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Strategienutzung, Metagedächtnis, Intelligenz und Kurzzeitgedächtnis

Eine entwicklungspsychologische Studie bei Kindern im Übergang von der Vorschule zur Grundschule

©2003 Diplomarbeit 163 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Mit der vorliegenden Arbeit wurde das Ziel verfolgt, mittels längsschnittlicher Studien zu prüfen, inwieweit sich das Wissen von Kindern über Strategien (Metagedächtnis) in freien Reproduktionsaufgaben (sort recall) und einer Versteckaufgabe im Übergangsstadium von der Vorschule zur Grundschule verbessert und Auswirkungen auf das Anwenden von Strategien hat. In diesem Zusammenhang interessierte außerdem die Dynamik der Entwicklung der einzelnen Variablen und der Beitrag der Kinder zu diesem Prozeß im Sinne von Rangstabilitäten.
Um gerade die im Übergang von der Vorschule bis zum Ende der ersten Klasse sich vollziehenden Entwicklungen der Kinder genauer zu erfassen, erfolgte die Festlegung von drei relativ eng gefaßten Meßzeitpunkten.
Zu diesem Zweck wurden in einem halbjährigen Abstand bei 102 Kindern - beginnend ab dem Alter von 6 Jahren - mit zwei Varianten der Sort-Recall-Aufgabe die Organisationsstrategien beim Lernen und Wiedergeben von zu lernenden kategorisierbaren Items ermittelt. Um auch vorstrategische Kompetenzen sichtbar zu machen, kam es zusätzlich im Rahmen der ersten beiden Meßzeitpunkte zum Einsatz einer Versteckaufgabe.
Zur Erfassung des unmittelbaren (proximalen) Metagedächtnisses wurden Fragen zu den direkt vorausgehend bearbeiteten strategischen Aufgaben gestellt. Das allgemeine und strategiespezifische deklarative Metagedächtnis wurde mittels eines Interviews erhoben.
Da die Intelligenz als eine das Metagedächtnis und die Strategieleistungen beeinflussende Komponente anzusehen ist, wurde sie zusätzlich zum zweiten Meßzeitpunkt mit dem HAWIK-Untertest „Wortschatz“ und zum dritten Meßzeitpunkt mit dem HAWIK-Untertest „Allgemeines Wissen“ erhoben.
Ebenso wurde der Einfluß des Kurzzeitgedächtnisses auf strategische Leistungen über alle drei Meßzeitpunkte mit dem HAWIK-Untertest „Zahlennachsprechen“ und einem Test zum „Kunstwörter-Nachsprechen“ ermittelt.
Die Ergebnisse der entwicklungsperspektivischen Betrachtungsweise, gewonnen durch Mittelwertvergleiche mit Varianzanalysen und t-Tests sowie dem Vergleichen von Leistungskategorien, ließen für die Leistungen des proximalen Metagedächtnisses und der Strategien steigende Werte erkennen. Allerdings konnten nicht in jedem Fall Signifikanzen erzielt werden. Durch den Aufgabenwechsel bei der Ermittlung des distalen Metagedächtnisses zum dritten Meßzeitpunkt wurde nur ein Vergleich zwischen den ersten beiden Meßzeitpunkten möglich. Die Leistung war […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7478
Kleine, Kay-Uwe: Strategienutzung, Metagedächtnis, Intelligenz und Kurzzeitgedächtnis -
Eine entwicklungspsychologische Studie bei Kindern im Übergang von der Vorschule zur
Grundschule
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Universität, Diplomarbeit,
2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis III
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort...II
Zusammenfassung...VIII
1. Einleitung...1
2.
Stand der Forschung... ..4
2.1 Metagedächtnis...4
2.1.1 Definition...4
2.1.2 Konzeptualisierungen...5
2.1.3
Entwicklung des deklarativen Metagedächtnisses...7
2.2 Strategien...9
2.2.1 Definition...9
2.2.2
Entwicklung und konzeptuelle Ansätze von Strategien... 10
2.3 Intelligenz...14
2.3.1 Definition...14
2.3.2
Entwicklung der Intelligenz...15
2.4 Kurzzeitgedächtnis...
16
2.4.1 Definition...16
2.4.2 Konzepte...16
2.4.3
Entwicklung des Kurzzeitgedächtnisses...18
2.5
Zusammenhangsbetrachtungen der fokussierten Variablen ...19
2.5.1
Metagedächtnis und Strategien... 19
2.5.1.1
Bisherige Untersuchungen und Studien... 19
2.5.1.2
Definitionen bezüglich der eigenen Untersuchung... 22
2.5.1.3
Herleitung des Zusammenhangs für die eigenen Untersuchung... 23
2.5.2
Intelligenz und Strategien... 24
2.5.2.1
Bisherige Untersuchungen und Studien... 24
2.5.2.2
Definition der Intelligenz für die eigene Untersuchung...26
2.5.2.3
Herleitung bezüglich der eigenen Untersuchung... 26
2.5.3
Kurzzeitgedächtnis und Strategien... 27

Inhaltsverzeichnis IV
2.5.3.1 Bisherige
Untersuchungen...
27
2.5.3.2
Definition des Kurzeitgedächtnisses für die eigene Untersuchung... 29
2.5.3.3
Herleitung bezüglich der eigenen Untersuchung... 30
2.5.4
Strategiegebrauch und Gedächtnisleistung... 30
3. Hypothesen... 32
3.1
Allgemeine Entwicklung von Metagedächtnis und
Strategiegebrauch aus längsschnittlicher Perspektive...32
3.1.1
Entwicklung von Metagedächtnis und Strategiegebrauch... 32
3.1.1.1 Metagedächtnis...
33
3.1.1.2 Strategiegebrauch...
33
3.1.2
Prüfung von Gruppen-Stabilitäten - Aussagen über
Rangveränderungen bei Kindern... 33
3.2
Zusammenhang zwischen Metagedächtnis und Strategiegebrauch... 34
3.3
Erklärung von Unterschieden bei Leistungsmaßen... 35
3.3.1
Unterschiedlicher Beitrag von Metagedächtnis, Intelligenz und
Kurzzeitgedächtnis zur Erklärung von Unterschieden bei der
Strategienutzung... 35
3.3.2
Beitrag der Strategienutzung zur Erklärung von Unterschieden
bei der Gedächtnisleistung... 36
3.4
Unterscheidung von Strategen und Nicht-Strategen... 36
3.5
Einfluß von Kurzzeitgedächtnis auf Strategien... 37
4.
Methoden... 38
4.1
Stichprobe... 38
4.2
Versuchsplan... 39
4.3
Untersuchungsinstrumente und zu messende abhängige Variablen... 40
4.3.1
Versteckaufgabe... 40
4.3.2
Semantische Organisationsaufgabe... 41
4.3.3
Distales Metagedächtnis... 44
4.3.4
Zahlenspanne... 46
4.3.5
Nachsprechen von Kunstwörtern (Geheimwörter)... 46
4.3.6
Wortschatztest und Allgemeines Wissen... 47

Inhaltsverzeichnis V
4.3.7.
Validität und Reliabilität der Verfahren...47
4.4.
Versuchsdurchführung... 48
4.4.1
Allgemeiner Ablauf... 48
4.4.2.
Aufgabendurchführung... 51
4.4.2.1 Versteckaufgabe... 51
4.4.2.2 Sort-Recall-Aufgabe... 51
4.4.2.3 Distales Metagedächtnis... 52
4.4.2.4 Zahlen nachsprechen... 53
4.4.2.5 Nachsprechen von Kunstwörtern (Geheimwörter)... 53
4.4.2.6 Wortschatztest und Allgemeines Wissen ... 53
4.5
Verwendete statistische Verfahren...54
4.5.1
Prüfung der allgemeinen Entwicklung von Metagedächtnis und
Strategiegebrauch im längsschnittlichen Sinne -
Prüfung von Unterschieden... 54
4.5.1.1 Metagedächtnis... 54
4.5.1.2 Strategiegebrauch... 55
4.5.2
Prüfung von Zusammenhängen im Sinne von Gruppenstabilitäten bzw.
Rangveränderungen innerhalb der Gruppe... 55
4.5.3
Zusammenhangsprüfung zwischen Metagedächtnis und
Strategiegebrauch... 57
4.5.4
Erklärung von Unterschieden bei der Strategienutzung... 58
4.5.5
Erklärung von Unterschieden bei der Gedächtnisleistung... 59
4.5.6
Unterscheidung von guten und schlechten Strategieleistungen... 59
4.5.7
Einfluß von Kurzzeitgedächtnis (KZG) auf Strategien...60
5.
Ergebnisse... 61
5.1.
Allgemeiner Entwicklungsverlauf... 61
5.1.1
Längsschnittliche Veränderungsbetrachtung... 61
5.1.1.1 Metagedächtnis...
61
5.1.1.1.1 Proximales Metagedächtnis... 61
5.1.1.1.2 Distales Metagedächtnis... 65
5.1.1.2 Strategiegebrauch... 66
5.1.1.2.1 Sort-Recall-Aufgaben... 66

