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Diagonse und Unterstützung mentaler Wissensrepräsentationen in Projektteams

Eine Fallstudie

©2003 Diplomarbeit 162 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen von [my:PATorg] durchgeführt, eines vom BMBF geförderten Verbundprojekts vier deutscher Universitäten. Ziel von [my:PATorg] ist die Entwicklung multimedialer und interaktiver Lehrmodule für die Verfahrenstechnik, und deren Integration in die bisher vorherrschende, universitäre Präsenzlehre. Die TU-Berlin ist an diesem Projekt mit zwei Instituten und sieben Mitarbeitern beteiligt, welche in einem interdisziplinären Projektteam intensiv miteinander kooperieren. Institut A übernimmt dabei die Evaluation der, von Institut B inhaltlich und softwaretechnisch realisierten Lehrkomponenten. Beide Partner verfolgen dabei Entwurf, Entwicklung, Evaluation und Optimierung innerhalb eines parallel-iterativen Entwicklungsprozesses.
Eine solche Teamkonstellation ist seit einiger Zeit keine Ausnahme mehr. Mitarbeiter unterschiedlicher Altersstufen, Nationalitäten und Fachdisziplinen sind vor dem Hintergrund von Globalisierung, flacherer Organisationsstrukturen und anderer arbeitsorganisatorischer Veränderungsprozesse immer häufiger in gemeinsamen Projekten anzutreffen. Die facettenreiche Zusammensetzung der Projektteams ist dabei nicht nur erschwerende Herausforderung, sondern verspricht auch Kreativität und Innovation beim Arbeitsprozess.
Im Arbeitsalltag haben die meisten Projektteams jedoch zunächst mit grundlegenden Dingen zu kämpfen: „Warum habe ich eigentlich immer das Gefühl, dass wir nicht auf das selbe Ziel hinarbeiten?“ „Wieso hat mich mein Projektleiter nicht gefragt? Weiß er nicht, dass ich in diesem Thema Experte bin?“ Wenn sich Teammitarbeiter solche Fragen stellen, fehlt ihnen oftmals eine gemeinsame Sicht auf das Projekt. Es fehlen ihnen gemeinsame mentale Repräsentationen hinsichtlich der Ziele, Vorgehensweisen, Kompetenzen und Probleme, die ihr Team charakterisieren.
Nach fast einem Jahr gemeinsamer Projektarbeit verstärkte sich auch im beschriebenen Forscherteam die Wahrnehmung, dass eine gemeinsame Sichtweise in keinem befriedigenden Ausmaß vorliegt und deren Unterstützung wünschenswert wäre. Der Autor der Diplomarbeit ist seit Projektbeginn Mitglied des Teams und wollte dem Problem weiter nachgehen, um nach Wegen und Möglichkeiten zur Verbesserungen zu suchen. Aus dieser Intention heraus entstand die vorliegende Diplomarbeit, mit dem Ziel der Diagnose bzw. Erhebung individueller mentaler Repräsentationen zu team- und projektspezifischem Wissen, sowie deren interindividueller […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7378
Huss, Jörg: Diagonse und Unterstützung mentaler Wissensrepräsentationen in
Projektteams - Eine Fallstudie
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Technische Universität Berlin, Technische Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

ZUSAMMENFASSUNG
IV
ZUSAMMENFASSUNG
Die vorliegende Fallstudie entstand aus der Intention heraus, mentale
Wissensrepräsentationen eines realen Projektteams zu erfassen,
abzubilden und auf Gruppenniveau abzugleichen. Die speziell dafür
entworfene Vorgehensweise gliederte sich in vier Phasen. Zu Beginn
wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Team ein kontextspezifisches
Instrumentarium entwickelt. In der zweiten Phase diente ein Fragebogen
zur Erhebung von teamspezifischen Wissensinhalten. Daneben wurde für
die Abbildung des projektspezifischen Wissens eine Struktur-Lege-
Technik gewählt. Im Anschluss an die Diagnose erfolgte als dritte Phase
ein individuelles Feedback der aufbereiteten Daten. Während der Phase
vier wurden die erhobenen Repräsentationen in gemeinsamen Feedback-
Sitzungen reflektiert, und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet. Die
während der Phasen drei und vier verursachten Veränderungen der
individuellen mentalen Repräsentationen, wurden mit Hilfe eines
Posttests überprüft. Der Fragebogen zum teamspezifischen Wissen erwies
sich sensibel gegenüber Gruppeneffekten, die sich durch Institutszugehö-
rigkeit und Rollenverteilung erklären. Für beide Instrumente wird auf
Basis der Ergebnisse die Urteilerübereinstimmung als Gütekriterium für
das Ausmaß an geteilten mentalen Repräsentationen vorgeschlagen.
Zudem wurden Veränderungseffekte im Sinne von verstärkt homogen
repräsentierten Wissenselementen gefunden. Als Außenkriterium für den
Erfolg des Teamentwicklungsprozesses wurde das Teamklima herangezo-
gen. Anhand eines Team-Klima-Inventars ließ sich eine Verbesserung des
Teamklimas über den gesamten Entwicklungszyklus feststellen.

ABSTRACT
V
ABSTRACT
The presented case study is based on the intention to elicit, to illustrate
and to match mental representations of knowledge in real project teams.
An especially designed procedure is composed of four stages. At the
beginning context-specific instruments were developed in close team-
cooperation. At the second stage a resulting questionnaire was used to
elicit team-specific knowledge. In addition, a structure mapping
technique was chosen to extract project-specific knowledge. When the
third stage followed the diagnosis an individual feedback of aggregated
data was given. During jointly feedback sessions at stage four the elicited
representations were reflected and similarities educed. The consequential
changes in individual mental representations were examined by using a
post-test. The questionnaire about team-specific knowledge was proven
sensitive to group effects of institutional and hierarchical membership.
For both instruments the inter-rater reliability is suggested to be a
criterion for the degree of shared mental representations. Additionally,
change effects were found in terms of more homogeneous represented
knowledge units. Team climate was chosen as an additional criterion for
success of the team development process. Measured by the Team-
Climate-Inventory an improvement of team climate over the whole
development cycle is established.

INHALTSÜBERSICHT
VI
INHALTSÜBERSICHT
ZUSAMMENFASSUNG ... IV
ABSTRACT ... V
INHALTSÜBERSICHT ... VI
INHALTSVERZEICHNIS ... VII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... X
TABELLENVERZEICHNIS... XI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... XII
1.
EINLEITUNG ...1
2.
THEORETISCHER HINTERGRUND...3
2.1 Mentale
Repräsentationen...5
2.2 Geteilte
mentale
Repräsentationen in Teams ... 17
2.3 Änderungsdiagnostik
und
Aktionsforschung ... 34
2.4
Zusammenfassung und Ableitung der Forschungsfragen... 44
3.
STUDIENDESIGN ... 47
3.1
Beschreibung des Projektteams ... 48
3.2
Planung und Durchführung... 49
4.
EMPIRIE ... 58
4.1
TMMs zum teamspezifischen Wissen ... 59
4.2
TMMs zum projektspezifischen Wissen ... 70
4.3 Teamklima... 82
5.
DISKUSSION UND AUSBLICK... 85
5.1 Zusammenfassung
und Interpretation der Ergebnisse ... 86
5.2
Kritische Reflexion der Untersuchung... 91
5.3 Ausblick ... 96
6.
LITERATURVERZEICHNIS ... 98
Anhang

INHALTSVERZEICHNIS
VII
INHALTSVERZEICHNIS
ZUSAMMENFASSUNG ... IV
ABSTRACT ... V
INHALTSÜBERSICHT ... VI
INHALTSVERZEICHNIS ... VII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... X
TABELLENVERZEICHNIS... XI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... XII
1.
EINLEITUNG ...1
2.
THEORETISCHER HINTERGRUND...3
2.1 Mentale
Repräsentationen...5
2.1.1 Funktionen mentaler Repräsentationen aus Sicht der
Informationsverarbeitungstheorie ...6
2.1.2 Modelle mentaler Repräsentationen ...7
2.1.2.1 Schemata ...9
2.1.2.2 Mentale
Modelle ... 10
2.1.2.3 Semantische
Raummodelle
und semantische Netze ... 11
2.1.2.4 Produktionssysteme ... 12
2.1.2.5 Modellintegration ... 12
2.1.3 Entstehung und Entwicklung mentaler Repräsentationen... 13
2.1.4 Methoden zur Erfassung mentaler Repräsentationen... 14
2.1.5 Zusammenfassung ... 16
2.2 Geteilte
mentale
Repräsentationen in Teams ... 17
2.2.1 Inhalt und Form geteilter mentaler Repräsentationen ... 20
2.2.2 Team Mental Models ... 21
2.2.2.1 Aufgabenspezifisches Wissen... 24
2.2.2.2 Teamspezifisches
Wissen ... 24
2.2.3 Funktion von Team Mental Models ... 25
2.2.4 Optimale Ausprägung von TMMs... 26
2.2.5 Entwicklungsprozesse von TMMs und deren Barrieren... 27
2.2.6 Unterstützungsmöglichkeiten für TMMs... 29
2.2.7 Methoden zur Erfassung von TMMs ... 31
2.2.8 Zusammenfassung ... 33
2.3 Änderungsdiagnostik
und
Aktionsforschung ... 34

