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Die Besteuerung von Rentenversicherungen

©2003 Studienarbeit 65 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Besteuerung von Leibrenten und Versorgungsbezügen ist in den §§ 19 und 22 EStG unterschiedlich geregelt und hat eine höhere steuerliche Belastung der Pensionen zur Folge. Diese steuerliche Ungleichbehandlung war Auslöser der Klage eines Paderborner Ruhestandsbeamten vor dem BVerfG, der am 6. März 2002 stattgegeben wurde. Nach dem Urteil des BVerfG „ist die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a EStG seit dem Jahr 1996 mit dem Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar“.
Diese Entscheidung beendet eine seit dem 16. Dezember 1954 mit Beschluss der Ertragsanteilsregelung existierende öffentliche Diskussion bezüglich einer gerechten Rentenbesteuerung. Das BVerfG hatte in einem Urteil am 26. März 1980 zunächst die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Pensionen als verfassungsgemäß erklärt, jedoch eine Korrektur angemahnt, die durch eine steuerliche Begünstigung der Rentner gegenüber Ruhestandsbeamten notwendig geworden war. In einem weiteren Urteil vom 24. Juni 1994 heißt es, dass dazu dem Gesetzgeber eine „erhebliche Zeitspanne zur Verfügung steht“. Ein verbindlicher Beginn einer Angleichung wurde dann im Urteil vom 6. März 2002 festgelegt: „Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eine Neuregelung zu treffen.“ Bis zur vollständigen Angleichung können dann noch bis zu 30 Jahre vergehen, die als Übergangszeit vorgesehen sind.
Die „Art und Weise sowie gesetzgeberische Mittel, mit denen die inzwischen eingetretenen Verzerrungen beseitigt werden sollen“, wurden in dem Urteil jedoch offen gelassen. So ist grundsätzlich eine Verringerung der steuerlichen Belastungen von Ruhestandsbeamten, aber auch eine höhere steuerliche Belastung von Rentnern denkbar, um eine Angleichung zu erreichen. Über die Möglichkeit der Anpassung dieser beiden Systeme hinaus ist auch die Implementierung eines neuen Systems denkbar.
I.R. der Arbeit werden unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage Modelle erörtert, die aktuell als mögliche Reformvorschläge diskutiert werden. Resultierend daraus soll eine Aussage getroffen werden, ob das von den meisten Vertretern geforderte Nachgelagerte Besteuerungsverfahren unter steuerlichen Gesichtspunkten eine bestmögliche Lösung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7500
Ibers, Thomas: Die Besteuerung von Rentenversicherungen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität - Gesamthochschule Paderborn, Universität - Gesamthochschule,
Studienarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...I
Abkürzungsverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis ...IV
Symbolverzeichnis ... V
1 Einleitung ... 1
2 Die
aktuelle
Rechtslage... 3
2.1
Leibrente aus der gesetzlicher Rentenversicherung ... 3
2.2 Versorgungsbezüge ... 4
3
Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Renten- und Versorgungsbezügen 6
4
Ökonomische Betrachtung steuerlicher Grundmodelle ... 9
4.1 Modellannahmen... 9
4.2
Basismodell der Leibrente... 10
4.3
Die Besteuerung des ökonomischen Gewinns ... 11
4.4
Das Prinzip der Vorgelagerten Besteuerung ... 12
4.4.1 Beschreibung... 12
4.4.2 Anwendungsgebiete ... 13
4.5
Das Prinzip der Nachgelagerten Besteuerung... 13
4.5.1 Beschreibung... 13
4.5.2 Anwendungsgebiet ... 14
4.6 Gemeinsame
Modelleigenschaften ... 14
4.7
Berücksichtigung von Versicherungsgewinn und -verlust... 14
5 Konkrete
Reformvorschläge ... 16
5.1
Modell der modifizierten Ertragsanteilsbesteuerung ... 16
5.1.1
Ausgangsbasis der Untersuchungen... 16
5.1.2 Überlegungen ... 17
5.1.3
Wirkungsweise der Ertragsanteilsbesteuerung (Beispiel)... 19
5.2
Modell der Vorgelagerten Besteuerung ... 20
5.3 Modell
der
Vollbesteuerung... 20
5.4 Modell
der
belastungsäquivalenten Rentenformel... 21
6 Gegenüberstellung
der
Modelle ... 22
6.1
Diskussion des Modells des modifizierten Ertragsanteils... 22
6.2
Diskussion des Vorgelagerten Verfahrens ... 26

