Lehr- und Erlebnispfade am Beispiel von Geo-Trails für die Region Bad Gleichenberg
©2003
Diplomarbeit
97 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In dieser Arbeit gehe ich von der Annahme aus, dass der Wert von Lehr- und Erlebnispfaden oft unterschätzt oder nicht wahrgenommen wird. Um dem entgegenzuwirken, wurden aus der Literatur von drei Fachbereichen - der Ökologie, der Fremdenverkehrs- und Freizeitgeographie und der Regionalentwicklung - die jeweils relevanten Aspekte herausgearbeitet und mit den Eigenschaften von Lehrpfaden verglichen.
Dadurch kam ich zu dem Ergebnis, dass Lehr- und Erlebnispfade in vielen Bereichen einen wertvollen Beitrag leisten können: in der schulischen und außerschulischen Umwelterziehung, zur Besucherlenkung, als Attraktion für Freizeit und Tourismus und in der Regionalentwicklung zur Stärkung der Identifikation mit der eigenen Region.
Zudem wurde beispielhaft ein Konzept für ein Netz von geologischen Erlebnispfaden für die Region Bad Gleichenberg entwickelt, das auch als Leitfaden zur Erstellung von Lehr- und Erlebnispfaden verwendet werden kann. Hier wird auch ersichtlich, wie umfassend die Planung für einen Pfad sein muss und dass neben der jeweiligen Fachrichtung auch soziologische, pädagogische, gestalterische und vermarktungsstrategische Überlegungen vonnöten sind.
Das Konzept wurde in einer interaktiven Präsentation - als Beispiel für ein modernes Vermarktungsmedium - verarbeitet, wodurch viele der Anforderungen, die an einen modernen Lehr- oder Erlebnispfad gestellt werden, anschaulich umgesetzt wurden.
Abstract:
In my dissertation I started from the assumption that the value of education and experience trails is often underestimated if not even unnoticed. Intending to show such trails in a more favourable way I studied literature of three fields: ecology, geography of tourism and leisure time and regional development. Then I worked out the relevant aspects and compared them to the characteristics of education and experience trails.
Doing so I came to the conclusion that such trails can be an appropriate help in many fields, e.g. an instruction tool in environmental education for children as well as adults, a leading device for visitors, an attraction in the leisure and tourist business or a means of regional development to reinforce the residents identification with their own region.
Moreover Ive worked out an exemplary plan for a network of geological experience trails in the region of Bad Gleichenberg which can be used as a guideline for designing education and experience trails.
This plan also shows how […]
In dieser Arbeit gehe ich von der Annahme aus, dass der Wert von Lehr- und Erlebnispfaden oft unterschätzt oder nicht wahrgenommen wird. Um dem entgegenzuwirken, wurden aus der Literatur von drei Fachbereichen - der Ökologie, der Fremdenverkehrs- und Freizeitgeographie und der Regionalentwicklung - die jeweils relevanten Aspekte herausgearbeitet und mit den Eigenschaften von Lehrpfaden verglichen.
Dadurch kam ich zu dem Ergebnis, dass Lehr- und Erlebnispfade in vielen Bereichen einen wertvollen Beitrag leisten können: in der schulischen und außerschulischen Umwelterziehung, zur Besucherlenkung, als Attraktion für Freizeit und Tourismus und in der Regionalentwicklung zur Stärkung der Identifikation mit der eigenen Region.
Zudem wurde beispielhaft ein Konzept für ein Netz von geologischen Erlebnispfaden für die Region Bad Gleichenberg entwickelt, das auch als Leitfaden zur Erstellung von Lehr- und Erlebnispfaden verwendet werden kann. Hier wird auch ersichtlich, wie umfassend die Planung für einen Pfad sein muss und dass neben der jeweiligen Fachrichtung auch soziologische, pädagogische, gestalterische und vermarktungsstrategische Überlegungen vonnöten sind.
Das Konzept wurde in einer interaktiven Präsentation - als Beispiel für ein modernes Vermarktungsmedium - verarbeitet, wodurch viele der Anforderungen, die an einen modernen Lehr- oder Erlebnispfad gestellt werden, anschaulich umgesetzt wurden.
Abstract:
In my dissertation I started from the assumption that the value of education and experience trails is often underestimated if not even unnoticed. Intending to show such trails in a more favourable way I studied literature of three fields: ecology, geography of tourism and leisure time and regional development. Then I worked out the relevant aspects and compared them to the characteristics of education and experience trails.
Doing so I came to the conclusion that such trails can be an appropriate help in many fields, e.g. an instruction tool in environmental education for children as well as adults, a leading device for visitors, an attraction in the leisure and tourist business or a means of regional development to reinforce the residents identification with their own region.
Moreover Ive worked out an exemplary plan for a network of geological experience trails in the region of Bad Gleichenberg which can be used as a guideline for designing education and experience trails.
This plan also shows how […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 7448
Fend, Michael: Lehr- und Erlebnispfade am Beispiel Geo-Trails für die Region Bad
Gleichenberg
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Karls-Franzens-Universität Graz, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Printed in Germany
5
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG... 8
1.1.
Motivation ... 8
1.2.
Ziel der Arbeit... 8
2. VOM LEHRPFAD ZUM ERLEBNISPFAD ... 10
2.1.
Die geschichtliche Entwicklung ... 10
2.2.
Definition von Lehrpfaden ... 11
2.3.
Anzahl und Einteilung... 12
3. DIE ROLLE VON LEHR- UND ERLEBNISPFADEN ... 14
3.1.
...in der Ökologie... 14
3.1.1.
Umweltbewusstsein und Umweltverhalten... 14
3.1.2.
Umweltbildung und Umwelterziehung ... 18
3.1.2.1.
Die Entwicklung der Umweltbildung... 19
3.1.2.2.
Umweltbildung in Schule und Freizeit ... 20
3.1.2.3.
Lehrpfade als Unterrichtsutensilien... 21
3.1.2.4.
Pädagogische Ansätze ... 21
3.1.3.
Besucherlenkung durch Lehrpfade ... 24
3.1.4.
Ökologische Probleme ... 24
3.2.
...in der Fremdenverkehrs- und Freizeitgeographie ... 25
3.2.1.
Die Entwicklung des Fremdenverkehrs ... 25
3.2.2.
Die Freizeitgewohnheiten ... 25
3.2.2.1.
Allgemeine Freizeitgewohnheiten ... 25
3.2.2.2.
Urlaubsinteressen ... 27
3.2.3.
Die Umweltsensibilität von Touristen ... 31
3.2.4.
Ökologisches Tourismus-Management... 32
3.3.
...in der Regionalentwicklung ... 34
3.3.1.
Der Fremdenverkehr in der Regionalentwicklung ... 34
3.3.2.
Endogene Regionalentwicklung und sanfter Tourismus... 35
3.3.3.
Lehrpfade im Rahmen der endogenen Regionalentwicklung ... 36
3.3.4.
Nachhaltige Tourismusentwicklung... 38
4. DIE GEO-TRAILS IN DER REGION BAD GLEICHENBERG... 40
4.1.
Die Region ... 40
4.1.1.
Abgrenzung und Beschreibung ... 40
4.1.2.
Die geologische Entstehung... 42
4.1.2.1.
Das Grundgebirge... 42
4.1.2.2.
Die Landschaftsentwicklung im Tertiär ... 43
4.1.2.3.
Die Landschaftsentwicklung im Quartär ... 45
4.1.3.
Naturräumliche Besonderheiten mit besonderer Berücksichtigung des Vulkanismus... 46
4.1.3.1.
