bemängelt Heidi R
EEDER
(2000), daß einige Wissenschaftler, die
sich mit der Anziehung in gegengeschlechtlicher Freundschaft beschäftigen, sich nur
auf einen Typ der Anziehung fokussieren - den sexuellen - und dabei weitere
übersehen (vgl. ebd.: 332). Die Forscherin geht dabei in ihrer Untersuchung der
Frage der subjektiven Erfahrungen von Anziehung in der gegengeschlechtlichen
Freundschaft aus der Perspektive beider Partner nach. R
EEDER
untersuchte 20
(heterosexuelle) gegengeschlechtliche Freundschaftspaare und fand vier Typen der
Anziehung aus dieser Untersuchungseinheit heraus:
1) Die subjektiv körperlich/sexuelle Anziehung (das Gefühl, daß der/die Andere
gutaussehend und sexuell anziehend für den/die Befragte/n war),
2) die objektiv körperlich/sexuelle Anziehung (wenn der Partner allgemein als
gutaussehend und sexy empfunden wird, aber nicht für den/die Befragte/n in dieser
Form anziehend war),
3) die romantische Anziehung (der Wunsch, die Freundschaft in eine Partnerschaft
umzuwandeln) und
4) die Freundschaftsanziehung (das Gefühl enger Verbundenheit als Freund/in) (vgl.
ebd.: 336).
Handelte es sich um eine Freundschaftsanziehung, war der/die Freund/in für eine
Freundschaft interessant, aber nicht als romantischer Beziehungspartner (vgl. ebd.:
338). Die Forscherin ermittelte des weiteren, daß innerhalb der Freundschaftspaare
sowohl symmetrische als auch asymmetrische Anziehung vorhanden war, diese sich
aber während der Freundschaft ändern kann (vgl. ebd.: 339ff). Die Sexualität, wie
R
EEDER
sie anhand sexueller und romantischer Anziehung darstellt, ist also durchaus
vorhanden, jedoch dominiert sie in ihrer Untersuchungseinheit nicht.
Für B
ELL
(1981) kristallisierte sich heraus, daß Sexualität für unkonventionelle
27
Menschen streßfreier war als für konventionell eingestellte Menschen (vgl. ebd.:
416). Eine Erklärung hierfür findet sich vermutlich in der Beachtung der
gesellschaftlichen Regeln und Konventionen, auf die unkonventioneller eingestellte
Menschen logischerweise weniger reagieren als konventionell eingestellte
Menschen. Aus B
ELL
s Ergebnis läßt sich ableiten, daß gesellschaftliche Einflüsse ein
Dilemma für ein Freundespaar darstellen können, aber nicht müssen. Konventionelle
Menschen werden folglich eher unter dem Einfluß anderer ihr Verhalten ändern und
erleben dadurch Sexualität und das Geschlecht des anderen als stressiger.
27
Unkonventionelle Personen deuteten klare Unterschiede in interpersonellen Normen und Werten
zur konventionellen Gruppe an. Die unkonventionelle Gruppe verlangte nach Einfluß bei
Veränderungen, suchte Vergnügen und Spaß, zeigte mehr Kontrolle über ihr Leben und hatte die
Bereitschaft und den Wunsch, etwas in ihrem Leben zu riskieren (vgl. B
ELL
1981: 405f.).

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
38
Bei E
GLAND
, S
PITZBERG
Z
ORMEIER
(1996) zeigt sich, daß die Bedeutung des
Flirtens in romantischen Beziehungen eine Rolle spielt, im Kontext der platonischen
Freundschaft jedoch unklar bleibt (vgl. ebd.: 105). Die Untersuchung des
Autorenteams zeigt, daß sich gegengeschlechtliche Freunde in relativ sichere,
gespielte Flirts verwickeln - in sogenannte Quasi-Flirte. Diese zur Schau gestellten
Flirts stellen, so heben die Autoren hervor, eine sehr offene und möglicherweise
erregende Form der Interaktion dar (vgl. ebd.: 114f). Daraus folgt, daß Sexualität
nicht immer negativ erlebt werden muß und nicht immer ein Problem in
gegengeschlechtlichen Freundschaften darstellt.
