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Das Frechener Grundschul-Fördermodell

Konzeption, Ergebnisse und Perspektiven

©2003 Diplomarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In dieser Arbeit beschreibe ich die Konzeption, die Durchführung und die Ergebnisse eines Modellversuchs zur Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler an der Gemeinschaftsgrundschule Burgschule in Frechen (NRW).
Von September 1992 bis Juni 2003 war ich Schulleiterin der Gemeinschaftsgrundschule Burgschule in Frechen. Im Jahre 1997 wurde ich von einer kanadischen Grundschullehrerin, die an der Burgschule hospitierte, gefragt: „Was macht ihr eigentlich mit den hoch begabten Kindern an eurer Schule?“ Sie unterrichtete zu der damaligen Zeit einmal in der Woche eine Klasse besonders begabter Kinder in einer Grundschule in Toronto, an den übrigen vier Tagen arbeiteten die Kinder in ihrer eigenen Klasse in ihren jeweiligen Schulen. Diese Frage machte mich sehr nachdenklich. An der Burgschule wurden zwar gezielt lernschwächere Kinder gefördert, doch spezielle Fördermaßnahmen für besonders begabte Kinder gab es damals noch nicht. Das war für mich der Anstoß, mich intensiv mit dem Thema „Hochbegabung“, insbesondere mit der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur, auseinander zu setzen und in Frechen gezielte Fördermaßnahmen für besonders begabte Schülerinnen und Schüler anzuregen und mit zu entwickeln.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Abstract5
Einleitung6
1.Zur schulischen Förderung von besonders begabten Schülerinnen und Schülern7
1.1Gründe für die Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler7
1.2Förderliche Voraussetzungen11
1.3Möglichkeiten der schulischen Förderung13
1.4Das HBZ-Fördermodell für Grundschulen (Consalter & Raack)16
2.Das Frechener Grundschul-Fördermodell19
2.1Integrative Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler19
2.2Die Realisierung des Modells22
2.2.1Organisatorische Voraussetzungen22
2.2.2Überzeugungsarbeit leisten24
2.2.3Besonders begabte Schülerinnen und Schüler identifizieren und auswählen25
2.3Durchführung des Unterrichts zur integrativen Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler an der Burgschule in Frechen30
2.3.1Umsetzung im Schuljahr 2001/200230
2.3.2Umsetzung im Schuljahr 2002/200334
3.Zur Evaluation des Frechener Grundschul- Förder-Modells: Erfahrungen, Wirkungen und Perspektiven36
3.1Ausgangspunkt und Methode der Evaluation36
3.2Auswertung bezogen auf die beteiligten Gruppen38
3.3Auswertung bezogen auf ausgewählte Aspekte42
3.4Auswirkungen auf den Regelunterricht46
3.5Zur Fortsetzung des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7351
Jarosch, Evelyn: Das Frechener Grundschul-Fördermodell - Konzeption, Ergebnisse und
Perspektiven
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

2
Nur belehrt von der Wirklichkeit,
können wir die Wirklichkeit ändern.
(Brecht)

3
Inhaltsverzeichnis
Abstract 5
Einleitung 6
1
Zur schulischen Förderung von besonders begabten
Schülerinnen und Schülern 7
1.1
Gründe für die Förderung besonders begabter Schülerinnen und
Schüler 7
1.2 Förderliche
Voraussetzungen
11
1.3
Möglichkeiten der schulischen Förderung 13
1.4
Das HBZ-Fördermodell für Grundschulen (Consalter & Raack) 16
2
Das Frechener Grundschul-Fördermodell 19
2.1
Integrative Förderung besonders begabter Schülerinnen
und Schüler 19
2.2 Die Realisierung des Modells 22
2.2.1 Organisatorische Voraussetzungen 22
2.2.2 Überzeugungsarbeit leisten 24
2.2.3 Besonders begabte Schülerinnen und Schüler identifizieren und
auswählen 25
2.3
Durchführung des Unterrichts zur integrativen Förderung besonders
begabter Schülerinnen und Schüler an der Burgschule in Frechen 30
2.3.1 Umsetzung im Schuljahr 2001/2002 30
2.3.2 Umsetzung im Schuljahr 2002/2003 34

