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Unternehmensbewertung unter Unsicherheit

Darstellung und Diskussion dreier Methoden zur Bewertung eines künftigen Zahlungsstroms

©2003 Diplomarbeit 86 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
„Unsichere und ungewisse Ereignisse, Vorgänge und Entwicklungen kennzeichnen die meisten Bereiche der menschlichen Aktivitäten. Solche Ereignisse und Entwicklungen, die nicht genau vorhersehbar oder nicht genau bekannt sind, von denen aber gleichwohl vieles abhängt, bestimmen insbesondere auch den ökonomischen Bereich“. Der Entscheidungsträger kann sich in der Regel nur eine ungefähre Vorstellung über die künftigen finanziellen Entwicklungen der Unternehmung machen. Gerade aber diese in der Zukunft entziehbaren finanziellen Erfolge sind von höchster Bewertungsrelevanz und wertbestimmend für die Unternehmung. Der langfristige Planungshorizont und die finanzielle Größenordnung grundlegender Entscheidungen wie z. B. der Kauf, Verkauf oder der Zusammenschluss von Unternehmen erfordert deshalb innerhalb der Methoden der Unternehmensbewertung die explizite Berücksichtigung der Unsicherheit. Bisher jedoch scheint diese schwierige betriebswirtschaftliche Aufgabenstellung noch nicht abschließend geklärt zu sein. In der Praxis wird die Berücksichtigung der Unsicherheit bei der Bewertung zukünftiger Zahlungsströme nach dem individualistischen Ansatz grundsätzlich auf zwei Arten durchgeführt: Auf der einen Seite werden die Einzahlungsüberschüsse nach der Sicherheitsäquivalentmethode zu ihrem Sicherheitsäquivalent verdichtet und mit dem sicheren Zinssatz diskontiert; auf der anderen Seite besteht nach der Risikozuschlagsmethode die Möglichkeit, die Erwartungswerte der Zahlungsüberschüsse mit einem risikoangepassten Zinssatz zu diskontieren. Hier stellt sich die Frage, ob diese beiden Ansätze den Anforderungen der modernen Unternehmensbewertung gerecht werden können oder ob eventuell ein weiteres alternatives Verfahren existiert, das die korrekte Berücksichtigung der Unsicherheit effektiv und sinnvoll ermöglicht und, im Gegensatz zu den traditionellen Verfahren des individualistischen Ansatzes, Theoriedefizite und Fehler vermeiden kann.
In dieser Arbeit werden innerhalb eines ersten Schrittes der Begriff und die unterschiedlichen Anlässe zur Unternehmensbewertung erläutert. Anschließend erfolgt die allgemeine Herleitung des Barwertes unter Sicherheit. Dies geschieht zunächst nur für einen Betrachtungszeitraum von zwei Perioden, was dann aber auch auf einen unendlich langen Betrachtungszeitraum sowie den Rentenfall ausgedehnt wird.
Im Hauptteil der Arbeit steht die Barwertberechnung unter Unsicherheit im Mittelpunkt. Neben der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


INHALTSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Unternehmensbewertung
2.1 Begriff der Unternehmensbewertung
2.2 Anlässe der Unternehmensbewertung

3. Barwertberechnung unter Sicherheit
3.1 Begriff der Sicherheit
3.2 Barwertberechnung bei zwei Perioden
3.3 Verallgemeinerte Darstellung des Barwertes bei mehr als zwei Perioden
3.4 Barwertberechnung bei gleichbleibenden Rückflüssen

4. Barwertberechnung unter UNSicherheit
4.1 Begriff der Unsicherheit
4.2 Übersicht über drei Methoden der Barwertberechnung unter Unsicherheit
4.3 Einordnung der Methoden in die Unternehmensbewertung
4.4 Sicherheitsäquivalentmethode
4.4.1 Begriff des Sicherheitsäquivalents
4.4.2 Verfahren
4.5 Risikozuschlagsmethode
4.5.1 Begriff des subjektiven Risikozuschlags
4.5.2 Verfahren
4.6 Äquivalente Formulierung der Bewertungsmethoden
4.6.1 Einperiodiger Fall
4.6.2 Mehrperiodiger Fall
4.6.2.1 Fall der stochastischen Unabhängigkeit
4.6.2.2 Fall der stochastischen Abhängigkeit
4.7 Kritische Diskussion der Bewertungsmethoden
4.7.1 Kritik nach KÜRSTEN
4.7.1.1 Phänomen der sinkenden Sicherheitsäquivalente
4.7.1.2 Unterschiedliche Unternehmenswerte durch die Art der stochastischen Verknüpfung
4.7.1.3 Unterschiedliche Risikoauflösung im Zeitablauf
4.7.1.4 Weitere kritische Anmerkungen zur Sicherheitsäquivalentmethode
4.7.2 Gegenkritik nach DIEDRICH/WIESE
4.7.2.1 Präferenzielle Bedingungen für die Anwendung der Sicherheitsäquivalentmethode (DIedrich)
4.7.2.2 Umfeldbedingungen für die Anwendung der Sicherheitsäquivalent-methode (Diedrich und Wiese)
4.7.2.3 Verminderung der erwarteten Risikoprämie als Risikoauflösung im Zeitablauf (Wiese)
4.8 Barwertberechnung mit risikolosem Zinsfuß und Risikokorrekturfaktor
4.8.1 Equity-Approach
4.8.2 Equity-Approach mit risikolosem Zinsfuß und Risikokorrekturfaktor
4.8.3 Kritische Diskussion des Modells

5. Zusammenfassung und Ausblick

6. Anhang

7. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Arten von Informationsständen

Abbildung 2: Überblick über die Bewertungsverfahren

Abbildung 3: Überblick über die Gesamtbewertungsverfahren

Abbildung 4: Zustandsbaum des Beispiels

Abbildung 5: Zustandsbaum „Ferienlokal“ für eine Nutzungsdauer von zwei Perioden (Beispiel)

Abbildung 6: Reduzierter Zustandsbaum des Beispiels

Abbildung 7: Reduzierter Zustandsbaum des Beispiels

Abbildung 8: Zustandsbaum des Beispiels

Abbildung 9: Zustandsbaum für die möglichen Überschüsse

Abbildung 10: Risikoauflösung der Überschussverteilung im Zeitpunkt t

Abbildung 11: Zustandsbaum bei stochastisch abhängigen Überschussverteilungen (Beispiel)