Inhaltsverzeichnis
II
6.3
Diskussion des Modells der Vollbesteuerung ... 27
6.4
Diskussion des Modells der belastungsäquivalenten Rentenformel ... 30
7 Fazit... 31
Anhangverzeichnis ... 32
Anhang 1: Ertragsanteilstabelle ... 33
Anhang 2: Einkommensteuerliche Belastungsunterschiede ... 34
Anhang 3: Kapitalwertermittlung... 39
Anhang 4 Grafiken zum Versicherungsgewinn und -verlust ... 40
Versicherungsgewinn ... 40
Versicherungsverlust... 41
Anhang 5: Kapitalwerte (KW) der vorgestellten Modelle im Vergleich ... 42
5.1 Ökonomischer Gewinn, Vor- und Nachgelagertes Verfahren ... 42
5.2 Berücksichtigung von Versicherungsgewinn und -verlust... 43
5.3 KW des aktuellen Ertragsanteilsverfahrens am Zahlenbeispiel von Treisch in
Anlehnung an Kiesewetter/Niemann ... 44
Anhang 6: Exkurs - Nachgelagerte Besteuerung: Einführung einer Konsumsteuer? 45
Anhang 7: Exkurs - Entscheidungsneutralität... 46
Anhang 8: Neutraler Ertragsanteil/Abzugsanteil ... 47
Diagramm 1... 47
Diagramm 2... 47
Anhang 9: Berechnung Beispiel 5.1.3... 48
Anhang 10: Kapitalwertermittlung modifizierter Ertragsanteil ... 51
Literaturverzeichnis... 54

Abkürzungsverzeichnis
III
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
Art. Artikel
BB Betriebsberater
(Zeitschrift)
BMF Bundesministerium
für
Finanzen
BFH Bundesfinanzhof
BVerfG Bundesverfassungsgericht
DB Der
Betrieb
(Zeitschrift)
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DStZ Deutsche
Steuerzeitung
EStG Einkommensteuergesetz
GE Geldeinheiten
GG Grundgesetz
GRV Gesetzliche
Rentenversicherung
gem. gemäß
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland
Ifo
Institut für Wirtschaftsforschung
i.H.v.
in Höhe von
i.R. im
Rahmen
lit.
litera (lat.), Buchstabe
NWB Neue
Wirtschaftsbriefe
REStG Reichseinkommensteuergesetz
Rn. Randnummer
S. Satz,
Seite
sog. so
genannt
s.o. siehe
oben
StuW
Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
u.U. unter
Umständen
Vgl. Vergleiche
v.H. vom
Hundert
WISU Das
Wirtschaftsstudium
(Zeitschrift)
ZfbF
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
zvE
zu versteuerndes Einkommen

Abbildungsverzeichnis
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Basismodell der Leibrente
S. 10
Abbildung 2: Kapitalwertermittlung des ökonomischen Gewinns
S. 11
Abbildung 3: Vorgelagertes Besteuerungsverfahren
S. 12
Abbildung 4: Nachgelagertes Besteuerungsverfahren
S. 13

Symbolverzeichnis
V
Symbolverzeichnis
TB
abzugsfähiger Beitragsanteil während der Beitragsphase
TB,TR
erhöhter Ertragsanteil während der Rentenbezugsphase
B Beitragszahlung
EWA
Ertragswertabschreibung
EW
t-1
Ertragswert zum Zeitpunkt t-1
f
geometrischer Anstieg der Beiträge
g
B
Erhöhung der Beiträge
g
R
Erhöhung der Rentenzahlung
i Zins
i
s
Zins nach Steuern
k
T
ökonomischer Ertragsanteil zum Zeitpunkt T
KW
Kapitalwert
M tatsächlich
eingetretene
Rentenlaufzeit
N tatsächlich
eingetretene
Beitragsdauer
öG
i
ökonomischer Gewinn zum Zeitpunkt i
R Rentenzahlung
rbf
Rentenbarwertfaktor
s Steuersatz
S Steuerzahlung
T erwartete
Rentenlaufzeit
T
B
Beitragsphase
T
R
Rentenbezugsphase
Z
i
Zahlungssaldo zum Zeitpunkt i