4
3
Zur Evaluation des Frechener Grundschul- Förder-Modells:
Erfahrungen, Wirkungen und Perspektiven 36
3.1
Ausgangspunkt und Methode der Evaluation 36
3.2
Auswertung bezogen auf die beteiligten Gruppen 38
3.3
Auswertung bezogen auf ausgewählte Aspekte 42
3.4
Auswirkungen auf den Regelunterricht 46
3.5
Zur Fortsetzung des Projekts 47
Schlusswort 49
Literaturverzeichnis 52
Anhang: Fragebögen 54

5
Abstract
Die vorliegende Diplomarbeit beschreibt die Konzeption, die Durchfüh-
rung und die Ergebnisse eines Modellversuchs zur Förderung besonders
begabter Schülerinnen und Schüler an der Gemeinschaftsgrundschule
Burgschule in Frechen (NRW) in den Jahren 2001 bis 2003. Bei diesem
,,Frechener Modell" arbeiten besonders begabte Schülerinnen und Schüler
der dritten und vierten Jahrgänge aus verschiedenen Grundschulen an
einem Vormittag in der Woche mit einer dafür qualifizierten Lehrkraft in
einer festen Gruppe zusammen. Die Arbeit stellt die theoretische Konzep-
tion und die institutionelle Realisierung des Modells dar und vermittelt
einen Eindruck von dem durchgeführten Unterricht und seinen Wirkungen
auf die Schülerinnen und Schüler, Eltern und die beteiligten Lehrkräfte.
Die Theorie zur besonderen Begabung wird so mit schulpraktischer Erfah-
rung bei der konkreten Förderung besonders begabter Schülerinnen und
Schüler verbunden. Diese Darstellung kann für die Durchführung
entsprechender Projekte hilfreich sein.

6
Einleitung
In dieser Arbeit beschreibe ich die Konzeption, die Durchführung und die
Ergebnisse eines Modellversuchs zur Förderung besonders begabter Schü-
lerinnen und Schüler an der Gemeinschaftsgrundschule Burgschule in
Frechen (NRW).
Von September 1992 bis Juni 2003 war ich Schulleiterin der Gemein-
schaftsgrundschule Burgschule in Frechen. Im Jahre 1997 wurde ich von
einer kanadischen Grundschullehrerin, die an der Burgschule hospitierte,
gefragt: ,,Was macht ihr eigentlich mit den hoch begabten Kindern an eurer
Schule?" Sie unterrichtete zu der damaligen Zeit einmal in der Woche eine
Klasse besonders begabter Kinder in einer Grundschule in Toronto, an den
übrigen vier Tagen arbeiteten die Kinder in ihrer eigenen Klasse in ihren
jeweiligen Schulen. Diese Frage machte mich sehr nachdenklich. An der
Burgschule wurden zwar gezielt lernschwächere Kinder gefördert, doch
spezielle Fördermaßnahmen für besonders begabte Kinder gab es damals
noch nicht. Das war für mich der Anstoß, mich intensiv mit dem Thema
,,Hochbegabung", insbesondere mit der einschlägigen wissenschaftlichen
Literatur, auseinander zu setzen und in Frechen gezielte Fördermaßnahmen
für besonders begabte Schülerinnen und Schüler anzuregen und mit zu
entwickeln.

7
1 Zur schulischen Förderung von besonders begabten
Schülerinnen und Schülern
1.1 Gründe für die Förderung besonders begabter Schülerinnen und
Schüler
Die Notwendigkeit einer besonderen Förderung besonders begabter und
befähigter Schüler/innen wird fast allgemein anerkannt. Die deutsche
Bundesministerin für Bildung und Forschung Bulmahn (2001) schreibt:
,,Menschen haben unterschiedliche Fähigkeiten, jeder von uns hat Stärken
und Schwächen. Die Stärken zu entdecken und das Beste daraus zu
machen, verdient Anerkennung und Förderung. Die Bundesregierung hat
daher die Förderung unterschiedlicher Begabungen zu einem ihrer
bildungspolitischen Ziele bestimmt." Auf dem Gebiet der Begabtenförde-
rung gibt es inzwischen umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen
und eine Vielzahl praktischer Konzepte.
Kurt A. Heller (1995, S. 12) definiert Begabung wie folgt: ,,Allgemein
kann man ,Begabung` als individuelles Fähigkeitspotential verstehen."
Besonders begabte Schülerinnen und Schüler unterscheiden sich deutlich
von den Gleichaltrigen. Die besondere Begabung kann nicht nur generell,
sondern auch in speziellen Bereichen (Mathematik, Sprache, Musik, Sport)
in Erscheinung treten. Bei vielen Kindern ist das mathematische Können
wesentlich ausgeprägter als das sprachliche und umgekehrt.
Mit meinem Verständnis von Begabung bzw. Hochbegabung schließe ich
mich besonders Mönks Konzept an. Es gründet auf den leistungsorientier-
ten und den soziokulturell orientierten Erklärungsmodellen. Mönks (1998,