Abbildung 12: Zustandsbaum bei stochastisch unabhängigen Überschussverteilungen (Beispiel)

Abbildung 13: Zustandsbaum bei stochastisch unabhängigen Überschussverteilungen (Beispiel)

Abbildung 14: Risikokorrekturfaktor in Abhängigkeit von den Rendite-Betas des Eigenkapitals für unterschiedliche sichere Zinssätze

Abbildung 15: Unternehmenswert in Abhängigkeit von den Rendite-Betas des Eigenkapitals für unterschiedliche sichere Zinssätze

Abbildung 16: Unternehmenswert in Abhängigkeit von der Risikoprämie

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anlässe für eine Unternehmensbewertung

Tabelle 2: Entwicklung eines Bankkontos über 2 Perioden mit 10 Prozent Zinsen

Tabelle 3: Entwicklung eines Bankkontos über 5 Perioden mit 10 Prozent Zinsen

Tabelle 4: Übersicht über die Bewertungsformeln im Fall der stochastischen Unabhängigkeit

Tabelle 5: Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anpassungsvariablen im Beispiel

Tabelle 6: Überschussverteilungen in den Perioden 1 und 2

Tabelle 7: Übersicht über die Bewertungsformeln im Fall der stochastischen Abhängigkeit (Martingal)

Tabelle 8: Durchschnittliche Branchen-Betas und Financial Leverages in den Jahren 1994 und 1995 für Österreich

Tabelle 9: Erwarte Cash Flows des Beispiels

1. Einleitung

Erwerb, Veräußerung und Zusammenschlüsse von Unternehmen gehören durch den zunehmenden Globalisierungstrend und dem damit verbundenen Abbau von Handelsbarrieren, der Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union und der Liberalisierung der Kapitalmärkte zum Wirtschaftsalltag in Deutschland.[1] Allein 1317 vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse konnte das Bundeskartellamt im Jahr 2002 verzeichnen, was eine Steigerung um 15,73 Prozent zum Vorjahr bedeutete.[2] Somit gewinnt die Unternehmensbewertung „im Rahmen unternehmerischen Handelns als Erfolgsmaßstab ebenso wie als Grundlage für die Preisbestimmung“[3] weiterhin an Bedeutung.

„Unsichere und ungewisse Ereignisse, Vorgänge und Entwicklungen kennzeichnen die meisten Bereiche der menschlichen Aktivitäten. Solche Ereignisse und Entwicklungen, die nicht genau vorhersehbar oder nicht genau bekannt sind, von denen aber gleichwohl vieles abhängt, bestimmen insbesondere auch den ökonomischen Bereich“[4]. Der Entscheidungsträger kann sich in der Regel nur eine ungefähre Vorstellung über die künftigen finanziellen Entwicklungen der Unternehmung machen. Gerade aber diese in der Zukunft entziehbaren finanziellen Erfolge sind von höchster Bewertungsrelevanz und wertbestimmend für die Unternehmung. Der langfristige Planungshorizont und die finanzielle Größenordnung grundlegender Entscheidungen wie z. B. der Kauf, Verkauf oder der Zusammenschluss von Unternehmen erfordert deshalb innerhalb der Methoden der Unternehmensbewertung die explizite Berücksichtigung der Unsicherheit. Bisher jedoch scheint diese schwierige betriebswirtschaftliche Aufgabenstellung noch nicht abschließend geklärt zu sein. In der Praxis wird die Berücksichtigung der Unsicherheit bei der Bewertung zukünftiger Zahlungsströme nach dem individualistischen Ansatz grundsätzlich auf zwei Arten durchgeführt: Auf der einen Seite werden die Einzahlungsüberschüsse nach der Sicherheitsäquivalentmethode zu ihrem Sicherheitsäquivalent verdichtet und mit dem sicheren Zinssatz diskontiert; auf der anderen Seite besteht nach der Risikozuschlagsmethode die Möglichkeit, die Erwartungswerte der Zahlungsüberschüsse mit einem risikoangepassten Zinssatz zu diskontieren. Hier stellt sich die Frage, ob diese beiden Ansätze den Anforderungen der modernen Unternehmensbewertung gerecht werden können oder ob eventuell ein weiteres alternatives Verfahren existiert, das die korrekte Berücksichtigung der Unsicherheit effektiv und sinnvoll ermöglicht und, im Gegensatz zu den traditionellen Verfahren des individualistischen Ansatzes, Theoriedefizite und Fehler vermeiden kann.

In dieser Arbeit werden innerhalb eines ersten Schrittes der Begriff und die unterschiedlichen Anlässe zur Unternehmensbewertung erläutert. Anschließend erfolgt die allgemeine Herleitung des Barwertes unter Sicherheit. Dies geschieht zunächst nur für einen Betrachtungszeitraum von zwei Perioden, was dann aber auch auf einen unendlich langen Betrachtungszeitraum sowie den Rentenfall ausgedehnt wird.

Im Hauptteil der Arbeit steht die Barwertberechnung unter Unsicherheit im Mittelpunkt. Neben der Sicherheitsäquivalent- und der Risikozuschlagsmethode wird hier noch eine dritte Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes nach Fischer/Mandl[5] vorgestellt, bei der die Unsicherheit innerhalb eines Risikokorrekturfaktors berücksichtigt wird. Nach der Einordnung der drei Methoden in die Unternehmensbewertung werden zunächst die Verfahren der Sicherheitsäquivalent- und der Risikozuschlagsmethode ausführlich vorgestellt, zur Plausibilitätskontrolle äquivalent formuliert und im Folgenden eingehend diskutiert. Hier steht v. a. die Kritik von Wolfgang Kürsten im Vordergrund, der dem individualistischen Ansatz der Unternehmensbewertung erhebliche Mängel unterstellt. Mit Hilfe einer entscheidungstheoretischen Vorgehensweise versucht Kürsten vorhandene Defizite aufzuzeigen und kann so die Bedeutung der Methoden des individualistischen Ansatzes insgesamt in Frage stellen.[6] Die vorgeworfenen Mängel werden im Anschluss überprüft, wobei an dieser Stelle der Schwerpunkt auf den Aussagen von Ralf Diedrich[7] und Jörg Wiese[8] liegt; gleichzeitig wird aber auch der Reaktion von Kürsten auf diese Gegenkritik Raum gelassen.

