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Outsorcing der Wertpapierabwicklung

Eine Untersuchung aus der Sicht einer Direktbank

©2003 Diplomarbeit 63 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung und Harmonisierung europäischer Rechtsgrundlagen sehen sich moderne Institute, insbesondere in Deutschland, vor die Notwendigkeit gestellt, ‚schlanker’ werden zu müssen. Der Kosten- und Innovationsdruck steigt durch zahlreiche nationale und internationale Regulierungen, sowie verkürzte Forschungs-, Prozeß- und Produktzyklen. Die weitgehende Öffnung europäischer Kapitalmärkte und die damit verbundene Herabsetzung der Markteintrittsbarrieren für Nicht-Banken führt durch eine verbesserte Produkttransparenz zu einer stärkeren Differenzierung der Kundenanforderungen.
Traditionelle Sparmaßnahmen alleine reichen in diesem Umfeld nicht mehr aus, denn diese sind nur kurz- bis mittelfristig wirksam. Langfristig führen lediglich strukturelle Änderungen zu einem besseren Kosten-Leistungs-Verhältnis und zu einem überlebensfähigen Geschäftsmodell. Bei Betrachtung der zunehmenden Spezialisierung der deutschen Institute auf den Vertrieb oder die Abwicklung wird deutlich, daß immer häufiger die Reduzierung der Leistungstiefe als Lösung angesehen wird. Dies zieht zum einen die Auslagerung unprofitabler Bereiche und zum anderen die Konzentration auf Kernkompetenzen nach sich. Ohne strategische Kooperation und arbeitsteilige Leistungserstellung ist bereits heute die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften und der stets steigenden Kundenwünsche für kein Institut möglich. Dies liegt insbesondere daran, daß der Bankkunde von heute nicht nur eine breite Finanzproduktpalette verlangt, sondern diese am liebsten ‚aus einer Hand’ beziehen möchte.
Gang der Untersuchung:
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, ein aus theoretischer Sicht optimales Outsourcing-Modell der Wertpapierabwicklung für eine Direktbank zu erarbeiten.
Zu diesem Zweck werden nach der Abgrenzung grundlegender Begriffe zunächst Gründe für das Outsourcing aufgeführt und seine Grenzen genauer untersucht. Anschließend folgt die Erläuterung aktueller gesetzlicher Rahmenbedingungen für deutsche Institute, ergänzt um die rechtliche Spezifik der Wertpapierabwicklung. Der Hauptteil der Arbeit stellt den idealtypischen Ablauf eines Wertpapier-Outsourcing-Projekts dar und präsentiert aus der Perspektive einer Direktbank die Vor- und Nachteile der Optionen, die bei der Unternehmens- und Marktanalyse identifiziert werden. Das Praxisbeispiel des Online-Brokers Patagon ergänzt die Aufstellung. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wird […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7333
Nesnov, Roman: Outsorcing der Wertpapierabwicklung - Eine Untersuchung aus der Sicht
einer Direktbank
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Hessische Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie, Verwaltungs- und
Wirtschaftsakademie, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis... IV
Abbildungsverzeichnis... V
1 Einleitung ...1
1.1 Ausgangssituation ...1
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit ...2
2 Outsourcing der Wertpapierabwicklung...3
2.1 Grundlegende Begriffsdefinitionen...3
2.1.1 Outsourcing ...3
2.1.2 WP-Abwicklung ...4