Gleichenberger Kogel... 46
4.1.3.2.
Albrechtshöhe - Steinriegl ... 48
4.1.3.3.
Stradner Kogel... 49
4.1.3.4.
Andere ... 51
4.1.4.
Konkrete Anwendung ... 51
6
4.2.
Zielsetzung... 51
4.2.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 51
4.2.2.
Konkrete Anwendung ... 52
4.3.
Zielgruppen ... 53
4.3.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 53
4.3.1.1.
Das ,,typische" Lehrpfad-Publikum... 53
4.3.1.2.
Bildungsinteressierte ... 54
4.3.1.3.
Die Gästestruktur vor Ort ... 54
4.3.2.
Konkrete Anwendung ... 54
4.4.
Streckenführung und Stationsauswahl ... 55
4.4.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 55
4.4.1.1.
Länge... 55
4.4.1.2.
Verlauf... 56
4.4.1.3.
Stationsauswahl ... 57
4.4.2.
Konkrete Anwendung ... 58
4.4.2.1.
Die Eignung der Stationen... 58
4.4.2.2.
Die Streckenführung und Stationsauswahl ... 60
4.5.
Informationsaufbereitung ... 67
4.5.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 67
4.5.2.
Konkrete Anwendung ... 69
4.6.
Die Ausgestaltung der Stationen... 69
4.6.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 69
4.6.2.
Konkrete Anwendung ... 70
4.6.2.1.
Station Trasssteinbruch ... 70
4.6.2.2.
Station Bentonitgrube... 73
4.7.
Wegeleitsystem... 75
4.8.
Die Verbindung durch Fahrradwege ... 75
4.8.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 75
4.8.2.
Konkrete Anwendung ... 76
4.8.2.1.
Aufgabe der Radwege ... 76
4.8.2.2.
Anlage der Radwege... 76
4.8.2.3.
Streckenführung ... 77
4.8.2.4.
Klassifizierung der Radwege... 79
4.8.2.5.
Einteilung in Klassen... 79
4.9.
Vermarktung... 84
4.9.1.
Allgemeine Voraussetzungen ... 84
4.9.2.
Konkrete Anwendung ... 85
4.9.3.
Umsetzungsbeispiel: Darstellung in interaktiver Form... 85
4.9.3.1.
Methoden... 85
4.9.3.2.
Aufbau ... 86
4.9.3.3.
Design... 88
4.9.3.4.
Ausführung... 88
5. ZUSAMMENSCHAU ... 91
QUELLENVERZEICHNIS ... 92
7
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Umweltschutz in der EU ... 14
Abb. 2: Veränderung der Besorgnis über einzelne Umweltprobleme ... 15
Abb. 3: Messung des Umweltbewusstseins über Einstellungen ... 18
Abb. 4: Naturerlebnismodell nach Janssen ... 23
Abb. 5: Bevorzugte Freizeitbeschäftigungen von Kindern und Erwachsenen ... 26
Abb. 6: Urlaubswünsche von Morgen ... 29
Abb. 7: Bemerkte Umweltprobleme in europäischen Ländern... 32
Abb. 8: Die Region ... 41
Abb. 9: Die Gliederung des Steirischen Beckens ... 42
Abb. 10: Verbreitung der tertiären Vulkanite im Steirischen Becken ... 44
Abb. 11: Naturräumliche Besonderheiten an den Gleichenberger Kogeln ... 47
Abb. 12: Naturräumliche Besonderheiten: Albrechtshöhe - Steinriegl ... 48
Abb. 13: Naturräumliche Besonderheiten am Stradner Kogel ... 50
Abb. 14: Geo-Trail an den Gleichenberger Kogeln... 62
Abb. 15: Geo-Trail auf der Albrechtshöhe ... 64
Abb. 16: Geo-Trail auf dem Stradner Kogel... 66
Abb. 17: Die Radwege... 78
Abb. 18: Höhenprofil der Großen Rundfahrt ... 81
Abb. 19: Höhenprofile der Umrundungen des Gleichenberger Kogels und des
Stradner Kogels... 81
Abb. 20: Höhenprofile der Mountainbikerouten ... 83
Abb. 21: Struktur der interaktiven Präsentation ... 87
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Eigene Einschätzung der Veränderung der Besorgnis über bestimmte
Umweltprobleme 1999... 16
Tab. 2: Urlaubsinteressen deutscher Urlaubsreisender... 28
Tab. 3: Leitbilder regionaler Entwicklung ... 35
Tab. 4: Vor- und Nachteile der gängigsten Vermittlungsmethoden von Lehrpfaden. 67
Tab. 5: Kennzahlen der Radwege ... 80
Tab. 6: Klassifizierung der Radwege ... 82
Tab. 7: Kennzahlen der Mountainbike-Routen ... 82
Tab. 8: Klassifizierung der Mountainbikewege ... 84
Beilage
CD-ROM
1.1. Einleitung - Motivation
8
1. Einleitung
1.1. Motivation
Mit der Erstellung eines Lehrpfades wird oft nur das Aufstellen von Schildern in der
Natur verbunden. Häufig nagt an diesen - oft wenig liebevoll gestalteten Schildern
dann der Zahn der Zeit, sie werden unleserlich, unansehnlich und ermutigen schon
gar nicht zur Begegnung mit der Natur. Sie werden vielmehr zu einem Ärgernis von
Spaziergängern und Wanderern.
Doch selbst wenn sich ein Lehrpfad in gutem Zustand befindet, wer bemüht sich
schon, endlose Texte in komplizierter Sprache zu studieren? Wem bereitet es
Freude, darüber zu rätseln, was die aufwändige Grafik nun darstellen soll?
Die Ursachen dafür sind vielseitig. Viele Lehrpfade entstehen als Alibihandlungen,
man hat ,,etwas für die Umwelt getan", sie werden errichtet, ohne sich der Ziele, die
sie erfüllen sollen, bewusst zu sein oder es wird einfach auf die Pflege und
Instandhaltung vergessen.
So werden Lehrpfade zu Einrichtungen, die zwar recht billig und schnell und daher
auch häufig errichtet, jedoch wenig genutzt werden.
Aus dieser Erkenntnis kam es in den letzten Jahren zu einer Erneuerung der
Lehrpfadidee mit einem vollständig neuen Konzept für die inhaltliche Aufbereitung,
wobei nun das ganzheitliche Erleben im Mittelpunkt steht. Solche Pfade können
einen wertvollen Beitrag zur Weiterbildung in Sachen Umwelt, zum touristischen
Angebot und auch zur Regionalentwicklung leisten.
1.2. Ziel der Arbeit
Diese Arbeit soll als Unterlage zur Erstellung eines modernen und ansprechend
gestalteten Lehrpfades dienen können.
Nach einer Einführung in die ,,Welt der Lehr- und Erlebnispfade" mit einem kurzen
Überblick über die verschiedenen Zugänge zu diesem Thema soll aufgezeigt
werden, welche Funktionen Lehrpfade erfüllen können und inwiefern sie zur
Ökologie, zum touristischen Angebot sowie zur Regionalentwicklung beitragen
können.
Im letzten Kapitel geht es schließlich darum, Schritt für Schritt die wichtigsten Punkte
zur Konzeption eines Lehrpfades zu besprechen und am konkreten Beispiel von
Geo-Trails in der Region Bad Gleichenberg aufzuzeigen.