Abgeschlossen wird die Arbeit mit der Vorstellung der dritten Methode zur Barwertermittlung unter Unsicherheit nach Fischer/Mandl, bei der die erwarteten Cash Flows mit einem sicheren Zinssatz diskontiert und anschließend mit einem Risikokorrekturfaktor multipliziert werden, der das gesamte bewertungsrelevante Risiko widerspiegelt. Mit der Entwicklung dieses Modells wird innerhalb des Equity-Verfahrens versucht, einen Kompromiss zwischen der Sicherheitsäquivalent- und der Risikozuschlagsmethode zu finden und damit die beiden Methoden miteinander in Einklang zu bringen. Auch hier wird das Modell einer kritischen Diskussion unterzogen, bei der sowohl die Vorzüge gegenüber den traditionellen Verfahren als auch weiterhin bestehende Defizite aufgezeigt werden sollen.

2.Unternehmensbewertung

2.1 Begriff der Unternehmensbewertung

Die Vorgaben des Institutes der Wirtschaftsprüfer (IDW) haben maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensbewertung in Deutschland ausgeübt.[9] Im Juni 2000 veröffentlichte das IDW nach 16 Jahren einen neuen Standard zur Durchführung von Unternehmensbewertungen. Demnach bestimmt sich der „Wert eines Unternehmens ... unter der Voraussetzung ausschließlich finanzieller Ziele durch den Barwert der mit dem Eigentum an dem Unternehmen verbundenen Nettozuflüsse an die Unternehmenseigner (Nettoeinnahmen der Unternehmenseigner).“[10]

Die Unternehmensbewertung stellt einen Spezialfall der Investitionsrechnung dar. Die Übernahme einer Unternehmung bedeutet für den Käufer die Tätigung einer Investition, während es sich beim Verkauf dagegen um eine Desinvestition handelt. „Während in der Investitionsrechnung jedoch zumeist die Vorteilhaftigkeit einer Investition oder Desinvestition bei gegebenem Anschaffungs- bzw. Veräußerungspreis untersucht wird, ist in der Unternehmensbewertung der Anschaffungs- bzw. Veräußerungswert des Bewertungsobjekts ‚Unternehmen’ als Zielgröße zu bestimmen.“[11] Dieser Wert kann wie in der Investitionsrechnung und wie im IDW Standard vorgesehen mit Hilfe des Barwertkalküls ermittelt werden.[12]

Die Unternehmensbewertung basiert auf dem Prinzip der Zukunftsbezogenheit. Der Käufer oder Verkäufer einer Unternehmung ist nur daran interessiert, welche monetären Erfolge in der Zukunft erwirtschaftet werden können. Durch Anwendung des Barwertkalküls kann vorhergesagt werden, ob sich diese Erfolge auch wirklich einstellen. Die Entwicklung der Unternehmung in der Vergangenheit wird nur berücksichtigt, um daraus Chancen und Risiken für die Zukunft abzuleiten.[13] „Es kommt bei dem Werte einer Unternehmung, ebenso wenig wie bei anderen Sachen, nicht darauf an, was dieser Gegenstand gekostet hat, was er geleistet hat, oder was sonst in der Vergangenheit von ihm bekannt ist, sondern lediglich zukünftige Umstände sind für den Wert des Gegenstandes bestimmend.“[14] Oder kurz: „Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts.“[15]

2.2 Anlässe der Unternehmensbewertung

Es ist nicht möglich den Wert eines Unternehmens unabhängig vom Anlass der Wertermittlung zu bestimmen. Der Anlass ist die Basis für die weitere Vorgehensweise und die Wahl der entsprechenden Bewertungsmethode, wobei sich unterschiedliche Unternehmenswerte ergeben können.[16] So wird z. B. der Eigner beim Verkauf daran interessiert sein, dass der Wert seines Unternehmens möglichst hoch eingeschätzt wird, um so einen entsprechend hohen Verkaufspreis erzielen zu können. Dagegen wäre ein Erbe eher daran interessiert, dass der Wert der Unternehmung möglichst niedrig eingeschätzt wird, um so die Erbschaftssteuer zu vermindern.

Im IDW Standard wird grundsätzlich danach unterschieden, ob gesetzliche Regelungen (z. B. steuerliche Bewertungen als Bemessungsgrundlage für die Erbschafts- und Schenkungssteuer[17], Ermittlung einer angemessenen Abfindung gemäß § 738 (1), Satz 2 BGB) oder vertragliche Vereinbarungen (z. B. der Austritt eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft) die Bewertungsgrundlage bilden.[18] „Daneben wird vielfach eine Unternehmensbewertung vor dem Hintergrund unternehmerischer Initiativen, wie z. B. Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Fusionen, Zuführung von Eigen- oder Fremdkapital, Sacheinlagen (...), Börsengang, Management Buy Out oder im Rahmen von Managementkonzepten vorgenommen.“[19]

DRUKARCZYK geht davon aus, dass im Regelfall eine „Veränderung in der Zusammensetzung der Eigentümer“[20] den Grund für die Durchführung einer Unternehmensbewertung darstellt. Er unterscheidet zudem zwischen dominierten und nicht dominierten Verhandlungssituationen. Im Fall der dominierten Situation ist es für eine Partei nicht mehr möglich die Verhandlungen abzubrechen, während dies in der nicht dominierten Situation bis zum Vertragsabschluss jederzeit möglich ist. Tabelle 1 untergliedert die Anlässe für Unternehmensbewertungen in dominierte und nicht dominierte Situationen:[21]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Anlässe für eine Unternehmensbewertung [22]

3. Barwertberechnung unter Sicherheit

3.1 Begriff der Sicherheit

In diesem Kapitel soll bei der Berechnung des Barwertes von sicheren Erwartungen ausgegangen werden. Dies bedeutet, dass kein Informationsproblem bezüglich der relevanten Umweltzustände existiert. Die maßgeblichen Umweltgrößen sind bekannt und bleiben unverändert.[23] Der Entscheidungsträger kann im Zeitpunkt 0 „sämtliche entscheidungsrelevanten Daten genau so angeben .., wie sie später beobachtbar sind.“[24] Jedes Ereignis in diesem deterministischen Modell ist also mit einer 100%igen Wahrscheinlichkeit vorhersehbar.[25]