1 Einleitung
1
1 Einleitung
Die Besteuerung von Leibrenten und Versorgungsbezügen ist in den §§ 19 und 22
EStG unterschiedlich geregelt und hat eine höhere steuerliche Belastung der Pensio-
nen zur Folge. Diese steuerliche Ungleichbehandlung war Auslöser der Klage eines
Paderborner Ruhestandsbeamten vor dem BVerfG, der am 6. März 2002 stattgege-
ben wurde.
1
Nach dem Urteil des BVerfG ,,ist die unterschiedliche Besteuerung der
Beamtenpensionen nach § 19 EStG und der Renten aus der gesetzlichen Rentenver-
sicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a EStG seit dem Jahr 1996 mit dem Gleichheits-
satz des Artikels 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar"
2
.
Diese Entscheidung beendet eine seit dem 16. Dezember 1954 mit Beschluss der
Ertragsanteilsregelung existierende öffentliche Diskussion bezüglich einer gerechten
Rentenbesteuerung. Das BVerfG hatte in einem Urteil am 26. März 1980 zunächst
die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Pensionen als verfassungsgemäß
erklärt, jedoch eine Korrektur angemahnt, die durch eine steuerliche Begünstigung
der Rentner gegenüber Ruhestandsbeamten notwendig geworden war.
3
In einem wei-
teren Urteil vom 24. Juni 1994 heißt es, dass dazu dem Gesetzgeber eine ,,erhebliche
Zeitspanne zur Verfügung steht"
4
. Ein verbindlicher Beginn einer Angleichung wur-
de dann im Urteil vom 6. März 2002 festgelegt: ,,Der Gesetzgeber ist verpflichtet,
spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eine Neuregelung zu treffen."
5
Bis zur
vollständigen Angleichung können dann noch bis zu 30 Jahre vergehen, die als
Übergangszeit vorgesehen sind.
6
Die ,,Art und Weise sowie gesetzgeberische Mittel, mit denen die inzwischen einge-
tretenen Verzerrungen beseitigt werden sollen"
7
, wurden in dem Urteil jedoch offen
gelassen. So ist grundsätzlich eine Verringerung der steuerlichen Belastungen von
Ruhestandsbeamten, aber auch eine höhere steuerliche Belastung von Rentnern
denkbar, um eine Angleichung zu erreichen. Über die Möglichkeit der Anpassung
1
Vgl. BVerfG 2 BvL 17/99, S. 38
2
Urteil des BVerfG 2 BvL 17/99, S. 3
3
Vgl. BVerfG 54,11 ff.
4
BVerfGE 86,369 ff.
5
BVerfG 2 BvL 17/99, S. 3; Die Vorschriften des § 19 und § 22 EStG bleiben damit bis zum In-
Kraft-Treten einer Neuregelung, spätestens mit Wirkung bis zum 31. 12. 2004, weiter anwendbar.
6
Vgl. BVerfG 2 BvL 17/99, S.48
7
Fischer, 2002, S. 1866

1 Einleitung
2
dieser beiden Systeme hinaus ist auch die Implementierung eines neuen Systems
denkbar.
I.R. der Arbeit werden unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage Modelle
erörtert, die aktuell als mögliche Reformvorschläge diskutiert werden. Resultierend
daraus soll eine Aussage getroffen werden, ob das von den meisten Vertretern gefor-
derte Nachgelagerte Besteuerungsverfahren unter steuerlichen Gesichtspunkten eine
bestmögliche Lösung darstellt.

