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Stakeholder Management

Wertorientierte Steuerung als strategische Herausforderung für Kreditgenossenschaften

©2003 Bachelorarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Praxis liefert ein aktuelles und passendes Beispiel dafür, welches Potential in der gezielten Einbeziehung strategischer Anspruchsgruppen in die Geschäftspolitik einer Bank schlummert: Die Citibank steuert im Jahr 2003 auf ein Rekordergebnis zu, und das ausgerechnet mit ihrem Privatkundengeschäft. Für die Citibank bedeutet dies trotz der Strukturkrise der Banken eine Gewinnsteigerung vor Steuern um 12,5 %, ein Cost-Income-Ratio von gerade mal 41 und eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von sagenhaften 42 %. Das Erfolgsgeheimnis liegt in der Philosophie von Citibank-Chefin Christine Licci . Mit ihrer außergewöhnlichen Orientierung an den Anforderungen von Mitarbeitern und Kunden lebt sie in den Grundzügen eine bereits bekannte, aber bisher unterdurchschnittlich beachtete Konzeption, welche wesentlich zur Steigerung des wirtschaftlichen Erfolges von Unternehmen beitragen kann – das Stakeholder Management. Damit fungiert die Lady an der Spitze der Düsseldorfer Citibank als innovative Vorreiterin einer modernen Neuauslegung der Stakeholder Philosophie und glänzendes Vorbild für viele weitere Kreditinstitute.
Die Banken stehen als Unternehmung in ständigen Kontakt mit verschiedenen internen oder externen Personengruppen wie beispielsweise Kunden, Mitarbeitern oder Eigenkapitalgebern. Unterstellt man, dass Banken, wie jedes Unternehmen, gegründet werden, um Werte zu schaffen, dann stellen sich bei Präzision dieser Funktion allerdings die Fragen, welche Art von Wert für wen und auf welche Weise geschaffen werden soll. Bilden die Sicherung der Existenz und der ökonomische Erfolg für die Kreditinstitute die obersten Maximen, dann ergibt sich das Problem, dass die Personengruppen, die zur Erfüllung dieser Ziele beitragen, ganz unterschiedliche Vorstellungen von Werthaltigkeit für die Aufrechterhaltung ihrer Beziehungen zur Bank zugrunde legen. Soll der ökonomische Erfolg gesteigert werden und will sich ein Kreditinstitut entsprechend am Markt positionieren, dann wird die Analyse dieser Beziehungen sowie die Berücksichtigung der Wertvorstellungen dieser Gruppen in der Geschäftspolitik zum strategischen Erfolgsfaktor eines modernen Managements.
Zielsetzung dieser Arbeit ist es nun, die Bedeutung des in der Betriebswirtschaftslehre bereits bekannten Stakeholder Ansatzes für die unternehmerische Neuorientierung und das Management komplexer Beziehungsnetzwerke aufzuzeigen sowie die Konzeption, angepasst auf […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7373
Stützer, Thomas: Stakeholder Management - Wertorientierte Steuerung als strategische
Herausforderung für Kreditgenossenschaften
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Berufsakademie für Bankwirtschaft, Berufsakademie, BA-Thesis/Bachelor, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis Seite
Abbildungsverzeichnis... III
Tabellenverzeichnis... IV
Abkürzungsverzeichnis... V
1 Einleitung...
1
1.1 Problemstellung...
1
1.2 Zielsetzung der Arbeit...
1
1.3 Aufbau der Arbeit...
2
2 Wertvorstellungen im Wandel ­ Notwendigkeit zur unter-
nehmerischen Neuorientierung...
3
2.1 Von der Industrie- zur Informationsgesellschaft ­ Die
Herleitung des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses...
3
2.2 Bedeutung für die Unternehmung...
6
3 Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung...
9
3.1 Definition und Ziel der wertorientierten Banksteuerung...
9
3.2 Objekt der wertorientierten Steuerung ­ Der Unterneh-
menswert der Kreditinstitute... 10
3.2.1 Die interessenmonistisch-monetäre Wertausle-
gung...
10
3.2.2 Die erweiterte, interessenpluralistische Wert-
diskussion...
15
3.3 Prozesse der wertorientierten Banksteuerung...
20
4 Stakeholder Management... 25
4
.1 Das Stakeholder Konzept ­ Ein Analyseinstrument...
25

II
Inhaltsverzeichnis Seite
4.1.1 Darstellung des Stakeholder Konzepts... 26
4.1.2 Shareholder Value ­ Gegensatz oder Ergänzung...
30
4.1.3 Die unterschiedlichen Auslegungen des Stake-
holder Value... 36
4.2 Repräsentative Identifikation bestimmter, strategischer
Anspruchsgruppen für Kreditgenossenschaften...
40
4.2.1 Vorstand... 43
4.2.2 Mitarbeiter...
47
4.2.3 Kunden...
50
4.2.4 Mitglieder... 54
4.2.5 Verbundpartner... 56
4.3 Das Beziehungsnetzwerk der Stakeholder...
57
4.4 Strategische Wertsteigerungsansätze für Kreditgenos-
senschaften...
64
4.4.1 Erzeugung eines Member Value...
66
4.4.2 Relationship-Banking...
70
4.4.3 Human Resource Management...
74
5 Institutsgruppenspezifische Beurteilung des Stake-
holder Konzepts... 80
6 Schlussbetrachtung... 86
Literaturverzeichnis... VI

Abbildungsverzeichnis Seite
III
Abb. 1
Überblick über die Verfahren zur Unternehmens-
wertermittlung... 11
Abb. 2 Schema zur Ermittlung des Free Cashflows... 14
Abb. 3 Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard... 18
Abb. 4 Das Shareholder Value-Netzwerk... 31
Abb. 5 Stakeholder- und Unternehmensrente... 38
Abb. 6
Die unterschiedlichen Interessengruppen der Kre-
ditgenossenschaft... 43
Abb. 7 Die vermuteten Kausalketten der Nutzenvorstel-
lungen der Stakeholder... 59

