Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf den Immobilienmarkt
Unter besonderer Betrachtung der Vermarktbarkeit von Wohnimmobilien in schrumpfenden Räumen
©2002
Diplomarbeit
207 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Bevölkerung Deutschlands schrumpft. Auch durch die größten Anstrengungen seitens der Politik dürfte es nach Meinung der Zuwanderungskommission nicht möglich sein, den drastischen Bevölkerungsrückgang, welcher vom Statistischen Bundesamt mit bis zu 18 Mio. Menschen bis zum Jahr 2050 beziffert wird, aufzuhalten geschweige denn umzukehren!
Vor diesem Hintergrund stellt sich aus raumplanerischer Sicht die Frage, wie sich die zukünftige Demographische Entwicklung auf die Immobilienmärkte auswirken wird. Schon heute sind die negativen Folgen des Bevölkerungsrückgangs in weiten Teilen Ostdeutschlands zu spüren. Hier bestehen durch den starken Geburtenrückgang und die Abwanderung der jungen Menschen vornehmlich nach Westdeutschland z.T. erhebliche Leerstände. Die Kommission Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel in den neuen Ländern schätzte die Zahl der leerstehenden Wohnungen im Jahr 2000 auf ca. 1 Mio. (13% des Bestandes) mit steigender Tendenz.
Diese Leerstände sind nicht nur aus stadtentwicklungspolitischer Sicht ein enormes Problem, sie stellen vor allem eine Existenzgefährdung der Wohnungswirtschaft dar. Durch das, insbesondere im Zuge der Wende geschaffene Überangebot an Wohnungen sind die erzielbaren Preise für Wohnimmobilien auf niedrigstem Niveau. Zusätzlich haben die Wohnungsunternehmen Leerstände von bis zu 30% zu verkraften. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung 2001 das Programm Stadtumbau Ost ins Leben gerufen. Ziel ist die Stärkung der Städte in den neuen Bundesländern als Wohn- und Wirtschaftsstandorte. Dazu werden bis zum Jahr 2009 Mittel in einer Höhe von insgesamt 2,2 Mrd. Euro von Bund und Ländern bereitgestellt.
Für die Wohnungswirtschaft in ganz Deutschland stellt sich die Frage: Wie kann auf die durch die Demographische Entwicklung veränderte Marktlage im Bereich der Wohnimmobilien reagiert werden? Denn in der Zukunft wird sich auch Westdeutschland nicht mehr durch Zuwanderungsüberschüsse dem gesamtdeutschen Bevölkerungsrückgang entziehen können.
Gang der Untersuchung:
Um diese Frage zu beantworten werden in der Diplomarbeit verschiedene Handlungsmöglichkeiten der Wohnungswirtschaft dargestellt und hinsichtlich ihrer Praktikabilität und ihres Nutzens untersucht. Die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind begrenzt, denn eine Immobilie ist, wie ihr Name bereits ausdrückt, sehr unflexibel. Ihr wichtigstes Merkmal ist die Immobilität, das heißt sie ist an einen Ort gebunden und hat […]
Die Bevölkerung Deutschlands schrumpft. Auch durch die größten Anstrengungen seitens der Politik dürfte es nach Meinung der Zuwanderungskommission nicht möglich sein, den drastischen Bevölkerungsrückgang, welcher vom Statistischen Bundesamt mit bis zu 18 Mio. Menschen bis zum Jahr 2050 beziffert wird, aufzuhalten geschweige denn umzukehren!
Vor diesem Hintergrund stellt sich aus raumplanerischer Sicht die Frage, wie sich die zukünftige Demographische Entwicklung auf die Immobilienmärkte auswirken wird. Schon heute sind die negativen Folgen des Bevölkerungsrückgangs in weiten Teilen Ostdeutschlands zu spüren. Hier bestehen durch den starken Geburtenrückgang und die Abwanderung der jungen Menschen vornehmlich nach Westdeutschland z.T. erhebliche Leerstände. Die Kommission Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel in den neuen Ländern schätzte die Zahl der leerstehenden Wohnungen im Jahr 2000 auf ca. 1 Mio. (13% des Bestandes) mit steigender Tendenz.
Diese Leerstände sind nicht nur aus stadtentwicklungspolitischer Sicht ein enormes Problem, sie stellen vor allem eine Existenzgefährdung der Wohnungswirtschaft dar. Durch das, insbesondere im Zuge der Wende geschaffene Überangebot an Wohnungen sind die erzielbaren Preise für Wohnimmobilien auf niedrigstem Niveau. Zusätzlich haben die Wohnungsunternehmen Leerstände von bis zu 30% zu verkraften. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung 2001 das Programm Stadtumbau Ost ins Leben gerufen. Ziel ist die Stärkung der Städte in den neuen Bundesländern als Wohn- und Wirtschaftsstandorte. Dazu werden bis zum Jahr 2009 Mittel in einer Höhe von insgesamt 2,2 Mrd. Euro von Bund und Ländern bereitgestellt.
Für die Wohnungswirtschaft in ganz Deutschland stellt sich die Frage: Wie kann auf die durch die Demographische Entwicklung veränderte Marktlage im Bereich der Wohnimmobilien reagiert werden? Denn in der Zukunft wird sich auch Westdeutschland nicht mehr durch Zuwanderungsüberschüsse dem gesamtdeutschen Bevölkerungsrückgang entziehen können.
Gang der Untersuchung:
Um diese Frage zu beantworten werden in der Diplomarbeit verschiedene Handlungsmöglichkeiten der Wohnungswirtschaft dargestellt und hinsichtlich ihrer Praktikabilität und ihres Nutzens untersucht. Die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind begrenzt, denn eine Immobilie ist, wie ihr Name bereits ausdrückt, sehr unflexibel. Ihr wichtigstes Merkmal ist die Immobilität, das heißt sie ist an einen Ort gebunden und hat […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 7319
Zabel, Ingo: Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf den Immobilienmarkt -
Unter besonderer Betrachtung der Vermarktbarkeit von Wohnimmobilien in
schrumpfenden Räumen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität Dortmund, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany
,,Man muß die Kraft haben, zu vergessen, was man weiß, um eine Wahrheit,
die mit den eigenen Irrtümern im Widerstreit ist, auffassen und in sich auf-
nehmen zu können."
(Johann Heinrich von Thünen)
Der isolierte Staat, Hamburg, 1826, S.27
Bild 1
Einfamilienhaus
Quelle: http://www.baufirma-loose.de am 20.07.2002
Bild 2
Plattenbauten an der Landesberger Allee in Marzahn
Berlin
Quelle: http://www.bcampbell.org am 20.07.2002
Bild 3
Gründerzeitliche Blockrandbebauung in der Andreas-
vorstadt
Erfurt
Quelle: http://www.uni-mannheim.de am 20.07.2002
i
Inhaltsverzeichnis
ZUR ORGANISATION DIESER DIPLOMARBEIT ...
Inhaltsverzeichnis ...i
Abbildungsverzeichnis ...iv
Tabellenverzeichnis ...vii
Begriffserläuterungen ...viii
1 EINLEITUNG... 1
1.1 Ziel der Arbeit...2
1.2 Aufbau der Arbeit ...2
2. ZUSAMMENFASSUNG ... 5
3. DIE PROGNOSE DER DEMOGRAPHISCHEN
ENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND ... 11
3.1 Bestimmungsfaktoren der demographischen
Entwicklung ...11
3.1.1 Die Verhaltenskomponente ... 11
3.1.2 Die Strukturkomponente ... 12
3.2 Die bisherige Bevölkerungsentwicklung in
Deutschland...12
3.3 Prognose der Demographischen Entwicklung ...17
3.3.1 Die Prognose der gesamtdeutschen Entwicklung... 17
3.3.2 Prognose der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland... 21
3.3.3 Die Bevölkerungsentwicklung im weltweiten Vergleich ... 23
3.4 Einschätzung der Treffsicherheit von
Bevölkerungsprognosen ...24
3.5 Zusammenfassung ...29
4. AUSWIRKUNGEN DER
DEMOGRAPHISCHEN
ENTWICKLUNG AUF DEN IMMOBILIENMARKT ... 31
4.1 Bestimmungsfaktoren der Nachfrageentwicklung ...31
4.2 Die derzeitige Marktlage für Wohnimmobilien...34
4.2.1 Einschätzung der Angebotsseite... 34
4.2.2 Einschätzung der Nachfrageseite ... 37
4.2.3 Räumliche Verteilung der Nachfrage ... 39
4.2.4 Bilanz ... 41
ii
4.3 Prognose der Entwicklung des Immobilienmarktes .. 46
4.3.1 Prognose für Deutschland ...48
4.3.2 Prognose für Ostdeutschland ...55
4.4 Prognose der räumlichen Verteilung von Angebot und
Nachfrage ... 58
4.4.1 Einschätzung der räumlichen Entwicklung in Deutschland...60
4.4.2 Einschätzung der räumlichen Entwicklung in Ostdeutschland 63
4.5 Konsequenzen der dargestellten Entwicklung für die
Wohnungswirtschaft ... 65
4.6 Zusammenfassung ... 67
5. HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN DER PRIVATEN
IMMOBILIENWIRTSCHAFT IN SCHRUMPFENDEN
RÄUMEN ...69
5.1 Allgemein anerkannte Raum- und
Stadtentwicklungsziele... 69
5.1.1 Internationale und nationale Vereinbarungen zur Raum- und
Stadtentwicklung ...69
5.1.2 Stadtentwicklungsziele ...72
5.1.3 Konflikt der Stadtentwicklungsziele mit den Interessen der
Wohnungswirtschaft ...73
5.2 Handlungsmöglichkeiten für die Immobilien-
wirtschaft... 74
5.2.1 Aufwertung ...74
5.2.2 Rückbau ...78
5.2.3 Stillegung ...82
5.2.4 Veräußerung...83
5.2.5 Umnutzung...86
5.3 Förderprogramme... 89
5.3.1 EU-Strukturfonds und Gemeinschaftsinitiativen ...89
5.3.2 Förderprogramme des Bundes ...90
5.3.3 Förderprogramme der Länder ...94
5.4 Auswirkungen der Handlungsoptionen auf den
Immobilienmarkt... 94
5.5 Zusammenfassung ... 95
6. EINSCHÄTZUNG DER VERMARKTBARKEIT VON
WOHNIMMOBILIEN IN SCHRUMPFENDEN RÄUMEN .97
6.1 Wohnpräferenzen der Menschen... 97
