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Der Minderheitenschutz im Recht der Europäischen Union in Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung

©2003 Diplomarbeit 160 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In der Entstehungsgeschichte der Europäischen Gemeinschaften hat das Thema Minderheiten und deren Schutz bislang keine überdimensionale Rolle gespielt. Durch die Wandlung der Gemeinschaft von einem wirtschaftlich orientierten Zusammenschluss zu einer politischen Union sowie durch die Bereitschaft, immer mehr Länder in den „Club“ aufzunehmen, hat das sensible Thema der Minderheiten in Europa zunehmend an Bedeutung gewonnen. Durch den Fall des Kommunismus in Osteuropa und die progressive Annäherungspolitik dieser Länder an den Westen sind viele latente Nationalitäten- und somit auch Minderheitenkonflikte in dieser Region ans politische Tageslicht getreten sind. Durch den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder zur Europäischen Union werden deshalb manche politisch höchst brisante Situationen und Probleme in die Agenda der EU-Institutionen aufgenommen.
Gleichermaßen sieht sich die Politik in Europa immer mehr mit den Bedürfnissen der sog. „neuen Minderheiten“ konfrontiert, meist Einwanderer und deren Nachkommen, die sich in einer ambivalenten Lage zwischen dem Willen, die eigene Identität und Kultur bewahren zu wollen, und der Notwendigkeit, sich an die Gegebenheiten ihres Gastgeberlandes anpassen zu müssen, befinden.
Nach einer kurzen allgemeinen Einführung zum Thema Minderheiten im Völker- und Europarecht, untersucht die Arbeit die existierende rechtliche und politische Lage für (vornehmend) ethnische, aber auch soziale und andere Minderheitengruppen auf der Ebene der EU und wie das Thema Minderheiten in der Vergangenheit von deren Institutionen angegangen wurde. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gemeinschaftspolitik seit dem Fall der Berliner Mauer, und insbesondere auf die gemeinschaftliche Außenpolitik. So wird der Begriff des „Doppelstandards“ der Union in Minderheitenfragen kritisch durchleuchtet und die ganze Tragweite der sich bis heute abzeichnenden Konsequenzen aufgezeigt.
Im Blickfeld der Erweiterung nach Osten geht der Autor daran, die von der EU für die ehemaligen kommunistischen Ostblockländer zur Verfügung stehenden Mittel für den Minderheitenschutz zu analysieren und die durch den Beitritt dieser Länder in die künftige EU neu entstehenden Probleme in Minderheitenfragen unter die Lupe zu nehmen.
Die Arbeit schließt mit einem Kapitel über künftige mögliche Szenarien einer gemeinschaftlichen Minderheitenpolitik im erweiterten Europa, unter besonderer Einbeziehung der wichtigsten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7482
Trebo, Angelo: Der Minderheitenschutz im Recht der Europäischen Union in
Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

2
Inhaltsverzeichnis
1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
...S. 5
1.1. Rechtlich-historischer Überblick über die Entwicklung der Minderheitenfrage
in Europa..
...S. 5
1.1.1. Anfänge und Erster Weltkrieg
...S. 5
1.1.2. Die Entwicklung in der Nachkriegszeit
...S. 7
1.1.2.1. Vereinte Nationen
...S. 7
1.1.2.2. Europarat
...S. 8
1.1.2.3. KSZE/OSZE
...S. 14
1.2. Definition des Begriffes ,,Minderheit"
...S. 20
2. Der Minderheitenschutz in der EU
...S. 26
2.1. Gibt es einen Minderheitenschutz im Recht der EU?
...S. 26
2.1.1. Minderheitsrechtliche Aspekte im Entstehungsprozess der
Europäischen Gemeinschaften
...S. 26
2.1.2. Minderheitenschutz auf der Tagesordnung der EU-Politik
...S. 31
2.2. Ist es überhaupt sinnvoll, auf EU-Ebene nach einem Minderheitenschutz
zu streben?
...S. 34
2.3. Interner und externer Minderheitenschutz
...S. 37
2.3.1. Interner Minderheitenschutz
...S. 39
2.3.1.1. Die Freizügigkeit des Personenverkehrs als anfänglicher Faktor der
gemeinschaftsrechtlichen Minderheitenfrage
...S. 39
2.3.1.2. Politischer Einfluss und Tätigkeiten der EG/EU-Organe
...S. 40
a) Europäisches Parlament
...S. 42
b) Der Rat der EU und Europäischer Rat
...S. 50
c) Ausschuss der Regionen
...S. 54
2.3.1.3. Der Grund- und Menschenrechtsschutz im Gemeinschaftsrecht
...S. 56
a) Die Rechtsprechung des EuGH zum Thema
...S. 60
b) Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union
...S. 64
2.3.1.4. Diskriminierungsverbot nach Art. 13 EGV
...S. 71
2.3.1.5. Minderheitenschutz als Teil des Kampfes gegen Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit
...S.75

3
a) Die ,,Rassen-Richtlinie"
...S. 77
b) Die ,,Beschäftigungsrichtlinie"
...S. 81
2.3.1.6. Kulturelle Vielfalt
...S. 83
a) EBLUL
...S. 87
b) Mercator
...S. 86
c) Euromosaic
...S. 89
d) Kultur 2000 (vormals Ariane, Kaleidoscope, Raphael)
...S. 90
e) Förderung von Regional- und Minderheitensprachen
...S. 91
2.3.1.7. Die Regionalpolitik im Zeichen des Minderheitenschutzes
...S. 93
2.3.1.8. Die EU-Sanktionen gegen Österreich und der neue Art. 7 EUV nach dem
Vertrag von Nizza
...S. 96
2.3.2.
Externer Minderheitenschutz
...S. 101
2.3.2.1. Die Erklärung über Jugoslawien und die Richtlinien zur Anerkennung neuer
Staaten in Osteuropa und in der ehemaligen Sowjetunion
...S. 102
2.3.2.2. Der Stabilitätspakt
...S. 106
2.3.2.3. Die Osterweiterung
...S. 110
2.3.2.4. Die Menschenrechtsklausel in den AKP-Abkommen
...S. 112
3. Der Minderheitenschutz und die EU-Osterweiterung
...S. 115
3.1. Die Erweiterung der Europäischen Union als historische Chance
...S. 115
3.2. Kurzer historischer Rückblick der Minderheitenfrage in Osteuropa,
speziell seit 1989...
...S. 116
3.3. Die Beitrittskriterien von Kopenhagen
...S. 119
3.4. Die Europa-Abkommen
...S. 122
3.4.1.
Assoziierung als Vorstufe zum Beitritt
...S. 122
3.4.2.
Menschenrechts- und Minderheitenschutz als Bestandteil
der Assoziierungsabkommen
...S. 123
3.4.3.
Die Beziehung zur Türkei und deren kurdische Minderheit
...S. 126
3.5. Die Agenda 2000 und die Regelmäßigen Berichte der Kommission
...S. 128
3.6. Die Beitrittspartnerschaft
...S. 132
3.7. Von der EU in Osteuropa initiierte Projekte in Zusammenhang
mit Menschenrechts- und Minderheitenfragen..
...S. 133

4
3.7.1. PHARE
...S. 133
3.7.2. ACCESS
...S. 134
3.7.3. EIDHR
...S. 135
3.8. Rassismusbekämpfung in den Beitrittsländern und die Situation
der Roma
...S. 136
4. Zukunftsperspektiven des Minderheitenschutzes im Recht der Europäischen
Union
...S. 140
4.1. Status quo
...S. 140
4.2. Szenario einer künftigen gemeinschaftlichen Minderheitenpolitik
...S. 141
4.2.1.
Agnostizismus und Bedeutungsverlust
...S. 142
4.2.2.
Die ,,sehr verschiedene Europäische Union".
...S. 143
4.2.3.
Die Streitfrage der Kollision zwischen nationalen Minderheitenschutz-
normen und Gemeinschaftsrecht sowie die Rolle des EuGH
...S. 144
4.2.4.
Tragweite einer potentiellen EU-Minderheitenschutznorm
...S. 147
4.3. Schlusswort
...S. 150
Literaturverzeichnis
...S. 151
Abkürzungsverzeichnis
...S. 157

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
5
1. ENTWICKLUNG DES MINDERHEITENSCHUTZES
1.1. Rechtlich-historischer Überblick über die Entwicklung der
Minderheitenfrage in Europa
1.1.1. Anfänge und Erster Weltkrieg
Ausgelöst durch die lutherische Reformation trat die Thematik der Minderheiten
anfänglich als religiöses Konfessionsproblem auf die politischen Agenden der
damaligen Landesherren. Trotz der von allen christlichen Religionen proklamierten
Prinzipien der Brüderlichkeit und menschlichen Liebe, - unabhängig von der
Verschiedenheit der Rasse, Farbe oder Sprache -, waren es gerade religiös geprägte
Gründe, die im späten Mittelalter zu Verfolgungen von anders Denkenden und
Glaubenden führten und somit die Weichen für das Aufkommen des Begriffes und
des politischen Problems ,,Minderheiten" stellten. Nach dem Augsburger
Religionsfrieden von 1555, der den jeweiligen Herrschern die Freiheit gewährte, ihre
Religion, ob Protestantisch oder Katholisch, zu wählen, mussten sich auch die
jeweiligen Untertanen entscheiden, welcher Religion sie angehören wollten, gemäß
dem Grundsatz ,,cuius regio, eius religio". Mitglieder anderer Religions-
gemeinschaften als die des Herrschers wurden gezwungen auszuwandern, da man
den ­ nach dem Ende des 30jährigen Krieges ­ damals entstehenden territorialen
Flächenstaat nicht durch interne Störfaktoren in Gefahr setzen wollte. Durch die
Verfestigung der Nationalstaaten und speziell durch die französische Revolution mit
dem damit entstehenden Staatszugehörigkeitsgefühl, kam der Begriff der
,,ethnischen", nationalen Minderheiten auf, deren Anerkennung und Schutz erstmals
in der Wiener Schlussakte 1815 erörtert und auf multilaterale Basis völkerrechtlich
verankert wurden. Der Berliner Kongress 1878 formulierte in der Folge ein
Diskriminierungsverbot für Angehörige anderer Konfessionen innerhalb der neu
geschaffenen Staaten am Balkan.
Konkrete Ansätze zu einem effektiven Minderheitenschutz wurden aber erst nach
dem 1. Weltkrieg unter der Schirmherrschaft des Völkerbundes unternommen.
Bedingt durch die Grenzänderungen, die das Ende des 1. Weltkrieges mit sich
brachte, war in Europa, und besonders in Mittel- und Osteuropa, eine Situation
entstanden, die zahlreiche politische Probleme ungelöst beließ und unzählige