2.2 Argumente für das Outsourcing der Wertpapierabwicklung...7
2.2.1 Unsichtbarkeit der Dienstleistung ...7
2.2.2 Hohe Fixkosten...8
2.2.3 Skaleneffekte...8
2.2.4 Verbundeffekte ...9
2.2.5 Erfahrungseffekte ...11
2.2.6 Konzentration auf Kernkompetenzen ...11
2.3 Hindernisse zwischenbetrieblicher Wertpapierabwicklung...12
2.3.1 Abhängigkeit vom Insourcer ...12
2.3.2 Steigende Kosten ...13
2.3.3 Datensicherheit und Datenschutz...14
2.4 Gesetzliche Rahmenbedingungen...15
2.4.1 Aufsichtsorgane...15
2.4.2 § 25a Abs. 2 KWG...18
2.4.3 Weitere gesetzliche Regelungen und Richtlinien...21
2.4.3.1 Gesetzliche Regelungen...21
2.4.3.2 Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungs-
unternehmen...23
3 Umsetzung des Outsourcing der Wertpapierabwicklung ...26
3.1 Festlegung des Geschäftsmodells...26
3.2 Zusammenarbeit mit externen Beratern...27
3.2.1 Unternehmensanalyse...27
3.2.1.1 Handelsbuchinstitut...28
3.2.1.2 Depot A vs. Depot B ...30
3.2.1.3 Prozesse, Bereiche und Systeme ...31

III
3.2.2 Marktanalyse ...32
3.2.2.1 Marktmodelle ...32
3.2.2.2 Handelssysteme ...33
3.2.2.2.1 Börslicher Handel ...34
3.2.2.2.2 Außerbörslicher Handel ...35
3.2.2.2.3 Fondshandel...37
3.2.2.2.4 Überblick...38
3.2.2.3 Dienstleister ...39
3.3 Partnersuche ...41
3.3.1 Beratung durch externe Know-how-Träger...41
3.3.2 Vertragsabschluß ...41
3.4 Praxisbeispiel Patagon ...42
3.4.1 Projekt ...42
3.4.2 Strategie ...44
3.4.3 Schnittstellen und Systeme ...45
4 Optimales Outsourcing-Modell der WP-Abwicklung...46
5 Schlußwort ...49
6 Quellen- und Literaturverzeichnis...50

IV
Abkürzungsverzeichnis
AG Aktiengesellschaft
AO Abgabenordnung
BAFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BAKred
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen
BAV
Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen
BAWe
Bundesaufsicht für den Wertpapierhandel
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
BE Back-End
BO Back-Office
BörsG Börsengesetz
BSK Börsensachverständigenkommission
CB
Clearstream Banking AG
CC Call-Center
CCP Central
Counterparty
CRM
Customer Relationship Management
CSD
Central Securities Depository
DB Datenbank
DBAG
Deutsche Börse AG
DepotG DepotGesetz
DKV
Deutscher Kassenverein AG
DTA Datenträgeraustausch
DvP
Delivery versus Payment
DWH Data
Warehouse
ECN
Electronic Communication Network
EStG Einkommensteuergesetz
ETF
Exchange Traded Fonds
FE Front-End
FWB Frankfurter
Wertpapierbörse
HGB Handelsgesetzbuch
HV Hauptversammlung
IT Informationstechnologie
KAG Kapitalanlagegesellschaft
KDB Kundendatenbank

V
KSI Kundenstammdateninformationssystem
KWG
Kreditwesengesetz (Gesetz über das Kreditwesen)
LZB Landeszentralbank
LB Landesbank
MM Market
Maker
OTC Over-the-Counter
POS
Point of Sale
SLA
Service Level Agreement
STP
Straight Through Processing
SWIFT
Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication
TRS
Transaction Routing System
Tx Transaktion
(T)UHD (Technisches)
User-Help-Desk
WKN Wertpapierkennummer
WM Wertpapiermitteilungen
WP Wertpapier(e)
WpHG Wertpapierhandelsgesetz
(Gesetz über den Wertpapier-
handel)
WpÜG
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz
ZAST Zinsabschlagsteuer
ZV Zahlungsverkehr
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1
FE-BE ...7
Abb. 2
Skaleneffekte...9
Abb. 3
Übersicht
zum
Outsourcing
von
Bankgeschäften
bzw.