6.1.1 Wohnwünsche und Wohnbedürfnisse...97
6.1.2 Lebensstilgruppen ...102
6.1.3 Bedeutung der Wohnpräferenzen für den Immobilienmarkt .104
6.2 Wohnqualität verschiedener Gebäude ... 107
6.2.1 Anforderungen an eine soziale Architektur ...108
6.2.2 Geschossbauten...109
6.2.3 Flachbauten...114
6.2.4 Schlussfolgerungen...115
iii
6.3 Prognose der Nachfrageverteilung...115
6.3.1 Flachbauten ... 116
6.3.2 Geschossbauten ... 117
6.3.3 Großsiedlungen ... 118
6.4 Ökologische Qualität verschiedener Wohnformen ..122
6.4.1 Flächenverbrauch ... 123
6.4.2 Energieverbrauch ... 124
6.4.3 Verkehrserzeugung... 125
6.5 Ökonomische Perspektive...126
6.5.1 Eigentumsbildung... 126
6.5.2 Mietwohnungsmarkt... 128
6.6 Schlussfolgerungen für die Vermarktbarkeit von
Wohnimmobilien ...130
6.7 Zusammenfassung ...131
7. UNTERSUCHUNG DER RÜCKBAUOPTION IN
GROßSIEDLUNGEN... 133
7.1 Rückbaukosten ...133
7.2 Neuerrichtung kleinteiliger Bebauung ...135
7.3 Profitabilität verschiedener Handlungsoptionen...138
8. FAZIT: IN SCHRUMPFENDEN MÄRKTEN STELLT
SICH DIE RÜCKBAUOPTION ALS SINNVOLLSTE
HANDLUNGSMÖGLICHKEIT DAR ... 143
LITERATURVERZEICHNIS ... 145
Literatur ...145
Internetrecherche ...149
Sonstiges Material ...152
ANHANG... IX
Daten der Graphiken zur Bevölkerungsentwicklung...ix
Daten der Graphiken zum Immobilienmarkt...xiv
Daten zur Abschätzung der Vermarktbarkeit...xvii
iv
Abbildungsverzeichnis
1
Methodischer Aufbau der Arbeit...3
2
Die Bevölkerung in Deutschland ab 1950...13
3
Die zusammengefasste Geburtenziffer 1997 in Deutschland...14
4
5
6
Lebendgeborene pro Jahr in Deutschland seit dem Jahr 1841...17
7
Der Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1910, 1999 und 2050...18
8
Prognose der Bevölkerung in Deutschland bis 2050...19
9
Prognose der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland bis 2050...22
10
Entwicklung der Bevölkerung auf den einzelnen Kontinenten...23
11
Prozentuale Veränderung der Bevölkerung in Europa bis zum Jahr 2050..24
12
Auftragseingang im Bauhauptgewerbe...35
13
Preise für Baugrundstücke in Mittel- und Großstädten...35
14
15
Personen je Haushalt aufgeschlüsselt nach Kreisen...38
Bevölkerungsentwicklung in Deutschland unterschieden nach Ost und
West...16
Der Altersaufbau der deutschen Bevölkerung in Ost- und Westdeutsch-
land...15
Die Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit in West- und Ostdeutsch-
land...36
v
16
Die Einwohnerdichte je km² in Deutschland differenziert nach Kreisen...40
17
18
Leerstandsquoten am Gesamtbestand in Ostdeutschland...42
19
20
21
Siedlungsstrukturelle Regionstypen in Deutschland...61
22
23
24
Wohnungsmarkttypen in den Neuen Bundesländern...64
25
Aufgewerteter Plattenbau in Wolfen-Nord...76
26
Rückbau eines Plattenbaus...79
27
28
Wohnwünsche der Deutschen...99
29
Wohnwünsche der neun Lebensstilgruppen in Ostdeutschland 1996...102
30
Wohnwünsche der neun Lebensstilgruppen in Westdeutschland 1996...103
31
32
Unité d'Habitation ,,Les Bruneaux" 1962-68...110
Das Verhältnis von Haushalten zu Wohnungen in den einzelnen Bundeslän-
dern...41
Mietpreisspannen der Nettokaltmieten in Großstädten Ostdeutschlands
1999...44
Die Prognose der Entwicklung der Zahl der Haushalte in Ostdeutsch-
land...46
Jährlicher Neubaubedarf bis 2015 bei Mehrfamilienhäusern je 1000 Ein-
wohner in den Raumordnungsregionen...62
Jährlicher Neubaubedarf bis 2015 bei Ein- und Zweifamilienhäusern
je 1000 Einwohner in den Raumordnungsregionen...63
Stadtvillen aus einem ehemaligen elfgeschossigen Plattenbau in Cottbus
Sachsendorf-Madlow...88
Die Wohnwünsche und die aktuelle Wohnsituation der Menschen in Ost-
deutschland 1996...104
vi
33
Beispiel eines Wohnhochhauses...112
34
plan voisin von le Corbusier...113
35
Einfamilienhaus...114
36
37
38
39
40
41
Leerstandsquoten in Plattenbaugebieten im Vergleich zur Gesamtstadt in
ostdeutschen Städten 2000...119
Leerstandsquoten in großen Plattenbaugebieten der neuen Bundesländer im
Jahr 1998...118
Durchschnittliche Baukosten für neu genehmigte Ein- und Zweifamilien-
häuser im Zeitraum Oktober 2000 bis September 2001...127
..
Untersuchte Großsiedlungen aus dem Bund-Länder-Programm ,,Soziale
Stadt"...136
Der Anteil der Einwohner in dem jeweiligen Gebiet, die in neu errichteten
zweigeschossigen Reihenhäusern Platz finden könnten...138
Bilanz einer Rückbauoption in den untersuchten Großsiedlungen des Pro-
gramms ,,die soziale Stadt" (eigen Darstellung)...140
vii
Tabellenverzeichnis
1
2
Übersicht über das mögliche Volumen eines Rückbaus...137
3
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland seit 1950...ix
4
Die Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland bis zum Jahr 2050...xi
5
Die Entwicklung der Bevölkerung in Ostdeutschland bis zum Jahr 2050...xi
6
Die Entwicklung der Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050...xii
7
Die Entwicklung der Bevölkerung in Europa bis zum Jahr 2050...xiii
8
Die Entwicklung der Zu- und Fortzüge in Deutschland seit 1980...xiii
9
10
Die Prognose der Haushaltsentwicklung in Deutschland bis 2030...xv
11
Die Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit in Deutschland...xv
12
13
14
Baumaße verschiedener Plattenbautypen in den neuen Bundesländern...xviii
15
16
17
18
Vergleich der Prognose der Bevölkerung bis 2050 vom Statistischen
Bundesamt und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung...20
Das Verhältnis von Haushalten zu Wohnungen in den Bundesländern
Deutschlands 1999...xiv
Durchschnittliche Baupreise für neu genehmigte Ein- und Zweifamilien-
häuser im Zeitraum Oktober 2000 bis September 2001...xvii
Prognose des Wohnungsneubaus in den alten Bundesländern bis zum Jahr
2030...xvi
Kosten des Abbruchs verschiedener Plattenbautypen auf unterschiedliche
Arten...xix
Die Instandsetzungs- und Modernisierungskosten verschiedener Platten-
bautypen...xx
Mögliches Neubauvolumen auf, nach einem Rückbau entstandenen Freiflächen
in den untersuchten Großsiedlungen des Programms ,,Die soziale Stadt"...xxi
Bilanz einer Rückbaumaßnahme in den untersuchten Großsiedlungen des Pro-
gramms ,,Die Soziale Stadt"...xxviii
viii
Begriffserläuterungen
Die folgenden Begriffe haben in dieser Arbeit die nachstehende Bedeutung:
Alte Bundesländer
synonym zu Westdeutschland verwendet
Altenquotient
beschreibt das Verhältnis der mittleren Generation, welche im
Erwerbsleben steht (20-60/65Jährigen) zur älteren Generation
(über 60/65 Jährige). Ergebnis ist ein Quotient, der das Gewicht
der beiden Gruppen an der Gesellschaft beschreibt.
Baby Boom Generation
gemeint sind die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre des
20. Jahrhunderts, welche sich durch einen überproportionalen
Anteil dieser Geburtenjahrgänge an der Gesamtbevölkerung
auszeichnen (die Baby Boom Generationen treten ca. alle 25-30
Jahre auf, da in etwa in diesem Alter Familien gegründet wer-
den)
Die Wende
gemeint ist die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 und
der Zeitraum der zwischen der Öffnung der Grenzen der DDR
1989 und der offiziellen Wiedervereinigung der beiden deut-
schen Staaten am 3. Oktober 1990 lag
Fertilitätsrate
Die Kennziffer in der Bevölkerungswissenschaft, die das zah-
lenmäßige Verhältnis von Lebendgeborenen zu Frauen im ge-
bärfähigen Alter pro Jahr angibt. Das gebärfähige Alter wird in
der Regel zwischen 15 - 45 Jahren angesetzt.
(Quelle: http://www.g-o.de/ (geoscience online) Das Internet-Magazin
für Geo- und Naturwissenschaften ; Aus: Diercke Wörterbuch der Allge-
meinen Geographie, 1997)
Geburtenrate
Die Zahl der Lebendgeborenen in einem Kalenderjahr bezogen
auf 1000 Einwohner der Gesamtbevölkerung.
(Quelle: Meusburger et al.: Lexikon der Geographie ; 2002)
Mortalität (Sterblichkeit)
Die Sterblichkeit ergibt sich aus der Zahl der Gestorbenen einer
Bevölkerung in einer Region für den Zeitraum eines Kalender-
jahres. Die Sterblichkeit wird gemessen in der Sterbeziffer.
Diese erfasst die Sterbefälle innerhalb eines Jahres, bezogen auf
1000 Einwohner.
(Quelle: Meusburger et al.: Lexikon der Geographie ; 2002)
Neue Bundesländer
synonym zu Ostdeutschland verwendet
Ostdeutschland
beinhaltet die Bundesländer: Berlin (West- und Ostberlin),
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-
Anhalt, Thüringen
Westdeutschland
beinhaltet die Bundesländer: Baden-Württemberg, Bayern, Bre-
men, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Saarland, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz
Bild 1
Städtebaulicher Entwurf «plan voisin» von Le
Corbusier
Paris
Quelle: www.archinform.de am 20.07.2002
Bild 2
Abriss eines Plattenbaus
Koblenz
Quelle: http://www.uni-koblenz.de am 20.07.2002
Bild 3
Niedrig-Energie Plattenbau in Köpenick
Berlin
Quelle: www.stadtentwicklung.berlin.de am
20.07.2002
1
1 Einleitung
Deutschland steht ein historisch einmali-
ges, nie da gewesenes Ereignis bevor: Die
Bevölkerung wird langfristig schrumpfen.