2 Die
aktuelle
Rechtslage
3
2 Die aktuelle Rechtslage
Auslöser des Rechtsstreits ist die Fassung des EStG von 1996
8
einschließlich aller
folgenden Fassungen, die eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Leibren-
ten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsbezügen vorsieht. Ent-
sprechend wird im Folgenden bei den Empfängern von Sozialversicherungsrentnern
einerseits und Pensionären andererseits die Rede sein. Zum besseren Verständnis der
Sachverhalte und den daraus resultierenden Problemstellungen ist es notwendig, die
steuerliche Behandlung der beiden Personengruppen sowohl während deren Er-
werbsleben als auch nach deren Renteneintritt im Wesentlichen darzustellen.
2.1 Leibrente aus der gesetzlicher Rentenversicherung
Während seines Erwerbslebens erzielt der Sozialversicherungsrentner Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Abs.1 Nr.1 EStG. Aus seinem versteuerten Brut-
toentgelt hat er Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung
9
- insbesondere
zur gesetzlichen Rentenversicherung - in Höhe des Arbeitnehmeranteils (50%) zu
leisten. Die andere Hälfte wird dem Arbeitgeber als sog. Arbeitgeberanteil auferlegt,
der zwar als Lohnbestandteil anzusehen, aber nach § 3 Nr.62 EStG steuerfrei ist. Bei
der Ermittlung des zvE kann der pauschale Werbungskostenabzug gem. § 9a S. 1 Nr.
1 EStG [1.044 ] in Abzug gebracht werden, sofern nicht höhere Werbungskosten
nachgewiesen werden. Die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers sind im
Rahmen der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 3 EStG als sog. Vorsorgeaufwendungen
bei der Ermittlung des zvE abziehbar. Alternativ kann ohne Einzelnachweis die sog.
Vorsorgepauschale gem. § 10c Abs. 2 EStG in Anspruch genommen werden.
Mit Renteneintritt erhält der Steuerpflichtige eine sog. Leibrente und erzielt damit
sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 EStG. Die zugeflossene Rente unterliegt jedoch
nur mit ihrem Ertragsanteil
10
der Besteuerung. Die Höhe des Ertragsanteils wird an-
hand der Tabelle nach § 22 Nr. 1 S. 3 lit. a EStG
11
durch das bei Beginn der Rente
vollendete Lebensjahr des Rentenberechtigten bestimmt und bleibt über die gesamte
Bezugsdauer unverändert. Als Werbungskostenabzug stehen nach § 9a S. 1 Nr. 3
8
Eine wesentliche Änderung besteht in der Erhöhung des Grundfreibetrags von 5.616/11.232 DM im
Jahr 19995 auf 12.095/24.190 DM im Jahr 1996.
9
Kranken- , Renten- , Pflege- und Arbeitslosenversicherung
10
z.B. 27 v.H. bei Rentenantritt eines 65-Jährigen
11
Siehe Anhang 1

2 Die
aktuelle
Rechtslage
4
EStG 102 zur Verfügung. Vorsorgeaufwendungen sind nur i. R. der Höchstbeträge
gemäß § 10 Abs. 3 EStG abzugsfähig.
Der oben genannte Ertragsanteil E ergibt sich aus einer komplexen Berechnung, die
die Autoren an dieser Stelle vereinfacht darstellen. ,,Der Ertragsanteil ist definiert als
der Unterschied zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag, der sich bei
gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf ihre voraussichtliche Lauf-
zeit ergibt."
12
Er lässt sich ermitteln, indem man das Verhältnis des Rentenbarwertes
RBW zur angenommenen Rentenzeit T von dem Jahresbetrag der Rente R abzieht:
T
RBW
R
E
-
=
Den Werten in der Tabelle des § 22 Nr. 1 S. 3 lit. a EStG sind dabei die mittlere Le-
benserwartung nach der Allgemeinen deutschen Sterbetafel 1986/1988 sowie ein
Zinssatz von 5,5% zugrunde gelegt.
13
2.2 Versorgungsbezüge
Die Bezüge eines Beamten während seiner aktiven Dienstzeit stellen Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Ab dem Zeitpunkt der
Pensionierung erhält er sog. Versorgungsbezüge gem. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die
sein Dienstherr (aufgrund eines früheren aktiven Dienstverhältnisses) zahlt.
14
Sowohl
die aktiven Bezüge als auch die Versorgungsbezüge als nachträgliche Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit unterliegen in vollem Umfang der Einkommensteuer. Steu-
ermindernd kann in beiden Fällen die Werbungskostenpauschale gem. § 9a S. 1 Nr. 1
EStG [1.044 ] abgezogen werden. Dem Pensionär steht zudem noch der Versor-
gungsfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 S. 1 EStG in Höhe von 40% der Vorsorgungsbezü-
ge, jedoch maximal 3.072 zu. Der Beamte hat keine Beiträge zur gesetzlichen So-
zialversicherung, insbesondere auch nicht zur Altersversorgung zu leisten, da der
Dienstherr nach dem Alimentationsprinzip verpflichtet ist, für den Unterhalt des Be-
amten und seiner Angehörigen zu sorgen.
15
Unabhängig davon stehen auch den Be-
amten und Pensionären der Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen bis
12
Kiesewetter/Niemann, 01/2002, S. 49
13
Vgl. Treisch, 1996, S. 380 - 381
14
Seer, 1996, S. 325
15
Kirchhof, 2001, § 19 Rn. 170