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
6
Minderheitenfragen aufwarf. Die neu geregelten Staatsgrenzen wurden zwar im
Großen und Ganzen nach dem Prinzip des Selbstbestimmungsrechts gezogen,
trotzdem blieben aber in Ost- und Mitteleuropa Minderheiten in einer Größenordnung
von 25-30 Millionen Menschen zurück, die sich, in Folge der Friedensverträge, zum
Teil in plötzlich fremden oder in zum Teil neu gegründeten Staaten wieder fanden.
Da wegen des Vorhandenseins von verschiedenen Volksgruppen auf engstem Raum
eine Ziehung von ,,reinen" Staatsgrenzen nicht immer möglich gewesen war, wurde
die Notwendigkeit gesehen, diesen Volksgruppen einen besonderen Schutz zu
gewähren. Der Versuch, ein unter der Ägide des Völkerbundes universell geltendes
Minderheitenschutzsystem zu schaffen, scheiterte. Bekanntlich genoss diese
Internationale Organisation, die als Vorgänger der Vereinten Nationen gilt, ja nie
großer Popularität. Gewisse Staaten, mehrheitlich in Osteuropa, wurden gezwungen,
­ als Gegenleistung für ihre Unabhängigkeit ­ bilaterale Minderheitenschutzverträge
zu unterzeichnen. Vergeblich protestierten die betroffenen Staaten gegen diese
Diskriminierung und beklagten eine Einschränkung ihrer Souveränität. Die
Friedensverträge mit Polen, Rumänien, Griechenland, der Tschechoslowakei und
Jugoslawien beinhalteten also Bestimmungen zum Schutz der auf dem Territorium
der jeweiligen Staaten lebenden Minderheiten. Die Staaten waren zunächst
verpflichtet, die Minderheiten auf Grund ihrer Rasse, Sprache oder Religion nicht zu
diskriminieren, sowie den Minderheiten in bestimmten Angelegenheiten eine
bevorzugte Behandlung zu gewährleisten, um die nationale Identität und
Wertegemeinschaft der Volksgruppe, welche auf Grund der territorialen
Grenzänderungen in Gefahr war, zu bewahren (z.B. Gebrauch der
Minderheitensprache vor Gericht, muttersprachlicher Schulunterricht zumindest in
der primären und sekundären Schulbildung, Zusicherung staatlicher Zuschüsse für
die schulischen oder religiösen Institutionen der Minderheit). Das oberste Ziel des
Völkerbundes war zwar die Wahrung des Friedens und der Sicherheit, jedoch führte
das System zu erheblichen Schwierigkeiten
1
, in weiterer Folge auch zu
folgenschwerem Missbrauch, als z.B. Nazi-Deutschland die Frage der deutschen
1
Im Allgemeinen wird als Grund, warum der Völkerbund scheiterte, die Nicht-Teilnahme der USA
sowie der progressive Ausstieg wichtiger Mächte, angenommen (Deutschland 1933 ausgetreten,
UdSSR 1934 ausgeschlossen, Japan 1933 ausgetreten, Italien 1935 zum Aggressor erklärt, 1937
ausgetreten).

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
7
Minderheiten im Ausland als Argument seiner Interventions- bzw. Aggressionspolitik
benützte.
1.1.2. Die Entwicklung in der Nachkriegszeit
1.1.2.1. Vereinte
Nationen
Das Ende des Zweiten Weltkrieges brachte einen völlig neuen Ansatz des
Minderheitenschutzes. Einerseits glaubte man, die Minderheitenprobleme hätten sich
durch die Vertreibungen und Umsiedlungen im Gefolge des Krieges weitgehend von
alleine gelöst
2
, andererseits setzte sich bei den neu gegründeten Vereinten Nationen
die Ansicht durch, dass Minderheitenschutz durch ­ sich damals in der
Entwicklungsphase befindenden - Menschenrechtsschutz ausreichend gewährleistet
werden könne. Deshalb ist z.B. in der Satzung der Vereinten Nationen und in der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 von Minderheiten nicht die
Rede. Andere wiederum waren der Auffassung, dass ein solch komplexes Thema
wie der Minderheitenschutz mehr Zeit und Diskussionen erfordern würde. So wurde
in einer Resolution der Generalversammlung aus dem Jahre 1948 beschlossen, dass
die Vereinten Nationen nicht gleichgültig gegenüber dem Schicksal vieler
Minderheiten sein können, dass es aber ­ auf Grund der vielschichtigen Komplexität
des Problems ­ sehr schwierig sei, eine ausgeglichene Lösung für das Problem zu
finden
3
.
Erst im Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte 1966 wurden in
Art. 26 ein allgemeines Diskriminierungsverbot und in Art. 27 eine spezielle
Bestimmung für Minderheiten vorgesehen
4
. Jedoch handelt es sich im letzteren Fall
ebenfalls nur um ein allgemeines Diskriminierungsverbot für Angehörige von
Minderheiten und enthält keine Verpflichtung zu konkreten positiven
Gewährleistungsmaßnahmen seitens eines Unterzeichnerstaates. Die gewählte
2
Vgl. Hummer in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts,
MANZ, Wien, 1997, S. 291 Rn 1530
3
Res. Generalversammlung Res. 217C (III) 1948
4
Sog. ,,UN-Menschenrechtspakt II" vom 19.12.1966, Art. 27: ,,In Staaten mit ethnischen, religiösen
oder sprachlichen Minderheiten darf Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten
werden, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen,
ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen."

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
8
Formulierung, ,,darf (...) nicht das Recht vorenthalten werden", lässt darauf
schließen, dass die Staaten sich nur dazu verpflichteten, die im Pakt vorgesehene
formelle Gleichstellung nicht zu leugnen oder zu verhindern, nicht aber den
Minderheiten innerhalb eines Staates das Recht einzuräumen, selbst, im Hinblick auf
die Forcierung dieses Schutzes seitens eines Vertragsstaates, tätig zu werden.
Zahlreiche andere, auch für Minderheiten indirekt relevante Konventionen wurden im
Laufe der Jahrzehnte von der UNO verabschiedet
5
, wodurch ein zweifacher
normativer Zugang zum Thema feststellbar ist: einerseits, allgemein formulierte Texte
wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Menschenrechtspakte I und
II, etc. und andererseits Texte, die sich auf namentliche Bereiche beziehen, wie
Rassendiskriminierung, Völkermord, Behinderte u.a.
Im Jahre 1992 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine ,,Erklärung über die
Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen
Minderheiten angehören"
6
. Der konkrete Anlass für die Annahme dieses Instruments
war der ethnopolitische Konflikt auf dem Balkan, ausgelöst durch den Zerfall der
jugoslawischen Föderation. Die Deklaration knüpft an die Minderheiten-Resolution
von 1948 an und beinhaltet Sonderbestimmungen zum Gebrauch der eigenen
Sprache in der Öffentlichkeit und im Privaten, das Recht für Angehörige nationaler
oder ethnischer, religiöser und sprachlicher Minderheiten, bei politischen
Entscheidungen auf nationaler und regionaler Ebene vertreten zu sein, das Recht,
ihre Muttersprache zu erlernen oder Unterricht in ihrer Muttersprache zu erhalten
7
,
das Recht, zwischenstaatliche Kontakte zu pflegen u.a. Die Erklärung ist kein
bindendes Instrument, sondern hat allgemeinen politischen Charakter. Es werden in
ihr die beiden gegensätzlichen Tendenzen der modernen Staaten, der international
community, gut sichtbar, einerseits Minderheiten schützen zu wollen, aber
andererseits mit nationalistischen Abspaltungen fertig werden zu müssen, da sie die
5
Z.B. Internationales Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung
1965, Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes 1948, Übereinkommen über
die politischen Rechte der Frau 1953, Diskriminierung von Behinderten RES 1975, UNESCO-
Übereinkommen gegen die Diskriminierung im Unterrichtswesen 1960
6
A/RES/47/135 vom 18. Dez. 1992
7
Allerdings nur ,,soweit möglich" (wherever possible) (Art. 4.3), was eine effektive
Anwendungsmöglichkeit deutlich reduziert.

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
9
völkerrechtlichen Prinzipien der Souveränität, der territorialen Integrität und der
politischen Unabhängigkeit nicht verletzt sehen wollen.
8
Art. 8, Abs. 4 der Erklärung
präzisiert: ,,Diese Erklärung ist nicht so auszulegen, als gestatte sie eine Tätigkeit,
die im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen steht,
einschließlich der souveränen Gleichheit, der territorialen Unversehrtheit und der
politischen Unabhängigkeit der Staaten." Die Deklaration enthält keine Definition des
Begriffes ,,Minderheit". Trotzdem besitzt sie einen beträchtlichen moralischen Wert
und stellt einen Meilenstein auf dem Gebiet des internationalen
Minderheitenschutzes dar. Nach der Menschenrechtskonferenz von Wien 1993
beschloss die UNO, den Posten eines Hohen Kommissars für Menschenrechte zu
schaffen
9
, in dessen Aufgabenbereich aber keine expliziten Schutzmaßnahmen zu
Gunsten von Minderheiten fallen. Das Mandat des Hochkommissars umfasst v.a. die
umfassende Aufsicht über das UN-Menschenrechtszentrum, die Koordinierung und
gegenseitige Angleichung der unterschiedlichen UN-Menschenrechtsschutzverfahren
sowie Aktivitäten im humanitären Krisenmanagement und bei der präventiven
Diplomatie.
Leider muss man heute sagen, dass der von der UNO propagierte universelle
Menschenrechtsschutz nicht so erfolgreich ist, wie allgemein gewünscht wäre,
obwohl u.a. nach hM die wichtigsten Menschenrechte auch zum ius cogens gezählt
werden
10
. Alle Menschenrechtsverträge enthalten zwar Kontrollmechanismen, aber
deren Durchführung ist meist den einzelnen Staaten überlassen. Die seit 1946
existierende Menschenrechtskommission der VN bzw. deren seit 1947 existierende
Unterkommission zur Verhütung von Diskriminierungen und für den Schutz von
Minderheiten wurden 1967 ermächtigt, Informationen über schwere Verletzungen
von Menschenrechten und Grundfreiheiten in einem öffentlichen Verfahren zu
prüfen. 1970 wurde dann für die gleiche Zielsetzung ein ­ vom Prinzip der
exhaustion of local remedies gekennzeichnetes - vertrauliches Verfahren eingeführt.
Wenn man aber bedenkt, dass hinter den beiden Kommissionen ebenfalls jene
Staaten stecken, welche von Fall zu Fall selber als Angeklagte dastehen, versteht
man, weshalb das System eher kritisiert und negativ beurteilt wird.
8
Vgl. Benoît-Rohmer/Hardemann, The Minority Question in Europe, CEPS paper Nr. 55
9
Res der GV der VN 48/141, 20.12.1993
10
Vgl. Neuhold, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Rn 29

