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Telematik in der Pflege alter Menschen

Hilfe zur Erhaltung der Selbständigkeit oder Kontrollinstrument

©2002 Diplomarbeit 101 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In der vorliegenden Diplomarbeit soll untersucht werden, ob neue Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK Technologien) - im Folgenden unter dem Begriff „Telematik“ zusammengefasst - die Selbständigkeit alter Menschen unterstützen können. Es soll dabei herausgearbeitet werden, welche Anforderungen an die Telematik zu berücksichtigen sind, um eine Akzeptanz durch alte Menschen überhaupt zu gewährleisten.
Darüber hinaus wird der Fragestellung nachgegangen, ob und unter welchen Umständen telematische Anwendungen auch als Kontrollinstrumente eingesetzt werden können. Da Kontrolle im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht grundsätzlich negativ gesehen wird, soll diskutiert werden, unter welchen Umständen sich diese Formen der technisch-gestützten Kontrolle eventuell gegen die Interessen alter Menschen richten können. Vor diesem Hintergrund soll erörtert werden, welche ethischen Anforderungen und Grundsätze zu beachten sind, um die diesbezüglichen Interessen alter Menschen zu wahren.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.EINLEITUNG1-1
1.1METHODISCHE VORGEHENSWEISE1-2
1.1.1Ausgangsthesen und Forschungsfragen1-3
1.1.2AEDL als Indikatoren für Selbständigkeit im Alter1-4
1.1.3Eingrenzung telematischer Anwendungen1-5
1.1.4Literatur- und Internetrecherchen1-6
1.2DEFINITION GRUNDLEGENDER BEGRIFFE1-7
1.2.1Alte Menschen1-7
1.2.2Bezugs- und Pflegepersonen1-8
1.2.3Pflege1-9
1.2.4Telematik1-9
1.2.5Telemedizin1-10
1.2.6Telepflege1-10
2.HINTERGRUND2-13
2.1DEMOGRAPHISCHE FAKTOREN2-13
2.2ENTWICKLUNGEN IM TELEMATIK-BEREICH2-16
2.2.1Videotelephonie2-18
2.2.2Internet2-19
2.2.3Intelligente Haustechnologie / Domotik2-20
3.TELEMATIK FÜR ALTE MENSCHEN3-22
3.1.1Exkurs (1): Der bildbasierten Betreuungsdienst Inkontakt TESS des evangelischen Johanneswerkes in Bielefeld3-24
3.2ZUGÄNGLICHKEIT UND VERFÜGBARKEIT VON TELEMATIK FÜR ALTE MENSCHEN3-25
3.3RELEVANZ DES ERKENNBAREN NUTZENS VON TELEMATIK3-29
3.4BEDIENBARKEIT UND GESTALTUNG TELEMATISCHER SYSTEME3-31
3.5VERLÄSSLICHKEIT3-36
4.OPERATIONALISIERUNG DER BEGRIFFE SELBSTÄNDIGKEIT UND KONTROLLE IM BEZUG AUF ALTE MENSCHEN4-38
4.1SELBSTÄNDIGKEIT4-38
4.1.1Kompetenzen alter Menschen4-40
4.1.2Exkurs (2): Medienkompetenz4-42
4.1.3Potentielle Gründe für den Verlust der Selbständigkeit im Alter4-43
4.2KONTROLLE4-44
4.2.1Definition des Begriffs „Kontrollinstrument“4-44
4.2.2Bewertung des Begriffs „Kontrolle“4-45
4.2.3Die Bedeutung von Kontrolle in der Pflege alter […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Methodische Vorgehensweise
1.1.1 Ausgangsthesen und Forschungsfragen
1.1.2 AEDL als Indikatoren für Selbständigkeit im Alter
1.1.3 Eingrenzung telematischer Anwendungen
1.1.4 Literatur- und Internetrecherchen
1.2 Definition grundlegender Begriffe
1.2.1 Alte Menschen
1.2.2 Bezugs- und Pflegepersonen
1.2.3 Pflege
1.2.4 Telematik
1.2.5 Telemedizin
1.2.6 Telepflege

2. Hintergrund
2.1 Demographische Faktoren
2.2 Entwicklungen im Telematik-Bereich
2.2.1 Videotelephonie
2.2.2 Internet
2.2.3 Intelligente Haustechnologie / Domotik

3. Telematik für alte Menschen
3.1.1 Exkurs (1): Der bildbasierten Betreuungsdienst Inkontakt TESS des evangelischen Johanneswerkes in Bielefeld
3.2 Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Telematik für alte Menschen
3.3 Relevanz des erkennbaren Nutzens von Telematik
3.4 Bedienbarkeit und Gestaltung telematischer Systeme
3.5 Verlässlichkeit

4. Operationalisierung der Begriffe Selbständigkeit und Kontrolle im Bezug auf alte Menschen
4.1 Selbständigkeit
4.1.1 Kompetenzen alter Menschen
4.1.2 Exkurs (2): Medienkompetenz
4.1.3 Potentielle Gründe für den Verlust der Selbständigkeit im Alter
4.2 Kontrolle
4.2.1 Definition des Begriffs „Kontrollinstrument“
4.2.2 Bewertung des Begriffs „Kontrolle“
4.2.3 Die Bedeutung von Kontrolle in der Pflege alter Menschen
4.2.4 Das Potential von Telematik als Kontrollinstrument