1.2. Einleitung - Ziel der Arbeit
9
Die Geo-Trails sollen als Teil des Projektes Vulkanpark Südoststeiermark die
Ursachen, Mechanismen und Abläufe der unterschiedlichen Prozesse, die zur
Bildung der verschiedenen vulkanischen Gesteine in der Region geführt haben,
anschaulich darstellen und die Dynamik der Erde spürbar machen.
Es ist zudem vorgesehen, dass hier nicht nur ein Lehrpfad entstehen soll, sondern
vielmehr ein Netz aus mehreren Lehrpfaden mit leicht variierenden Schwerpunkten,
die dann mit Fahrradwegen verbunden werden.
Anhand der Geo-Trails in Bad Gleichenberg soll aufgezeigt werden, wie durch solche
Pfade aus einer scheinbar trockenen Materie, wie die Geologie oft bezeichnet wird,
ein abwechslungsreiches, lehrreiches und spannendes Nachmittagsprogramm
entstehen und somit ein neues, vielleicht unterschätztes Tourismuspotenzial
erschlossen werden kann.
Das Ziel dabei ist die Erstellung einer interaktiven Präsentation, die anhand einiger
Beispiele die Möglichkeiten darstellt, die durch neue pädagogische Konzepte und
moderne Technologie entstehen.
2.1. Vom Lehrpfad zum Erlebnispfad - Die geschichtliche Entwicklung
10
2. Vom Lehrpfad zum Erlebnispfad
2.1. Die geschichtliche Entwicklung
Der erste offizielle Naturlehrpfad entstand 1925 im Palisade Interstate Park in den
USA. Er war 1,5 km lang und bestand aus einem Übungs- und einem Prüfungsteil.
Diese Idee der aktiven Miteinbeziehung der Besucher wurde bei anderen Lehrpfaden
erst Jahrzehnte später wieder aufgegriffen (E
BERS
et al., 1998, S. 11).
Während beispielsweise in Bayern bereits im Jahre 1934 der erste, heute noch
bestehende Lehrpfad eröffnet wurde (B
IRKENHAUER
, 1996, S. 8), entstanden die
ältesten heute noch bestehenden Lehrpfade Österreichs erst 1966/67 in Vorarlberg,
Oberösterreich, Steiermark und Niederösterreich (P
ARZ
-G
OLLNER
, 1987, S. 8). Etwa
zur gleichen Zeit, Anfang der 70er Jahre, begann auch in der Schweiz die
Lehrpfadidee zu greifen (Z
IMMERLI
, 1980, S. 126). Ihre Intention war es, durch
bessere Kenntnis mehr Aufmerksamkeit gegenüber der Natur zu wecken (P
ARZ
-
G
OLLNER
, 1987, S. 8) und sicherlich können die Lehrpfade dieser ,,ersten Phase" (bis
1976) auch mit dem Europäischen Naturschutzjahr 1970 in Zusammenhang gebracht
werden (B
IRKENHAUER
, 1996, S. 11). Diese Lehrpfade beschränkten sich jedoch
darauf, einige Objekte vorwiegend Pflanzen zu beschildern, um dem Besucher
dadurch das Erkennen zu ermöglichen. Die Wechselwirkungen der Objekte mit ihrem
Lebensraum und die ökologischen Probleme wurden und werden noch immer
großteils außer acht gelassen (P
ARZ
-G
OLLNER
, 1987, S. 8). Es zeigte sich auch, dass
das reine Aufstellen von Schildern, oft ohne Bezug zur Umgebung, nur einen sehr
geringen Lerneffekt hervorruft (E
BERS
et al., 1998, S. 12).
Zudem wurde immer mehr Kritik am ,,Schilderwald" laut, was dazu führte, dass bei
einigen neuen Lehrpfaden nur mehr nummerierte Pfähle aufgestellt und die
dazugehörigen Inhalte in einer Broschüre erläutert wurden (E
BERS
et al., 1998, S.
12).
In der zweiten Hälfte der 70er Jahre begann die ,,zweite Phase" der Geschichte der
Lehrpfade (B
IRKENHAUER
, 1996, S.8): Es entstanden sehr viele Lehrpfade in
Österreich, aber auch in Deutschland, nun auch vor dem Hintergrund der
Erweiterung des touristischen Angebots. Von vielen dieser Lehrpfade, die damals in
dieser Modewelle entstanden sind, sind heute nur mehr ,,Ruinen" übrig geblieben
(P
ARZ
-G
OLLNER
, 1987, S. 11).
Ein weiteres Ziel der Lehrpfade ist die Besucherlenkung. Durch Aufklärung über das
jeweilige Ökosystem und auch durch Neugier auf den weiteren Verlauf des Pfades
sollen Besucher davon abgehalten werden, die Wege zu verlassen (E
BERS
et al.,
1998, S. 11).
Da der Lernerfolg auf den rein auf Informationstafeln aufbauenden Lehrpfaden eher
gering ist, ging man zum interaktiven Konzept der Lernpfade über. Anstelle purer
Information werden dem Besucher Fragen und Aufgaben gestellt. Ein Zusatzeffekt
2.2. Vom Lehrpfad zum Erlebnispfad - Definition von Lehrpfaden
11
dabei ist, dass schon allein die bewusste Begegnung mit der Natur ein Erlebnis
darstellt (S
TICHMANN
, 1976, in E
BERS
et al., 1998, S. 12f).
Dementsprechend entstanden seit den 80er Jahren so genannte Erlebnispfade. Hier
steht nicht mehr die reine Wissensvermittlung im Vordergrund, es soll vielmehr ein
Gefühl für die Natur vermittelt werden. Der Besucher soll mit allen Sinnen die Natur
erfahren, er soll durch Sehen, Hören, Riechen und Tasten der Umgebung für die
Natur begeistert werden und eine Beziehung zu ihr aufbauen (E
BERS
et al., 1998, S.
13).
2.2. Definition von Lehrpfaden
Nach Z
IMMERLI
ist ein Lehrpfad ,,eine kürzere oder längere Strecke im Gelände, längs
der Naturobjekte gekennzeichnet und vorgestellt werden". Nach dieser Definition
geht es allein um die Beschreibung von Objekten. Weiters schreibt er aber, dass es
darum geht, das vielfach vorhandene Interesse für den Natur- und Umweltschutz zu
vertiefen, wobei er das Ziel nicht nur in der Kenntnis der Objekte, sondern auch in
der Erklärung von Zusammenhängen und Aufklärung über Natur- und
Umweltschutzprobleme sieht (Z
IMMERLI
, 1980, S. 13f).
B
ECKER
(1994, S.1) schreibt zwar nicht von Lehrpfaden, bietet aber folgende
Definition für touristische Straßen: ,,Eine touristische Straße bietet die Möglichkeit,
durch ein Thema eine Reihe von Orten oder Punkten eventuell aus verschiedenen
Raumeinheiten linear miteinander zu verbinden, um diese besser touristisch zu
vermarkten." Auch wenn diese Definition nicht eins zu eins auf Lehrpfade anwendbar
ist, so zeigt sie doch zusätzlich zum Aspekt der Wissensvermittlung, wie ihn
Z
IMMERLI
in seiner Definition aufzeigt drei weitere Aspekte: die überörtliche
Zusammenarbeit entlang einer Straße, die inhaltliche Verknüpfung verschiedener
Punkte und die regionalwirtschaftliche Zielsetzung der touristischen Entwicklung.