Für N
ÖTZOLDT
-L
INDEN
(1994) steht jedoch fest, daß die Sexualität in
gegengeschlechtlichen Freundschaften ein Kriterium ist, das besonderer
Aufmerksamkeit bedarf. Für sie ist der analytische Prototyp die Frauen- und
Männerfreundschaft - also die gleichgeschlechtliche Freundschaft. Die Autorin
schließt damit zwar nicht die Freundschaft zwischen Mann und Frau aus, sie betont
jedoch, daß den gegengeschlechtlichen Freundschaften eine gesonderte
wissenschaftliche Beachtung geschenkt werden müßte, da diese sich mit Sexualität
und/oder homoerotischen Freundschaft befassen (vgl. ebd.: 30). Dem schließen sich
V
ALTIN
F
ATKE
(1997) an und geben zu bedenken, daß in gegengeschlechtlichen
Freundschaften gerade die erotisch-sexuelle Assoziation eliminiert statt gefördert
werden muß (vgl. ebd.: 30). Die Sexualität spielt in gegengeschlechtlichen
Freundschaften, so kann vermutet werden, eine Rolle, die jedoch nicht immer als
problematisch zwischen den Freunden erachtet werden muß.
Außerhalb dieser legitimierten Mann-Frau-Beziehung ist es jedoch schwer, eine
Beziehung für eine Frau und einen Mann aufzubauen. Nach W
ERKING
(1997a: 397)
ist in kulturellen Modellen das Ziel von Mann-Frau-Beziehungen einander zu heiraten
- in einer gegengeschlechtlichen Freundschaft ist dies nicht das Ziel. Anders
formuliert, ein gegengeschlechtliches Freundschaftspaar muß sich seinen Platz in
der Gesellschaft erst schaffen, da es keine Funktion in der Gesellschaft übernimmt,
wie es ein romantisches Paar macht. Folglich geht die Gesellschaft bei einem
gegengeschlechtlichen Freundespaar folglich immer von der funktionalsten
Vermutung aus - eben, daß Mann und Frau sich ergänzen. Da das
Freundschaftspaar, so W
ERKING
weiter, dadurch für ein romantisches
Beziehungspaar gehalten wird, wird es folglich versuchen, seine Verhaltensweisen
so zueinander umzustellen, daß eine ,,Fehldeutung" ausgeschlossen werden kann
(vgl. ebd.: 405).
Die Gesellschaft geht mit der Ideologie einher, daß die Mann-Frau-Beziehung in der
Ehe endet und somit sich auch eine gegengeschlechtliche Freundschaftsbeziehung
eines Tages zu einer romantischen Beziehung entwickelt. Das Freundespaar muß
also ,Zeichen' setzen, die eine Fehlinterpretation ausschließen. Diese ,Zeichen' sind

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
39
jedoch m.E. noch nicht ausreichend untersucht worden. Auch A
LLAN
(1989: 82)
vertritt die Auffassung, daß es relativ wenig kulturelle Darstellungen
(,,representations") und Richtlinien darüber gibt, wie man eine geschlechtslose oder
nicht-romantische Beziehung organisiert. Darüber hinaus sind A
FIFI
F
AULKNER
(2000: 206) der Ansicht, daß die gegengeschlechtliche Freundschaft einen
ungewöhnlichen Platz in der Landschaft der heterosexuellen Beziehungen einnimmt.
Somit verunsichern gegengeschlechtliche Freundschaften als eine (heterosexuelle)
Beziehungsform die Gesellschaft, da sie eben keine Bestimmung haben. Zu dieser
Ansicht gelangt auch O´M
EARA
(1989). So scheinen gegengeschlechtliche
Freundschaft für ihn eine konzeptlose Beziehungsform, in der die Freunde sich ohne
Rollendefinition und Erwartungen der täglichen Interaktion überlassen (vgl. ebd.:
528). Dieser Standpunkt macht es der Soziologie auch so schwer, die
gegengeschlechtliche Freundschaft zu erfassen. Dessenungeachtet sollte aber
genau dies ein Anreiz sein, die gegengeschlechtliche Freundschaft unter die
soziologische ,Lupe' zu nehmen und das Feld nicht nur den Sozialpsychologen zu
überlassen.
Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich für das gegengeschlechtliche Freundespaar
aus der unterschiedlichen Definition und dem unterschiedlichen Verständnis des
Begriffes ,Freund'. Für eine erwachsene Frau ist der Freund meist der nichteheliche
Beziehungspartner. Der Freund, so schreiben V
ALTIN
F
ATKE
(1997: 29), im Sinne
reiner Freundschaft wird meist als ,,ein Freund von mir" oder als ,,einer meiner
Freunde" bezeichnet. Mit anderen Worten, für die Frau besteht die Möglichkeit, den
guten Freund als Kumpel zu titulieren - diese Möglichkeit ist beim Mann nicht
gegeben: Für einen erwachsenen Mann ist die ,,Freundin" nicht nur die Freundin im
Sinne eine Beziehungspartnerin, sondern auch im Sinne einer (platonischen)
Freundin. Für eine Frau ist somit der Ausspruch ,,meine Freundin" unverfänglicher als
,,mein Freund" für einen Mann. Der Mann, argumentieren die Autorinnen weiter, wird
bei dieser Aussage leicht mit Homosexualität in Verbindung gebracht (vgl. ebd.: 29).
Ein weiteres Problem kristallisierte sich in der Untersuchung von S
APADIN
(1988)
heraus: In ihren ersten Interviews zeigte sich, daß einige Befragte die
gegengeschlechtliche Freundschaft von einer sexuellen Beziehung nicht klar
trennten (vgl. ebd.: 395) und somit sexuelle Beziehungen als Freundschaften
angaben.

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
40
6.4. Entstehung, Aufrechterhaltung, Beendigung
In der gegengeschlechtlichen Freundschaft ist es ebenso wie in anderen sozialen
Beziehungen interessant, wie sie entstanden ist, was sie aufrecht erhält und welche
Gründe zur Beendigung der Freundschaft führen. Darüber hinaus ist natürlich von
Interesse, ob gegengeschlechtliche Freundschaften in bestimmten Altersgruppen
häufiger als in anderen auftreten. Dabei zeigte sich, daß gegengeschlechtliche
Freundschaften gerade im jungen Erwachsenenalter in Bezug auf die Häufigkeit
ihren Höhepunkt erlangen und somit eine Betrachtung von Studenten, die in vielen
Untersuchungen herangezogen wurden, durchaus sinnvoll ist. R
EEDER
(2000) meint:
,,Cross-sex friendships do become more common in young adulthood, perhaps not
coincidentally about the time when men and women begin their search for a mate"
(S. 331). Gegengeschlechtliche Freundschaften, nimmt die Wissenschaftlerin an,
entstehen nicht ganz zufällig in der Zeit, in der Männer und Frauen nach
Beziehungspartnern suchen. Eine Erklärung dafür liegt m.E. darin, daß eine
Ungebundenheit und die damit verminderte gesellschaftliche Obhuthaltung zum
Tragen kommt, als in festen oder gar verheirateten Beziehungen. Das bestätigt auch
das Ergebnis von R
OSE
(1985), die herausfand, daß der verheiratete Status eine
größere Bedeutung als das Alter für gegengeschlechtliche Freundschaften hat. So
hatten verheiratete Befragte mit geringerer Wahrscheinlichkeit gegengeschlechtliche
Freunde als unverheiratete Befragte (vgl. Rose, 1985: 73).
S
CHNEIDER
K
ENNY
(2000) meinen, es sei leichter, eine Freundschaft nach
Beendigung einer Beziehung aufrechtzuerhalten, wenn das Paar vor ihrer Beziehung
schon befreundet war. Das Wissen um die Freundschaft vor der Beziehung
erleichterte laut den Autoren die Umwandlung von einer romantischen Beziehung in
eine Freundschaftsbeziehung (vgl. ebd.: 452). Entscheidend dafür, daß die Ex-
Partner befreundet blieben, war dabei auch die Tatsache, der Länge der geführten
Beziehung (vgl. ebd.: 460). In Ihrer Untersuchung stellen die Autoren darüber hinaus
fest, daß platonische Freundschaftspaare eher die Regeln von Intimität und
Selbstoffenbarung verwendeten als das bei Ex-Partnern der Fall ist (vgl. ebd.: 458).
Frauen, so die Autoren weiter, wünschten sich signifikant häufiger den Ex-Partner als
Beziehungspartner zurück. (vgl. ebd.: 461). Insgesamt konnten S
CHNEIDER
K
ENNY
(2000) feststellen, daß Ex-Partner eine geringere Qualität in ihrer Freundschaft
aufwiesen als reine gegengeschlechtliche Freundschaften, da Ex-Partner höhere
Kosten hatten, ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten. Dabei waren die
Freundschaften zu den Ex-Partnern weniger eng und oberflächlicher. Gründe hierfür
fanden die Autoren in der Tatsache, daß Ex-Partner sich ein wenig häufiger wieder
eine romantische Beziehung wünschten als dies bei den rein gegengeschlechtlichen
Freundschaften der Fall war (vgl. ebd.: 462f).