Finanzdienstleistungen...19
Abb. 4
Handelssysteme ...33
Abb. 5
Handelssysteme mit Marktfunktion ...38
Abb. 6
Kontrahentensysteme...38
Abb. 7
Bedeutende WP-Abwickler in Deutschland ...40
Abb. 8
Patagon, das Anlageangebot der Santander Direkt
Bank
AG ...44

VI
Abb.
9
Schnittstellen- und Systemübersicht (Online-Brokerage-
Geschäft der Santander Direkt Bank AG)...46

1
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung und Harmonisie-
rung europäischer Rechtsgrundlagen sehen sich moderne Institute
1
,
insbesondere in Deutschland, vor die Notwendigkeit gestellt, ,schlanker'
werden zu müssen. Der Kosten- und Innovationsdruck steigt durch zahl-
reiche nationale und internationale Regulierungen, sowie verkürzte For-
schungs-, Prozeß- und Produktzyklen. Die weitgehende Öffnung euro-
päischer Kapitalmärkte und die damit verbundene Herabsetzung der
Markteintrittsbarrieren für Nicht-Banken führt durch eine verbesserte Pro-
dukttransparenz zu einer stärkeren Differenzierung der Kundenanfor-
derungen.
Traditionelle Sparmaßnahmen alleine reichen in diesem Umfeld nicht mehr
aus, denn diese sind nur kurz- bis mittelfristig wirksam. Langfristig führen
lediglich strukturelle Änderungen zu einem besseren Kosten-Leistungs-Ver-
hältnis und zu einem überlebensfähigen Geschäftsmodell. Bei Betrachtung
der zunehmenden Spezialisierung der deutschen Institute auf den Vertrieb
2
(auch: FE-Tätigkeiten) oder die Abwicklung
3
(auch: BE-Tätigkeiten), wird
deutlich, daß immer häufiger die Reduzierung der aktuell noch bei ca. 80%
4
liegenden Leistungstiefe als Lösung angesehen wird. Dies zieht zum einen
die Auslagerung (auch: Outsourcing) unprofitabler bzw. kostenintensiver Be-
reiche und zum anderen die Konzentration auf Kernkompetenzen nach sich.
Ohne strategische Kooperation und arbeitsteilige Leistungserstellung ist be-
reits heute die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften und der stets steigenden
Kundenwünsche für kein Institut möglich. Dies liegt insbesondere daran, daß
1
Kreditinstitute und Finanzdienstleister (i. S. d. § 1 Abs. 1a KWG).
2
Vertriebsbanken: Banken, deren Kerngeschäftsfelder und Stärken im FE-Bereich liegen. Dazu
zählen Direktbanken, Filialbanken, Discount-Broker u.a.
3
Transaktionsbanken (auch: Transaction Banks): im Gegensatz zu Vertriebsbanken liegen ihre
Kerngeschäftsfelder im BE-Bereich, also in der Abwicklung von WP- und Kreditgeschäften, sowie
dem ZV.
4
Dazu: ,,Überträgt man die Produktionstiefe der Bankenbranche auf die Automobilindustrie, würde
Daimler-Chrysler eine Rinderzucht betreiben, um die Lederbezüge für seine Autos zu fertigen."
(o. V., Handelsblatt, 2002).

2
der Bankkunde von heute nicht nur eine breite Finanzproduktpalette verlangt,
sondern diese am liebsten ,aus einer Hand' beziehen möchte.
5
1.2
Ziel und Aufbau der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, ein aus theoretischer Sicht optimales
Outsourcing-Modell der Wertpapierabwicklung für eine Direktbank
6
zu
erarbeiten.