Eine dauerhaft zurückgehende Bevölke-
rung in Verbindung mit einer Verschiebung
des Verhältnisses alter und junger Men-
schen zugunsten der Alten hat extreme
Auswirkungen auf alle Bereiche des Le-
bens. In der öffentlichen Diskussion ist der
drohende Zusammenbruch des umlagefi-
nanzierten Rentensystems wohl am präsen-
testen. Aber auch die Auswirkungen auf
die gebaute Infrastruktur sind nicht minder
besorgniserregend. Die in der Vergangen-
heit geschaffenen Versorgungseinrichtun-
gen, Bildungseinrichtungen und Wohnim-
mobilien werden keine ausreichende Nach-
frage mehr finden und fallen brach. In
Regionen, in denen die natürliche
Abnahme der Bevölkerung durch eine
starke Abwanderung vor allem junger
Menschen verstärkt wird, werden die
Auswirkungen der Demographischen
Entwicklung besonders deutlich her-
vortreten.
Schon heute gibt es in Teilen Deutschlands,
vor allem in Ostdeutschland, schrumpfende
Regionen. Sie sind gekennzeichnet von
einer anhaltenden Abwanderung der Be-
völkerung, welche die natürliche Abnahme
der Bevölkerung noch verstärkt. Die Aus-
wirkungen des Bevölkerungsrückgangs auf
den Immobilienmarkt machen sich in Leer-
ständen und massivem Rückbau von
Wohnimmobilien bemerkbar. Gerade struk-
turschwache Regionen, deren künstlich
erzeugte Industrien nach der Wende bank-
rott gingen, sind besonders stark von Leer-
ständen betroffen.
Um durch die abnehmende Nachfrage, vor
allem nach Wohnimmobilien, keinen grö-
ßeren Schaden für die Städte und die Woh-
nungsunternehmen zu verursachen, muss
frühzeitig an Handlungskonzepten gearbei-
tet werden. Dies ist in der Vergangenheit
nicht in ausreichendem Maß geschehen, da
heute viele ostdeutsche Städte und Woh-
nungsunternehmen vor dem Problem einer
nachlassenden Nachfrage stehen. Die Bun-
desregierung hat vor dem Hintergrund
1Mio. leerstehender Wohnungen in Ost-
deutschland das Förderprogramm ,,Stadt-
umbau Ost" ins Leben gerufen, um die
betroffenen Kommunen und Wohnungsun-
ternehmen im erzwungenen Stadtumbau-
prozess finanziell zu unterstützen.
Die spannende Frage für die Zukunft lautet:
Wie kann Leerstand verhindert werden und
welche Wohnungsbestände sind auch in
Zukunft vermarktbar?
2
1.1 Ziel der Arbeit
Ziel der Arbeit ist die Darstellung der
Auswirkungen der zukünftigen Demogra-
phischen Entwicklung auf den Immobi-
lienmarkt in Deutschland. Von besonderem
Interesse sind die schrumpfenden Regionen
innerhalb Deutschlands. Das heißt Regio-
nen, welche in Zukunft durch die natürliche
Abnahme der Bevölkerung und durch Ab-
wanderungsprozesse besonders stark unter
der Demographischen Entwicklung leiden
werden. Der Fokus der hier angestellten
Betrachtungen soll auf diese Räume gelegt
werden. Sie können allerdings nur durch
regionale oder lokale Wohnungsmarktana-
lysen exakt definiert werden. Daher werden
die gemachten Aussagen nicht auf geogra-
phische Räume, sondern auf Raumkatego-
rien bezogen.
In dauerhaft schrumpfenden Räumen steht
die Immobilienwirtschaft vor dem Prob-
lem, für die bereits vorhandenen Wohnim-
mobilien auf keine ausreichende Nachfrage
zurückgreifen zu können. Das legt es nahe,
über Handlungsoptionen nachzudenken,
welche eine dauerhafte Vermarktbarkeit
von Wohnimmobilien für die Immobilien-
wirtschaft in schrumpfenden Räumen er-
möglichen. Langfristig ist es notwendig,
die Vermarktbarkeit verschiedener Wohn-
immobilien zu untersuchen, um eine nach-
haltige Lösung für ein wirtschaftlich ren-
tables Engagement der Immobilienwirt-
schaft in schrumpfenden Räumen zu entwi-
ckeln. Im Hinblick auf einen zu erwarten-
den dauerhaften Angebotsüberhang soll
eine Aussage über die zukünftige Ver-
marktbarkeit von Wohnimmobilien getrof-
fen werden.
Im Ergebnis kann, unter Zugrundelegung
der Demographischen Entwicklung und der
dadurch beeinflussten Vermarktbarkeit von
Wohnimmobilien, eine Aussage darüber
getroffen werden, welche Handlungsoption
der Wohnungswirtschaft, als Reaktion auf
die Auswirkungen der Demographischen
Entwicklung, die sinnvollste ist.
1.2 Aufbau der Arbeit
Grundlage der in dieser Arbeit angestellten
Überlegungen ist die zukünftige Demogra-
phische Entwicklung in Deutschland. Der
durch die Alterung, die Schrumpfung und
die Wanderung der Bevölkerung ausgelöste
Veränderungsprozess bewirkt die Entste-
hung von schrumpfenden Regionen in
Deutschland.
Die Auswirkungen des Schrumpfungspro-
zesses auf den Immobilienmarkt in diesen
Regionen stellt ein zentrales Thema dieser
Arbeit dar. Durch die natürliche Schrump-
fung und Alterung der Bevölkerung, sowie
durch die Abwanderung, entsteht ein Woh-
nungsüberangebot, welches strukturell be-
dingt ist. Leerstände sind die Folge.
3
Immobilienmarkt
Demographische Entwicklung
Prognose der zukünftigen Entwicklung bis 2050
Handlungsoptionen
der Wohnungswirtschaft
-
Aufwertung
-
Stillegung
-
Rückbau
-
Umnutzung
-
Verkauf
Einschätzung der zukünftigen Vermarktbarkeit verschie-
dener Wohnimmobilien
Schrumpfungsprozess
Wanderungsprozess
Alterungsprozess
schrumpfende Regionen
Wohnungsangebot
Wohnungsnachfrage
Leerstand
Wohnpräferenzen der Deutschen
Ökologische Tragfähigkeit
Wohnqualität der
Gebäude
Ökonomische Perspektive
Empfehlung einer Handlungsoption
unter Berücksichtigung der zukünftigen Vermarktbarkeit verschiedener
Wohnimmobilien
in
schrumpfenden Räumen
Einflussfaktoren der
Wohnungsnachfrage
- Alterungsprozess
- Schrumpfungsprozess
- Wanderungsprozess
Untersuchung der Rückbauoption
Abschätzung der Möglichkeit eines Rückbaus von Immobilien
in Großwohnsiedlungen des
Bund-Lände-Programms ,,Die soziale
Stadt"
Abb. 1: Methodischer Aufbau der Arbeit (eigene Darstellung)
Ein dauerhafter Leerstand über einer Mobi-
litätsreserve von 2,5% bedeutet aber er-
hebliche finanzielle Schäden für die Woh-
nungswirtschaft. Dieser Tatsache soll durch
die Diskussion verschiedener Handlungs-
möglichkeiten entgegengewirkt werden.
Dazu werden fünf mögliche Richtungen
dargestellt und diskutiert. Neben der Auf-
wertung, der Stillegung, der Umnutzung
und dem Verkauf der Immobilien stellt der
Rückbau eine wichtige
Option bei einem
langfristigen
Wohnungsüberangebot
dar. Ansonsten ist eine
wirtschaftliche Ver-
marktung der Immo-
bilien nicht auf Dauer
gesichert.
Im Hinblick auf die
Alterungs-, Schrumpf-
ungs- und Wanderungs-
prozesse im Rahmen der
Demographischen
Entwicklung soll zur
Bewertung der verschie-
denen Handlungsoption-
en die Vermarktbarkeit
von Wohnimmobilien in
schrumpfenden Räumen
betrachtet werden. Dazu
werden die zukünftigen
Vermarktungschancen
verschiedener Immobi-
lien untersucht. Der wohl
wichtigste Aspekt hierbei
ist die Wohnpräferenz der Bevölkerung,
welche sich mehr oder weniger direkt auf
die Nachfrage auswirkt. Nicht minder-
interessant ist in diesem Zusammenhang
die ökonomische Perspektive zur Einschät-
zung verschiedener Immobilien und Hand-
lungsoptionen. Die zur Verfügung stehen-
den Optionen sind mit Kosten verbunden
und ebenso ist die Nachfrage nach Wohn-
4
immobilien im wesentlichen eine Kosten-
frage. Weiterhin spielen die Qualität ver-
schiedener Immobilien für Wohnzwecke
und deren ökologische Verträglichkeit eine
gewisse Rolle. Denn die zu ergreifenden
Handlungsoptionen können nur im Ein-
klang mit den Stadtentwicklungszielen der
Kommune verwirklicht werden.
Als Resultat kann eine Aussage zur Ent-
wicklung der Wohnimmobilienmärkte un-
ter dem Einfluss der Demographischen
Entwicklung getroffen werden und die
Vermarktbarkeit von verschiedenen Immo-
bilien eingeschätzt werden. Auf dieser Ba-
sis ist es möglich eine Empfehlung für eine
bestimmte Handlungsoption abzugeben.
Um diese Empfehlung mit Fakten unter-
mauern zu können, wird im Anschluss eine
Untersuchung der Rückbauoption auf ihre
Praktikabilität vorgenommen.
Die hier gemachten Abschätzungen und
Aussagen beziehen sich auf Deutschland
im allgemeinen und nicht auf einen speziel-
len Standort. Es muss betont werden, dass
jeder Einzelfall spezielle durch den Mikro-
standort bedingte Eigenheiten aufweist und
die auf der nationalen Betrachtungsebene
gemachten Aussagen nicht direkt auf den
Einzelfall angewendet werden können.