Inhaltsverzeichnis VI
5.1.1.2.2 Versteckaufgaben... 71
5.1.1.3 Zusammenfassung... 72
5.1.2
Gruppenstabilitäten - Betrachtung von Rangveränderungen... 73
5.1.2.1 Proximales Metagedächtnis... 74
5.1.2.2 Distales Metagedächtnis... 76
5.1.2.3 Strategiegebrauch... 77
5.1.2.4 Zusammenfassung... 79
5.2
Zusammenhangsbetrachtungen... 80
5.2.1
Proximales Metagedächtnis und Strategiegebrauch... 80
5.2.2
Distales Metagedächtnis und Strategien... 83
5.2.3
Zusammenfassung... 87
5.2.4
Strategie und Gedächtnisleistung (Wiedergabeleistung, Recall)... 88
5.3
Erklärung von Unterschieden in Leistungskomponenten... 91
5.3.1
Strategieleistung... 91
5.3.1.1 Beitrag des distalen Metagedächtnisses... 91
5.3.1.2 Zusätzlicher Erklärungsbeitrag von Intelligenz und Kurzzeitgedächtnis... 94
5.3.2
Gedächtnisleistung (Wiedergabeleistung, Recall)... 99
5.4
Explizite Trennbarkeit in Strategen und Nicht-Strategen... ...............104
5.5
Kurzzeitgedächtnis und Strategien - Fokussierte Darstellung...109
6.
Diskussion... ...............111
6.1.
Allgemeine Entwicklungsbetrachtungen... ...............111
6.1.1
Betrachtung aus längsschnittlicher Entwicklungsperspektive... ...............111
6.1.1.1 Metagedächtnis... ...............111
6.1.1.1.1 Proximales Metagedächtnis... ...............111
6.1.1.1.2 Distales Metagedächtnis... ...............112
6.1.1.2 Strategiegebrauch... ...............113
6.1.2
Betrachtung von Gruppenstabilitäten...114
6.1.2.1 Proximales Metagedächtnis... ...............114
6.1.2.2 Strategien... ...............115
6.2
Zusammenhangsbetrachtungen... ...............116
6.2.1
Proximales Metagedächtnis und Strategien... ...............116
6.2.2
Distales Metagedächtnis und Strategien... ...............116

Inhaltsverzeichnis VII
6.2.3
Strategie und Gedächtnisleistung... ...............117
6.3.
Erklärung von Leistungsunterschieden bei Strategieleistungen...117
6.4.
Erklärung von Leistungsunterschieden bei der Gedächtnisleistung...119
6.5.
Trennbarkeit in Strategen und Nicht-Strategen...120
6.6
Kurzzeitgedächtnis und Strategien...120
Literaturverzeichnis...122
Anhang
Anhang A: Untersuchungsinstrumente
Anhang B: Ergebnistabellen

Zusammenfassung VIII
ZUSAMMENFASSUNG
Mit der vorliegenden Arbeit wurde das Ziel verfolgt, mittels längsschnittlicher Studien
zu prüfen, inwieweit sich das Wissen von Kindern über Strategien (Metagedächtnis) in
freien Reproduktionsaufgaben (sort recall) und einer Versteckaufgabe im
Übergangsstadium von der Vorschule zur Grundschule verbessert und Auswirkungen
auf das Anwenden von Strategien hat. In diesem Zusammenhang interessierte außerdem
die Dynamik der Entwicklung der einzelnen Variablen und der Beitrag der Kinder zu
diesem Prozeß im Sinne von Rangstabilitäten.
Um gerade die im Übergang von der Vorschule bis zum Ende der ersten Klasse sich
vollziehenden Entwicklungen der Kinder genauer zu erfassen, erfolgte die Festlegung
von drei relativ eng gefaßten Meßzeitpunkten.
Zu diesem Zweck wurden in einem halbjährigen Abstand bei 102 Kindern - beginnend
ab dem Alter von 6 Jahren - mit zwei Varianten der Sort-Recall-Aufgabe die
Organisationsstrategien beim Lernen und Wiedergeben von zu lernenden
kategorisierbaren Items ermittelt. Um auch vorstrategische Kompetenzen sichtbar zu
machen, kam es zusätzlich im Rahmen der ersten beiden Meßzeitpunkte zum Einsatz
einer Versteckaufgabe.
Zur Erfassung des unmittelbaren (proximalen) Metagedächtnisses wurden Fragen zu
den direkt vorausgehend bearbeiteten strategischen Aufgaben gestellt. Das allgemeine
und strategiespezifische deklarative Metagedächtnis wurde mittels eines Interviews
erhoben.
Da die Intelligenz als eine das Metagedächtnis und die Strategieleistungen
beeinflussende Komponente anzusehen ist, wurde sie zusätzlich zum zweiten
Meßzeitpunkt mit dem HAWIK-Untertest ,,Wortschatz" und zum dritten Meßzeitpunkt
mit dem HAWIK-Untertest ,,Allgemeines Wissen" erhoben..
Ebenso wurde der Einfluß des Kurzzeitgedächtnisses auf strategische Leistungen über
alle drei Meßzeitpunkte mit dem HAWIK-Untertest ,,Zahlennachsprechen" und einem
Test zum ,,Kunstwörter-Nachsprechen" ermittelt.
Die Ergebnisse der entwicklungsperspektivischen Betrachtungsweise, gewonnen durch
Mittelwertvergleiche mit Varianzanalysen und t-Tests sowie dem Vergleichen von
Leistungskategorien, ließen für die Leistungen des proximalen Metagedächtnisses und

Zusammenfassung IX
der Strategien steigende Werte erkennen. Allerdings konnten nicht in jedem Fall
Signifikanzen erzielt werden. Durch den Aufgabenwechsel bei der Ermittlung des
distalen Metagedächtnisses zum dritten Meßzeitpunkt wurde nur ein Vergleich
zwischen den ersten beiden Meßzeitpunkten möglich. Die Leistung war ansteigend.
Die korrelative Prüfung der Gruppenstabilitäten von Strategieleistungen und
Metagedächtnis - mit Ausnahme des distalen Metagedächtnisses zum dritten
Meßzeitpunkt - ergab steigende Werte.
Für die Betrachtung von Zusammenhängen ließen sich unterschiedliche Ergebnisse
ermitteln. Der Zusammenhang zwischen proximalem Metagedächtnis und
Strategieleistungen ist mit einer Ausnahme über die Zeit steigend und das auf mittlerem
bis sogar hohem Niveau.
Die Korrelation zwischen distalem Metagedächtnis und Strategieleistung ist, bezogen
auf die ersten beiden Meßzeitpunkte, mit einer Ausnahme steigend. Zum dritten
Meßzeitpunkt erfolgte generell ein Abfall dieses Zusammenhangs.
Für den in einer Nebenfragestellung zu prüfenden Zusammenhang zwischen den
Strategie- und Gedächtnisleistungen der Sort-Recall-Aufgabe ließen sich steigende
Korrelationen verzeichnen, wobei die Korrelation mit beteiligter Clusterleistung an
Bedeutung gewann und mit beteiligter Sortierleistung sank.
Einen weiteren in Fortführung der Zusammenhangsbetrachtungen zu erörternden
Schwerpunkt dieser Studie bildete die Erklärung von Unterschieden beim Gebrauch von
Strategien durch das distale Metagedächtnis.
Dazu wurden Regressionsanalysen durchgeführt.
Im Ergebnis ist die Erklärungskraft des distalen Metagedächtnisses generell im hier
betrachteten Altersbereich der Kinder als gering anzusehen, aber dennoch tendenziell
zunehmend.
Eine zusätzliche Erklärungskraft zum Metagedächtnis durch die Intelligenz und das
Kurzzeitgedächtnis konnte mit Ausnahme der Intelligenz mit dem Prüfverfahren einer
hierarchisch schrittweisen Regressionsanalyse nicht nachgewiesen werden.

Zusammenfassung X
Die Ergebnisse zur Aufklärung von Gedächtnis-Leistungsunterschieden bei Kindern in
den Sort-Recall-Aufgaben durch die Strategien des Sortierens und Clusterns mittels
Regressionsanalysen zeigen eine steigende Bedeutung des Clusterns und eine sinkende
Bedeutung des Sortierens.
Trotz des geringen aber doch steigenden Einflusses des Metagedächtnisses auf den
Gebrauch von Strategien wurde mittels einer Varianzanalyse der Nachweis erbracht,
daß gute und schlechte Metagedächtnisleistungen bei Kindern gute und schlechte
strategische Leistungen signifikant zu Folge haben. Ebenfalls spielte der Faktor Zeit
eine signifikante Rolle.
Durch einen korrelativen Ansatz zum dritten Meßzeitpunkt wurde in der Studie
verdeutlicht, daß Kinder mit gutem Kurzzeitgedächtnis besser Strategien anwenden.
Abschließend wird das Resümee gezogen, daß sich das Wissen über die Nützlichkeit
von Strategien und der Strategiegebrauch mit dem Eintritt in die Grundschule verbessert
und zunehmende Zusammenhänge, jedoch noch auf niedrigem Niveau, deutlich sind.
Intelligenz spielt in seiner Wirkung auf Metagedächtnis und Strategieleistung eine nicht
zu unterschätzende Rolle. Der Beitrag des Kurzzeitgedächtnisses kommt, wenn auch
verzögert, zum Tragen.

Einleitung 1
1. EINLEITUNG
Jeder hat sicherlich schon einmal in irgend einer Weise Erfahrungen mit Kindern
gemacht, seien es die eigenen Kinder, jüngere Geschwister, Kinder von Verwandten
oder Freunden. Immer wieder ist faszinierend und auch überraschend, wie Kinder sich
ihre Welt erklären, wie sie mit den für sie verschiedensten komplizierten oder auch
weniger komplizierten Problemen und Aufgaben umgehen. Vieles ist für Erwachsene
gar nicht recht erklärbar und mutet teilweise lustig an.
In diesem Sinne ist es vielfach erstaunlich, daß Kinder in manchen Dingen schon sehr
gute Kenntnisse haben und anderes überhaupt noch nicht verstehen oder ganz profane
Erklärungen liefern bzw. unerwartet handeln. Kinder leben in ihrer Welt eines eigenen
Verständnisses. Wie kann es denn sonst möglich sein, daß ein Kind vor ein paar
Wochen oder Monaten noch anders dachte als heute? Es ist das gleiche Kind und doch
ist es ein anderes. Was ist also in der Zwischenzeit passiert, welche Prozesse haben sich
abgespielt?
Es wäre zu kurz gegriffen, wenn Antworten auf diese Fragen nur auf rein
erkenntnistheoretischem Interesse beruhen würden.
Genau so wichtig ist es zu wissen, was einem Kind zugemutet werden kann, um es nicht
zu überfordern oder auch welche Forderungen an das Kind notwendig und welche
Förderungen angemessen sind, um eine optimale Entwicklung zu gewährleisten. Diese
Frage stellt sich sowohl an die Eltern, als auch an die Erzieher, Lehrer, politische
Entscheidungsträger, Wissenschaftler in pädagogischer Grundlagenforschung und
Ausbildungsstätten von pädagogischen, psychologischen und sozialen Berufen.
Besonders in der heutigen Zeit des europäischen Zusammenwachsens und der
Globalisierung insgesamt ist die Bedeutung, die Analyse, die Konkretisierung
und Anwendung von sowohl Wissensentwicklung bei Kindern als auch deren
Wissensanwendung auf allen Gebieten des individuellen und sozialen Lebens
eine entscheidende Voraussetzung, um an diesem Lern- und Lebensprozeß optimal
teilhaben zu können.
So zeigen die Ergebnisse der PISA-Studie, daß es auf bestimmten Gebieten ganz
sicherlich Handlungsbedarf gibt, aber auch Stärken, die es zu bewahren gilt und erst
recht konzentriert auszubauen sind.

