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Energetische und wirtschaftliche Bewertung verschiedener Anlagensysteme für ein Einfamilienhaus

©2002 Diplomarbeit 178 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Im Rahmen dieser Arbeit wird vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Vorgaben der Energieeinsparverordnung 2002 eine energetische und wirtschaftliche Bewertung verschiedener Anlagensysteme für die Beheizung eines vorgegebenen Einfamilienhauses durchgeführt.
Dazu werden in systematischer Reihenfolge die Anlagenkonfigurationen Niedertemperaturkessel, Brennwertkessel, Brennwertkessel mit solarer Unterstützung der Trinkwassererwärmung sowie mit zusätzlicher Wärmerückgewinnungsanlage untersucht.
Ziel dieser Untersuchung ist es, ein Heizungssystem zu finden, das sowohl in Bezug auf die vorgegebenen baulichen Grundvoraussetzungen als auch unter Berücksichtigung energetischer und wirtschaftlicher Belange eine optimale Lösung darstellt.
Zunächst werden die Verfahren der EnEV vorgestellt und die allgemeine Vorgehensweise behandelt. Anschließend wird das Einfamilienhaus mit seinen baulichen Eigenheiten vorgestellt und beschrieben.
Auf Basis des vereinfachten Heizperiodenbilanzverfahrens und des Monatsbilanzverfahrens wird für jede Anlagenvariante der Jahres-Primärenergiebedarf mit daraus resultierender Anlagenaufwandszahl ermittelt und die Ergebnisse ausgewertet.
Auf Grundlage einer Wärmebedarfsberechnung nach DIN 4701 werden für die einzelnen Räume des Einfamilienhauses die Heizleistung der Plattenheizkörper bzw. der Fußbodenheizkreise ermittelt, die Heizflächen ausgelegt und auf Basis des Normwärmebedarfs des Gebäudes die Leistung des Heizkessels ermittelt.
Die wirtschaftliche Bewertung der verschiedenen Anlagensysteme erfolgt auf Basis der Annuitätenmethode und einer Amortisationsrechnung gemäß VDI 2067 und VDI 6025. Diese allgemeinen Berechnungsverfahren werden zunächst vorgestellt und erläutert. Unter Berücksichtigung der Randbedingungen zur Wirtschaftlichkeitsrechnung und der maßgeblichen Einflussfaktoren wird die Wirtschaftlichkeit der betrachteten Anlagensysteme diskutiert und ausgewertet.
Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Aspekten wird eine ökologische Bewertung vorgenommen, die den CO2-Ausstoß der jeweiligen Anlagentechnik untersucht.
Abschließend wird die Anlagentechnik für das Einfamilienhaus ausgewählt, die den energetisch und wirtschaftlich besten Kompromiss, auch im Hinblick auf die zu erwartende Entwicklung der Anlagentechnik, darstellt.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung3
2.Zielsetzung und Vorgehensweise4
3.Energetische Bewertung5
3.1Nachweisverfahren der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7360
Rickmann, Lars: Energetische und wirtschaftliche Bewertung verschiedener
Anlagensysteme für ein Einfamilienhaus
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Münster, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 1
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
3
2
Zielsetzung und Vorgehensweise
4
3
Energetische Bewertung
5
3.1
Nachweisverfahren der EnEV
5
3.1.1
Heizperiodenbilanzverfahren (Vereinfachtes Verfahren)
5
3.1.2
Monatsbilanzverfahren 8
3.2
Primärenergiebedarf nach DIN 4701-10
10
3.2.1
Detailliertes Verfahren
10
3.2.2
Tabellenverfahren 10
3.2.3
Diagrammverfahren 10
3.3
Ermittlung der Anlagenaufwandszahl nach dem Tabellenverfahren
11
3.3.1
Trinkwassererwärmung 11
3.3.2
Lüftungsanlage 12
3.3.3
Raumheizung
13
3.4
Vorstellung des Gebäudes
13
3.4.1
Gebäudespezifische Kenngrößen
14
3.4.2
Inhomogene Bauteile
14
3.4.3
Homogene Bauteile
15
3.5
Berechnung nach dem Heizperiodenbilanzverfahren
15
3.5.1
Nachweis der spezifischen Transmissionswärmeverluste H
T
' 16
3.5.2
Nachweis des spezifischen Primärenergiebdarfs Q
P
'' 16
3.6
Anlagentechnik 16
3.6.1
Niedertemperaturkessel (Heizwerttechnik)
17
3.6.2
Brennwertkessel (Brennwerttechnik)
18
3.6.3
Unterschied zwischen Heizwert und Brennwert
19
3.6.4
Brennwertkessel mit solarer Unterstützung der Trinkwassererwärmung
20
3.6.5
Zu- /Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung
21
3.7
Systembeschreibung der verschiedenen Anlagen
22
3.8
Ergebnisse der Berechnung nach dem Heizperiodenbilanzverfahren
23
3.9
Berechnung nach dem Monatsbilanzverfahren
24
3.9.1
Verwendung von Korrektur- und Abminderungswerten
24
3.9.2
Bestimmung des Ausnutzungsgrades der Wärmegewinne
24
3.9.3
Ansetzbares Nettovolumen
25
3.9.4
Berücksichtigung der Wärmeverluste und der Nachtabschaltung
25
3.10
Ergebnisse der Berechnung nach dem Monatsbilanzverfahren
26
3.11
Vergleich und Auswertung der Ergebnisse beider Verfahren
27
3.11.1
Jahres-Heizwärmebedarf 27
3.11.2
Jahres-Primärenergiebedarf 28
3.11.3
Anlagenaufwandszahlen 29
3.12
Fazit der energetischen Bewertung der vier verschiedenen Anlagensysteme
30
4
Wärmeerzeugungsanlagen und Heizflächen
31
4.1
Heizleistung der Wärmeerzeugungsanlage nach DIN 4701
31
4.2
Aufbau des Heizungssystems
33
4.3
Auslegung der Heizflächen für den Niedertemperaturkessel
34
4.4
Auslegung der Heizflächen für den Brennwertkessel
35
4.5
Einteilung in Heizkreise
37
5
Wirtschaftliche Bewertung
40
5.1
Vorstellung der Verfahren für die Wirtschaftlichkeitsrechnung
40
5.2
Wahl der Berechnungsmethode
40
5.3
Annuitätenmethode nach VDI 2067
41
5.4
Statische Amortisationsmethode nach VDI 6025
43
5.5
Randbedingungen zur Wirtschaftlichkeitsrechnung
43
5.6
Wirtschaftlichkeitsrechnung nach VDI 2067 und VDI 6025
46

Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 2
5.7
Kritik an der EnEV
49
5.8
Berechnungen unter Berücksichtigung verschiedener Parameter
50
5.8.1
Berücksichtigung von Energiepreissteigerungen
50
5.8.2
Emissionen der Anlagenvarianten
51
5.8.3
Änderung der Gebäudedämmung
52
6
Zusammenfassung der Ergebnisse der energetischen und wirtschaftlichen
Bewertung
54
7
Ausblick
55
8
Verzeichnisse 56
8.1
Abkürzungen/Formelzeichen der energetischen Betrachtung
56
8.2
Abkürzungen/Formelzeichen der wirtschaftlichen Betrachtung
58
8.3
Bildverzeichnis 60
8.4
Literaturverzeichnis 60
9 Anhang

Einleitung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 3
1 Einleitung
Aufgrund der Tatsache, dass fossile Energieträger wie Öl, Gas und Kohle nur in begrenzten
Mengen vorhanden sind und die Erwärmung der Erdatmosphäre durch den Menschen stetig
zu nimmt, gewinnen energieeffiziente Techniken an wirtschaftlicher Bedeutung.
In Deutschland wird ein Drittel der verbrauchten Endenergien zur Erzeugung von Raumwär-
me und Warmwasser aufgewendet und ca. 30% der CO
2
­ Emissionen entfallen auf den Ge-
bäudebereich [1]. Durch bauliche und anlagentechnische Verbesserungen der Gebäude kön-
nen somit erhebliche Energiemengen eingespart werden.
Es ist also nicht verwunderlich, dass die Bundesregierung ein starkes Gewicht auf das The-
ma Energieeinsparung in Gebäuden setzt, um Ressourcen zu schonen und die Umwelt zu
schützen. Sie verfolgt das Ziel, den CO
2
­ Ausstoß von 1990 bis 2005 um 25% zu reduzie-
ren.
Im Zuge dieser Bestrebungen soll nun mit der am 13.07.2001 beschlossenen Energieein-
sparverordnung (EnEV) [2] eine Reduktion des Heizenergiebedarfs erzielt werden.
Die EnEV verfolgt, auf den Wohnungsneubau bezogen, folgende Schwerpunkte:
· Senkung des Energiebedarfs von Gebäuden um 30% gegenüber den Anforderungen
der WschVO 1995 [3]
· Gesamtenergetische Betrachtung des Bedarfs der Gebäude mit Einbeziehung der An-
lagentechnik
· Forcierung des Einsatzes erneuerbarer Energien für Heizung, Lüftung und Warmwas-
serbereitung
· Erhöhte Transparenz errechneter Werte für den Nutzer des Gebäudes
· Entwicklung eines vereinfachten Nachweisverfahrens für bestimmte Gebäudearten in
Fortsetzung bislang bewährter ,,Handrechenverfahren" [4]
Hieraus geht deutlich hervor, dass die gesamtenergetische Betrachtung, d. h. sowohl die
baulichen als auch heizungs- und anlagentechnischen Anforderungen von Gebäuden in der
EnEV die zentrale Grundlage darstellen. Die EnEV ersetzt somit die WschVO 1995 und die
Heizungsanlagen ­ Verordnung 1998 [5].
Ziel der Zusammenfassung in einer Verordnung ist es, den rechnerisch erforderlichen Ener-
giebedarf eines Gebäudes für Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Heizwärme und
Warmwasser zu ermitteln.
Um den Energiebedarf und somit auch die eingesparte Energie erfassen und dokumentieren
zu können, benötigt der Anwender eine allgemein anerkannte Rechenmethodik, die es er-
möglicht, sowohl den Wärmebedarf für die Raumheizung als auch die gesamten Verluste der
Anlagentechnik quantitativ zu bestimmen.
Als Berechnungsgrundlage werden hierfür in der EnEV zwei DIN ­ Vornormen festgelegt:
· DIN V 4108-6 (baulicher Wärmeschutz) [6]
· DIN V 4701-10 (heizungs- und anlagentechnischer Teil) [7]
Mit Einführung der DIN 4701-10 wurde eine handhabbare Methode geschaffen, gängige Hei-
zungs-, Lüftungs- und Trinkwassererwärmungsanlagen auf einheitlich primärenergetischer
Basis zu bewerten. Diese Methode ist hinsichtlich des Nachweisverfahrens der EnEV wich-
tig, da hierbei der Primärenergiebedarf eines Gebäudes zur Beheizung und Trinkwasserer-
wärmung begrenzt wird.
Somit wird die Möglichkeit geboten, verschiedene Anlagentechniken im Hinblick auf ihre e-
nergetische und wirtschaftliche Bilanz zu betrachten und zu vergleichen.

Zielsetzung und Vorgehensweise
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 4
2
Zielsetzung und Vorgehensweise
Im Rahmen dieser Arbeit wird vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Vorgaben eine
energetische und wirtschaftliche Bewertung verschiedener Anlagensysteme für die Behei-
zung eines vorgegebenen Einfamilienhauses durchgeführt. Ziel ist es hierbei, ein Heizungs-
system zu finden, das sowohl in Bezug auf die vorgegebenen baulichen Grundvorausset-
zungen als auch unter Berücksichtigung energetischer und wirtschaftlicher Belange eine
optimale Lösung darstellt.
Zunächst werden die Verfahren der EnEV vorgestellt und die allgemeine Vorgehensweise
behandelt. Anschließend wird das Einfamilienhaus mit seinen baulichen Eigenheiten vorge-
stellt und beschrieben.
Auf Basis des vereinfachten Heizperiodenbilanzverfahrens und des Monatsbilanzverfahrens
wird für jede Anlagenvariante der Jahres-Primärenergiebedarf mit daraus resultierender An-
lagenaufwandszahl ermittelt und die Ergebnisse ausgewertet.
Auf Grundlage einer Wärmebedarfsberechnung nach DIN 4701 werden für die einzelnen
Räume des Einfamilienhauses die Heizleistung der Plattenheizkörper bzw. der Fußboden-
heizkreise ermittelt, die Heizflächen ausgelegt und auf Basis des Normwärmebedarfs des
Gebäudes die Leistung des Heizkessels ermittelt.
Die wirtschaftliche Bewertung der verschiedenen Anlagensysteme erfolgt auf Basis der An-
nuitätenmethode und einer Amortisationsrechnung gemäß VDI 2067 und VDI 6025. Diese
allgemeinen Berechnungsverfahren werden zunächst vorgestellt und erläutert. Unter Be-
rücksichtigung der Randbedingungen zur Wirtschaftlichkeitsrechnung und der maßgeblichen
Einflussfaktoren wird die Wirtschaftlichkeit der betrachteten Anlagensysteme diskutiert und
ausgewertet.
Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Aspekten wird eine ökologische Bewertung vorgenommen,
die den CO
2
-Ausstoß der jeweiligen Anlagentechnik untersucht.
Abschließend wird die Anlagentechnik für das Einfamilienhaus ausgewählt, die den energe-
tisch und wirtschaftlich besten Kompromiss, auch im Hinblick auf die zu erwartende Entwick-
lung der Anlagentechnik, darstellt.