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
10
1.1.2.2. Europarat
Im Lichte seines deklarierten Vorsatzes - auf der Grundlage der gemeinsamen
Verpflichtung zur Vorherrschaft des Rechts, der Demokratie und des
Menschenrechtsschutzes -, größere Einheit zwischen den Mitgliedstaaten zu
erzielen
11
, war es immer eines der Hauptanliegen des Europarates seit seiner
Gründung 1949 gewesen, die Einhaltung der Grundfreiheiten eines jeden
Individuums zu erreichen und anzuregen.
Die am 4. November 1950 unter der Schirmherrschaft des Europarates
unterzeichnete Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert in erster
Linie die Einhaltung von Menschenrechten, im Besonderen bürgerliche und politische
Rechte, ohne spezielle Bestimmungen für Minderheiten vorzusehen. Für
Minderheiten indirekt relevante Bestimmungen werden in Art. 8 (Achtung des Privat-
und Familienlebens), Art. 9 und 10 (Glaubens- und Meinungsfreiheit), Art. 11
(Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit), sowie in Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls
von 1952 (Recht auf Bildung) erwähnt
12
. Art. 14 EMRK sieht ein allgemeines
Diskriminierungsverbot vor, welches den Genuss der in der Konvention vorhandenen
Rechte und Freiheiten ohne Unterschied gewährleistet. Jeder Artikel der EMRK, der
ein Recht oder eine Freiheit schützt, beinhaltet folglich implizit auch ein
Gleichbehandlungsgebot
13
. Diese Auffassung wurde erstmals im Belgischen
Sprachenfall klar
14
. Andererseits bezieht sich das Diskriminierungsverbot in Art. 14
auf die Ausübung allein der in der Konvention vorgesehenen Rechte. Grundsätzlich
sieht bislang die EMRK keine echten Minderheitenrechte und insbesondere
11
Art. 1 und 3 Satzung des Europarates
12
1. Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Paris,
20.3.1952
13
Vgl. Blumenwitz, Internationale Schutzmechanismen zur Durchsetzung von Minderheiten- und
Volksgruppenrechten, 1997, S. 125
14
1968 befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls
(Recht auf Bildung) und Art. 8 Abs. 1 (Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens) durch die
flämische Schulregelung zwar nicht direkt verletzt wurden, sie aber i.V.m. Art. 14
(Diskriminierungsverbot) Anwendung finden konnten. Vgl. Blumenwitz, Internationale
Schutzmechanismen, S. 125

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
11
Gruppenrechte vor
15
, sondern basiert auf den Gedanken, dass Minderheitenschutz
ein Teil des universellen Menschenrechtsschutzes sei. Um jedoch den Angehörigen
von Minderheiten die Möglichkeit zu geben, von den im Rahmen der EMRK
existierenden Schutzmechanismen unmittelbar profitieren zu können, empfahl die
Parlamentarische Versammlung 1993 ­ auf der Grundlage eines österreichischen
Entwurfes zum Schutz von Volksgruppen aus dem Jahr 1991 - ein Zusatzprotokoll
zur EMRK über den Minderheitenschutz
16
zu beschließen. Die Verabschiedung des
Protokolls kam jedoch nicht zustande und wurde Anfang 1996, auf Anfrage des
Ministerkomitees, gestoppt. Erst am 4. November 2000 wurde das sog. 12.
Zusatzprotokoll zur EMRK verabschiedet, das aber bislang wegen der noch
ausständigen Ratifizierungen (10 sind verlangt) nicht in Kraft getreten ist. Mit diesem
Übereinkommen wird die Teilhabe an allen gesetzlichen Rechten ohne
Diskriminierung aus irgendeinem Grund gewährleistet und das
Diskriminierungsverbot wesentlich erweitert. Auch die Vereinigung zu einer
nationalen Minderheit ist als möglicher Grund eines Diskriminierungsverbotes
enthalten. Im Gegensatz zu Art. 14 EMRK, der ­ wie schon erwähnt ­ das
Diskriminierungsverbot ausschließlich für solche Rechte vorsieht, die sich aus der
Konvention selbst ergeben, bezieht dagegen das 12. Zusatzprotokoll alle Rechte
ein, die sich aus der staatlichen Ordnung des Vertragsstaates ergeben. Bislang
15
Im Fall X g Österreich (Beschwerde 8142/78) unterstrich die (damalige) Europäische Kommission
für Menschenrechte, dass die Konvention kein Recht für sprachliche Minderheiten vorsieht und
folglich für deren Mitglieder der Schutz beschränkt ist auf Nicht-Diskriminierung, sofern die
Assoziierung mit einer nationalen Minderheit besteht; sh.: Decisions and Reports 18, 1979, S. 88 ff.;
Im Fall G. und E. g Norwegen (
Gesammelte Beschwerden 9278/81 und 9415/81)
akzeptierte die
Kommission, dass, im Rahmen des Art. 8 EMRK, "a minority group is, in principle, entitled to claim
the right to respect for the particular lifestyle it may lead as being private life, family life or home". Sh.:
Decisions and Reports 35, 1983, S. 30
Im Fall Isop g Österreich (Beschwerde No. 808/60) befand die Kommission, dass Art. 6 (Recht auf
fairen Prozess) i.V.m. Art. 14 (Diskriminerungsverbot) nicht das Recht auf freie Sprachwahl für
Staatsangehörige im Umgang mit den staatlichen Behörden beinhaltet. Die zweifelsohne auch
linguistische Färbung von Art. 6 wird als ,,lex specialis" zu Art. 14 angesehen, insofern als jener das
Limit des erforderlichen Diskriminierungsverbotes in Bezug auf sprachliche Rechte in Verfahrens- und
Polizeiangelegenheiten darstellt.
16
Empfehlung 1201(1993)

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
12
haben 10 EU-Staaten das Protokoll unterzeichnet
17
. Sobald alle Mitgliedstaaten
ratifiziert haben und das Protokoll in Kraft getreten ist, könnte es ­ ähnlich der EMRK
­ auch für die gemeinschaftsrechtliche Rechtssprechung und Politik von Relevanz
werden.
Im Gegensatz zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 enthält die
EMRK aber ausdrücklich den Begriff ,,nationale Minderheit" und drückt mit den
Worten ,,ist (...) zu gewährleisten"
18
einen expliziten Schutzimperativ der erwähnten
Rechte und Freiheiten aus. Zudem sieht die Konvention effektive sog. gerichtliche
Kontroll- und Schutzsysteme vor, die eine für den Staat juristisch bindende
Entscheidung ermöglichen. Tatsache ist aber, dass der Europarat ­ abgesehen von
der Parlamentarischen Versammlung - bis in die 90er Jahre keine besonders aktive
Minderheitenpolitik betrieb
19
und folglich die Rechtssprechung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte sowie - bis 1998 - der Europäischen Kommission
für Menschenrechte beschränkt blieb auf indirekte Schutzmassnahmen für
Minderheiten durch Anwendung von allgemeinen und speziellen
Menschenrechtsvorschriften.
Seit dem Fall der Berliner Mauer hat sich die Politik des Europarates (so wie auch
die der Europäischen Union) in Bezug auf Minderheiten radikal geändert. Durch den
Zerfall der ehemaligen Ostblockstaaten und der ehemaligen Sowjetunion ergab sich
ein ähnliches Szenario, wie man es bereits nach dem 1. Weltkrieg vorgefunden
hatte: zahlreiche Staaten entstanden neu, andere zerbrachen und zersplitterten sich
in viele kleinere. Aufgrund von Kriegen, Völkermord und Vertreibungen wurden
tausende von Menschen von ihrer Heimat losgerissen und fanden sich in fremden
Ländern wieder. Bald wurde klar, dass der Europarat, als Garant der
Menschenrechte und der Demokratie in Europa, zusammen mit anderen
Internationalen Organisationen wie der EG/EU und der KSZE/OSZE eine tragende
17
Belgien, Deutschland, Finnland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich
und Portugal haben unterzeichnet. Stand 12.02.2003. Zum Inkrafttreten des Protokolls bedarf es 10
Ratifizierungen.
18
Art. 14 EMRK; vgl. den Wortlaut in der authentischen Sprache Französisch ,,doit être assurée"
19
Die Parlamentarische Versammlung, welche jedoch keine satzungsmäßigen Entscheidungs-
befugnisse hat, befasste sich seit der Gründung des Europarates des Öfteren mit der
Minderheitenfrage.

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
13
Rolle für die Entwicklung der Menschenrechts- und Minderheitenfrage in Europa
spielen sollte. Im Oktober 1990 verabschiedete die Parlamentarische Versammlung
des Europarates eine erste ­ rechtlich nicht bindende - Empfehlung über die Rechte
von Minderheiten
20
, in der betont wurde, dass ,,respect for the rights of minorities and
persons belonging to them is an essential factor for peace, justice, stability and
democracy" (Art. 4) und dass ,,national minorities should have the right to be
recognised as such by the State in which they live". Gleichzeitig wurde der Wunsch
ausgesprochen, dass Minderheiten berechtigt sein sollten, freie und ungehinderte
Kontaktmöglichkeiten mit Angehörigen anderer Staaten zu haben, mit denen sie
einen gemeinsamen Ursprung oder ein kulturelles Erbe besitzen (sog. ,,kin-states").
Weiters wurden kulturelle Rechte gefordert, zusammen mit der Möglichkeit,
selbständige schulische, religiöse und kulturelle Institutionen führen zu können,
sowie das Recht, ,,to participate fully in decision-making about matters which affect
the preservation and development of their identity and in the implementation of those
decisions" (Art. 11). Staaten, die zu ihren Staatsbürgern auch nationale Minderheiten
zählen, sollen sich verpflichten ,,to guarantee the protection as well as the possibility
for the effective exercise of the rights of national minorities and persons belonging to
them", "to take all the necessary legislative, administrative, judicial and other
measures to create favourable conditions to enable minorities to express their
identity, to develop their education, culture, language, traditions and customs", und
"to abstain from pursuing policies aimed at forced assimilation of national minorities"
(Art. 13).
Durch seine traditionelle Rolle, die der Europarat in der Domäne der
Menschenrechte in den vergangenen Jahrzehnten gespielt hatte, sollte es dieser
Internationalen Organisationen obliegen, konkrete ­ durch die tagespolitische
Aktualität erforderliche ­ Maßnahmen im Bereich des Minderheitenschutzes zu
beschließen. Da die neuen Demokratien Mittel- und Osteuropas ­ in ihrem nun
westlich orientierten Blickfeld ­ ein reges Interesse zeigten, Mitglieder des
Europarates zu werden, wurde der Minderheitenschutz seit 1992 eine conditio sine
qua non für den Beitritt der neuen osteuropäischen Staaten zum Europarat. Dieser
Beitritt, der vielerorts als der erste Schritt in Richtung Annäherung an den Westen
20
Empfehlung 1134/1990