INHALTSVERZEICHNIS
VIII
2.3.1 Aktionsforschung ... 35
2.3.1.1 Abgrenzung der Aktionsforschung ... 35
2.3.1.2 Phasen der Aktionsforschung... 37
2.3.1.3 Chancen und Probleme der Aktionsforschung... 37
2.3.2 Gruppenfeedback ... 38
2.3.2.1 Geschichte und Erkenntnisse von Datenfeedbackverfahren
...
38
2.3.2.2 Gruppen-Feedback-Analyse... 40
2.3.3 Zusammenfassung ... 42
2.4
Zusammenfassung und Ableitung der Forschungsfragen... 44
3.
STUDIENDESIGN ... 47
3.1
Beschreibung des Projektteams ... 48
3.2
Planung und Durchführung... 49
3.2.1 Vorbereitungsphase... 50
3.2.2 Diagnose ... 53
3.2.3 Datenfeedback... 54
3.2.4 Gruppen-Feedback-Sitzung... 55
3.2.5 Evaluation... 57
4.
EMPIRIE ... 58
4.1
TMMs zum teamspezifischen Wissen ... 59
4.1.1 Methode ... 59
4.1.1.1 Itemselektion ... 59
4.1.1.2 Fragebogen... 61
4.1.1.3 Operationalisierung der Fragestellungen und
Hypothesenbildung ... 61
4.1.2 Ergebnisse ... 64
4.1.2.1 Deskriptive
Statistik ... 65
4.1.2.2 Gruppeneffekte ... 67
4.1.2.3 Veränderung des Team Mental Models ... 68
4.2
TMMs zum projektspezifischen Wissen ... 70
4.2.1 Methode ... 70
4.2.1.1 Überblick
über
Struktur-Lege-Techniken ... 70
4.2.1.2 Methodenintegration ... 72
4.2.1.3 Operationalisierung der Fragestellungen und
Hypothesenbildung ... 74
4.2.2 Ergebnisse ... 76
4.2.2.1 Begriffszentralität ... 77
4.2.2.2 Korrespondenzkoeffizienten... 79

INHALTSVERZEICHNIS
IX
4.3 Teamklima... 82
4.3.1 Methode ... 82
4.3.2 Ergebnisse ... 84
5.
DISKUSSION UND AUSBLICK... 85
5.1 Zusammenfassung
und Interpretation der Ergebnisse ... 86
5.1.1 Eignung der Unterstützungsmethode... 86
5.1.2 Eignung der Diagnosemethoden ... 88
5.1.3 Auswirkungen des Teamentwicklungszyklus auf das
Teamklima ... 89
5.2
Kritische Reflexion der Untersuchung... 91
5.2.1 Untersuchungsdesign... 91
5.2.2 Durchführbarkeit der Methoden ... 92
5.2.3 Ergebnisinterpretation ... 94
5.3 Ausblick ... 96
6.
LITERATURVERZEICHNIS ... 98
Anhang

ABBILDUNGSVERZEICHNIS
X
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Informationsverarbeitung
6
Abb. 2: Wissensstruktur
9
Abb. 3: Überblick über Forschungsfelder zu mentalen Repräsenta-
tionen
19
Abb. 4: Einordnung und Abgrenzung von TMMs und verwandten
Forschungsthemen
22
Abb. 5: Wechselseitige Wahrnehmung zweier Managementebenen
40
Abb. 6: Dispersionsverteilung auf Themenschwerpunkte
65
Abb. 7: Dispersionsverteilung auf TMs als Beurteilungsobjekte
66
Abb. 8: Gruppeneffekte
68
Abb. 9: Urteilerübereinstimmung bei teamspezifischem Wissen
68
Abb. 10: Urteilerübereinstimmung zur Begriffszentralität
78
Abb. 11: Ergebnisse der Teamklima-Dimensionen
84

TABELLENVERZEICHNIS
XI
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1: Zusammenfassung der Modellcharakteristika
12
Tab. 2: Multiple Mental Models in Teams
23
Tab. 3: Methodenüberblick
32
Tab. 4: Typologie der Forschung
36
Tab. 5: Phasen der Gruppen-Feedback-Analyse
41
Tab. 6: Zeitlicher Ablaufplan der Teamentwicklungsmaßnahme
50
Tab. 7: Deskriptive Statistik der TMs als Beurteiler
67
Tab. 8: Dispersionsunterschiede
69
Tab. 9: Prozentualer Anteil der am häufigsten verwendeten
Relationstypen
77
Tab. 10: Begriffszentralität
77
Tab. 11: Dispersionsunterschiede der Begriffszentralität
79
Tab. 12: Korrespondenzkoeffizienten der Gesamtnetze im
interindividuellen Vergleich
80
Tab. 13: Korrespondenzkoeffizienten der thematischen Teilnetze im
Pre-Posttest-Vergleich
81
Tab. 14: Dimensionen und Subskalen des Team-Klima-Inventars
82

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
XII
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Alpha-Fehler
AF
Aktionsforschung
AL
Leitender Mitarbeiter des Instituts A
AM
Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts A
BL
Leitender Mitarbeiter des Instituts B
BM1-BM3 Wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts B
C
1 ­
C
3
Korrespondenzkoeffizienten
D
i
Dispersionsunterschied
D
PO
Dispersion im Posttest
D
PR
Dispersion im Pretest
GFA
Gruppen-Feedback-Analyse
GFS
Gruppen-Feedback-Sitzung
H
1
Hypothese
H
0
Null-Hypothese
H-SLT
Heidelberger Struktur-Lege-Technik
M Mittelwert
MaNET
Mannheimer Netzwerk Elaborations Technik
OE
Organisationsentwicklung
P-Item
Personen-Item
r
Korrelation
SD
Standardabweichung bzw. Streuung
SM
Studentischer Mitarbeiter (Autor der Diplomarbeit)
SS
Quadratsumme bzw. Varianz
TKI
Team-Klima-Inventar
TM
Teammitglied
TMM
Team Mental Model
TSM
Team Situation Model

EINLEITUNG
1
1. EINLEITUNG
Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen von [my:PAT.org] durchgeführt,
eines vom BMBF geförderten Verbundprojekts vier deutscher Universitä-
ten. Ziel von [my:PAT.org] ist die Entwicklung multimedialer und
interaktiver Lehrmodule für die Verfahrenstechnik, und deren Integration
in die bisher vorherrschende, universitäre Präsenzlehre. Die TU-Berlin ist
an diesem Projekt mit zwei Instituten und sieben Mitarbeitern beteiligt,
welche in einem interdisziplinären Projektteam intensiv miteinander
kooperieren. Institut A übernimmt dabei die Evaluation der, von Institut
B inhaltlich und softwaretechnisch realisierten Lehrkomponenten. Beide
Partner verfolgen dabei Entwurf, Entwicklung, Evaluation und Optimie-
rung innerhalb eines parallel-iterativen Entwicklungsprozesses.
Eine solche Teamkonstellation ist seit einiger Zeit keine Ausnahme
mehr. Mitarbeiter unterschiedlicher Altersstufen, Nationalitäten und
Fachdisziplinen sind vor dem Hintergrund von Globalisierung, flacherer
Organisationsstrukturen und anderer arbeitsorganisatorischer Verände-
rungsprozesse immer häufiger in gemeinsamen Projekten anzutreffen.
Die facettenreiche Zusammensetzung der Projektteams ist dabei nicht
nur erschwerende Herausforderung, sondern verspricht auch Kreativität
und Innovation beim Arbeitsprozess.
Im Arbeitsalltag haben die meisten Projektteams jedoch zunächst mit
grundlegenden Dingen zu kämpfen: ,,Warum habe ich eigentlich immer
das Gefühl, dass wir nicht auf das selbe Ziel hinarbeiten?" ,,Wieso hat
mich mein Projektleiter nicht gefragt? Weiß er nicht, dass ich in diesem
Thema Experte bin?" Wenn sich Teammitarbeiter solche Fragen stellen,
fehlt ihnen oftmals eine gemeinsame Sicht auf das Projekt. Es fehlen
ihnen gemeinsame mentale Repräsentationen hinsichtlich der Ziele,
Vorgehensweisen, Kompetenzen und Probleme, die ihr Team charakteri-
sieren.
Nach fast einem Jahr gemeinsamer Projektarbeit verstärkte sich auch
im beschriebenen Forscherteam die Wahrnehmung, dass eine gemeinsa-
me Sichtweise in keinem befriedigenden Ausmaß vorliegt und deren
Unterstützung wünschenswert wäre. Der Autor der Diplomarbeit ist seit
Projektbeginn Mitglied des Teams und wollte dem Problem weiter