Bild 1
Bau Wohnkomplex 2 IV WK IV
Hoyerswerda
Quelle: www.hoyerswerda.de am 20.07.2002
Bild 2
Wohnkomplex III
Hoyerswerda
Quelle: www.hoyerswerda.de am 20.07.2002
Bild 3
Plattenbauten an der Landsberger Allee in Marzahn
Berlin
Quelle: http://www.bcampbell.org am 20.07.2002
5
2. Zusammenfassung
Die zukünftige Demographische Entwick-
lung zeichnet sich vor allem durch zwei
Trends aus. Die Bevölkerung nimmt ab und
altert. In einigen Regionen Deutschlands
treten diese Veränderungen stärker zu Ta-
ge, in anderen eher schwächer. Insgesamt
aber ist an einer langfristigen kontinuierli-
chen Abnahme der Bevölkerung nicht zu
zweifeln. Hauptursache des Schrump-
fungsprozesses ist die natürliche Bevölke-
rungsentwicklung. Das Absinken der Ge-
burtenrate auf ein Niveau, welches langfris-
tig nicht mehr zum Bestandserhalt der Be-
völkerung ausreicht, bewirkt zusammen
mit nicht ausreichenden Wanderungsüber-
schüssen eine Abnahme der Bevölkerung
um etwa 14% bis zum Jahr 2050 und eine
gleichzeitige Alterung. Diese kommt durch
die Tatsache zustande, dass pro Geburten-
jahrgang weniger Menschen geboren wer-
den als notwendig wäre, um die vorhande-
ne Bevölkerung zu ersetzen. Dadurch er-
höht sich das Gewicht der älteren Men-
schen an der Gesamtbevölkerung und führt
dazu, dass der Altersdurchschnitt der Be-
völkerung steigt. Die Abnahme der Bevöl-
kerung ist im Raum nicht gleichverteilt. In
Gebieten, deren wirtschaftliche Entwick-
lung im Vergleich zu anderen unterdurch-
schnittlich ist, kommt es zu stärkeren Be-
völkerungsverlusten aufgrund von Abwan-
derungen vor allem junger Menschen. Die
beschriebenen demographischen Prozesse
werden dadurch in diesen Regionen noch
verstärkt. Ostdeutschland leidet schon heu-
te unter Schrumpfungsprozessen. Vor al-
lem aufgrund der ungünstigen wirtschaftli-
chen Situation sind viele Haushalte
abgewandert. Hinzu kommt, dass im Zuge
der Wende die Geburtenrate von einem
relativ hohen Niveau extrem abgesunken
ist und nun im nationalen Vergleich
unterdurchschnittlich ist.
Die Folgen der Demographischen Entwick-
lung betreffen viele Bereiche. Die Auswir-
kungen auf das umlagefinanzierte Renten-
system wurden und werden in der Öffent-
lichkeit am ehesten wahrgenommen. Aus
raumplanerischer Sicht ist aber das Brach-
fallen von Infrastrukturen viel besorgniser-
regender. Ein Rentensystem ist ein Kon-
strukt aus selbst geschaffenen Regeln und
damit variabel. Gebaute Infrastruktur ist
dagegen sehr unflexibel. Über Wohnim-
mobilien, Immobilien für Bildungseinrich-
tungen, Kindererziehung, Versorgung zum
täglichen Bedarf bis hin zu Verkehrsinfra-
struktur ist alles standortgebunden und in
den meisten Fällen für einen speziellen
Bedarf konstruiert und auch nur hierfür
nutzbar. Eine Wohnung kann nicht ohne
weiteres als Büro genutzt werden, eine
Schule nicht als Gewerberaum und ein
Kaufhaus nicht als Kino. Bei einer ange-
nommenen Abnahme der Bevölkerung und
6
infolgedessen auch einer Abnahme der
Zahl der Haushalte, trotz anhaltender Haus-
haltsverkleinerung, verringert sich die
Nachfrage nach Wohnimmobilien. Der
Bestand an vorhandenen Wohnimmobilien
kann aber der nachlassenden Nachfrage
nicht durch eine Senkung des Angebots
angepasst werden. Denn der Wohnungs-
markt ist ein Bestandsmarkt und das Pro-
dukt, die Wohnungen, können nicht wie
andere Produkte bei nachlassender Nach-
frage vom Markt genommen werden. Da-
her entstehen in Räumen, die besonders
stark von einer nachlassenden Nachfrage
im Bereich der Wohnimmobilien betroffen
sind, Leerstände. Besonders Regionen mit
schwacher wirtschaftlicher Entwicklung
sind hiervon betroffen, da zur natürlichen
Abnahme der Bevölkerung die Abnahme
aufgrund der Abwanderung der zumeist
jungen Menschen kommt. Die über 1.Mio
leerstehenden Wohnungen in Ostdeutsch-
land sind zum großen Teil durch diese Tat-
sachen entstanden. Räumlich gesehen wer-
den nicht alle Immobilien gleichermaßen
von den Nachfragerückgängen getroffen.
Insbesondere die Kernstädte werden wei-
terhin Einwohner und damit auch Nachfra-
ger an das nähere und weitere Umland ver-
lieren. In Ostdeutschland wird der Subur-
banisierungsprozess stärker als im Westen
durch die Wohneigentumsbildung gespeist.
Ländliche Räume mit schwacher wirt-
schaftlicher Entwicklung und altindustriali-
sierte Gebiete vor allem in Nordostdeutsch-
land verlieren besonders stark Einwohner.
Für die Wohnungswirtschaft sind die Fol-
gen der Demographischen Entwicklung
besonders schmerzhaft, denn die Immobili-
tät und Unflexibilität ihres Produktes, der
Wohnungen, erschwert es neue Märkte zu
erschließen. Die vorhandenen Immobilien
können weder auf einem, räumlich betrach-
tet, anderen Markt angeboten werden, noch
ist es ohne Aufwand möglich sie in einem
anderen Marktsegment zu platzieren. Daher
drohen der Wohnungswirtschaft in
schrumpfenden Regionen aufgrund der zu
erwartenden Leerstände z.T. erhebliche
Einnahmeverluste. Die Kosten für Investi-
tionen in den Bau, die Modernisierung oder
Sanierung der Immobilien müssen aus ge-
ringeren Mieteinnahmen gedeckt werden.
Darüber hinaus entstehen laufende Kosten
für die Bewirtschaftung der Gebäude. Aus
diesem Grund ist es für die Wohnungswirt-
schaft ratsam Handlungsmöglichkeiten zu
entwickeln, mit denen auf eine nachlassen-
de Nachfrage reagiert werden kann. Besser
noch wäre eine Präventivstrategie, die ein-
setzt bevor Leerstände und damit ein Hand-
lungszwang entstehen.
Für die Wohnungswirtschaft in schrump-
fenden Räumen bieten sich im wesentli-
chen fünf Handlungsoptionen an, um auf
eine wegbrechende Nachfrage zu reagieren.
Das sind die Veräußerung der Immobilien,
die Aufwertung des Bestandes, die Umnut-
zung für andere als Wohnzwecke, die Stil-
legung und der Rückbau. Eine Aufwertung
des vorhandenen Bestandes im Sinne einer
7
Sanierung der Gebäudehülle und techni-
schen Anlagen sowie einer Modernisierung
des Gebäudes durch den Einbau höherwer-
tiger oder zusätzlicher Einrichtungen bietet
sich vor allem in Situationen an, in denen
viele Immobilien mit geringem Standard
am Markt angeboten werden. In Ost-
deutschland bestand und besteht immer
noch ein z.T. erheblicher Sanierungs- und
Modernisierungsbedarf. Die Kosten der
z.T. notwendigen, erheblichen Sanie-
rungsmaßnahmen beeinflussen diese Hand-
lungsoption aber eher negativ. Eine Veräu-
ßerung der Immobilien kann sowohl an
einen professionellen Käufer als auch an
die ehemaligen Mieter oder sonstige Privat-
leute erfolgen. Durch die Mieterprivatisie-
rung kann gegenüber dem Verkauf des
kompletten Objektes an einen Investor ein
höherer Marktpreis erzielt werden, denn
der Mieter zahlt in der Regel einen über
den Ertragswert hinausgehenden Preis.
Allerdings besteht die Gefahr, nicht alle
Wohnungen eines Objektes veräußern zu
können und so teilweise an die Immobilien
gebunden zu bleiben. Die Umnutzung von
Wohnimmobilien für andere Zwecke ist
wohl die vielfältigste Handlungsoption.
Allerdings wird eine Einschränkung da-
durch gemacht, dass in schrumpfenden
Regionen nicht nur die Nachfrage nach
Wohnraum nachlässt, sondern ebenfalls die
Nachfrage nach Immobilien für gewerbli-
che Nutzungen, Freizeitnutzungen und
öffentliche Funktionen. Lediglich Einrich-
tungen zur Betreuung älterer Menschen
dürften sich bei einer erwarteten Alterung
der Bevölkerung reger Nachfrage erfreuen.
Von einer Zwischennutzung der leerste-
henden Gebäude durch subventionierte
Wohnformen ist aufgrund sozialer Konflik-
te eher abzuraten. Zu den eher weniger
empfehlenswerten Handlungsoptionen
zählt auch die Stillegung von Gebäuden.
Stillegung bedeutet, ein Gebäude für eine
gewisse Zeit vom Markt zu nehmen, um es
zu einem späteren Zeitpunkt unter günsti-
geren Marktbedingungen wieder anbieten
zu können. Da man eine Immobilie nicht
wie andere Güter vom Markt nehmen und
einlagern kann, gestaltet sich dieses Unter-
fangen schwierig. Besonders problematisch
ist die Tatsache, dass leerstehende Gebäude
Vandalismus anziehen und laufende Kosten
durch Instandhaltungsmaßnahmen entste-
hen. Da nicht anzunehmen ist, dass sich das
Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf
den Immobilienmärkten in Zukunft vorteil-
haft für die Wohnungswirtschaft entwi-
ckelt, ist diese Handlungsoption eher nega-
tiv zu bewerten. Als letzter Ausweg er-
scheint oft der Rückbau leerstehender Ge-
bäude, obwohl diese Option aufgrund psy-
chologischer Bedenken von vielen Men-
schen noch nicht als gleichwertige Alterna-
tive wahrgenommen wird. Rückbau kann
die Abtragung der obersten Geschosse ei-
nes hohen Gebäudes, die Herausnahme
einzelner Gebäude aus einem Komplex,
oder Komplettabriss ganzer Siedlungen
bedeuten. Gerade bei Großwohnsiedlungen
bietet sich ein Komplettabriss an, denn
8
meist befinden sich alle Immobilien in
Hand eines Investors und die Gebäude-
komplexe sind ohnehin nicht in das Stadt-
bild integriert. Gewachsene Strukturen
werden also nicht zerstört. Der Rückbau
von Wohnungen hat positive Folgen für das
Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf
dem Immobilienmarkt. Allerdings kommen
Rückbaumaßnahmen einzelner Unterneh-
men allen anderen Immobilienunternehmen
ebenso zugute (windfall profit), denn das
marktrelevante Angebot wird insgesamt
verringert. Rückbau ist mit hohen Kosten
verbunden und bewirkt zusätzlich den Ver-
lust des Vermietergeschäfts für die Woh-
nungsunternehmen.