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
14
angesehen wurde, bedeutet für die neuen Mitglieder in erster Linie die
fundamentalen Werte und Grundsätze der westeuropäischen Zivilisation
übernehmen zu müssen. Gerade der Europarat war ja gegründet worden, um ,,eine
engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern zum Schutze und zur Förderung der
Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, herzustellen und ihren
wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern"
21
.
1992 verabschiedete der Europarat die ,,Europäische Charta für Regional- oder
Minderheitensprachen", die zwar kein bindendes Rechtsinstrument ist und auch
Angehörigen von Minderheiten direkt keine speziellen Rechte gewährleistet, jedoch
in den betroffenen Staaten die Überzeugung schaffen sollte, solchen lokalen
Sprachen
22
gewisse Rechte und Schutzmassnahmen einzuräumen. Die Charta
unterliegt dem Verfahren der ,,teilweisen Annahme", d.h. dass die Staaten sich aus
einer Liste von Bestimmungen ,,à la carte" eine bestimmte Anzahl raussuchen
können, zu denen sie sich verpflichten wollen. In diesem Fall kann sich z.B. jeder
Staat selbst raussuchen, auf welche Regional- oder Minderheitensprachen er die
Charta anwenden will. Der Text ist jedoch sehr vorsichtig formuliert
23
und sieht eine
Liste von Förder- und Schutzmöglichkeiten im Bereich Bildung, Gerichtsbarkeit,
Umgang mit der öffentlichen Verwaltung, Medien, kulturelle Tätigkeiten u.a. vor.
Besonders werden auch internationale Kooperationen zwischen Staaten, in denen
dieselbe Sprache als die Minderheitensprache gesprochen wird, durch verschiedene
Maßnahmen (bilaterale und multilaterale Verträge, grenzüberschreitender Radio- und
TV-Empfang,...) verstärkt berücksichtigt. Nennenswert ist auch die Tatsache, dass
die Charta denjenigen, die Regional- oder Minderheitensprachen sprechen, keine
Rechte einräumt, sondern allein auf die Sprachen in se fokussiert und folglich
21
Satzung des Europarates, 1949, Art. 1, lit. a
22
Art. 1 definiert den Begriff der ,,Regional- oder Minderheitensprache" und berücksichtigt dabei nicht
die Sprachen von Immigranten: ,,Regional or minority languages means languages that are: i)
traditionally used within a given territory fo a State by nationals of that State ..."
23
Vgl. Art. 10, Abs. 3 ,,as far as this is reasonably possible" und Abs. 4, lit. a "as may be required", lit.
b "where necessary".

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
15
Anerkennung, Schutz und Mehrsprachigkeit als oberste Ziele proklamiert
24
. Die
Charta sieht zudem ein Staatenberichtsverfahren vor und trat am 1. März 1998 in
Kraft.
Im Oktober 1993 wurde von den Staats- und Regierungschefs des Europarats die
,,Wiener Erklärung" verabschiedet, die auf die Empfehlung 1201/1993 der
Generalversammlung fußte und den Auftrag an das Ministerkomitee enthielt, sowohl
ein Rahmenabkommen als auch ein Zusatzprotokoll zur EMRK über
Minderheitenschutz auszuarbeiten. Das Zusatzprotokoll, das in jener ursprünglichen
Form nicht verabschiedet wurde, sollte sich auf die Regelung kultureller Rechte
beschränken. So wurde 1994 das ,,Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler
Minderheiten" (RKNM) beschlossen, das am 1. Februar 1995 zur Unterzeichnung
freigegeben wurde und am 1. Februar 1998 in Kraft trat. Es handelt sich hierbei um
das absolut erste bindende multilaterale Instrument, das sich zur Gänze dem
Minderheitenschutz widmet, obwohl es sich im Grunde um eine ,,Rahmen"-
Konvention handelt, d.h. dass sie sich darauf beschränkt, Grundsätze festzulegen
und die enthaltenen Bestimmungen somit nicht self-executing sind. Die konkrete
Umsetzung sowie deren Ausmaß werden den Vertragsstaaten überlassen. Allerdings
muss jede Vertragspartei innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Abkommens
dem Generalsekretär des Europarates ,,vollständige Informationen über die
Gesetzgebungsmaßnahmen und andere Maßnahmen, die sie zur Verwirklichung der
in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze getroffen hat"
übermitteln
25
. Die Konvention steht auch Nicht-Mitgliedern des Europarates zur
Ratifizierung offen, denn, als Teil des internationalen Menschenrechtsschutzes falle
der Schutz nationaler Minderheiten sowie der Freiheiten und Rechte der
Angehörigen dieser Minderheiten in den Bereich der internationalen
Zusammenarbeit
26
. In der Tat greift die Konvention manche individuelle
Menschenrechte der EMRK auf, die für Minderheiten von besonderer Bedeutung
sind (z.B. Art 7,8, 9 und 12, Abs. 3 RKNM) und fügt an manchen Stellen
24
Vgl. Henrard, The Interrelationship between Individual Human Rights, Minority Rights and the Right
to Self-Determination and Its Importance for the Adequate Protection of Linguistic Minorities, in: The
Global Review of Ethnopolitics, Vol. 1, no. 1, September 2001, S. 41-61
25
Vgl. Art. 25, Abs. 1 Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten
26
Vgl. Art. 1 ibidem

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
16
Sonderforderungen, die zum Schutz spezieller Minderheitenrechte notwendig sind
(z.B. Art. 9, Abs. 2 und 3, Art. 4). Die Konvention definiert nicht, was eine ,,nationale
Minderheit" ist und sieht genauso wenig Kollektivrechte vor
27
, sondern legt bloß
Grundsätze fest, welche die Parteien mit Mitteln ihrer Wahl umzusetzen haben.
Ähnlich der Charta der Regional- und Minderheitensprachen, ist auch hier kein
Kontrollmechanismus vorgesehen, sondern bloß ein Staatenberichtverfahren.
Allerdings wird auch die Meinung vertreten, dass ­ im Fall von Nicht-Erfüllung der
Verpflichtungen seitens eines Vertragsstaates ­ die Angehörigen einer Minderheit
vor den Gerichten des jeweiligen Staates ziehen können, um sich jene Rechte
anerkennen zu lassen, die der Staat nicht umgesetzt hat
28
.
In der - zum Anlass des 50. Jahrestages der Gründung des Europarates - im Mai
1999 beschlossenen "Budapester Deklaration", verpflichteten sich die Außenminister
der Mitgliedstaaten des Europarates, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie
Intoleranz und Diskriminierung von Minderheiten in noch stärkerem Masse zu
bekämpfen und äußerten ihre Entschlossenheit, im 21. Jahrhundert weiterhin ihren
Beitrag zur Entwicklung von demokratischer Stabilität und Zusammenarbeit in
Europa zu leisten sowie politische und juristische Lösungen zum friedlichen
Zusammenleben von Nationen und Minderheiten zu suchen und zu fördern
29
.
1.1.2.3. KSZE/OSZE
Bereits in der Schlussakte von Helsinki 1975, mit welcher der KSZE-Prozess
30
seinen Anfang nahm, ist von Minderheiten die Rede: ,,Die Teilnehmerstaaten, auf
deren Territorium nationale Minderheiten bestehen, werden das Recht von
27
Vgl. z.B. die Formulierungen in Art. 3, Abs. 1 ,,Every person belonging to a national minority shall
have..." und Abs. 2 "Persons belonging to national minorities may..."
28
So J. Salmon, Droit des gens, Tome II, P.U.B., Brüssel
29
Vgl. Budapester Deklaration des Ministerrates des Europarates vom 7. Mai 1999
30
Es handelte sich bei der KSZE um ein ,,agreement", nicht aber um eine Internationale Organisation
im völkerrechtlichen Sinne. Erst 1994 auf dem Budapester Treffen wurde die fortan genannte OSZE
(Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) gegründet. Interessant ist diesbezüglich,
dass die OSZE an sich nicht als Völkerrechtssubjekt angesehen werden könnte, da der Gründungsakt
nicht durch eine schriftliche Urkunde erfolgte. Jedoch können nach hM die von der OSZE
verabschiedeten Rechtssätze, soweit sie ausreichend klar formuliert sind, als Völkergewohnheitsrecht
nach Art. 38 des IGH-Statuts angesehen und somit vom IGH angewendet werden.

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
17
Personen, die zu solchen Minderheiten gehören, auf Gleichheit vor dem Gesetz
achten; sie werden ihnen jede Möglichkeit für den tatsächlichen Genuss der
Menschenrechte und Grundfreiheiten gewähren und werden auf diese Weise ihre
berechtigten Interessen in diesem Bereich schützen"
31
. Mit dem Zusammenbruch
des Ost-West-Konfliktes bekam dieser Prozess von Folgekonferenzen eine neue
Bedeutung. Durch das Entstehen neuer Staaten in Mittel- und Osteuropa wurde das
Engagement der KSZE bzgl. Minderheitenfragen verstärkt gefordert. Auf dem
Kopenhagener Treffen über die Menschliche Dimension 1990 war die
Minderheitenfrage eines der Hauptthemen. In der Schlussakte wurde eine Reihe von
Rechten aufgelistet, die Minderheitenangehörigen gewährt werden sollten, und
welche sie individuell oder in Gemeinschaft ausüben können. So enthält das
Dokument neben dem allgemeinen Recht ,,ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und
religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und
weiterzuentwickeln", auch das Recht ,,sich ihrer Muttersprache sowohl privat als auch
in der Öffentlichkeit frei zu bedienen" und ,,ihre eigenen Bildungs-, Kultur- und
Religionseinrichtungen, -organisationen oder ­vereinigungen zu gründen und zu
unterhalten, die um freiwillige Beiträge finanzieller oder anderer Art sowie öffentliche
Unterstützung in Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften ersuchen können"
32
.
Das Dokument verbindet das Recht von ,,Angehörigen nationaler Minderheiten, ihre
Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne jegliche Diskriminierung und in voller
Gleichheit vor dem Gesetz voll und wirksam auszuüben" mit der Verpflichtung der
Teilnehmerstaaten ,,wo dies erforderlich ist, besondere Maßnahmen zu ergreifen" um
diese ,,volle Gleichheit" zu erzielen
33
. Die Teilnehmerstaaten werden aufgefordert,
"Bedingungen für den Schutz und die Förderung der ethnischen, kulturellen,
sprachlichen und religiösen Identität von nationalen Minderheiten" zu schaffen
34
, wie
z.B. entsprechende Möglichkeiten für den Unterricht in oder der Muttersprache,
sowie, ,,soweit möglich und notwendig", für dessen Gebrauch im Umgang mit der
31
Schlussakte von Helsinki vom 1.8.1975, VII. Prinzip, Par. 4
32
Dokument der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE, Kopenhagen, 3.7.1990, Par.
32 ff.
33
Ibidem, Par. 31
34
Ibidem, Par. 33