EINLEITUNG
2
nachgehen, um nach Wegen und Möglichkeiten zur Verbesserungen zu
suchen. Aus dieser Intention heraus entstand die vorliegende Diplomar-
beit, mit dem Ziel der Diagnose bzw. Erhebung individueller mentaler
Repräsentationen zu team- und projektspezifischem Wissen, sowie deren
interindividueller Abgleich.
Die Entwicklung und Funktion gemeinsamer mentaler Repräsentatio-
nen in Teams wird erst seit kurzem erforscht. Probleme der Diagnose und
Unterstützung dieses Phänomens ergeben sich vor allem auf der
methodischen Ebene. Aus diesem Grund werden in einer explorativen
Fallstudie Methoden, welche teilweise aus benachbarten Forschungsfel-
dern entlehnt sind, an die spezifischen Bedürfnisse des Forscherteams
angepasst, und deren Brauchbarkeit in einem Pre-Posttest-Design
evaluiert. Sowohl bei der Methodenanpassung als auch während der
Anwendung wird eng mit den Teammitgliedern zusammen gearbeitet. In
diesem Sinne lässt sich die vorliegende Arbeit der Aktionsforschung
zuordnen. Die mentalen Veränderung sollen durch Reflektion und
Diskussion des rückgemeldeten Datenmaterials erreicht werden.
Die vorliegende schriftliche Ausarbeitung besteht aus folgenden
Kapiteln. Nach dem ersten einleitenden Kapitel wird im Kapitel 2 ein
theoretischer Überblick zu mentalen Repräsentationen auf individueller
und sozialer Ebene gegeben, sowie zur Aktionsforschung als leitendes
Forschungsparadigma. Im dritten Kapitel werden Studiendesign und
Durchführung beschrieben. Im Kapitel 4 folgt die Darstellung der
Methoden und Ergebnisse für die drei unabhängig voneinander erhobenen
Merkmale - teamspezifisches Wissen, projektspezifisches Wissen und
Teamklima. Im fünften und abschließenden Kapitel werden die Ergebnis-
se diskutiert, und es wird auf weitere Fragestellungen verwiesen.

THEORETISCHER HINTERGRUND
3
2. THEORETISCHER
HINTERGRUND
Im folgenden Kapitel der Arbeit wird ein Überblick über die Forschung zu
relevanten Themen gegeben. Im weiteren Verlauf wird der Problemraum
soweit eingegrenzt, dass sich konkrete und bearbeitbare Fragestellungen
ableiten lassen.
Im Kapitel 2.1 werden mentale Repräsentationen aus der allgemein-
psychologischen Sicht vorgestellt. Nach einer kurzen thematischen
Positionierung innerhalb der Informationsverarbeitungstheorien werden
mentale Repräsentationen anhand ihrer funktionalen Charakteristiken
beschrieben (Abschnitt 2.1.1). Es folgt ein Überblick über einige
theoretische Konzepte, wie Schemata, mentale Modelle, semantische
Raummodelle und Produktionssysteme (Abschnitt 2.1.2). Im Hinblick auf
das Thema der vorliegenden Arbeit interessieren dann besonders die
letzten beiden Abschnitte dieses Kapitels. Will man adäquate mentale
Repräsentationen bei Individuen unterstützen, muss man zunächst
Wissen über deren Entstehung und Entwicklung zusammentragen
(Abschnitt 2.1.3). Zum anderen erscheint für den diagnostischen
Anspruch dieser Arbeit ein Überblick über das Methodenportfolio des
Forschungszweiges notwendig (Abschnitt 2.1.4).
Ausgehend von dem allgemeinen Konstrukt der individuellen mentalen
Repräsentationen beschäftigt sich Kapitel 2.2 mit dessen Anwendung auf
Teams als soziale Entitäten. Die Vorgehensweise erfolgt ähnlich wie im
ersten Kapitel. Nach einem Überblick über die beteiligten Forschungsrich-
tungen werden Inhalt und Form geteilter mentaler Repräsentationen
innerhalb des Forschungsgebiets zur kollektiven Informationsverarbei-
tung beschrieben (Abschnitt 2.2.1). Anschließend wird speziell das
Konstrukt der Team Mental Models (TMMs) als zentraler Baustein dieser
Arbeit vorgestellt (Abschnitt 2.2.2). Wichtig für das weitere Verständnis
ist die Unterscheidung in aufgaben- und teamspezifisches Wissen
(Abschnitt 2.2.2.1 & 2.2.2.2) sowie die Funktion, optimale Ausprägung,
Entwicklung von und Unterstützungsmöglichkeiten für TMMs (Abschnitt
2.2.3 ­ 2.2.6). Analog zum ersten Kapitel stehen die Methoden zur
Erfassung von geteilten mentalen Repräsentationen am Ende der
Ausführungen (Abschnitt 2.2.7).

THEORETISCHER HINTERGRUND
4
Das letzte Theoriekapitel (2.3) unterscheidet sich von den beiden
Vorangegangenen, da es kein bestimmtes psychologisches Phänomen
fokussiert, sondern sich allgemein mit der Annäherung an solche
Phänomene beschäftigt. Es werden dabei Argumente gefunden, die
unbeteiligte und objektivistische Position der klassischen Wissenschafts-
theorie zu verlassen, und die unmittelbare Verknüpfung zwischen der
Anwendung wissenschaftlicher Kenntnisse und der Erkenntnisgewinnung
zu versuchen (Abschnitt 2.3.1). Als Vorgehensweise eignen sich dafür
Datenfeedbackverfahren (Abschnitt 2.3.2). Speziell die Gruppen-
Feedback-Analyse bietet sich als Vorlage für die zu bearbeitende
Fallstudie an, und soll deshalb näher beschrieben werden (Abschnitt
2.3.2.2).
Zum Abschluss des Theorieteils werden auf Basis der zusammenge-
fassten theoretischen Überlegungen die Fragestellungen generiert
(Kapitel 2.4).

Mentale Repräsentationen
5
2.1 Mentale
Repräsentationen
Als Repräsentation bezeichnet man die Abbildung bzw. das Modell eines
Originals. Nach Dutke (1994) gibt es drei Klassen von Originalen. Dazu
zählen Ereignisse und Phänomene der Außenwelt, mentale bzw.
innerpsychische Sachverhalte sowie gesellschaftliche Makrophänomene
wie Sprache und Recht. Soweit Daten über Originale wahrgenommen
werden, führt deren kognitive Verarbeitung zu internen oder externen
Repräsentationen. Dabei bildet die interne Repräsentation eine notwendi-
ge Voraussetzung für externalisierte Abbildungen in Form von Skizzen,
Graphiken, technischen Zeichnungen oder Schriftsprache. Trotz aller
methodischen Neuerungen (vgl. Kapitel 2.1.4) bleibt der empirische
Zugang zu internen Repräsentationen unbefriedigend. Während in der
Kognitionspsychologie Einigkeit darüber herrscht, dass Wissen über die
Welt im menschlichen Gedächtnis repräsentiert ist, wird die Frage nach
der Repräsentationsform meist sehr unterschiedlich beantwortet. Somit
handelt es sich bei den mentalen Repräsentationen bisher um ein rein
hypothetisches Konstrukt (Dutke, 1994; Wender, 1988).
Die methodische Unzugänglichkeit kognitiver Prozesse macht es
darüber hinaus schwer, die Abbildung psychischer Phänomene zu
erforschen. Nach dem Paradigma der Informationsverarbeitungstheorien
wird ein beobachtbarer Input vom kognitiven System im Verborgenen
einer ,,Black Box" verarbeitet, und anhand des Produktes (Output) lassen
sich Schlüsse über die Struktur und Arbeitsweise der ,,Black Box" ziehen
(Wender, 1988). Abbildung 1 zeigt das Konzept von Input, ,,Black Box"
und Output. Vor diesem pragmatischen Hintergrund stehen Definitionen
für mentale Repräsentationen, die sich lediglich auf die Abbildung
externer Gegenstände beziehen. Rouse und Morris (1986, S. 351)
beschreiben mentale Repräsentationen als "mechanisms whereby
humans are able to generate descriptions of system purpose and form,
explanations of system functioning and observed system states, and
predictions of future states." Im Vordergrund steht die Modellfunktionali-
tät hinsichtlich Systembeschreibung und Zukunftsvoraussagen. Ähnlich
sieht es Holyoak (1984, S.193), wenn er "psychological representation of
the environment and its expected behavior" betrachtet.