Zu diesem Zweck werden nach der Abgrenzung grundlegender Begriffe zu-
nächst Gründe für das Outsourcing aufgeführt und seine Grenzen genauer
untersucht. Anschließend folgt die Erläuterung aktueller gesetzlicher
Rahmenbedingungen für deutsche Institute, ergänzt um die rechtliche
Spezifik der Wertpapierabwicklung. Der Hauptteil der Arbeit stellt den ideal-
typischen Ablauf eines Wertpapier-Outsourcing-Projekts dar und präsentiert
aus der Perspektive einer Direktbank die Vor- und Nachteile der Optionen,
die bei der Unternehmens- und Marktanalyse identifiziert werden. Das
Praxisbeispiel des Online-Brokers Patagon ergänzt die Aufstellung. Auf
Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wird anschließend eine optimale
Kombination arbeitsteiliger Zusammenarbeit in diesem Bereich konstruiert.
Im Schlußwort wird ein Ausblick auf die künftige Entwicklung in diesem
Marktsektor gegeben.
5
Vgl.
BAFin.
6
,,Die Besonderheit von Direktbanken gegenüber traditionellen Geschäftsbanken besteht darin, daß
sie auf Filialnetze verzichten und ausschließlich elektronische Vertriebswege, wie Internet,
Telefonbanking, und SB-Automaten (Selbstbedienungsautomaten) verwenden." (J. Moormann / A.
Frank / Hochschule für Bankwirtschaft, 2000, S. 12).
Der Begriff ,Direktbank' wird in dieser Arbeit stellvertretend für den Begriff ,Vertriebsbank'
verwendet.

3
2
Outsourcing der Wertpapierabwicklung
2.1 Grundlegende
Begriffsdefinitionen
2.1.1 Outsourcing
,,Outsourcing steht für ,Outside Resource Using' und bedeutet im allge-
meinen die Übertragung bestimmter Teilleistungen oder Funktionen eines
Unternehmens auf externe Marktteilnehmer."
7
In der Praxis werden unter-
schiedliche Formulierungen verwendet. Abgesehen vom ,sprachlichen Rein-
heitsgebot' und daran gekoppelten Versuchen, den Begriff einzudeutschen,
spricht man überwiegend vom Outsourcing, gelegentlich aber auch vom
Fremdbezug im Rahmen von ,Make-or-Buy'-Entscheidungen, von der (Funk-
tions-)Externalisierung bzw. der Ausgliederung / Auslagerung
8
. Es besteht
ebenfalls keine Einigung über die Outsourcing-Dauer, die Wichtigkeit der
auszulagernden Funktionen / Bereiche, den Begriff Outsourcer und die Tat-
sache, ob der Begriff Outsourcing bei der Auslagerung einer bisher nicht im
eigenen Haus erstellten Leistung angebracht ist.
Unabhängig von der Formulierung und kleinen Interpretationsnuancen geht
es dem Wesen nach um die gleiche Erscheinung, die sich aus der Sicht ge-
sellschaftsrechtlicher Abhängigkeiten der Unternehmen voneinander auf drei
Grundbegriffe reduzieren läßt: ,echtes Outsourcing', ,Beteiligungs-Out-
sourcing' und ,Inhouse-Outsourcing'.
9
In dieser Arbeit wird diese Auslegung
zugrunde gelegt, wobei hauptsächlich ,echtes Outsourcing' untersucht wird.
Hierbei vergibt das ausgliedernde Unternehmen (auch: Outsourcer) be-
stimmte neue bzw. vorhandene betriebliche Aufgaben an einen nicht mit ihm
gesellschaftlich verbundenen Dienstleister (auch: Insourcer). Wird ein Ge-
meinschaftsunternehmen mit diesen Aufgaben beauftragt, handelt es sich
um Beteiligungs-Outsourcing. Inhouse-Outsourcing liegt dann vor, wenn die
entsprechende Aufgabenstellung durch eine vorhandene oder neu zu schaf-
fende interne Stabsstelle bzw. Abteilung oder eine zu diesem Zweck neu zu
gründende, konzernangehörige Gesellschaft ohne Beteiligung eines externen
Dienstleisters wahrgenommen wird (z.
B. Ausgliederung eines Unter-
7
B. Köhrer, 1995, S. 3.
8
Vgl. ebenda, S. 4-5.