Einleitung 2
Für alle diese Fragen, sei es, daß sie dem täglichen Leben entspringen oder
pädagogischen, psychologischen und sozialen Charakter haben, gilt es Antworten zu
finden, die wissenschaftlich relevant sind. Der Wissenschaftszweig der pädagogischen
und Entwicklungspsychologie bemüht sich schon seit geraumer Zeit mit aufwendigen
Längsschnittstudien, den Entwicklungsverlauf im Kindes- und Schulalter darzustellen.
Eine Längsschnittstudie ist dadurch gekennzeichnet, daß sie ein und dieselbe Gruppe
von Personen über einen längeren Zeitraum untersucht und zu bestimmten Zeitpunkten
(Meßzeitpunkten) bestimmte psychologische Merkmale erfaßt.
Ein wesentlicher Meilenstein der Forschung auf dem Gebiet der Entwicklung
individueller Kompetenzen im Kindes- und Schulalter im Längsschnitt war die
Münchner LOGIK-Studie (Longitudinalstudie zur Genese individueller Kompetenzen).
Diese Studie bot den Rahmen für darin enthaltene eigenständige Untersuchungen zu
einer Vielzahl sich entwickelnder Kompetenzen. So beschäftigte sich ein Teil von
Untersuchungen mit den für die hier vorliegende Studie maßgeblich untersuchten
Leistungen und Merkmalen: der Strategien, der Gedächtniskapazität, der
Gedächtnisleistung, des Metagedächtnisses und der Intelligenz.
Eine Schwäche der LOGIK-Studie und der darin enthaltenen Untersuchungen bestand
allerdings darin, daß Aufgrund der Komplexität und der Vielzahl der erhobenen Maße
Einschränkungen gemacht werden mußten.
Wesentliche Kritikpunkte bezüglich strategischer Gedächtnisprozesse waren
beispielsweise, daß die Strategiemaße nur in einem Zwei-Jahres-Abstand erhoben
wurden und es nur einen Versuchsdurchgang zum semantischen Organisieren gab.
Eine Konsequenz aus der Schwäche der LOGIK-Studie war das Durchführen einer
Folgestudie zu strategischen Prozessen. Die Studie "Bedingungen und intraindividuelle
Entwicklungsverläufe strategischer Gedächtnisprozesse zwischen 5 und 12 Jahren"
begann im Jahre 2001 und wird zur Zeit weitergeführt.
Die hier vorgestellte Untersuchung bezieht sich auf einen Teilaspekt dieser Studie.
Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich über die ersten drei Meßzeitpunkte. Die Kinder
hatten zum ersten Meßzeitpunkt ein Durchschnittsalter von 6;4 Jahren und befanden

Einleitung 3
sich in der letzten Vorschulklasse. Zum dritten Meßzeitpunkt waren die Kinder
durchschnittlich 7;3 Jahre alt und befanden sich in der zweiten Hälfte der ersten Klasse.
Durch diese engmaschige halbjährige Testung, vor allem im Übergangszeitraum von
der Vorschule zur Schule werden bessere Aufschlüsse darüber erwartet, was sich in
diesem doch einschneidenden Lebensabschnitt bezüglich strategischer Kompetenzen
und damit zusammenhängender Faktoren verändert.
Gerade die Einschulung stellt veränderte Anforderungen an die Kinder. Diese
Anforderungen implizieren natürlich nun auch, neue Möglichkeiten oder Kompetenzen
zu entdecken und anzuwenden.
In dieser Studie soll es aber nicht nur darum gehen, wie sich das strategische Verhalten
verändert, sondern in wieweit sich andere - mit der Strategie mutmaßlich in Verbindung
stehende - Wissens- und Leistungs-Komponenten wie Metagedächtnis, Intelligenz,
Kurzzeitgedächtnis und Erinnerungsleistung ebenfalls entwickeln. Es sollen somit nicht
nur Entwicklungsperspektiven einzelner Leistungen aufgezeigt werden, sondern auch
Zusammenhänge zwischen Merkmalen und gegenseitigen Beeinflussungen.
Ob und in welchem Ausmaß sich entsprechende Entwicklungen aufzeigen lassen, ist
Gegenstand dieser Arbeit.
Aufgrund der Erfahrung der LOGIK-Studie wurde auf die Auswahl der Meßinstrumente
besonderen Wert gelegt. So kommen zur Ermittlung der strategischen Leistung zwei
Sortier- (Sort-Recall-) Aufgaben zum Einsatz, die sich in der Schwierigkeit
unterscheiden. Außerdem wird zu den ersten beiden Meßzeitpunkten eine
Versteckaufgabe eingesetzt, die sich vor allem bei sehr jungen Kindern in anderen
Untersuchungen bewährt hat.
Das erklärte Ziel dieser vorliegenden Studie besteht darin, Aufschlüsse über die sich
abzeichnenden Veränderungen und Leistungsmöglichkeiten bei Kindern im
Übergangszeitraum zur Schule zu erhalten. Dies wird besonders wichtig erachtet für den
entsprechenden Umgang mit Anforderungen an die Kinder, vor allem durch Lehrer und
Eltern und dem, was Kinder imstande sind zu leisten (Passung).

Stand der Forschung 4
2. STAND DER FORSCHUNG
Dieses Kapitel wird sich zunächst mit Definitionen und Konzeptualisierungen der für
diese Arbeit maßgeblichen Variablen beschäftigen. Dabei wird auch auf die
Entwicklung der Konstrukte, die in dieser Arbeit als Variablen behandelt und
operationalisiert werden, eingegangen. Weiterhin wird über grundlegende und aktuelle
Forschungen, die die Zusammenhänge zwischen den interessierenden Variablen
darstellen, berichtet. Diese Betrachtungen bilden die Grundlage für die eigene
Untersuchung.
2.1 Metagedächtnis
2.1.1 Definition
Das Konzept des Metagedächtnisses war lange Zeit ein sehr unscharfes Gebilde,
welches schlecht zu definieren war und auch noch heute teilweise problembehaftet ist.
Dies zeigt sich exemplarisch u. a. darin, daß Wellman (1983) es als ,,fuzzy conzept"
bezeichnete. Im Hinblick auf die Entwicklung bei Kindern schreibt er: ,,...metamemory
is not a collection of facts about memory, but an intricately interwoven system of
knowledge". Jedoch ist das Konzept des Metagedächtnisses, wie vieles in Wissenschaft
und Forschung, einem ständigen Wandel durch Erkenntnisgewinn unterworfen.
Es war Flavell (1971), der den Begriff des Metagedächtnisses in einem
Diskussionsbeitrag prägte. Er schreibt: ,,It seems in large part to be the development
of...intelligent monitoring and knowledge of these storage and retrieval operations -
a kind of `metamemory`, perhaps." Das wachsende Bewußtsein und die Prädiktion von
Kindern über ihr Gedächtnis und die zu bewältigenden Aufgaben, das verbalisiert
werden kann, wurde letztendlich von ihm als Metagedächtis bezeichnet.

Stand der Forschung 5
Grundsätzlich kann man Metagedächtnis als verbalisierbares Wissen über
Gedächtnisprozesse bezeichnen, also auch Wissen über die Verfügbarkeit und
Effektivität von Denk- und Gedächtnisstrategien.
Der Begriff der Metakognition stellt eine Erweiterung des ,,Wissen über das
Gedächtnis" dar. Diese Erweiterung bezieht sich auf Wissen über den gesamten
kognitiven Apparat (Perleth, 1992).
2.1.2 Konzeptualisierungen
In der heutigen Forschung hat sich die Unterscheidung zwischen dem deklarativen und
prozeduralen Metagedächtnis etabliert.
Flavell und Wellman leisteten einen bedeutenden Beitrag für die Forschung auf diesem
Gebiet und differenzierten das deklarative Metagedächtnis weitergehend.
Unter dem (deklarativen) Metagedächtnis verstehen Flavell und Wellman (1977) das
praktisch bewußte und vor allem verbalisierbare Wissen über Gedächtnisprozesse
(Variablen). Es ist ein Wissen über Merkmale von Personen (,,characteristics of the
person himself"), Aufgaben (,,characteristics of the task") und Strategien (,,potential
employable strategies"). Unter diesen Teil des Metagedächtnisses fällt auch das Gespür
von Personen, daß Gedächtnisaktivitäten für bestimmte Aufgaben notwendig sind
(Sensitivität).
Beim (prozeduralen) Metagedächtnis - einer Konzeption von Ann Brown 1978 - steht
vor allem die Fähigkeit der Kontrolle und Regulation von Gedächtnisprozessen im
Mittelpunkt. Es sind Fertigkeiten zur zieladaptierten Planung, Steuerung, Überwachung
und Bewertung. Alle diese Prozesse fließen beim aktuellen Lernen ein. Das prozedurale
Metagedächtnis kann sich aber erst entwickeln, wenn bereits Erfahrungen mit
bestimmten Gedächtnisproblemen gemacht wurden (Schneider, 1992).
Bezogen auf die klassische Einteilung klassifizierte und differenzierte Wellman (1983)
noch einmal vier Gruppen von metakognitiven Komponenten:
1. Wissen über kognitive Aufgaben, Prozesse und Strategien
2. Bewußte kognitive Empfindungen der eigenen kognitiven Aktivität