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 5
3 Energetische
Bewertung
3.1
Nachweisverfahren der EnEV
Die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs und der spezifischen Transmissionswär-
meverluste erfolgt mit Hilfe von zwei grundlegenden Berechnungsverfahren gemäß § 3 der
EnEV:
· Bei Wohngebäuden mit einem Fensterflächenanteil von max. 30% nach dem verein-
fachten Verfahren nach Anhang 1 Nr. 3 oder nach Anhang 1 Nr. 2 der EnEV
· Bei anderen Gebäuden nach dem in Anhang 1 Nr. 2 der EnEV festgelegten Nachweis-
verfahren (Monatsbilanzverfahren)
3.1.1
Heizperiodenbilanzverfahren (Vereinfachtes Verfahren)
Das Heizperiodenbilanzverfahren ist als ,,vereinfachtes Verfahren" in der EnEV enthalten und
ist wegen des relativ geringen Umfangs an Rechenschritten als Handrechenverfahren geeig-
net.
Es ist ein grobes, einfaches Berechnungsverfahren, das insbesondere für Vorbemessungen,
sowie für Gebäude mit geringer Planungstiefe, wie im Kleinhausbau üblich, geeignet ist.
Jedoch sei angemerkt, dass das Vereinfachte Verfahren grundsätzlich auch beim Mehrge-
schoss-Wohnungsbau angewendet werden kann, sofern die oben angeführten Randbedin-
gungen eingehalten werden.
Das Heizperiodenbilanzverfahren basiert auf dem in DIN V 4108-6 definierten Bilanzierungs-
verfahren für die Heizperiode. Dabei wird zur Bilanzierung der Wärmeströme die winterliche
Heizperiode mit 185 Tagen angesetzt, da die Anforderungen an das energiesparende Bauen
im Wesentlichen vom winterlichen Zeitraum bestimmt werden. Während dieses Zeitraums
wird der Heizwärmebedarf aus den Transmissionswärme- und Lüftungswärmeverlusten, ab-
züglich interner und solarer Gewinne, ermittelt.
Für den Referenzfall Deutschland wird eine Gradtagzahl von Gt = 2900 Kd zugrunde gelegt,
die sich aus der Heizperiode mit 185 Tagen ergibt.
Die Gradtagzahl ist maßgeblich abhängig von der Heizgrenztemperatur, die in Deutschland
mit 10°C angesetzt wird. Fällt die Außentemperatur unter diese Grenztemperatur, so muss
dem Gebäude Wärme zugeführt werden, da die internen und solaren Gewinne zur Aufrecht-
erhaltung der Soll-Innentemperatur nicht mehr ausreichen.
Die Nachtabsenkung einer Heizanlage beeinflusst die Gradtagzahl ebenfalls, so dass sich
für das Vereinfachte Verfahren ein Gradtagzahlfaktor von 66 ergibt.
Wärmebrücken werden beim Heizperiodenverfahren pauschal mit einem Zuschlag von 0,05
W/m
2
K berechnet. Dabei erfolgt der Zuschlag auf die gesamte wärmeübertragende Umfas-
sungsfläche ohne Beachtung der Temperaturkorrekturfaktoren. Vorausgesetzt wird bei die-
sem pauschalen Ansatz jedoch, dass die Ausführung der Konstruktionsdetails zur Verminde-
rung des Wärmebrückeneinflusses an Anlehnung des Beiblattes 2 zur DIN 4108 erfolgt.
Die Lüftungswärmeverluste des Gebäudes werden für die Heizperiode wie folgt festgelegt:
Ausgegangen wird beim Vereinfachten Verfahren nach EnEV von einem mit 80% vom Brut-
tovolumen festgelegten Luftvolumenstrom.
Erfolgt bei dem vorliegenden Gebäude eine Luftwechselprüfung nach DIN EN 13829 [8], wird
gemäß DIN V 4108-6 mit einer Luftwechselrate von 0,6 h
-1
gerechnet. Wird diese Luftwech-
selrate n multipliziert mit der wirksamen Speicherfähigkeit der Luft (0,34 Wh/m
3
K) und mit
dem Faktor zur Umrechnung des Bruttovolumens in das Nettovolumen (0,80) so ergibt sich
ein konstanter Faktor von 0,163.
Wird keine Prüfung durchgeführt, so wird eine Luftwechselzahl von 0,7 h
-1
angesetzt, die zu
einem konstanten Faktor von 0,19 führt.

Energetische Bewertung
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Seite: 6
Im Heizperiodenbilanzverfahren werden die Wärmegewinne des Gebäudes aus der Summe
der internen und solaren Gewinne gebildet.
Dabei sind die solaren Gewinne einer Heizperiode orientierungsabhängig zu ermitteln. Die
solaren Strahlungsangebote der Orientierungen sind in der EnEV für das Vereinfachte Ver-
fahren festgelegt. Die Einstrahlungswerte sind aufgrund von Einflussfaktoren, wie Fenster-
rahmen, Verschattung, Sonnenschutz und nicht senkrechter Strahlung, abzumindern. Pau-
schal wird hierbei ein Faktor von 0,567 angesetzt.
Die internen Gewinne des Gebäudes während der Heizperiode werden nutzflächenbezogen
mit 22 * A
N
angesetzt.
A
N
ist dabei die im Vereinfachten Verfahren mit 32% des über die Außenmaße ermittelten
Gebäudevolumens anzunehmende Gebäudenutzfläche, wobei sich der Faktor 22 folgen-
dermaßen zusammensetzt: Die internen Wärmegewinne werden in Wohngebäuden pau-
schal mit 5 W/m
2
berücksichtigt. Wird dieser Wert auf die Heizperiode von 185 Tagen umge-
rechnet, so ergibt sich daraus ein Wert von 5 * 185 = 925 Wd (Wd = Watt-Tage) je m
2
Be-
zugsfläche. Um die Gewinne in kWh angeben zu können, wird dieser Wert mit 0,024 (1 Wd =
0,024 kWh) multipliziert. Hieraus ergibt sich ein auf die Bezugsfläche bezogener Wert von
925 * 0,024 = 22,2 kWh.
Die Vorgehensweise und die einzelnen Rechenschritte zur Ermittlung des Jahres-
Heizwärmebedarfs nach dem vorgestellten Heizperiodenbilanzverfahren werden in Bild 1
zusammengefasst, Kapitel 3.2 behandelt die Berechnung des Jahes-Primärbedarfs.

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 7
A
N
= 0,32 * V
e
A =
Berechnung der Wärmedurchgangskoeffizienten U
i
[W/(m2K)]
Ermittlung der Temperatur-Korrekturfaktoren F
xi
[-]
H
T
= (A
i
*Ui*F
xi
)+0,05*A
H
V
=0,163*V
e
oder: H
V
=0,19*V
e
Q
S
=[(I
s
t)
j,HP
*(0,567*g
,i
*A
i
)]
Q
i
=22 * A
N
Q
h
=66*(H
T
+H
V
)­0,95*(Q
S
+Q
i
)
Bild 1 Berechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs
nach dem Heizperiodenbilanzverfahren [9]
Festlegung der Systemgrenze
Berechnung des Bruttovolumens V
e
[m
3
]
Berechnung der Nutzfläche AN [m
2
]
Berechnung der Flächen A
i
[m
2
]
· Fenster:
A
W,i
· Außenwand:
A
AW,i
· Dach (als Systemgrenze): A
D,i
· oberste Geschoßdecke (Dachraum nicht ausgebaut): A
D,i
· Abseitenwand (Drempelwand): A
U,i
· Wände und Decken zu unbeheizten Räumen: A
U,i
· Kellerdecke zu unbeheiztem Keller: A
G,i
· Fußboden auf Erdreich: A
G,i
· Fußboden und Wände des beheizten Kellers gegen Erdreich: A
g,i
Berechnung der Gebäudehüllfläche A [m
2
]
Berechnung des spezifischen Transmissionswärmeverlustes H
T
[W/K]
(die Wärmebrücken werden durch einen pauschalen Zuschlag von U
WB
=
0,05 W/(m
2
K) in Ansatz gebracht)
Berechnung des spezifischen Lüftungswärmeverlustes
H
V
[W/K] (mit Luftdichtheitsprüfung)
Ermittlung der Intensität der solaren Einstrahlung (I
s
t)
j, HP
[kWh/(m
2
HP)] für
jede Himmelsrichtung sowie für die Dachfläche
Berechnung der solaren Wärmegewinne Q
S
[kWh/a]
Berechnung der internen Wärmegewinne Q
i
[kWh/a]
Berechnung des Jahresheizwärmebedarfs Q
h
[kWh/a]

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 8
3.1.2 Monatsbilanzverfahren
Das Monatsbilanzverfahren ist anzuwenden, wenn die Anwendungsgrenzen des Vereinfach-
ten Verfahrens nicht eingehalten werden und/oder zusätzliche Einflüsse auf den Heizwärme-
bedarf berücksichtigt werden sollen.
So ist nur beim Monatsbilanzverfahren die Berücksichtigung von Strahlungswärmegewinnen
über opake Bauteile, unbeheizte Wintergärten, transparente Wärmedämmung und Lüftungs-
anlagen mit Wärmerückgewinnung, die den Heizwärmebedarf des Gebäudes zum Teil er-
heblich reduzieren, möglich und zulässig.
Es wird deshalb gegenüber dem Heizperiodenverfahren in der EnEV grundsätzlich privile-
giert behandelt, denn es ist bei allen Gebäuden einsetzbar und erzielt genauere Werte. Wie
groß die Unterschiede der beiden Verfahren für das vorliegende Einfamilienhaus tatsächlich
sind, kann aus Kapitel 3.11 entnommen werden, bei dem beide Rechenverfahren nebenein-
ander gestellt und verglichen werden.
Das Monatsbilanzverfahren macht jedoch aufgrund des hohen Berechnungsaufwandes die
Verwendung eines Computerprogramms erforderlich.
Wie der Name des Verfahrens vermuten lässt, bilanziert das Monatsbilanzverfahren alle
Gewinne und Verluste des Gebäudes monatlich. Dabei wird, im Gegensatz zum Vereinfach-
ten Verfahren, die monatliche Bilanzierung mit detaillierter Betrachtung von Art und Ausnut-
zungsgrad der Gewinne und der Beobachtung des standortbezogenen Klimas ermöglicht
und eine höhere Genauigkeit erzielt.
Die solaren Strahlungsgewinne werden im Monatsbilanzverfahren wie im Vereinfachten Ver-
fahren orientierungsabhängig berechnet. Dabei werden sie jedoch auf den Monat bezogen,
unter Anwendung der monatlichen Mittelwerte der Strahlungsangebote nach Tabelle D.5 der
DIN V 4108-6.
Auch die Berechnung der internen Gewinne wird monatsabhängig vorgenommen, wobei der
Wert nur in Abhängigkeit zu der Anzahl der Tage im Monat steht. In der DIN V 4108-6 ist für
Wohngebäude ein Richtwert für die internen Wärmegewinne von 5 W/m
2
angegeben.
Bei der Berechnung des spezifischen Transmissionswärmeverlustes wird nicht zwischen
beiden Verfahren unterschieden: Er setzt sich aus der Summe der spezifischen Transmissi-
ons- und der spezifischen Lüftungswärmeverlusten zusammen.
Die Temperaturkorrektur-Faktoren F
xi
können zum einen aus der Tabelle 3 der DIN V 4108-6
entnommen werden, wobei auch an das Erdreich angrenzende Bauteile nach den Vorgaben
der Tabelle 3 berechnet werden. Zum anderen kann eine genaue Berechnung des thermi-
schen Leitwertes über das Erdreich gemäß Anhang E der DIN V 4108-6 in Verbindung mit
DIN EN ISO 13370 [10] durchgeführt werden, die nochmals eine genauere Betrachtung er-
möglicht.
Das Monatsbilanzverfahren bietet, abweichend zum Heizperiodenbilanzverfahren, drei ver-
schiedene Möglichkeiten, Wärmebrücken zu berücksichtigen:
· Berechnung nach E DIN EN ISO 10211-2 mit Hilfe von -Werten
· Pauschalierte Berücksichtigung mit U
WB
= 0,05 W/m
2
K unter Berücksichtigung der
Konstruktionsanforderungen nach DIN 4108 Beiblatt 2
· Pauschalierte Berücksichtigung mit U
WB
= 0,10 W/m
2
K, sofern DIN 4108 Beiblatt 2
unberücksichtigt bleiben soll bzw. die Konstruktionen nicht als gleichwertig zu betrach-
ten sind
Die vorgestellten pauschalen Ansätze beziehen sich wie beim Vereinfachten Nachweis auf
die wärmeübertragende Umfassungsfläche.
Die Vorgehensweise und die einzelnen Rechenschritte zur Berechnung des Jahres-
Heizwärmebedarfs für das in diesem Abschnitt vorgestellte Monatsbilanzverfahren werden
im