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
18
öffentlichen Verwaltung
35
. Schließlich nehmen die Teilnehmerstaaten ,,die
Bemühungen zur Kenntnis", als eine der Möglichkeiten zur Erreichung der vorab
genannten Ziele, ,,geeignete lokale oder autonome Verwaltungen einzurichten, die
den spezifischen historischen und territorialen Gegebenheiten dieser Minderheit
Rechnung tragen und in Einklang mit der Politik des betreffenden Staates stehen"
36
.
Gerade die nicht bindende Wirkung der KSZE-Dokumente, welche im Konsens
angenommen werden, sowie die an vielen Stellen als nicht verpflichtend formulierten
Aussagen machten es möglich, dass die Internationale Staatengemeinschaft nach
der Wende sehr weit im Zugestehen von Minderheitenrechten gehen konnte, was sie
­ wäre das Dokument ein völkerrechtlicher Vertrag gewesen ­ höchst wahrscheinlich
nicht getan hätte
37
.
In der ,,Charta für Paris für ein neues Europa" 1990 bekennen sich alle 34
Teilnehmerstaaten zu einem ,,neuen Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der
Einheit" und erklären: ,,Demokratie ist der beste Schutz für freie Meinungsäußerung,
Toleranz gegenüber allen gesellschaftlichen Gruppen"
38
.
Beim Genfer Expertentreffen der KSZE über nationale Minderheiten 1991 machte
man an sich keine Fortschritte, da ein Konsens über die Umsetzung der KSZE-
Verpflichtungen über Minderheitenfragen unmöglich schien. Immerhin wurde jedoch
erklärt, dass die nationale Minderheiten betreffenden Probleme Angelegenheiten
legitimen internationalen Interesses seien und infolgedessen Sachverhalte, die nicht
ausschließlich in die inneren Angelegenheiten eines Staates fallen. Was das
,,standard setting" betrifft, änderte sich seither wenig, denn es wurde klar, dass der
Konsensbildungsprozess im Minderheitenschutz seine Grenzen erreicht hatte
39
. Nun
ging es darum, die in der Vergangenheit festgesetzten Kriterien effektiv in die Tat
umzusetzen. Die KSZE beschloss, durch die Methoden der ,,Konfliktvorbeugung"
(conflict prevention), des Krisenmanagements und der ,,Frühwarnung" (early warning)
aktiv zu werden. Durch die Einsetzung des ,,Hohen Kommissars für nationale
35
Ibidem, Par. 34
36
Ibidem, Par. 35
37
Vgl. Benoît-Rohmer, op.cit., S. 6 und Heintze, in: Die Minderheitenpolitik im EU-
Erweiterungsprozess, S. 8, SWP, 2002
38
Charta von Paris für ein neues Europa, 21.11.1990
39
Vgl. Benoît-Rohmer, op.cit. S. 7

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
19
Minderheiten" (HKNM) auf dem Folgetreffen der KSZE in Helsinki im Juli 1992 wurde
die Absicht kundgetan, Tatsachenermittlung, Berichterstattung oder Vermittlung
durch Dritte konkret in die Tat umzusetzen. Dieses Sonderorgan der OSZE ist völlig
unabhängig und unparteiisch und kooperiert bei seiner Arbeit mit dem ,,Büro für
demokratische Institutionen und Menschenrechte" (Office for Democratic Institutions
and Human Rights - ODIHR) in Warschau. Die Hauptaufgabe des HKNM besteht aus
,,preventive diplomacy" und ,,confidence building measures" durch Frühwarnung,
Beratung und Ermahnung in Konfliktsituationen, die nationale Minderheiten betreffen.
Da er sich nicht mit Situationen befassen darf, in denen organisierter Terrorismus
eine Rolle spielt (Nordirland, Basken, Kurden), übt der HKNM einerseits seine
Tätigkeit durch allgemeine Empfehlungen aus, so z.B. 1996 über Bildungsrechte von
nationalen Minderheiten (,,Hague Recommendations"), 1998 über Sprachenrechte
(,,Oslo Recommendations") und 1999 über die Teilnahme von nationalen
Minderheiten am öffentlichen Leben (,,Lund Recommendations"), andererseits durch
individuelle Maßnahmen und Dialoge mit den Regierungen jener Staaten, die nicht
Opfer des Terrorismus sind. Der HKNM hat also bloße diplomatische
Warnkompetenzen, d.h. er kann nicht bei einem bereits ausgebrochenen Konflikt
eingreifen, sondern beschränkt sich darauf, soziale Spannungen zu erkennen und zu
lösen, bevor sie eskalieren. Allerdings kann er so lange in der konkreten Lösung des
Konfliktes tätig sein, bis die Voraussetzungen für das Eingreifen des allgemeinen
Krisenbewältigungsmechanismus der OSZE vorliegen. Die letzte Entscheidung, dem
HKNM in einem bestimmten Fall einen Auftrag zu erteilen, liegt beim Ausschuss
Hoher Beamter (AHB) der KSZE
40
. In einer Krisensituation ist es also Aufgabe des
AHB, den/die betroffenen Staat(en) aufzufordern, geeignete Maßnahmen zu
ergreifen, um eine Verschlimmerung der Situation zu verhindern, und, wenn
angemessen, die Durchführung von geeigneten Schritten und Mechanismen zur
friedlichen Lösung des Streites zu empfehlen. Mit dieser Prozedur und eventuell
sogar durch sog. ,,fact finding missions" und Missionen von Berichterstattern hat also
40
Pkt. 9 des KSZE-Helsinki Dokuments ,,Herausforderung des Wandels" besagt: ,,In Weiterführung der
in der Charta von Paris enthaltenen und im Prager Dokument ausgeführten Beschlüsse ist der AHB ­
zwischen den Treffen des KSZE-Rates ­ für die Übersicht, Leitung und Koordinierung zuständig und
fasst als Beauftragter des Rates entsprechende Beschlüsse."

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
20
die OSZE auch die Möglichkeit, das Verschärfen von Minderheitenkonflikten zu
verhindern.
1.2. Definition des Begriffes ,,Minderheit"
Es gibt bislang keine allgemein akzeptierte völkerrechtliche Definition einer
,,Minderheit"
41
. Die gewöhnlich angeführte Unterscheidung zwischen ,,ethnischen,
sprachlichen und religiösen" Minderheiten beruht auf Art. 27 des
Menschenrechtspaktes II, welcher aber keine genauere Definition enthält. Die
meisten internationalen Erklärungen und Verträge mit Bezug auf den
Minderheitenschutz definieren den Begriff nicht, was beträchtliche Schwierigkeiten
beim Bestimmen jener Gruppen, auf welche die in den Instrumenten vorgesehenen
Rechte anzuwenden sind, bereitet. So enthalten z.B. der schon erwähnte
Menschenrechtspakt II, die UN-Erklärung über Minderheiten 1992, die Europarat-
Rahmenkonvention 1995 oder sämtliche KSZE/OSZE-Dokumente keine
Umschreibung des Begriffes. Die vom Berichterstatter der ,,UN-Unterkommission für
den Schutz vor Diskriminierung und für den Schutz von Minderheiten", Francesco
Capotorti, im Jahre 1979 vorgelegte Studie, die bis dato als - auch wenn nicht
perfekte, so doch - am meisten zufrieden stellende Definition betrachtet wird
42
,
umschreibt den Begriff der Minderheit folgendermaßen: ,,(1) a group numerically
inferior to the rest of the population of a state, (2) in a non-dominant position, (3)
whose members ­ being nationals of the state ­ possess ethnic, religious or linguistic
characteristics differing from those of the rest of the population; and (4) show, if only
implicitly, a sense of solidarity, directed towards preserving their culture, traditions,
religion or language"
43
. Daraus wird zunächst einmal deutlich, dass eine Minderheit
durch die Existenz einer Mehrheit definiert wird, welche zahlenmäßig überlegen ist.
41
Der Begriff ,,Minderheit" wird heute im wissenschaftlichen Schrifttum weitgehend synonym mit dem
Begriff ,,Volksgruppe" gebraucht. Während dem letzteren wegen des ,,unschönen Klangs" des ersteren
der Vorzug (zumindest in der deutschsprachigen Literatur) gegeben wird, scheint sich in der neueren
völkerrechtlichen Literatur und Praxis der Begriff ,,Minderheit" durchgesetzt zu haben. Vgl. Streinz, in:
Blumenwitz/Gornig (Hrsg.), Der Schutz von Minderheiten- und Volksgruppenrechten durch die
Europäische Union, S. 15
42
Vgl. Benoît-Rohmer, op.cit. S. 27
43
F. Capotorti, Study on the Rights of Persons belonging to Ethnic, Religious and Linguistic Minorities,
New York, 1979, UN-Doc. E/CN 4 Sub. 2/384/Rev. 1

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
21
Wie hoch die respektive zahlenmäßige Unterlegenheit der Minderheit sein soll, ist
nirgends festgelegt. Allein die Empfehlung 1201/1993 der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates, spricht in der Definition einer ,,nationalen" Minderheit
von ,,sufficiently representative", was aber in der Literatur die Frage aufgeworfen hat,
ob eine konkrete numerische Anzahl formuliert werden soll oder nicht
44
. Einerseits
wird behauptet, dass eine zu kleine Gruppe sehr wohl Auswirkungen auf den
jeweiligen Grad der staatlichen Handlungsverpflichtung haben könnte
45
und dass die
Anerkennung einer zu kleinen Minderheit zu einer unverhältnismäßigen Verteilung
der staatlichen Ressourcen an jene Minderheit führen kann
46
, andererseits ist man
sich jedoch einig, dass jede einzelne Situation individuell analysiert und entschieden
werden soll.
Unter ,,nationaler" Minderheit versteht man eine Gruppe, die, wenn sie aus der
Geschichte mit einer eigenen Identität hervorgegangen ist, im Hoheitsgebiet des
betreffenden Staates lange ansässig gewesen und mit dessen Staatsangehörigkeit
ausgestattet ist
47
. Die schon erwähnte Empfehlung 1201/1993, die - als rare
Ausnahme unter den völkerrechtlichen Instrumenten - die Definition einer Minderheit,
genauer einer ,,nationalen" Minderheit enthält, geht ­ im Gegensatz zur Capotorti-
Definition ­ in diese Richtung, indem sie zusätzlich ,,long standing, firm and lasting
44
Ein damit in Zusammenhang stehendes Problem ist die Feststellung des numerischen (Mindest-)
Anteils der Minderheit an der Gesamtbevölkerung bei der Festlegung von mehrsprachigen Gebieten,
v.a. bei der Aufstellung von ein- oder zweisprachigen topographischen Aufschriften. Nach
völkerrechtlicher Praxis liegt der (Mindest-)Prozentsatz in einer Bandbreite zwischen 5-25% (Hummer,
op.cit., S. 525). In der Schweiz z.B. gelten Gemeinden dann als zweisprachig, wenn nach der letzten
Volkszählung eine der Sprachgruppen mindestens 30% der Gesamtbevölkerung ausmacht. In
Finnland (Åland ausgeschlossen) ist eine Gemeinde dann zweisprachig (Finnisch und Schwedisch)
wenn die finnisch- oder schwedischsprachige Bevölkerung mindestens 8% der Einwohner ausmacht
oder mehr als 3.000 Personen umfasst.
45
Vgl. Henrard, op.cit., S. 50
46
Vgl. Benoît-Rohmer, op.cit., S. 28
47
Vgl. Hummer, op.cit., S. 291; Henrard behauptet, dass der Begriff der ,,nationalen Minderheit" mehr
oder weniger denselben Bereich abdeckt wie ,,ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten".
Entwickelt man den Gedanken weiter, dann würde das bedeuten, dass man die in den Instrumenten
für nationale Minderheiten festgelegten Rechte, in denen ja keine explizite Definition des Begriffes
,,national" enthalten ist, folglich auch auf Angehörige von ethnischen, religiösen oder sprachlichen
Minderheiten anwenden könnte (z.B. Einwanderungsminderheiten).