Stand der Forschung 6
3. Flexible und zieladaptive Regulation- und Überwachungsprozesse von Kognitionen
und Strategien
4. Reflexiver Zugriff zu den gerade ablaufenden Gedächtnisinhalten und ­ zuständen.
Kluwe greift die Konzepte von Flavell und vor allem aber von Brown auf und ordnet sie
,,in einen theoretischen Rahmen, der in der Tradition von Informationsverarbeitungs-
theorien steht" (Perleth, 1992).
Metakognitives Wissen wird hierbei als deklaratives Wissen verstanden - Wissen über
den Realitätsbereich Denken. Der Schwerpunkt dieser Theorie liegt auf prozeduralen
Prozessen. Es werden Prozesse exekutiver Kontrolle und exekutiver Steuerung
unterschieden. Die Prozesse der exekutiven Kontrolle (Identifikation, Prüfung,
Bewertung, Vorschau) bewerten den aktuellen Stand kognitiver Aktivität. Die
exekutiven Steuerungsprozesse (Steuerung der Kapazität, des Gegenstandes, der
Intensität und die Geschwindigkeit der kognitiven Aktivität) regeln den gesamten
Verlauf der kognitiven Aktivität im Sinne von Organisation, Aufwand und Auswahl der
Strategien (Perleth, 1992).
Ein funktionales Modell, welches auch die Persönlichkeitsvariablen einbezieht, ist das
Good-Strategy-User-Modell von der Forschergruppe um Pressley, Borkowski und
Schneider.
Aufgabenspezifische- und zielbezogene Strategien (Wiederholungsstrategien,
Gruppenbildung usw.), aber auch allgemeine Strategien (Aufmerksamkeitssteuerung,
Anstrengung, Prüfung von Erfolg und Mißerfolg einer verwendeten Strategie), sowie
ein metakognitives Wissen um die Anwendung von Strategien spielen eine Rolle.
Weiterhin sind in das Modell Komponenten integriert, wie Arbeitsstil (Reflexivität,
Impulsivität, Ängstlichkeit), Motivation und eine breite nichtstrategische Wissensbasis
(Schneider & Pressley, 1997).
Aktuelle Forschungen zum prozeduralen Metagedächtnis, so berichten Lockl und
Schneider (2002), erscheinen unter dem Stichwort ,,Selbstregulierendes Lernen". Vor
allem das theoretische Konzept von Nelson und Narens von 1990 und 1994 ist hierbei
erwähnenswert, welches zwei metakognitive Ebenen, die Selbstüberwachung
,,monitoring" und Selbstregulation ,,control", einschließt.

Stand der Forschung 7
Wichtig zum Verständnis nachfolgender Untersuchungen ist auch die Unterscheidung
von distalem und proximalem Metagedächtnis (vgl. Hasselhorn, 1990; Schneider,
Körkel & Vogel, 1987).
Unter distalem Metagedächtnis wird das Wissen über lernerleichternde Funktionen
kategorialer Ordnungsstrukturen im Lernmaterial verstanden. Gegliedert wird noch in
allgemeines und aufgabenspezifisches Metagedächtnis. Beim distalen Metagedächtnis
geht es also um ganz grundsätzliche Verständnisfragen.
Unter proximalem Metagedächtnis wird der Grad der Bewußtheit möglicher
angewendeter Ordnungsstrategien verstanden, bezogen auf eine gerade durchgeführte
Strategieaufgabe.
2.1.3 Entwicklung des deklarativen Metagedächtnisses
Seit Flavell (1971) den Begriff des Metagedächtnisses prägte, eroberte er in der
Wissenschaft der darauffolgenden Jahre einen breiten Raum und viel Aufmerksamkeit.
Das Metagedächtnis gilt seither als einer der Motoren der Gedächtnisentwicklung.
Das Metagedächtnis, so Schneider (1992), entwickelt sich schon im Kindergartenalter.
Jedoch ist die Anzahl der vertrauten Situationen, in denen sich Metagedächtnis zeigt
und zur Anwendung kommen kann, noch begrenzt. Aus diesem Grund ist von einem
Wissen diesbezüglich noch nicht zu sprechen. Der größte Zuwachs des
Metagedächtniswissens läßt sich im Laufe der Grundschulzeit beobachten. Am Anfang
der Grundschulzeit entwickelt sich vor allem das Wissen um die Nützlichkeit von
Wiederholungsstrategien. Am Ende der Grundschulzeit kommt es zu einem besonders
schnellen Wissensanstieg über die Nützlichkeit von Kategorisierungsstrategien. Das
Wissen um Elaborierungsstrategien (Eselsbrücken) wird erst nach der Grundschulzeit
mit Erfolg eingesetzt. Es ist zu bemerken, daß selbst viele Erwachsene Probleme mit
dem Anwenden von Elaborierungsstrategien haben (vgl. auch Schneider, 1989;
Schneider & Büttner, 1998).
Metagedächtniswissen entwickelt sich jedoch nicht einheitlich, bezogen auf die
enthaltenen Teilkomponenten. Neben globalen Umgebungsbedingungen/Kontexten

Stand der Forschung 8
(Setting) werden neuerdings vor allem mehr subtilere Faktoren, wie u.a. die Art des
Lernmaterials für Gedächtnisleistungen als beeinflussend gesehen. Aber auch
interindividuell zeigen sich Unterschiede bei der Betrachtung intraindividueller
Entwicklungsverläufe, wie dies die Münchner LOGIK-Studie zum Ausdruck bringt
(vgl. Weinert, 1998; Schneider & Sodian, 1990).
Bezogen auf die Entwicklung des distalen und proximalen aufgabenspezifischen
Metagedächtnisses konnte Hasselhorn (1990) in einer Studie darlegen, daß bei Sort-
Recall-Aufgaben (Beschreibung in Punkt 2.2.2) ab der zweiten Klassenstufe
kontinuierliche Zuwächse zu verzeichnen sind. Vor allem zwischen der dritten und
vierten Klassenstufe deuten sich signifikante Sprünge bezüglich des proximalen
Metagedächtnisses an.
Zu ähnlichen Resultaten kommen Schlagmüller, Vise und Schneider (2001) in einer
Untersuchung mit Zweit- (8 Jahre) und Drittkläßlern (9 Jahre). Diese Schüler wurden
nach der Erst-Testung vier Monate später erneut, nun in der höheren Klassenstufe,
getestet. Zum Testen wurden Skalen der Würzburger Testbatterie für das
Metagedächtnis verwendet: Subskala zum allgemeinen deklarativen (ADM) und
textverarbeitungsbezogenem (TVM) Metagedächtnis sowie der Fragebogen über
semantische Kategorisierungsstrategien (SKS).
Es zeigte sich, daß sich die Werte des Metagedächtnisses in diesem Zeitraum
verbesserten (Effektstärke d = 0,24), eine Signifikanz aber nur im Vergleich von der 3.
zur 4. Klassenstufe deutlich wurde (Effektstärke d = 0,92 bzw. 0, 84).
Bei Sechsjährigen konnten allerdings schon metakognitive Elemente ermittelt werden,
wie dies eindruckvoll bei Schneider und Sodian (1990) dargestellt wurde.
Ältere Vorschulkinder (Sechsjährige) zeigten im Gegensatz zu Vierjährigen im Rahmen
einer proximalen Metagedächtnisabfrage entwicklungspsychologisch folgende
Unterschiede, die man als echte metakognitive Merkmale bezeichnen kann:
· Diese Kinder können zunehmend begründen warum etwas zusammen gehört.
· Sie erschließen zunehmend die semantischen Beziehungen zwischen Objekten
(auch im Hinblick auf eine selbst konstruierte Beziehungsstiftung) und
verstehen die Notwendigkeit der Speicherung solcher Relationen. Damit ergibt

Stand der Forschung 9
sich die Möglichkeit, auch andere Objekte semantisch einzuordnen und das
Verständnis eines ,,Warums" zu besitzen. Dies sind also schon konstruktive
Prozesse. Wissen kann also erschlossen und nicht mehr nur durch ,,tatsächliches
Sehen" erworben werden.
· Der Strategiegebrauch ist nicht mehr so kontextabhängig. Das bedeutet,
Sechsjährige finden zunehmend konsistentere semantische Zusammenhänge
zwischen Objekten, auch wenn die Assoziationen nicht mehr ,,sehr hoch" sind,
um selbstständig Ordnungsprozesse im Hinblick auf die Behaltensleistung zu
starten (Produktionsdefizit).
Das Fazit aus den o.g. Darlegungen von Schneider und Sodian (1990) ist, daß man mit
geeigneten Meßinstrumenten, hier in Form einer Versteckaufgabe (Beschreibung in
Punkt 2.2.2), Unterschiede zwischen Altersklassen herausfiltern und somit eine
entwicklungstheoretische Annahme treffen kann.
Diese Unterschiede haben sich bei anderen Untersuchungen, die nur mit Sort-Recall-
Aufgaben und/oder nicht zwischen proximalen und distalem Metagedächtnis
unterschieden haben, nicht dargestellt - nicht darstellen können. Somit wurde das
Leistungsvermögen bezüglich des Metagedächtnisses - oder besser erste Anzeichen
eines Metagedächtnisses und der daraus resultierenden Gedächtnisleistungen - wohl
unterschätzt.
2.2 Strategien
2.2.1 Definition
Strategien im Sinne von Gedächtnisfertigkeiten werden nach heutigem
Wissenschaftsverständnis als sehr bewußte und zielgerichtete Gedächtniskomponenten
beschrieben, die letztendlich zu besseren Behaltensleistungen führen (Schneider &
Pressley, 1997).