9
Vgl. D. Hamann, 1997, S. 64.

4
nehmensteils in eine rechtlich selbständige Tochtergesellschaft).
10
Darüber
hinaus wird Outsourcing als Koordinationsform eines arbeitsteiligen Produk-
tionsprozesses zwischen Markt und Hierarchie verstanden, welche den Cha-
rakter einer langfristigen strategischen Kooperation bzw. Partnerschaft auf-
weist, weil es zu einer dauerhaften Auslagerung von Leistungen mit einer
Übertragung von Handlungsverantwortung kommt und zwischen den
Kooperationspartnern eine langfristige Aufgabenteilung angestrebt wird.
11
2.1.2 WP-Abwicklung
Bevor auf die WP-Abwicklung eingegangen wird, bedarf es einiger grund-
legenden Erläuterungen des Begriffs WP-Dienstleistung.
Nach Auffassung des Gesetzgebers sind alle Dienstleistungen aus dem
Umfeld WP-Geschäft in WP-Dienstleistungen
12
und WP-Nebendienst-
leistungen
13
zu unterteilen. Die erstgenannten liegen dann vor, wenn WP,
Geldmarktinstrumente oder Derivate angeschafft, veräußert, auf eigenes
Risiko zur Platzierung übernommen werden bzw. die Anschaffung oder Ver-
äußerung vermittelt oder nachgewiesen wird. Die WP-Nebendienstleistungen
umfassen die Verwahrung und Verwaltung
14
von WP (auch: Depotgeschäft),
Kreditgewährung für die Durchführung von WP-Dienstleistungen und die Be-
ratung bei der Anlage in WP, Geldmarktinstrumente oder Derivate.
Als WP gelten Aktien, Aktien vertretende Zertifikate, Schuldverschreibungen,
Genuß- und Optionsschein. Außerdem von einer KAG oder einer aus-
ländischen Investmentgesellschaft ausgegebene Anteilscheine und andere
mit Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbare Anteilsscheine (auch
wenn für sie keine Urkunden ausgestellt worden sind), sofern sie an einem
10
Vgl. ebenda, S. 64.
11
Vgl. H. Bruch, 1998, S. 16.
12
Vgl. § 1 Abs. 3 WpHG.
13
Vgl. § 1 Abs. 3a WpHG.
14
Verwahrung von WP: Beim Verwahrungs- oder Depotgeschäft bewahren Banken für ihre Kunden
WP auf. Dabei ist die Bank Verwahrer und der Kunde Hinterleger des Objekts. das Gegenstand
des Verwahrungsgeschäftes ist (Vgl. H. E. Büschgen, 1994, S. 770).
Verwaltung von WP: Die Verwaltung erstreckt sich vor allem auf: Trennung und Einlösung fälliger
Zins- und Gewinnanteilsscheine sowie Besorgung neuer Ertragsscheinbögen, Verlosungskontrolle
und Einzug ausgeloster und gekündigter Stücke, Umtausch von WP bei Fusionen,
Namensänderungen, Umtauschangeboten beim Erwerb von AGs, Zinskonvertierungen,
Umwandlung von Wandelanleihen in Aktien, Abwicklung von Liquidationen und Konkursen von
Gesellschaften, Unterrichtung des Kunden über auszuübenden Bezugsrechte auf neue Aktien und
Bezugsrechtsausübung oder -verwertung, Vertretung von Aktien in der HV (Depotstimmrecht) bzw.
Besorgung von Stimmkarten (Vgl. ebenda, S. 772).

5
organisierten Markt, d. h. einer staatlich anerkannten, geregelten, über-
wachten und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglichen Stelle,
gehandelt werden können.
15
Geldmarktinstrumente sind Forderungen, die nicht in WP verbrieft und
üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden (z. B. Schatzwechsel).