Energetische Bewertung
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Seite: 9
Bild 2 zusammengefasst, die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs erfolgt in Kapitel
3.2.
A
N
= 0,32 * V
e
A = A
i
Berechnung der Wärmedurchgangskoeffizienten U
i
[W/(m
2
K)]
Q
l, M
=0,024*(H
T, M
+H
V
)*(
i
­
e, M
)*t
M
Q
h
= Q
h, M/pos
mit
Q
h, M/pos
0!
Bild 2 Berechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs
nach dem Monatsbilanzverfahren [9]
Festlegung der Systemgrenze
Berechnung des Bruttovolumens V
e
[m
3
]
Berechnung der Nutzfläche AN [m
2
]
Berechnung der Flächen A
i
[m
2
]
· Fenster:
A
W,i
· Außenwand:
A
AW,i
· Dach (als Systemgrenze): A
D,i
· oberste Geschoßdecke (Dachraum nicht ausgebaut): A
D,i
· Abseitenwand (Drempelwand): A
U,i
· Wände und Decken zu unbeheizten Räumen: A
U,i
· Wände und Decken zu niedrig beheizten Räumen: A
nb,i
· Wände und Decken zu unbeheizten Glasvorbauten: A
U,i
· Kellerdecke zu unbeheiztem Keller: A
G,i
· Fußboden auf Erdreich: A
G,i
· Fußboden und Wände des beheizten Kellers gegen Erdreich: A
g,i
Berechnung der Gebäudehüllfläche A [m
2
]
Berechnung der monatlichen spezifischen Transmissions-Wärmeverluste
H
T,M
[W/K]
(unter Berücksichtigung der Wärmebrückeneffekte)
Berechnung des spezifischen Lüftungswärmeverlustes
H
V
[W/K]
Ermittlung der monatlichen Mittelwerte der Außenlufttemperatur
e, M
[°C]
Berechnung der monatlichen Wärmeverluste Q
l, M
[kWh/Monat]
Berechnung der Reduzierung der monatlichen Wärmeverluste
il, M
[kWh/Monat] infolge Heizunterbrechung
Ermittlung der mittleren monatlichen Strahlungsintensität I
S, M
[W/m
2
] für alle
Himmelsrichtungen sowie die Horizontale
Berechnung der monatlichen Wärmegewinne Q
g, M
[kWh/Monat]
Berechnung des monatlichen Ausnutzungsgrades
M
und des monatlichen
Heizwärmebedarfs Q
h, M
[kWh/Monat]
Berechnung des Jahresheizwärmebedarfs Q
h
[kWh/a]

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 10
3.2
Primärenergiebedarf nach DIN 4701-10
Der Jahresheizwärmebedarf Q
h
stellt jedoch, auf das Anforderungsniveau der EnEV bezo-
gen, nur eine rechnerische Zwischengröße dar. Der Jahres-Primärenergiebedarf ist die
maßgeblich ermittelte Größe beim Energieeinsparnachweis, die ökologischen und volkswirt-
schaftlichen Aspekten Rechnung trägt.
Der Jahres-Primärenergiebedarf wird auf Basis der DIN 4701-10 ermittelt und setzt sich aus
den Größen Jahres-Heizwärmebedarf, Jahres-Trinkwasserwärmebedarf und der primär-
energetisch bezogenen Anlagenaufwandszahl zusammen.
Die Anlagenaufwandszahl beschreibt den zur Deckung des gesamten Heizwärme- und
Trinkwarmwasserbedarfs benötigten Aufwands innerhalb und außerhalb des Gebäudes.
Die Ermittlung der Anlagenaufwandszahl kann auf drei verschiedene Arten ermittelt werden:
· Detailliertes Verfahren (Rechenverfahren) nach Abschnitt 5 der DIN V 4701-10
· Tabellenverfahren nach Anhang C der DIN V 4701-10
· Diagrammverfahren nach Anhang C der DIN V 4701-10
3.2.1 Detailliertes
Verfahren
Das detaillierte Verfahren ermöglicht eine exakte Berücksichtigung der anlagenspezifischen
Kennwerte, sofern diese vom Händler bekannt sind. Dabei sind jedoch prinzipiell die Kennt-
nisse sämtlicher Anlagendetails erforderlich.
Sind diese Informationen vorhanden, so kann eine Aufwandszahl berechnet werden, die sich
am tatsächlichen energetischen Niveau der Anlage orientiert. Somit ist es möglich, bei ent-
sprechender Anlagentechnik mit dem detaillierten Verfahren auch die günstigsten Aufwands-
zahlen zu berechnen.
3.2.2 Tabellenverfahren
Beim Tabellenverfahren ist eine rechnerische Ermittlung des Primärenergiebedarfs und der
Aufwandszahl mit den in der Norm verwendeten Standard-Kennwerten möglich. Die benötig-
ten Kennwerte können den Anhängen C1 bis C4 der DIN V 4701-10 entnommen und in die
in Anhang A der DIN V 4701-10 zur Verfügung gestellten Berechnungsblätter eingetragen
werden.
Diese Standard-Kennwerte orientieren sich allerdings am unteren energetischen Durch-
schnitt des Marktniveaus, so dass nicht die günstigste Aufwandszahl für das Anlagensystem,
wie es beim detaillierten Verfahren möglich ist, ermittelt werden kann. Insofern bestehen
beim Tabellenverfahren auch noch Reserven hinsichtlich der Aufwandszahlen.
Diese Tatsache kann kompensiert werden, indem Anlagenaufwandszahlen des Herstellers
verwendet werden. Leider liegen diese Zahlen noch nicht vor bzw. stehen noch nicht zur
Verfügung. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die anlagenspezifischen e
p
- Werte in nächs-
ter Zukunft bereitgestellt werden.
3.2.3 Diagrammverfahren
Das Diagrammverfahren eignet sich zur überschläglichen Ermittlung der Aufwandszahl in der
Vorplanungsphase. Hierzu stehen für sechs übliche Anlagensysteme Diagramme im Anhang
C5 der DIN V 4701-10 zur Verfügung, anhand derer die Aufwandszahl, der Primärenergie-
bedarf und der Endenergiebedarf ermittelt werden kann. Weitere Diagramme für typische
Anlagensysteme enthält das Beiblatt zur DIN V 4701-10.

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 11
3.3
Ermittlung der Anlagenaufwandszahl nach dem Tabellenverfahren
Da bei der folgenden Betrachtung des Einfamilienhauses die Anlagen-Aufwandszahl e
P
nach
dem Tabellenverfahren ermittelt wird, wird der Ablaufalgorithmus dieses Verfahrens detail-
liert betrachtet und erläutert.
Die Anlagen-Aufwandszahl ermittelt man, indem die verwendete Anlagentechnik in der Rei-
henfolge Trinkwassererwärmung, Lüftung und Heizung getrennt voneinander berechnet wird.
Zunächst werden dabei das Trinkwassererwärmungssystem und die Lüftungsanlage berech-
net, um den Primärenergiebedarf und die Wärmeenergie der beiden Anlagen zu ermitteln,
die nicht mehr von der Heizungsanlage gedeckt werden muss.
Diese Wärmeenergie kann vom Jahres-Heizwärmebedarf des Gebäudes abgezogen und die
Heizungsanlage entsprechend ausgelegt werden.
Diese Berechnung ergibt abschließend die Anlagen-Aufwandszahl e
P
der gesamten Anla-
gentechnik inklusive der Hilfsenergie.
3.3.1 Trinkwassererwärmung
Die Grundeinheit der Berechnung bildet der Trinkwarmwasser-Strang, der im Allgemeinen
grundsätzlich aus mindestens einem Wärmeerzeuger, bei Bedarf einem Speicher, einem
Verteilerstrang und mindestens einer Art der Nutzenübergabe besteht.
Bei der Berechnung eines Trinkwarmwasser-Strangs wird die flächenbezogene Wärmeener-
gie (q
TW
) und die Hilfsenergie (q
TW, HE
) mit Hilfe von Anhang C der DIN V 4701-10 grundsätz-
lich getrennt voneinander berechnet.
Zur Berechnung des Wärmeenergiebedarfs (q
TW
) wird zunächst die Wärmemenge bestimmt,
die von den Wärmeerzeugern bereitzustellen ist. Sie wird aus der Addition des Trinkwasser-
wärmebedarf des Gebäudes q
tw
und den Wärmeverlusten bei der Wärmeübergabe, -
Verteilung und ­Speicherung ermittelt.
Mittels Multiplikation der somit erhaltenen Summe mit der Aufwandszahl des Wärmeerzeu-
gers und den Primärenergie-Umwandlungsfaktoren erhält man den Wärmeenergiebedarf
(q
TW, WE,P
).
Gleichung 1
Q
TW,P
= (q
tw
+ q
TW, ce
+ q
TW, d
+ q
TW, s
) * (e
TW, g, i
*
TW, g, i
* f
P, i
)
Wenn die Verteilung q
TW, d
und Speicherung q
TW, s
innerhalb des beheizten Bereiches des
Gebäudes erfolgt, so können die Verluste dieser Prozessbereiche zu einem Teil der Heizung
als Wärmegutschrift q
h, TW, d
und q
h, TW, s
zugerechnet werden.
Der elektrische Hilfsenergiebedarf wird folgendermaßen ermittelt:
Zunächst wird der benötigte Hilfsenergiebedarf zur Übergabe, Verteilung, Speicherung und
Erzeugung der Wärme addiert.
Gleichung 2
q
h, TW
=
q
h, TW, d
+
q
h, TW, s
Durch Multiplikation der Hilfsenergie mit dem Primärenergie-Umwandlungsfaktor für Strom
ergibt sich der primärenergetisch bewertete Hilfsenergiebedarf (q
TW, HE, P
).
Gleichung 3
Q
TW, HE, P
= (q
TW, ce
,
HE
+ q
TW, d, HE
+ q
TW, s,HE
+ q
TW, g, HE, i
*
TW, g, i
) * f
P
Den flächenbezogenen Primärenergiebedarf des Trinkwarmwasser-Strangs erhält man
durch die Addition von Wärme- und Hilfsenergiebedarf:
Gleichung 4
Q
TW, P
= q
TW, WE, P
+ q
TW, HE, P