Tabellenverzeichnis Seite
IV
Tab. 1 Anspruchsgruppen im Stakeholder Konzept... 28
Tab. 2 Gegenüberstellung von Stakeholder Konzept und
Shareholder Value-Ansatz...
33

Abkürzungsverzeichnis
V
Abb.
Abbildung
bzw.
beziehungsweise
etc.
et 'cetera
f.
folgende
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff.
fort folgende
GN
Grenznutzen
GK
Grenzkosten
Hrsg.
Herausgeber
IT
Informationstechnologie
Kap.
Kapitel
RB
Relationship Banking
RM
Relationship Management
S.
Seite
Sp.
Spalte
Tab.
Tabelle
usw.
und so weiter
Vgl.
Vergleiche
z.B.
zum Beispiel

Einleitung
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Kreditinstitute befinden sich in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld,
welches geprägt ist von Kosten- und Wettbewerbsdruck auf der einen, und
sich rasant verändernden gesellschaftlichen, technologischen und rechtli-
chen Rahmenbedingungen auf der anderen Seite. Dabei steht die Bank
als Unternehmung in ständigen Kontakt mit verschiedenen internen oder
externen Personengruppen wie beispielsweise Kunden, Mitarbeitern oder
Eigenkapitalgebern.
1
Es lässt sich unterstellen, dass Banken, wie jedes
Unternehmen, gegründet werden, um Werte zu schaffen. Bei Präzision
dieser Funktion stellen sich allerdings die Fragen, welche Art von Wert für
wen und auf welche Weise geschaffen werden soll.
2
Bilden die Sicherung
der Existenz und der ökonomische Erfolg für die Kreditinstitute die obers-
ten Maximen, dann ergibt sich das Problem, dass die Persone ngruppen,
die zur Erfüllung dieser Ziele beitragen, ganz unterschiedliche Vorstellun-
gen von Wert für die Aufrechterhaltung ihrer Beziehungen zur Bank
zugrunde legen. Soll der ökonomische Erfolg gesteigert werden und will
sich ein Kreditinstitut entsprechend am Markt positionieren, dann wird die
Analyse dieser Beziehungen sowie die Berücksichtigung der Wertvorstel-
lungen dieser Gruppen in der Geschäftspolitik zum strategischen Erfolgs-
faktor eines modernen Managements.
3
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Zielsetzung dieser Arbeit ist es, die Bedeutung des in der Betriebswirt-
schaftslehre bereits bekannten Stakeholder Ansatzes für die unternehme-
rische Neuorientierung und das Management komplexer Beziehungsnetz-
werke aufzuzeigen sowie die Konzeption, angepasst auf institutsgruppen-
spezifische Belange, auf den Organisationstyp der Kreditgenossenschaft
zu übertragen. Eine Analyse der strategisch relevanten Persone ngruppen
sowie die Berücksichtigung deren Wertvorstellungen soll deren Erfolgs-
1
Analog zu Janisch (1993), S. 21 f und Hillman / Keim (2000), S. 125.
2
Vgl. Figge / Schaltegger (2002), S. 9.
3
Analog zu Schmid (1997), S. 633.

Einleitung
2
steigerungspotential für die Genossenschaftsbank verdeutlichen. Das Sta-
keholder Konzept wird analog zur modernen Auslegung gängiger Litera-
tur
4
verstanden, wonach es dazu dient, durch strategisches Management
von Beziehungsstrukturen den ökonomischen Erfolg der Bank zu sichern
und zu steigern.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im Rahmen dieser Arbeit soll das Stakeholder Konzept näher betrachtet
werden. Dabei lässt sich aus gesellschaftlichen Veränderungen die Be-
gründung einer unternehmerischen Neuorientierung herleiten (Kap. 2). Im
Anschluss daran zeigen die Grundlagen einer wertorientierten Unterne h-
mensführung, nach welchen Prinzipien die unternehmerische Neuorientie-
rung ausgestaltet sein kann und wie diese von vorn herein Berücksichti-
gung in der Unternehmensphilosophie findet (Kap. 3). Im Folgenden wird
geklärt, was unter Stakeholder Value verstanden werden könnte und wa-
rum dem Stakeholder Ansatz besondere Aufmerksamkeit gebührt (Kap.
4.1). Aufbauend darauf werden strategisch bedeutsame Persone ngruppen
im Wertschöpfungsprozess von Kreditgenossenschaften anhand einer
Analyse identifiziert sowie deren Wertvorstellungen herausgestellt (Kap.
4.2). Nachdem bestimmte Interdependenzen in der Beziehungsstruktur
der Gruppen erläutert wurden (Kap. 4.3), lassen sich mögliche Ansätze
zur Steigerung des wirtschaftlichen Erfolges der Kreditgenossenschaft
ableiten (Kap. 4.4). Abschließend wird die Bedeutung eines strategischen
Stakeholder Managements für die genossenschaftlichen Kreditinstitute
beurteilt (Kap. 5), sowie ein allgemeines Resümee auf Grundlage der vo-
rangegangenen Ausführungen erfo lgen (Kap. 6).
4
Vgl. z.B. Figge / Schaltegger (2000), S. 14 ff; vgl. auch Hillman / Keim (2001), S. 127 f.