Mentale Repräsentationen
6
Ausgehend von dieser Perspektive werden im folgenden Abschnitt
ausgewählte Funktionen mentaler Repräsentationen näher erörtert, wie
z.B. Informationsfilterung und ­integration oder auch die angesprochene
Zukunftsvorhersage. Zusätzlich wird die Notwendigkeit einer funktionalen
Einbettung in ein ganzheitliches psychologische Verständnis deutlich
gemacht.
2.1.1
Funktionen mentaler Repräsentationen aus
Sicht der Informationsverarbeitungstheorie
Der bereits erwähnte Informationsverarbeitungsprozess beginnt mit der
Wahrnehmung externer Gegenstände. Dabei verhindern relativ statische,
als Filter wirkenden Strukturen mentaler Repräsentationen die Informati-
onsüberflutung und die damit verbundene Unsicherheit (Kluwe & Haider,
1990). Allerdings bewirkt ein zu starker oder inadäquater Filter auch das
Ignorieren neuer, fremder Informationen (Klimoski & Mohammed, 1994).
In einem nächsten Schritt wird die Integration und Organisation der
aufgenommenen Informationen und damit das Verstehen des externen
Sachverhalts ermöglicht (Dutke, 1994; Johnson-Laird, 1983). Darüber
hinaus haben mentale Repräsentationen Einfluss auf den Verlauf und das
Ergebnis von Problemlöse- und Entscheidungsprozesse (Kluwe, 1990a).
Auf der Basis von mentalen Repräsentationen lassen sich Hypothesen und
Enkodieren
Speichern
Schlussfolgern
Planen
Erklären
Entscheiden
usw.
Black Box
Sprache
Mimik
Gestik
Handlung
usw.
Output
Sehen
Hören
Fühlen
usw.
Input
Abbildung 1: Informationsverarbeitung (nach Wender, 1988)

Mentale Repräsentationen
7
Vorhersagen ableiten, wie auch Simulationen der zukünftigen Interaktio-
nen mit dem externen System durchführen (Brauner, 1994). Darauf
aufbauend ist die Planungen des eigenen Handelns möglich (Dutke,
1994). An diesem Punkt kommt es dann zu einem Output in Form
zielgerichteten und selbstgesteuerten Handelns.
Kognitive Wissensstrukturen sind aber nicht die einzigen Faktoren, die
in der ,,Black Box" wirken. So stellen Cranach und Bangerter (2000) fest,
dass Wissen eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für
menschliches Handeln darstellt. Es lassen sich einige, aber schwerlich alle
Wissenselemente ausmachen, die für eine beobachtbare Handlung
notwendig sind. Zusätzlich erscheint die Vorhersage von konkreten
Handlungen auf Basis von individuell festgestellten Wissenselementen
beinahe unmöglich. Je komplexer die Tätigkeiten werden, um so
vielfältiger werden die handlungsrelevanten Faktoren. Psychologischen
Handlungstheorien zufolge, erfolgt menschliches Handeln immer auf
Basis eines Zusammenspiels zwischen den kognitiven Repräsentationen
des Zielsystems, deren emotionalen Bewertungen sowie der subjektiven
Wahrnehmung der augenblicklichen materiellen und sozialen Systemsitu-
ation (Mandl, 1997).
Zusammenfassend lassen sich die Informationsselektion und ­
integration, die Unterstützung von Problemlöse- und Entscheidungspro-
zessen, die Vorhersage und Simulation von zukünftigen Systeminterakti-
onen und die Handlungsplanung zu den Funktionen der mentalen
Repräsentationen rechnen. Allerdings interagieren solche kognitiven
Strukturen immer auch mit Emotionen, Intentionen und dem situationa-
len Kontext.
2.1.2
Modelle mentaler Repräsentationen
Wissensrepräsentationen lassen sich grundsätzlich nach ihrem Inhalt oder
nach ihrer Form einteilen (Brauner, 1994; Tergan, 1986). Allerdings sind
beide Dimensionen nicht streng voneinander zu trennen. Auf der
inhaltlichen Dimension unterscheidet man zwischen deklarativem und
prozeduralem Wissen. Deklaratives Wissen beinhaltet Begriffe, Fakten,
Sachverhalte, Situationen und Ereignisse während prozedurales Wissen
auf Operationen und Prozeduren abhebt (Tergan, 1986). Ersteres ist

Mentale Repräsentationen
8
bewusstseinsfähig, verbalisierbar und entweder vorhanden oder nicht
vorhanden (Dutke, 1994). Prozedurales Wissen ist eher unbewusst
repräsentiert, schlecht verbalisierbar, in unterschiedlichen Ausprägungs-
graden vorhanden und dient zur Durchführung komplexer kognitiver oder
motorischer Handlungen (Cranach & Bangerter, 2000). Nach Mandl
(1997) umfasst es Regeln, wie und wann man das gespeicherte
deklarative Wissen am geeignetsten aufruft und anwendet. Die Umgang-
sprache verwendet dafür den Begriff know-how. In Analogie dazu kann
deklaratives Wissen als know-what bezeichnet werden. Eine zusätzliche
Kategorie wird von Koskinen (2001) vorgeschlagen. Er führt das know-
about als eine Art Metawissen ein. Zum internen Metawissen werden von
Brauner (2002) Wissenselemente gezählt, die einer Person Hinweise
geben, was sie an deklarativem Wissen zur Verfügung hat. Das
Metawissen stellt also eine Art interne Repräsentation über interne
Repräsentationen bzw. innerpsychische Originale dar.
Ebenfalls von Interesse für die vorliegende Arbeit ist die Unterschei-
dung zwischen implizitem und explizitem Wissen, die vor allem in der
Organisationspsychologie von Bedeutung ist. Implizites Wissen ist
subjektiv, kontextspezifisch, schwer kommunizierbar, wohingegen
explizites Wissen sich leicht mithilfe formalisierter Sprache vermitteln
lässt (Polanyi, 1985). Motorische Fertigkeiten (know-how) und kognitive
Elemente (mentale Modelle) machen laut Johnson-Laird (1983) das
implizite Wissen aus. Vergleichbar ist diese Einteilung mit der Unterschei-
dung in prozedurales (implizites) und deklaratives (explizites) Wissen.
Davon abweichend werden diese Termini in der Managementliteratur
gebraucht. Koskinen (2001) gebraucht eine dritte Stufe und nennt die
unbewusst wirkenden Steuerungsstrukturen tacit knowledge oder auch
automatisches Wissen. Implizites Wissen ist folglich ,,knowledge that can
be articulated but has not been done so" (Koskinen, 2001, S. 19).
Explizites Wissen ist zumindest schon einmal artikuliert worden oder
findet sich gar in Büchern, Formularen oder Bedienungsanleitungen
wieder. Abbildung 2 bietet eine graphische Darstellung dieser definitori-
schen Zusammenhänge.
Während sich die inhaltliche Unterteilung in deklaratives und prozedu-
rales Wissen als fruchtbar für die Entwicklung psychologischer Modelle