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Seite: 12
Der Jahres-Primärenergiebedarf des Trinkwarmwassers ergibt sich aus der Multiplikation mit
der Nutzfläche A
N
:
Gleichung 5
Q
TW, P
= (q
TW, WE, P
+ q
TW, HE, P
) * A
N
3.3.2 Lüftungsanlage
Wird bei einem Gebäude eine Lüftungsanlage eingesetzt, so trägt diese zur Deckung des
Heizwärmebedarfs bei.
Bei der Berechnung wird dies berücksichtigt, in dem der Heizwärmebedarf q
h
des Gebäudes
um den durch die Lüftungsanlage gedeckten Anteil qh, L minimiert wird.
Die Grundstruktur der Berechnung der Lüftungsanlage bildet der Lüftungsstrang, der im All-
gemeinen aus mindestens einem Wärmeerzeuger, einem Luftversteilerstrang und mindes-
tens einer Wärmeübergabeeinrichtung besteht.
Bei der energetischen Berechnung eines Lüftungsstranges wird die flächenbezogene Wär-
meenergie (q
L
bzw. q
L, WE
) und die Hilfsenergie (q
L, HE
) mit Hilfe von Anhang C der DIN V
4701-10 grundsätzlich getrennt voneinander berechnet.
Zur Ermittlung des Wärmeenergiebedarfs (q
L, WE, P
) eines Lüftungsstranges wird für jeden
Wärmeerzeuger die Erzeuger-Wärmeenergie (q
L, g, i
) mit der Aufwandszahl des Wärmeer-
zeugers (e
L, g, i
) und dem Primärenergie-Umwandlungsfaktor (f
P, i
) multipliziert.
Gleichung 6
Q
L, WE,P
= (q
L, g, I
* e
L, g, i
* f
P, i
)
Diese Gleichung beschreibt jedoch nur den Primärenergieaufwand, der zur Erzeugung der
Wärme für die Zuluft erforderlich ist.
Die Wärmemenge der Lüftungsanlage (q
h, L
) wird ermittelt, indem die von den Wärmeerzeu-
gern abgegebene Energiemenge (q
L, g
) von den Verlusten der Verteilung (qL, d) und der Ü-
bergabe (qL, ce) der Wärme abgezogen wird.
Gleichung 7
q
h, L
= (q
L, g, i
- q
L, d
- q
L, ce
)
Der elektrische Hilfsenergiebedarf wird folgendermaßen ermittelt:
Zunächst wird der benötigte Hilfsenergiebedarf zur Übergabe, Verteilung, Speicherung und
Erzeugung der Wärme addiert.
Durch Multiplikation der Hilfsenergie mit dem Primärenergie-Umwandlungsfaktor für Strom
ergibt sich der primärenergetisch bewertete Hilfsenergiebedarf (q
L, HE, P
).
Gleichung 8
Q
L, HE, P
= (q
L, ce, HE
+ q
L, d, HE
+ q
L, g, HE, i
) * f
P
Den flächenbezogenen Primärenergiebedarf der Lüftungsanlage erhält man durch die Addi-
tion von Wärme- und Hilfsenergiebedarf:
Gleichung 9
q
L, P
= q
L, WE, P
+ q
L, HE, P
Der Jahres-Primärenergiebedarf der Lüftungsanlage ergibt sich aus der Multiplikation mit der
Nutzfläche A
N
:
Gleichung 10
Q
L, P
= (q
L, WE, P
+ q
L, HE, P
) * A
N

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Seite: 13
3.3.3 Raumheizung
Die Grundeinheit der Berechnung bildet der Heizstrang, der im allgemeinen Fall aus mindes-
tens einem Wärmeerzeuger, bei Bedarf einem Pufferspeicher, einem Wärmeverteilerstrang
und mindestens einer Wärmeübergabeeinrichtung besteht.
Bei der Berechnung eines Heizstrangs wird die flächenbezogene Wärmeenergie (q
h
bzw. q
h,
WE
) und die Hilfsenergie (q
h, HE
) mit Hilfe von Anhang C der DIN V 4701-10 grundsätzlich ge-
trennt voneinander berechnet.
Zur Berechnung des Wärmeenergiebedarfs (q
h, WE
) wird zunächst die Wärmemenge be-
stimmt, die von den Wärmeerzeugern bereitzustellen ist. Sie wird aus der Subtraktion des
Heizwärmebedarfs des Gebäudes q
h
und der Heizwärmegutschriften der Trinkwassererwär-
mung im beheizten Bereich q
h, TW
sowie ggf. dem Anteil am Heizwärmebedarf durch eine
Lüftungsanlage (q
h, L
) ermittelt.
Anschließend wird der Wärmeaufwand für die Übergabe, Verteilung und Speicherung ad-
diert. Mittels Multiplikation der somit erhaltenen Summe mit der Aufwandszahl der Wärmeer-
zeuger, dem Deckungsanteil und dem Primärenergie-Umwandlungsfaktor für jeden Erzeuger
erhält man den Wärmeenergiebedarf (q
h, WE,P
).
Gleichung 11
q
h, WE,P
= (q
h
- q
h, TW
- q
h, L
+ q
H, ce
+ q
H, d
+ q
H, s
) * (e
H, g, i
*
H, g, i
* f
P, i
)
Der elektrische Hilfsenergiebedarf wird folgendermaßen ermittelt:
Zunächst wird der benötigte Hilfsenergiebedarf zur Übergabe, Verteilung, Speicherung und
Erzeugung der Wärme addiert.
Durch Multiplikation der Hilfsenergie mit dem Primärenergie-Umwandlungsfaktor für Strom
ergibt sich der primärenergetisch bewertete Hilfsenergiebedarf (qh, HE, P).
Gleichung 12
q
h, HE, P
= (q
h, ce
,
HE
+ q
H, d, HE
+ q
H, s,HE
+ q
H, g, HE, i
*
H, g, i
) * f
P
Den flächenbezogenen Primärenergiebedarf des Heizungsstrangs erhält man durch die Ad-
dition von Wärme- und Hilfsenergiebedarf:
Gleichung 13
q
H, P
= q
H, WE, P
+ q
H, HE, P
Der Jahres-Primärenergiebedarf der Lüftungsanlage ergibt sich aus der Multiplikation mit der
Nutzfläche A
N
:
Gleichung 14
Q
H, P
= (q
H, WE, P
+ q
H, HE, P
) * A
N
3.4
Vorstellung des Gebäudes
Die Geometrie des im Folgenden berechneten Einfamilienhauses ist mit Hilfe der Ansichten,
Grundrisse und Schnitte in Kapitel 1.1­1.8 im Anhang
dargestellt.
Es handelt sich bei dem betrachteten Objekt um eine Doppelhaushälfte, so dass die Haus-
trennwand zum Nachbargebäude keine Beachtung beim Nachweis der EnEV findet.
Das Kellergeschoss bindet vollständig in das Erdreich ein und ist genau wie das Erdge-
schoss und das Dachgeschoss voll beheizt. Da ein Luftverbund zwischen Dachgeschoss
und Spitzboden besteht, wird dieser auch als voll beheizt betrachtet.
Die Gasheizung ist im Kellerflur westlich der Treppe angebracht.
Das Kellergeschoss ist mit WU ­ Beton und Perimeterdämmung ausgestattet, die restlichen
Geschosse besitzen entweder ein zweischaliges Mauerwerk mit Wärmedämmung oder ein
Wärmedämmverbundsystem.
Die Gaubenseitenwände bestehen aus einem Holzständerwerk, das Gaubendach ist ein
nicht belüftetes Flachdach (Warmdach), das Schrägdach ein gedämmtes Pfettendach mit
Kehlbalken.

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Seite: 14
3.4.1 Gebäudespezifische
Kenngrößen
In diesem Abschnitt werden zunächst die wesentlichen Kenngrößen des Gebäudes, die zur
Berechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs nach dem Heizperiodenbilanzverfahren und dem
Monatsbilanzverfahren erforderlich sind, vorgestellt.
Die Randbedingungen und die Übersicht über die Korrekturfaktoren können für das Verein-
fachte Verfahren in Kapitel 2.1­2.2 des Anhangs, für das Monatsbilanzverfahren in Kapitel
3.1-3.2 des Anhangs nachgeschlagen werden.
Die detaillierten Flächen-, Volumen und U- Wertberechnungen finden sich aus Übersichtlich-
keitsgründen nicht im laufenden Text, sondern ebenfalls im Anhang wieder. Dabei behandelt
Kapitel 2 des Anhangs die Berechnung nach dem Heizperiodenverfahren, Kapitel 3 des An-
hangs umfasst die Berechnung nach dem Monatsbilanzverfahren.
Die einzelnen Hüllflächenbauteile sind in den Kapiteln 1.12.1-1.12.4 und 1.14.1-1.14.3 des
Anhangs dargestellt, aus denen der jeweilige spezifische Aufbau hervorgeht.
Variablen
Angaben
Hüllfläche
A = 472,74 m
2
(siehe Flächenberechnung Tabelle)
Volumen V
e
= 920,06 m
3
(Bruttovolumen, siehe Volumenberechnung Tabelle)
A/V
e
- Verhältnis
A/V
e
= 0,51 m
-1
Nutzfläche A
N
= 294,4 m
2
(A
N
= 0,32 * V
e
, gemäß DIN V 4108-6, Tabelle D.1)
Tabelle 1
Gebäudespezifische Kenngrößen
3.4.2 Inhomogene
Bauteile
Die inhomogenen Bauteile Schrägdach, Gaubendach und Gaube in den Seitenbereichen
werden nach DIN EN ISO 6946 [11] berechnet.
Dabei wird ein oberer und unterer Grenzwert des Wärmedurchgangswiderstandes (R'
T
und
R''
T
) gebildet. Der obere Grenzwert des Wärmedurchgangswiderstandes entspricht der bis-
herigen Berechnung nach DIN 4108 ­ 5 [12] und berücksichtigt die unterschiedlichen Wär-
meleiteigenschaften des Bauteils in Richtung des Wärmestroms. Zusätzlich dazu wird von
dem unteren Grenzwert die Querleitung des Wärmestroms innerhalb der inhomogen aufge-
bauten Bauteilschichten berücksichtigt.
Bei der Berechnung des unteren Grenzwertes wird der flächenbezogene Mittelwert der
Wärmeleitfähigkeit und daraus der flächenbezogene Mittelwert des Wärmedurchlasswider-
standes R jeder Schicht, die aus einem oder mehreren Baustoffen mit unterschiedlichen
Wärmeleiteigenschaften besteht, gebildet.
Den unteren Grenzwert R''
T
erhält man aus den mittleren Wärmedurchlasswiderständen der
Schichten und den Wärmeübergangswiderständen innen und außen. Aus dem Mittelwert von
R'
T
und R''
T
wird der resultierende Wärmedurchgangskoeffizient R
T
gebildet. Der Umkehr-
wert von R
T
stellt den Wärmedurchgangskoeffizienten U [W/(m
2
K)] = 1/R
T
dar.
Die Wärmedurchgangskoeffizienten der einzelnen Bauteile sind in
Tabelle
2
zusammengestellt.

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3.4.3 Homogene
Bauteile
Bei einer homogen aufgebauten Schicht sind im Gegensatz zum inhomogenen Aufbau mitt-
lerer und tatsächlicher Wärmedurchlasswiderstand einer Schicht identisch. Die Berechnung
erfolgt analog dem Berechnungsschema der inhomogenen Schichten: Aus der Summe der
mittleren Wärmedurchlasswiderstände und den Wärmeübergangswiderständen wird der
Wärmedurchgangskoeffizient gebildet, dessen Kehrwert den Wärmedurchgangskoeffizienten
der entsprechenden Schicht darstellt.
Die homogen aufgebauten Bauteile werden in Kapitel 1.12.1-1.12.4 des Anhangs dargestellt,
die entsprechenden Wärmdurchgangskoeffizienten finden sich in Tabelle 2.
Wärmedurchgangskoeffizient U
Bauteil
[W/(m
2
K)]
Bodenplatte 0,37
Außenwand an Erdreich
0,36
Außenwand an Außenluft
0,25
Gaube, Wärmedämmverbundsystem
0,26
Gaube in den Seitenbereichen
0,24
Gaubendach 0,21
Schrägdach 0,22
Haustür 0,76
Fenster 1,50
Tabelle 2
Übersicht über die Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmedämmenden Hüllfläche
3.5
Berechnung nach dem Heizperiodenbilanzverfahren
Das beschriebene Gebäude wird nachfolgend nach dem vereinfachten Heizperiodenbilanz-
verfahren (Vereinfachtes Verfahren) berechnet.
Dieses Verfahren kann angewendet werden, da es sich bei dem betrachteten Objekt um ein
Wohngebäude handelt und der Fensterflächenanteil kleiner als 30% ist.
Gleichung 15
f = (49,68 / (49,68 + 317,84) = 0,19
19% < 30%
In Kapitel 2.1 des Anhangs werden die Randbedingungen zur Berechnung nach dem Heiz-
periodenbilanzverfahren dargelegt, Kapitel 2.2 des Anhangs behandelt die verwendeten Kor-
rekturfaktoren.
Die EnEV fordert zwei Nachweise für den Energieeinsparnachweis:
· Nachweis der Transmissionswärmeverluste H
T
'
· Nachweis des Primärenergiebedarfs Q
P
''