Es gilt als gesichert, dass überörtliche Zusammenarbeit von
Fremdenverkehrsgemeinden notwendig und gewinnbringend ist. Dieser Vorteil
kommt bei Lehrpfaden allerdings kaum zu tragen, da sie sich meist innerhalb der
Grenzen einer einzigen Gemeinde befinden oder nur sehr wenige Gemeinden
betreffen. Dagegen ist die lineare Struktur, die bei touristischen Straßen aufgrund
ihrer verkehrsfördernden Wirkung, die wiederum die Umwelt und auch die Erholung
beeinträchtigt, bei Pfaden als Vorteil zu sehen, da das Wandern von Punkt zu Punkt
seinen eigenen Erholungswert besitzt.
Die inhaltliche Verknüpfung kann direkt auf Lehrpfade angewandt werden: Es geht
darum, einzelne Sehenswürdigkeiten durch ein Thema zu einem größeren Ganzen
zusammenzufügen.
Die regionalwirtschaftliche Zielsetzung ist damit eng verknüpft. Durch das Verbinden
einzelner Attraktionen zu einer einzigen sollen die touristische Attraktivität gesteigert
und somit zusätzliche Gäste gewonnen werden (B
ECKER
, 1994, S. 1-4).
Nach H
EY
sind Kulturstraßen, zu denen er auch Lehrpfade zählt, gekennzeichnet
durch:
·
den festgelegten Weg
·
eine bestimmte Anzahl von Stationen
·
die klare Thematik
2.3. Vom Lehrpfad zum Erlebnispfad - Anzahl und Einteilung
12
·
den Charakter der Self-guided-tour
·
die Orientierung und Information
Neben den bereits genannten Aspekten kommt hier noch ein neuer Aspekt hinzu: der
Charakter der Self-guided-tour. Das heißt, dass Kulturstraßen und somit auch
Lehrpfade jedermann jederzeit zur Verfügung stehen und die Nutzung auch ohne
Führer möglich ist (H
EY
, 1993, S. 213-214).
Zur leichteren Verständlichkeit wird im Folgenden die Bezeichnung ,,Lehrpfad" als
Überbegriff für Lehrpfad, Erlebnispfade und ähnliche Wege, die den oben genannten
Definitionen entsprechen, verwendet.
2.3. Anzahl und Einteilung
Die letzte österreichweite Erhebung zu Lehrpfaden stammt aus dem Jahr 1987.
Damals gab es in Österreich Lehrpfade zu folgenden Themen: Wald, Vögel, Auen,
Feld, Wiesen, Pilze, Kräuter, Vogelstimmen, Frösche, Fische, Bienen, Gletscher,
Moor, Wein, Geologie und Wasser (P
ARZ
-G
OLLNER
, 1987, S. 12).
Eine Einteilung der Lehrpfade nach Themen gestaltet sich äußerst schwierig, da sich
die Themen oft überschneiden oder auch mehrere Themen in einem Lehrpfad
behandelt werden. Auch erscheint eine gesonderte Kategorie für Erlebnispfade
aufgrund ihres grundsätzlich anderen Erscheinungsbildes sinnvoll, obwohl sie
hinsichtlich ihrer Thematik meist anderen Kategorien zuzuordnen wären (E
BERS
et
al., 1998, S. 15).
Nach einer Untersuchung von B
IRKENHAUER
(1996, S. 12) beschäftigen sich in
Bayern 7% der Lehrpfade zumindest auch mit dem Thema ,,Geologie und
Geomorphologie".
Weiters können Lehrpfade nach der methodischen Zielsetzung unterschieden
werden in Objekt-Lehrpfade, die einzelne Objekte (Pflanzen, Gesteine,...) vorstellen,
und Standort-Lehrpfade, die Lebensräume und andere, größere ökologische
Einheiten erklären (Z
IMMERLI
, 1980, S. 129).
Eine andere Einteilung der Lehrpfade, die allerdings genauso mit Ungenauigkeiten
durch Überschneidungen und subjektive Beurteilung behaftet ist, ist die Klassifikation
durch die Vermittlungsmethode nach J
ANSSEN
. Er unterscheidet folgende
Lehrpfadtypen (in E
BERS
et al., 1998, S. 16-18):
·
Klassische Schilderpfade
·
Nummernpfade mit Begleitbroschüre
·
Kombination von Schildern und Begleitbroschüren
·
Sinnespfade
·
Naturerlebnispfade
·
Mobile Pfade
·
Interaktive Pfade
·
Wunderpunkte
·
Kunstpfade
·
Technisierte Pfade
2.3. Vom Lehrpfad zum Erlebnispfad - Anzahl und Einteilung
13
In Deutschland sind etwa 70% der Pfade den klassischen Schilderpfaden
zuzuordnen. Das kommt einerseits daher, dass oft alte Pfade aus den 60er und 70er
Jahren lediglich erhalten, jedoch nicht verändert wurden, andererseits herrscht
immer noch vielfach der Gedanke vor, dass ein Lehrpfad aus Schildern bestehen
muss. Außerdem ist der klassische Schilderpfad eine billige und schnelle Methode
für Gemeinden, sich Umweltschutz an die Fahnen heften zu können (E
BERS
et al.,
1998, S. 19).
Nach den Schilderpfaden sind mit etwa 15% die Nummernpfade mit
Begleitbroschüren die zweithäufigste Form der Lehrpfade in Deutschland. Diese
haben den Vorteil, den Besucher anhand einer handlungsorientierten
Begleitbroschüre zu mehr Aktivität aufzufordern. Die Broschüre kann auch individuell
auf Besuchergruppen oder auch je nach Jahreszeit variiert werden. Der Nachteil der
Nummernpfade mit Begleitbroschüre besteht vor allem darin, dass zufällig
vorbeikommende Besucher den Lehrpfad nicht benützen können (E
BERS
et al., 1998,
S. 23).
In der oben genannten Untersuchung von B
IRKENHAUER
(1996, S. 16) sind bei 86%
der Lehrpfade Tafeln vorhanden, bei 29% Begleitmaterial.
Eine einfache und gerade dadurch bestechende Einteilung der Lehrpfade nach ihrem
Ansatz bietet B
EYRICH
(1998, S. 12). Sie unterscheidet drei Kategorien:
·
Der klassische Lehrpfad, der Wissen in erster Linie rezeptiv vermittelt,
·
Der Lernpfad, der dem Besucher durch entsprechende Anleitungen zu einem
selbst erarbeiteten Wissen verhilft
·
Der Erlebnispfad, der durch spielerische Erfahrung Wissen vermittelt und vor
allem eine positive Einstellung zur Natur erreichen will.
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
14
3. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden
Lehr- und Erlebnispfade spielen in verschiedenen Bereichen eine bestimmte Rolle.
Insbesondere sind dies die Ökologie bzw. die Wissenserweiterung in Umweltfragen,
die Fremdenverkehrsgeographie und die Regionalentwicklung. Diese Bereiche sind
nicht nur als nebeneinander stehend, sondern in gewisser Weise auch hierarchisch,
vom globalen Ansatz hin zur Region, zu sehen. Auch wenn es teilweise
Überschneidungen zwischen den Kapiteln gibt, zwischen Fremdenverkehr und
regionaler Entwicklung, so möchte ich die Punkte doch getrennt bearbeiten, da die
Blickwinkel, aus denen die Bereiche betrachtet werden, je nach Ansatz stark
differieren und so ganz andere Aspekte zum Vorschein kommen.
3.1. ...in der Ökologie
3.1.1.
Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
Das Umweltbewusstsein hat sich in den letzten Jahrzehnten vom unbeachteten
Phänomen einzelner kleinerer Gruppen zu einem Anliegen der gesamten
Abb. 1: Umweltschutz in der EU (für X % der Bürger ist Umweltschutz ...):
Daten: Commission of the European Communities, 1986, S. 26; INRA (EUROPE) European
Coordination Office, 1992, S. 8; INRA E.C.O., 1995, S. 85; European Commission,
1999, S.13
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1986
1988
1992
1995
1999
weiß nicht/keine
Angabe
nicht wirklich ein
Problem
eher ein Problem der
Zukunft
ein unmitttelbares und
dringendes Problem
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
15
Gesellschaft entwickelt. Dies zeigen unter anderem die Gründung und
anschließende politische Etablierung von Grün-Parteien, die Aufnahme ökologischer
Themen in die Programme anderer Parteien und schließlich die ausdrückliche
Festlegung von Umweltschutz als Ziel in der nationalen und europäischen
Gesetzgebung.
Dass dies nicht nur eine von oben verordnete Ökologisierung ist, kann an Hand
einiger Umfrage-Ergebnisse dargestellt werden. So steht nach einer ,,Stern"-Umfrage
von 1984 bereits damals die Natur für Deutsche an vierter Stelle der Dinge, die das
Leben lebenswert machen (J
OB
, 1991a, S. 107).
Die Eurobarometer-Befragungen neueren Datums (Abb. 1) zeigen allerdings, dass
der Stellenwert des Umweltschutzes seit Anfang der 90er Jahre wieder zurückgeht.
1999 ergibt sich nach einem Hoch bei der Befragung 1992 wieder fast das selbe Bild
wie 1986.
Sehr ähnliche Ergebnisse ergibt die Befragung nach der Besorgnis über einzelne,
konkrete Umweltprobleme (Abb. 2). In dieser Befragung wurden den Befragten
verschiedene Umweltprobleme vorgelegt, zu denen sie angeben mussten, ob sie
sehr besorgt, eher besorgt, nicht sehr besorgt oder überhaupt nicht besorgt sind.
Diese Werte wurden dann mit Zahlen von 1 (überhaupt nicht besorgt) bis 4 (sehr
besorgt) belegt. Somit liegt der Mittelwert für jeden einzelnen Bereich bei 2,5.
Auch hier ist ein Anstieg der Besorgnis bis Anfang der 90er Jahre zu beobachten,
seit der Befragung 1992 ein Rückgang.
Abb. 2: Veränderung der Besorgnis über einzelne Umweltprobleme
Daten: INRA (EUROPE) European Coordination Office, 1992, S. 38; INRA E.C.O., 1995, S. 90;
European Commission, 1999, S. 15
Die Antworten auf die Frage ,,Sind Sie über die folgenden Probleme mehr oder
weniger besorgt als vor fünf Jahren?" zu den selben Themen wie in Abb. 2 zeigt
Tab. 1. Hier geben jeweils 60 70% der Befragten an, jetzt mehr besorgt zu sein als
noch vor fünf Jahren. Dies weist zunächst auf einen Widerspruch zu Abb. 2 hin.
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
1988
1992
1995
1999
Zerstörung der Ozonschicht
Globale Erwärmung
(Treibhauseffekt)
Verschwinden von Pflanzen,
Tierarten und Lebensräumen
Verschwinden der tropischen
Regenwälder
Weltweiter Verbrauch der
natürlichen Ressourcen
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
16
Tab. 1: Eigene Einschätzung der Veränderung der Besorgnis über bestimmte Umweltprobleme
1999 (Sind Sie mehr oder weniger besorgt als vor fünf Jahren über ...?)
Problem
% mehr besorgt
Zerstörung der Ozonschicht
68,4%
Globale Erwärmung (Treibhauseffekt)
65,6%
Verschwinden der tropischen Regenwälder
64,4%
Weltweiter Verbrauch der natürlichen Ressourcen
60,8%
Verschwinden von Pflanzen, Tierarten und Lebensräumen
60,4%
European Commission, 1999, S.15
Ich vermute, dass es sich hier um ein Phänomen handelt, das in der empirischen
Sozialforschung ,,Effekt sozialer Erwünschtheit" genannt wird. Danach gibt es einen
von der Umgebung vorgegebenen Ort sozialer Erwünschtheit, d.h. im konkreten Fall
eine Antwort, die vom Umfeld des Befragten erwünscht wird und diesem die größte
soziale Anerkennung bringt. Weicht nun die wahre Antwort vom Ort sozialer
Erwünschtheit ab, so ist eine wahre Beantwortung mit Kosten verbunden, d.h., dass
das Image des Befragten leidet und er weniger Akzeptanz in der Gesellschaft findet,
woraus eine Verzerrung der Beantwortung und somit der Befragungsergebnisse in
Richtung des Ortes sozialer Erwünschtheit resultiert. Gewissermaßen handelt es sich
also um eine Anpassung der eigenen Meinung an die gesellschaftlich erwünschte
Meinung.
Zudem werden bei der Ermittlung des wahren Wertes von der befragten Person
verschiedene Schätzstrategien angewandt, was zu einem relativ großen Bereich
führen kann, der noch als wahr empfunden wird. In diesem Fall tendieren Befragte
dazu, ihre Antwort an jenem Rand des wahren Bereichs anzusiedeln, die dem Ort
sozialer Erwünschtheit am nächsten steht (D
IEKMANN
, 1996, S. 382-384).
Für Tab. 1 im Vergleich mit Abb. 2 bedeutet dies, dass ein hohes
Umweltbewusstsein von der Gesellschaft erwünscht wird, was sich in den Antworten
,,Ich sorge mich mehr um ..." niederschlägt. Der selbe Effekt tritt in Abb. 2 nicht oder
nur in geringem Maße auf, da sich die Fragestellung nur auf den aktuellen Zeitpunkt
bezieht, wodurch der subjektiv als wahr empfundene Bereich kleiner ist.
Aufgrund dieser Überlegung und aufgrund der Ergebnisse in Abb. 1 gehe ich davon
aus, dass das Umweltbewusstsein seit ungefähr einem Jahrzehnt sinkt, wobei es
gleichzeitig im Werteschema der Gesellschaft einen hohen Stellenwert einnimmt.
Gleichzeitig muss aber festgehalten werden, dass das Umweltbewusstsein trotz
sinkender Tendenz im allgemeinen sehr hoch ist. Immerhin sind es nur 4,1%, die die
Notwendigkeit von Umweltschutz verneinen, während ihn 69,1% für ein
unmittelbares und dringendes Anliegen halten und weitere 23,1% Umweltschutz
bejahen, auch wenn er für sie erst in der Zukunft wichtig erscheint.
Auch der Wunsch, dass auf politischer Ebene gehandelt wird, ist vorhanden. Dies
zeigen die regelmäßig durchgeführten Eurobarometer - Umfragen, in denen der
Umweltschutz unter den wichtigsten Aufgaben der EU mit 83% Befürwortern im Jahr
1999 bzw. 84% im Jahr 2000 an fünfter Stelle steht (Europäische Kommission, 1999,
S. 56; Europäische Kommission, 2000, S. 43).
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
17
Eine Studie von D
IEKMANN
(1994) und P
REISENDÖRFER
bestärkt die Annahme, dass
sich das Umweltbewusstsein auf hohem Niveau befindet: Danach halten 80% der
befragten eine Umweltkatastrophe für wahrscheinlich, 85% würden versuchen, sich
soweit wie möglich umweltbewusst zu verhalten und 90% sehen das Verhaltenen
jedes Einzelnen als wichtigste Voraussetzung zur Lösung der Probleme. Allerdings
benutzten 74% der Befragten das Flugzeug oder das Auto für ihren letzten Urlaub
und 54% besitzen ein Auto (in O
STERLOH
, 1997, S. 59). Dies weist auf eine große
Kluft zwischen dem Bewusstsein und den daraus resultierenden Handlungen hin. Es
ergibt sich zusammengefasst ein Bild von hohem Umweltbewusstsein und geringer
Bereitschaft zugunsten der Umwelt etwas zu tun oder auf etwas zu verzichten.