5. Bedeutung und Bewertung telematischer Anwendungen
5.1 Die Bedeutung von Telematik anhand der AEDL als Indikatoren für Selbständigkeit
5.1.1 Kommunizieren
5.1.2 Sich bewegen
5.1.3 Vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten
5.1.4 Sich pflegen
5.1.5 Essen und trinken
5.1.6 Ausscheiden
5.1.7 Sich kleiden
5.1.8 Ruhen und schlafen
5.1.9 Sich beschäftigen
5.1.10 Sich als Mann oder Frau fühlen und verhalten
5.1.11 Für eine sichere Umgebung sorgen
5.1.12 Soziale Bereiche des Lebens sichern
5.1.13 Mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen
5.2 Bewertung telematischer Anwendungen für die Selbständigkeit alter Menschen
5.3 Die Bedeutung von Telematik-Anwendungen zur Kontrolle alter Menschen

6. Grundsätze und ethische Anforderungen zum Einsatz von Telematik in der Pflege alter Menschen
6.1 Freiwilligkeit
6.2 Einsichts-/Urteilsfähigkeit
6.3 Wahrung der Intimsphäre
6.4 Durchschaubarkeit des Vorganges / Transparenz
6.5 Telematik als Ergänzung unmittelbarer Pflege und Betreuung

7. Zusammenfassung und Ausblick

8. Glossar

9. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Tabellarische Darstellung der AEDL

Abbildung 2: Benutzte Schlüsselwörter

Abbildung 3: Alterspyramiden Deutschland

Abbildung 4: Anteil der über 80jährigen/Landesgesamtbevölkerung

Abbildung 5: Influencing factors – socio-demography

Abbildung 6: Bildtelefon T-View 100

Abbildung 7: Senior Watch, Functional restrictions

Abbildung 8: Selbständigkeit alter Menschen

Abbildung 9: Der Zusammenhang zwischen Kompetenzen, Bedürfnissen und der Telematik

Abbildung 10: Kontrolle

ZuM Inhalt der DIPLOMArbeit

In der vorliegenden Diplomarbeit soll untersucht werden, ob neue Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK Technologien) – im Folgenden unter dem Begriff „Telematik“ zusammengefasst – die Selbständigkeit alter Menschen unterstützen können. Es soll dabei herausgearbeitet werden, welche Anforderungen an die Telematik zu berücksichtigen sind, um eine Akzeptanz durch alte Menschen überhaupt zu gewährleisten.

Darüber hinaus wird der Fragestellung nachgegangen, ob und unter welchen Umständen telematische Anwendungen auch als Kontrollinstrumente eingesetzt werden können. Da Kontrolle im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht grundsätzlich negativ gesehen wird, soll diskutiert werden, unter welchen Umständen sich diese Formen der technisch-gestützten Kontrolle eventuell gegen die Interessen alter Menschen richten können. Vor diesem Hintergrund soll erörtert werden, welche ethischen Anforderungen und Grundsätze zu beachten sind, um die diesbezüglichen Interessen alter Menschen zu wahren.

Schlüsselwörter: alte Menschen, (Tele-)Pflege, Telematik, Gestaltungsanforderungen, Selbständigkeit, Kontrolle, Ethik

1. Einleitung

Neue Entwicklungen in der IuK-Technologie nehmen zunehmend Einfluss auf die Gestaltung unserer Gesellschaft. Einkäufe erfolgen elektronisch, Telearbeitsplätze vermeiden Fahrtwege und ermöglichen neue Abläufe in Beruf und Familie, Schule und Universitäten „bilden“ via PC uvm. Insbesondere durch die Internettechnologie konnten sich vor allem in den vergangenen 5 Jahren nahezu revolutionäre Dienste etablieren, die immer mehr zu modifizierten gesellschaftlichen Abläufen führen.

Auch das Sozial- und Gesundheitswesen blieb von dieser Entwicklung nicht unberührt. Den Telemedizin- und TeleCare-Anwendungen werden immense Potentiale für effizientere und qualitative hochwertigere medizinische und auch pflegerische Leistungen zugeschrieben. Dabei beziehen sich die unterstützenden Potenziale der Telematik nicht nur auf eine bessere Steuerung der administrativen und finanztechnischen Aufgaben, sondern durchaus auch auf interaktive Kontakte zwischen Patienten und medizinisch-pflegerischen Fachkräften.

Der umfassenden Einführung telematischer Dienste im Gesundheitswesen stehen jedoch noch einige hemmende Faktoren entgegen. So fehlen nicht nur adäquate technische Plattformen und Endgeräte, sondern auch angemessene organisatorische Strukturen, adäquate Kompetenzen, unterstützende rechtliche Rahmenbedingungen sowie geeignete Finanzierungsmodelle.

Auch unzureichendes Wissen über den tatsächlichen Nutzen und die Wirkung dieser Dienste sowie ambivalent diskutierte ethische Fragestellungen führen zu geringer Akzeptanz von telematischen Anwendungen sowohl auf professioneller wie auf Patientenseite.