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Seite: 16
3.5.1
Nachweis der spezifischen Transmissionswärmeverluste H
T
'
Bei dem Nachweisverfahren der Transmissionswärmeverluste H
T
' handelt es sich um ein
Verfahren, das den ausreichenden baulichen Wärmeschutz nachweist, in dem der spezifi-
sche, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogene Transmissionswärmeverlust
H
T
' ermittelt und durch einen Maximalwert beschränkt wird. Damit wird sichergestellt, dass
das Gebäude zumindest das in der WSchVO geforderte Dämmniveau erfüllt.
Der entsprechende Nachweis nach EnEV wird in Gleichung 16 geführt:
Gleichung 16
H
T
'
vorh.
= 0,42 W/(m
2
K) < H
T
'
zul.
= 0,59 W/(m
2
K)
3.5.2
Nachweis des spezifischen Primärenergiebdarfs Q
P
''
Der Nachweis des auf die Nutzfläche des Gebäudes bezogene Primärenergiebedarfs Q
P
''
wird ebenfalls durch das Abgleichen mit einem Maximalwert durchgeführt.
Da dem Nachweis des Primärenergiebedarfs Q
P
'' vier verschiedene Anlagensysteme
zugrunde liegen, werden diese unterschiedlichen Systeme zunächst vorgestellt und berech-
net. Der entsprechende Nachweis für die beschriebenen Systeme wird in Tabelle 4 geführt.
Die ausführliche Berechnung findet sich in Kapitel 2.4-2.7 des Anhangs.
3.6 Anlagentechnik
In dieser Arbeit werden vier verschiedenen Anlagenkombinationen mit unterschiedlichen
Energineveaus unterschieden:
· Niedertemperaturkessel
· Brennwertkessel
· Brennwertkessel mit solarer Trinkwarmwasserunterstützung
· Brennwertkessel mit solarer Trinkwarmwasserunterstützung und einer kontrollierten
Wohnungslüftung in Form einer Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung

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3.6.1 Niedertemperaturkessel
(Heizwerttechnik)
Niedertemperaturkessel sind Wärmeerzeuger, die zwecks Verringerung der Verluste und
Erhöhung des Wirkungsgrades mit abgesenkter oder gleitender Temperatur gefahren wer-
den.
Sie werden temperaturveränderlich zwischen Raumtemperatur (bei totaler Abschaltung) und
maximal etwa 80° C betrieben. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, das Kesselwasser ex-
akt bis zu der Temperatur aufzuheizen, die zum Erreichen der gewünschten Raumtempera-
tur benötigt wird.
Noch bis vor wenigen Jahren war dies nicht möglich, denn die Betriebstemperatur bei Kes-
seln lag bei ca. 80° C. Geringere Temperaturen waren nicht möglich, denn wird die Kessel-
wassertemperatur von ca. 56° C beim Verbrennen von Erdgas bzw. ca. 46° C bei Heizöl un-
terschritten, kann es zu Kondenswasserbildung aus den heißen Rauch- bzw. Abgasen kom-
men. Diese schlagen sich dann an den Wandflächen des Kessels nieder und lösen Korrosi-
onsvorgänge aus.
Bei Niedertemperaturkessel sind diese hohen Betriebstemperaturen konstruktionsbedingt
nicht erforderlich, da durch die Verwendung von widerstandsfähigen und speziell beschichte-
ten Materialien auch bei niedrigen Temperaturen keine Schäden entstehen. Kondensation
wird in den Heizgaswegen des Kessels weitgehend vermieden bzw. tritt nur kurzzeitig auf
und kann den Kessel aufgrund der gewählten Materialien nicht durch Korrosion gefährden.
Als am korrosionsbeständigsten haben sich Kessel aus Gusseisen bzw. beschichtetem E-
delstahl erwiesen.
Niedertemperaturkessel werden sowohl auf Öl-, als auch auf Gasbasis betrieben.
Vorteil von Niedertemperaturkesseln ist zum einen die Ressourcenschonung im Vergleich zu
Heizkesseln früherer Tage: Hierbei musste das hochtemperierte Vorlaufwasser mit Kessel-
temperatur erst mit kälterem Rücklaufwasser gemischt werden, bevor man es in das Lei-
tungsnetz des Hauses einspeisen konnte, da es eine zu hohe Temperatur hatte.
Moderne Niedertemperaturkessel hingegen besitzen einen an der Außenwand angebrachten
Temperaturfühler, der je nach Außentemperatur die Kesselwasser- oder Vorlauftemperatur
regelt und somit Stillstandsverluste minimiert.
Zum anderen herrschen geringere Abgasverluste von ca. 6% vor, da sich die Abgastempera-
tur mit der geringeren Kesselwassertemperatur ebenfalls verringert.
Dadurch ergibt sich ein höherer Nutzungsgrad im Jahresbetrieb. [13]

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3.6.2 Brennwertkessel
(Brennwerttechnik)
Brennwertkessel arbeiten wie auch Niedertemperaturkessel mit gleitender Betriebstempera-
tur, jedoch mit grundsätzlich niedrigeren Temperaturen, die bei ca. 55 °C liegen.
Die temperaturbendingte Kondensation des im Rauch- bzw. Abgas enthaltenen Wasser-
dampfes wird jedoch nicht unterbunden, sondern bewusst gefördert, um die im Wasserdampf
enthaltene so genannte ,,latente" Wärme zu nutzen. Dabei ist die Menge des zu gewinnen-
den Wasserdampfes abhängig von der Auslegungstemperatur der Heizung: Je niedriger die-
se ausgelegt ist, desto größer ist der Anteil am Wasserdampf, der zur Kondensation ge-
bracht wird und als Kondensationswärme genutzt werden kann.
Um die latenten Wärmegewinne zu nutzen, werden die Rauch- bzw. Abgase also nicht direkt
über den Schornstein abgeleitet, sondern gelangen in einen Kondensationswärmetauscher,
in dem der Wasseranteil der Abgase zur Kondensation gebracht wird (s. Bild 3). Die dadurch
freigesetzte Wärmeenergie wird nutzbringend zur Heizwassererwärmung im Kessel einge-
setzt.
Bild 3
Gas-Brennwerttechnik [14]
Der somit erreichte Anteil an Zusatzenergie richtet sich nach dem eingesetzten Brennstoff
und beträgt für Heizöl ca. 6%, für Erdgas fast 11%.
Die nun deutlich abgekühlten Abgase, die je nach momentaner Feuerungsleistung nur 3 ­ 10
K über der Heizwasser-Rücklauftemperatur liegen, werden mit Unterstützung von Ventilato-
ren ins Freie befördert, da der Dichte-Unterschied zwischen Außenluft und Abgas zu groß für
einen Standardkamin ist. Deshalb müssen zur Abführung der kühlen Abgase druckdichte
Rohrsysteme eingesetzt werden.
Zusätzlich müssen spezielle, nicht korrodierende Abgasrohre z.B. aus Keramik mit glasierter
Innenwandung, Glas, Kunststoff, Edelstahl- oder Aluminiumlegierungen verwendet werden,
da diese die Absetzung des Kondensats und damit die zunehmende Versottung des Schorn-
steins verhindern.
Idealerweise wird ein Brennwertkessel mit einer Fußbodenheizung kombiniert, da durch die
niedrigen Kesseltemperaturen auch niedrige Vorlauftemperaturen entstehen, die ausrei-
chend große Heizflächen benötigen. [13]

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Seite: 19
3.6.3
Unterschied zwischen Heizwert und Brennwert
Als Heizwert wird die Energie bezeichnet, die bei einer vollständigen Verbrennung abgege-
ben wird, wenn Rauch- oder Abgas bei konstantem Druck bis auf die Bezugstemperatur zu-
rückgekühlt werden. Dabei bleibt der aus der Verbrennung entstandene Wasserdampf hier-
bei jedoch gasförmig. Dieser Wert wurde früher als ,,unterer Heizwert H
u
" bezeichnet.
Der Heizwert eines Brennstoffes war in früheren Zeiten deshalb so wichtig, da es zwingend
notwendig war, den Wasserdampf im Abgas durch hohe Abgastemperaturen gasförmig zu
belassen, um eine mögliche Korrosion des Heizkessels oder ein Versotten des Schornsteins
zu verhindern.
Der Brennwert beinhaltet hingegen neben der bei einer vollständigen Verbrennung abgege-
ben Energie zusätzlich die Energie, die durch die Kondensation des Wasserdampfes ent-
steht. Der Heizwert konventioneller Kessel wird also mit 100% gleichgesetzt. Wird nun die
ausgenutzte Kondensationswärme dazu addiert, so ergibt sich der Brennwert von über
100%. Früher wurde dieser Wert als ,,oberer Heizwert H
o
" bezeichnet. Moderne Brennwert-
kesseln erreichen Brennwerte von 105% bei Ölfeuerung und 108% bei Gasbrennern (s. Bild
4).
Vor diesem Hintergrund lassen sich diese auf den ersten Blick ungewöhnlich hohen Nut-
zungsgrade von über 100 % Prozent bei Brennwertkesseln erklären.
Der Jahresnutzungsgrad von Niedertemperaturkesseln kann durch diese Art der Kesselkon-
struktion nochmals bei Ölfeuerung um 5 - 7%, bei Gasfeuerung um 10 ­ 14% verbessert
werden. [13]
Bild 4
Wirkungsgrade unterschiedlicher Kesselarten
abhängig von der Auslastung [15]

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Seite: 20
3.6.4
Brennwertkessel mit solarer Unterstützung der Trinkwassererwärmung
Solaranlagen können in Kombination mit Zusatzheizsystemen eingesetzt werden. Dabei be-
heizt die Solaranlage in den Sommermonaten hauptsächlich den Warmwasserspeicher des
Hauses. Erst die überschüssige Energie könnte theoretisch zur Deckung des Heizenergie-
bedarfs für Raumwärme genutzt werden. Da im Sommer jedoch von dem Fall ausgegangen
wird, dass keine Raumheizung benötigt wird und im Winter aufgrund der geringen Strah-
lungsintensität keine maßgeblichen Energiegewinne erzielt werden können, wird in Deutsch-
land die Solarenergie hauptsächlich für die zusätzliche Trinkwassererwärmung verwendet.
Bild 5
Heizkessel mit Sonnenkollektoranlage und Kombispeicher [16]
In der Übergangszeit und im Winterhalbjahr wird zusätzliche Energie benötigt, um die Behei-
zung der Räume und des Trinkwarmwassers bereitzustellen. Im betrachteten Fall übernimmt
diese Zusatzbeheizung ein Brennwertkessel.
Die Bereitstellung von Warmwasser erfolgt ganzjährig ohne Beschränkung, wobei das
Warmwasser in den Sommermonaten bis zu 100% durch die Solaranlage erwärmt wird, im
Winter einen Deckungsgrad von 10 ­ 20% erreicht.
In der Praxis kann somit ein solarer Deckungsgrad von 50 ­ 70%, abhängig von der Kollek-
torbauweise, erzielt werden.
Die konventionelle Nachheizung, die durch den Brennwertkessel übernommen wird, sorgt
auch an Tagen mit mäßiger Sonneneinstrahlung für ausreichende Bereitstellung von Warm-
wasser.
Wenn ausreichend Sonneneinstrahlung vorhanden ist, wird die im Kollektor erwärmte Sole-
flüssigkeit durch eine Pumpe dem Speicher zugeführt, um das Wasser zu erwärmen (Bild 5).
Die Pumpe kommt dabei bei einer Temperaturdifferenz von ca. 5 K zwischen Kollektor und
Speicher zum Einsatz. Die Nachheizung erfolgt im Regelfall zentral elektrisch, durch Gas-
durchlauferhitzer oder durch Zentralheizungen. [13]

Energetische Bewertung
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Seite: 21
3.6.5
Zu- /Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Wärmeerzeugern können Zuluft- und Abluftanlagen
zur Wärmerückgewinnung aus der Raumluft eingesetzt werden. Beim Lüften von Gebäuden
geht Energie in Form von Wärme verloren. Werden mechanische Lüftungsanlagen mit
Wärmerückgewinnung eingesetzt, ist es möglich, einen Großteil dieser Energie wieder
nutzbar zu machen.
Bild 6
Wohnungslüftungs- System mit Wärmerückgewinnung [16]
Dabei wird aus Räumen wie Küche, Bad und WC die Abluft abgesaugt und zu einem Wär-
metauscher geführt, der in den meisten Fällen im Dachgeschoss angeordnet wird. Hier wird
ein Teil der im Abluftstrom enthaltenen Wärme an die Zuluft übertragen, ohne dass sich die
Luftströme vermischen. Die so zurückgewonnene Energie wird mit dem Zuluftstrom den
Wohn-, Schlaf-, und Arbeitsräumen wieder zugeführt. Der Lufttransport im Gebäude muss
unter Einsatz von Ventilatoren über ein Zu- und Abluftkanalsystem erfolgen. Eine Wärme-
rückgewinnung von 60 ­ 95% kann auf diese Art und Weise erzielt werden. Daraus ergibt
sich eine Heizkostenersparnis von 20 - 50 %. [13]
Die Bewertung der Anlagentechnik für die unterschiedlichen Systeme erfolgt mit dem in Ka-
pitel
3.3 beschriebenen Tabellenverfahren.