Da aber erst die Hoffnung, durch Bewusstseinsbildung Verhaltensänderungen zu
bewirken, Umwelterziehung legitimiert (B
ÖLTS
, 1995, S. 97), kann die
Bewusstseinsbildung allein nicht Ziel eines Lehrpfades sein. Um aber durch einen
Lehrpfad gezielte Verhaltensänderungen bewirken zu können, müssen zuerst die
Zusammenhänge zwischen Bewusstsein und Verhalten verstanden werden.
Nach B
EYRICH
findet die Verhaltenssteuerung durch zwei Faktoren statt: das Wissen
und die Emotionen. Da die Motivation zum aktiven Schutz der Natur nicht durch
Vernunft und Einsicht allein entsteht, ist zuerst die emotionale Ebene anzusprechen.
Durch ein positives Gefühl gegenüber der Natur wird dann die Neugier geweckt,
mehr über sie zu erfahren und sie zu erhalten. Fehlt es aber an Wissen, so besteht
die Gefahr, dass in bester Absicht ineffizient oder gar schädlich gehandelt wird
(B
EYRICH
, 1998, S. 9).
Der Sozialforscher B
ILLIG
untersuchte nun den Zusammenhang von Wissen,
Gefühlen und Handlungsbereitschaft, wobei er davon ausgeht, dass sich das
Umweltbewusstsein in Einstellungen zu verschiedenen Sachverhalten manifestiert,
die mit bestimmten Wahrnehmungen, Gefühlen, Vorstellungen und Verhaltensweisen
verbunden sind. Diese Einstellungen lassen sich, wie in Abb. 3 veranschaulicht, in
drei Dimensionen einteilen:
·
Im kognitiven Bereich steht das Wissen im Vordergrund. Es ist ein ökologisches
Verständnis vorhanden.
·
Der affektive Bereich ist von Gefühlen geprägt. Der Bezug zur Umwelt wird über
Ängste, Hoffnungen und persönliche Betroffenheit hergestellt.
·
Der konative Bereich ist handlungsorientiert. Handlungsbereitschaft und
entsprechendes Verhalten sind vorhanden.
(B
ILLIG
, 1990, in B
ÖLTS
, 1995, S. 98)
Auf der Basis dieses Schemas wurden von Billig die Einstellungen ausgewählter
Zielgruppen in Deutschland erfasst. Das Hauptresultat lässt sich folgendermaßen
zusammenfassen:
Die große Mehrheit der Befragten bewertet den Umweltschutz höher als das
Wirtschaftswachstum und die Wertstrukturen verschieben sich in Richtung
Lebensqualität und Zufriedenheit im beruflichen und privaten Bereich. Das
ökologische Wissen im kognitiven Bereich hat in den letzten Jahren stark
zugenommen, wobei das ökologische Verständnis mit zunehmender Schulbildung
steigt.
Die Ergebnisse im affektiven Bereich hängen stark von der Zielgruppe ab, d.h.
Ängste sind vor allem dann vorhanden, wenn kein Einfluss auf das Geschehen
ausgeübt werden kann. So zeigen sich z.B. Landwirte beim Thema Nahrungsmittel
wesentlich weniger besorgt als Hausfrauen.
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
18
Diese persönliche Betroffenheit und die sehr hohe Handlungsbereitschaft lassen
aber keinen direkten Schluss auf das tatsächliche Verhalten zu. Sobald persönliche
Interessen mit dem Umweltschutz in Konflikt stehen, werden
Verdrängungsmechanismen aktiviert.
Abb. 3: Messung des Umweltbewusstseins über Einstellungen
Billig, 1990, in Bölts, 1995, S. 98
B
ILLIG
zieht daraus den Schluss, dass ökologische Wertorientierung und
Umweltwissen zwar die Grundlage für ein ökologisches Verhalten darstellen, dass
die ökologischen Anliegen aber für den einzelnen konativ machbar sein müssen, um
das Bewusstsein in tatsächliches Handeln umzusetzen. Damit ist gemeint, dass die
Anliegen in Abhängigkeit vom Wertesystem und den Erfahrungen des Einzelnen
verarbeitet und akzeptiert oder abgelehnt werden.
Daraus lassen sich einige Anhaltspunkte ableiten, die in Richtung einer
Verhaltensänderung wirken können:
·
Das persönliche Umfeld und die Rolle des einzelnen darin muss im Sinne einer
Zielgruppenorientierung berücksichtigt werden.
·
Der Eigennutz des einzelnen muss angesprochen werden.
·
Der ökologische Zusammenhang des umweltrelevanten Verhaltens und der
Auswirkungen muss begreifbar sein.
·
Das gewünschte Verhalten muss konkret durchführbar sein.
(B
ILLIG
, 1990, in B
ÖLTS
, 1995, S. 98-102)
3.1.2.
Umweltbildung und Umwelterziehung
,,Der Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft bringt es mit sich, dass sich jeder als ein
lernender Entscheidungsträger verhält auf den verschiedensten Ebenen, von der Familie
bis zur Nation."
(Meadows et al., 1992, S. 275)
kognitiv
affektiv
konativ
ökologisches
Verständnis
persönliche
Betroffenheit
Verhalten,
Handlungs-
bereitschaft
UMWELTBEWUSSTSEIN
EINSTELLUNGEN
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
19
Während Bildung auf die Vermittlung von Wissen abzielt, ist Erziehung auf die
Aneignung gewisser Verhaltensmuster ausgelegt und so gesehen einen Schritt
weiter.
Umweltbildung und Umwelterziehung sind jedoch großteils lediglich unterschiedliche
Übersetzungen von environmental education. Da es letztendlich auf die richtigen
Verhaltensmuster ankommt, wäre der Begriff Umwelterziehung in diesem Kontext
wohl angebrachter als Umweltbildung. Vor allem Erwachsene werden jedoch nicht
gerne erzogen, sie bilden sich lieber.
Da für meine Zwecke eine genauere Unterscheidung der Begriffe nicht notwendig ist,
werde ich im Folgenden die Begriffe Umweltbildung und Umwelterziehung als
Synonyme verwenden, die beide die Wissensvermittlung und auch die daraus
resultierende Verhaltensänderung meinen.
3.1.2.1. Die Entwicklung der Umweltbildung
Die Bedeutung der Umweltbildung wurde erstmals 1972 auf der ersten
Umweltschutzkonferenz der UNO international anerkannt. Dort wurde festgehalten,
dass die UNO ,,die notwendigen Schritte unternehmen soll, um ein internationales
Programm zur Umwelterziehung zu erstellen, mit einem internationalen Zugang, in
und außerhalb der Schule, alle Bildungsniveaus umfassend und auf die breite
Öffentlichkeit ausgerichtet, mit der Absicht, die Menschen über einfache Schritte zu
unterrichten, die sie unternehmen könnten, um - im Rahmen ihrer Verhältnisse - mit
der Umwelt umzugehen und sie unter Kontrolle zu halten" (UNESCO, 1980, S. 19).
Bereits hier zielt Umweltbildung darauf ab, jedem einzelnen das nötige Wissen in die
Hand zu geben, um dementsprechend verantwortungsvoll handeln zu können.