Nicht selten verschärft sich die Diskussion um die Einführung von Telematik, wenn es um die Pflege und Betreuung von alten Menschen geht. Gerade in diesem Bereich wird das Risiko gesehen, durch Telematik fehlende menschliche Betreuung kostengünstig zu kompensieren und alte Menschen somit zunehmend auszugrenzen, zu isolieren und zu kontrollieren. Dem entgegen steht die Meinung von Experten z.B. aus dem Feld der Gerontotechnologie und der Technologieforschung, welche im Einsatz von telematischen Diensten erhebliche Potentiale zur Unterstützung der Selbständigkeit alter Menschen erkennen.

Insbesondere dieser zuletzt genannten Kontroverse will sich der Autor in der vorliegenden Diplomarbeit widmen. Zum einen soll der Nutzen neuer Technologien im Bereich der Betreuung und Pflege alter Menschen beispielhaft untersucht werden, zum andern soll aber auch den Risiken – insbesondere im Hinblick auf den Aspekt der Kontrolle, besondere Aufmerksamkeit gelten. Der Fokus der Arbeit ist demnach die „Selbstständigkeit“ und in diesem Sinne die Autonomie des alten Menschen, die durch den Einsatz von Telematik dann gefährdet wäre, wenn diese – ohne das jeweilige Einverständnis – als Kontrollinstrument eingesetzt würde.

Zuerst erfolgt die Beschreibung der Themenfindung, die Entwicklung von Hypothesen und Forschungsfragen sowie die Begründung der angewendeten Methoden. Anschließend wird die demografische Entwicklung als eine entscheidende Triebkraft für den zunehmenden Einsatz von Telematik skizziert. Im nächsten Teil gibt der Autor einen Überblick über die in diesem Kontext relevanten Technologien, auf deren Basis telematische Dienste und Anwendungen für alte Menschen entwickelt werden. Es werden auch Anforderungen an die Technik dargestellt, die bedeutsam sind um gerade auch alten Menschen eine Nutzung von Internet, Videotelephonie und intelligenter Haustechnologie zu ermöglichen.

Für die Arbeit relevante Begriffe werden anschließend definiert und operationalisiert.

Im darauf folgenden Kapitel werden anhand der Einzelkriterien des Pflegemodells nach Monika Krohwinkel wesentliche Aspekte der Selbständigkeit alter Menschen systematisch daraufhin untersucht werden, ob der Einsatz neuer telematischer Technologien unterstützende Potentiale bietet. Das Pflegemodell bietet einen differenzierten Katalog von Aktivitäten existenziellen Erfahrungen des täglichen Lebens (AEDL), die in diesem Zusammenhang als Indikatoren zur Messung der Selbständigkeit genutzt werden sollen.

Demgegenüber soll untersucht werden, inwieweit telematische Systeme auch dazu ge- bzw. missbraucht werden können, ältere Menschen zu „kontrollieren“.

Am Ende der vorliegenden Arbeit soll ausgewertet werden, ob der Umfang der selbständigkeitsfördernden Faktoren die Einbindung telematischer Systeme und Dienste in den Betreuungs- und Pflegeprozess alter Menschen rechtfertigt und inwieweit Kontrolle im Sinne von Fremdbestimmung und Entmündigung über die beispielhaft untersuchten Medien ausgeübt werden kann. Abschließend soll erörtert werden, welche Bedingungen gegeben sein müssen, um ein Eingreifen in die Selbständigkeit und Autonomie älterer Menschen zu verhindern und Telematik somit im Dienste der Selbständigkeit alter Menschen zu implementieren.

1.1 Methodische Vorgehensweise

Ausgangspunkt für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit war die praktische Mitarbeit des Verfassers in der Kommunikations- und Telekommunikationsforschung zum Themenkomplex „Telematik für ältere und behinderte Menschen“[1]. Die studienbegleitende Tätigkeit als Zentralist und Service-Assistent in einer telematik-basierten Servicezentrale im Rahmen der von der europäischen Union geförderten Projekte HAS-Video, @work4homes und IST@home führte insbesondere zu der Frage, inwieweit der Einsatz neuer Technologien in der Pflege und Betreuung alten Menschen nutzt oder ob eine vermeintlich „entfremdete“ Form der Ansprache nicht sogar Risiken für die Zielgruppe beinhaltet. Ziel dieser Projekte war es jeweils, telematisch Systeme und darauf basierende Dienstleistungen zu entwickeln und zu erproben, die geeignet sind, die Lebensqualität und Selbständigkeit von alten Menschen auch dann zu erhalten, wenn sie gesundheitlich erheblich beeinträchtigt und weitgehend an ihre Wohnung gebunden sind.