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
22
ties with that state" verlangt, also eine traditionelle Bindung mit dem Staat, von dem
die Mitglieder der Minderheit die Staatsbürgerschaft besitzen. Zudem, wie schon
erwähnt, geht sie von einer allgemeinen numerischen Konsistenz aus, d.h. dass die
Gruppe also ,,sufficiently representative" sein soll. Interessant dabei ist, dass die
numerische Repräsentativität sich nicht nur im Verhältnis mit der Staatsbevölkerung
ausdrücken kann, sondern auch mit der Bevölkerung eines Teiles
48
des Staates
49
.
Wichtig ist, die zahlenmäßige Unterlegenheit in Zusammenhang mit dem 2. Punkt
Capotortis zu sehen, der nicht herrschenden Stellung im Staat
50
, weil dominante
Mehrheiten klarerweise keinen Schutz benötigen, während sie im Status einer
beherrschten Mehrheit nicht bloß Anspruch auf Minderheitenrechte hätten, sondern
wohl vielmehr auf das Recht auf Selbstbestimmung
51
.
Die Definition der ,,nationalen" Minderheiten schließt auch den Faktor des
Territoriums mit ein, was in der Folge aus dem Anwendungsbereich dieser Definition
die sog. ,,Einwanderungsminderheiten" oder ,,neuen Minderheiten" (Gastarbeiter,
Wanderarbeiter, Flüchtlinge, Immigranten, nichtsesshafte Volksgruppen [z.B. Roma],
usw.) ausschließt. Zwar könnte man behaupten, dass sich der kollektive Wunsch
nach Bewahrung der gemeinsamen ethnischen, religiösen oder sprachlichen
Eigenschaften sehr wohl auch bei Einwanderungsminderheiten finden lässt, jedoch ­
wenn man diese Eigenschaft mit den ,,long lasting ties" zusammen betrachtet ­ so
lässt sich die Definition wieder nur auf ,,traditionelle" Minderheiten anwenden.
48
Der Text sagt "region", worunter wohl die verschiedenen verwaltungstechnischen Einteilungen ­
unbedeutend von deren Benennung ­ eines jeweiligen Staates zu verstehen sind.
49
Auf UNO-Ebene verneinte der Menschenrechtsausschuss diese zweite Möglichkeit, vgl. Fall
Ballantyne et.al. vs. Kanada 1993, in dem drei kanadische Staatsbürger englischer Muttersprache, die
in Québec wohnhaft waren, sich wegen Verletzung des Art. 27 UN-Menschenrechtspakt an den
Ausschuss wandten, auf Grund des Verbotes, die englische Sprache in den Geschäftsbeziehungen
und bei öffentlichen Wandreklamen zu benützen. Der Ausschuss kam zu dem Schluss, dass die drei
Kläger nicht als ,,Minderheit" i.S.v. Art. 27 angesehen werden konnten, da sie zu jener Gruppe
gehörten, die staatsweit als die Mehrheit gilt.
50
Ansonsten hätte z.B. die zahlenmäßig geringere weiße Bevölkerung Südafrikas, die alle Macht
innehatte, als Minderheit angesehen werden können.
51
Vgl. Capotorti, Study of the Rights of Persons Belonging to Ethnic, Religious and Linguistic
Minorities, New York, United Nations 1991, (Neuauflage der Studie v. 1979), zitiert in: Henrard, op.cit.

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
23
Das Kriterium der Staatsbürgerschaft, das in den meisten (völkerrechtlichen)
Definitionen zu finden ist
52
­ quasi als loyale Gegenmaßnahme (mit den damit
verbundenen Pflichten sowie Rechten) seitens der Minderheit gegenüber dem Staat
­ wird in zunehmendem Maße angezweifelt, da es den Staaten ein Schlupfloch
gewährt, wenn sie durch ihre Staatsbürgerschaftsregelungen bestimmten Gruppen,
die ansonsten als Minderheit gelten würden, diese Qualifikation abstreiten wollen.
Der Menschenrechtsausschuss der VN verlangt für die Identifikation als Minderheit
weder die Staatsbürgerschaft noch die historisch gewachsenen Bindungen mit dem
Staat. Ausgeschlossen von der Definition bleiben wiederum ­ auf Grund der
verlangten Staatsbürgerschaftsvoraussetzung - meist die Einwanderungsminder-
heiten, während sog. ,,soziale" Minderheiten (wie Behinderte, Frauen, Homosexuelle,
usw.) diese Bedingung meist erfüllen. Bei letzteren ist es aber trotzdem oft schwierig,
sie in einer traditionellen Minderheitendefinition zu katalogisieren, weil einerseits die
von Definitionen verlangten Charakteristika zumeist historisch-religiöser Natur sind
und andererseits der geforderte gemeinsame Bewahrungswille bei diesen
Gesellschaftsgruppen auch schwer bzw. differenzierter erkennbar ist.
Während es bei den neuen Minderheiten meist wegen der schwachen politischen
und sozialen Organisation sehr schwierig ist, die Schutzbestrebung zu ermitteln, ist
auch bei den ,,traditionellen" Minderheiten die Feststellung der subjektiven Kriterien,
also der Wille nach Schutz und Ausübung der unterschiedlichen ethnischen,
religiösen oder sprachlichen Eigenschaften, in Gemeinschaft mit den anderen
Mitgliedern der Gruppe, oft nicht leicht. Klarerweise lässt sich dieses Kriterium nur
auf jene Gruppen beziehen, die tatsächlich den Willen haben, ihre spezielle Identität
zu bewahren und zu pflegen, im Gegensatz zu jenen Gruppen, die es aus freiem
Willen vorgezogen haben, von der nationalen Mehrheit assimiliert zu werden.
Trotzdem bleibt das ein oft schwieriges Unterfangen, wie der abstrakte Wunsch,
einer Gruppe zugehörig zu sein, sowie der Wille nach der Bewahrung der
Gemeinsamkeiten gemessen werden sollen. Während die UN-Deklaration über
Minderheitenrechte 1992 diesbezüglich keine Bestimmungen enthält, spricht die
Empfehlung 1201 in Art. 2 davon dass ,,Membership of a national minority shall be a
52
Capotorti hat allerdings in einer zweiten Studie (1985) das Kriterium des ,,being nationals of the
State" in seiner Definition nicht mehr eingefügt, sodass damit auch die Einwanderungsminderheiten
erfasst werden. Vgl. Capotorti, Minorities, in: EPIL, Bd. 8, 1985, S. 385-395

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
24
matter of free personal choice". Die Rahmenkonvention 1995 geht in Art. 3 weiter,
indem sie besagt, dass ,,Every person belonging to a national minority shall have the
right freely to choose to be treated or not to be treated as such (...)". Gemäß ihrer
generell individualistischen Formulierung bleiben diese beiden Instrumente also auch
bei der Wahl der Zugehörigkeit zu einer Minderheitsgruppe ihrem Prinzip treu, dass
es dem Einzelnen obliegen sollte zu entscheiden und es nicht auf bestimmte
Charakteristika, die der Einzelne besitzen sollte, ankommt. Manche sind dafür, dass
das subjektive Element der nicht erfolgten Assimilation nicht zu streng gehandhabt
werden sollte, da die Gründe, weshalb die Minderheit im Schweigen verharrt,
vielschichtig sein können (in extremis Unterdrückung durch die Behörden) und
deshalb die bloße andauernde Existenz einer Gruppe als Kriterium ausreichend sein
sollte
53
. Was jedoch die Minderheit als Gemeinschaftsakteur betrifft, so hat es
Brubakers treffend formuliert, indem er eine ,,nationale" Minderheit nicht als fixe
Einheit oder Gruppe beschreibt, sondern eher als ,,field of differentiated and
competitive positions or stances adopted by different organizations, parties,
movements, or individual ,,entrepreneurs" who seek to ,,represent" the minority to the
state or to the outside world, to monopolize the legitimate representation of the
group"
54
. Diese Definition impliziert wohl, dass dem Prozess der "externen"
Vertretung als Gruppe eine individualistische, persönliche Wahl des einzelnen
Bürgers vorangeht, bei der dieser (gemäß den zwei oben genannten
völkerrechtlichen Instrumenten) sich als der nach außen repräsentierten Gruppe
entweder zugehörig fühlt oder nicht. Allerdings gehört gerade diese Frage, welche
Kriterien, die subjektiven oder die objektiven, als der ausschlaggebende Faktor für
die Zugehörigkeit zu einer Minderheit angesehen werden soll, zu den zentralen
Problemen im Minderheitenrecht
55
.
Wie der Ständige Internationale Gerichtshof schon 1930 sagte, ist die Existenz einer
Minderheit ,,a matter of fact, not a question of law". Vielmehr als ein zu definierender
Begriff ist eine Minderheit eine Tatsache, u.z. nicht etwas, das von den ,,Fakten der
53
Vgl. Henrard, op.cit., S. 42
54
Vgl. Brubaker, National Minorities, Nationalizing States, and External National Homelands in the
New Europe. Notes toward a Relational Analysis, in: Institut für Höhere Studien, Reihe
Politikwissenschaft, Dez. 1993
55
Vgl. Hummer, op.cit. S. 525

1. Entwicklung des Minderheitenschutzes
25
ethnischen Demographie" vorgegeben ist, sondern eine ,,dynamic political stance"
(=politische Meinung) und eben keine ,,static ethnodemographic condition"
56
. Dieser
Dynamismus sowie die schwierige Abgrenzung vom Begriff ,,Volk" mit dem Recht auf
Selbstbestimmung
57
mögen wohl die Gründe gewesen sein, weshalb man bislang
auf völkerrechtlicher Ebene sowohl in der Literatur als auch in der Praxis nur wenige,
meist verschiedene Definitionen von Minderheiten adaptiert hat, aber außer Stande
war, sich auf eine einheitliche Definition zu einigen.
56
Vgl. Brubaker, op.cit.
57
Sh. Art. 1 UN-Menschenrechtspakt II