Energetische Bewertung
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Seite: 22
3.7
Systembeschreibung der verschiedenen Anlagen
Die in diesem Vergleich zugrunde gelegten Varianten unterscheiden sich durch ihre ver-
schiedenen Erzeuger und Erzeugerkombinationen:
Zunächst wird ein Niedertemperaturkessel mit der Auslegung 70/55 °C untersucht.
Die zweite Anlage erhält einen Brennwertkessel, der auf die Temperaturen 55/45 °C für den
Vor- und Rücklauf ausgelegt ist.
Die dritte Variante wird energetisch aufgewertet, indem sie zusätzlich zu dem oben be-
schriebenen Brennwertkessel eine Unterstützung der Trinkwassererwärmung durch eine
Solaranlage erhält. Der Solareintrag ist über Flachkollektoren vorgesehen, die auf dem Dach
installiert werden. Die Kollektoren werden in Südrichtung ausgerichtet.
Zusätzlich zu der Erzeugerkombination Brennwertkessel und Solaranlage wird in Variante
vier eine kontrollierte Wohnungslüftung mit Hilfe einer Zu- /Abluftanlage mit Wärmerückge-
winnung vorgesehen. Dabei wird die Zuluft mittels Wärmetauschers vorgewärmt.
Die Lüftungsanlage wird als Dachzentrale im Spitzboden des Hauses montiert und be- und
entlüftet das Erd- und Dachgeschoss.
Die Übergabe, Verteilung und Speicherung der Trinkwassererwärmung, Heizung und Lüf-
tung wurde bei den vier verschiedenen Anlagensystemen nach dem aktuellen Stand der
Technik ausgelegt.
Die Verteilung der Trinkwassererwärmung erfolgt bei allen Anlagen innerhalb der thermi-
schen Hülle mit Zirkulation.
Die Speicherung des Trinkwassers übernimmt bei den Varianten Niedertemperaturkessel
und Brennwertkessel ein indirekt beheizter Speicher, der innerhalb der thermischen Hülle
aufgestellt wird.
Die beiden anderen Anlagensysteme sind zusätzlich mit einer kleinen Solaranlage zur
Trinkwassererwärmung ausgerüstet. Kleine Solaranlagen verwenden zur Speicherung der
Solarenergie bivalente Solarspeicher mit zwei Speicherbereichen. Die Erwärmung dieser
bivalenten Speicher erfolgt immer in Kombination von Solarwärme und Nachheizung mittels
Wärmeüberträger. Im vorliegenden Beispiel erfolgt die Nacherwärmung durch einen Warm-
wasserkreis des Brennwertkessels. Dabei deckt der Brennwertkessel 48 % des Trinkwarm-
wasser-Bedarfs. Die restlichen 52 % sind durch die Solaranlage bereitzustellen.
Der bivalente Speicher wird innerhalb der thermischen Hülle aufgestellt.
Die Übergabe der Wärme erfolgt bei den vier Varianten weitestgehend mit Hilfe von Radiato-
ren, die im Außenwandbereich angeordnet werden und eine Temperaturspreizung der
Thermostatregelventile von 1 K vorweisen.
Die Heizwärme wird horizontal, innerhalb der thermischen Hülle mit Hilfe von innenliegenden
Verteilungssträngen und geregelten Pumpen verteilt. Es erfolgt bei allen Anlagenvarianten
keine Speicherung der überschüssigen Heizwärme.
An Stelle einer freien Wohnungslüftung über die Fenster, wie sie bei den ersten drei Anlagen
berücksichtigt wird, kommt bei der vierten Anlagenkombination eine Zu-/Abluftanlage mit
Wärmerückgewinnung durch Wärmeüberträger zum Einsatz. Sie wird von DC-Ventilatoren
betrieben und innerhalb der thermischen Hüllfläche (Spitzboden) aufgestellt. Die Zu-
/Abluftanlage weist einen Wirkungsgrad von 80 % auf.
Es erfolgt keine Nachheizung der Zuluft, so dass die Lufttemperaturen innerhalb der Woh-
nungslüftungsanlage damit bei unter 20 °C liegen.
Zur Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs wurden Excel-Arbeitsblätter der Universi-
tät Kassel [17] verwendet.
Sie sind in Kapitel 2.4-2.7 im Anhang abgelegt sind.

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 23
3.8
Ergebnisse der Berechnung nach dem Heizperiodenbilanzverfahren
Die Ergebnisse der Tabelle 3 zeigen deutlich, dass sich bei einem Einsatz von effizienteren
Anlagentechniken ein kontinuierlich geringerer Jahres-Endenergiebedarf einstellt, wie erwar-
tet wurde. Jedoch steigt der Jahres-Hilfsenergiebedarf umso höher an, je energetisch effi-
zienter die Anlage wird. Das hat folgende Ursachen:
Durch die konstruktionsbedingte geringere Abgastemperatur der Brennwerttechnik, die bei
ca. 45 °C liegt, müssen Abgasventilatoren eingesetzt werden, um den Dichte-Unterschied
zwischen Luft und Abgasen zu überwinden (s. a. Kapitel 3.6.2).
Bei der Verwendung einer Solaranlage zur Trinkwassererwärmung kommt zusätzlich eine
Solarpumpe zum Einsatz, die den Hilfsenergiebedarf pro Jahr weiter erhöht.
Die Verdoppelung der Jahres-Hilfsenergie ist auf den Einsatz einer Zu-/Abluftanlage mit
Wärmerückgewinnung zurückzuführen. Zur Abführung der verbrauchten Luft bzw. zur Zufüh-
rung von frischer Luft benötigt die Lüftungsanlage Ventilatoren, die über Hilfsenergien (elekt-
rischer Strom) betrieben werden. Weiterhin benötigt sie gegebenenfalls zusätzlichen Strom
für die Zuluftvorerwärmung (Frostschutz).
Ergebnisse
Niedertemperatur-
Kessel
Brennwert-
Kessel
Brennwert-
Kessel mit
Solaranlage
Brennwert-Kessel
mit
Solaranlage und
WRG
Jahres-Heizwärmebedarf
absolut [kWh/a]
13177,80
13177,80 13177,80 13177,80
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)]
44,76
44,76 44,76 44,76
Jahres-Endenergiebedarf
absolut [kWh/a]
21597,60
20254,55 16319,95 11205,30
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)]
73,36
68,79 55,43 38,06
Jahres-Hilfsenergiebedarf
absolut [kWh/a]
562,34
591,78
704,13
1322,41
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)]
1,91
2,01 2,39 4,49
Anlagenaufwandszahl
1,51
1,43 1,19 0,97
Jahres-Primärenergiebedarf
absolut [kWh/a]
25444,38
24055,35 20064,35 16293,07
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)]
86,42
81,72 68,15 55,34
Tabelle 3
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der verschiedenen Anlagentechniken
nach dem Heizperiodenverfahren
Anlagensystem
vorhandener Jahres-
Primärenergiebedarf
Q
P
''
,vorh
zulässiger Jahres-
Primärenergiebedarf
Q
P
''
,zul.
Niedertemperatur-Kessel 86,42
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Brennwert-Kessel 81,72
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Brennwert-Kessel mit Solaranlage
68,15
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Brennwert-Kessel mit Solaranlage und
Wärmerückgewinnung 55,34
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Tabelle 4
Nachweis des Primärenergiebedarfs Q
P
'' gemäß EnEV bei Anwendung des Heizperio-
denbilanzverfahrens

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 24
3.9
Berechnung nach dem Monatsbilanzverfahren
Für das nach dem Vereinfachten Verfahren der EnEV berechnete Gebäude wird nun die
Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs und der spezifischen Transmissionswärme-
verluste nach dem Monatsbilanzverfahren durchgeführt.
Dies ist ohne weiteres möglich, da Einschränkungen zu Anwendungs- und Berechnungs-
möglichkeiten, wie sie im Vereinfachten Verfahren vorgesehen sind, im Monatsbilanzverfah-
ren nicht existieren. Es kann also im Rahmen des Nachweisverfahrens der EnEV immer an-
gewendet werden.
Das Monatsbilanzverfahren bietet sich als Standardverfahren beim Energieeinsparnachweis
der EnEV an, da es sich, wie auch schon in Kapitel 3.1.2 beschrieben, um das Verfahren
handelt, das durch die exaktere Eingabe von Daten entsprechend genauere Werte für den
Jahres-Heizwärmebedarf erzielt. Da diese genauere Berücksichtigung aber einen erheblich
höheren Berechnungsaufwand mit sich bringt, ist die Verwendung eines Computerpro-
gramms notwendig.
Bei der folgenden Berechnung des Einfamilienhauses nach dem Monatsbilanzverfahren
wurde das PC-Programm ,,Helena" [18] verwendet.
Die Berechnung des Energieeinsparnachweises nach dem Monatsbilanzverfahren basiert
auf dem Referenzgebäude und nimmt die identischen Anlagensysteme, wie sie in Kapitel 3.7
beschrieben wurden, zur Grundlage, so dass von einer wiederholten Beschreibung des Ge-
bäudes und der Anlagenvarianten abgesehen wird.
Wie schon erwähnt, erzeugt das Monatsbilanzverfahren exaktere Werte für den Jahres-
Heizwärmebedarf. Diese Differenzen beider Verfahren beruhen im Wesentlichen auf folgen-
den Unterschieden:
· Verwendung anderer Korrektur- und Abminderungswerte
· genauere Bestimmung des Ausnutzungsgrades der Wärmegewinne
· geringer ansetzbares Nettovolumen
· genauere Berücksichtigung der Wärmeverluste und der Nachtabschaltung
3.9.1
Verwendung von Korrektur- und Abminderungswerten
Im Monatsbilanzverfahren wird die Berechnung der Wärmeverluste über erdberührte Bautei-
le unter Verwendung der genauen Monatswerte nach DIN EN ISO 13370 [19] und nicht nach
DIN 4106-6 geführt, da möglichst genaue Werte berechnet werden sollen.
Für die erdreichberührten Bauteile ergibt sich somit nach DIN EN ISO 13370 ein Tempera-
tur-Korrekturwert von 0,81. Der im Zuge des Vereinfachten Verfahrens nach DIN 4108-6 be-
rechnete Wert liegt bei 0,6.
Der Unterschied beider Verfahren hinsichtlich der Bodenplatte ist mit 0,59 bzw. 0,6 zu ver-
nachlässigen, da er zu keiner maßgeblichen Veränderung führt.
Die Randbedingungen und die wesentlichen Korrekturfaktoren für das Monatsbilanzsystem
werden in Kapitel 3.1-3.2 des Anhangs zusammengefasst. Die entsprechenden Werte für
das Heizperiodenbilanzverfahren können Kapitel 2.1-2.2 des Anhangs entnommen werden.
3.9.2
Bestimmung des Ausnutzungsgrades der Wärmegewinne
Das Monatsbilanzverfahren berücksichtigt im Gegensatz zum Heizperiodenbilanzverfahren
die wirksame Speicherfähigkeit der Innenbauteile.
Während im Heizperiodenbilanzverfahren pauschale Werte für den Ausnutzungsgrad der
Wärmegewinne (
P
= 0,95) und die Auswirkungen einer Nachtabschaltung (Faktor = 0,95)

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 25
angesetzt werden, erfolgt die genaue Ermittlung der wirksamen Speicherfähigkeit im Mo-
natsbilanzverfahren nach der ,,10 cm Regel" bzw. der ,,3 cm Regel".
Bei der 10 cm Regel werden die ersten der Innenluft zugewandten 10 cm als speicherfähige
Masse angerechnet. Bei Bauteilen mit Wärmedämmstoffen wird nur die Masse zwischen
Bauteiloberfläche bis zur Oberfläche des Wärmedämmstoffes betrachtet.
Die Berechnung nach der 3 cm Regel zur Berücksichtigung der Nachtabschaltung erfolgt
adäquat.
Für das vorliegende Beispiel sind die für die Berechnung der wirksamen Speicherfähigkeit
benötigten Innenbauteile in Kapitel 3.3 des Anhangs abgebildet, die Massenermittlung der
Innenbauteile wird in Kapitel 1.10 des Anhangs geführt.
3.9.3 Ansetzbares
Nettovolumen
Ein weiterer Unterschied beider Verfahren ist die unterschiedliche Betrachtung des Nettovo-
lumens. Beim Vereinfachten Verfahren der EnEV wird das Nettovolumen generell mit dem
0,8 ­ fachen Gebäudevolumens angesetzt. Somit ergibt sich für dieses Verfahren ein Netto-
volumen von 736 m
3
.
Beim Monatsbilanzverfahren richtet sich der Abminderungsfaktor bei Ein- und Zweifamilien-
häusern nach der Anzahl der Vollgeschosse und Wohneinheiten. Da das betrachtete Einfa-
milienhaus mit 1,5 Geschossen weniger als 2 Vollgeschosse und nur eine Wohneinheit auf-
weist, wird ein Wert von 0,76 angesetzt. Entsprechend errechnet sich das Nettovolumen auf
699 m
3
.
3.9.4
Berücksichtigung der Wärmeverluste und der Nachtabschaltung
Bei Anwendung des Monatsbilanzverfahrens wird auf Grundlage der Klimarandbedingungen
eine monatliche Berechnung der Wärmeverluste vorgenommen. Beim Vereinfachten Verfah-
ren hingegen werden fest vorgegebene Werte in Form des Gradttagfaktors Gt verwendet.
Im Gegensatz zum Vereinfachten Verfahren der EnEV, bei dem die Nachtabschaltung mit
einem pauschalen Reduktionsfaktor von f
NA
= 0,95 berücksichtigt wird, wird der positive Ein-
fluss einer Heizunterbrechnung auf den Heizwärmebedarf beim Monatsbilanzverfahren exakt
berücksichtigt.