Diese Projekte gehen auf einen Pilotversuch aus dem Jahr 1991 zurück. Im Rahmen des sogenannten „Haus-Tele-Dienstes“, wurden hier ältere und behinderte Menschen mit Hilfe eines videofonbasierten, sozialen Unterstützungsdienstes, im Frankfurter Stadtteil Westhausen betreut. Per Videotelephonie konnten Sprechstundendienste, aktive Betreuungsdienste, Therapiedienste, Krankenfernbetreuungsdienste und Notrufdienste beansprucht werden. Der Versuch erfolgte im Rahmen des EU- Projektes APPSN (Application Pilot for People with Special Needs) von 1991 bis 1993. In den nachfolgenden Jahren wurden immer wieder Folgeprojekte ins Leben gerufen. Die aktuellen Projekte setzen sich neben der Biltdtelefonie mit der zusätzlichen technischen Integration weiterer Telematikmodule wie dem Internet, Hausnotruftechnologie, Domotikanwendung und Vitaldatenmessungen auseinander. Hieraus ergeben sich erhebliche weitergehende Nutzungsmöglichkeiten für die Zielgruppe „alte Menschen“ einerseits, für Anbieter sozialer und pflegerischer Dienstleistungen andererseits.[2]

Erste Befürchtungen hinsichtlich der Risiken des Einsatzes von Telematik in der Pflege des Autors relativierten sich, nachdem deutlich wurde, welche Bedeutung dieses Dienstangebot letztendlich für die alten Projektteilnehmer hatten. Dennoch blieb der Wunsch nach einer kritischen Analyse des Einsatzes telematischer Dienste in der Pflege alter Menschen von Bedeutung. Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit leitete sich daher unmittelbar aus persönlichen Beobachtungen, Überlegungen und den Projektergebnissen ab.

1.1.1 Ausgangsthesen und Forschungsfragen

Ausgehend von den persönlichen Beobachtungen stellten sich die folgenden Forschungsfragen, die in dieser Arbeit aufgegriffen werden:

- Dient die Telematik der Erhaltung der Selbständigkeit?
- Ist die Telematik ein Kontrollinstrument?

Daraus wurden die folgenden Hypothesen formuliert, die in der vorliegenden Arbeit untersucht werden sollen:

- Telematische Anwendungen und Dienstleistungen, sind grundsätzlich geeignet, die Selbstständigkeit von alten Menschen zu erhalten und können ihre Lebensqualität verbessern.
- Telematische Anwendungen erhalten den Charakter von Kontrollinstrumenten und sind gegen die Selbständigkeit und die Autonomie alter Menschen gerichtet, soweit sie jeweils ohne das Einverständnis und die Einsicht der alten Menschen eingesetzt werden.

Aus den beiden oben genannten Hypothesen ergaben sich die folgenden weiterführenden Fragestellungen:

- Was bedeutet Selbständigkeit im Alter?
- Gibt es Indikatoren für Selbständigkeit im Alter?
- Inwieweit und unter welchen Umständen dient „Kontrolle“ dem Menschen?
- Wann richtet sich „Kontrolle“ gegen seine Bedürfnisse?
- Welche telematischen Dienstleistungen werden für alte Menschen erprobt, angeboten und eingesetzt?
- Mit welcher Intension werden telematische Anwendungen und Dienste für ältere Menschen erprobt, angeboten und eingesetzt?
- Müssen spezifische Anforderungen an telematische Systeme berücksichtigt werden, um die Selbständigkeit älterer Menschen zu unterstützen?
- Werden bzw. unter welchen Bedingungen werden telematische Dienstleistungen von älteren Menschen akzeptiert und in Anspruch genommen
- Warum könnten sich gerade telematische Anwendungen und Dienste gegen die Interessen alter Menschen richten?
- Gibt es Handlungsgrundsätze, die zu berücksichtigen sind, um zu gewährleisten, dass sich der Einsatz von Telematik nicht gegen die Bedürfnisse älterer Menschen richtet?

1.1.2 AEDL als Indikatoren für Selbständigkeit im Alter

Um die Fragestellung der vorliegenden Arbeit systematisch überprüfen zu können, galt es, Indikatoren für die Selbständigkeit alter Menschen zu finden. Geeignet schien dem Verfasser das Bedürfnismodell nach Monika Krohwinkel, die 13 Aktivitäten und existentielle Erfahrungen des täglichen Lebens (AEDL) definiert hat. Das Modell bildet Bedürfnisse bzw. Lebensaktivitäten ab, die für die menschliche Existenz grundlegend sind.

Krohwinkel legt dieses Rahmenmodell dem Pflegeprozess zugrunde, dessen primäre Zielsetzung es ist, durch Pflegemaßnahmen Unabhängigkeit und Wohlbefinden des Pflegebedürftigen zu erhalten, zu fördern bzw. wiederzuerlangen. Auch wenn es die Intension dieses Modells ist, der Arbeit von Pflegepersonen eine ganzheitliche Orientierung zu geben, so legt sie mit der Definition der einzelnen AEDL implizit die Kriterien von Selbständigkeit und Unabhängigkeit fest. Diese sollen im Rahmen dieser Arbeit aufgegriffen werden: Soweit eine Person demnach ohne die Abhängigkeit von anderen Menschen diese grundlegenden Lebensbedürfnisse für sich selbst erfüllen kann, gilt sie im folgenden Kontext als selbständig.

Abbildung 1: Tabellarische Darstellung der AEDL

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: AEDL nach Krohwinkel, 1984 und 1988 in: Krohwinkel 1992

Anhand der 13 AEDL des Bedürfnismodells soll im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit systematisch untersucht werden, ob und wie telematische Anwendungen alte Menschen dabei unterstützen können, ihre Selbständigkeit und die Unabhängigkeit von der Hilfe anderer Menschen zu erhalten. Es soll dabei auch eruiert werden, ob die jeweiligen Anwendungen das Risiko einer vom alten Menschen nicht erwünschten Kontrolle bergen.