Zusätzlich unterstreicht dieses Dokument, dass es sich bei der Umwelterziehung
nicht nur um die schulisch Bildung geht, sondern um einen allumfassenden,
internationalen Prozess.
In der Folge wurde 1977 von der UNESCO, in Kooperation mit UNEP (United
Nations Environment Programme), die erste internationale Konferenz über
Umweltbildung in Tbilisi organisiert. In der Deklaration der Konferenz wird der oben
angesprochene Aspekt noch stärker unterstrichen:
,,Environmental education should prepare the individual for life through an
understanding of the major problems of the contemporary world, and the provision of
skills and attributes needed to play a productive role towards improving life and
protecting the environment with due regard given to ethical values.(...) It should
involve the individual in an active problem-solving within the context of specific
realities, and it should encourage initiative, a sense of responsibility and commitment
to build a better tomorrow."(UNESCO, 1980, S. 11-12)
In dieser Deklaration geht es nicht mehr nur um die Mitwirkung bei der Kontrolle:
Umwelterziehung soll die Verantwortung des Einzelnen hervorheben, sich zu
engagieren und an einem aktiven Prozess ,,für ein besseres Morgen" aktiv
teilzunehmen. Während Menschen nach Ansicht der Umweltschutzkonferenz 1972
noch zu einzelnen Schritten gebracht werden sollen, werden hier ein umfassendes
Verständnis der wichtigsten Umweltprobleme und daraus resultierende
eigenverantwortliche Taten verlangt.
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
20
Im Endbericht der Konferenz über Umweltbildung 1977 schließlich steht:
,,Environmental education is an integral part of the education process. It should be
centred on practical problems and be of an interdisciplinary character. It should aim
at building up a sense of values, contribute to public well-being and concern itself
with the survival of the learners and their involvement in action and it should be
guided by both immediate and future subjects of concern." (UNESCO, 1980, S. 21)
Hier wird Umwelterziehung nicht mehr als eigene Disziplin gesehen, sondern als
integraler Bestandteil anderer Disziplinen. Engagement soll aus dem Wunsch
entstehen, die eigene Lebensqualität und das eigene Überleben zu sichern. Dazu
gehört auch der Blick nach vorne, auf zukünftige Probleme, da die alleinige
Reparatur bestehender Schäden weder ausreichend noch sinnvoll ist.
Im Amsterdamer Vertrag ist zwar in Art. 3 explizit die Politik auf dem Gebiet der
Umwelt als Tätigkeitsbereich der Europäischen Union angeführt (Europäische Union,
1997, S. 43) und der Vertrag beinhaltet auch ein eigenes Kapitel über die Umwelt
(Titel XIX, Art. 174-176), die Umwelterziehung wird im Vertrag jedoch nicht erwähnt
(Europäische Union, 1997, S. 116-118).
Im derzeit aktuellen sechsten Umweltaktionsprogramm wird die grundlegende
Bedeutung der Umwelterziehung erwähnt, die Tätigkeit in diesem Bereich obliegt
jedoch den einzelnen Mitgliedsstaaten (Generaldirektion Umwelt, 2001, S.23).
3.1.2.2. Umweltbildung in Schule und Freizeit
Meistens wird mit Bildung noch immer in erster Linie die institutionalisierte Bildung
assoziiert. Man denkt an Schule, Universitäten, Kurse und ähnliches. Der Auftrag,
Umweltbildung zu fördern wird an diese Bildungseinrichtungen weitergegeben, wo er
in den Lehrplänen verankert wird.
So steht beispielsweise im Lehrplan für AHS unter ,,Allgemeines Bildungsziel", dass
,,die allgemeinbildende höhere Schule zu einem Geschichts-, Kultur- und
Umweltbewusstsein [...] hinführen soll. Auf diese Weise soll eine Bildung angestrebt
werden, die den Schüler befähigt [...] zu Verantwortungsbewusstsein gegenüber
Mitwelt und Umwelt sowie gegenüber der Nachwelt;[...]"
Weiters ist Umwelterziehung als Unterrichtsprinzip ausdrücklich vorgeschrieben und
Themen der Umwelterziehung finden sich in fast allen Fächern.
Dadurch wird auch die Umweltbildung institutionalisiert und in das bestehende
Bildungsschema eingebettet. Allerdings handelt es sich gerade bei der
Umweltbildung um ein Lernfeld, das im Gegensatz zur beruflichen Bildung mehr auf
die Aneignung sozialer, gesellschaftlicher und auch politischer Kompetenzen abzielt,
doch genau diesbezüglich scheint der Schule laut einer Umfrage des EMNID-Instituts
der Lernerfolg abgesprochenen zu werden. Die Fähigkeit, das eigene Leben zu
gestalten, wird in der Freizeit erlernt. Die Freizeit hat nämlich gegenüber Bildung und
Beruf den Vorteil, nicht unter Erfolgs- und Leistungsdruck zu stehen, was mehr
Freiraum für das eigene Tätigwerden übrig lässt. Auch vor dem Hintergrund der sich
ständig vermehrenden Freizeit kommt dem eigeninitiativen Lernen ohne Zwang, mit
Spaß und Geselligkeit verbunden, eine immer höhere Bedeutung zu (O
PASCHOWSKI
,
1996a, S. 55-58).
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
21
In diesem Sinne können auch Lehrpfade ihren Beitrag leisten, ein Bildungsumfeld zu
schaffen, das als Freizeitumfeld wahrgenommen wird. Sie stellen eine Möglichkeit
dar, die Aufmerksamkeit auf Umweltprobleme zu lenken, darüber aufzuklären,
Informationen zu vermitteln und auch die persönliche Bedrohung und die
Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken, aufzuzeigen, ohne den Freizeitcharakter zu
verlieren.
O
PASCHOWSKI
hält dafür sechs Grundsätze fest, die berücksichtigt werden müssen,
um den Freizeitcharakter von Bildung zu erhalten:
·
Die Motivation ist im Erwartungshorizont des Freizeiterlebens anzusiedeln, damit
keine Überwindung notwendig ist.
·
Der Inhalt hat sich an den Hauptmerkmalen der Freizeit zu orientieren: Selbst-
Aktiv-Sein, Spontanität, Sozialkontakt, sich entspannen, Spaß.
·
Es müssen aktivierend-kreativierende Handlungskonzepte entwickelt werden.
·
Bildung muss sich als Transfer-Medium für Lebensstilbereicherung verstehen,
d.h. Lebensstile um freizeitbezogene Dimensionen bereichern.
·
Bildung muss innovativ zum Überdenken eigener Lebensgewohnheiten und
Freizeitinteressen anregen und dabei helfen, neue Konzepte zu entwickeln.
·
Bildungsarbeit muss zur Animationsarbeit werden.
(O
PASCHOWSKI
, 1996a, S. 66-67)
3.1.2.3. Lehrpfade als Unterrichtsutensilien
Z
IMMERLI
betrachtet Lehrpfade neben Schulreservaten und Schulweihern aus
dem Blickwinkel des schulischen Unterrichts. Durch die Schaffung von Informations-,
Beobachtungs- und Arbeitsmöglichkeiten in der Natur, durch die Aufklärung über
Zusammenhänge und durch den Aufbau eines Bezuges zur Natur soll das
Naturverständnis der Menschen vertieft werden, um das Interesse am Umweltschutz
wach zu halten.