Eine ganz wesentliche Bedeutung für die
Beurteilung der genannten Handlungsopti-
onen hat die zukünftige Vermarktbarkeit
von Wohnimmobilien in schrumpfenden
Räumen. Hierbei sind vor allem die Wohn-
präferenzen der Menschen entscheidend.
Der seit langem von der Mehrheit der Be-
völkerung geäußerte Wunsch nach einem
Einfamilienhaus wird in Zukunft trotz sin-
kender Bevölkerung von vielen Menschen
realisiert werden. Kleinteiligere Bauformen
stehen bei den Nachfragern ohnehin höher
im Kurs, als monotone vielgeschossige
Gebäude. Die Wohnqualität eines Gebäu-
des, das heißt seine Fähigkeit den Bedürf-
nissen der Nutzer nach Individualität, Si-
cherheit, Repräsentation, Entfaltung und
Status gerecht zu werden wird immer wich-
tiger werden. Die Kosten verschiedener
Handlungsoptionen wirken sich auch auf
die Vermarktbarkeit der Wohnimmobilien
in schrumpfenden Räumen aus. Für die
unattraktiven Geschossbauten gerade in
sog. Neubaugebieten (Großsiedlungen)
Ostdeutschlands stellt der Rückbau die
günstigste der vorhandenen Alternativen
dar. Unter ökologischen Gesichtspunkten
stellen kleinteiligere Bauformen, insbeson-
dere unter den Auswirkungen einer
schrumpfenden Bevölkerung eine Alterna-
tive zu verdichteten Bauformen dar.
Die Nachfrage nach Wohnimmobilien dif-
feriert aber nicht nur räumlich, sondern
auch bezogen auf verschiedene Immobi-
lientypen. Trotz übermäßig vorhandenem
Wohnraum werden daher in Ostdeutsch-
land weiterhin Ein- und Zweifamilienhäu-
ser gebaut. Wohnungsbestände die durch
ihre Lage, ihre Ausstattung, ihr Umfeld
oder den Preis nicht der Nachfrage entspre-
chen werden daher in Zukunft schlechter
vermarktbar sein als andere. Dies betrifft
insbesondere den in Großsiedlungen zu-
sammengefassten Geschosswohnungsbau.
Die Abschätzung der Profitabilität einer
Rückbauoption von durch Leerstand be-
drohten oder betroffenen Großsiedlungen
in schrumpfenden Räumen ergibt ein un-
eindeutiges Ergebnis. Im überwiegenden
Teil der untersuchten westdeutschen Groß-
siedlungen kann durch den Rückbau der
kompletten Wohnbebauung und den an-
schließenden Verkauf des Baulandes für
9
die Errichtung kleinteiliger Bauformen ein
Gewinn erzielt werden. Das bedeutet, ein
Rückbau wäre mehr als kostendeckend zu
realisieren. In Ostdeutschland dagegen ist
ein Rückbau aufgrund der geringen Bau-
landpreise nicht kostendeckend. Da aller-
dings für den Unterhalt eines teilweise oder
vollständig leerstehenden Gebäudes eben-
falls Kosten anfallen, ist die Rückbaulö-
sung dennoch zu empfehlen. Insbesondere
vor dem Hintergrund der Vermarktbarkeit
verschiedener Wohnimmobilien bietet sich
ein frühzeitiger Rückbau der zukünftig
nicht marktfähigen Immobilien an.
Im Ergebnis kann festgehalten werden,
dass die Bevölkerung schrumpfen und
abnehmen wird. Als Folge werden sich
schrumpfende Regionen in Deutschland
ausprägen. Diese sind unter anderem durch
eine abnehmende Nachfrage nach Wohn-
immobilien gekennzeichnet. Die Folge
wird ein Überangebot an Wohnimmobilien
und damit Leerstand sein. Um diesem Phä-
nomen zu begegnen stellt sich der Rückbau
vom Markt nicht akzeptierter Bestände als
ein wesentliches Mittel dar. Denn unter
Berücksichtigung der Wohnpräferenzen
zukünftiger Nachfrager und der Kosten
verschiedener Handlungsoptionen ist
Rückbau die sinnvollste Strategie.
Bild 1
Wohnkomplex 3 X
Hoyerswerda
Quelle: www.hoyerswerda.de am 20.07.2002
Bild 2
Abriss eines Plattenbaus in Silberhöhe
Halle
Quelle: http://www.spiegel.de am 20.07.2002
Bild 3
Stadtvilla an der Stormstrasse in Sachsendorf-
Madlow
Cottbus
Quelle: http://www.stadtumbau-ost.de am 20.07.2002
11
3. Die Prognose der Demographischen Entwicklung in
Deutschland
,,Unter Demographie versteht man die sta-
tistische Erfassung der Bevölkerungsstruk-
tur und bewegung (Bevölkerungslehre)."
1
Dazu werden u.a. Daten über Geschlecht,
Alter, Haushalt, Einkommen, Familien-
stand, Ausbildung und Kinderzahl ausge-
wertet.
3.1 Bestimmungsfaktoren der
demographischen Entwick-
lung
Die demographische Entwicklung besteht
aus einer Strukturkomponente und einer
Verhaltenskomponente.
2
Beide Komponen-
ten zusammen bestimmen die Anzahl, die
Zusammensetzung und die räumliche Ver-
teilung der Bevölkerung.
3.1.1 Die Verhaltenskomponente
Die Verhaltenskomponente beschreibt das
individuelle Verhalten der Bevölkerung in
bezug auf die Fertilität und die Wanderun-
gen. Sie hat somit Auswirkungen auf die
natürliche Bevölkerungsentwicklung und
auf die Wanderungen.
Unter der natürlichen Bevölkerungsent-
wicklung versteht man das Verhältnis der
1
Pachowsky: Bau- und Immobilienmarketing ;
2000 ; S.68
2
BBR: Raumordnungsbericht 2000 ; 2000
Fertilität bzw. der Geburtenrate und der
Sterblichkeit. Die Sterblichkeitsrate be-
zeichnet das Verhältnis der Lebendgebore-
nen zu den Gestorbenen im gleichen Zeit-
raum. Sie ist stark abhängig von der medi-
zinischen Versorgung und dem Wohlstand
einer Gesellschaft. Die Fertilität wird ge-
messen in der Fertilitätsrate. Diese be-
zeichnet die Anzahl der neugeborenen
Kinder auf 1000 Frauen im gebährfähigen
Alter (15-45 Jahre). Weiterhin besteht eine
starke Abhängigkeit von der beruflichen
Qualifikation der Frauen. Je höher die
Qualifikation und je mehr Frauen am Er-
werbsleben teilnehmen, desto geringer ist
die Anzahl der Frauen, die ein Kind zur
Welt bringen und desto älter sind die Frau-
en bei der Geburt des ersten Kindes.
Als Wanderungen werden Standortverän-
derungen in einem Gebiet bezeichnet, die
im Gegensatz zur Migration immer mit
einem Wohnortwechsel verbunden sind.
3
Unterschieden werden Außen- und Bin-
nenwanderungen, das heißt Wanderungen
über Staatsgrenzen hinweg und Wanderun-
gen innerhalb der Bundesrepublik. Der
Wanderungssaldo ergibt sich aus der Diffe-
renz zwischen den Fortzügen und den Zu-
zügen in eine Region im selben Zeitraum.
3
Bertelsmann: Das neue Taschenlexikon ; 1992
12
Außenwanderungen sind maßgeblich an
der Demographischen Entwicklung betei-
ligt. Sie verändern zum einen die quantita-
tive Anzahl der Bevölkerung, zum anderen
wirken sie sich auf die Bevölkerungsstruk-
tur aus. Beispielsweise kann durch die Zu-
wanderung einer sehr jungen Bevölkerung
aus einem Kulturkreis, in dem eine mög-
lichst große Kinderzahl gesellschaftlich
angesehen ist, zu einer Veränderung der
Fertilitätsrate führen und somit doppelt auf
die Demographische Entwicklung einwir-
ken. Eine weitere Auswirkung von starken
Außenwanderungen ist die Veränderung
der räumlichen Anordnung der Bevölke-
rung. Denn ausländische Zuwanderer zie-
hen zumeist in die Verdichtungsräume und
beeinflussen somit die Trends der heutigen,
durch Suburbanisierung geprägten Sied-
lungsstrukturentwicklung.
Binnenwanderungen haben keinen Einfluss
auf die gesamtdeutsche Demographische
Entwicklung. ,,Die Binnenwanderung ist
eher ein Maß für regionale Disparitäten, sie
kennzeichnet die Attraktivität und Benach-
teiligung von Regionen."
4
Binnenwande-
rungen sind stark von lebenszyklischen
Motiven abhängig. In der Phase der Aus-
bildung und im Erwerbsleben sind Wande-
rungen häufiger als in anderen Lebenspha-
sen.
4
BBR: Aktuelle Daten zur Entwicklung der Städ-
te, Kreise und Gemeinden ; 1999 ; S.44
3.1.2 Die Strukturkomponente
Die Strukturkomponente trifft Aussagen
über den Altersaufbau, den Frauenanteil
und die Fertilität der Bevölkerung. Die
natürliche Bevölkerungsentwicklung ist
wesentlich durch die Strukturkomponente
gekennzeichnet, welche Aussagen über die
Menge an Personen trifft, die potentiell zur
Reproduktion der Gesellschaft fähig sind
(Frauen im gebährfähigen Alter /
Verheiratete).
Aussagen über die Entwicklung des Al-
tersaufbaus der Bevölkerung sind wichtig,
da dieser ein entscheidendes Kriterium für
die Reproduktionsrate darstellt. Je älter
eine Gesellschaft ist, desto weniger Men-
schen sind potentiell fähig Kinder zu be-
kommen und desto geringer ist die Wahr-
scheinlichkeit eines Bevölkerungswachs-
tums. Verringert sich die jährliche Anzahl
an Neugeborenen gegenüber dem jeweili-
gen Vorjahr auf Dauer, so schrumpft die
Bevölkerung.