Der Fall der sicheren Erwartungen stellt natürlich eine starke Vereinfachung dar,[26] die weit von der Realität entfernt ist. Im Hauptteil der Arbeit wird diese harte Annahme jedoch gelockert und es wird von einer Welt mit unsicheren Erwartungen ausgegangen. Trotzdem behalten die folgenden Ergebnisse ihre Bedeutung. FRANKE/HAX verdeutlichen dies u.a. am Beispiel von Lebensversicherungen. Bei der Berechnung von Prämien gehen Lebensversicherer davon aus, dass die Zahlen aus den Lebens- und Sterbetabellen als sicher anzunehmen sind. Dies begründet sich damit, dass durch die hohe Zahl der abgeschlossenen Verträge ein Ausgleich von kürzeren und längeren Lebensdauern der Versicherungsnehmer gerechtfertigt ist.[27] Allgemein kann gesagt werden, dass viele Überlegungen unter Sicherheit problemlos auf eine Welt unter Unsicherheit übertragen werden können[28] und damit einen wichtigen Baustein für die Methoden bei unsicheren Erwartungen darstellen.[29]

3.2 Barwertberechnung bei zwei Perioden

Der Begriff des Barwertes stammt aus der Finanzmathematik und „bezeichnet ganz allgemein auf einen bestimmten Zeitpunkt abgezinste (..) Zahlungen.“[30] Mit Hilfe des Barwertes, der auch Gegenwartswert genannt wird, kann also festgestellt werden, welchen Wert eine oder mehrere in dem Betrachtungszeitraum geleisteten Zahlungen zu Beginn der Betrachtungsperiode aufweisen.[31] Um den Barwert rechnerisch zu ermitteln, müssen alle Zahlungen eines Stroms auf den Zeitpunkt t = 0 diskontiert und anschließend addiert werden.[32]

Die Herleitung des Barwertes ist leicht nachvollziehbar:

Wird zum heutigen Zeitpunkt t = 0 eine Geldsumme in Höhe von 200 Euro zum sicheren Zinssatz i = 10 Prozent angelegt, so beträgt das Kapital in t = 1 Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten = 220 Euro. Allgemein lässt sich diese Rechnung wie folgt darstellen:

(1) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Dabei bezeichnet K0 den Wert des Anfangskapitals in t = 0 und K1 den Wert des Endkapitals in t = 1. Gleichung (1) kann nach K0 aufgelöst werden und man erhält den Betrag, der zum Zeitpunkt t = 0 angelegt werden muss, um in t = 1 einen Anspruch in Höhe von K1 zu erhalten:

(2) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Möchte der Anleger also zum Zeitpunkt t = 1 einen Anspruch auf die Summe von 220 Euro erhalten, so muss er bei einem Marktzins von i = 10 Prozent in t = 0 einen Betrag in Höhe von 200 Euro investieren. Der auf diese Weise ermittelten Wert wird als Barwert bezeichnet. Dabei werden die künftigen Einnahmen mit dem sicheren Zinssatz diskontiert und man schreibt

(3) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[33]

Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass sich die Barwertberechnung nicht nur auf eine Periode beschränkt. Stattdessen erstreckt sich der Betrachtungszeitraum oft über mehrere Jahre in denen unterschiedliche Rückflüsse realisiert werden.[34] Im folgenden wird davon ausgegangen, dass in einem Zeitraum von zwei Jahren auf einer Bank Geld zum Zinssatz i angelegt werden kann. KRUSCHWITZ erläutert das Prinzip der zweiperiodigen Barwertberechnung, in dem er die Frage stellt, welcher Betrag heute eingezahlt werden muss, um im Zeitpunkt t = 1 den Betrag X1 und im Zeitpunkt t = 2 den Betrag X2 entnehmen zu können. Zur Komplexitätsreduktion wird die Frage in zwei unabhängige Teile zerlegt. Es wird unterstellt, dass zwei Konten auf der Bank unterhalten werden. Konto Nr. 1 bezeichnet ein ‚Ein-Jahres-Konto’, welches zum Zeitpunkt t = 1 das geforderte Endkapital K1 enthalten soll. Formell entwickelt sich dieses Konto so, wie es in Gleichung (1) (siehe S. 8) bereits dargestellt wurde. Dagegen bezeichnet Konto Nr. 2 ein ‚Zwei-Jahres-Konto’, das von der Bank ein weiteres Jahr verzinst wird. So kann zum Zeitpunkt t = 2 über den Betrag K2 = K0(1+i)2 verfügt werden. Daher muss zum Zeitpunkt t = 0 der Gesamtbetrag

(4) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

auf das Bankkonto einbezahlt werden, um in den Zeitpunkten t = 1 und t = 2 Ansprüche in Höhe von K1 und K2 geltend machen zu können.[35]

Diese Vorgehensweise soll nun noch an einem Zahlenbeispiel erläutert werden. Es stellt sich die Frage, welcher Betrag in t = 0 eingezahlt werden muss, wenn zum Zeitpunkt t = 1 200 Euro und im Zeitpunkt t = 2 250 Euro entnommen werden sollen. Weiterhin wird von einem sicheren Zinssatz i = 10 Prozent ausgegangen. Nach Gleichung (4) ergibt sich ein Betrag in Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Euro. Die Richtigkeit dieser Berechnung soll durch folgenden Finanzplan belegt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Entwicklung eines Bankkontos über 2 Perioden mit 10 Prozent Zinsen

Offensichtlich bestätigt der Finanzplan das Ergebnis aus Gleichung (4) (siehe S. 9). Daher kann der zweiperiodige Barwert allgemein wie folgt dargestellt werden:

(5) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[36]

3.3 Verallgemeinerte Darstellung des Barwertes bei mehr als zwei Perioden

Die Beschränkung auf zwei Perioden scheint nur bedingt realistisch zu sein. Der Betrachtungszeitraum kann sich auch auf drei, vier oder fünf Perioden erstrecken; theoretisch sind sogar unendlich viele Betrachtungsperioden denkbar. Die Vorgehensweise zur Ermittlung einer mehrperiodigen Barwertformel ist identisch zum zweiperiodigen Fall. Erneut wird unterstellt, dass mehrere Konten auf der Bank unterhalten werden. Neben dem ‚Ein-Jahres-Konto’ und dem ‚Zwei-Jahres-Konto’ werden weitere ‚T-Jahres-Konten’ eingerichtet. Allgemein kann also zum Zeitpunkt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten über den Betrag KT = K0(1+i)T verfügt werden. Um in den Zeitpunkten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Ansprüche in Höhe von K1, ..., T geltend machen zu können, muss zum Zeitpunkt t = 0 der Gesamtbetrag