Stand der Forschung 10
Wesentliche Strategien sind das Wiederholen, Ordnungsstrategien/Kategorisieren
(Sortieren und Clustern) und Geschichten zum Lernmaterial finden (Elaborieren). Diese
Strategien stehen damit auch im Mittelpunkt des allgemeinen Forschungsinteresses.
2.2.2 Entwicklung und konzeptuelle Ansätze von Strategien
Unbestritten führen die meisten Untersuchungen zum Ergebnis, daß besonders im Laufe
der Grundschulzeit der Strategiegebrauch zunimmt.
Vorwiegend beschäftigen sich Studien mit der Untersuchung von
Wiederholungsstrategien, bei denen Wortlisten zu lernen sind und mit
Organisationsstrategien, die mit Sort-Recall-Aufgaben operationalisiert werden.
Bei Sort-Recall-Aufgaben finden kategorisierbare Objekte, meist in Form von Bildern,
Verwendung. Diese sind zu lernen und sollen im Hinblick auf eine
Reproduktionsleistung Anlaß zum Sortieren (Organisationsstrategie des
Kategorisierens) geben. Dabei werden das Sortieren in der Einprägezeit/Lernzeit
(Input) und das Organisieren (hier Clustern genannt) bei der Wiedergabe/
Gedächtnisleistung (Output) unterschieden.
Bei Such- oder Versteckaufgaben sollen an Hand von Gedächtnishilfen (retrival cues)
versteckte Objekte wiedergefunden werden, da zwischen ihnen (Gedächtnishilfen und
Objekten) semantische Beziehungen bestehen oder selbstständig gestiftet werden
können.
Die Entwicklung von Strategien wird in der Regel in vier Abschnitte eingeteilt. (vgl.
Schneider & Büttner, 1998):
1. Mediationsdefizit: Kinder sind nicht in der Lage Strategien anzuwenden, selbst nicht
nach entsprechender Instruktion. Dieses trifft vor allem auf sehr junge
Vorschulkinder zu.
2. Produktionsdefizit: Auf dieser Stufe verfügen Kinder über Wissen geeigneter
Strategien, setzen diese jedoch nicht spontan ein (Vorschule und frühe
Grundschulzeit).
3. Nutzungsdefizit: Kinder wenden spontan Strategien an, aber profitieren
nicht davon. Dies könnte für eine starke mentale Konzentration auf den

Stand der Forschung 11
Strategiegebrauch sprechen. Ob ein Nutzungsdefizit überhaupt existiert, ist
Gegenstand der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion.
4. Stufe des kompetenten Strategieanwenders: Anwendung geeigneter und
zielbezogener Strategien (Schneider & Hasselhorn, 1988).
Das Modell des kompetenten Strategieanwenders ist die deutsche Entsprechung
des Good-Strategy-User-Modells.
In einem Beitrag geht Bjorklund (1985) davon aus, daß vor dem 13. Lebensjahr keine
Strategien eingesetzt werden, um beispielsweise zu kategorisieren. Er postuliert, daß es
sich bei jüngeren Kindern weitgehend um assoziative, automatische Prozesse im
semantischen Gedächtnis handelt.
Eine Untersuchung von Hasselhorn (1990) zeigte jedoch, daß bei einer Sort-Recall-
Aufgabe schon zwischen der zweiten und vierten Klassenstufe die Sortier- und Cluster-
Organisation bedeutend zunimmt. Hasselhorn testete Kinder zu einem ersten Zeitpunkt
(t
1
), zu welchem sie sich in der Vorschulstufe bis zu vierten Klasse befanden. Nach 8
Monaten (t
2
) testete er die Kinder erneut, die nun entsprechend eingeschult bzw. in der
höheren Klassenstufe waren.
Im Ergebnis waren die Entwicklungssprünge in diesem Zeitraum bei der Sortier-
Organisation stärker als die der Cluster-Organisation. Bedeutende Entwicklungssprünge
der Sortier-Organisation vollzogen sich vor allem zur zweiten und zur vierten
Klassenstufe. Deutliche Veränderungen der Cluster-Organisation vollziehen sich vor
allem zur vierten Klassenstufe. Der Prädiktionswert von Sortier- und Cluster-
Organisation für die Vorhersage der Reproduktionsleistung stieg ebenfalls in diesem
Zeitraum an.
In diese Richtung gehen auch die Ergebnisse einer Untersuchung von Hasselhorn und
Lindner-Müller (1995). Sie testeten 161 Kinder in den Klassenstufen 2-4 und 6 (8, 9, 10
und 12 Jahre) mit Sort-Recall-Aufgaben, bei der zusätzlich kumulatives Wiederholen
erfaßt werden konnte. Insgesamt, so zeigten die Ergebnisse, erwies sich kategoriales
Organisieren als sehr hilfreich für die Reproduktionsleistung - hilfreicher als
kumulatives Wiederholen. Zwischen der zweiten und dritten Klassenstufe, aber vor
allem ab der vierten Klassenstufe wurde die Leistungsdienlichkeit des kategorialen

Stand der Forschung 12
Organisierens deutlich. Dies stützt die in der Strategie-Emergenz-Theorie (Hasselhorn,
1992, zitiert nach Hasselhorn & Lindner-Müller, 1995) gemachte Annahme der
metamemorialen Bedingtheit und Leistungsdienlichkeit kategorialen Organisierens. Für
das Wiederholen konnte diese Annahme aus der Strategie-Emergenz-Theorie jedoch
nicht in der Deutlichkeit bestätigt werden.
Die Strategie-Emergenz-Theorie geht in ihren Annahmen davon aus, daß im Alter von
9-10 Jahren aufgrund der Zunahme metamemorialem Strategiewissens sich eine
bewußte Nutzungsmöglichkeit der Strategien herausbildet (Emergenz). Dies hat auch
einen zunehmenden Einfluß auf die Leistung.
Wurde jedoch in der Untersuchung von Hasselhorn und Lindner-Müller (1995) bei der
Standard- Sort-Recall-Aufgabe der unspezifische Sortier- (Kategorisierungs-) Hinweis
,,Du kannst mit den Karten alles machen, was dir dabei hilft, möglichst viel zu merken"
weggelassen, so ergaben sich selbst noch bei 6-Klässlern mindere Leistungen - was in
diesem Punkt die Strategie-Emergenz-Theorie nicht bestätigte .
Im Rahmen der Münchner LOGIK-Studie sprechen die Studien-Ergebnisse bei
Schulanfängern dafür, daß sich für das systematische Wiederholen von relevanten
Informationen passive Formen von Strategien, wie das einfache Wiederholen, zeigen.
Das kumulative Wiederholen wird erst von älteren Kindern angewendet.
Weiterhin erbrachte die LOGIK-Studie für die Strategie des semantischen
Kategorisierens bei Sort-Recall-Aufgaben, daß die Sortierleistungen (Input) erst mit 8
Jahren signifikant werden und mit 12 Jahren einen fast perfekten Wert erreichen, was
eine hohe Leistungsdienlichkeit darstellt. Die Sortierleistungen des Abrufes (Clustern,
Output) sind demgegenüber schlechter und erreichen erst zeitversetzt bessere Werte
(Knopf & Schneider, 1998).
Die intraindividuellen Entwicklungsverläufe, so Knopf und Schneider (1998), sind sehr
unterschiedlich. Von den ca. 200 getesteten Kindern im Alter von 4-12 Jahren gab es
nur bei 8% eine kontinuierliche Entwicklung. Für 80% der Kinder war bezeichnend, daß
das Entdecken von Strategien ein Alles-oder-Nichts-Prinzip von einem Meßzeitpunkt
zum anderen war. 64% der Kinder, die Strategien zu einem der ersten Meßzeitpunkte
anwendeten, gebrauchten diese im darauffolgenden nicht mehr. 40% der Kinder
entdeckten die Strategien im Alter zwischen 4 und 6 und weitere 25% im Alter

Stand der Forschung 13
zwischen 6 und 7 Jahren. (vgl. auch Sodian & Schneider, 1999; Schneider & Sodian,
1990)
Bereits junge Vorschulkinder (Vierjährige) zeigen schon Elemente des
Strategiegebrauchs. Schneider und Sodian (1990) konnten in ihrem Experiment
darstellen, daß durch die Verwendung von Gedächtnishilfen/Hinweisreizen (,,retrival
cues") bei sogenannten Suchaufgaben (Versteckaufgaben) semantische Beziehungen
zwischen den Gedächtnishilfen und den zu versteckenden Objekten genutzt wurden. Es
scheint jedoch entscheidend zu sein, wie hoch die Assoziationen zwischen dem Objekt
und dem Hinweisreiz sind.
Ähnlich sieht es Perleth (1992). Es spielen wesentliche Komponenten wie Motivation,
Beanspruchbarkeit des Gedächtnisses, Instruktion, Grad der Bekanntheit und
Assoziationen der Elemente (Items) eine Rolle. Schon die Aufforderung ,,die Objekte so
zu gruppieren, wie sie zusammengehören", bewirkte bei hoch assoziativen Versteck-
Aufgaben ein strategisches Sortierverhalten bei Kindern ab 4 Jahren.
Da es sich um kein spontanes Verhalten handelt - selbst bei hohen Assoziationen - kann
kaum von Metakognition gesprochen werden (Schneider & Sodian, 1990). Es ergeben
sich somit nur erste Hinweise und Anzeichen für metakognitive Elemente.
Insgesamt kann festgestellt werden, daß sich die Entwicklung von Strategien vor allem
in der Grundschulzeit vollzieht. Dies hängt auch besonders mit den sich verändernden
Anforderungen zusammen. Im Übergang von der Vorschule zur Grundschule und
Anfang der Grundschulzeit bilden sich Strategien des einfachen Wiederholens von
Wörtern heraus und lösen somit das einfache Benennen von Wörtern (,,naming") ab. In
der Grundschulzeit zeigen sich Strategien des kumulativen Wiederholens und des
kategorialen Organisierens zuerst spontan und später kontinuierlicher. Während der
späteren Grundschulzeit und dem Übergang zu höheren Klassenstufen werden
kompliziertere Strategien wie das Elaborieren entdeckt und erfolgreich eingesetzt.
Zu differenzieren ist auch die Entdeckung der Strategien in Form von spontaner
Anwendung, sowie die kontinuierliche bewußte Anwendung in dem Sinne, daß eine
Leistungsverbesserung damit verbunden ist. Besonders hier zeigt sich das dargestellte
Produktions- und Nutzungsdefizit, bis hin zum kompetenten Strategieanwender (Good-