Mentale Repräsentationen
9
von mentalen Repräsentationen erwiesen hat (Tergan, 1986), wird in der
Forschungswelt die Art der Repräsentationsform weitaus intensiver
diskutiert. Zwei Sichtweisen haben sich etabliert, propositionale und
analoge Wissensrepräsentationen. Propositionen umfassen zueinander in
Beziehung stehende Wissenselemente, wobei die Relationen durch
(Sprach-)Symbole abgebildet werden (Dutke, 1994). Analoge Repräsen-
tationen hingegen bilden die Relationen zwischen den Elementen
räumlich analog zum Original ab.
Die folgenden Abschnitte behandeln die bekanntesten Modelle menta-
ler Repräsentationen. Dabei wird eine Einordnung anhand der verschie-
denen beschriebenen Dimensionen (deklarativ vs. prozedural,
propositional vs. analog, explizit vs. automatisch vs. implizit) vorgenom-
men.
2.1.2.1 Schemata
Schemata sind allgemein gültige Wissenseinheiten hoher interner
Kohärenz und für eine Vielzahl von Situationen gültig (Dutke, 1994;
Tergan, 1986). Sie repräsentieren typische Zusammenhänge eines
Realitätsbereichs und enthalten deklaratives Konzeptwissen sowie
implizit
Kann es leicht
artikuliert
werden?
Nein
Nein
Ja
Ja
Wissen
Ist es
artikuliert
worden?
explizit
automatisch
Abbildung 2: Wissensstruktur (nach Koskinen, 2001)

Mentale Repräsentationen
10
prozedurale Regeln darüber, wie dieses Wissen einzusetzen ist. Die
Aktivierung von Schemata erfolgt unbewusst zu einem bestimmten
Zeitpunkt und in Abhängigkeit von der speziellen Anforderungssituation,
in der sich die Person befindet. Mit dem aktivierten Schema verknüpfte
Wissenselemente werden aufgerufen und können auf die aktuelle
Situation angewandt werden. Gleichzeitig erfolgt eine Adaption des
Schemas sowie die Verknüpfung neu erworbenen Wissens. Es existieren
Vernetzungen zwischen hierarchisch organisierten (Sub-)Schemata.
2.1.2.2 Mentale
Modelle
Mentale Modelle können zusammen mit Vorstellungen, kognitiven Karten
und ikonischen Repräsentationen zu der Klasse der analogen Repräsenta-
tionssysteme gezählt werden (Brauner, 1994; Tergan, 1986). Allerdings
herrscht in der Wissenschaftsgemeinschaft wenig Einigkeit bei der
Verwendung von mentalen Modellen. Dadurch lassen sich die einzelnen
Konzepte der Autoren nur unzureichend abgrenzen. So verwendet Kluwe
(1990b) mentale Modelle synonym mit subjektiven Theorien, welche von
Tergan (1986) bei den semantischen Raummodellen angesiedelt werden.
Größere Verwirrung entsteht, wenn Lüer und Spada (1990) mentale
Modelle als mentale Repräsentationen schlechthin ansehen.
Eine recht detaillierte Definition mentaler Modelle liefert Dutke (1994).
Danach sind sie anschaulich bzw. vorstellbar aber nicht zwangsläufig
bildhaft. Zum Teil bilden analoge, aber auch propositionale oder
symbolische Repräsentationen die Wissensbasis. Diese Aussage deckt
sich mit der von Koskinen (2001), nach der sowohl explizites als auch
automatisches Wissen in mentalen Modellen enthalten ist. Weiter nimmt
Dutke an, dass die Art der Repräsentation eines mentalen Modells vom
Verwendungszweck, der situativen Anforderung sowie von den Kompe-
tenzen und Intentionen des Individuums abhängt. Mentale Modelle sind
deshalb von eher kurzer Lebensdauer. Die dynamische Simulation
mentaler Modelle ist möglich. Damit ist das gedankliche Durchspielen
oder Probehandeln gemeint. Während des Simulationsprozesses erfährt
das mentale Modell weitere Veränderungen. Analogien sind Spezialfälle
mentaler Modelle, bei denen lediglich die Relationen eines internen
Basisbereichs auf das Modell eines neuen Zielbereichs übertragen

Mentale Repräsentationen
11
werden. Die Elemente selber bleiben dabei unberührt. Die Anwendbarkeit
der Basisrelationen für den Zielbereich wird anhand von langlebigen
Gedächtnisschemata geprüft. Solche Schemata sind abstrakter als der
Basis- und Zielbereich. Die genannten Charakteristika mentaler Modelle
basieren nicht auf einer einzigen Theorie, sondern auf unterschiedlichen,
teils hypothetischen, teils empirisch belegten Ansätzen, die sich zu einem
gemeinsamen Rahmenkonzept zusammenfassen lassen.
Ähnlich wie Dutke betrachtet Steiner (1988) mentale Modelle nicht als
eine Teilmenge von oder äquivalent mit analogen Repräsentationsformen.
Er sieht sie eher als Erweiterung. Der Fokus liegt dabei auf dem Prozess
der Veranschaulichung. Veranschaulicht werden dabei kausal-
mechanische aber auch ökonomisch-organisatorische Zusammenhänge
eines Phänomenbereichs. Räumliche Relationen zwischen einzelnen
Wissenselementen bilden die Struktur ab. Diese kann mit zunehmendem
Komponentenwissen durch funktionelles Wissen überlagert werden. Lässt
sich beim Veranschaulichen die Gesamtheit aller topologischen und
kausalen Relationen zu einem gemeinsamen Ganzen integrieren, spricht
man in Abgrenzung zur analogen Repräsentation von einem mentalen
Modell.
2.1.2.3
Semantische Raummodelle und semantische Netze
Semantische Raummodelle sind nach Brauner (1994) propositionale
Repräsentationen und damit aus Konzepten aufgebaute, diskrete
Sinneinheiten. Propositionen bestehen aus Argumenten (Konzepte wie
z.B. Objekt- oder Zeitbegriffe) und einem Prädikat (Relationskonzept in
Form von einem Verb, Adjektiv oder einer Konjunktion) als Verbindungs-
glied zwischen den Argumenten (Tergan, 1986). Die Relationen sind
gerichtet und benannt. Zwei Argumente können durch mehrere
unterschiedliche Relationen verknüpft sein. Mehrere Propositionen lassen
sich in Netzwerken zusammenfassen und werden damit auch räumlich
darstellbar. Der Nutzen von Propositionen liegt in ihrer Abbildungsleis-
tung von Bedeutungen deklarativer Wissenskomponenten.

Mentale Repräsentationen
12
2.1.2.4 Produktionssysteme
Prozedurales Wissen ist in Form von regelbasierten Repräsentationssys-
temen darstellbar (Brauner, 1994). Solche Systeme lassen sich als
Bedingungs-Aktions-Einheiten beschreiben (Tergan, 1986). Mit ihrer Hilfe
können Zustandsabfolgen eines Informationsverarbeitungsprozess
aufgezeigt werden. Im Gegensatz zu Modellen von statisch-deklarativem
Wissen basieren Produktionssysteme auf der Annahme dynamischer
Wissensstrukturen.
2.1.2.5 Modellintegration
Die Eigenschaften der beschriebenen psychologischen Modelle zum
Konstrukt der mentalen Repräsentationen sind in Tabelle 1 zusammenge-
fasst. Deutlich wird dort die mangelnde Unterscheidbarkeit der Modelle
auf Basis einzelner Attribute. Die Entscheidung für eines dieser Modelle
fällt deshalb schwer. Hilfreich sind da Ansätze, die von multiplen
Repräsentationsformen ausgehen (Dutke, 1994). Abhängig von
spezifischen Wahrnehmungs- und Reaktionsmodi kommen die adäquaten
Repräsentationen zur Anwendung. Somit tritt der funktionale Aspekt
eines Modells stärker in den Vordergrund. Funktionale Überlegungen
scheinen im Kontext einer anwendungsorientierten Arbeit nützlich, vor
allem im Hinblick auf die Ökonomie der Erhebungsmethoden (vgl.
Abschnitt 2.1.4 & 2.2.7). Aus diesem Grund wird das Konzept deklarati-
ver bzw. propositionaler Repräsentationen innerhalb der semantischen
Raummodelle für geeignet gehalten.
Tabelle 1: Zusammenfassung der Modellcharakteristika
Schemata Mentale
Modelle
Semantische
Raummodelle
Produktions-
systeme
allgemein situativ domainspezifisch
langlebig kurzlebig langlebig/kurzlebig langlebig
deklarativ &
prozedural
analog &
propositional
deklarativ &
propositional
prozedural
unbewusst vorstellbar bewusstseinsfähig unbewusst
vernetzt diskret vernetzt regelhaft
---------- simulierbar
simulierbar dynamisch