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 26
3.10
Ergebnisse der Berechnung nach dem Monatsbilanzverfahren
Wie nach der Berechnung des Vereinfachten Verfahrens nicht anders zu erwarten war, kann
auch beim Monatsbilanzverfahren der Nachweis der Gebäudehülle problemlos geführt wer-
den:
Gleichung 17
H
T
'
vorh.
= 0,43 W/(m
2
K) < H
T
'
zul.
= 0,59 W/(m
2
K)
In Tabelle 5 werden nun die unter den oben beschriebenen Vorraussetzungen errechneten
wesentlichen Ergebnisse des Monatsbilanzverfahrens zusammengefasst.
Tabelle 6 zeigt, dass auch der Nachweis des Jahres-Primärenergiebedarfs nach EnEV für
alle vier verschiedenen Varianten erfüllt wird.
Die detaillierten Berechnungen hierzu finden sich in Kapitel 3.4-3.22 des Anhangs.
Ergebnisse
Niedertemperatur-
Kessel
Brennwert-
Kessel
Brennwert-
Kessel mit
Solaranlage
Brennwert-
Kessel mit
Solaranlage und
WRG
Jahres-Heizwärmebedarf
absolut [kWh/a]
12691,42
12691,42
12691,42
12691,42
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)] 43,10
43,10
43,10
43,10
Jahres-Endenergiebedarf
absolut [kWh/a]
20944,10
19676,40
15939,60
11065,80
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)] 71,14
66,84
54,14
37,59
Jahres-Hilfsenergiebedarf
absolut [kWh/a]
558,70
587,50
634,90
1367,90
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)] 1,90
2,00
2,16
4,65
Anlagenaufwandszahl
1,51 1,43
1,19
0,99
Jahres-Primärenergiebedarf
absolut [kWh/a]
24714,50
23406,50
19438,30
16276,20
flächenbezogen [kWh/(m
2
a)] 83,95
79,51
66,03
55,29
Tabelle 5
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der verschiedenen Anlagentechniken
nach dem Monatsbilanzverfahren
Anlagensystem
vorhandener Jahres-
Primärenergiebedarf
Q
P
''
,vorh
zulässiger Jahres-
Primärenergiebedarf
Q
P
''
,zul.
Niedertemperatur-Kessel 83,94
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Brennwert-Kessel 79,50
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Brennwert-Kessel mit Solaranlage
66,02
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Brennwert-Kessel mit Solaranlage und
Wärmerückgewinnung 55,28
[kWh/(m
2
a)]
<
96,22 [kWh/(m
2
a)]
Tabelle 6
Nachweis des Primärenergiebedarfs Q
P
'' gemäß EnEV bei Anwendung des Monatsbi-
lanzverfahrens

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Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 27
3.11
Vergleich und Auswertung der Ergebnisse beider Verfahren
Die Ergebnisse der Berechnungen des Jahres-Heizwärmebedarfs, des Primärenergiebedarfs
und der Anlagenaufwandszahlen nach dem vereinfachten Heizperiodenbilanzverfahren und
dem Monatsbilanzverfahren sind im folgenden für die verschiedenen Anlagensysteme dar-
gestellt.
3.11.1 Jahres-Heizwärmebedarf
Vergleicht man beide Verfahren im Hinblick auf den Jahres-Heizwärmebedarf, so stellt man
fest, dass das Monatsbilanzverfahren niedrigere Werte für Q
h
erzeugt:
· Vereinfachtes Verfahren: Q
h
=
13177,80 kWh/a
· Monatsbilanzverfahren: Q
h
=
12691,42 kWh/a
Dabei betragen die Abweichungen im statistischen Mittel 5% [20], im vorliegenden Fall ca.
4%. Die Ursachen für diese Abweichung wurde in Kapitel 3.9.1 bis 3.9.4 ausführlich be-
schrieben.
An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass aus Gründen der Vergleichbarkeit der verschie-
denen Anlagensysteme die Basisgröße Jahres-Heizwärmebedarf bei Einsatz einer Wärme-
rückgewinnungsanlage nicht verringert wurde. Dieses wäre im Rahmen des Monatsbilanz-
verfahrens möglich, wenn das verwendete Wärmerückgewinnungssystem schon bei der Be-
rechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs Berücksichtigung finden würde.
Der Wärmerückgewinn wird im vorliegenden Nachweis jedoch ausschließlich als Beitrag der
Anlagentechnik im Nachweis berücksichtigt, wie es auch in der Literatur empfohlen wird [9].
Somit verringert sich der Primärenergiebedarf, der Jahres-Heizwärmebedarf bleibt unverän-
dert.

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 28
3.11.2 Jahres-Primärenergiebedarf
0
5000
10000
15000
20000
25000
30000
1
2
3
4
Pr
im
är
e
ner
gi
ebedar
f [
kWh/
a
]
Vereinfachtes Verfahren
Monatsbilanzverfahren
NT - Kessel 70/55 °C
BW - Kessel 55/45 °C
BW - Kessel 55/45 °C
mit Solaranlage (TW E) BW - Kessel 55/45 °C
mit Solaranlage und
W RG
Bild 7
Vergleich des Jahres-Primärenergiebedarfs für alle Varianten in Abhängigkeit vom ge-
wählten Berechnungsverfahren
Bei Einsatz eines Brennwertkessels kann im Rahmen der hier diskutierten Berechnungen
der Jahres-Primärenergiebedarf gegenüber einem Niedertemperaturkessel nur um ca. 6 %
verbessert werden. Dieser relativ geringe Unterschied lässt sich folgendermaßen erklären:
· Für die Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs wurde das Tabellenverfahren der
EnEV angewendet. Im Rahmen dieses Verfahrens lässt sich für die Brennwerttechnik
im Vergleich zur Heizwerttechnik (Niedertemperatur-Kessel) nur ein relativ geringer
Unterschied im jeweiligen Endenergiebedarf (hier Erdgas) errechnen. Das ist darauf
zurückzuführen, dass sich im Tabellenverfahren der berücksichtigte Standard-
Wirkungsgrad am unteren Rand der im Markt erhältlichen Brennwertgeräte orientiert.
Die tatsächlich mögliche Einsparung dürfte allerdings deutlich höher liegen, wenn mit
konkreten Herstellerdaten gerechnet wird. In dieser Arbeit konnten produktspezifische
Hersteller-Daten nicht verwendet werden, da sie derzeit noch nicht veröffentlicht wur-
den. In den Prospektunterlagen der meisten Hersteller wird aber bereits mit einer Ver-
besserung des Jahreswirkungssgrades bei Einsatz von Gas-Brenwertgeräten von 10-
15% im Vergleich zu Niedertemperatur-Kesseln geworben.
· Da bei Verwendung der Brennwerttechnik ein zusätzlicher Abgasventilator erforderlich
ist (s.a. Kapitel 3.6.2), steigt der Jahres-Hilfsenergiebedarf (Strom) um ca. 5 %, ver-
bunden mit einem entsprechend höheren Jahres-Primärenergiebedarf gegenüber ei-
nem Niedertemperaturkessel, der ohne Abgasventilator auskommt.

Energetische Bewertung
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Seite: 29
3.11.3 Anlagenaufwandszahlen
Die Anlagenaufwandszahl e
p
stellt ein Maß für die Güte der Anlagentechnik dar. Dabei arbei-
tet eine Anlage energetisch umso effektiver, je kleiner die Aufwandszahl e
p
ist. Sie dient dem
direkten Vergleich unterschiedlicher Anlagen hinsichtlich ihres Primärenergieaufwandes und
beschreibt somit die Effizienz der jeweiligen Anlage. Die nach dem Vereinfachten Verfahren
und dem Monatsbilanzverfahren ermittelten Anlagenaufwandszahlen sind in Bild 8 für die
jeweilige Anlagenvariante dargestellt.
1,51
1,43
1,19
0,99
1,51
1,43
1,19
0,97
0,
00
0,
20
0,
40
0,
60
0,
80
1,
00
1,
20
1,
40
1,
60
Anlagen-Aufwandszahl e
P
[-]
Vereinfachtes Verfahren
Monatsbilanzverfahren
BW - Kessel 55/45 °C
mit Solaranlage und
W RG
BW - Kessel 55/45 °C
mit Solaranlage (TW E)
BW - Kessel 55/45 °C
NT - Kessel 70/55 °C
Bild 8
Darstellung der Anlagenaufwandszahl e
p
der verschiedenen Anlagensysteme in Abhän-
gigkeit vom Monatsbilanz- und Heizperiodenbilanzverfahrens
Aus Bild 8 ist ersichtlich, dass der Brennwertkessel mit Solar- und Wärmerückgewinnungs-
anlage die effektivste Anlagentechnik darstellt. Die sehr gute Anlagen-Aufwandszahl von
kleiner 1 ist auf den hohen Anteil an regenerativer Energie zurückzuführen, der durch die
Solar- und die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung genutzt werden kann. DIN V 4701-
10 bewertet den Anteil regenerativer Energie mit einem Primärenergie-Umwandlungsfaktor f
P
von 0, da bei der Gewinnung dieser Energieform kein energetischer Aufwand entsteht. So
kommt auch die relativ gute Anlagenaufwandszahl des Brennwertkessels mit Solarunterstüt-
zung zustande. Der Brennwertkessel alleine und auch der Niedertemperaturkessel heben
sich im Hinblick auf ihre energetische Qualität deutlich von den Anlagen, die regenerative
Energien nutzen, ab. Sie markieren absolut gesehen eher ein Mittelmaß und finden sich
deshalb in diesem Vergleich am Ende der Bewertungsskala wieder.
Die sich nach dem Heizperiodenbilanz- und Monatsbilanzverfahren zum Teil unterschiedlich
ergebenden Anlagenaufwandszahlen lassen sich folgendermaßen erklären:
Eine wesentliche Größe, die die Anlagenaufwandszahl beinhaltet, ist der Jahres-
Heizwärmebedarf Q
h
. Die Höhe des Jahres-Heizwärmebedarfs hängt unter anderem von der
Dauer der Heizperiode und dem Gradtagszahlfaktor ab. Beim Heizperiodenbilanzverfahren
wird t
HP
mit 185 d/a, F
GT
mit 69,6 bzw. 66 bei Nachtabschaltung pauschal angesetzt. Wird
das Gebäude anstelle dessen mit dem Monatsbilanzverfahren berechnet, so können diese
beiden Größen variieren. [20]