2 Die
aktuelle
Rechtslage
5
zum Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 EStG zu. Alternativ kann er die (gekürzte) Vor-
sorgepauschale gem. § 10c Abs. 3 EStG in Anspruch nehmen.

3
Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Renten- und Versorgungsbezügen
6
3 Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Renten- und
Versorgungsbezügen
In seinem Urteilsspruch hat das BVerfG folgendes festgestellt: ,,§ 19 Abs. 1 S. 1
Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1996 geltenden
Fassung [...] einschließlich aller nachfolgenden Fassungen ist mit Art. 3 Abs. 1
GG unvereinbar, soweit einerseits Versorgungsbezüge bis auf einen Versorgungs-
freibetrag von höchstens insgesamt 6.000 DM zu den steuerpflichtigen Einkünften
aus nichtselbständiger Arbeit gehören und andererseits Renten aus der GRV gem.
§ 22 Nr. 1 S. 3 lit. a EStG in seinen jeweiligen Fassungen nur mit Ertragsanteilen
besteuert werden, deren Höhe unabhängig davon festgesetzt ist, in welchem Um-
fang dem Rentenbezug Beitragsleistungen der Versicherten aus versteuertem Ein-
kommen vorangegangen sind."
16
Die Verfassungswidrigkeit wird mit einer Vielzahl von Argumenten begründet.
Den Ausgangspunkt bildet ein Vergleich der steuerlichen Belastung der Renten
aus der GRV und der Versorgungsbezüge. Der Unterschied, der ,,nach Art und
Ausmaß beträchtlich"
17
ist, wird anhand der Punkte a) ­ c) deutlich:
a) Unterschiedliche einkommensteuerliche Belastung in der Nacherwerbphase
18
:
Bezogen auf das Jahr 1996 war beim alleinstehenden Sozialrentner (der bei Be-
ginn der Rente das 65. Lebensjahr vollendet hat) eine Jahresbruttorente i.H.v.
63.048 DM ohne weitere Einkünfte noch steuerfrei. Für Verheiratete lag die
Grenze bei 110.674 DM. Pensionären dagegen blieben Versorgungsbezüge ledig-
lich bis 22.417 DM bzw. 36.835 DM steuerfrei.
19
Wären dem alleinstehenden
oder verheirateten Pensionär Versorgungsbezüge in der Höhe zugeflossen, in der
die Rente des Sozialrentners noch steuerfrei war (s.o.), so wäre er mit 11.963 DM
bzw. 21.496 DM belastet worden.
20
Treten neben die Altersbezüge noch weitere
steuerpflichtige Einkünfte
21
und legt man eine Bruttorente zugrunde, die beim
Sozialrentner (s.o.) gerade noch steuerfrei war, so zeigt sich, dass infolge des pro-
gressiv gestalteten Einkommensteuertarifs zusätzliche Einkünfte beim Pensionär
16
Vgl. BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 2,3
17
BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 18
18
Siehe dazu Anhang 2 Tabellen 1-4
19
Siehe Anhang 2, Tabelle 1
20
Siehe Anhang 2, Tabelle 2
21
z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