Als Derivate gelten Termingeschäfte, deren Preis vom Marktpreis des
zugrunde liegenden Basisinstruments, z. B. der WP, Geldmarktinstrumente,
Zinssätze oder anderen Erträgen, Devisenkursen und Waren abhängt
(Optionen, Futures, Swaps u. a.).
WP-Dienstleistungsunternehmen sind demzufolge alle Kreditinstitute und
Finanzdienstleistungsinstitute, die WP-Dienstleistungen allein oder zu-
sammen mit WP-Nebendienstleistungen gewerbsmäßig erbringen
16
und so-
mit sowohl das Abwicklungs-
17
, als auch das Depotgeschäft betreiben. Die
Entstehung der Transaktionsbanken führte in den letzen Jahren verstärkt
dazu, daß in der Praxis diese beiden Geschäftsbereiche immer mehr zu
einem Produkt konsolidierten und als eine Einheit angesehen werden, was
eine erweiterte Auffassung des Begriffs WP-Abwicklung zur Folge hat. Dem-
zufolge wird diese generell als Erbringung von WP-Dienstleistungen und -
nebendienstleistungen aufgefaßt. Die Gesamtheit dieser Leistungen, auch
WP-Services genannt, umfaßt folgende Subprozesse:
- Handel,
- Settlement
18
/ Clearing
19
,
15
Vgl. § 2 Abs. 1 WpHG.
16
Vgl. § 1 Abs. 4 WpHG.
17
Abwicklung von Kauf- und Verkaufaufträgen in WP durch Banken (Vgl. H. E. Büschgen, 1994,
S. 9).
18
Geschäftsabschluß, den Austausch von Handelsobjekt und Geldgegenwert beinhaltend (Vgl.
ebenda, S. 647).
19
Auch WP-Clearing: An verschiedenen Börsenplätzen bestehen besondere Abrechnungsstellen, bei
denen die an der Börse gekauften und verkauften WP unter den Börsenbanken ausgeglichen
werden. Dabei werden Forderungen und Verbindlichkeiten gegenseitig verrechnet und nur die
Salden den einzelnen Banken bei der Abrechnungsstelle gutgeschrieben bzw. belastet (Vgl.
ebenda, S. 798).
Börse: Markt (Treffpunkt von Angebot und Nachfrage) für WP, Devisen und bestimmte Waren, auf
dem vereidigte Makler (Kursmakler) während der Handelszeiten Kurse (Preise) feststellen, die sich
aus den bei ihnen vorliegenden Kauf- und Verkaufsaufträgen ergeben. Es wird zwischen Präsenz-
und Computerbörsen (auch: elektronische Börse, elektronisches Handelssystem) unterschieden.
Präsenzbörse ist die klassische Form des Börsenhandels. Hierbei finden die Geschäftsabschlüsse
auf dem Börsenparkett zwischen den Händlern im persönlichen Kontakt statt. Computerbörse
bezeichnet eine Börse, an der Marktteilnehmer mit Hilfe von Computern Börsengeschäfte
abschließen. Die Börsenteilnehmer sind nicht mehr persönlich auf dem Börsenparkett anwesend,
sondern können von außerhalb der Börse via Computerbildschirm ihre Abschlüsse tätigen. Zu den

6
- Erstellung der WP-Abrechnung,
- Depotbuchhaltung und Depotverwahrung,
- Reporting
20
im Rahmen des gesetzlichen Meldewesens und
- Sonderleistungen wie z. B. Risiko-Controlling.
21
Damit reichen die hierbei zustande kommenden Dienstleistungen von
Ordermanagement, der Abwicklung, der Verwahrung und der Verwaltung von
WP bis hin zur Durchführung von Kapitalmaßnahmen.
22
Wird die Fülle der
Unter- und Zwischenstufen der Wertschöpfungskette von einem Dienstleister
angeboten, spricht man vom WP-Full-Service.