3.2 Die bisherige Bevölke-
rungsentwicklung in Deutsch-
land
Um Aussagen über die zukünftige Bevöl-
kerungsentwicklung treffen zu können,
sollte zuvor die historische Entwicklung
betrachtet werden. Denn ein großer Teil der
Demographischen Entwicklung wird durch
die Strukturkomponente bestimmt. Diese
ist in der Regel keinen kurzfristigen Verän-
13
Abb.2: Die Bevölkerung in Deutschland ab 1950 (Quelle: Stat. Bundesamt) eigene Darstellung
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland seit 1950
0
10 000 000
20 000 000
30 000 000
40 000 000
50 000 000
60 000 000
70 000 000
80 000 000
90 000 000
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr
Anzahl
Bev. insgesamt
Männer
Frauen
derungen unterworfen, so dass eine Prog-
nose der Bevölkerungsentwicklung durch
Extrapolation der langfristigen Trends
möglich ist.
In der unten dargestellten Graphik ist zu
erkennen, dass sich die Bevölkerung in
Deutschland seit dem Jahr 1950 bis etwa
zum Jahr 1975 kontinuierlich vermehrt hat.
Im Anschluss daran ist es bedingt durch
den sog. ,,Pillenknick" zu einer Stagnation,
bzw. einem leichten Rückgang der Bevöl-
kerung bis zum Jahr 1990, dem Jahr der
deutschen Wiedervereinigung, gekommen.
Im Zuge der Wende kam es zu starken Zu-
wanderungen insbesondere aus den Län-
dern des ehemaligen ,,Ostblocks", so dass
die Bevölkerung über einen kurzen Zeit-
raum wieder zunahm, um dann etwa um
1995 wieder in eine Phase der Stagnation
einzutreten.
Die Natürliche Bevölkerungsentwicklung
Die Weltbevölkerung wächst exponentiell.
Im Oktober 1999 wurde von der UN die
Geburt des sechsmilliardsten Menschen
verkündet
5
. Allerdings sinken selbst in der
Dritten Welt die Geburtenraten. Der An-
stieg der Bevölkerung ist allein durch die
absolut gesehen hohen Geburtenraten zu
erklären. Die Geburtenraten in Europa sind
seit dem sog. Pillenknick Ende der 60er
Jahre auf konstant niedrigem Niveau, mit
räumlichen Unterschieden. In Deutschland
sind in hochverdichteten Räumen und vor
allem in Kernstädten eher niedrige, in länd-
lichen Räumen dagegen überdurchschnitt-
liche Geburtenraten zu beobachten. Beson-
5
BIB: Bevölkerung Fakten Trends Ursachen
Erwartungen ; 2000
14
Abb.3: Die zusammengefasste Geburtenziffer 1997 in Deutschland
(Quelle: BBR: INKAR)
unter 1
1 - 1,25
1,25 - 1,5
1,5 - 1,75
über 1,75
Zusammengefasste Geburtenziffer 1997
ders in der DDR war dieser Unterschied bis
zur Wende in extremem Maß vorhanden.
6
Die hohe Geburtenrate hat sich allerdings
im Zuge der deutschen Wiedervereinigung
drastisch reduziert und liegt nun weit unter
dem gesamtdeutschen Niveau (vgl. Abb.3).
Die Fertilitätsrate betrug 1998 im Bundes-
durchschnitt 1.354 Kinder auf 1.000 Frauen
im gebährfähigen Alter.
7
Auffällig ist, dass
die ostdeutschen Bundesländer alle unter
dem Bundesdurchschnitt, die Westdeut-
schen dagegen, mit Ausnahme der Stadt-
staaten Hamburg und Westberlin, darüber
lagen. Da in etwa genauso viele männliche
Kinder wie weibliche geboren werden,
6
BBR: Raumordnungsbericht 2000 ; 2000
7
BIB: Die demographische Entwicklung in den
Bundesländern Deutschlands ; 2000
reicht dieses Geburtenniveau nicht zum
Bestanderhalt aus. Hier wäre eine Gebur-
tenrate von mehr als 2.000 Kindern auf
1.000 Frauen notwendig.
8
Weltweit ist die Sterblichkeit
im Zuge der Verbesserung der
Medizin kontinuierlich
zurückgegangen und heute auf
einem sehr niedrigen Niveau.
Die Lebenserwartung liegt in
Deutschland bei 79,5 Jahren
für Frauen und 73 Jahren für
Männer, bezogen auf die
Geburtenjahrgänge 1993/95.
9
Im Jahr 2000 waren nach der
Mikrozensuserhebung 2000
10
schon gut ein Sechstel der in
Deutschland lebenden
Menschen älter als 65 Jahre.
Die Bevölkerungspyramide
wird sich immer mehr zu einer
Vasenform entwickeln, da die
Bevölkerung aufgrund der
niedrigen Geburtenraten, dem Nachrücken
der geburtenschwachen Jahrgänge in die
Familienbildungsphase und der guten me-
dizinischen Versorgung immer älter wird.
Das Durchschnittsalter der Bevölkerung lag
1998 bei 39,4 Jahren.
11
8
Aring: Alterung der Bevölkerung und
Auswirkungen auf den Wohnungsbau ; 2001
9
BIB: Die demographische Entwicklung in den
Bundesländern Deutschlands ; 2000
10
Stat. Bundesamt: Leben und Arbeiten in
Deutschland ; 04/2001
11
Stat. Bundesamt: 9. koordinierte Bevölke-
rungsvorausberechnung ; 2000
15
Abb.4: Der Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands in Ost- und Westdeutschland (Quelle: BIB)
Alteraufbau der Bevölkerung im früheren Bundesgebiet und den neuen Ländern 1998
(in Prozent)
Die Bevölkerungspyramide liefert Aussa-
gen über den Altersaufbau der Bevölke-
rung. Gut zu erkennen sind auch die sich
durch die verschiedenen Altersklassen zie-
henden Wellen (geburtenstarke Jahrgänge).
Im Vergleich der westdeutschen mit der
ostdeutschen Pyramide ist zu erkennen,
dass die Bevölkerung in Westdeutschland
jünger ist. In Westdeutschland ist aufgrund
des sog. Pillenknicks Ende der sechziger
Jahre eine Einschnürung der jungen Bevöl-
kerung zu beobachten.
12
Das stabile niedri-
ge Geburtenniveau führte dazu, dass sich
die Wellen, verursacht durch die geburten-
starken Jahrgänge, in der Bevölkerungspy-
ramide nur sehr schwach fortsetzten. In
Ostdeutschland ist dieses Phänomen jedoch
viel stärker zu sehen. Dafür ist hier eine
12
vgl. für hier und nachfolgende Informationen:
BIB: Die demographische Entwicklung in den
Bundesländern Deutschlands ; 2000
sehr starke Einschnürung bei der Bevölke-
rung unter 9 Jahren zu erkennen, verursacht
durch die Abwanderungen und das starke
Absinken der Geburtenrate nach der Wen-
de (vgl. Abb.4). Die unterschiedliche Al-
tersstruktur ist für die Bevölkerungsent-
wicklung der nächsten 20 Jahre in Ost- und
Westdeutschland entscheidend.
Wanderungen
Seit ca. 30 Jahren stützt sich das Bevölke-
rungswachstum in Deutschland auf die
Außenwanderungsüberschüsse. Denn die
natürliche Bevölkerungsentwicklung reicht,
mit regionalen Unterschieden, schon lange
nicht mehr zum Bestandserhalt aus.
13
Ins-
besondere nach der Wende strömte aus den
osteuropäischen Ländern eine große An-
13
BBR: Raumordnungsbericht 2000 ; 2000
16
Die Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland ab 1950
unterschieden in Ost- und Westdeutschland
0
10 000 000
20 000 000
30 000 000
40 000 000
50 000 000
60 000 000
70 000 000
80 000 000
90 000 000
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr
Anzahl
Westdeutschland
Ostdeutschland
Deutschland
zahl an Menschen in die Bundesrepublik
und trug zu einem Bevölkerungsanstieg
bei, der vergleichbar mit dem Bevölke-
rungswachstum bis 1970 war. Von diesem
Wanderungsüberschuss profitierte aller-
dings überwiegend Westdeutschland.
14
Die
Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutsch-
land wurde seit der Wende vor allem durch
die Binnenwanderungen bestimmt. Seit
1989 haben die Neuen Bundesländer ca.
1,3 Mio. Menschen verloren, allerdings mit
abnehmender Tendenz.
15
Die Ost-West-
Wanderungen sind zudem selektiv, dass
heißt, es wandern vor allem junge männli-
che Erwerbstätige ab. In den 90er Jahren
haben die Neuen Bundesländer ca. 3,3%
aus der Gruppe der Erwerbsfähigen verlo-
14
BBR: Aktuelle Daten zur Entwicklung der
Städte, Kreise und Gemeinden ; 1999
15
Stat. Bundesamt: Bevölkerung im früheren
Bundesgebiet, neue Länder und Deutschland ab
1950 ; (o. J.)
ren.
16
Der Verlust vieler junger Menschen
wirkt durch ein drastisches Absinken der
Fertilität im Abwanderungsgebiet doppelt
negativ (vgl. Abb.3). Zwischen 1989 und
1994 sank die Geburtenzahl in Ostdeutsch-
land, hauptsächlich durch Wanderungen
bedingt, um ca. 60%.
17
Ostdeutschlands Bevölkerung hat seit 1950
kontinuierlich abgenommen. Sie erfuhr
durch die Wende, durch Abwanderung
nach Westdeutschland und durch den star-
ken Geburtenrückgang einen einmaligen
hohen Bevölkerungsverlust. Das gesamt-
deutsche Bevölkerungswachstum wurde
also schon seit 1950 nur durch West-
deutschland getragen (vgl. Abb.5). Wande-
16
Stat. Bundesamt: Leben und Arbeiten in
Deutschland ; 04/2001
17
BBR: Raumordnungsbericht 2000 ; 2000
Abb.5: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland unterschieden nach Ost und West (Ostdeutschland um-
fasst die Neuen Bundesländer ohne Westberlin) ; Quelle: Stat. Bundesamt (eigene Darstellung)
17
Lebendgeborene pro Jahr in Deutschland ab 1841
400 000
500 000
600 000
700 000
800 000
900 000
1 000 000
1 100 000
1 200 000
1 300 000
1 400 000
1 500 000
1 600 000
1 700 000
1 800 000
1 900 000
2 000 000
2 100 000
2 200 000
1840 1845 1850 1855 1860 1865 1870 1875 1880 1885 1890 1895 1900 1905 1910 1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 Jahr
Anzahl
Abb.6:Lebendgeborene pro Jahr in Deutschland ab dem Jahr 1841 (Quelle: Stat. Bundesamt)
rungsgewinne konnten die Alten Bundes-
länder in den neunziger Jahren besonders in
den ländlichen Räumen verzeichnen, und
hier sehr stark in den ländlich geprägten
Kreisen im Umland der Agglomerations-
räume.