Stand der Forschung 14
Strategy-User-Modell). Es ist sinnvoll, Sortier- und Cluster- Organisation getrennt zu
betrachten, da sich hierbei unterschiedlich starke Entwicklungssprünge abzeichnen.
Eine differenzierte Betrachtung, um beginnenden Strategiegebrauch nachzuweisen, läßt
sich durch entsprechende Aufgabenstellungen und -arten, allerdings noch mit dem
Element höherer Assoziationen zwischen den Items, darstellen (vgl. Schneider &
Sodian, 1990).
2.3 Intelligenz
2.3.1 Definition
Die Intelligenz ist ein Konstrukt, das viele Definitionen und Auffassungen, je nach
Wissenschaftsverständnis und Forschungsfortschritt auf diesem Gebiet aufweist.
Abgesehen davon gibt es auch ein allgemeines Verständnis darüber, was intelligent ist.
Stern bezeichnete Intelligenz als eine Fähigkeit, das Denken auf neue Forderungen der
Umwelt einzustellen oder auch als allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an neue
Aufgaben und Lebensbedingungen.
Hier wird die Neuartigkeit von Situationen betont, die es zu meistern gilt.
Andere Definitionen, beispielsweise von Binet, Simon und Wechsler, beschreiben
Intelligenz sinngemäß als eine Fähigkeit des zweckvollen Handelns und des
vernünftigen Denkens um sich wirkungsvoll mit seiner Umgebung auseinanderzusetzen
(Amelang & Bartussek, 1997; Häcker, 1998).
Ein weiterer Versuch Intelligenz zu beschreiben besteht darin, sie durch entsprechende
Tests zu operationalisieren, statt rein verbal zu definieren. Allerdings ergibt sich ein
Problem in der Art, daß Tests die Zeit wiederspiegeln, in der sie konstruiert wurden.
Darum ist immer eine Adaptation wünschenswert bzw. vom Wissenschaftsverständnis
des Konstrukteurs abhängig. Somit gewichten verschiedene Tests verschiede
Teilaspekte der Intelligenz unterschiedlich. Aus diesem Grund kann behauptet werden,
daß jeder Test ,,seine Intelligenz" prüft und es so viele Intelligenzen gibt, wie
Intelligenztests.

Stand der Forschung 15
Leistungstests, so beschreibt es Tewes (1983), sind ein Kunstgriff ,,mit dessen Hilfe es
dem Probanden ermöglicht wird, mit dem Untersucher in einer Weise zu
kommunizieren, der eine spezifische Bedeutung zukommt".
2.3.2 Entwicklung der Intelligenz
Betrachtungen über den Verlauf der Intelligenzentwicklung lassen sich im Hinblick auf
das Intelligenzwachstum, aber auch in Hinblick auf relative Stabilitäten von
Intelligenzunterschieden machen.
Einen Beitrag zur Beschreibung von Intelligenzentwicklung liefern neuere
Untersuchungen, so die LOGIK-Studie mit ihrer längsschnittlichen Sichtweise.
Wesentliche Ergebnisse wurden von Schneider, Perner, Bullock, Stefaneck und Ziegler
(1999) in einem Studienbeitrag dargelegt, in dem neben der Entwicklung des Denkens
auch die Entwicklung der Intelligenz in Kindergarten und Vorschule beschrieben wird.
Die Stabilitäten der Intelligenz konnten dort als mittelhoch eingeschätzt werden. Dies
bedeutet, daß die sich relativ früh abzeichnenden interindividuellen Unterschiede
konstant blieben. Allerdings zeigte sich auch, daß vor allem im Vorschulbereich
intraindividuelle Schwankungen vorhanden waren, die in diesem Ausmaß bei älteren
Studien - vor allem der älteren amerikanischen Studien - nicht zu verzeichnen waren.
Das deutet darauf hin, daß gerade dieser Altersbereich von einer sehr dynamischen
Entwicklung geprägt ist, sich also das Tempo des intellektuellen Zugewinns von Kind
zu Kind unterscheidet. Größere IQ-Schwankungen waren jedoch nur bei einem
geringen Teil der untersuchten Kinder festgestellt worden. Die Mehrzahl der Kinder
zeigte konstante IQ-Werte.
Mit dem Beginn der Schulzeit erhöhen sich die Stabilitäten und damit auch die
Verfestigung von Unterschieden zwischen den Kindern. Die Autoren sprechen sogar
von individueller substantieller Stabilität. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, daß im
Vorschulalter eher bereichsspezifische Entwicklungsverläufe festzustellen sind. Diese
Entwicklung ist eng verzahnt mit der allgemeinen Entwicklung des kindlichen Denkens.
Als wesentliche Entwicklungsfaktoren der Intelligenz sind die Vererbung,
Risikofaktoren und Sozialisationseffekte zu sehen. Zu den Risikofaktoren zählen

Stand der Forschung 16
Frühgeburtlichkeit, neurologische Verletzungen und Erkrankungen, ungünstiges Milieu
und traumatische Erfahrungen. Sozialisationseffekte in Form historischer und
kultureller Bedingungen, aber auch soziale Schichtzugehörigkeit im Sinne von
anregenden und belastenden sozialen Bedingungen spielen eine wesentliche Rolle. Dies
bezieht sich z.B. auf Schulbesuche, Zugang zu Wissensgütern und Kulturtechniken
(z.B. Umgang mit Medien).
Insgesamt kann festgestellt werden, daß sich die intellektuelle Leistung als eine
Funktion des Lebensalters darstellt. Daß diese Entwicklung im Sinne Piagets nicht nur
durch aktive, konstruktive und sachlogisch aufbauende Auseinandersetzungen mit der
Umwelt besteht, zeigen die voran gemachten Ausführungen. Die soziale Umwelt und
die individuelle Entwicklung sind wesentliche Determinanten der
Intelligenzentwicklung und -leistung. (vgl. Weinert, 1998; Asendorpf, 1998)
2.4 Kurzzeitgedächtnis
2.4.1. Definition
Allen Formen von Modellvorstellungen und Bezeichnungen, z.B. Kurzzeitgedächtnis,
Kurzzeitspeicher oder Arbeitsspeicher ist gemeinsam, daß es sich um eine Fähigkeit des
unmittelbaren Behaltens des vorausgehenden Zeitraumes handelt.
Das unmittelbare Behalten scheint von anderen Gedächtnisleistungen weitgehend
unabhängig zu sein (Häcker & Stapf, 1998).
2.4.2 Konzepte
Die wissenschaftliche Forschung beschäftigte sich schon früh mit
Gedächtnisvorgängen.
Die Überlegung, daß ein einziges Gedächtnissystem wohl nicht ausreichend sei, ist
eines der ältesten Ansätze, die sich in entsprechenden Weiterentwicklungen bis heute
erhalten haben und anerkannt sind. Diese Modellvorstellung bezieht sich auf

Stand der Forschung 17
Mehrspeichermodelle und ihre spätere Differenzierung - z.B. durch Atkinson und
Shiffrin - in zeitabhängige Komponenten in Form des Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und
Langzeitgedächtnisses. Im Gegensatz zum Ultrakurzzeitgedächtnis (sensorisches
Register) können im Kurzzeitgedächtnis (KZG) nur begrenzte Informationsmengen zur
weiteren Bearbeitung gehalten werden.
Miller (1956) vertrat die Auffassung, daß die Behaltensspanne des unmittelbaren
Gedächtnisses (Immediate Memory) 7
±2 Einheiten beträgt.
Baddeley ersetzte, allerdings im Rahmen der Mehrspeichertheorie, das
Kurzzeitgedächtnis durch seine Sichtweise - ein Arbeitsgedächtnis. Der Kern besteht
aus der zentralen Exekutive, die für die Aktualisierung und Koordination der
Informationen zuständig ist. Diese erhält sie aus den ihr untergeordneten
Sklavensystemen, der phonologischen Schleife und dem visuell-räumlichen Notizblock.
(Velichkovsky, Bradford & Pomplun, 1995). Die phonologische Schleife ist für verbale
Informationen und der visuell-räumliche Notizblock für bildhaft-symbolische
Informationen zuständig.
Der Kernpunkt Baddeleys Theorie besteht darin, das Kurzzeitgedächtnis als ein aktives
System darzustellen - mit strukturellem und funktionalem Aspekt. So setzt sich die
phonologische Schleife aus zwei Komponenten zusammen, dem phonetischen Speicher
als passives Element und den Wiederholungs-Prozessen. Je weniger passive
(strukturelle) Kapazität durch Wörter in der phonetischen Schleife beim Artikulieren
belegt wird, desto mehr Wörter können für Wiederholungsvorgänge in die Schleife
aufgenommen werden (Grube, 1998).
Craik und Lockhart meldeten 1972 Zweifel an der Sinnhaftigkeit des
Mehrspeichermodells an. Für sie war es mehr entscheidend, die Tiefe der
Informationsbearbeitung (levels-of-processing) als entscheidenden Faktor für die
Speichervorgänge anzusehen (Schneider & Büttner, 1998).
Diese Modellvorstellung konnte sich nicht durchsetzen. Hirnschädigungen durch
Schlaganfälle oder Unfälle konnten demonstrieren, das z.B. kurzzeitige
Behaltensleistungen zu Beeinträchtigungen führten, jedoch die weiter zurückliegenden
Gedächtnisleistungen erhalten geblieben waren.