1.1.3 Eingrenzung telematischer Anwendungen

Um die Bearbeitung der Fragestellung zu konkretisieren, war es erforderlich, sich auf wenige Technologien zu fokussieren, die nach Einschätzung des Verfassers bereits heute oder perspektivisch von Bedeutung für die Altenpflege sind.

Hier erscheinen

- das Internet
- die Videotelephonie und
- die intelligente Haustechnologie

von besonderer Bedeutung.

Zu Dienstleistungen für alte Menschen auf der Basis dieser Technologien liegen bereits Evaluationsergebnisse und Erfahrungsberichte vor. Auch die eigenen Praxiserfahrungen des Autors beziehen sich auf den Einsatz dieser Technologien. Obwohl die Technologien Überschneidungsbereiche haben, differieren die typischen Einsatzbereiche und geben daher ein breites Bild von den Potentialen neuer Technologien. Während beispielsweise die am meisten genutzten Anwendungen des Internets E-Mail- und World Wide Web- (WWW) Dienste sind und es dabei um schriftliche Kommunikation und Informationsbeschaffung geht, dient die Videotelephonie der visuell gestützten Gesprächsführung. Intelligente Haustechnologie wiederum dient im Kern der Haussteuerung und Wohnraumanpassung. Jede Anwendung für sich verfügt demnach über ein spezifisches Potential, die Selbständigkeit alter Menschen zu unterstützen. Diese Technologien sind daher von besonderem Interesse im Kontext der vorliegenden Arbeit.

1.1.4 Literatur- und Internetrecherchen

Die theoretische Grundlage dieser Arbeit ergibt sich aus einer umfassenden Literatur- und Internetrecherche, in der die Erkenntnisse anderer Autoren ausgewertet wurden. Bei der Literaturrecherche wurde auf Bibliotheken, Datenbanken und das Internet zurückgegriffen. Im Hinblick auf die interdisziplinäre Ausrichtung dieser Arbeit wurde deutlich, dass nicht jede Bibliothek die erforderliche spezifische Literatur vorhielt. Gerade im Hinblick auf die schnelllebigen Erkenntnisse zu neue Technologien zeigte sich die wichtige Bedeutung der Internetrecherche, denn besonders aktuelle Informationen zu Telematik-Anwendungen war in den herkömmlichen Bibliotheken nur in geringem Umfang und nicht sehr aktuell zu erhalten.

Konkret wurden folgende Quellen in Anspruch genommen:

Bibliotheken:

- Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main
- FH Bibliothek Frankfurt am Main
- Uni-Bibliothek Frankfurt am Main
- Zentralbibliothek für Medizin Köln

Online Datenbankrecherche:

Zur weiteren Bücher- und Zeitschriftenliteraturrecherche wurden folgende Datenbankportale genutzt:

- Der Online Katalog HeBIS (Onlinerecherche der FH Frankfurt Bibliothek und der Uni-Frankfurt Bibliothek).
- Der Online Katalog der deutschen Bibliothek (DB)
- ZDB OPAC Zeitschriftendatenbank der deutschen Bibliothek
- KVK Karlsruher Virtueller Katalog (Recherche der Zeitschriftenbestände in den wichtigsten deutschen Bibliotheken)
- DIMDI (Portal für Online Datenbanken wie Medline, Gerolit, Carelit u.s.w.
- PubMed (Portal für Medline u. a.)
- Foris (sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte)
- ZB Med (Deutsche Zentralbibliothek für Medizin in Köln)

Elektronische Publikationen:

Elektronische Publikationen der Deutschen Bibliothek wurden in den Sachgebieten der Medizin, allgemeinen Technik, Elektrotechnik, Informatik, Sozialpädagogik, Sozialarbeit, Pädagogik, Philosophie mit den unten angegebenen Schlüsselwörtern durchsucht.

Internetrecherche:

Eine offene Internetrecherche wurde u. a. bei folgenden Online-Suchmaschinen durchgeführt:

- www.google.de
- www.altevista.com
- www.metacrawler.de
- www.yahoo.com

Für die Suche wurden folgende Schlüsselwörter benutzt:

Abbildung 2: Benutzte Schlüsselwörter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

1.2 Definition grundlegender Begriffe

Einige Begriffe müssen im Vorfeld der Arbeit explizit definiert werden, um das grundlegende Verständnis des Autors dieser Arbeit aufzuzeigen.

Bei den folgenden wörtlichen Zitaten wurden, aus Gründen der Lesbarkeit, die Abkürzungen größtenteils ausgeschrieben. Weitere Abkürzungen oder Begrifflichkeitserklärungen, die zum Verständnis dieser Arbeit wichtig sind befinden sich im Abkürzungsverzeichnis bzw. im Glossar.