Zur Verdeutlichung der Ablauffolgen werden die einzelnen Subprozesse kurz
erläutert. Beim Ordermanagement geht es speziell um die Erfassung der
Kauf- / Verkaufsorders
23
im elektronischen FE-System des Kreditinstituts und
ihre Weiterleitung an einen der möglichen Handelsplätze, z. B. eine elekt-
ronische Börse. Nach der offiziellen Handelsbestätigung der Börse erfolgt die
Geschäftsabwicklung in zwei Schritten. Als erstes werden das bereitgestellte
Geld und die Stücke
24
unter den Kontrahenten
25
gegeneinander ausge-
tauscht (auch: Settlement). Anschließend folgt das Clearing, indem die
Forderungen und Verbindlichkeiten der einzelnen Banken gegenseitig ver-
rechnet und nur die Salden gutgeschrieben bzw. belastet werden. Ist die Ab-
wicklung erfolgreich verlaufen, wird dem Kunden die WP-Abrechnung per
Post oder auf elektronischem Weg zugestellt. Bleiben die WP länger im
Depot
26
, werden sie vom WP-Dienstleister nach Maßgabe der geltenden
Regeln verwahrt und verwaltet (die Übersicht einzelner Aktivitäten findet sich
weiter oben). Das Reporting rundet das Dienstleistungspaket ab und schließt
somit die Wertschöpfungskette.
bekanntesten Computerbörsen zählen NASDAQ, EUREX und XETRA (Vgl. boerse.de,
Börsenlexikon).
20
Informationsbereitstellung (z. B. Mitteilungen für den Fiskus, steuerungsrelevante Mitteilungen für
das Unternehmensmanagement und WP-Abrechnungen, Konto- und Depotauszüge für die Kunden
zu Kontrollzwecken und Vorlage bei Finanzbehörden).
21
Vgl. J. Moormann / A. Frank / Hochschule für Bankwirtschaft, 2000, S. 17.
22
Vgl. J. Middendorf / C. Göttlicher, 2003, S. 3.
23
Order: Bezeichnung für den Auftrag, vor allem bestimmte WP zu kaufen oder zu verkaufen (Vgl. H.
E. Büschgen, 1994, S. 548).
24
WP, zugleich Mengenbezeichnung für WP (Vgl. ebenda, 1994, S. 693).
25
Vertragspartner im WP-Geschäft (Käufer / Verkäufer).
26
WP-Depot: Verwahrungsort von WP (heutzutage überwiegend in elektronischer Form) (Vgl. H. E.
Büschgen, 1994, S. 177).

7
2.2
Argumente für das Outsourcing der Wertpapierabwicklung
2.2.1
Unsichtbarkeit der Dienstleistung
Unabhängig davon, ob ein Gut oder eine Dienstleistung erworben wird, für
den Kunden ist i. d. R. lediglich die ,Spitze des Eisbergs' sichtbar. Für ge-
wöhnlich ist es für ihn auch kaum von Interesse, was sich hinter den Kulissen
abspielt und wie sich ein Institut organisiert, um die angebotene Dienst-
leistung zu erbringen. Während bei den gewöhnlichen, faßbaren Gütern ein
direkter zuverlässiger Vergleich jederzeit möglich ist, läßt sich der Bank-
kunde eher von der kollektiven Einschätzung des Anbieters (auch: Repu-
tation) leiten, was eine Kooperation im FE, also einem für den Kunden wahr-
nehmbaren Bereich, wesentlich erschwert bzw. gefährdet.
27
Um so größer sind somit die Möglichkeiten der Institute, ihren gesamten ,un-
sichtbaren' BE-Bereich, insbesondere auch die WP-Abwicklung, ohne Be-
einträchtigung der Kundenbeziehung zu gestalten.