Stand der Forschung 18
2.4.3 Entwicklung des Kurzzeitgedächtnisses
Die Altersabhängigkeit der Gedächtnisleistung und der Beitrag des
Kurzzeitgedächtnisses zeigt sich ganz profan in der täglichen menschlichen Interaktion
und läßt sich durch eine Reihe von Studien belegen.
Pascual-Leone ging von einem strukturellen Zuwachs der Gedächtniskapazität aus. Als
zentrale Speicherkomponente dient der ,,M-Space", in welchem eine bestimmte Anzahl
von Schemata in einer bestimmten Situation aktiviert werden kann. Im Alter zwischen 3
und 16 Jahren würde der ,,M-Space" alle zwei Jahre um ein Schema anwachsen.
Case dagegen ging von einer Invarianz der Kapazität (bestehend aus Arbeits- und
Kurzspeicher) ab einem Alter von zwei Jahren aus, allerdings von einer zunehmenden
Effizienz der Verarbeitung. Dieses Modell postuliert strukturelle und funktionale
Merkmale des KZG. Es wird immer weniger Platz für mentale Operationen benötigt
(Arbeitsspeicher = operating space), so daß mehr Platz für die Speicherung von
Informationen zur Verfügung steht (Kurzspeicher = storage space).
Der mit dem Alter zunehmende Kapazitätsanstieg (i.S. von Leistungszuwachs) ist somit
Folge des Anstieges von Geschwindigkeit und Automatisierung der
Informationsverarbeitungsprozesse. (Schneider & Büttner, 1998; Schleider, 1993).
Selbstverständlich sind die Informationsverarbeitungsprozesse (funktionaler Aspekt)
abhängig von strukturellen Gegebenheiten (struktureller Aspekt), die sich in Form
unmittelbarer Speicherfähigkeit zeigt.
Bei dem schon erläuterten Modell von Baddeley stellt sich die Zunahme der
Speicherkapazität dahingehend dar, daß die Artikulationsgeschwindigkeit von Wörtern
zunimmt. Je schneller Worte im System der phonologischen Schleife enkodiert und
wiederholt werden können, desto mehr Worte können in der phonologischen Schleife
gehalten werden (Schneider & Büttner, 1998).
Wissenschaftlich gibt es Belege dafür, daß von einer Invarianz der Kurzzeit-
Gedächtniskapazität im Hinblick auf den strukturellen Aspekt ausgegangen werden
kann. Präzise Angaben darüber, wann diese neurophysiologischen Prozesse

Stand der Forschung 19
abgeschlossen sind, liegen bisher noch nicht vor. Die Effektivität der
Informationsverarbeitung im Sinne des funktionalen Aspekts ist allerdings
alterskorreliert (Schneider & Büttner, 1998; Schleider, 1993).
2.5 Zusammenhangsbetrachtungen der fokussierten
Variablen
2.5.1 Metagedächtnis und Strategien
2.5.1.1 Bisherige Untersuchungen und Studien
Seit den siebziger Jahren wird der Frage nachgegangen, inwieweit Metagedächtnis und
Gedächtnisstrategien zusammenhängen. Es wurde jedoch nicht nur der Zusammenhang
formuliert, sondern das Metagedächtnis ,,als notwendige Voraussetzung strategischen
Handelns angesehen". (Schlagmüller, Vise & Schneider, 2001).
Wie Schlagmüller, Vise und Schneider (2001) weiter ausführen, waren die Befunde sehr
uneinheitlich. In einem Überblicksartikel von 12 Studien von Cavanaugh und
Perlmutter aus dem Jahre 1982 wurden nur niedrige bis mäßige Beziehungen zwischen
Metagedächtnis und Gedächtnisleistungen bei Kindern gefunden, während Wellman im
Jahre 1989 über einen wesentlich engeren Zusammenhang berichtete.
Schneider (1989) führte eine Metaanalyse mit 60 Publikationen durch, also einer großen
Datenmenge, die auf 7097 Probanten basierte. Dadurch war eine sehr solide Basis
vorhanden, die eine gute Interpretation der gefundenen Daten zuließ. Die Korrelation
betrug r = .41 und war damit exakt genau so hoch, wie eine Metaanalyse von Schneider
aus dem Jahre 1985. Diese Korrelation, die sich auch als Effektstärke interpretieren läßt,
ist damit für Korrelationen in diesem betrachteten Bereich als mittel bis groß
einzuschätzen.
Ein Hauptproblem jedoch, so berichten Schlagmüller et al. (2001), ist nach wie vor die
Messung des Konstrukts Metagedächtnis. Daraus läßt sich vermuten, daß der wahre

Stand der Forschung 20
Zusammenhang in der Population höher ist, als sie durch die mittelhohe Korrelation bei
Schneider festgestellt wurde. Somit können auch die eher pessimistischen Daten von
Cavanaugh und Perlmutter aus dem Jahre 1982 erklärt werden.
Das Good-Strategy-User-Modell, wie es von Pressley (1986) am Beispiel für das
Lehren mathematischer Fähigkeiten demonstriert wird, stellt den Zusammenhang
zwischen Metagedächtnis und Strategien dar:
· Probleme werden erst einmal mit den vorhandenen zielspezifischen Strategien
versucht zu lösen.
· Es folgen Überwachung und Überprüfung des Erfolges durch Monitoring-
Strategien.
· Die Kombination beider Strategien erfolgt durch höhere Organisationsstrategien.
· Ist der Erfolg nicht optimal, so müssen andere Strategien herangezogen werden.
Das Wissen über und der Rückgriff auf andere evtl. schwierigere Strategien sowie die
Überwachung des Lernvorgangs erfordern generelles metakognitives Wissen im
deklarativen und prozeduralem Sinne (vgl. auch Ausführungen im Punkt 2.1.2).
Sehr anschaulich konnten in einer Diplomarbeit von Kuger (1996) teilweise gute
Korrelationen zwischen einzelnen Subskalen der Würzburger Testbatterie für
Metagedächtnis und strategischen Leistungen bei 9- und 10-jährigen Kindern ermittelt
werden. Dies betraf vor allem Leistungen zum spezifischen Meta-Gedächtniswissen
(Subtest für semantische Kategorisierungsstrategien- SKS) und zu semantischen
Kategorisierungsaufgaben (Sortier- und Wiedergabeleistungen). Es wurden
Korrelationen von r = .28 bis r = .37 dargestellt.
Die Korrelationen der anderen Subtestes mit Sortier- und Wiedergabeleistungen waren
zwar signifikant aber vergleichsweise niedrig.
Eine Studie von Schneider, Schlagmüller und Vise (1998) konnte ebenfalls die
Bedeutsamkeit des Metagedächtnisses (erhoben mit der Würzburger Testbatterie) für
gedächtnisbezogenes Verhalten und Gedächtnisleistung nachweisen. Es wurde auch
ersichtlich, daß das Metagedächtnis einen besonders starken Effekt auf die
Sortierleistung ausübte, die wiederum für die Ausprägung der Gedächtnisleistung

Stand der Forschung 21
verantwortlich war. Die Argumentation war also in einer abhängigen Reihe aufgebaut.
Dies wird dadurch gestützt, daß das Metagedächtnis zwar einen direkt signifikanten,
allerdings vergleichsweise geringen Einfluß auf die Gedächtnisleistung beim Abruf hat.
Unbestritten machen die meisten Untersuchungen sichtbar, daß im Laufe der
Grundschulzeit der Strategiegebrauch zunimmt. Bei Hasselhorn (1990) wird angegeben,
daß das Metagedächtnis einen bedeutsamen funktionalen Einfluß auf das kategoriale
Organisieren (Input und Output) und auf die Reproduktions- (Gedächtnis-) leistung hat.
Die zeitlichen (interindividuellen) Stabilitäten des Sortier-Verhaltens und des
aufgabenspezifischen Metagedächtnisses nehmen bedeutsam zu. Er führt weiter aus,
daß das strategische Verhalten vor allem in der zweiten Hälfte der Grundschulzeit
zunimmt, indem auch das aufgabenspezifische Metagedächtnis anwächst und
stringenter genutzt wird.
Diese Auffassung bestätigt auch die Studie von Schneider, Körkel und Vogel (1987) mit
32 Kindern. Es zeigte sich, daß das Metagedächtnis bei jüngeren Kindern (Zweitkläßler)
im Gegensatz zu älteren Kindern (Viertkläßler) als defizitär einzustufen ist.
Dies wird dadurch deutlich, daß Zweitkläßler bei Sort-Recall-Aufgaben perzeptuellen
Organisationsstrategien (z.B. nach Farben) eine größere Wirksamkeit zuschreiben,
obwohl sie bei konzeptuellen (semantisch, taxonomisch) Organisierungsstrategien,
wenn sie per Instruktion dazu aufgefordert werden, anschließend bessere
Reproduktionsleistungen zeigten. Aber selbst bei neutraler Instruktion bedeutet eine
verbal geäußerte Präferenz für perzeptuelles Organisieren noch kein dementsprechendes
Handeln. 70% der Viertkläßler, aber nur 31% der Zweitkläßler würden semantische
Klassifikationsstrategien als Methode der Wahl vorziehen, um erfolgreich zu sein.
Bei jüngeren Kindern korrelierte bezogen auf Sort-Recall-Aufgabe das Wissen um
Lernstrategien (z.B. Anschauen, Wiederholen) höher mit gedächtnisbezogenem
Verhalten und den daraus resultierenden Gedächtnisleistungen als das Wissen um die
oben angeführten Organisierungs- (Kategorisierungs-) strategien. Bei den
Viertkläßlern korrelierten dagegen beide Metagedächtniskomponenten gleich hoch mit
Verhalten und Leistung. Das zeigt, daß auf der proximalen Ebene sowohl Wissen über
Lernstrategien als auch Wissen über Sortierstrategien Einfluß ausüben - allerdings,
abhängig vom Alter in unterschiedlicher Form.