1.2.1 Alte Menschen

Die in der deutschen Literatur benutzen Begriffe für alte Menschen variieren sehr. „Alte“, „Ältere“, „Senioren“, „Betagte“, oder „Hochbetagte“ werden aufgeführt. Auch „neudeutsche“ Anglizismen „Eldery“, oder „Seniors“ werden genutzt, um eine sehr heterogene Gruppe zu definieren.

Das Wort Senior hat seinen Ursprung im Lateinischen [„der Ältere“]. Im Frankenreich hatte der Begriff Senioren die Bedeutung eines Lehnsherrn. In den meisten Fällen wird dieses Wort jedoch als Bezeichnung für ältere Menschen im Rentenalter gebracht (vgl. Meyers großes Taschenlexikon 1992).

Der Begriff „Senior“ (die weiblichen Senioren sind nicht ausgegrenzt) bedeutet die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe. Die Festlegung allerdings, ab wann ein Mensch als „alt“ gilt, ist nicht eindeutig. Die Einteilung in Altersgruppen unterliegt in der Regel den jeweiligen Rahmenbedingungen. So kann z. B. ein 35jähriger Mann im Fußball schon in der Seniorenklasse spielen, während z. B. Politiker oft erst im höheren Lebensalter Karriere machen. Selbst eine Einteilung anhand des chronologischen Alters hat nur einen bedingten Aussagewert. Sie sagt z.B. nichts über die Bedarfssituation oder die Fähigkeiten einer Person aus.

Häufig ist die Verwendung der unterschiedlichen Begriffe für das „Alter“ mit negativen Assoziationen verbunden und es wird versucht, diese zu vermeiden. Das geht soweit, dass beispielsweise die Verwendung des Begriffes „Senioren“ aus Gründen der Stigmatisierung kritisch diskutiert wird (vgl. Dienel et al 1999, S. 10).

Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff „alter Mensch“ bewusst gewählt, um genau diese Stigmatisierungen zu vermeiden. Alter ist eine Lebensphase, die in gewisser Weise willkürlich festgelegt wurde und im Grundsatz weder negativ noch positiv zu bewerten ist. Zur Vereinfachung bezieht sich der Begriff „alte Menschen“ im Folgenden auf Personen im (gesetzlichen) Rentenalter.

1.2.2 Bezugs- und Pflegepersonen

Unter dem Begriff Bezugspersonen sollen alle Menschen verstanden werden, die in einer engeren Beziehung zu dem betreffenden alten Menschen stehen. Also z. B. Angehörige oder Nachbarn, aber auch Pflegepersonen.

Diese Bezeichnung für in der Pflege tätige Menschen ist bewusst allgemein gewählt. Es geht dabei sowohl um examinierte Krankenpfleger[3], Kinderkrankenpfleger und Altenpfleger, um nur die wichtigsten gesetzlich festgeschriebenen Berufbezeichnungen zu nennen, als auch um Dipl. Pflegewirte, Pflegewissenschaftler, Pflegepädagogen. Aber auch nicht-examinierten Pflegemitarbeiter sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

Der Begriff „Pflegepersonen“ wurde in dieser Arbeit dem Begriff „Pflegekräfte“ vorgezogen. Letzterer lenkt das Verständnis von Pflege zu sehr auf den Aspekt der Kraft und verursacht somit schneller eine Assoziierung mit den Begriffen „Heben“ und „Tragen“, also einer Betrachtung von Pflege in diesem Sinne. Andere pflegerische Arbeitsinhalte und Konzepte würden mit dem Begriff „Pflegekräfte“, nach Meinung des Autors, zu sehr in den Hintergrund treten. Deshalb soll der neutralere Begriff „Pflegepersonen“ in dieser Arbeit zur Verwendung kommen.

1.2.3 Pflege

Der Begriff „Pflege“ ist in der Literatur in verschiedener Weise definiert worden. Die in die deutsche Sprache übersetzten angloamerikanische Begriffe treffen deren Bedeutung nur z. T.. Kulturelle und gesetzliche Unterschiede sind weitere Gründe, welche eine allgemeine Definition von Pflege erschweren.

Die ANA (American Nursing Association), der US-amerikanische Pflege-Berufs-Verband, hat bereits 1980 folgende Definition von Pflege ausgesprochen:

“Nursing is the diagnosis and treatment of human responses to actual or potential health problems.” (ANA 1980 in: Orlando 1983)

Demnach ist „Pflege die ‚Diagnose und Behandlung menschlicher Reaktionen auf aktuelle und potentielle Gesundheitsprobleme’.“ (Batholomeyczik 1997, S. 48)

Diese einfache, allgemeine Definition der Pflege soll als Grundlage für die folgende Diplomarbeit gelten. Um die kommunikativen Aspekte der Pflege, gerade in Bezug auf die Telematik zu unterstreichen, soll der Begriff „Gesundheit“ mit Hilfe der Definition der WHO ausgedehnt werden.

“Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity.” (WHO 2002)[4]

Hieraus ergibt sich die deutsche Übersetzung:

Gesundheit ist ein Stadium des völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht lediglich ein Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. [5]

Diese Definition betont noch einmal im Besonderen, dass der Begriff Gesundheit nicht nur die körperlichen Aspekte, sondern auch die geistigen und sozialen einschließt.