28
Abb. 1
FE-BE
Vertrieb
Abwicklung
Bank
Kunde
Front-
End
Middle-
Office
Back-
End
Quelle: Eigenerstellung
29
Für Direktbanken ist dies eine äußerst interessante Option, da der FE-
Bereich, ihr größtes Wertschöpfungspotenzial, davon weitestgehend un-
beeinflußt bleibt: der Auftritt beim Kunden erfolgt weiterhin unter der gleichen
einheitlichen Marke entsprechend dem Corporate-Identity
30
-Prinzip im
27
Vgl. W. Strohmayr / J. Digmayer, 2003, S. 4.
28
Vgl. ebenda.
29
Middle-Office: Bereich, der zwischen den klassischen FE- und BE-Tätigkeiten liegt und für
gewöhnlich das Risikomanagement umfaßt.
30
Erscheinungsbild, das ein Unternehmen im Rahmen seiner Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit)
anstrebt und in dem sich das Selbstverständnis hinsichtlich Leistungsangebot und Arbeitsweise
widerspiegelt, Unternehmensidentität (Vgl. Duden, 2001, S. 343).

8
Rahmen einer einheitlichen Strategie. Aus dieser Sicht spricht speziell für
Direktbanken kaum etwas dagegen, auf die sich im BE-Bereich anbietenden
Kooperationsmöglichkeiten zu verzichten. Bei den Gestaltungsvarianten
stehen folglich nur noch zwei Alternativen zur Auswahl: komplettes Out-
sourcing oder partielles Outsourcing.
2.2.2 Hohe
Fixkosten
Ein weiterer Faktor, der bei einer Bank, die sich nicht auf BE-Tätigkeiten
spezialisiert (z. B. eine Direktbank), für die WP-Abwicklung außer Haus
spricht, ist der ungemein hohe Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten.
Bei der Bayerischen Landesbank liegt dieser z. B. bei ca. 85%
31
, was für den
Abwicklungsmarkt als durchaus repräsentativ gilt. Diese Kosten setzen sich
aus hohen remanenzträchtigen Sach- und Personalkosten zusammen.
Neben den teueren Räumlichkeiten, die sich noch immer zum größten Teil im
Eigenbesitz der Banken befinden,
32
sind die für die Abwicklung durch-
schnittlich gebundenen 15%
33
der Mitarbeiter eines Instituts zu erwähnen.
Ebenfalls als sehr kostenintensiv gilt der IT-Bereich. Hier setzt zum einen die
ununterbrochen steigende Komplexität der IT-Infrastruktur hochqualifiziertes
Personal voraus. Zum anderen gehen bei der Mehrzahl der Hard- und Soft-
ware die Wartungs-, Modernisierungs- und Upgradekosten (insbesondere im
Hinblick auf die Umsetzung gesetzlicher und aufsichtsrechtlicher An-
forderungen) weit über die Anschaffungskosten hinaus. Bleiben die teuren
Systeme bei Einbrüchen des zu verarbeitenden Transaktionsvolumens un-
ausgelastet, entstehen Leerlaufzeiten, denen keine Transaktionen gegen-
überstehen. Der mittlerweile in diesem Bereich erreichte Automatisierungs-
und Standardisierungsgrad zeugt davon, daß die Systeme für das Massen-
geschäft ausgelegt sind und es auch in Zukunft aufgrund zahlreicher Vorteile
dabei bleibt.
2.2.3 Skaleneffekte
Die Skaleneffekte kommen bei den bereits o. g. hohen fixen Kosten zur
Geltung. Mit ihrer Hilfe ist es einem Unternehmen möglich, den Fixkosten-
31
Vgl. W. Strohmayr / J. Digmayer, 2003, S. 6.
32
Vgl. M. Hammes, 1997, S. 15.
33
Vgl. W. Strohmayr / J. Digmayer, 2003, S. 6.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832473334
ISBN (Paperback)
9783838673332
DOI
10.3239/9783832473334
Dateigröße
606 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Frankfurt – unbekannt
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
outsourcing wertpapierabwicklung direktbank auslagerung finanzdienstleister
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Titel: Outsorcing der Wertpapierabwicklung
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