3
Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Renten- und Versorgungsbezügen
7
höher belastet werden.
22
Legt man wiederum Altersbezüge zugrunde, die beim
Pensionär noch steuerfrei waren und treten daneben zusätzliche Einkünfte, so
werden diese durch den noch nicht ausgeschöpften Grundfreibetrag beim Rentner
niedriger besteuert als beim Pensionär. ,,Für spätere Veranlagungszeiträume haben
sich diese Unterschiede aufgrund der Anhebung des Grundfreibetrags, zuletzt auf
14.093 DM (28.186 DM für Verheiratete) für den Veranlagungszeitraum 2001
noch weiter vertieft."
23
b) Realitätsferne des bei der Ertragsanteilsbesteuerung gesetzlich unterstellten
Anteils eines Kapitalrückflusses: Nach der Ertragsanteilstabelle wird für den Ren-
teneintritt eines 65-Jährigen festgelegt, dass 27% der Bruttorente als Zinsanteil
(=Ertragsanteil) der Einkommensteuer unterliegen. Die restlichen 73% stellen
einen nichtsteuerbaren Kapitalrückfluss der eingezahlten Beiträge zur GRV dar.
Dieser Kapitalrückfluss ist im Rahmen des seit 1957 bestehenden Umlageverfah-
rens der Rentenversicherung jedoch eine Fiktion, die aber für die einzelwirtschaft-
liche Perspektive des Rentenempfängers keine nennenswerte Rolle spielt.
24
,,Je-
denfalls deckt sich der gesetzlich festgelegte Ertragsanteil nicht annähernd mit
den Ergebnissen verschiedener Modellrechnungen"
25
. Bereits 1996 bemerkte
Seer, ,,dass bei Renteneintritt eines 65-Jährigen der in der einzelnen Rentenzah-
lung enthaltene wahre Zinsanteil auf ca. 70% geschätzt werden kann."
26
Weitere
Kritikpunkte sind, dass die Beitragszahlungen in einem nicht unerheblichen Um-
fang auf dem Arbeitgeberanteil und Bundeszuschüssen beruhen. Eine Realitäts-
ferne besteht auch aus dem Grund, dass seit 1986 keine Anpassung an die aktuelle
Allgemeine Deutsche Sterbetafel vorgenommen worden ist. Eine längere Lebens-
erwartung und damit auch eine längere Rentenbezugsdauer hat zur Folge, dass der
Kapitalanteil abnimmt, während der steuerrelevante Ertragsanteil entsprechend
ansteigt.
27
c) Unterschiedliche steuerliche Belastung in der Erwerbsphase: Sie ,,ist vor allem
dadurch gekennzeichnet, dass Beiträge des Arbeitnehmers zur GRV weitgehend,
22
Vgl. BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 20,21; s. Anhang 2, Tabelle 3
23
BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 22
24
Vgl. Seer, 1996, S. 329
25
BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 23
26
Seer, 1996, S. 330
27
Vgl. BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 28

3
Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Renten- und Versorgungsbezügen
8
jedoch nicht vollständig steuermindernd geltend gemacht werden können.
28
Auf-
grund der Höchstbetragsregelung gem. § 10 Abs. 3 EStG kommt man zu dem Er-
gebnis, dass der prozentuale Anteil der steuermindernd berücksichtigten Renten-
versicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteil) mit steigendem Einkommen ab-
nimmt.
29
Beamte dagegen haben keine eigenen Beiträge zur Altersversorgung zu
leisten. Da sie ebenfalls Vorsorgeaufwendungen bis zur Höhe des individuellen
Höchstbetrags nach § 10 Abs. 3 EStG geltend machen können, werden sonstige
Vorsorgeaufwendungen in einem weitergehenden Umfang als die Rentenversi-
cherten steuermindernd berücksichtigt.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs.1 GG liegt insofern
vor, dass ,,eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich
zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unter-
schiedliche Behandlung rechtfertigen können"
30
. Zu betonen ist, dass es sich bei
der verfassungsrechtlichen Würdigung der Normen des EStG ausschließlich um
einen steuerrechtsimmanenten Vergleich handelt, d.h. dass Normen des Besol-
dungs-, Versorgungs- und Sozialversicherungsrechts, die be- und entlastend wir-
ken können, keine Berücksichtigung finden.
31
28
Vgl. BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 29
29
Vgl. BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 32-34; siehe Anhang 2, Tabelle 5
30
BVerfGE 55
31
Vgl. BVerfG v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, S. 50-52

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832475000
ISBN (Paperback)
9783838675008
DOI
10.3239/9783832475000
Dateigröße
905 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Paderborn – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Dezember)
Note
1,5
Schlagworte
nachgelagerte besteuerung vorgelagerte konsumsteuer ertragsanteil rentenformel
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Titel: Die Besteuerung von Rentenversicherungen
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