1.2.4 Telematik

Der Begriff der Telematik ist eine künstliche Wortschöpfung:

"[Kunstwort aus Telekommunikation und Informatik.] Forschungsbereich, der eine Synthese aus Telekommunikation und Informatik darstellt und sich mit der wechselseitigen Beeinflussung verschiedener nachrichtentechnischer Disziplinen befasst. In erster Linie sind darunter die auf den gleichen Basistechnologien (Digitaltechnik, Halbleitertechnologie, Mikro- und Optoelektronik) beruhende Gebiete der Datenverarbeitung und der Telekommunikation erfasst, die wegen der Durchdringung ihrer Anwendungsbereiche neue Dimensionen für die Informationstechnologie eröffnet haben. Besondere Beachtung wird dem starken Einfluss geschenkt, den umfassende, in Netzstrukturen integrierte Informationssysteme auf das gesellschaftliche Leben haben können." (Brockhaus 1998c, S. 630)

Das Internet, die Videotelephonie und die intelligenten Haustechnologien basieren auf die Basistechnologien der Telematik.

Ein großer potentieller Anwendungsbereich für die Telematik, mit zunehmender Bedeutung, ist das Gesundheitswesen und dort als weiterer, stetig wachsender Bereich die Pflege alter Menschen.

Begriffe die dem Kunstwort Telematik bezogen auf das Gesundheitswesen nachstehen sind die „Telemedizin“ und „Telenursing“ bzw. „Telecare“.

1.2.5 Telemedizin

"Medizinische Diagnostik und Behandlung sowie Datenarchivierung unter Einsatz der Telekommunikations- und Informationstechnik (multimediale elektronische Datenverarbeitung und/oder -übertagung). Die Telemedizin überbrückt die räumliche Entfernung zwischen Arzt und Patient bzw. ermöglicht die Konsultation zwischen Experten. Durch Vernetzung von Universitätskliniken, kommunalen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten können individuelle Kenngrößen (z. B. Röntgenbilder) abgerufen werden. Nicht spezialisierte Mediziner vor allem in entlegenen Gebieten können so die erhobenen Untersuchungsbefunde direkt mit einem Spezialisten diskutieren (Telekonsultation). Telemedizin ermöglicht auch die kontinuierliche Erfassung physiologischer Messwerte am Patienten in häuslicher Umgebung mit Übertragung über Mobilfunknetze (mobile Patientenüberwachung) sowie ferngesteuerte Eingriffe Mithilfe spezielle Robotertechnik." (Brockhaus 1998c, S. 630-631)

1.2.6 Telepflege

Der Begriff „Telepflege“ ist in der Literatur eher ungebräuchlich. Aufgrund der Missverständlichkeiten und medizinischen Sichtweisen, die Begriffe wie „Home Care“ oder auch „Telecare“ mit sich bringen, soll im Weiteren der Begriff der Telepflege eingeführt werden[6]. Nachfolgend soll versucht werden, die Aspekte der Definition der Telemedizin 1.2.5 (Brockhaus 1998c, S. 630-631) in den Bereich der Pflege alter Menschen zu übertragen, um ein differenzierteres potentielles Bild vom Einsatz der Telematik in der Pflege oder der „Telepflege“ zu ermöglichen.

"Medizinische Diagnostik und Behandlung sowie Datenarchivierung unter Einsatz der Telekommunikations- und Informationstechnik (multimediale elektronische Datenverarbeitung und/oder -übertagung) [...]“ (Brockhaus 1998c, S. 630-631)

Ausgehend von der Eigenständigkeit der Profession der Pflege könnte die Telepflege pflegerische Diagnostik und Therapie sowie Datenarchivierung unter Einsatz der Telekommunikations- und Informationstechnik (multimediale elektronische Datenverarbeitung und/oder -übertragung) analog und in Kooperation zur Telemedizin unterstützen.

„[...] Die Telemedizin überbrückt die räumliche Entfernung zwischen Arzt und Patient bzw. ermöglicht die Konsultation zwischen Experten. [...]“ (Brockhaus 1998c, S. 630-631)

Analog gesehen könnte die Telepflege die räumliche Entfernung zwischen Pflegeperson und altem Menschen überbrücken bzw. die Konsultation zwischen Pflegeexperten ermöglichen. Darüber hinaus können auch Bezugspersonen in den Kreis eingeschlossen werden.

„[...] Durch Vernetzung von Universitätskliniken, kommunalen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten können individuelle Kenngrößen (z. B. Röntgenbilder) abgerufen werden.[...]“ (Brockhaus 1998c, S. 630-631)

Im Sinne der Übertragung sollen nicht nur Universitätskliniken, kommunale Krankenhäuser, niedergelassene Ärzten miteinander vernetzt werden sondern auch bspw. Alten- und Pflegeheime und ambulanten Dienste. Als individuelle Kenngrößen könnten z. B. Daten des Pflegeprozesses (bspw. die Pflegeüberleitung) übertragen werden. Durch die Beachtung der Autonomie des alten Menschen und die Integrierung in den therapeutischen Entscheidungsprozess könnte die Selbständigkeit alter Menschen unterstützt werden.