Wertvorstellungen im Wandel
3
2 Wertvorstellungen im Wandel ­ Notwendigkeit zur
unternehmerischen Neuorientierung
Bereits seit dem 19. Jahrhundert, seit Etablierung der Marktwirtschaft, un-
terliegen insbesondere hochindustrialisierte gesellschaftliche Strukturen in
technologischer und wirtschaftlicher Hinsicht dem kontinuierlichen, tiefgrei-
fenden Wandel. Der sich damals vollziehende Prozess der Veränderung
von der Agrar- zur Industriegesellschaft hatte wesentlichen Einfluss auf
die damaligen Wertvorstellungen der Wirtschaftssubjekte sowie die Aus-
gestaltung der Wesens merkmale des heute bestehenden Wirtschaftssys-
tems der sozialen Marktwirtschaft.
5
Doch der Entwicklungsprozess der Gesellschaft schreitet voran und lies
bereits die nächste Stufe erkennen: Den Wandel von der Indus trie- zur
Informations gesellschaft und einem damit verbundenen neuen Wertver-
ständnis. Im Folgenden soll dieser Wandel hergeleitet und verdeutlicht
werden. Darüber hinaus wird die Frage nach möglichen Konsequenzen
und dem Nutzen für die Unternehmung ergründet.
2.1 Von der Industrie- zur Informationsgesellschaft ­ Die
Herleitung des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses
Der Terminus der Informationsgesellschaft beschreibt eine Gesellschafts-
form, in der nahezu alle Bereiche der Arbeitswelt und beinahe alle Berei-
che des Privatlebens der Bürger von Informationstechnologien und Kom-
munikationsnetzwerken berührt und beeinflusst werden.
6
In betrieblichen
Wertschöpfungsprozessen dominiert nicht mehr die Produktion physischer
Güter, sondern vielmehr die Produktion und der Austausch von Informa-
tionen.
Wesentliche Antriebskräfte eines gesellschaftlichen Strukturwandels sind
die Aussicht auf ein hohes Maß an materiellem Wohlstand, persönlicher
Freiheit und kultureller Vielfalt, insbesondere im Bereich der Privatwirt-
5
Vgl. Paqué (2001), S. 31 f.
6
Vgl. Internet: http://www.bmwi.de/ (2003).

Wertvorstellungen im Wandel
4
schaft. Dem gegenüber stehen Markteingriffe des Staates, die versuchen,
den einseitig auf wirtschaftliche Effizienz ausgerichteten Marktmechanis-
mus mit Blick auf die sozialen und ökologischen Folgen zu reglemen-
tieren, oder gar teilweise zu beseitigen. Doch die Expansion der Märkte
und die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft lässt nationale Regu-
lierungsversuche (z.B. Steuerpolitik, Wettbewerbs- und Kartellrecht, So-
zialabgaben, Tarifautonomie, usw.) bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts
an seine Grenzen stoßen.
7
Zur Erklärung und Herleitung des aktuellen Wand lungsprozesses eignet
sich das Modell der langen Wellen des russischen Wissenschaftlers Niko-
lai D. Kondratieff. Dieser erbrachte den empirisch belegten Nachweis,
dass sich der Wandel gesellschaftlicher Strukturen alle 40 ­ 60 Jahre
(entspricht einem langen Konjunkturzyklus) vollzieht und impliziert wird
von sogenannten Basisinnovationen.
8
Bei diesen Innovationen
9
handelt es
sich um Inventionen, die wirtschaftliches Neuland erschließen, tragende
Neuerungen für lange Phasen der Konjunktur sind und eine enorme Men-
ge an Nachfolgeinnovationen auslösen. Von diesen Basisinnovationen
und den daran folgenden langen Konjunkturwellen konnten bisher vier als
abgeschlossen nachgewiesen werden. Die einzelnen Phasen bezeichnet
man nach ihrem Entdecker als Kondratieff.
10
Der erste Kondratieff vollzog sich als industrielle Revolution zum Ende
des 18. Jahrhunderts mit der Erfindung der Dampfmaschine. Die industri-
elle Verarbeitung von Textilien zog damals viele Menschen aus der Land-
wirtschaft in die Städte, wo die neue Gesellschaftsklasse der Industrie-
arbeiter entstand.
11
Die wichtigste Innovation des zweiten Kondratieff war Mitte des 19. Jahr-
hunderts die Eisenbahn. Sie veränderte die Jahrhunderte lang gewachse-
ne europäische Infrastruktur. Deutschland wurde in dieser Periode sogar
7
Vgl. Nefiodow (1991), S. 19 f.
8
Vgl. Nefiodow (1991), S. 26 ff.
9
Innovation = kommerzielle Verwertung einer Erfindung (Invention) in der Unterneh-
mung, vgl. Baßeler / Heinrich / Koch (1998), S. 722.
10
Vgl. Nefiodow (1991), S. 29.
11
Vgl. Nefiodow (1991), S. 31 f.