(6) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

auf das Bankkonto einbezahlt werden.[37]

Auch hier soll die Vorgehensweise wieder an einem Zahlenbeispiel erläutert werden. Der Betrachtungszeitraum beläuft sich auf fünf Perioden, in denen jeweils Entnahmen (E1 = 200, E2 = 250, E3 = 300, E4 = 350, E5 = 400) getätigt werden sollen. Gemäß Gleichung (6) (siehe S. 10) müsste in Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ein Betrag in Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Euro einbezahlt werden, um die Entnahmen in den späteren Perioden in gewünschter Höhe tätigen zu können. Die Richtigkeit dieser Berechnung soll erneut durch einen Finanzplan belegt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Entwicklung eines Bankkontos über 5 Perioden mit 10 Prozent Zinsen

Auch hier kann der Finanzplan das Ergebnis aus Gleichung (6) (siehe S. 10) bestätigen. Entsprechend ergibt sich die allgemeine Barwertformel:

(7) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[38]

3.4 Barwertberechnung bei gleichbleibenden Rückflüssen

Im Folgenden soll nun die Barwertformel für den Fall einer regelmäßigen Struktur der Rückflüsse entwickelt werden. „Die einfachste Form einer solchen Regelmäßigkeit liegt vor, wenn die Rückflüsse im Zeitablauf konstant sind, also X1 = X2 = ... = XT = X.”[39]

Diese Struktur gleicht einer Rentenzahlung; der Barwert dieser (nachschüssigen) Rente lautet

(8) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Formel (8) kann nun durch X dividiert werden

(9) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und wird anschließend mit (1+i) multipliziert. Daraus ergibt sich Gleichung (10):

(10) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Im nächsten Schritt wird Gleichung (9) von Gleichung (10) subtrahiert

(11) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(12) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Durch Division mit i und Multiplikation mit X kann nach BW aufgelöst werden und es ergibt sich schließlich die Formel für die Ermittlung von Barwerten nachschüssiger Renten:

(13) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[40]

Mit Hilfe dieser Gleichung kann der Barwert für konstante, endliche Rückflüsse leicht ausgerechnet werden. Können die Zahlungsüberschüsse z. B. in den nächsten 5 Perioden auf jeweils 200 Euro geschätzt werden (bei einem gleichbleibenden Zinssatz von 10 Prozent), ergibt sich ein Barwert von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Euro.

Für den Fall einer unendlichen Rentenzahlung ist eine Grenzwertbetrachtung mit Hilfe von Gleichung (13) (siehe S. 12) notwendig. Im ersten Schritt wird der Rentenbar-wertfaktor (RBFN) aus Gleichung (13) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten in einer anderen Form dargestellt:

(14) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Im nächsten Schritt wird davon ausgegangen, dass sich t gegen unendlich entwickelt. Dies hat zur Folge, dass (1+t) sehr groß wird, was wiederum dazu führt, dass der Quotient immer kleiner wird und sich gegen Null entwickelt:

(15) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Nun wird der Rentenbarwertfaktor aus Gleichung (15) wieder mit X multipliziert und man erhält die sehr einfache Formel für konstante, unendliche Rückflüsse:

(16) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[41]

4.Barwertberechnung unter UNSicherheit

4.1 Begriff der Unsicherheit

„Sicher ist, daß nichts sicher ist“ [42]

Bisher wurde die Berechnung des Barwertes im deterministischen Modell durchgeführt, d. h. alle relevanten Umweltgrößen waren bekannt und exakt vorhersehbar. Doch dieser Fall kommt in der Realität kaum vor. Unter bestimmten Bedingungen kann jede denkbare Alternative zur Realität werden.[43] Dies muss auch in der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden. DRUKARCZYK bezeichnet diese Unsicherheit „als einen Zustand nicht vollkommenen Wissens .., der es nicht erlaubt, die Konsequenz einer Handlung mit so großer Präzision vorherzusagen, daß ein und nur ein Ergebnis ihre Folge ist.“[44] Es ist nicht bekannt, welche Werte die Daten in der Zukunft annehmen. Diese werden durch die Marktentwicklung geprägt, welche nur bedingt vom Unternehmen beeinflusst werden kann. Zudem ist es nicht möglich, die Auswirkungen der einzelnen Unternehmensentscheidungen genau vorherzusehen und zu berechnen. Grundsätzlich gilt, dass die Unsicherheit umso größer wird, je länger sich der Planungshorizont in die Zukunft erstreckt.[45]

In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden zwei Formen der Unsicherheit unterschieden. Man spricht von Entscheidungen bei Risiko, falls für die einzelnen Zukunftsentwicklungen Eintrittswahrscheinlichkeiten genannt werden können.[46] Dies ist meist dann möglich, wenn Informationen aus der Vergangenheit vorliegen und nutzbar gemacht werden können.[47] Entscheidungen bei Ungewissheit[48] liegen hingegen dann vor, wenn keine Wahrscheinlichkeiten über die Entwicklung der Daten gebildet werden können.[49]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Arten von Informationsständen [50]

4.2 Übersicht über drei Methoden der Barwertberechnung unter Unsicherheit

„Das Problem der Unsicherheitsberücksichtigung in der Unternehmensbewertung (ist) eine der schwierigsten betriebswirtschaftlichen Aufgabenstellungen.“[51] Zur Barwertermittlung stehen dem Bewerter verschiedene Methoden unter Unsicherheit zur Verfügung. Nach einer kurzen Übersicht in diesem Kapitel werden in den folgenden Kapiteln drei der Methoden ausführlich vorgestellt und anschließend einer kritischen Diskussion unterzogen.