Mentale Repräsentationen
13
2.1.3
Entstehung und Entwicklung mentaler
Repräsentationen
Das menschliche Handeln ist von essentieller Bedeutung für den
Wissenserwerb (Cranach & Bangerter, 2000). Allgemein bekannt ist das
Lernen aus Fehlern, bei dem vor allem zielgerichtetes Handeln den
größten Wissenszuwachs verspricht. Fehler bewirken Widersprüche in den
Modellannahmen, Widersprüche erzeugen Spannungen und damit unter
Umständen die Motivation zur Veränderung (Festinger, 1978). Ziel der
Wissensakkumulation ist ein konsistentes Abbild des Phänomenbereichs
(Kluwe, 1990).
Die dafür erforderliche Integrationsleistung kann als Transformations-
prozess beschrieben werden (Dutke, 1994). Wahrgenommene Daten
werden in mentale Codes umgewandelt. Damit sind subjektive Informati-
onen gemeint, die sich im weiteren Verlauf zu Wissen verarbeiten lassen.
Um die Gedächtnisleistung zu erhöhen, verfügt der Mensch über die
Fähigkeit des chunking (Kluwe, 1990a). Damit ist das Verknüpfen von ca.
4-7 Wissenseinheiten zu einer einzelnen integrierten ganzen gemeint.
Dieses psychologische Phänomen basiert auf dem menschlichen Streben
nach Effizienz im Informationsverarbeitungsprozess. Ein solches Streben
kann aber unter Umständen auch negative Auswirkungen zeigen. So sind
für ein Individuum nützliche, weil funktionierende mentale Modelle
schwer zu verändern, auch wenn sie den Gegenstandsbereich unange-
messen oder unvollständig abbilden. Als Ursache dafür wird angenom-
men, dass mit dem kognitiven Aufwand der mentalen Veränderung ein
klarer und unmittelbarer Nutzen für die Person einhergehen muss (Dutke,
1994). Interessant ist in dieser Hinsicht auch die Aussage von Steiner
(1988), dass das Externalisieren interner Repräsentationen in Form von
Zeichnungen oder Skizzen die Belastung für das Arbeitsgedächtnis beim
Lernen und Problemlösen vermindert. Dieser Effekt ist von besonderer
Bedeutung für Versuchpersonen bei der Erhebung mentaler Repräsentati-
onen in realen Lern- oder Arbeitskontexten (vgl. Kapitel 2.3).

Mentale Repräsentationen
14
2.1.4
Methoden zur Erfassung mentaler
Repräsentationen
Außer über die theoretischen Modelle, Funktionen und
Entwicklungsprozesse mentaler Repräsentationen, lässt sich das
Konstrukt noch über einen vierten Zugang verstehen, beschreiben und
abgrenzen. Über die Betrachtung der allgemein anerkannten
Meßmethoden kann abgeleitet werden, was die vorherrschende
Forschergemeinde unter mentalen Repräsentationen versteht. Ein solches
Verständnis soll im folgenden Abschnitt vermittelt werden. Darüber
hinaus wird mit einer allgemeinen Betrachtung des methodischen
Zugangs zu mentalen Repräsentationen bereits auf das Empiriekapitel
vorgegriffen.
Vor allem die unbewusst abgebildeten mentalen Repräsentationen von
prozeduralem bzw. implizitem Wissen entziehen sich der sprachlich
gestützten Erhebung (Engelkamp & Pechmann, 1988). Hier bleibt die
Beobachtung des Outputs der einzige Zugang zur Black Box. Auch bei
deklarativen, verbalisierbaren Wissenselementen ergeben sich verschie-
dene Probleme. So sollten z.B. Sprachzeichen intersubjektiv auf Gleiches
verweisen, um eine eindeutige Verständigung zu ermöglichen. Nelson
(1985) teilt die Kompatibilität von Begrifflichkeiten in drei verschiedene
kommunikative Dimensionen. Zunächst ist die Koordination individuell
repräsentierter Konzepte mit denen der Kommunikationspartner
notwendig. Aufgrund der Kontextabhängigkeit von realer Verständigung
wird die Koordination der interindividuell unterschiedlichen Situationsin-
terpretation erforderlich. Die dritten Ebene der konventionellen Bedeu-
tung umfasst den Abgleich individueller Lexika mit dem gemeinsamen
kulturellen Domainlexikon.
Auf jeder dieser Dimensionen kommt es in der Alltagskommunikation
zu Koordinationsverlusten. Diese werden teilweise durch parallele
Kommunikationskanäle wie Gestik, Mimik und Betonung ausgeglichen.
Zudem findet ein ständiger Rückversicherungsprozess statt (Clark &
Schaefer, 1987). Die im folgenden zu erläuternden Methoden verfolgen
das Ziel, intern repräsentierte Wissenselemente in kontrollierter und
standardisierter Form abzubilden. Der wissenschaftliche Anspruch darf
aber nicht darüber hinwegtäuschen, das sprachliche Codes selten

Mentale Repräsentationen
15
eindeutig verwendet werden.
Der Methodenpool ist dagegen relativ reichhaltig und erstreckt sich
von dynamischen on-line-Verfahren wie dem Lauten Denken, Protokollen
und der Retrospektion, über offene Interviews und Befragungen
(Brauner, 1994) bis hin zu zunehmend standardisierten Verfahren wie
das Konstruktgitterverfahren (Slater, 1977), concept mapping (Endsley &
Georgia, 2000), Kategorisieren, Assoziieren, sowie die Struktur-Lege-
Technik (Brauner, 1994; Tergan, 1986).
Aus den Daten der letztgenannten Erhebungstechniken lassen sich
semantische Netzwerke automatisch generieren, bzw. sie sind bereits Teil
der Erhebung. Solche Netzwerke werden anhand bestimmter Parameter
beschreibbar, wie zum Beispiel die Anzahl und Art der Knoten und
Kanten, Stärke der Kanten, Anzahl der Relationen pro Knoten, Distanz
zwischen den Knoten, Grad der Vernetzung, Hierarchieniveau oder
Differenzierungsgrad (Tergan, 1986). Knoten sind hier als Synonyme von
Argumenten bzw. Begriffen zu verstehen. Kanten bezeichnen deren
Relationen bzw. Prädikate. Anhand der genannten Parameter kann die
Übereinstimmung empirischer Netze mit einer theoretisch entworfenen
Kriteriumsstruktur nur eingeschränkt bestimmt werden, da in realen
Kontexten selten klar strukturierte Phänomene vorliegen und somit kein
valides Kriterium zur Verfügung steht (Brauner, 1994). In einem solchen
Fall bieten sich auf intraindividueller Ebene Veränderungsparameter an,
wie die Art und Anzahl der Umstrukturierungen.
Im allgemeinen sind Netzwerke jedoch eher für die Abbildung formal-
logisch strukturierter Originale (z.B. physikalische Phänomene) geeignet.
Das hat seine Ursache in der oben beschriebenen, problematischen
Annahme einer eindeutigen Begriffssprache. Eine methodische Lösung
des Problems haben Scheele und Groeben (1984) mit dem Konzept des
Dialog-Konsens vorgelegt. Im Rahmen der von ihnen entwickelten
Heidelberger-Struktur-Legetechnik (H-SLT) versuchen sie damit selbst zu
impliziten Wissenskomponenten subjektiver Theorien Zugang zu finden.
Mit dem Dialog-Konsens ist das aktive Bemühen des Forschers um einen
Konsens mit dem Probanden gemeint, und zwar in Form von Überein-
stimmungen zwischen der semantischen Netzstruktur des Probanden,
und der des Forschers. Hierbei ist im Vergleich zur automatischen