Energetische Bewertung
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 30
3.12
Fazit der energetischen Bewertung der vier verschiedenen Anlagensysteme
Aufgrund der vorgegebenen hochwertigen Dämmung des Einfamilienhauses erfüllt schon ein
Niedertemperaturkessel als einfachster Wärmeerzeuger in diesem Vergleich alle Anforde-
rungen der EnEV.
Die untersuchten Systemvarianten mit geringeren Anlagenaufwandszahlen führen zwar zu
einer verbesserten Primärenergiebilanz, sind aber aus Sicht der EnEV nicht zwingend erfor-
derlich.
Bei Einsatz eines Brennwertkessels kann der Primärenergiebedarf um 6 % im Vergleich zum
Niedertemperaturkessel reduziert werden. Im Zuge dieser Reduzierung verringert sich auch
die Anlagenaufwandszahl von 1,51 auf 1,43. Bei Verwendung von genauen Herstellerdaten
könnte hingegen eine noch deutlichere Reduzierung erzielt werden (s. Kapitel 3.10.2).
Die Anlagenkombination Brennwertkessel mit solargestützter Trinkwassererwärmung hebt
sich mit ihrer Anlagenaufwandszahl von e
P
= 1,19 deutlich von den beiden bisher diskutierten
Anlagenvarianten ab. Gegenüber der Variante Brennwertkessel konnte der Primärenergie-
bedarf hier aufgrund der eingesetzten regenerativen Energie nochmals um ca. 20 % redu-
ziert werden.
Im vorliegenden Vergleich ist die Anlagenvariante Brennwertkessel mit Solaranlage und
Wärmerückgewinnung durch Zu-/Abluftanlage aus energetischer Sichtweise die vorteilhaf-
teste Systemtechnik. Mit einer Anlagenaufwandszahl von e
P
= 0,99 und einem Primärener-
giebedarf, der sich gegenüber der Heizwerttechnik (Niedertemperatur-Kessel) um ca. 50 %
reduziert hat, nimmt diese Anlagenvariante aus energetischer Sicht in diesem Vergleich eine
Ausnahmeposition ein. Durch den Einsatz von regenerativer Energie bzw. primärenergetisch
nicht relevanter Energie in zwei Anlagenkomponenten werden Ressourcen und damit auch
die Umwelt geschont.
Jedoch muss kritisch angemerkt werden, dass sich der Hilfsenergiebedarf (Strom) im Ver-
gleich zu der Variante mit Brennwertkessel und Solaranlage mehr als verdoppelt hat. Diese
deutliche Steigerung ist auf den Betrieb der Zu- und Abluftventilatoren bei kontrollierter
Wohnraumlüftung zurückzuführen, die, im Gegensatz zur konventionellen freien Fensterlüf-
tung, für die geregelte Zu- und Abfuhr der Raumluft sorgen.

Wärmeerzeugungsanlagen und Heizflächen
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 31
4
Wärmeerzeugungsanlagen und Heizflächen
Mit Erreichen des Auslegungszustandes (im vorliegenden Fall ­ 12 °C Außenlufttemperatur)
werden je nach Heizkesseltyp unterschiedliche maximale Vorlauftemperaturen zur Verfü-
gung gestellt. Bei einem Niedertemperaturkessel sind das in der Regel 70 °C und bei einem
Brennwertgerät 55 °C. Die an den Raum abgegebene Wärmeleistung eines Heizkörpers ist
maßgeblich von der Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Heizkörperoberfläche und
der Raumluft abhängig. Bei Einsatz eines Brennwertgerätes ist diese Übertemperatur gerin-
ger als bei einem Niedertemperaturkessel. Das hat zur Folge, dass mit Einsatz der Brenn-
werttechnik die Heizflächen größer gewählt werden müssen. Da diese Abhängigkeit Auswir-
kungen auf die Wirtschaftlichkeitsberechnungen hat, wurde eine Wärmebedarfsberechnung
nach DIN 4701, T.1 u. T.2 mit Hilfe von Software der Firma Dendrit [21] erstellt.
4.1
Heizleistung der Wärmeerzeugungsanlage nach DIN 4701
Die Leistung der Wärmeerzeuger für Zentralheizungen wird nach dem Norm-Wärmebedarf
des Gebäudes Q
N
bestimmt. ,,Als Norm-Wärmebedarf eines Raumes wird die Wärmeleistung
bezeichnet, die dem Raum unter Norm-Witterungsbedingungen zugeführt werden muss,
damit sich die geforderten thermischen Norm-Innenraumbedingungen einstellen".
[22]
Die Betrachtungs- und Vorgehensweiseweise bei der Wärmebedarfsberechnung nach DIN
4701 ist vergleichbar mit der Ermittlung des Jahresheizwärmebedarfs nach EnEV. Er setzt
sich zusammen aus dem Norm-Transmissionswärmebedarf (Wärmeverluste über die Um-
schließungsflächen) und dem Norm-Lüftungswärmebedarf (Wärmebedarf für die Aufheizung
eindringender Außenluft).
Im Unterschied zur Betrachtungsweise der EnEV, die den Wärmebedarf über die gesamte
Heizperiode bilanziert, wird hier nur der Wärmebedarf des Gebäudes bei einer maximal zu
erwartenden Außentemperatur ermittelt. Dadurch wird sichergestellt, dass die angestrebten
Raumtemperaturen auch bei einer längeren Kälteperiode aufrechterhalten werden können.
Die im Berechnungsverfahren nach DIN 4701 zu berücksichtigende Außentemperatur basiert
auf den regionalen Zweitagesmittelwerten, die im Zeitraum von 1951 bis 1970 zehnmal er-
reicht bzw. unterschritten wurden [23]. Die Auslegungstemperaturen sind einer Isothermen-
karte zu entnehmen. Für den Gebäudestandort Münster kann diese Temperatur mit ­ 12 °C
ermittelt werden.
Basisgrößen bei der Berechnung des Transmissionswärmebedarfs sind wie bei der Ermitt-
lung der Transmissionswärmeverluste des Energieeinsparnachweises der EnEV die Wärme-
durchgangskoeffizienten der einzelnen Teilflächen. Der Lüftungswärmebedarf richtet sich
nach der Luftmenge, die über die Fugendurchlässigkeit der Fenster und Türen in den Raum
einströmen kann.
Kann bei einer kontrollierten Wohnungslüftung über eine Zu- und Abluftanlage eine Wärme-
rückgewinnung aus der Abluft erzielt werden, muss der Lüftungswärmebedarf nur teilweise
über die statischen Heizflächen abgedeckt werden. Der zurückgewonnene Anteil kann bei
der Bemessung der Heizkörper berücksichtigt werden.
Auf der Grundlage der Wärmebedarfsberechnung für die Raumheizung werden zunächst die
Heizflächen dimensioniert. Neben der Bedarfsdeckung für die Raumheizung muss die Wär-
meerzeugungsanlage gegebenenfalls auch noch Heizleistung für die Trinkwassererwärmung
zur Verfügung stellen.
In Einfamilien- bzw. kleineren Mehrfamilienhäusern ist die erforderliche Heizleistung für die
Raumheizung in der Regel geringer als der Leistungsbedarf für die Trinkwassererwärmung.
Die erforderliche Kesselleistung wird in einem solchen Fall durch den größeren Lastfall

Wärmeerzeugungsanlagen und Heizflächen
Diplomarbeit Lars Rickmann
Seite: 32
,,Trinkwassererwärmung" und nicht etwa durch Addition der beiden Bedarfswerte bestimmt.
Erst bei größeren Gebäuden überwiegt der Anteil für die Raumheizung. Ab einer Heizleis-
tung von 20 kW sind Kesselzuschläge für die Erwärmung von Trinkwasser nicht mehr zuläs-
sig.
Bei kleineren Kesselleistungen wird eine so genannte ,,Vorrangschaltung" für die Trinkwas-
sererwärmung bevorzugt. Fällt die Temperatur im Warmwasserspeicher unter einen vorge-
gebenen Sollwert, wird über die ,,Vorrangschaltung" die Wärmeabgabe an die Raumheizung
unterbrochen, der Heizkessel auf maximale Kesseltemperatur gefahren (70 °C bzw. 55 °C)
und damit die gesamte Kesselleistung kurzzeitig für die Trinkwassererwärmung zur Verfü-
gung gestellt.
Die Aufheizzeit für den Speicher ist maßgeblich abhängig vom Speichervolumen und der
vom Kessel zur Verfügung gestellten Vorlauftemperatur. Bei ansonsten gleichen Vorausset-
zungen führen die 70 °C bei einem Niedertemperaturkessel zu einer kürzeren Aufheizzeit.
Ein kurzzeitiges Abfallen der Raumtemperatur muss bei dieser Betriebsweise akzeptiert
werden.
Bild 9
Norm-Wärmebedarf des Gebäudes nach DIN 4701 [21]

Wärmeerzeugungsanlagen und Heizflächen
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4.2
Aufbau des Heizungssystems
Das Erdgeschoss und das Bad im Dachgeschoss werden über eine Fußbodenheizung mit
Wärme versorgt. Damit die Oberflächentemperatur des Fußbodens im Aufenthaltsbereich die
aus gesundheitlichen Gründen auf 29 °C begrenzte Temperatur nicht übersteigt, darf die
Vorlauftemperatur im Auslegungszustand bei -12 °C Außentemperatur
45 °C nicht über-
steigen.
Keller- und Dachgeschoss werden über Plattenheizkörper beheizt. Diese Heizkörper benöti-
gen für eine Auslegung im wirtschaftlichen Optimum eine deutlich höhere Vorlauftemperatur.
Dreiwege-Mischer
Umschaltventil
70 °C (55 °C)
hydraulische
Weiche
Niedertemperaturkessel
(Brennwertgerät)
Trinkwassererwärmer
Fußbodenheizung Plattenheizkörper
70 °C
(55 °C)
40 °C 30 °C
50 °C
(45 °C)
Bild 10
Schaltschema der Heizungstechnik

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4.3
Auslegung der Heizflächen für den Niedertemperaturkessel
Bei Verwendung eines Niedertemperaturkessels werden diese Heizflächen im Allgemeinen
für eine Vorlauftemperatur von 70 °C, mit einer Temperaturspreizung von 20 K, ausgelegt. In
diesem Fall wird eine Rücklauftemperatur von 50 °C angestrebt (s. Bild 11).
Bild 11
Auslegung der Plattenheizkörper für
v -
r
= 70 °C ­ 50 °C = 20 K [21]

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4.4
Auslegung der Heizflächen für den Brennwertkessel
Bei Verwendung eines Brennwertgerätes wird normalerweise von einer maximalen Vorlauf-
temperatur von 55 °C und einer Rücklauftemperatur von 45 °C ausgegangen (s. Kapitel
3.6.2). Bei diesen Auslegungsverhältnissen wird der Kondensationspunkt im Abgas auch bei
niedrigen Außentemperaturen immer unterschritten und damit der maximal erreichbare Wir-
kungsgrad sichergestellt.
Diese Temperaturverhältnisse haben allerdings zur Folge, dass sich die Heizflächen auf-
grund der geringeren Übertemperatur zwischen mittlerer Heizkörpertemperatur und der
Raumlufttemperatur erheblich vergrößern. In Bild 12 ist zum besseren Vergleich zu
Bild 11 nur die Länge der Plattenheizkörper variiert worden, wobei die Höhe und Tiefe der
Heizkörper konstant geblieben sind, um die Unterschiede zu verdeutlichen.
Bild 12
Auslegung der Plattenheizkörper für
v -
r
= 55 °C ­ 45 °C = 10 K [21]

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Seite: 36
Zur Vermeidung dieser erheblichen Mehrkosten für die Heizflächen werden in der Praxis
meistens auch bei der Verwendung eines Brennwertgerätes die Heizflächen für 70 °C
/50 °C ausgelegt.
Dabei muss akzeptiert werden, dass im praktischen Betrieb der Brennwerteffekt nicht zu 100
% erreicht werden kann, da bei sehr niedrigen Außentemperaturen, bei der der Kessel dann
auf 70 °C hochfahren muss, die Rücklauftemperatur kurzzeitig die Kondensationstemperatur
von 57 °C überschreiten kann (Bild 13).
20
25
30
35
40
45
50
55
60
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
CO
2
-Gehalt in Volumen %
Wa
sser
dam
pf
-T
aup
un
kt
te
m
per
atur
in °C
Erdgas (95% CH
4
)
Bild 13
Taupunkttemperatur von Erdgas in Abhängigkeit
vom
CO
2
-Gehalt im Abgas

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832473600
ISBN (Paperback)
9783838673608
DOI
10.3239/9783832473600
Dateigröße
23.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Münster – Bauingenieurwesen
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
energieeinsparverordnung enev niedrigenergiehaus brennwerttechnik heizungstechnik
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Titel: Energetische und wirtschaftliche Bewertung verschiedener Anlagensysteme für ein Einfamilienhaus
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