8
S. 18) schreibt: ,,Vorteil der leistungsorientierten Modelle ist, daß nicht nur
die wirkliche Leistung maßgeblich ist, sondern daß auch den Faktoren Auf-
merksamkeit gewidmet wird, die der Verwirklichung von Anlagen im
Wege stehen. Diese Modelle sind demnach nicht nur beschreibend, sondern
auch zielorientiert: Jeder Mensch soll so erzogen werden, daß er sich in
Übereinstimmung mit seinen Fähigkeiten entwickeln kann." Er schreibt
weiter: ,,Soziokulturell orientierte Modelle gehen davon aus, daß sich
Hochbegabung nur bei einem günstigen Zusammenwirken von individuel-
len und sozialen Faktoren verwirklichen kann."
Für die Unterichtspraxis gehe ich von einem mehrdimensionalen Modell
von Begabung bzw. Hochbegabung aus, dem Modell der triadischen Inter-
dependenz. Es beruht auf einem dynamischen Konzept menschlicher Ent-
wicklung. Nach Mönks (1998) kann sich Hochbegabung bei einem guten
Zusammenspiel von den drei Persönlichkeitsmerkmalen hohe intellektuelle
Fähigkeiten, Motivation und Kreativität und den drei Sozialbereichen
Familie, Schule und Freunde (Peers) entwickeln und in besonderen
Leistungen zum Ausdruck kommen.
In den zurzeit noch gültigen Grundschulrichtlinien in NRW von 1985
werden neben dem Erhalt und der Förderung der Lernfreude innere Diffe-
renzierung und Individualisierung des Unterrichts gefordert. In den neuen
Richtlinien zur Erprobung (2003) wird aufgezeigt, dass die vielfältigen
individuellen Begabungen als Herausforderung zu verstehen sind, alle
Schülerinnen und Schüler durch differenzierenden Unterricht nachhaltig zu
fördern. Auch Lernstärkere sollen in ihrer Entwicklung zielgerichtet im
Förderunterricht unterstützt werden. Für viele Lehrerinnen und Lehrer
bedeutet individualisierter Unterricht allerdings bei den gegenwärtigen
Bedingungen wie große Klassen, verhaltensauffällige Schüler/innen,

9
fehlende Unterstützung von Eltern oft einen kaum zu leistenden Spagat
zwischen der Förderung leistungsschwacher und der Forderung besonders
begabter oder hochbegabter Schüler/innen. Hinzu kommt, dass Lehrerinnen
häufig noch wenig sensibilisiert sind für das Unterrichten dieser besonders
begabten und hochbegabten Schüler/innen und nicht entsprechend ausge-
bildet sind.
Begabte und hochbegabte Kinder brauchen eine spezielle Förderung. Es
gibt jedoch nicht den ,,Königsweg" zur Förderung von Hochbegabten.
Vielmehr müssen jeweils verschiedene, den individuellen Anlagen der
besonders Begabten adäquate Möglichkeiten genutzt werden. Doch kann
man von den Lehrerinnen und Lehrern in den Grundschulen nicht erwarten,
dass sie die erforderlichen speziellen Kenntnisse schon haben. Ich
vergleiche die Grundschullehrerin hierin mit einer Allgemeinmedizinerin:
Generalität versus Spezialität. Es gibt zurzeit wenige speziell ausgebildete
Lehrer/innen, die begabte Schüler/innen in der Breite und in der Spitze
integrativ an einer Schule so fördern/fordern, dass sie auch den
Hochbegabten (2%) gerecht würden.
Die Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler ist eine
pädagogisch begründete Aufgabe, die vom Individuum und seinem
anerkanntem Anspruch auf persönliche Entfaltung ausgeht und natürlich
einschließt, dass besondere Begabungen auch eine besondere soziale Ver-
pflichtung darstellen. Sie muss im Hinblick auf die Entwicklungsbeson-
derheiten und Lernbedürfnisse der besonders begabten Schülerinnen und
Schüler ausgestaltet werden. Feldhusen und Robinson, zitiert nach Hany
(1996, S. 322) beschreiben als besondere Bedürfnisse begabter Kinder u.a.:

10
,,- Grundfertigkeiten und grundlegende Konzepte vollständig meistern;
- solche Lerntätigkeiten ausführen, die ihrem Wissensstand und ihrer
Lerngeschwindigkeit angemessen sind;
- Erfahrungen im kreativen Denken und im kreativen Problemlösen
sammeln;
- Fähigkeiten des konvergenten Denkens (logische Deduktion; logisches
Problemlösen) entwickeln;
- Anregungen zur Entwicklung der Vorstellungskraft sowie des bildhaften
und räumlichen Denkens erhalten;
- in ihrer Selbstwahrnehmung und dem Akzeptieren ihrer eigenen Fähig-
keiten, Interessen und Bedürfnisse unterstützt werden;
- dazu angeregt werden, anspruchsvolle Ziele und Wünsche zu verfolgen;
- hinsichtlich des Lernens in ihrer Unabhängigkeit, Selbstbestimmtheit und
Disziplin gefördert werden;
- Erfahrungen darin sammeln, wie man intellektuell, künstlerisch und
affektiv mit anderen begabten , kreativen und talentierten Kindern in
Kontakt tritt;
- eine breite Wissensbasis auf vielen Gebieten erwerben".
Wie Hany (1996, S. 322) schrieb, sollte ,,Gesamtziel der Lernförderung die
Entwicklung von Fertigkeiten der selbständigen, selbstgesteuerten
Wissensaneignung sein."
(Hoch)begabte Schülerinnen und Schüler sind sehr unterschiedlich. Indem
Lehrerinnen und Lehrer eine große Breite von Anregungen zur Verfügung
stellen, hat das Kind die prinzipielle Möglichkeit, seine Potenziale auch in
einer großen Breite zu entwickeln. Lehrerinnen und Lehrer sollten Unter-
richtsformen nutzen, die viele Möglichkeiten von Differenzierung, Indivi-
dualisierung, aber auch Selbststeuerung zulassen.

11
Ein besonders begabtes Kind ist aber noch kein leistungsfähiges Kind.
Damit dieses Potenzial sich auch in schulischen Leistungen ausdrücken
kann, sind darüber hinaus Interessen, Selbstvertrauen, Arbeits-/Lern-
strategien und auch geeignete Lernumweltbedingungen wie positives
Klassenklima und Familienklima erforderlich.
Für das besonders begabte Kind ist es wichtig, das eigene Können an
entsprechenden Anforderungen zu erfahren, Anforderungen bei denen es
seine Fähigkeiten voll ausschöpfen muss und die ihm auch Anstrengung
abverlangen.
1.2 Förderliche
Voraussetzungen
Auf die spezifischen Lernbedürfnisse und Interessen jedes Kindes muss
pädagogisch angemessen reagiert werden. Schülerinnen und Schüler finden
jedoch nicht sehr häufig optimale Lernbedingungen vor. Die Individualität
des Grundschulkindes hinsichtlich seines Lernvermögens, seiner Lern-
motivation, seines Lerntempos, seines Kenntnisstandes, seiner Interessen,
seiner Belastbarkeit und seines Durchhaltevermögens bei schulischen
Anforderungen sowie seines Sozialverhaltens erfordern Maßnahmen der
Inneren Differenzierung. Innere Differenzierung und Förderunterricht sind
daher wichtige Grundsätze sowohl in den Richtlinien als auch im § 8,
Absatz 2 Unterrichtsorganisation der Ordnung des Bildungsganges in der
Primarstufe (AO - GS). Der Förderunterricht ist fester Bestandteil der
Stundentafel und sollte sowohl für die leistungsschwachen als auch für die
leistungsstarken Kinder erteilt werden.