Mentale Repräsentationen
16
Generierung von semantischen Netzen aus Assoziationsdaten o.ä. als
wesentlicher Vorteil zu sehen, dass die Probanden in die Lage versetzt
werden, aktiv die Ergebnisstruktur zu beeinflussen.
2.1.5 Zusammenfassung
Mentale Repräsentationen sind als psychische Abbilder von Systemeigen-
schaften und ­interaktionen eingeführt worden. Ausgehend von
Informationsverarbeitungstheorien wurde ihnen strukturelle Einflüsse auf
unterschiedliche kognitive Prozesse zugeschrieben, welche wiederum im
Zusammenspiel mit Emotionen, Intentionen und situationalen Aspekten
das menschliche Planen, Entscheiden und Handeln bestimmen.
Da die tatsächlichen innerpsychischen Strukturen dem Betrachter
weitestgehend verborgen bleiben, wird die Modellbildung über die
Analyse von Input und Output verfolgt. Vier bedeutende Modelle über
mentale Repräsentationen wurden vorgestellt, Schemata, mentale
Modelle, semantische Raummodelle und Produktionssysteme. Diese
Modelle lassen sich zum Teil anhand ihrer inhaltlichen und formalen
Annahmen voneinander abgrenzen. Sie unterscheiden sich inhaltlich
hinsichtlich deklarativer und prozeduraler Wissenselemente sowie nach
ihrer propositionalen bzw. analogen Repräsentationsform. Eine eindeutige
theoretische Entscheidung für eines der Modelle lässt sich nicht treffen.
Für die vorliegenden Arbeit wird sich eher pragmatisch für die Konzeption
der semantischen Raummodelle entschieden.
Als Triebkraft für die Entwicklung und Veränderung mentaler Reprä-
sentationen wurde die kognitive Homöostase genannt, also die Wider-
spruchsfreiheit von miteinander konfrontierten Wissenselementen. Bei
der Herstellung einer solchen Spannungsfreiheit wurde der Mensch als
homo ökonomicus beschrieben, der immer versucht ist, seinen kognitiven
Aufwand zur Problemlösung so gering wie möglich zu halten.
Als problematisch bei der wissenschaftlichen Annäherung an die
Modellierung mentaler Repräsentationen wurde die Schlussfolgerung auf
nichtsprachliche innerpsychische Strukturen auf Basis von sprachlichen
oder symbolischen In- und Output beschrieben. Vor diesem Hintergrund
wurden der methodische Ansatz der Struktur-Lege-Technik als Alternati-
ve zu Interviews, Fragebögen, Assoziationsmethoden etc. begrüßt.

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
17
2.2
Geteilte mentale Repräsentationen in
Teams
Im Kapitel 2.1 wurden mentale Repräsentationen auf individueller Ebene
betrachtet. Nachdem dieser Forschungsbereich zu Beginn der 80er Jahre
seinen Aufschwung vor allem durch die Arbeiten von Johnson-Laird
(1983) erfahren hatte, häuften sich in den 90er Jahren erste, zumeist
konzeptuelle Beiträge zu mentalen Repräsentationen auf Gruppenniveau.
Die Entstehungsphase dieses neuen Forschungsfelds zeichnet sich durch
eine ausgeprägte Begriffsvielfalt aus. So zählen zwei angloamerikanische
Überblicksartikel folgende Konzepte auf: shared mental models, common
cause maps, shared frames, teamwork schemas, transactional memory,
socio-cognition (Klimoski & Mohammed, 1994); team knowledge, shared
knowledge, shared mental models, shared cognition, shared understand-
ing (Cooke, Salas, Cannon-Bowers & Stout, 2000).
Eine überschaubare Unterteilung des Forschungsfeldes zu geteilten
Repräsentationen bietet nach Fisher (2002) der Prozess gemeinsamer
Wissenskonstruktion. In seinem Überblicksartikel unterscheidet der Autor
vier verschiedene Perspektiven. Die soziogenetische Perspektive
entstammt der Forschungstradition von Piaget und postuliert Spannungen
beim Auftreten widersprüchlicher Wissenselemente (vgl. Abschnitt 2.1.3).
Das kognitive Gleichgewicht kann durch kognitive Restrukturierung, aber
auch durch Ignorieren von Informationen oder unreflektierte Übernahme
der fremden Sichtweise (Imitation) wiedererlangt werden. Eine Grundan-
nahme der soziokulturellen und situierten Perspektive ist, dass die
Entwicklung aller höheren psychischen Funktionen, wie Denken,
Problemlösen und Erinnern soziokulturell vermittelt wird. Die Art und
Weise, in welcher Wissen in Gruppen sozial geteilt und konstruiert wird,
bildet die zentrale Fragestellung dieses Ansatzes. Die bereits im Kapitel
2.1 angesprochene kognitive Perspektive der Informationsverarbeitung,
betrachtet Kooperation und Kommunikation als eine unter vielen
Unterstützungsmöglichkeiten zur Integration neuer Informationen in
bereits individuell vorliegende Wissensstrukturen.
Die vierte Perspektive stellt die kollektive Informationsverarbeitung

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
18
dar, welche die Gruppe als informationsverarbeitendes System betrach-
tet. Hier lässt sich eine weitere Unterteilung vornehmen.
Eine prozessorientierte Herangehensweise verfolgt das Forschungsge-
biet der sozialen Kognitionen, wobei Kommunikation die zentrale Form
von Informationsverarbeitung darstellt. Der Einfluss mentaler Modelle auf
überindividuelle Gedächtnissysteme wie z.B. Transactive Memory
Systems ist von besonderem Interesse (Moreland, Argot & Krishan,
1996; Wegner, 1987). Dabei wird die Verankerung innerhalb der
Kognitionspsychologie betont: "Social cognition shares both the
perspective and many of the basic assumptions and methods of the
larger field of cognitive psychology" (Larson & Christensen, 1993, S.5).
Ein zweiter Forschungszweig konzentriert sich auf den Output der
Informationsverarbeitung in Form von Gruppenentscheidungen (Cannon-
Bowers, Salas & Converse, 1993; Stasser & Steward, 1992), Koordination
und Teamleistung (Cannon-Bowers et al., 1993; Klimoski & Mohammed,
1994; Mathieu, Heffner, Goodwin, Salas & Cannon-Bowers, 2001; Stout,
Cannon-Bowers, Salas & Milanovich, 1999). Hinsz, Tindale und Vollrath
(1997) legen eine Analogie zwischen der unzugänglichen Informationsve-
rarbeitungs-"Box" des Individuums und der beobachtbaren Informations-
verarbeitung auf Gruppenebene nahe. Die Autoren definieren "group-
level information processing as the degree to which information, ideas, or
cognitive processes are shared ... among group members and how this
sharing of information affects both individual- and group-level outcomes"
(Hinsz et al., 1997, S.53). Als Forschungsobjekte dienen hier bislang
vorrangig unter hohem Zeitdruck arbeitende Expertenteams, die
komplexe, jedoch relativ konkrete Aufgaben und wechselnde Informati-
onsinputs auf der Ebene des Kurzzeitgedächtnisses zu bewältigen haben.
Darüber hinaus wird versucht, Informationsverarbeitung auf
organisationaler Ebene zu erforschen (Koskinen, 2001). Hierbei werden
drei verschiedene Ansätze verfolgt. Der kognitionspsychologisch geprägte
Ansatz versteht Organisationen als offene Systeme, die Wissen in Form
von Repräsentationen ihrer Umgebung entwickeln. Wesentliche Vorgänge
sind dabei die Akkumulation (Ansammlung) und Weitergabe von Daten.
Die Begriffe Daten, Informationen und Wissen werden synonym

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
19
verwandt. Im Gegensatz dazu werden beim autopoietischen
1
Ansatz
Informationen und Wissen als Daten innerhalb eines Kontexts aufgefasst.
Systemgrenzen sind lediglich für die reinen Daten offen. Wissen lässt sich
nicht übertragen, sondern ausschließlich erarbeiten. Als Veranschauli-
1
Autopoiese ist die Fähigkeit, sich selbst zu erhalten, zu wandeln und zu
erneuern.
Perspektive der
kollektiven
Informations-
verarbeitung
Soziogenetische
Perspektive
Kognitive
Perspektive
Mentale
Repräsentationen
Soziokulturelle
und situierte
Perspektive
Prozessorientierte
Herangehensweise
Kommunikation
Organisationale
Herangehensweise
Ergebnisorientierte
Herangehensweise
Entscheidungen
Koordination
Leistung
Autopoietischer
Ansatz
Konnektionistischer
Ansatz
Kognitiver Ansatz
Abbildung 3: Überblick über Forschungsfelder zu mentalen
Repräsentationen