Üblicherweise werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur zwei Vorgehensweisen genannt, mit deren Hilfe die unsicheren Einzahlungsüberschüsse angemessen bewertet werden sollen:[52]

- Sicherheitsäquivalentmethode

Bei dieser Methode ermittelt sich der Barwert durch Diskontierung eines Sicherheitsäquivalents mit dem risikolosen Zinssatz. Dabei wird die Unsicherheit im Sicherheitsäquivalent abgebildet, das sich aus den, um einen Risikoabschlag verminderten, erwarteten Nettoeinzahlungen ergibt.[53]

- Risikozuschlagsmethode

Eine zweite Möglichkeit zur Berücksichtigung der Unsicherheit in der Barwertberechnung liegt in der Diskontierung „des erwarteten Zahlungsstroms mit einem risikoangepassten Kalkulationszinsfuß“[54]. Die Nettoeinzahlungen bleiben dabei unverändert.[55]

Neben diesen beiden Methoden zeigen FISCHER/MANDL in ihrem im Jahr 2000 veröffentlichten Artikel „Die Ermittlung des Shareholder Value mittels risikolosem Zinsfuß und Risikokorrekturfaktor“[56] noch einen dritten Weg zur Bewertung unsicherer Zahlungsströme auf:

- Barwertberechnung mit Risikokorrekturfaktor

Bei dieser Methode werden die erwarteten Zahlungsströme mit einem risikolosen Zinsfuß diskontiert. Das Ergebnis wird als Wert unter Sicherheit interpretiert. Die Unsicherheit wird durch Multiplikation des sicheren Wertes mit einem Risikokorrekturfaktor berücksichtigt.[57]

4.3 Einordnung der Methoden in die Unternehmensbewertung

Wie bereits in Kapitel 2.2 (siehe S. 5ff.) dargestellt, ist der Anlass der Unternehmensbewertung die Basis für die Wahl der entsprechenden Methode. Dabei ist deren Vielzahl kaum noch überschaubar. Bei den Methoden zur Berücksichtigung finanzieller Ziele kann zwischen Einzelbewertungsverfahren, Gesamtbewertungsverfahren und weiteren Mischverfahren unterschieden werden. Der Unternehmenswert bei den Einzelbewertungsverfahren ergibt sich aus der „Summe der Werte der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden des Unternehmens. Ausgangspunkt der Bewertung sind Inventar oder Bilanz.“[58] Bei den Gesamtbewertungsverfahren ist dagegen die Summe der Einzelwerte nicht maßgeblich; hier ist der Wert der Einkommensquelle von entscheidender Bedeutung.[59] Die künftig erwarteten finanziellen Zielbeiträge der Unternehmung werden geschätzt und anschließend diskontiert. Die Summe der Quotienten ergibt schließlich den Unternehmenswert.[60]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Überblick über die Bewertungsverfahren [61]

Im neuen IDW Standard (IDW S 1)[62] werden die Ertragswert- und Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) als einzig zulässige Verfahren zur Ermittlung von Unternehmenswerten anerkannt.[63] Sowohl die Ertragswertverfahren als auch die DCF-Verfahren können zu den Gesamtbewertungsverfahren gezählt werden. Sie „beruhen auf der gleichen konzeptionellen Grundlage (Kapitalwertkalkül); in beiden Fällen wird der Barwert zukünftiger finanzieller Überschüsse ermittelt.“[64] Während bei den Ertragswertverfahren der Unternehmenswert durch Diskontierung von zukünftigen finanziellen Überschüssen aus handelrechtlichen Erfolgen ermittelt wird, bestimmt sich der Unternehmenswert bei den DCF-Verfahren durch die Diskontierung von Cash Flows. Diese Cash Flows stellen die erwarteten Zahlungen an die Kapitalgeber dar und werden je nach angewandter Methode (z. B. Weighted-Average-Cost-of-Capital-Ansatz (WACC-Ansatz) oder Adjusted-Present-Value-Ansatz (APV-Ansatz)) unterschiedlich definiert.[65] Grundsätzlich gilt, dass trotz rechnerischer Unterschiede die Ergebnisse aus den Ertragswertverfahren und den DCF-Verfahren nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen dürfen.[66] „Sollten sich die ermittelten Unternehmenswerte dennoch unterscheiden, ist dies – bei gleichen operativen Überschüssen – materiell auf

- unterschiedliche Finanzierungsprämissen und/oder
- unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Bestimmung der Kapitalkosten

zurückzuführen.“[67]

In Kapitel 2.1 (siehe S. 4f.) wurden drei Methoden zur Berechnung des Barwertes unter Berücksichtigung der Unsicherheit vorgestellt. Nach BALLWIESER können die Sicherheitsäquivalent- und die Risikozuschlagsmethode den Ertragswertverfahren der Unternehmensbewertung zugeordnet werden[68] und gehören damit nach dem IDW Standard zu den zulässigen Verfahren zur Ermittlung des Unternehmenswertes.[69] Die Barwertberechnung mit Risikokorrekturfaktor wird von FISCHER/MANDL anhand des Equity-Ansatzes vorgestellt,[70] welcher zu den DCF-Verfahren zählt und somit ebenfalls ein nach dem IDW Standard anerkanntes Verfahren darstellt.[71] Diese neue Methode kann zudem „auch auf alle anderen Discounted Cash Flow-Verfahren (WACC-Methode, Total Cash Flow-Methode, Adjusted Present Value-Methode) ... übertragen werden.“[72]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Überblick über die Gesamtbewertungsverfahren

4.4 Sicherheitsäquivalentmethode

4.4.1 Begriff des Sicherheitsäquivalents

Bei Anwendung der Sicherheitsäquivalentmethode werden die Zahlungsüberschüsse zu ihrem Sicherheitsäquivalent komprimiert.[73] „Als Sicherheitsäquivalent wird der Betrag angesetzt, bei dem der Investor aufgrund seiner subjektiven Sicherheitspräferenz die Chance eines höheren Erfolges gleich dem Risiko eines geringeren Erfolges setzt. Das bedeutet, daß sich dieser Investor gegenüber der unsicheren Verteilung zukünftiger Erfolge einerseits sowie dem angegebenen Sicherheitsäquivalent andererseits indifferent verhält.“[74] Es wird angenommen, „dass sich immer ein Betrag bestimmen lässt, den jemand

1. für den Verzicht auf Einzahlungsansprüche mindestens verlangen oder
2. für die Befreiung von Auszahlungsverpflichtungen höchstens bezahlen

würde, ohne eine Nutzeneinbuße zu empfinden. Einen solchen Betrag wollen wir als Sicherheitsäquivalent bezeichnen.“[75] Dieses Prinzip soll im Folgenden an einem Beispiel erläutert werden:

Der potentielle Käufer einer Unternehmung erwartet für die nächste Periode einen Ertrag von 200 Euro mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent und einen Ertrag von 400 Euro mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Zustandsbaum des Beispiels