Wertvorstellungen im Wandel
5
zur führenden Industriemacht Europas. Der Abbau und die Verarbeitung
von Stahl für den Eisenbahnbau und die Schifffahrt nahm beachtliche Aus-
maße an. Die USA wandelten sich von der reinen Agrar- zur Industrie-
gesellschaft. Dies war auch die Geburt der ersten Gewerkschaften.
12
Der dritte Kondratieff wurde hauptsächlich von Deutschland, den USA
und Großbritannien getragen. Er war gekennzeichnet durch die Entwick-
lung und Nutzung der Elektrizität und Elektrotechnik sowie dem Ausbau
der chemischen Industrie. Unternehmen betrieben eigene Forschung und
Entwicklung, die Verwaltungsbereiche der Unternehmen wuchsen mit zu-
nehmender Größe an. Es entstand das Berufsbild des Angestellten. Die
damit entstandenen sozialen Probleme wurden durch die staatliche Über-
nahme von Fürsorgepflichten kompensiert. Erschüttert wurde der dritte
Kondratieff dann mit der Weltwirtschaftskrise 1929, und dem darauf fol-
genden zweiten Weltkrieg.
13
Der vierte Kondratieff bestand aus technischen Verbesserungen be-
stehender Erfindungen im Anschluss an den zweiten Weltkrieg Mitte des
20. Jahrhunderts. Wesentliche Basisinnovationen dieses Zyklus waren
das Automobil und die Petrochemie, daneben traten aber auch die Mas-
senproduktion und das Fernsehen. Dies ließ insbesondere die USA zur
Weltmacht avancieren. Doch die große Abhängigkeit der Wirtschaft vom
Öl zeigte sich deutlich während der Ölpreisschocks 1973 und 1979, was
die Weltwirtschaft abermals in eine wirtschaftliche Krise stürzte und den
vierten Kondratieff abrupt beendete.
14
Seit den Ölschocks der siebziger Jahre befindet sich die Gesellschaft in
einem Wandel, der als fünfter Kondratieff bezeichnet werden kann. Ge-
tragen und vorangetrieben wird dieser Wandel von der rasanten Entwick-
lung der Informations - und Kommunikationstechnologie. Voraus setzung
dafür, dass diese Technologien den nächsten langen Aufschwung bewir-
ken, ist die globale Kooperation
15
, welche sich heute bereits besonders in
der zunehmenden Verflechtung der Finanzmärkte und der Glo balisierung
12
Vgl. Nefiodow (1991), S. 32 f.
13
Vgl. Nefiodow (1991), S. 33 f.
14
Vgl. Nefiodow (1991), S. 34 ff.
15
Vgl. Nefiodow (1991), S. 40.

Wertvorstellungen im Wandel
6
wirtschaftlicher Strukturen äußert. Welche Bedeutung diese Entwicklung
für die Unternehmung als ökonomisches Subjekt der Gesellschaft mit der
Aufgabe der Befriedigung materieller und immaterieller Bedürfnisse hat,
soll im Folgenden dargestellt werden.
2.2 Bedeutung für die Unternehmung
Um die Tragweite und die Konsequenzen des Strukturwandels im fünften
Kondratieff zu verstehen, ist zu hinterfragen, welche Ressource diesen
Veränderungsprozess ausgelöst hat. Dabei ist festzustellen, dass die sich
weiter entwickelnde Informationstechnologie letztendlich der Verarbeitung
immer größerer Mengen von Informationen dient.
16
Die Information als
Grundlage des Wissens und wertvolle Ressource der Gesellschaft steht
also im Mittelpunkt der Betrachtung. Waren menschliche Anstrengungen
bisher fast ausschließlich darauf ausgerichtet, materiellen Wohlstand zu
erzielen, ist die Informationsgesellschaft hingegen geprägt vom produkti-
ven Bestreben nach immer mehr Wissen, denn Wissen erhöht die Hand-
lungsoptionen und befähigt, Veränderungsprozesse aktiv mitzugestalten.
17
Dies impliziert auch einen Wandel der Wertvorstellungen der Menschen in
Bezug auf deren Tätigkeit. Die Motivation liegt nicht mehr allein in der E-
xistenzsicherung, sondern vielmehr im Anspruch nach der Ausübung einer
sinnvollen, beruflichen Tätigkeit. Dieser Anspruch ist verbunden mit dem
Wunsch nach Partizipation, Information und Kommunikation in der Unter-
nehmung.
18
Der gesteigerte Wissensbedarf und die damit oft einher-
gehende Steigerung des Selbstbewusstseins der Arbeitnehmer stellen
neue Anforderungen an die Organisations - und Kommunikationsstrukturen
der Unternehmen. Die Auswertung einer repräsentativen Umfrage
19
hat
ergeben, dass die Lösung menschlicher, zwischenmenschlicher und orga-
nisatorischer Probleme wie Kommunikationsstörungen, unkoordinierte Zu-
sammenarbeit oder gering ausgeprägte Teamfähigkeit der größte Erfolgs-
faktor und gleichzeitig Engpass der Unternehmung sind.
20
16
Vgl. Nefiodow (1991), S. 53 f.
17
Vgl. Nefiodow (1991), S. 94 ff.
18
Vgl. Biel / von Hornstein (2001), S. 608.
19
Umfrage unter 1.400 Seminarteilnehmern zum Thema ,,Welche Probleme behindern
bei der täglichen Arbeit am meisten?", vgl. Biel / von Hornstein (2001), S. 609.
20
Vgl. Biel / von Hornstein (2001), S. 609.

Wertvorstellungen im Wandel
7
Der Terminus der Informationsgesellschaft ist bestätigt, doch das Ende
des fünften Kontratieff mit der Informationstechnologie (IT) als wesentli-
cher Triebfeder ist bereits absehbar, zumal die IT ihren Höhepunkt an
wirtschaftlichen Wachstumsimpulsen überschritten hat. In Zukunft wird
nicht mehr der Einsatz neuer Hardware zu Produktivitätssteigerungen füh-
ren, sondern die geistige Fähigkeit einer sinnvollen Kombination des im
virtuellen Raum weltweit zugänglichen Wissens. Somit wird das Handling
von Informationen und die Erschließung psychosozialer und seelischer
Potentiale zur Triebfeder des sechsten Kondratieff werden. Die Schaf-
fung von Netzwerken zur effektiven und effizienten Interaktion wesentli-
cher Gruppierungen (Kollegen, Kunden, Lieferanten oder vorübergehende
Partner) ist Voraussetzung zur produktiven Leistungserstellung. Die Fä-
higkeit der Unternehmung, zwischenmenschliche, informationsflussbehin-
dernde Probleme zu lösen und ein kooperatives Interaktionsklima zu er-
reichen, rückt in den Vordergrund.
21
Damit nimmt der Mensch in diesen Netzwerken als Informations- bzw.
Wissensträger eine entscheidende Rolle ein. Als wichtige Ressource im
betrieblichen Wertschöpfungs- und Leistungsprozess verdient er mittels
moderner Unternehmensführungskonzepte entsprechende Aufmerk-
samkeit. Gründe dieser Neuorientierung können zum einen die Sicherung
der Wettbewerbsfähigkeit sein, zum anderen bestimmt die Ent-
wicklungsfähigkeit der Ressource Mensch aber auch die Entwicklungs-
fähigkeit der Unternehmung und deren Anpassungs- und Überlebensfä-
higkeit.
22
Darüber hinaus lässt der zunehmende Wettbewerb Produkt- und Dienst-
leistungspreise sowie deren Ausgestaltungsmerkmale sich angleichen,
weshalb nur noch Qualität und Flexibilität der Anbieter sowie deren kun-
denorientiertes Verhalten sich ebenfalls wandelnden Kundenanforderun-
gen gerecht werden können.
23
Das sich rasant verändernde wirtschaftliche
Umfeld der Unternehmen stellt die Mitarbeiter immer seltener vor Routine-
probleme, sondern immer häufiger vor komplexe Problematiken, die es mit
21
Vgl. Walter (2001), S. 2 f.
22
Vgl. Biel / von Hornstein (2001), S. 610 f.
23
Vgl. Biel / von Hornstein (2001), S. 611.