12
In § 1 der AO - GS heißt es u. a.: Ziel des Bildungsgangs in der Grund-
schule und damit die Aufgabe der Grundschule ist:
- ,,alle Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung ihrer individuellen
Voraussetzungen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung, in den sozialen
Verhaltensweisen sowie in ihren musischen und praktischen Fähigkeiten
gleichermaßen umfassend zu fördern," und
- ,,grundlegende Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten in Inhalt und
Form so zu vermitteln, daß sie den individuellen Lernmöglichkeiten und
Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler angepaßt sind",
- ,,die Lernfreude der Schülerinnen und Schüler zu erhalten und weiter zu
fördern."
Für das besonders begabte Kind ist es wichtig, das eigene Können an
entsprechenden Anforderungen zu erfahren, Anforderungen, bei denen es
seine Fähigkeiten voll ausschöpfen muss und die ihm auch Anstrengung
abverlangen.
Die Begabungsvielfalt verlangt eine entsprechende Vielfalt von Lern-
situationen, in denen die Schülerinnen und Schüler ihren Lernprozess weit-
gehend selbständig gestalten. Besonders geeignet sind der Unterricht nach
einem Wochenplan, Freie Arbeit, Stationenlernen, Werkstattunterricht und
Projekte, (z.B. Gestalten von Schulzeitungen), Arbeiten am PC oder mit
anderen Medien.
Damit selbständiges Lernen möglich ist, müssen effektive Arbeitstechniken
vermittelt werden. Seit der intensiven Beschäftigung mit der Erstellung des
Schulprogramms und der in diesem Zusammenhang durchgeführten
Stärken-Schwächen-Analyse gibt es an der Burgschule den Konsens den
Wochenanfangskreis, die Arbeit nach dem Wochenplan, Freie Arbeit und
Projektwochen regelmäßig zu praktizieren. Zunehmend mehr Kolleginnen
nutzen das Stationenlernen und den Werkstattunterricht.

13
Hiermit sind schon einige Voraussetzungen für eine Förderung besonders
begabter Schülerinnen und Schüler gegeben. Denn vor allem in ,,offenen"
Lernsituationen haben Lehrerinnen die Möglichkeit, wahrzunehmen, wie
unterschiedlich Schülerinnen und Schüler Lernaufgaben angehen und zum
Teil auch eigenständige Lösungswege verfolgen. So kann auf die
spezifischen Lernbedürfnisse und Interessen jedes Kindes pädagogisch
angemessen reagiert werden. Brügelmann (1997), ein Siegener Grund-
schulpädagoge und Hochschullehrer, zieht eine Zwischenbilanz nach 25
Jahren ,,Öffnung des Unterrichts": ,,Bis zu 10% der Lehrerinnen geben den
Kindern ernsthaft Freiräume und nehmen sie mit in die Verantwortung für
die Planung von Unterricht, weitere 20% geben ihnen Raum für ihre
persönlichen Erfahrungen, öffnen also die Aufgaben für persönliche
Interessen bzw. für individuelle Denkwege." Seiner Meinung nach hat die
Öffnung des Unterrichts viel zu tun mit der eigenen Person, mit der
Haltung gegenüber anderen Menschen, gegenüber Kindern und der
Vorstellung vom Lernen. Von einem Unterricht, der möglichst optimal auf
ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist, profitieren schwache Kinder
ebenso wie besonders begabte: Sie werden dadurch erst zur Entwicklung
ihrer speziellen Fähigkeiten angeregt, herausgefordert und ermutigt, ein
positives Selbstkonzept zu entwickeln.
1.3
Möglichkeiten der schulischen Förderung
Maßnahmen für Leistungsentwicklungen z. B. besondere Förder-
maßnahmen an Grundschulen werden häufig konträr diskutiert. Hierbei
kann man den allgemeinen und den differenziellen Ansatz unterscheiden.
Der allgemeine Ansatz besteht darin, dafür zu sorgen, dass die durch-
schnittliche Lernleistung aller Schülerinnen und Schüler verbessert wird.