2. Der Minderheitenschutz in der EU
26
2. DER MINDERHEITENSCHUTZ IN DER EUROPÄISCHEN UNION
2.1. Gibt es einen Minderheitenschutz im Recht der EU?
2.1.1 Minderheitsrechtliche Aspekte im Entstehungsprozess der
Europäischen Gemeinschaften
Die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl
(EGKS), der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), sowie der Europäischen
Atomgemeinschaft (EURATOM) hatten seit ihrer Gründung einen vordergründigen
Basisgedanken: die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Staaten
.
Auch
wenn der Hintergedanke der Gründer sicherlich ein politisch motivierter war
58
, -
nämlich die Erhaltung des Friedens und die politische Einbeziehung Deutschlands -
und auch wenn es schon in den frühen 50er Jahren Vorschläge gab, im Rahmen der
EWG nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische und soziale Interessen
einfließen zu lassen, so wurde der Integrationsprozess ­ mit respektiver
Machtdelegation an überstaatliche Autoritäten ­ zwischen den EG-Staaten in den
ersten drei Jahrzehnten ihrer Geschichte als rein wirtschaftlich motiviert angesehen.
Manche der Gründerstaaten fürchteten, dass politische und soziale Kompetenzen für
die supranationale Instanz dem Gemeinschaftsrecht keine Grenzen gesetzt hätten.
Sie waren demnach nicht bereit, ihre Souveränität ­ v.a. in politischen Fragen - in
solchem Ausmaß abzugeben. Allerdings schloss dieser ,,funktionalistische" Ansatz
die Hoffnung mit ein, dass die wirtschaftliche Integration eine politische Integration
nach sich ziehen würde (,,Spill-over-Effekt")
59
. Durch die Gründung dieser
Internationalen Organisationen gab es weder ein Bestreben nach ,,Staatlichkeit"
60
,
noch wurden ,,kulturelle" Expansions- oder Assimilationsgedanken beabsichtigt. Der
sukzessive Vereinigungs- und Integrationsprozess Westeuropas sollte ­ zumindest
58
Vgl. die sog. ,,Déclaration Schuman" vom 9. Mai 1950: ,, (...) Die Vereinigung der europäischen
Nationen erfordert, dass der jahrhundertealte Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland
ausgelöscht wird. (...) Durch die Zusammenlegung der Grundindustrien und die Errichtung einer
neuen Hohen Behörde (...) wird dieser Vorschlag den ersten Grundstein einer europäischen
Föderation bilden, die zur Bewahrung des Friedens unerlässlich ist".
59
Vgl. Streinz, Europarecht, 2001, Rn 18, S. 9
60
Vgl. Hilpold, Minderheiten im Unionsrecht, Pkt. B, Fußnote 5: Damit würden die Mitgliedstaaten ihre
eifersüchtig behütete Funktion als ,,Herren der Verträge" verlieren.

2. Der Minderheitenschutz in der EU
27
zunächst - allein wirtschaftlicher Natur sein, denn eine ,,kulturelle Homogenisierung"
Europas wurde nicht bezweckt
61
. Der in der Bevölkerung und in der Politik der
Nachkriegszeit damals noch relativ stark vorhandene Nationalstaatsgedanke hatte
verhindert, dass sich die ,,Vordenker" der europäischen Integrationsidee politisch mit
der Vollziehung eines nicht bloß wirtschaftlichen, sondern auch politischen
Zusammenschlusses durchsetzen konnten. Das primäre Ziel war es also, eine völlige
Liberalisierung des Handels und eine stufenweise Abschaffung aller
Handelshemmnisse zwischen den Mitgliedstaaten zu erreichen
62
. Der
Wirtschaftsgedanke stand im absoluten Vordergrund. Von Bestimmungen über
Menschen- bzw. Minderheitenrechte war nirgendwo die Rede. Nur das ­
misslungene ­ Projekt der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, welches 1952
unterzeichnet wurde und 1954 aufgrund des Vetos des französischen Parlaments
scheiterte, sah eine spezielle Bestimmung zum Schutz der Grundrechte und
Grundfreiheiten des Einzelnen vor
63
. Der Grund, weshalb die Europäischen
Gemeinschaften zur damaligen Zeit die Themen der Minderheiten- oder vielmehr der
Menschenrechte nicht in ihre Agenden aufgenommen hatten, war wohl jener, dass
ebenfalls zu jener Zeit, als die Europäischen Gemeinschaften aus der Taufe
gehoben wurden, der Europarat gerade die EMRK verabschiedet hatte und diese auf
dem Wege war, das wichtigste Menschenrechtsinstrument in Europa zu werden.
Somit fiel das vordergründige Ziel der Wahrung und des Schutzes der
Menschenrechte eher dieser letztgenannten Organisation zu.
Neben dem Vorsatz, ,,die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss
der europäischen Völker zu schaffen" (Präambel EGV) enthält der Vertrag zur
Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aus dem Jahre 1957 zwar
gewisse Bestimmungen über Grundrechte in Zusammenhang mit dem freien Waren-,
61
Vgl. De Witte, Politics Versus Law in the EU's Approach to Ethnic Minorities, EUI Working Paper
RSC No. 2000/4, S. 15
62
Vgl. die Resolution von Messina über den Gemeinsamen Markt vom Juni 1955: ,,(...) Les six
gouvernements reconnaissent que la constitution d'un Marché commun européen, exclusif de tout
droit de douane et de toute restriction quantitative, est l'objectif de leur action dans le domaine de la
politique économique. Ils considèrent que ce marché doit être réalisé par étapes".
63
Vgl. Art. 3, Abs 1 Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ,,Die Gemeinschaft (...)
greift nur ein, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlich ist; sie wahrt dabei die
staatsbürgerlichen Rechte und die Grundrechte des einzelnen (...),,

2. Der Minderheitenschutz in der EU
28
Personen-, Kapitalverkehr und mit der Dienstleistungsfreiheit sowie in Bezug auf das
Diskriminierungsverbot auf Grund der Staatsangehörigkeit und des Geschlechts,
jedoch wurden diese Freiheiten aus dem einzigen Grund anerkannt und geschützt,
um eine Umsetzung der (wirtschaftlichen) Ziele des Vertrags möglichst effizient und
reibungslos zu erreichen. Sie waren deshalb bloß zweitrangige Gedanken und
notwendig, um den Gemeinsamen Markt umsetzen zu können. So wurde das
Individuum, mitsamt seinen Freiheiten und Rechten, nicht als Person geschützt,
sondern bloß als wirtschaftlicher Akteur in dem wirtschaftlichen Gebilde, das sich die
Gründerväter vorgestellt hatten. Die Einheitliche Europäische Akte (EEA) von 1986,
erklärte in ihrer Präambel, - in Anlehnung an die in den 70er Jahren vom EuGH
verkündete Rechtssprechung über Grundrechte und Grundfreiheiten - , dass die
Vertragsparteien ,,entschlossen (seien), gemeinsam für die Demokratie einzutreten,
wobei sie sich auf die in den Verfassungen und Gesetzen der Mitgliedstaaten, in der
Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
und der Europäischen Sozialcharta anerkannten Grundrechte, insbesondere Freiheit,
Gleichheit und soziale Gerechtigkeit, stützen" und dass sie sich bewusst seien, ,,ganz
besonders für die Grundsätze der Demokratie und die Wahrung des Rechts und der
Menschenrechte, denen sie sich verpflichtet fühlen, einzutreten"
64
. Das Wort
,,stützen" sollte folglich zum Ausdruck bringen, dass die Gemeinschaft die EMRK
bloß als Beratungsquelle und nicht als vorrangige Gesetzesquelle ansehen wollte.
Der Vertrag von Maastricht
65
, der 1992 unterzeichnet wurde und die Europäische
Union, eine zunehmend politische Union, schuf, spricht zunächst von der
Entschlossenheit, den ,,Prozess der europäischen Integration auf eine neue Stufe zu
heben" und vom Bekenntnis der Mitgliedstaaten ,,zu den Grundsätzen der Freiheit,
der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der
Rechtsstaatlichkeit" sowie vom ,,Wunsch, die Solidarität zwischen ihren Völkern unter
Achtung ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Tradition zu stärken" (Präambel
EUV). Das Ziel soll die ,,Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker
Europas" sein (Art. 1). In Art. 6 wird der Gedanke, der vom EuGH initiiert und von der
EEA erstmals kodifiziert worden war, weiterentwickelt, indem festgestellt wird, dass
64
ABl. Nr. L 169 vom 29. Juni 1987
65
ABl. Nr. C 191, 1992, S. 1

2. Der Minderheitenschutz in der EU
29
,,die Union (...) auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der
Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit" beruhe und
,,diese Grundsätze (...) allen Mitgliedstaaten gemeinsam" seien. Weiter heißt es: ,,(2)
Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom
unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des
Gemeinschaftsrechts ergeben. (3) Die Union achtet die nationale Identität ihrer
Mitgliedstaaten. (...)". Eine gleichzeitige einseitige Bindung an die EMRK wird jedoch
ausgeschlossen
66
und als bloße Erkenntnisquelle des EuGH in seiner
Rechtsprechung angesehen
67
. Der Vertrag fügt erstmals einen Artikel über Kultur in
den EGV ein (Art. 151 - 128 alt) und macht Kultur damit zwar nicht zu einer
spezifischen Gemeinschaftskompetenz, jedoch wird dieses Gebiet für die Union
relevant, indem sie ­ gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ­ ,,einen Beitrag leistet zur
Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten". Ein für Minderheiten wichtiger Aspekt
für das soziale und politische Leben fand somit Eingang ins Primärrecht der
Europäischen Union. Durch diesen Artikel nimmt die Gemeinschaft ebenfalls
erstmals Kenntnis von der ,,Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen" (Art.
151, Abs. 4). Der Vertrag von Amsterdam
68
, unterzeichnet 1997, änderte den EGV
dahingehend, dass ein spezielles Diskriminierungsverbot im neuen Art. 13
vorgesehen wird, u.z. ,,aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen
Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder
der sexuellen Ausrichtung". Das hier ­ im Gegensatz zu Art. 12 - etwas weiter
gehende Diskriminierungsverbot enthält erstmals einen Bezug auf ethnische
Minderheiten, ohne jedoch Maßnahmen zur positiven Diskriminierung (,,affirmative
action") vorzusehen. Im Vertrag von Nizza
69
, 2000 unterzeichnet, wurde als Reaktion
auf die Sanktionen gegen Österreich ein geregeltes Verfahren in Art. 7 EUV neu
eingefügt, falls die ,,eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung von in
66
1996 verneinte dann der EuGH in einem Gutachten diesbezüglich ausdrücklich die Kompetenz der
Union; Gutachten 2/94, Slg 1996, I-1759/1762
67
Vgl. Streinz, Europarecht, Rn 358, S. 132
68
ABl. Nr. C 340 vom 10. November 1997
69
ABl. Nr. C 80 vom 10.3.2001