Daraus ergibt sich ein Erwartungswert in Höhe von 280 Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. „Das Sicherheitsäquivalent ist nun als jener sichere Betrag zu bestimmen, der aus der Sicht des potentiellen Käufers den gleichen Nutzen stiftet wie die Wahrscheinlichkeitsverteilung der unsicheren Unternehmenserträge.“[76] Im Beispiel legt der Käufer sein Sicherheitsäquivalent in Höhe von 240 Euro fest. Dies bedeutet, dass der sichere Ertrag von 240 Euro für ihn gleich viel Wert ist wie die unsichere Lotterie, die beim Kauf des Unternehmens entsteht.[77]

Die Bestimmung des Sicherheitsäquivalents erfolgt in der Regel auf Basis der Risikonutzentheorie nach BERNOULLI.[78] „Das Bernoulli-Prinzip besagt, daß es für jeden Entscheidungsträger eine Risikonutzenfunktion u(e) gibt, die seine Einstellungen so abbildet, daß die Handlungsmöglichkeiten des Entscheidungsträgers nach den Erwartungswerten des Nutzens geordnet werden können.“[79] In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird dabei zwischen drei Arten der Risikoeinstellung unterschieden: Risikoaversion (S(Xt) < E(Xt)) , Risikoneutralität (S(Xt) = E(Xt)) und Risikofreude (S(Xt) > E(Xt)).[80] Investoren sind in der Regel als risikoscheu anzusehen,[81] was auch empirisch nachgewiesen werden konnte und in der betriebswirtschaftlichen Forschung mittlerweile als Standard angesehen wird.[82]

In der Praxis erzeugt die Bestimmung des Sicherheitsäquivalents häufig Schwierigkeiten, da die Risikonutzenfunktionen nicht vorliegen.[83] Zudem können sich „die Risikopräferenzen für bestimmte Ergebnisbereiche unterscheiden oder sich im Zeitablauf verändern.“[84] Die Risikonutzentheorie nach BERNOULLI ist also für die Bestimmung des Sicherheitsäquivalents nicht brauchbar.[85] In der Literatur wird es allerdings oft als ausreichend betrachtet, wenn der Entscheidungsträger selbst das Sicherheitsäquivalent „nach freier Einschätzung“[86] bestimmt. „Allein die Festlegung und Nennung von Präferenzen durch den Entscheidungsträger führt zu einem nutzbaren Ergebnis.“[87] Dies dürfte aber keine leichte Aufgabe für den Entscheidungsträger sein, da er in der Lage sein müsste, eventuell sehr komplexen und umfangreichen Wahrscheinlichkeitsverteilungen ein Sicherheitsäquivalent zuzuordnen, das er gleich hoch einschätzt.[88]

4.4.2 Verfahren

Wie bereits in Kapitel 4.2 (siehe S. 15f.) kurz dargestellt, ergibt sich bei der Sicherheitsäquivalentmethode der Barwert durch Diskontierung des Sicherheitsäquivalents mit dem risikolosen Zinssatz. Im einfachsten Fall des Rentenmodells errechnet sich daher der Unternehmenswert E0 eines potentiellen Käufers aus folgender Formel:

(17) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei stellt S(X) das Sicherheitsäquivalent dar und i bezeichnet weiterhin den risikolosen Zinsfuß. Auch hier soll das Prinzip wieder an einem Beispiel erläutert werden. Erneut wird von dem in Abbildung 4 (siehe S. 20) dargestellten Zustandsbaum ausgegangen. Allerdings handelt es sich diesmal um ein Rentenmodell, d. h. in allen Periode wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent ein Unternehmensertrag von 200 Euro und mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent ein Unternehmensertrag von 400 Euro erzielt. Der Erwartungswert beläuft sich daher in jeder Periode auf 280 Euro. Da es sich um einen risikoscheuen Investor handelt, wird das Sicherheitsäquivalent mit 240 Euro für alle Perioden unterhalb des Erwartungswerts angesetzt. Mit einem risikolosen Zinssatz von 10 Prozent ergibt sich so ein Unternehmenswert in Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Euro. Der potentielle Käufer hat nun zwei Möglichkeiten. Er kann das Unternehmen erwerben und mit durchschnittlichen, aber schwankenden Erträgen in Höhe von 280 Euro pro Periode rechnen. Es kann also passieren, dass der Käufer über mehrere Perioden hinweg jeweils nur einen Ertrag von 200 Euro erzielt. Alternativ dazu besteht die Möglichkeit 2400 Euro anzulegen und damit in jeder Periode einen sicheren Ertrag in Höhe von 240 Euro zu erhalten. Dieser Ertrag ist zwar kleiner als der durchschnittliche Ertrag beim Unternehmenskauf, er kann dafür aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent erzielt werden.[89]

Sind die Ausschüttungen in der Zukunft nicht gleich hoch, so muss das Sicherheitsäquivalent für jede Periode neu abgeschätzt werden und der Unternehmens-wert ergibt sich aus der abgewandelten Barwertformel (vgl. Gleichung (7)):

(18) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[90]

Als Beispiel wird nun die zweijährige Übernahme eines Ferienlokals an der Nordseeküste angenommen. Dabei sind die künftigen Erträge stark von externen Faktoren wie z. B. dem Wetter abhängig. Für die nächsten zwei Perioden ergibt sich folgender Zustandsbaum:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Zustandsbaum „Ferienlokal“ für eine Nutzungsdauer von zwei Perioden (Beispiel) [91]

Der potentielle Investor ist risikoscheu und ermittelt sein Sicherheitsäquivalent nach der Formel St = E(NE) – 0,3 [E(NE) – NEmin, t], wobei E(NE) den Erwartungswert und NEmin, t die minimale Nettoeinzahlung der Zahlungsverteilung bezeichnet. Um nun den Grenzpreis des Ferienlokals zu ermitteln, wird die sogenannte Roll-Back-Methode angewandt, d. h. „es wird ausgehend von den bedingten Zahlungsverteilungen der letzten Periode der (Zustands-)baum nach vorne zum Zeitpunkt 0 aufgerollt.“[92] Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenDemnach wird zuerst für die in Abbildung 5 markierten Punkten 1 und 2 der Erwartungswert ermittelt. Für Punkt 1 ergibt sich so ein Erwartungswert in Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und für Punkt 2 ein Erwartungswert von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Jetzt ist es möglich, die Sicherheitsäquivalente der zweiten Periode zu ermitteln. Der Erwartungswert in Punkt 1 (= 476) und die minimale Nettoeinzahlung der Zahlungsverteilung (= 380) wird in die Sicherheitsäquivalent-formel eingesetzt und es ergibt sich S2,1 = 476 – 0,3 [476 - 380] = 447,2. Die gleiche Vorgehensweise führt zu S2,2 in Höhe von 156,8. Daraus lassen sich die relevanten Nettoeinzahlungen für Periode 1 errechnen, die sich bei einem sicheren Zinssatz von 10 Prozent für Punkt 1 in Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und für Punkt 2 in Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ergeben, woraus ein reduzierter Zustandsbaum abgeleitet werden kann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Reduzierter Zustandsbaum des Beispiels

[...]