14
Das soll geschehen, indem u. a. Unterrichtsqualität und Unterrichts-
organisation verbessert werden. Die jahrgangsübergreifende Klasse bietet
grundsätzlich den Vorteil, dass sie individuelle Durchlaufzeiten durch die
Grundschule für alle ermöglicht. Kinder können in ihrem individuellem
Lerntempo vorankommen. Die Zusammenarbeit in einer derart starken
altersheterogenen Gruppe schafft eine produktive, anregende
Arbeitsatmosphäre.
Bei dem differenziellen Ansatz werden Angebote für spezielle Gruppen
gemacht, um deren Leistungsfähigkeit zu steigern. Indirekt lässt sich so
auch das Leistungsniveau der einzelnen Schule verbessern.
Für die Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler gibt es
zwei Prinzipien: Akzeleration (Beschleunigung) und Enrichment
(Anreicherung):
·
Zur Akzeleration gehört die Beschleunigung der Schullaufbahn: Die
vorzeitige Einschulung; das Überspringen von Klassen. Lernprozesse
werden beschleunigt durch Pull-out-Programme (stundenweise gebildete
homogene Lerngruppen), z.B. beim Sport, im Mathematikunterricht oder in
Musik. Akzeleration kann zur Verbesserung der Motivation und dadurch
auch der Leistungen beitragen. Nach der Forschungsliteratur wurden bisher
keine generellen negativen Wirkungen der Akzeleration in Bezug auf die
soziale und emotionale Entwicklung gefunden. Heinbokel (1996, S. 38)
fasst zusammen: ,,In den USA gibt es seit den 20er Jahren Untersuchungen
über Hochbegabung und die Auswirkungen unterschiedlicher Formen von
Förderung. Allerdings sind Untersuchungen, die sich mit Akzeleration
befassen, weit weniger zahlreich als diejenigen zu Enrichment. Obwohl
durch die bisherige Forschung für unterschiedliche Formen von
Akzeleration einschließlich des Überspringens einer Klasse im

15
intellektuellen Bereich eher positive Auswirkungen gefunden wurden und
negative Auswirkungen im emotional-sozialen Bereich nicht belegbar
waren, wird Akzeleration bei hochbegabten Kindern relativ selten
vorgeschlagen und durchgeführt." In der Bundesrepublik waren wie in den
USA die Einstellungen von Eltern und Pädagoginnen gegenüber dem Über-
springen eher skeptisch bis negativ. Im Rahmen der inneren Differenzie-
rung dürfen besonders begabte Kinder den jahrgangsbezogenen
Lehrplan/Curriculum schneller durchlaufen, indem angeknüpft wird an
schon vorhandene(s) Wissen/Kenntnisse; die Aufgabenbearbeitung in den
individuell starken Leistungsbereichen wie Mathematik, Lesen oder
Sachunterricht wird beschleunigt.
·
Enrichmentmaßnahmen (zusätzliche Lerninhalte) zielen auf eine
breite Begabungs- und Interessenförderung durch die Gestaltung
reichhaltiger Lernumwelten. Diese sollen Wissenserwerbprozesse bei den
Schülerinnen und Schülern auslösen. Das Konzept des entdeckenden
Lernens unterstützt dabei die Selbständigkeit der Schüler/innen im Lernen,
Denken und Problemlösen. Im Rahmen des Konzepts von Binnen-
differenzierung werden in einer Stillarbeitsphase anspruchsvollere Auf-
gaben bearbeitet (aktives Problemlösen, Transfer von Fertigkeiten auf neue
Kontexte). Eine weitere Möglichkeit ist freies Arbeiten an einer selbst
gewählten Fragestellung in einem mit Medien besonders ausgestattetem
Raum, statt an Übungsphasen im Klassenverband teilzunehmen. In einem
klassenübergreifenden Spezialkurs treffen sich Schülerinnen und Schüler
für einige Stunden pro Woche und bekommen u.a. gewisse Techniken des
wissenschaftlichen Arbeitens, der kritischen Betrachtung und des
Problemlösens vermittelt. Der Unterricht nach einem Wochenplan ist
besonders geeignet, um auch dem begabten Kind individuell abgestimmte
Aufgaben zu stellen.