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
20
chung können Zuhörer eines Vortrages dienen. Von ihnen werden
unterschiedliche Informationen akkumuliert, obwohl die hörbare Rede des
Dozenten, also die Datenbasis für beide die gleiche ist. In Arbeiten mit
konnektionistischem Ansatz werden Informationsverarbeitungsprozesse
ebenfalls für kontextabhängig erachtet, die Organisationsstrukturen
jedoch netzförmig beschrieben. Im Fokus des Interesses stehen dort vor
allem die Relationen zwischen den Individuen.
Abbildung 3 gibt einen graphischen Überblick über die beschriebene
Struktur des Forschungsgebietes. Die vorliegende Arbeit lässt sich am
ehesten dem konnektionistischen Ansatz zuordnen, baut jedoch auch auf
Erkenntnisse und Methoden der übrigen Ansätze und Forschungsrichtun-
gen auf. Im folgenden Abschnitt 2.2.1 wird erläutert, wie sich die
inhaltlichen und formalen Modellannahmen aus der allgemeinen
Psychologie auf soziale Entitäten übertragen lassen. Im Anschluss wird
das Konzept der Team Mental Models (TMM) als zentrales Konstrukt der
vorliegenden Arbeit vorgestellt (Abschnitt 2.2.2). Es folgen weitere
Ausführungen zu den Funktionen, der optimalen Ausprägung und der
Entwicklung von TMMs sowie zu Unterstützungsmöglichkeiten (Abschnitte
2.2.3 ­ 2.2.6). Nach einem Überblick über verbreitete Methoden zur
Annäherung an geteilte mentale Repräsentationen (Abschnitt 2.2.7)
endet das Kapitel mit einer Zusammenfassung (Abschnitt 2.2.8).
2.2.1
Inhalt und Form geteilter mentaler Repräsen-
tationen
Innerhalb des vorgestellten Forschungsgebiets kollektiver Informations-
verarbeitung wird vor allem das Konzept der mentalen Modelle verbreitet.
Der Begriff wird oft unterschiedlich, und nicht immer in Übereinstimmung
mit der traditionellen Kognitionspsychologie verwendet. Grundsätzlich
werden sowohl deklaratives als auch prozedurales Wissen als interindivi-
duell kommunizierbar, und somit als Bestandteile geteilter mentaler
Repräsentationen angesehen (Klimoski & Mohammed, 1994). Zusätzlich
erwähnen Cooke et al. (2000) strategische Inhalte als eine selbständige
Wissenskategorie. Damit sind übergeordnete Aufgabenstrategien gemeint
sowie Wissen darüber, wann diese Strategien anzuwenden sind
Hinsichtlich der Form lassen sich Parallelen zwischen der Veranschau-

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
21
lichung kausal-mechanischer Systemzusammenhänge (vgl. Abschnitt
2.1.2.2) und Komponentenabhängigkeiten finden, die laut Endsley und
Georgia (2000) neben Systemfunktionen, -eigenschaften und -verhalten
als mentale Modelle repräsentiert werden. Für Cannon-Bowers et al.
(1993) ist ein mentales Modell mehr als ein diskretes, bildhaftes Objekt,
und lässt sich im Geiste anhand bestimmter Parameter manipulieren. Bei
beiden lässt sich die Tendenz erkennen, mentale Modelle als bewusst-
seinsfähige und überwiegend bewusst genutzte Repräsentationsform zu
behandeln. Diese Tendenz liegt in der Annahme begründet, dass mentale
Modelle explizit verhandelt und im strengen Sinne auch angenommen
werden müssen, um als geteilt gelten zu können (Levine, Resnick &
Higgins, 1993). Eine nachweisbare interindividuelle kognitive Überein-
stimmung reicht nicht aus, um von shared mental models zu sprechen.
Ein Mindestmaß an Bewusstsein ist notwendig. Verwirrend ist, dass das
Konstrukt der shared mental models oft auch in Form von gemeinsamen
Scripten oder Schemata beschrieben wird. Klimoski und Mohammed
(1994) bemerken dazu relativierend, dass die angenommene Form
mentaler Repräsentationen häufig ein Artefakt der verwendeten Methode,
sowie der anvisierten Fragestellung darstellt.
Wie in den bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist, sind
inhaltliche, formale oder begriffliche Einheitlichkeit bei der wissenschaftli-
chen Betrachtung mentaler Repräsentationen nicht gegeben. Im
folgenden Abschnitt wird eine vergleichsweise detaillierte und integrierte
Konstruktbeschreibung vorgestellt. Dabei wird sich dem Konstrukt ähnlich
dem Kapitel 2.1, über Wissensinhalte, Repräsentationsfunktionen,
optimale Ausprägungen und Weiterentwicklungen genähert.
2.2.2
Team Mental Models
Laut Klimoski und Mohammed (1994) erlangt das von ihnen vorgestellte
Konstrukt des Team Mental Model (TMM) wachsende Bedeutung in der
Organisationspsychologie. Die Konstruktbeschreibung ist auch eher
pragmatisch als grundlagenwissenschaftlich orientiert. Erste Annahmen
über die Repräsentationsform beschreiben TMMs als Sets von Konzepten,
die im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Diese Sets sind sehr
wahrscheinlich semantisch organisiert. Somit reflektieren TMMs die

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
22
Bestrebungen von Individuen, Wissen zu kategorisieren. TMMs haben
Repräsentationen von Aufgaben, Situationen, Antwortmustern oder
Arbeitsbeziehungen zum Inhalt, oder zielen auf internalisierte Überzeu-
gungen, Annahmen und Wahrnehmungen ab.
Cooke et al. (2000) sind in einem Überblicksartikel der begrifflichen
Logik nachgegangen, um das Konstrukt der Team Mental Models von
shared cognitions abzugrenzen. Die dabei unterschiedenen Forschungs-
teilgebiete werden in Abbildung 4 wiedergegeben. Die Autoren unter-
scheiden mit dem Begriff Team die Forschungsdomäne zu TMMs von
Arbeiten zu Dyaden (Clark & Schaefer, 1987) und Gruppen (Hinsz et al.,
1997). Teams sind eine Teilmenge von Gruppen, bestehend aus
interdependenten Personen, die innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens
kooperativ und mit klar umrissenen Rollen und Verantwortlichkeiten auf
ein gemeinsames Ziel hinarbeiten (Cannon-Bowers et al., 1993; Cooke et
al., 2000). Zu den Aufgaben von Teams gehören gemeinsame Entschei-
dungen, Problemlösungen, Informationserinnerung und -verarbeitung,
Planung und Wissensgenerierung.
Der Ausdruck shared wird vermieden, weil damit zum einen das, bei
allen Teammitgliedern (TMs) gleichermaßen vorhandene Wissen gemeint
Team Cognition
Team Decision
Making
Team Situation
Awareness
Team
Knowledge
Team
Situation
Models
aufgaben- und teamspezifische
Inhalte
Team Mental Models
Durch Teamerleben, Trainings oder
Diskussionen erworben
langlebig
Abbildung 4: Einordnung und Abgrenzung von TMMs und verwandten
Forschungsthemen.

Geteilte mentale Repräsentationen in Teams
23
sein kann, zum anderen aber auch die Aufteilung einzelner Wissensele-
mente auf bestimmte Individuen. Dem breiteren Konstrukt cognition wird
der Begriff knowledge vorgezogen, da ersteres solche Phänomene wie
Teamentscheidungen oder Situation Awareness mit einschließt. Unter
dem, so entstandenen Begriff Team Knowledge lassen sich nun TMMs von
Team Situation Models (TSMs) abgrenzen. Im Gegensatz zu den
dynamisch veränderlichen TSMs des Kurzzeitgedächtnisses sind TMMs
langlebig und situationsunabhängig. TSMs werden während der
Aufgabenerfüllung unter Nutzung von TMMs und situationaler Hinweisrei-
ze entworfen.
Tabelle 2: Multiple Mental Models in Teams (Cannon-Bowers et al., 1993,
S.233)
Type of Model
Knowledge Contents
Equipment Model
Equipment functioning
Operating procedures
Equipment limitations
Likely failures
Task Model
Task procedures
Likely contingencies
Likely scenarios
Task strategies
Environmental constraints
Team Interaction Model
Roles/responsibilities
Information sources
Interaction patterns
Communication channels
Role interdependencies
Team Model
Teammates' knowledge
Teammates' skills
Teammates' abilities
Teammates' preferences
Teammates' tendencies
TMMs beziehen sich auf aufgaben- und teamspezifisches Wissen. Die
Tabelle 2 zeigt eine detailliertere Unterteilung der Wissensinhalte von
Cannon-Bowers et al. (1993), wobei das Task Model aufgabenspezifi-
sches, und das Team Interaction Model gemeinsam mit dem Team Model
teamspezifisches Wissen abbildet. In den folgenden Abschnitten werden
die Charakteristika von aufgaben- und teamspezifisches Wissen genauer
erläutert. Das Wissen um Equipment wie Soft- und Hardware wird

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832473785
ISBN (Paperback)
9783838673783
DOI
10.3239/9783832473785
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Berlin – V - Verkehrs- und Maschinensysteme
Erscheinungsdatum
2003 (November)
Note
1
Schlagworte
team-mental-model gruppen-feedback-analyse aktionsforschung struktur-lege-technik
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Titel: Diagonse und Unterstützung mentaler Wissensrepräsentationen in Projektteams
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