Nach P
ESTALOZZI
sollen ,,Kopf, Herz und Hand", also die kognitive, die emotionale
und die pragmatische Ebene am Lernen beteiligt sein, wobei letztere im Unterricht oft
vernachlässigt wird. Hier bieten unter anderem Lehrpfade die Möglichkeit, durch
direkten Kontakt, selbstständige Auseinandersetzung und Bewusstwerdung der
eigenen Verantwortung gegenüber der Natur dieses Manko auszubessern (Z
IMMERLI
,
1980, S. 14f)
Hinsichtlich der Schule können Lehrpfade den Naturkundeunterricht im Freien
fördern, in den verschiedensten Spezialgebieten die Lehrenden unterstützen und ein
,,Freilandlabor" in der Nähe der Schule inhaltlich und methodisch erschließen, wobei
hier Nichtspezialisten von einem Teil der Vorbereitungsarbeit entlastet werden
(Z
IMMERLI
, 1980, S. 128).
3.1.2.4. Pädagogische Ansätze
In der Umweltbildung haben sich im wesentlichen drei Schwerpunkte entwickelt. Dies
sind ,,Umwelterziehung als naturbezogene Pädagogik", ,,Umwelterziehung als
problem- und handlungsorientiertes ökologisches Lernen" und ,,Ökopädagogik"
(B
OLSCHO
et al., 1994, S. 10f).
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
22
Die naturbezogene Pädagogik will als naturnahe Erziehung dem Menschen eine
subjektive Naturerfahrung vermitteln, um ein ganzheitliches, emotional geleitetes
Naturverständnis zu fördern, das als Grundlage zur Bewahrung der Natur gilt. Dabei
gilt naturwissenschaftliches Analysieren als Erschwernis für den emotionalen Zugang
zur Natur. Ziel der naturbezogenen Pädagogik ist die Aufhebung des
Objektverhältnisses gegenüber der Natur zugunsten eines ganzheitlichen Zugangs,
der alle Lebewesen als prinzipiell gleichwertig sieht (B
OLSCHO
et al., 1994, S. 11).
Das problem- und handlungsorientierte ökologische Lernen geht von der
aktuellen Umweltproblematik aus. Hier liegt der Schwerpunkt neben der
Naturerfahrung auch vor allem auf den Kommunikationsprozessen innerhalb einer
Gemeinde. Ziel ist der Aufbau von Bereitschaft und Kompetenz zum konkreten
Handeln. Dies soll durch selbständiges Lösen von Problemsituationen im lokalen
Umfeld erlernt werden (B
OLSCHO
et al., 1994, S. 12).
Die Ökopädagogik stellt sich gegen das organisierte und institutionalisierte
umweltorientierte Lernen. Sie geht sowohl zur Industriegesellschaft, die die
ökologischen Probleme verursacht, als auch zu ,,alternativen Lebensformen", die oft
nur eine Alibihandlung sind, auf Distanz und möchte nicht nur Antworten auf die
gesellschaftliche Entwicklung anbieten sondern die gesamte Wachstumsideologie
hinterfragen (B
OLSCHO
et al., 1994, S. 12).
Ähnlich teilt B
ÖLTS
die didaktischen Konzepte der Umweltbildung in drei Typen, die
sich vor allem durch die Akzentuierung unterschiedlicher Problematiken
unterscheiden:
·
Die Naturerlebnispädagogik knüpft an die Naturentfremdung des Menschen an.
Durch Naturbegegnung und inszenierte Naturerlebnisse soll Naturverständnis
geweckt werden, das zur Naturerhaltung führt.
·
Die Ökologisierung des unmittelbaren Umfelds zielt nach dem Motto ,,Global
denken lokal handeln" auf die Lebensführung des Einzelnen ab.
·
Erziehung zu umweltgerechtem Verhalten als politische Bildung versucht
Probleme im aktuellen Geschehen in gesellschaftliche Zusammenhänge
einzuordnen und dadurch im Idealfall zu gemeinsamem politischem Handeln zu
animieren (B
ÖLTS
, 1995, S. 17).
Lehrpfade - und vor allem Erlebnispfade - knüpfen hier vor allem an den jeweils
ersten Punkt an: die naturbezogene Pädagogik bzw. Naturerlebnispädagogik, bei der
es vor allem darum geht, den Menschen in eine direkte Beziehung zur Natur zu
bringen. Durch ganzheitliches Erleben soll der Naturentfremdung entgegengewirkt
werden.
Dies wird anhand des Naturerlebnismodells von J
ANSSEN
(Abb. 4) deutlich, für den
das Naturerlebnis im Zentrum steht. Über die Phasen des Beschreibens, der
Erklärung und des Verständnisses der Natur kommt man zum Umweltbewusstsein
und dadurch auf die Handlungsebene. Durch positive Rückkoppelung wird wiederum
die Qualität der emotionalen Ebene verbessert (E
BERS
et al., 1998, S. 31f).
Wichtig für die Weiterbildung der Menschen ist, dass die Vermittlung von Wissen
jeweils nur die Grundlage des Bildungsprozesses darstellt, der zum verantwortlichen
Handeln führen soll. Es fehlt heute oft die ungezwungene, selbstverständliche
3.1. Die Rolle von Lehr- und Erlebnispfaden - ...in der Ökologie
23
Verbindung mit der Natur. Hier können Lehrpfade in gewisser Weise ,,die Eltern, die
ihr Kind an der Hand nehmen und in den Wald gehen" ersetzen. Wenn dabei auch
die intime emotionale Komponente fehlt, so ergibt sich wenigstens die Möglichkeit,
eine hohe Qualität des vermittelten Wissens zu bieten (E
BERS
et al., 1998, S. 32f).
Abb. 4: Naturerlebnismodell nach Janssen
Nach Janssen, 1988, in Ebers et al., 1998, S. 31
Zudem können Lehrpfade einen Beitrag zum Bewusstwerden der eigenen Kultur und
zum Entstehen eines neuen Regionalbewusstseins leisten, was wiederum zu
verstärkter Verbundenheit mit der eigenen Umgebung und als Folge zur Erhaltung
derselben führt (S
TEINECKE
, W
ACHOWIAK
, 1994, S. 8).
Oft steht auch einfach unbewusstes Fehlverhalten am Anfang ökologischer
Belastungen (J
OB
, 1991a, S. 218). Durch eine Weiterbildung der Menschen sollen
Qualifikationen erworben werden, die zu einem umweltbewussten Verhalten
befähigen. Diese Bildungsarbeit soll das unmittelbare Umfeld des Menschen
aufgreifen und die Problematik auf globale Zusammenhänge übertragen
(Situationsorientierung), soll alle Sinne ansprechen (Handlungsorientierung), soll zu
Diskussionen führen (Problemorientierung) und die Vernetztheit und Komplexität
ökologischer Systeme verdeutlichen (Systemorientierung) (E
BERS
et al., 1998, S.
31).
Lehrpfade haben zudem den Vorteil, immer präsent zu sein und mit relativ geringem
Aufwand auch eine größere Anzahl von Besuchern ohne Auftreten von
Masseneffekten bedienen zu können (S
TICHMANN
, 1981, in E
BERS
et al., 1998, S.
33).
Nach einer Untersuchung von B
IRKENHAUER
schätzen 67% der bayerischen
Gemeinden mit Lehrpfad dessen Wert für Schulen als hoch ein. Nach Ansicht der
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2003
- ISBN (eBook)
- 9783832474485
- ISBN (Paperback)
- 9783838674483
- Dateigröße
- 1.8 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Karl-Franzens-Universität Graz – Naturwissenschaften, Geographie und Raumforschung
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- lehrpfad regionalentwicklung umweltbildung freizeitgeographie geologie
- Produktsicherheit
- Diplom.de