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Projekte sind für selbständiges Lernen besonders geeignet und werden mit
den vermittelten Fertigkeiten durchgeführt. Selbstbestimmte Projektarbeit
ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass intrinsisch motiviertes Lernen
stattfindet. Die besonders begabten Schülerinnen und Schüler werden sich
die Inhalte, ihr Thema / ihre Fragestellung nach ihren Interessen selbst
auswählen. Dabei bekommen sie Denkstrategien, gewisse Techniken des
wissenschaftlichen Arbeitens und des Problemlösens vermittelt. Wenn sich
Schüler/innen mit Fragestellungen beschäftigen, die nicht so offensichtlich
sind, lernen sie Fragen zu präzisieren, Informationen zu einem Problem zu
sammeln sowie Ergebnisse zu bewerten. Darüber hinaus werden
Planungskompetenzen und bei Teamarbeit und der Präsentation der
Ergebnisse auch soziale Fähigkeiten eingeübt. In Projektwochen findet
sowohl jahrgangsübergreifender Unterricht als auch lernbereichs-
übergreifender Unterricht statt. Diese Form von Unterricht bietet sowohl
den leistungsstarken als auch den leistungsschwächeren Kindern
angemessene Anforderungen. Besonders begabte Schülerinnen und Schüler
können ihre Ideen in den Unterricht einbringen. Sie brauchen die besondere
Unterstützung und Hilfe der Klassenlehrerin, damit sie ihre Emotionalität
und Sozialkompetenzen angemessen entwickeln können. Wenn sie damit
einverstanden sind, geben sie anderen Kindern in der Klasse Tipps, z.B. für
die Bearbeitung von Aufgaben.
1.4 Das HBZ-Fördermodell für Grundschulen (Consalter & Raack)
Das HBZ-Fördermodell für Grundschulen, ein Drei-Stufen-Modell, wurde
vom Hoch-Begabten-Zentrum (HBZ) in Brühl entwickelt. Ziel dieses
Modells ist es, besonders begabte Schülerinnen und Schüler in der
Grundschule zwei Jahre lang in ihrer kognitiven und Persönlichkeits-

17
entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Dabei lernen diese
Schüler/innen, ihre Interessen zu vertiefen, zu fokussieren und zu
verfolgen. Sie erwerben metakognitive und kognitive Kompetenzen, die zu
selbst regulierendem Lernverhalten, Selbstreflexion und zur Unterstützung
ihrer Persönlichkeitsentwicklung führen, sowie methodische Kompetenzen.
In meinen weiteren Ausführungen dazu lehne ich mich den Ausführungen
von Consalter (2002) an.
Die drei Stufen sind: 1. Sensibilisierungs- und Sozialisationsphase, 2.
Trainingsphase für kognitive und metakognitive Prozesse und 3. die
Projektphase.
In der ersten Stufe werden die Schülerinnen und Schüler mit der neuen
Lernumwelt vertraut gemacht. Sie werden durch kurze Übungen für das
kreative und divergente Denken sensibilisiert. Sie erfahren, dass es um
unterschiedliche Möglichkeiten, Probleme zu betrachten und zu lösen geht
und nicht immer um eine richtige oder falsche Antwort. Die Schüler/innen
sollen eine Gruppenidentität entwickeln, die eine wichtige Voraussetzung
für ein positives Klassenklima darstellt. Sie erforschen ihre eigenen
Interessen, Denkstile und Lernpräferenzen und sozialisieren diese in der
Gruppe. Diese Selbstreflexion fördert die metakognitiven Prozesse, die
eine wichtige Voraussetzung für das selbst gesteuerte Lernen und die
Evaluation von Lernprozessen darstellt.
In der zweiten Stufe stehen Lernprozesse, in denen kognitive und
metakognitive Kompetenzen angeregt werden, im Vordergrund. Mit den
Schüler/innen werden zahlreiche Trainings durchgeführt, um ihre
kognitiven Fähigkeiten anzuregen und zu erweitern. Insbesondere wird
darauf geachtet, dass Metakognitionen aktiviert werden, d.h. die
Schüler/innen werden in die Lage versetzt, die Schritte ihrer Handlungen
zu planen, zu überwachen und zu evaluieren. Sie lernen, ihre

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2003
ISBN (eBook)
9783832473518
ISBN (Paperback)
9783838673516
DOI
10.3239/9783832473518
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – unbekannt, Internationales Centrum für Begabungsforschung - ICBF
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Schlagworte
grundschule hochbegabt kinder begabte hochbegabtenförderung
Produktsicherheit
Diplom.de
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