Wertvorstellungen im Wandel
8
Hilfe qualifizierter Fähigkeiten zu lösen gilt. Dieser Wandel in der Qualifika-
tionsstruktur der Mitarbeiter muss von Unternehmen erkannt und in deren
Geschäftspolitik berücksichtigt werden.
24
24
Vgl. Grote (1998), S. 137 ff.

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
9
3 Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
3.1 Definition und Ziel der wertorientierten Banksteuerung
Die aus dem angelsächsischen Bereich stammende Philosophie der
Wertorientierung bei der Planung und Durchführung zielgerichteter Maß-
nahmen findet bereits seit einiger Zeit auch in deutschen Unternehmen
und Kreditinstituten Einzug.
25
Im Zentrum der Betrachtung steht dabei der Wert, welcher sich in zwei
Ausprägungen darstellen lässt. Zum einen kann Wert als subjektives Emp-
finden, basierend auf ethischen Konventionen, wie z.B. Gerechtigkeit, ver-
standen werden. In diesem Fall hängt der Wert vom Werturteil des Bewer-
tenden ab. Dem gegenüber stehen ökonomische Werte, welche sich
durch die Unbegrenztheit menschlicher Bedürfnisse und der Knappheit
der zur Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung stehenden Güter erklären
lassen. Der ökonomische Wert ist von den zur Verfügung stehenden Al-
ternativen zur Bedürfnisbefriedigung abhängig, und somit rational nach-
vollziehbar.
26
Im Rahmen des wertorientierten Managements
27
soll der
Wert synonym zur ökonomischen Definition verstanden werden.
Copeland, Koller und Murrin definieren das wertorientierte Management
als einen Ansatz, der übergeordnete Unternehmensziele, analytische Fä-
higkeiten und Führungsprozesse in der Weise kombiniert, dass sie der
Unternehmung zur Maximierung ihres Wertes verhelfen. Das wert-
orientierte Management stellt die Verbindung zwischen einer wert-
orientierten Denkweise der Geschäftsführung und dem am Wert aus-
gerichteten Verhalten von Managern und Mitarbeitern dar.
28
Die Wert-
orientierung soll dabei der Verbesserung der Entscheidungsfindung so-
wohl im strategischen, als auch im operativen Bereich dienen. Das Haupt-
augenmerk des wertorientierten Managers liegt auf der gezielten Betrach-
tung wertbestimmender Faktoren, wobei die Kenntnis dieser Faktoren und
25
Vgl. Copeland / Koller / Murrin (1998), S. 11.
26
Vgl. Wöhe (1993), S. 1097 f.
27
Zur Auslegung des Management-Begriffs vgl. Steinmann / Schreyögg (2000), S. 5 f
und Kap. 4.2.1.1.
28
Vgl. Copeland / Koller / Murrin (1998), S. 121 ff.

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
10
die Fähigkeit zur Quantifizierung der Auswirkungen alternativer Entschei-
dungen erforderlich sind. Voraussetzung für die erfolgreiche Orientierung
an Wertgrößen ist damit, dass sich diese Philosophie nicht ausschließlich
auf die Hierarchieebene der Geschäftsführung beschränkt, sondern auch
das mittlere und untere Management durch konkrete Zielvorgaben und
Leistungsmaßstäbe zur wertbasierten und wertzielorientierten Entschei-
dungsfindung angehalten ist.
29
3.2 Objekt der wertorientierten Steuerung ­ Der Unter-
nehmenswert der Kreditinstitute
Ausgehend von der oben angeführten Definition eines wertorientierten
Managements soll nun der Unternehmenswert von Kreditinstituten, als
Fokus der Wertorientierung näher definiert werden. Betrachtet man das
Konzept der am Wert orientierten Banksteuerung, dann lässt sich die Fra-
ge stellen, mit welcher Begründung dieses Modell in der Bankpraxis an-
gewandt werden sollte. Ferner lässt sich fragen, warum und wie der Wert
der Bank gesteigert werden soll, wer von einer Steigerung des Unterneh-
menswertes profitiert und worin überhaupt die Motivation für die Ermittlung
eines Unternehmenswertes begründet ist. Zur Beantwortung dieser Fra-
gestellungen sei im Folgenden von einer monetären und einer nicht-
monetären, im Bezug auf die Sichtweise des Bewertenden pluralistischen
Betrachtungsweise des Unternehmenswertes ausgegangen.
3.2.1 Die interessenmonistisch-monetäre Wertauslegung
Zur Quantifizierung des Wertes von Kreditinstituten stehen unterschied-
liche Verfahren zur Verfügung, welche ursprünglich für die monetäre Be-
stimmung des Unternehmenswertes eines Kreditinstitut aus verschie-
denen Anlässen verwendet wurden und werden.
30
Das können z.B. der je
nach Rechtsform mögliche Verkauf oder Kauf von Banken oder die für
Fusionen notwendige Ermittlung von Umtauschverhältnissen (bei Banken
der Rechtform der Aktiengesellschaft) und Ausgleichszahlungen sein.
29
Vgl. Copeland / Koller / Murrin (1998), S. 125.
30
Vgl. Kunowski (2002), S.10 f.