18
Wanderungsverluste haben vor
allem die ostdeutschen und auch westdeut-
schen Kernstädte, sowie der ländliche
Raum in Ostdeutschland zu verkraften.
19
3.3 Prognose der Demogra-
phischen Entwicklung
Nach dem kurzen Überblick der histori-
schen Bevölkerungsentwicklung soll nun
auf die prognostizierte zukünftige Entwick-
lung als Basis für die im folgenden ange-
stellten Überlegungen eingegangen werden.
18
BBR: Aktuelle Daten zur Entwicklung der
Städte, Kreise und Gemeinden ; 1999
19
BMVBW: Strategien und Instrumente für Neu-
bauquartiere ; 2002
Es werden keine eigenen Prognosen er-
stellt, da die Erstellung einer wissenschaft-
lich fundierten Prognose den Rahmen die-
ser Arbeit sprengen würde.
3.3.1 Die Prognose der gesamt-
deutschen Entwicklung
Die zukünftige Demographische Entwick-
lung in Deutschland ist gekennzeichnet
durch das niedrige Geburtenniveau. Dieses
ist maßgeblich für den historisch einmali-
gen, hohen Bevölkerungsrückgang in der
Zukunft verantwortlich. Wie Abbildung 6
zeigt, folgen in ca. 25-30 jährigem Abstand
geburtenstarke auf geburtenschwache Jahr-
gänge (Einschnitte sind kriegsbedingt). Seit
ca. 1905 nimmt die Anzahl der jährlichen
Geburten tendenziell ab. Die geburtenstar-
18
Abb.7: Der Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1910, 1999 und 2050 (Quelle: BMI)
ken Jahrgänge um 1940 treten in periodi-
schen Abständen um 1965 und 1990 in
etwas schwächerer Form erneut auf. Gebur-
tenschwache Jahrgänge beschleunigen die
absolute Abnahme der Bevölkerung , da
weniger Kinder von einer geringen Zahl an
Eltern gezeugt werden. Dieser Effekt steht
in seinen Auswirkungen unmittelbar bevor
und verschärft damit kurzfristig die Bevöl-
kerungsschrumpfung. Die Bevölkerung
wird also dem Trend folgend weiter ab-
nehmen und das besonders stark im Zeit-
raum 2000 2010, bedingt durch die ge-
burtenschwachen Jahrgänge. Die sinkende
Geburtenzahl hat ihre Ursache in der
niedrigen Geburtenrate. Diese wirkt sich
negativ auf den Alteraufbau der Bevölke-
rung aus, da die natürliche Bevölkerungs-
entwicklung zur Zeit und bei gleichblei-
bender oder sinkender Geburtenrate wohl
auch in Zukunft nicht zum Bestandserhalt
ausreichen wird (vgl. Kap.3.2). ,,Steigende
Geburtenzahlen oder verstärkte Zuwande-
rungen können das Altern mildern, jedoch
nicht in sein Gegenteil verkehren"
20
. Die
Sterblichkeit wird aller Voraussicht nach,
vor allem aufgrund der höheren Lebens-
dauer noch weiter zurückgehen. Bis zum
Jahr 2050 ist mit einem nochmaligen An-
stieg der Lebenserwartung um 4 Jahre zu
rechnen.
21
Der Altersaufbau der Bevölke-
rung wird sich demnach stark verändern.
Denn das Gewicht der älteren Menschen an
der Gesamtbevölkerung wird sich stark
20
BIB: Bevölkerung Fakten Trends Ursachen
Erwartungen ; 2000 ; S.5
21
BMI: Zuwanderung gestalten Integration för-
dern ; 2001
19
Abb.8: Prognose der Bevölkerung in Deutschland bis 2050 (Datenquelle: Stat. Bundesamt) eigene Darstel-
lung
Prognose der Bevölkerungsentw icklung in Deutschland in zwei Varianten
(Variante 1: +100.000 Zuwanderung/a)
(Variante 2: +200.000 Zuwanderung/a)
20.000.000
25.000.000
30.000.000
35.000.000
40.000.000
45.000.000
50.000.000
55.000.000
60.000.000
65.000.000
70.000.000
75.000.000
80.000.000
85.000.000
90.000.000
2000
2005
2010
2015
2020
2025
2030
2035
2040
2045
2050
Jahr
Anzahl
Variante 1 insgesamt
Variante 1 Männer
Variante 1 Frauen
Variante 2 insgesamt
Variante 2 Männer
Variante 2 Frauen
erhöhen (vgl. Abb.7).
Als Basis einer aktuellen Einschätzung der
Demographischen Entwicklung sollen vor
allem zwei Bevölkerungsprognosen dienen.
Zum einen handelt es sich um die 9. koor-
dinierte Bevölkerungsvorausberechnung
des Statistischen Bundesamtes, zum ande-
ren um die Modellrechnungen 2000 des
Bundesinstituts für Bevölkerungsfor-
schung. Die von BIRG et al.
22
1993 erstell-
ten Bevölkerungsprojektionen bis zum Jahr
2100 spielen hier keine Rolle. Sie sind zum
einen mit fast 10 Jahren zu alt, zum ande-
ren ist der Prognosehorizont sehr groß,
wodurch die Prognose ungenau wird. Die
beschriebene Tendenz der Prognose stimmt
allerdings mit den anderen Prognosen ü-
berein.
22
Birg et al.: Bevölkerungsprojektionen für das
vereinigte Deutschland bis zum Jahr 2100 ; 1993
9. koordinierte Bevölkerungsvorausbe-
rechnung
Die 9. koordinierte Bevölkerungsvorausbe-
rechnung
23
des Statistischen Bundesamtes
von 1997 geht von zwei möglichen Ent-
wicklungsverläufen aus, in denen die Wan-
derungen die entscheidende Rolle spielen.
Die Variante 1 nimmt dabei einen langfris-
tigen jährlichen Wanderungssaldo von
100.000 Personen an, Variante 2 setzt eine
doppelt so hohe Zuwanderung an.
Nach den Berechnungen des statistischen
Bundesamtes wird die Bevölkerung nach
dem Jahr 1998 kontinuierlich abnehmen
und in der Variante 1 im Jahr 2050 ledig-
lich 64,4 Mio. Einwohner zählen, in der
Variante 2 immerhin noch knapp 70 Milli-
onen. Auf das Jahr 2000 bezogen nimmt
23
Stat. Bundesamt: Bevölkerungsentwicklung
Deutschlands bis 2050 ; 2000
20
die Bevölkerung somit bis zum Jahr 2050
in der Variante 1 um 21,4% und in der Va-
riante 2 um 14,7% ab (vgl. Abb.8). Die
ostdeutschen Bundesländer Sachsen-
Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und
Thüringen liegen mit über 24% Bevölke-
rungsverlust gegenüber 1998 an der Spitze,
während Baden-Württemberg, Niedersach-
sen und Brandenburg mit immerhin noch
8,5 12% am unteren Ende liegen.
24
Aber nicht nur die absolute Anzahl der
Bevölkerung verändert sich, auch die Zu-
sammensetzung ist starken Veränderungen
unterworfen. Insbesondere die Altersstruk-
tur verschiebt sich und führt dazu, das der
Altenquotient (Verhältnis der Bevölkerung
im Rentenalter (ab 60 Jahre) zur Bevölke-
rung im Erwerbsalter (20 59 Jahre)) von
0,4 im Jahr 2000 auf 0,8 bzw. 0,75 im Jahr
2050 steigen wird.
25
Damit verschiebt sich
das Gewicht der Gruppe der älteren Men-
schen (ab 59 Jahre) gegenüber den Jünge-
ren (bis 20 Jahre) erheblich. Waren 1950
noch doppelt so viele Menschen der Grup-
pe der jüngeren Menschen zuzuordnen wie
der Gruppe der älteren, wird sich das Ver-
hältnis im Jahr 2050 umkehren, so dass es
mehr als doppelt so viele Ältere wie junge
Menschen geben wird (vgl. Abb.7).
24
BIB: Die demographische Entwicklung in den
Bundesländern Deutschlands ; 2000
25
vgl. für hier und folgende Information: BIB:
Informationen aus dem Bundesinstitut für Bevöl-
kerungsforschung ; 2000
Modellrechnungen 2000
Das Bundesinstitut für Bevölkerungsfor-
schung (BIB) betrachtet in den ,,Modell-
rechnungen zur Bevölkerungsentwicklung
in der Bundesrepublik Deutschland bis zum
Jahr 2050"
26
auf der Basis des Jahres 1997
drei mögliche Entwicklungsverläufe. Das
Modell A entspricht dabei in etwa der Va-
riante 1 des Statistischen Bundesamtes, das
Modell B der Variante 2 und das Modell C
geht von einem langfristigen jährlichen
Zuwanderungsgewinn von 300.000 Perso-
nen aus. Zusätzlich betrachtet man hier
noch eine sogenannte Kontrollvariante, in
der eine Nullwanderung angenommen
wird.
Die Modellrechnungen 2000 gehen von
den gleichen Grundannahmen aus, wie die
9. koordinierte Bevölkerungsvorausberech-
nung. Allerdings unterscheiden sie sich in
zwei Punkten: 1. Die Modellrechnungen
2000 differenzieren zwischen der deut-
schen und der ausländischen Bevölkerung.
2. Sie untergliedern nur in Alte und Neue
Tab.1: Vergleich der Prognose der Bevölkerung
bis 2050 vom Statistischen Bundesamt und des
Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung
26
vgl. für hier und folgende Informationen: BMI:
Modellrechnungen zur Bevölkerungsentwicklung
in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahr
2050 ; 2000
Prognose der Bevölkerung im Jahr 2050
9. koord. Be-
völk.vorausb.
Modellrech-
nung 2000
Modell A
64,4 Mio.
64,8 Mio.
Modell B
70,0 Mio.
70,3 Mio.
Modell C
74,9 Mio.
Nullvariante
58,6 Mio.
21
Bundesländer, nicht auf Länderebene. Da-
her kommen die Modellrechnungen 2000
zu etwas anderen Ergebnissen, als die 9.
koordinierte Bevölkerungsvorausberech-
nung (vgl. Tab.1). Prozentual gesehen
nimmt die Bevölkerung nach den Annah-
men des BIB auf der Basis des Jahres 1999
in Variante A um 21%, in der Variante B
um 14,3% und in Variante C um 8,7% ab.