6. Gegengeschlechtliche Freundschaft
41
Eine Erklärungsmöglichkeit, warum Männer sich Frauen als Freundinnen aussuchen
könnten, beschreibt K
OLIP
(1993): ,,Männer wählen bei Problemen eher Frauen als
Gesprächspartner, weil sie sich auf die weibliche Gesprächskultur, das
Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft zum Zuhören verlassen können" (S. 86).
Dies würde auch das - jedoch nicht signifikante - Ergebnis der Wissenschaftlerin
S
APADIN
(1988) bestätigen, die einen etwas höheren Mittelwert für Intimität bei
Männern in ihren gegengeschlechtlichen Freundschaften ermittelte als bei ihren
gleichgeschlechtlichen Freunden (vgl. ebd.: 394).
Gründe für die Aufrechterhaltung einer platonischen Freundschaft tragen M
ESSMAN
,
C
ANARY
H
AUSE
(2000: 86f) zusammen. Sie sprechen von a) der Sicherung der
Beziehung - die Beziehung ist dem Freundespaar so wichtig, daß sie diese sichern
möchten, um sie nicht zu verlieren. Dazu gehört auch, daß das Freundespaar keine
andere Beziehungsform anstrebt. Als weiteren Grund nennen sie b) der Partner/eine
Beziehung ist nicht attraktiv - also, wenn der/die Freund/in nicht attraktiv genug ist,
klingt es plausibel, wenn die Beziehung eine Freundschaft bleibt und somit keine
Partnerschaft wird. Darüber hinaus kann für das Freundespaar eine Partnerschaft
nicht attraktiv genug sein, wobei M
ESSMAN
, C
ANARY
H
AUSE
dafür keine Gründe
nennt. Die c) Netzwerk-Mißbilligung deutet den Einfluß des sozialen Umfeldes an.
Die Freunde halten demzufolge ihre Freundschaft aufrecht, weil das Netzwerk eine
andere Beziehungsform mißbilligen würde. Dem Netzwerk gehören auch d) Dritte an,
die ebenfalls die Freundschaft als solche unterstützen. Damit sind die
Beziehungspartner der Freunde gemeint, die einen Partnerschaftsbeginn somit
unmöglich machen. Ein weiterer Aufrechterhaltungsgrund ist e) die Gefahr der
Ablehnung und somit die Angst, den/die Freund/in ganz zu verlieren bzw. die Angst
vor Zurückweisung durch den/die Freund/in. Der letzte Grund, die Freundschaft
aufrechtzuerhalten, ist f), daß die Zeit vorbei ist und ein Partnerschaftsbeginn somit
verpaßt wurde. Die Autoren betonen jedoch, daß in einer gegengeschlechtlichen
Freundschaftsdyade es passieren kann, daß unterschiedliche
Aufrechterhaltungsgründe vorkommen (vgl. M
ESSMAN
/C
ANARY
/H
AUSE
2000: 86f).
Gründe für die Beendigung einer gegengeschlechtlichen Freundschaft fand W
ERKING
(1997a) heraus: 1.) Die romantische Beziehung zwischen den beiden Freunden war
nicht erfolgreich, 2.) einer von beiden wurde in eine Romanze involviert oder 3.) der
eine Freundschaftspartner möchte eine romantische Beziehung mit dem anderen,
dieser Wunsch wird jedoch nicht erwidert. Weitere Gründe für die Beendigung waren:
Das Auseinanderleben, die Verringerung der Kontakte oder das Sich-aus-dem-Weg-
gehen (vgl. ebd.: 396). Betrachtet man die Beendigungsgründe nach ihrer
Reihenfolge, wird deutlich, daß die ersten drei Gründe durchaus
Geschlechterprobleme darstellen. Das Geschlecht ist ausschlaggebend dafür, daß
die Freundschaft beendet wird. Das läßt sich auch belegen, betrachtet man Gründe

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832475116
ISBN (Paperback)
9783838675114
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dresden – Philosophische Fakultät, Soziologie
Note
1,8
Schlagworte
sozialforschung transkriptionsregeln interview
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