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
11
Diese Verfahren stehen auch als potentielle Methoden der wertorientierten
Banksteuerung zur Disposition.
Die differenzierten Vorgehensweisen der unterschiedlichen Verfahren der
Ermittlung eines Unternehmenswertes können dabei auch zu unter-
schiedlichen Ergebnissen führen. Da rechtlich kein Verfahren vorgeschrie-
ben ist, liegt die Wahl des Verfahrens beim Bewertenden. So würde z.B.
zum Anlass des Verkaufs einer Bank der Käufer das Verfahren wählen,
welches gemäß seinem Bestreben nach der Erzielung eines günstigen
Kaufpreis den niedrigeren Wert ergibt. Der Verkäufer würde entsprechend
gegensätzlich handeln.
31
Die Bewertungsmethoden lassen sich unter-
scheiden nach substanzwert-, ertragswert- und kapitalmarktorientierten
Verfahren (vgl. Abb. 1).
32
Abb. 1: Überblick über die Verfahren zur Unternehmenswertermittlung
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kunowski (2002), S. 22 ­ 45)
Der Substanzwert basiert auf Größen des externen Rechnungswesens
eines Kreditinstituts. Er ergibt sich aus der Summe der einzeln bewerteten
Vermögensteile und Forderungen abzüglich der einzeln bewerteten Ver-
bindlichkeiten und stellt somit die Vermögenssubstanz des Unternehmens
31
Vgl. Huber (1998), S. 24.
32
Vgl. Kunowski (2002), S.22.
Verfahren zur Unternehmenswertermittlung
substanzwert-
orientiert
marktwert-
orientiert
ertragswert-
orientiert
·
Teilsubstanzwert
·
Vollsubstanzwert
·
Liquidationswert
·
Ertragswert-
methode
·
Discounted Cash-
flow-Methode
·
Bewertung zu
Marktpreisen
·
Börsenkapitali-
sierung Vergleichs-
unternehmen
Verfahren zur Unternehmenswertermittlung
substanzwert-
orientiert
marktwert-
orientiert
ertragswert-
orientiert
·
Teilsubstanzwert
·
Vollsubstanzwert
·
Liquidationswert
·
Ertragswert-
methode
·
Discounted Cash-
flow-Methode
·
Bewertung zu
Marktpreisen
·
Börsenkapitali-
sierung Vergleichs-
unternehmen

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
12
dar.
33
Je nach Zielsetzung der Bewertung hat der Substanzwert seine
Ausprägungen als Vollsubstanz-, Teilsubstanz- oder Liquidationswert. Der
Vollsubstanzwert bezieht auch immaterielle Vermögensteile mit ein, die
vom Unternehmen losgelöst betrachtet keinen realisierbaren Wert haben,
wie z.B. den Goodwill
34
. Entfällt dieser Einbezug, dann handelt es sich um
den Teilsubstanzwert. Anders formuliert ergibt die Summe aus Teil-
substanzwert und bestimmten, immateriellen Vermögensteilen die Voll-
substanz eines Kreditinstituts.
35
Allerdings würde eine Bewertung der
Bank mit Hilfe des Voll- oder Teilsubstanzwert zu Verzerrungen in der
Aussagefähigkeit führen, da den bewertbaren Forderungen in etwa glei-
cher Höhe bewertbare Verbindlichkeiten gegenüberstehen. Dies würde
den Eindruck generieren, dass das Kredit- und Einlagengeschäft der Insti-
tute kaum, die Sach- und Finanzwerte hingegen wesentliche Wertbeiträge
leisten.
36
Der Liquidations- bzw. Zerschlagungswert kann in Kreditinstitu-
ten lediglich als Wertuntergrenze gelten. Die Bewertung ist problematisch,
da Forderungen und Verbindlichkeiten der Institute aufgrund vertraglicher
Laufzeitvereinbarungen nicht sofort zurückgefordert oder beglichen wer-
den können. Dem Liquidationswert wird lediglich dann Bedeutung beige-
messen, wenn aus subjektiven Entscheidungswerten drohen würde, diese
Wertgrenze zu unterschreiten.
37
Der Ertragswert basiert im Gegensatz zum Substanzwert auf prognos-
tizierten Ertragsgrößen eines Planungszeitraums. Die Wertermittlung unter
Berücksichtigung zukünftiger Zahlungsströme bzw. Zahlungsstromüber-
schüsse basiert auf der dynamischen Investitionsrechnung, welche durch
Diskontierung von Zahlungsreihen die Bestimmung absoluter und relativer
Vorteilhaftigkeiten von Investitionsobjekten zum Ziel hat.
38
Gängige Litera-
tur unterscheidet dabei zwei Ausprägungen, die Ertragswertmethode nach
IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) und das Discounted Cashflow-Ver-
fahren. Die verschiedenen Ausprägungen ertragswertorientierter Verfahr-
33
Vgl. Kunowski (2002), S.23.
34
Goodwill = Firmenwert; Quantifizierung des Images eines Unternehmens und den da-
mit verbundenen zukünftigen Ertragserwartungen, vgl. Wöhe (1993), S. 829 f.
35
Vgl. Huber (1998), S. 25; vgl hierzu auch Kunowski (2002), S.24.
36
Vgl. Kunowski (2002), S.24 f.
37
Vgl. Kunowski (2002), S.25 f.
38
Vgl. Wöhe (1993), S. 797 / 803.