Selbst bei einer Zuwanderung von 300.000
Personen pro Jahr kann die Bevölkerungs-
abnahme demnach nicht verhindert werden.
Besonders stark ist Ostdeutschland von der
Bevölkerungsabnahme und auch von der
Alterung der Bevölkerung betroffen. Es
wird angenommen, dass die intranationalen
Wanderungen zugunsten Westdeutschlands
weiterhin bestehen werden, aber bis zum
Prognoseende eine ausgeglichene Wande-
rungsbilanz entsteht. Die internationalen
Zuwanderungsüberschüsse kommen dage-
gen zu 80% Westdeutschland zugute.
Die ,,Prognose" befasst sich unter ande-
rem mit der Veränderung des Ausländeran-
teils in Deutschland. Bei allen Varianten
wird eine sog. Sockelwanderung von
400.000 Menschen angenommen. Das
heißt, jedes Jahr wandern selbst bei einer
Nettozuwanderung von Null Personen so-
wohl 400.000 Menschen ab, als auch zu.
Die Anzahl der derzeit in Deutschland le-
benden Ausländer wird sich von 7,3 Mio.
(1999 = 8,9%) auf 7,9 Mio. (Modell A =
12,2%) bzw. auf 16 Mio. (Modell C =
21,4%) erhöhen. Diese Zahlen machen die
gewaltige Verschiebung der Zusammenset-
zung der Bevölkerung deutlich. Bei einer
angenommenen Zuwanderung von 300.000
Personen pro Jahr verdreifacht sich der
Anteil der ausländischen Bevölkerung in
Deutschland innerhalb von 50 Jahren.
Die niedrigen Geburtenraten von 1,35 Kin-
dern (Deutsche) und 1,5 Kindern (Auslän-
der) führen über den Prognosezeitraum
betrachtet zu erheblichen Sterbeüberschüs-
sen. Die dadurch bedingte Abnahme der
Bevölkerung durch Sterbeüberschüsse be-
trägt je nach Modell im Jahr 2050 zwischen
630.000 und 686.000 Personen, was in
etwa einer Verzehnfachung des heutigen
Niveaus gleichkommt. Der Altenquotient
verhält sich ähnlich wie in den Modell-
rechnungen des Statistischen Bundesamtes.
Er steigt vom heutigen Niveau aus gesehen
kontinuierlich auf das Doppelte an.
3.3.2 Prognose der Bevölke-
rungsentwicklung in Ost-
deutschland
Die Bevölkerungsabnahme wird sich räum-
lich nicht gleich verteilen. Sowohl inner-
halb der Regionen, als auch überregional
wird es zu unterschiedlichen Entwick-
lungsverläufen kommen. Ostdeutschland ist
aufgrund der in Kapitel 3.2 geschilderten
Tatsachen in der nahen Zukunft besonders
benachteiligt. Daher soll für Ostdeutsch-
land eine detailliertere Betrachtung vorge-
nommen werden.
22
Abb.9: Prognose der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland bis 2050 (Neue Länder inklusive West-
berlin); Datenquellen: BBR / BIB (eigene Darstellung)
Prognose der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland bis 2050
0
2.000.000
4.000.000
6.000.000
8.000.000
10.000.000
12.000.000
14.000.000
16.000.000
18.000.000
20.000.000
Ostdeutschland
Berlin
Brandenburg
Meck.-Vop.
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Thüringen
Anzahl
2000
2005
2010
2015
2050
Das Institut für ökologische Raumentwick-
lung in Dresden (IÖR) hat im Rahmen der
Wohnungsprognose 2015 des Bundesamtes
für Bauwesen und Raumordnung eine
Prognose der Bevölkerungsentwicklung in
Ostdeutschland bis 2015 erstellt.
27
Die der
Untersuchung zugrunde gelegten Annah-
men über die Bevölkerungsentwicklung
gehen davon aus, dass im Jahr 2000 eine
Bevölkerung von 17.221.900 Menschen in
den Neuen Bundesländern (inklusive
Westberlin) lebte. Bis zum Jahr 2015 soll
sich diese Zahl auf 16.264.300 Personen
verringern.
Die 9. koordinierte Bevölkerungsvorausbe-
rechnung geht bis 2050 in der 2. Variante
sogar von einem Absinken der Bevölke-
rung bis auf 14,1 Mio. Menschen aus. Die-
27
vgl. für hier und folgende Informationen: BBR:
Wohnungsprognose 2015 ; 2001
ses Szenario setzt die Trends der bisherigen
Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutsch-
land fort (vgl. Abb.5). Bis auf Brandenburg
verlieren alle ostdeutschen Länder bis 2015
Einwohner. Langfristig verliert aber auch
Brandenburg Einwohner, so dass die Be-
völkerung in Ostdeutschland bis zum Jahr
2050 um 18% abnehmen wird (vgl. Abb.9).
Die Abnahme der Bevölkerung konzent-
riert sich damit verstärkt auf die Neuen
Bundesländer, da für Deutschland insge-
samt im Rahmen der 9. koordinierten Be-
völkerungsvorausberechnung für die Vari-
ante 2 nur eine Abnahme von 14,7% prog-
nostiziert wird (vgl. Kap.3.3.1). Der für
Deutschland prognostizierte Außenwande-
rungsüberschuss konzentriert sich bis zum
Jahr 2015 fast vollständig auf Westdeutsch-
land und ist hier doppelt so hoch wie der
23
Abb.10: Die Entwicklung der Bevölkerung auf den einzelnen Kontinenten (Datenquelle: UNFPA) eige-
ne Darstellung
Die Entwicklung der Weltbevölkerung bis 2050
0
1
2
3
4
5
6
Afrika
Asien
Europa
Amerika
Ozeanien
Milliarden
Kontinent
2000
2050
Sterbeüberschuss.
28
Im Osten kann der
Sterbeüberschuss nicht kompensiert und
die Abwanderung in den Westen auch nicht
vollständig gestoppt werden, so dass die
Bevölkerung absolut sinken wird. Vor al-
lem in den Kernstädten der Groß- und Mit-
telstädte werden besonders starke Bevölke-
rungsverluste aufgrund regionsinterner
Wanderungen hinzunehmen sein.
29
Hier
sind in erster Linie die
Bevölkerungsverluste durch Sub-
urbanisierung zu nennen. Im ländlichen
Raum nimmt die Bevölkerung ebenfalls
besonders stark ab. Was hauptsächlich an
den schlechteren
wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen in diesen Räumen
liegt.
28
vgl. für hier und folgende Informationen: Difu:
Wanderungsprozesse Herausforderungen für die
Wohnungswirtschaft und die Städte ; 2000
29
Rietdorf et al.: Schrumpfende Städte, verlasse-
ne Grosssiedlungen? ; 2001
3.3.3 Die Bevölkerungsentwick-
lung im weltweiten Vergleich
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutsch-
land ist im weltweiten Vergleich die Aus-
nahme. Außer in Europa wächst die Bevöl-
kerung auf allen Kontinenten der Welt bis
zum Jahr 2050 (vgl. Abb.10).
30
Besonders
in unterentwickelten Ländern gibt es trotz
sinkender Geburtenraten weiterhin hohe
Wachstumsraten der Bevölkerung, da die
geburtenstarken Jahrgänge der Vergangen-
heit noch in die Familienbildungsphase
kommen. Aber auch in Amerika gibt es ein
Wachstum, welches nicht allein auf Latein-
und Südamerika beschränkt ist. In Nord-
amerika wächst die Bevölkerung bis zum
Jahr 2050 um ca. 120 Mio. Menschen.
30
vgl. für hier und folgende Informationen:
UNPFA: The state of world population 2001 ; (o.
J.)
24
Die prozentuale Veränderung der Bevölkerung in Europa
von 2000 bis 2050
-50%
-40%
-30%
-20%
-10%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Westeuropa
Östereich
Belgien
Frankreich
Deutschland
Niederlande
Schweiz
Südeuropa
Yugoslawien
Spanien
Slowenien
Portugal
Macedonien
Italien
Griechenland
Kroatien
Bosnien
Albanien
Nordeuropa
Großbritannien
Schweden
Norwegen
Litauen
Lettland
Irland
Finnland
Estland
Dänemark
Osteuropa
Slovakei
Rumänien
Polen
Ungarn
Tsch. Republik
Bulgarien
Abb.11: Prozentuale Veränderung der Bevölkerung in Europa bis zum Jahr 2050 (Datenquelle: UNF-
PA) eigene Darstellung
Nach Schätzungen der UN wird die Welt-
bevölkerung weiterhin wachsen und im
Jahr 2050 eine Summe von 9,3 Milliarden
Menschen erreichen. Der Großteil des
Wachstums wird auch zukünftig auf die
ärmeren Staaten und Regionen der Welt
zurückgehen.
In Europa dagegen schrumpft die Bevölke-
rung in allen Staaten außer in Frankreich,
Albanien, Irland und Norwegen.
Der größte
Rückgang ist in Ost- und Südeuropa zu
verzeichnen (vgl.Abb.11). Deutschland
hingegen weist keine überdurchschnittliche
Abnahme der Bevölkerung auf. Der von
den UN prognostizierte Bevölkerungsrück-
gang von -13,7% bis 2050 liegt nur knapp
über dem europäischen Durchschnitt von -
12%. (Anmerkung: Das Statistische Bun-
desamt geht in der Variante 2 von einem
Bevölkerungsrückgang von 14,7% aus.)
Für Deutschland ist der Rückgang damit
zwar schmerzlich, aber im europäischen
Vergleich nur durchschnittlich.
3.4 Einschätzung der Treffsi-
cherheit von Bevölkerungs-
prognosen
Die Erstellung von Prognosen ist immer
mit Unsicherheit verbunden, denn die zu-
künftige Entwicklung ist von vielen unter-
schiedlichen Faktoren abhängig. Häufig
sind diese Faktoren wiederum von anderen
Faktoren abhängig oder beeinflussen sich
gegenseitig (Rückkopplungen).
Ein Beispiel verdeutlicht, dass es sinnvoll
ist sich über die Treffsicherheit von Bevöl-
kerungsprognosen Gedanken zu machen,
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2002
- ISBN (eBook)
- 9783832473198
- ISBN (Paperback)
- 9783838673196
- DOI
- 10.3239/9783832473198
- Dateigröße
- 4.6 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Technische Universität Dortmund – Raumplanung
- Erscheinungsdatum
- 2003 (Oktober)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- immobilien bevölkerungsrückgang wohnungswesen marktabschätzung raumplanung
- Produktsicherheit
- Diplom.de