[1] Vgl. Zitzelsberger (2000), S. 1.

[2] Vgl. Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes 2001/2002, S. 257.

[3] Zitzelsberger (2000), S. 1.

[4] Bühler (1978), S. 6.

[5] Vgl. Fischer/Mandl (2000).

[6] Vgl. Kürsten (2000).

[7] Vgl. Diedrich (2003).

[8] Vgl. Wiese (2003).

[9] Vgl. Peemöller (2001), S. 1401.

[10] IDW Standard (2000), S. 826.

[11] Coenenberg (1992), in: Langenkämper (2000), S. 2 (im Original zum Teil kursiv gedruckt).

[12] Vgl. Langenkämper (2000), S. 1f.

[13] Vgl. Sieben (1998), S. 190.

[14] Schmalenbach (1937), in: Sieben (1998), S. 191.

[15] Münstermann (1965), in: Kleber (1989), S. 1.

[16] Vgl. Sieben (1992), in: Hinz/Behringer (2000), S. 21.

[17] Vgl. Hinz/Behringer (2000), S. 21.

[18] Vgl. IDW Standard (2000), S. 826f.

[19] IDW Standard (2000), S. 827.

[20] Drukarczyk (2001), S. 118.

[21] Vgl. Drukarczyk (2001), S.118ff.

[22] Vgl. Drukarczyk (2001), S. 119.

[23] Vgl. Bea/Dichtl/Schweitzer (1997b), S. 255.

[24] Franke/Hax (1999), S. 147.

[25] Vgl. Wöhe/Döring (2002), S. 40.

[26] Vgl. Neus (2001), S. 38.

[27] Vgl. Franke/Hax (1999), S. 147f.

[28] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 83.

[29] Vgl. Franke/Hax (1999), S. 148.

[30] Freidank (1995), S. 494.

[31] Vgl. Olfert (2001), S. 202f.

[32] Vgl. Schmidt/Terberger (1997), S. 105.

[33] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 5f.

[34] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 49.

[35] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 50 f.

[36] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 51.

[37] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 52.

[38] Vgl. Kruschwitz (1999), S. 52.

[39] Kruschwitz (1999), S. 53.

[40] Vgl. Kruschwitz (2003), S. 74.

[41] Vgl. Kruschwitz (2003), S. 75.

[42] Karl Valentin (1882 – 1948), dt. Komiker und Schriftsteller.

[43] Vgl. Maul (1976), S. 573.

[44] Drukarczyk (2001), S. 71.

[45] Vgl. Olfert (2001), S. 93.

[46] Vgl. Neus (2001), S. 39.

[47] Vgl. Olfert (2001), S. 93.

[48] In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird die Terminologie an dieser Stelle nicht immer einheitlich verwendet. Die Begriffe ‚Unsicherheit’ und ‚Ungewissheit’ werden teilweise vertauscht. Dies bedeutet, dass ‚Ungewissheit’ oft als Oberbegriff und ‚Unsicherheit’ in der Situation ohne Wahrscheinlichkeiten gebraucht wird.

[49] Vgl. Neus (2001), S. 40

[50] Vgl. Bea/Dichtl/Schweitzer (1997a), S. 395.

[51] Siegel (1994b), S. 457.

[52] Vgl. Kruschwitz (2001), S. 2409.

[53] Vgl. Kruschwitz (2001), S. 2409.

[54] Fischer/Mandl (2000), S. 459.

[55] Vgl. Kruschwitz (2001), S. 2409.

[56] Vgl. Fischer/Mandl (2000).

[57] Vgl. Fischer/Mandl (2000), S. 459.

[58] Ballwieser (1993), S. 153.

[59] Vgl. Wöhe (2002), S. 651.

[60] Vgl. Ballwieser (1993), S. 153.

[61] Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 30.

[62] Vgl. IDW Standard (2000).

[63] Vgl. Kohl/Schulte (2000), S. 1147; Vgl. IDW Standard (2000), S. 826.

[64] IDW Standard (2000), S. 835.

[65] Vgl. IDW Standard (2000), S. 835ff.

[66] Vgl. Kohl/Schulte (2000), S. 1148.

[67] Siepe/Dörschell/Schulte (2000), in: Kohl/Schulte (2000), S. 1148.

[68] Vgl. Ballwieser (1993), S. 155ff.

[69] Vgl. IDW Standard (2000), S. 826.

[70] Vgl. Fischer/Mandl (2000), S. 460.

[71] Vgl. IDW Standard (2000), S. 826.

[72] Fischer/Mandl (2000), S. 471.

[73] Vgl. Schwetzler (2000b), S. 469.

[74] Serfling/Pape (1995), S. 944 (im Original zum Teil fett gedruckt).

[75] Kruschwitz (2001), S. 2409.

[76] Mandl/Rabel (1997), S. 219.

[77] Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 219.

[78] Vgl. Siegel (1994a), S. 12.

[79] Behringer (1999), S. 732.

[80] Vgl. Kruschwitz (2001), S. 2409.

[81] Vgl. Drukarczyk (2001), S. 76f.

[82] Vgl. Kruschwitz (2001), S. 2410.

[83] Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 219.

[84] Schultze (2001), S. 149.

[85] Vgl. Siegel (1994a), S. 12.

[86] Siegel (1994a), S. 13.

[87] Behringer (1999), S. 732.

[88] Vgl. Behringer (1999), S. 732.

[89] Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 220.

[90] Vgl. Ballwieser (1993), S. 156.

[91] Vgl. Drukarczyk (2001), S. 95.

[92] Drukarczyk (2001), S. 87.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2003
ISBN (eBook)
9783832474874
ISBN (Paperback)
9783838674872
DOI
10.3239/9783832474874
Dateigröße
790 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2003 (Dezember)
Note
2,0
Schlagworte
sicherheitsäquivalentmethode risikozuschlagsmethode barwert
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Unternehmensbewertung unter Unsicherheit
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