Stand der Forschung 22
Daran anknüpfend, verweist Schneider (1986) in einer anderen Studie darauf, daß beide
Komponenten, Organisations- und Lernstrategien, diesmal jedoch auf der
Verhaltensebene, Einfluß auf das Leistungsergebnis haben.
Ein Beitrag von Schneider und Sodian (1990) verdeutlicht, daß die Stärke der
Assoziationen bzw. die Typizität, wie sie beispielsweise zwischen den Bildkärtchen der
Sort-Recall-Aufgabe bestehen, besonders bei jüngeren Kindern (Zweitkläßler) im
Gegensatz zu älteren Kindern (Viertkläßlern) eine Rolle hinsichtlich des
Kategorisierungsverhaltens bei der Wiedergabe spielt. Damit lassen sich auch schon bei
jüngeren Kindern, ähnlich bei der schon erwähnten Versteckaufgabe, metakognitive und
strategische Komponenten ermitteln.
2.5.1.2 Definitionen bezüglich der eigenen Untersuchung
Bei der Betrachtung des Metagedächtnisses wird sich vor allem auf die Konzeption von
Flavell und Wellman (1977) gestützt. Diese Konzept des deklarativen (verbalisierbaren)
Metagedächtnisses beinhaltet das Wissen über Personen-, Aufgaben- und
Strategiemerkmale. Folgerichtig wird deshalb auch ein Interview eingesetzt, welches
sich an die klassische Studie von Kreutzer, Leonard und Flavell (1975) anlehnt und das
allgemeine deklarative Metagedächtnis erfaßt. Für die Erhebung des spezifischen
deklarativen Gedächtniswissens wird eine Aufgabe verwendet, welche Fragen enthält,
die sich auf das Wissen über Organisationsstrategien beziehen. Andere Fragen beziehen
sich auf den Nutzen von Wiederholungs- und Elaborierungsstrategien
Strategien werden nach wissenschaftlichem Verständnis als sehr bewußte und
zielgerichtete Gedächtniskomponenten beschrieben, die letztendlich zu besseren
Behaltensleistungen führen. Dies ist auch jenes Verständnis, welches die Grundlage für
diese Studie ist. Es werden demzufolge eine Sort-Recall-Aufgabe für semantisches
Kategorisieren und für jüngere Kinder eine strategische Versteckaufgabe ähnlich
Schneider und Sodian (1988) verwendet.

Stand der Forschung 23
2.5.1.3 Herleitung des Zusammenhangs für die eigenen Untersuchung
Daß ein Zusammenhang zwischen Metagedächtnis und Strategiegebrauch überhaupt
besteht, konnte durch die im Punkt 2.5.1.1 angeführten Untersuchungen dargelegt
werden. Die bisher zu diesem Thema gemachten Studien waren aber meist von
querschnittlichem Design bzw. hatten größere Abstände zwischen den Meßzeitpunkten.
Ein Teil der für diese Arbeit gesichteten Ausführungen und Ergebnisse von
vorhandenen Studien ergab, daß deutlicher Strategiegebrauch und Metagedächtnis
frühestens ab der 2. Klasse zu verzeichnen waren. Allerdings gibt es auch Befunde, daß
mit geeigneten Untersuchungsinstrumenten schon ab 6 Jahren Strategiegebrauch und
metakognitive Elemente dokumentiert werden konnten.
Diese Studie eröffnet, im Gegensatz zu früheren Untersuchungen, die Perspektive einer
längsschnittlichen Betrachtungsweise mit kurzen Untersuchungsabständen zum
Zusammenhang zwischen Metagedächtnis und Strategiegebrauch bei Kindern von 6 bis
7 Jahren, also dem Übergang von der Vorschule zur Schule.
Ein Ziel ist es, die Entwicklung des Zusammenhangs der beiden Variablen über die drei
betrachteten Meßzeitpunkte hinweg zu untersuchen.
Die Stabilität von Leistungen im Metagedächtnis und im Anwenden von Strategien
steht ebenfalls im Mittelpunkt des Interesses.
Eine weitere Hauptzielsetzung besteht darin, den Beitrag des Metagedächtnisses auf die
Unterschiedlichkeiten (Varianz) in den Strategieleistungen zu ermitteln (Abbildung 1).
Abbildung 1: Modell des zu untersuchenden Beitrags des Metagedächtnisses (Prädiktor) an der
Unterschiedlichkeit der Strategieleistungen (Kriterium)
Gleichfalls gilt es zu beweisen, daß durch den unterschiedlichen Gebrauch des
Metagedächtnisses (Kinder mit gutem und schlechtem Metagedächtnis)
unterschiedliche Strategieleistungen zu verzeichnen sind. Es wird zusätzlich untersucht,
inwieweit unterschiedliches Alter unterschiedliche Strategieleistungen bedingen, bzw.
Metagedächtnis
Strategiegebrauch

Stand der Forschung 24
inwieweit unterschiedliches Metagedächtnis und unterschiedliches Alter im
Zusammenhang eine Wirkung, im Sinne einer Wechselwirkung, auf die
Strategieleistungen haben.
2.5.2 Intelligenz und Strategien
2.5.2.1 Bisherige Untersuchungen und Studien
Der Zusammenhang zwischen Intelligenz, Metagedächtnis und Gedächtnisstrategien
konnte in einer Arbeit von Schneider, Körkel und Weinert (1987) dargestellt werden. In
dieser Untersuchung von 150 Dritt- und Fünftkläßlern wurden neben anderen Variablen
die verbale Intelligenz, sowie Gedächtnisstrategien über freie Reproduktionsaufgaben
ermittelt. Das Metagedächtnis wurde mittels Interviews erfaßt. Diese bezogen sich auf
spezifische Gedächtnisaufgaben und auf Aufgaben zum allgemeinen Wissen über das
Gedächtnis. Durch sachlogische Überlegungen wurde ein Kausalmodell in dem Sinne
angenommen, daß die Intelligenz direkt Einfluß auf die Gedächtnis-Leistung hat, aber
auch einen Einfluß über das Metagedächtnis und Strategieverhalten auf die Gedächtnis-
Leistung ausübt. Durch Kontrolle der Intelligenz konnte ein eigenständiger Beitrag des
Metagedächtnisses ermittelt werden. Daraus läßt sich eine eigenständige Komponente
sowohl des Metagedächtnisses, als auch der Intelligenz auf Strategien ableiten. Dieser
Effekt konnte bei beiden Altersgruppen nachgewiesen werden. Die Pfadkoeffizienten
(richtungsangebende Korrelation) betrugen bei den Drittkläßlern zwischen Intelligenz
und Metagedächtnis r = .56 bzw. Metagedächtnis und strategischem Verhalten r = .51,
sowie bei den Fünftkläßlern r = .75 bzw. r = .30.
In einer Studie von Schneider, Schlagmüller und Vise (1998) wurden ähnliche
Ergebnisse mit einem entsprechenden Kausal-Modell dargestellt.
Diese Studie wurde mit 158 Dritt- und Viertkläßlern durchgeführt. Die Kinder bekamen
die Instruktion, sich 24 Bildkärtchen innerhalb von drei Minuten einzuprägen. Die
Kärtchen konnten in sechs Kategorien geordnet werden, aber ohne entsprechende
Hinweise. Neben der Sortier- und Wiedergabe-Leistung wurde u.a. die Intelligenz und
das Metagedächtnis erhoben.

Stand der Forschung 25
Die Befunde ergaben auch hier, wie bedeutend das Metagedächtnis und dessen
Beeinflussung durch die Intelligenz für das Sortierverhalten ist. Der Pfadkoeffizient
betrug in diesem Fall von der Intelligenz zum Metagedächtnis r = .29 und vom
Metagedächtnis auf das Sortierverhalten r = .74.
Eine Untersuchung von Bjorklund und Schneider (1996) konnte ebenfalls einen
Zusammenhang zwischen Intelligenz und Strategien darstellen.
Neun und zehn Jahre alte Kinder wurden in höher Intelligente (IQ = 112) und niedriger
Intelligente eingeteilt. In einem Übungsdurchgang erhielt die Hälfte aller Kinder mehr
kategorietypische Elemente und die andere Hälfte mehr kategorienuntypische Elemente.
Von den nun jeweiligen Hälften erhielt wiederum eine Hälfte von Kindern eine
Instruktion zum effektiven Gebrauch von Organisationsstrategien (trainierte Gruppe)
und die andere Hälfte eine Standard-Instruktion ohne Hinweise. Es folgte nach diesem
Übungsdurchgang jeweils ein Testdurchgang sofort und ein weiterer nach sieben Tagen.
Die Ergebnisse zeigen, daß die Wiedergabe-Leistungen sowie die Sortier- und
Clusterleistungen bei höher Intelligenten durchweg besser waren, als bei niedriger
Intelligenten. Außerdem waren die Leistungen für die trainierte Gruppe und die Gruppe
mit den typischen zu kategorisierenden Elementen wie erwartet besser.
Allerdings muß erwähnt werden, daß, wenn hoch und niedriger Intelligente gleiche
Kenntnisse über das Sortieren haben, ja sogar in der Trainingsphase gleich perfekt
sortierten, sich dennoch unterschiedliche Leistungen bei der Wiedergabe zeigten. Damit
wird deutlich, daß die Intelligenz außer für das strategische Verhalten noch einen
zusätzlichen anderen Beitrag für die Wiedergabeleistung beisteuert.
Dennoch dokumentieren die oben genannten Studien, abgesehen von zusätzlichen
Erklärungsbeiträgen für die Wiedergabeleistung, wie die zuletzt genannte Untersuchung
zeigt, daß die Intelligenz sehr wohl einen erheblichen Einfluß auf die strategische
Leistung und deren Gebrauch haben muß.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832474782
ISBN (Paperback)
9783838674780
DOI
10.3239/9783832474782
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg – Psychologie
Erscheinungsdatum
2003 (November)
Note
2
Schlagworte
gedächtnis kinder entwicklung sort recall grundschule
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Titel: Strategienutzung, Metagedächtnis, Intelligenz und Kurzzeitgedächtnis
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