2. Der Minderheitenschutz in der EU
30
Artikel 6 Absatz 1 genannten Grundsätzen durch einen Mitgliedstaat besteht". Die in
Art. 13 EGV geforderte Einstimmigkeit wird durch folgenden Abs. 2 zu genanntem
Artikel abgeändert: ,, (2) Abweichend von Absatz 1 beschließt der Rat gemäß dem
Verfahren des Artikels 251 (EGV)
70
, wenn er gemeinschaftliche Fördermaßnahmen
unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften
der Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Maßnahmen annimmt, die die
Mitgliedstaaten treffen, um zur Verwirklichung der in Absatz 1 genannten Ziele
beizutragen."
Gleichzeitig mit dem Vertrag von Nizza wurde im Dezember 2000 die sog. ,,Charta
der Grundrechte" (CGR)
71
der Europäischen Union unterzeichnet, die einen Katalog
der in der Union geltenden Grundrechte enthält. Sie besitzt zwar bislang keine
rechtliche Verbindlichkeit, aber der Entwurf zur neuen EU-Verfassung sieht vor, dass
die Charta integrierender Bestandteil der Verfassung selbst werden soll. Art. 21 der
Charta verbietet Diskriminierungen wegen ,,(...) der ethnischen oder sozialen
Herkunft, (...) und der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit", ohne jedoch die
EU-Organe zu einer ,,affirmative action" zu verpflichten. In Anlehnung an Art. 151
EGV legt Art. 22 CGR fest: ,,Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und
Sprachen." Das Vorhaben, in der Charta der Grundrechte auch einen speziellen
Artikel über Minderheitenrechte einzufügen, fand jedoch nicht die Zustimmung des
Gremiums.
Im Rahmen der Ausarbeitung der zukünftigen EU-Verfassung durch den sog.
,,Europäischen Konvent" sieht Artikel 3 des Entwurfes die ,,kulturelle und sprachliche
Vielfalt" der Union vor. Absatz 3 besagt: ,,Die Union wahrt den Reichtum ihrer
kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die Entwicklung
des kulturellen Erbes Europas"
72
. Der ursprüngliche Text der ,,kulturellen Vielfalt"
wurde somit abgeändert, nachdem zahlreiche Abänderungsanträge ­ auch seitens
70
Mitentscheidungsverfahren mit qualifizierter Mehrheit
71
ABl. C 364 vom 18.12.2000
72
Entwurf vom 18. Juli 2003, CONV 850/03; Im Entwurf vom 6. Februar 2003 (CONV 528/03) hieß es
noch: ,,Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem ihre
gemeinsamen Werte gefördert werden und der Reichtum ihrer kulturellen Vielfalt geachtet wird"

2. Der Minderheitenschutz in der EU
31
von NGOs
73
- den Respekt und die Förderung der sprachlichen Vielfalt verlangt
hatten
74
.
Trotz der zahlreichen Bestrebungen, Minderheitenfragen in das EU-Recht
einzugliedern, war bis zum Vertrag von Amsterdam keine einzige Sonderbestimmung
betreffend Minderheiten in den Gründungsverträgen der EG/EU aufgenommen
worden, abgesehen von kurzen Angaben in den Beitrittsverträgen mit
Großbritannien, Österreich, Schweden, Finnland und Norwegen
75
. Die vom EuGH
verkündeten Prinzipien der sog. Gemeinschaftsgrundrechte konnten der
Weiterentwicklung der Minderheitenfrage auf Unionsebene auch keinen großen
Dienst leisten
76
.
2.1.2. Minderheitenschutz auf der Tagesordnung der EU-Politik
Bislang gibt es auf EU-Ebene keinen expliziten Minderheiten- oder
Volksgruppenschutz. Die Europäische Union besitzt nämlich keine ausdrückliche
Kompetenz dafür. So antwortete der damalige Kommissar Van den Broek auf eine
schriftliche Anfrage im Jahre 1993, dass ,,der Status von Minderheiten und
autonomen Gebieten als solche nicht unter die Kompetenzen der Gemeinschaft
73
Vgl. das ,,Package for Linguistic Diversity" des EBLUL vom 13.03.2002, welches für die neuen EU-
Verträge drei Punkte vorsieht: 1) Einfügen eines speziellen Artikels über sprachliche Verschiedenheit
(,,linguistic diversity"). 2) Einfügen in Artikel 13 EGV (Nicht-Diskriminierung) den Begriff ,,Sprache", da
dieser, wie auch EU-Kommissar Diamantopoulou ausdrücklich feststellte, nicht in diesem Artikel
enthalten sei und weil andere internationale Instrumente über Nicht-Diskriminierung diesen Zusatz
bereits enthalten (UN-Charta: Art. 1, Abs. 3, Art. 13, Abs. 1, lit. b), Art. 55, lit.c), Art. 76, lit. c). 3)
Einfügen des qualifizierten Mehrheitsverfahrens für Art. 151 EGV. (Sh. www.eurolang.net vom
14.03.2002). Zudem soll ein EU-Standard zum Schutze von Regional- und Minderheitensprachen
erzielt werden, eingeschlossen der Möglichkeit, staatliches Recht diesbezüglich zu harmonisieren.
74
Vgl. www.eurolang.net vom 20.02.2003; Abänderungsanträge der Abg. MacCormick, Borell
Fontelles, López Garrido, Carnero González, Farnleitner, Abitbol; Konventmitglieder Eckstein-Kovács,
Vastagh.
75
Bekanntlich stellte Norwegen ja 2 Mal den Antrag der EG beizutreten, scheiterte aber jedes Mal an
den Volksbefragungen im eigenen Land. Zum Schutz des Sonderstatus der Åland-Inseln und der
Sonderrechte der Sami gegen eine mögliche Kollision mit EU-Recht wurden Spezialprotokolle in den
Beitrittsverträgen eingefügt (ABl. 29.08.1994, C 241/352). Vgl. De Witte, op.cit. S. 17
76
Vgl. Hilpold, Unionsrecht, Pkt. B

2. Der Minderheitenschutz in der EU
32
fällt"
77
. Der Minderheitenschutz ist kein ,,natürlicher Teil" der gemeinschaftlichen
Normgrundlagen, die auf den ,,gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der
Mitgliedstaaten" beruhen
78
und spielte also kaum eine Rolle in der Entwicklung des
acquis communautaire. Trotzdem hat sich die EU, allen voran das Europäische
Parlament, nicht nur seit gestern mit der Minderheitenthematik, sowie, in noch
stärkerem Ausmaß mit der Menschenrechtsthematik auseinander gesetzt. Besonders
die Regional- oder Minderheitensprachen wurden mehrmals vom Europäischen
Parlament diskutiert und von der Kommission auch finanziell gefördert. Vom
rechtlichen Standpunkt her ist das Terrain allerdings noch sehr spärlich gesät, weckt
aber durch den ständig wachsenden Integrationsprozess sowie vermehrt durch die
bevorstehende EU-Osterweiterung laufend größeres Interesse.
Seit Beginn der 90er Jahre ist in der Gemeinschaft ein Prozess der ,,de-
economisation" des europäischen Integrationsgedankens im Gange. Neben dem
Abschluss des Gemeinsamen Marktes und der Gründung der Europäischen Union
durch den Vertrag von Maastricht hat ein Zeitalter angefangen, das von der
Hinwendung zu auch anderen als bloß wirtschaftlichen Aspekten der gemeinsamen
europäischen Wirksamkeit charakterisiert ist. Mit dem Fall der Berliner Mauer und
des gleichzeitigen Annäherungsprozesses der Mittel- und Osteuropäischen Staaten
(MOES) an den Westen änderte sich die Politik der Union nicht nur in Bezug auf
Menschen- und Minderheitenrechte, sondern seither wird auch die kulturelle und
sprachliche Vielfalt unseres Kontinents als ein gemeinsames Anliegen der
Gemeinschaften und somit als schützenswert angesehen. Als ein Beispiel unter
vielen, in welchen die Verbindungslinie zwischen kultureller Vielfalt und
Menschenrechten bzw. Minderheitenrechten verdeutlicht wird, sei an dieser Stelle
die ,,Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der
Mitgliedstaaten vom 16. Dezember 1997 betreffend die Anerkennung der Vielfalt und
die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit"
79
angeführt, in welcher
die Rede ist von einem ,,Europa, das auf demokratischen Grundsätzen und der
77
Schriftliche Anfrage E-2773/93, ABl. vom 12.09.94 C 255 S. 35
78
Vgl. Schwellnus, "Much ado about nothing?" - Minority Protection and the EU Charter of
Fundamental Rights, Constitutionalism Web-Papers, ConWEB No. 5/2001, S. 2
79
ABl. Nr. C 1 vom 3.1.1998, S. 1

2. Der Minderheitenschutz in der EU
33
Vielfalt seiner Kulturen und Sprachen beruht, (...), das die soziale Gerechtigkeit
fördert und die Rechte der Minderheiten verteidigt."
80
Das Europäische Parlament sowie die anderen EU-Organe haben sich seit Anfang
der 80er Jahre, bedingt durch die Kehrtwende von einer wirtschaftlichen zu einer
sozialen und wahrscheinlich politischen Gemeinschaft, vermehrt dem Thema
gewidmet. Rat und Kommission einerseits dank der Änderungen der Verträge, die
manche für Minderheiten direkt oder indirekt relevante Schutzmaßnahmen gebracht
haben, andererseits durch die Anerkennung der neuen Staaten in Osteuropa und in
der ehemaligen UdSSR sowie später durch den EU-Erweiterungsprozess, was aber
einen deutlichen Widerspruch zwischen der ,,internen" und der ,,externen"
Anwendung des Minderheitenschutzes in der EU mit sich gebracht hat. Während der
Achtung der Demokratie, dem Rechtsstaat (,,rule of law") und den Menschenrechten
von der Europäischen Union grundlegende Bedeutung sowohl in der internen
Entwicklung als auch zum Zweck der Erweiterung zugesprochen worden sind, spielt
Minderheitenschutz nur im Rahmen des letztgenannten eine Rolle. In der Literatur ist
seither von einem ,,Doppelstandard" des Minderheitenschutzes in der
Gemeinschaftspolitik die Rede
81
. Während es auch Bestrebungen gegeben hat, eine
,,Charta der Volksgruppenrechte in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft"
durch das Europäische Parlament zu verabschieden
82
, basierte in der Vergangenheit
die Minderheitenpolitik der EU vorwiegend auf Menschenrechtsinstrumente, sowie,
seit dem Amsterdamer Vertrag, auf dem Prinzip der Nicht-Diskriminierung wegen der
Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit. Ein an positiver Diskriminierungspolitik
mangelnder und auf Menschenrechtspolitik reduzierter ,,interner" Minderheitenschutz
gerät jedoch gegenwärtig immer mehr in Konflikt mit einer neuen Generation von
Minderheiten, den sog. ,,neuen Minderheiten" oder Einwanderungsminderheiten, also
den nicht-autochthonen Volksgruppen, meist Gastarbeitern und ihren Nachkommen,
die vermehrt nicht nur Gleichbehandlung sondern auch mehr Rechte fordern.
80
Wie die meisten Instrumente mit ähnlichem Inhalt ist allerdings auch diese Erklärung kein rechtlich
bindendes Dokument.
81
Vgl. z.B. De Witte, Politics versus Law, S. 3, der in diesem Zusammenhang von einem
Exportprodukt und nicht eines für ,, domestic consumption ,, spricht.
82
Vgl. den Entwurf eines Berichts über eine Charta der Volksgruppenrechte in den Staaten der
Europäischen Gemeinschaft, 17. März 1988, PE 121.212

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832474829
ISBN (Paperback)
9783838674827
DOI
10.3239/9783832474829
Dateigröße
858 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – Rechtswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2003 (Dezember)
Note
2
Schlagworte
minderheiten ksze osze menschenrechte minorität
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