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
13
en gelten als in Deutschland vorherrschende Bewertungsverfahren und
sind sowohl von Theorie als auch Rechtsprechung anerkannt.
39
Das Ertragswertmethode nach IDW geht von einer Abzinsung von Ertrags-
und Einzahlungsüberschüssen mit einem Kalkulationszinsfuss aus, wel-
cher sich aus der Marktrendite einer Alternativanlage zuzüglich einem vom
Investor festgelegten Risikozuschlag für die Übernahme des unternehme-
rischen Risikos ergibt. Somit wird als Alternativanlage implizit die Investiti-
on in ein festverzinsliches Wertpapier unterstellt.
40
Die Unternehmenswertberechnung mit Hilfe von Discounted Cashflows
besteht ebenfalls in mehreren Ausprägungen, wobei an dieser Stelle ledig-
lich das auch unter der Bezeichnung ,,Shareholder Value"
41
bekannte Ver-
fahren der Free Cashflows näher betrachtet werden soll. Diesem Ver-
fahren wird auch in der Praxis große Bedeutung beigemessen.
42
Der Sha-
reholder Value-Ansatz bestimmt dabei durch Abzinsung der zur Be-
friedigung der Aktionäre zur Verfügung stehenden, freien Geldflüsse, den
sogenannten Free Cashflows, den Marktwert des Unternehmens für den
Anteilseigner zum Zeitpunkt der Analyse.
43
Diese berücksichtigen neben
dem Einzahlungs- bzw. Ertragsüberschuss auch nicht ein- und auszahl-
ungswirksame Positionen (z.B. Abschreibungen, Zuführungen zu Pen-
sionsrückstellungen, Wertberichtigungen, usw.), welche der Bank für Re-
investitionen als freie Liquidität zur Verfügung stehen. Darüber hinaus
werden diese Investitionen bereits als Nettoneuinvestitionen (Mittelver-
wendung) und auch Einstellungen in die Rücklagen abgezogen und dafür
um Nettoneuzuflüsse (Mittelzufluss) ergänzt (vgl. Abb. 2).
39
Vgl. Kunowski (2002), S.26 f.
40
Vgl. Wildgruber (1998), S. 60 f.
41
Shareholder Value = Wert des Unternehmens aus Sicht der Eigenkapitalgeber. Aller-
dings ist dieser Begriff unglücklich gewählt, da er den Eindruck erweckt, es handle sich
um den Wert der Anteilseigner (= Shareholder) aus Sicht der Unternehmung, vgl. Fig-
ge / Schaltegger (2000), S. 18 / 59.
42
Vgl. Copeland / Koller / Murrin (1998), S. 100.
43
Vgl. Hörter (1998), S. 56 f.

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
14
Abb. 2: Schema zur Ermittlung des Free Cashflows
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hörter (1998), S.56)
Zu den ertragswertorientierten Verfahren sei angemerkt, dass ihre
Schwachpunkte neben der Wahl des Diskontierungszinssatzes haupt-
sächlich in der Prognose zukünftiger Zahlungsströme liegen, wobei die
Zuverlässigkeit und Präzision der Prognose qualitätsentscheidende Fak-
toren sind.
44
Der Einsatz am Marktwert orientierter Verfahren genießt aufgrund des
hohen Entwicklungsgrades US-amerikanischer Kapitalmärkte überwie-
gend in den USA große Annerkennung. Markwertorientierte Verfahren
bewerten Positionen der Finanzierungsseite der Bilanz zu aktuellen
Marktpreisen oder lassen Rückschlüsse auf den Unternehmenswert durch
den Vergleich mit der Marktkapitalisierung börsennotierter Unternehmen
ziehen.
45
Aufgrund der betriebswirtschaftlich oft nicht nachvollziehbaren
Börsenkurse der Aktien und der Prämisse der Börsennotierung des zu
bewertenden Unternehmens soll an dieser Stelle nicht weiter auf dieses
Verfahren eingegangen werden.
Die vorgestellten Verfahren verdeutlichen, dass die Ermittlung eines mo-
netären Unternehmenswertes mit verschiedenen Problemen verbunden ist
und von entsprechendem Aufwand geprägt sein kann, sei es bei der Aus-
wahl des Verfahrens selbst oder bei der Bestimmung der zur Berechnung
notwendigen Parameter. Zur Beantwortung der Frage, wer von einer auf
44
Vgl. Wildgruber (1998), S. 99 ff.
45
Vgl. Kunowski (2002), S.41 ff.
Jahresüberschuss
nach
Steuern
-/+
nicht ein- und auszahlungswirksame Erträge und Aufwendungen
(Abschreibungen,
Wertberichtigungen,
Zuschreibungen)
=
Netto Cashflow
-
Nettoneuinvestitionen (Nettoneukreditvergabe, Neuinvestitionen in
Wertpapiere, Immobilien, Betriebs- und Geschäftsausstattung, etc.)
+
Nettoneuzuflüsse (Nettozunahme Verbindlichkeiten gegenüber Kunden,
Nettozunahme Eigenkapital)
-
Einstellung in die Rücklagen (Kapital-, Gewinnrücklagen)
=
Freier Cashflow (Maximal mögliche Dividendenausschüttung
)
Ermittlung der freien Cashflows (Free Cashflows)

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
15
Steigerung des monetären Unternehmenswertes ausgerichteten Ge-
schäftspolitik direkt profitiert, sei hier auf die Eigentümer und Gläubiger
verwiesen. Deren Nutzen liegt bei Veräußerung der Bank oder der Anteile
der Eigentümer im Wertzuwachs, bei Ausschüttung auf die Einlagen in
den Renditen oder bei Bedienung der Verbindlichkeiten in der Planungs-
und Ertragssicherheit. Bei der vorrangigen Berücksichtigung der Interes-
sen der Anspruchsgruppe der Eigentümer (Interessenmonismus), welche
in der maximalen Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals bestehen,
spricht man auch von der Shareholder Value-orientierten Unternehmens-
führung. Diese ist durch sämtliche Maßnahmen auf die Maximierung von
Werten aus Sicht der Eigentümer ausgerichtet.
46
Bei der Beurteilung dieser Verfahren zur Eignung für eine wertorientierte
Steuerung im Rahmen dieser Arbeit sei angemerkt, dass z.B. Entschei-
dungen von Managern, sofern diese nicht Eigentümer sind, nicht un-
bedingt darauf ausgelegt sein müssen, die Ansprüche ausschließlich einer
Anspruchsgruppe, eventuell gar zum Nachteil ihres eigenen Nutzens, zu
befriedigen.
47
Vielmehr bedarf es einer umfassenderen Betrachtung, wel-
che der Komplexität im unternehmerischen Gebilde gerecht wird und sich
mit der Frage auseinander setzt, welche Faktoren wesentlich für die Wert-
schöpfung der Banken mit verantwortlich sind, in welcher Beziehung diese
Faktoren zueinander stehen und worin aus Sicht dieser Beteiligten der
Wert der Unternehmung besteht.
3.2.2 Die erweiterte, interessenpluralistische Wertdiskussion
Die Erkenntnis, dass unternehmerischer Erfolg, entstanden aus der Schaf-
fung von Werten, zwar durch die oben angeführten Verfahren gemessen
werden kann, diese aber keinen Beitrag dazu leisten, konkrete Hand-
lungen vorzugeben, lässt von dem Gedanken absehen, lediglich anhand
dieser Verfahren wertorientiert zu steuern. Davon abgesehen gestaltet
sich eine Shareholder Value-orientierte Steuerung in verschiedenen In-
stitutsgruppen aufgrund deren Rechtsform und Unternehmenszweck als
problematisch. Dies wird besonders am Beispiel der Kreditgenossenschaf-
46
Vgl. Knorren / Weber (1997), S. 5 ff.
47
Vgl. Lottner (1997), S. 13 f.

Das Prinzip der wertorientierten Banksteuerung
16
ten deutlich. Diese haben zwar Teilhaber (Mitglieder), die auch gleichzeitig
Kunden sind, deren Einlage in das Eigenkapital der Genossenschaft sich
aber nicht ausschließlich mit Erzielung möglichst hoher Renditen be-
gründen lässt. Zumal auch die teilweise bestehenden Restriktionen bei der
Anzahl der Anteile pro Mitglied bedacht werden müssen. Dies widerspricht
zwar nicht grundsätzlich der Verwendung des Shareholder Value-An-
satzes, stellt jedoch die Verwendung der freien Cashflows ausschließlich
zur Befriedigung der finanziellen Mitgliederbedürfnisse in Frage. Die ge-
nossenschaftliche Mitgliederorientierung, zumindest in ihrer traditionellen
Ausprägung, zur Rechtfertigung der Entscheidungsfindung der Geschäfts-
führung, ist typisch für diese Organisationsform, steht jedoch im Zuge des
zunehmenden Wettbewerbs ebenfalls in Frage.
48
Weitere Problematik ist
der fehlende Markt für Genossenschaftsanteile, welcher zur Partizipation
an einer Unternehmenswertsteigerung durch einen Anteilskurs und der
damit vorausgesetzten Kontrollfunktion des Marktes notwendig wäre.
49
Es steht außer Frage, dass jede Unternehmung, sei es der Industrie-
betrieb oder das Kreditinstitut, auf den finanziellen Erfolg angewiesen ist,
um im Mindestmaß kostendeckend zu wirtschaften und sich darüber hin-
aus im Wettbewerbsumfeld zu etablieren.
50
Doch je nach Rechtsform der
Unternehmung kann man anbringen, dass Investoren als Kapitalgeber nur
bereit sind, Risiko zu übernehmen, wenn sie als Risikoentschädigung
auch entsprechende Renditen für ihre Anlage erzielen.
51
Dem wird ent-
gegen gehalten, dass Renditeerwartungen der Investoren subjektiv sind,
da kein einheitlicher Maßstab zur Bewertung des Unternehmens zugrunde
liegt. Das bedeutet, dass der Wert des betrachteten Unternehmens ledig-
lich Ergebnis der unterschiedlichen Wertvorstellungen der Marktteilnehmer
ist. Diese Wertvorstellungen sind aber dem Management im einzelnen
nicht bekannt, so dass sich das Ziel der Marktwertmaximierung nicht prob-
lemlos operationalisieren lässt.
52
Es wird deutlich, dass Kapitalmärkte der
Unternehmensleitung Entscheidungen nicht diktieren können, sondern
lediglich Rahmenbedingungen für das Management setzen. Innerhalb die-
48
Vgl. Theurl (2002), S. 51 ff.
49
Vgl. Theurl (2002), S. 51 f.
50
Vgl. Janisch (1993), S. 43 f.
51
Vgl. Copeland / Koller / Murrin (1998), S. 58 f.
52
Vgl. Speckbacher (1997a), S. 348.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832473730
ISBN (Paperback)
9783838673738
DOI
10.3239/9783832473730
Dateigröße
688 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Berufsakademie für Bankwirtschaft, Hannover – unbekannt
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
stakeholder value balanced scorecard unternehmenswert strategisches management unternehmensfühung
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Titel: Stakeholder Management
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