„[..] Nicht spezialisierte Mediziner vor allem in entlegenen Gebieten können so die erhobenen Untersuchungsbefunde direkt mit einem Spezialisten diskutieren (Telekonsultation).[...]“ (Brockhaus 1998c, S. 630-631)

Dieser Punkt ist, abgeleitet in den Bereich der Pflege, besonders für die ambulanten Dienste relevant. Er könnte für die Pflege, im weitesten übertragenen Sinne die Möglichkeit zur Telekonsultation aller am Pflegeprozess beteiligten Personen bedeuten. Anlehnend an die obige Aussage könnten Pflegeexperten beratend und anleitend zur Verfügung stehen.

„[...] Telemedizin ermöglicht auch die kontinuierliche Erfassung physiologischer Messwerte am Patienten in häuslicher Umgebung mit Übertragung über Mobilfunknetze (mobile Patientenüberwachung) sowie ferngesteuerte Eingriffe Mithilfe spezielle Robotertechnik.[...].“ (Brockhaus 1998c, S. 630-631)

Auch dieser Satz der Definition ist auf die Telepflege übertragbar. Zum tieferen Verständnis soll dies anhand von einigen Beispielen aufgezeigt werden:

- Patientenüberwachung (z. B. Videoüberwachung dementierender Menschen[7] ).
- Urinausscheidungsmengen von alten Menschen könnten kontinuierlich elektronisch erfasst werden.
- Überwachung von enteraler und parenteraler Ernährung wäre möglich.

Telepflege kann also auch Einsatzaspekte eines Kontrollinstrumentes beinhalten und sich gegen Selbständigkeit und Autonomie alter Menschen richten.

Am Rande sei an dieser Stelle angemerkt, dass eine Patientenüberwachung positive und negative Auswirkungen haben kann. Auf den Einfluss der Selbständigkeit und der Kontrolle, bezogen auf die alten Menschen, wird noch zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen werden.

Analog zu den pflegerischen Handlungen, soll auch bei der Telepflege der alte Mensch Mittelpunkt sein. Eine Aussage, die diese Betrachtungsweise unterstützt ist folgende:

"Telematik bietet die Grundlage für zahlreiche Anwendungen und Dienstleistungen, die geeignet sind, die Lebensqualität von älteren und behinderten Menschen zu verbessern." (empirica 1998, S. 4)

Nimmt man diese Aussage als Ausgangsbetrachtung, so ergibt sich daraus der Standpunkt, dass die Telepflege die Grundlage für Dienstleitungen bietet, welche die Lebensqualität der älteren Menschen verbessern kann. Von dieser Grundaussage soll in dieser Arbeit ausgegangen werden.

2. Hintergrund

Vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Wandels, der zum einen geprägt ist von einer erheblichen Verschiebung der gewohnten „Alterspyramide“ und zum andern von einer Durchdringung des sozialen Lebens durch digitale Medien, erhält die Fragestellung dieser Arbeit besondere Brisanz. Während die Bevölkerungsentwicklung mit einer stark wachsenden Gruppe alter Menschen bei gleichzeitiger Verringerung der Zahl von potentiellen jüngeren Helfern neue Formen des sozialen Miteinanders erforderlich macht, erlaubt die Digitalisierung bisher ungeahnte Möglichkeiten des gesellschaftlichen Umgangs. In dieser Entwicklung liegen Chancen und Risiken, die im Rahmen dieser Arbeit erörtert werden sollen.

2.1 Demographische Faktoren

Die demografische Entwicklung in Europa, mit einer starken Tendenz zur Überalterung der Gesellschaft, macht es zunehmend erforderlich, über neue Wege der Unterstützung, Pflege und Betreuung alter Menschen nachzudenken. Auch unter Berücksichtigung zunehmender finanzieller Restriktionen steigt der Druck adäquate Versorgungsstrukturen zu etablieren, die sowohl die Kostenseite als auch steigende Ansprüche in der Versorgungsqualität berücksichtigen. Hier könnte dem Einsatz von telematischen Anwendungen eine sehr wichtige Bedeutung zukommen. Die aktuellen Trends der Bevölkerungsentwicklung sollen im Folgenden skizziert werden.

Die demographischen Daten in Deutschland zeigen eine deutliche Entwicklung: eine höhere Lebenserwartung und weniger Nachkommen. Bei gleichzeitig steigenden Anforderungen an den Lebensstandart und die Lebensqualität, ist eine ausreichende Versorgung durch die professionelle Pflege, aber auch durch andere Bezugspersonen nach heutigen Maßstäben in Zukunft fraglich. Es gilt daher, eine weitestgehende Selbständigkeit und Unabhängigkeit alter Menschen von Fremdhilfe zu gewährleisten.

Abbildung 3: Alterspyramiden Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt 2000, S. 14

Die Daten des statistischen Bundesamtes belegen einen Anstieg des durchschnittlichen Lebensalters der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Eine sechzigjährige Frau kann zum jetzigen Zeitpunkt mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 83 Jahren rechnen. Für ein im Jahr 2000 geborenes Kind wuchs die durchschnittliche Lebenserwartung um ca. 30 Jahre, gegenüber der vor 100 Jahren. Die Anzahl der Hochbetagten innerhalb unserer Gesellschaft liegt zum jetzigen Zeitpunkt bei 4%. Sie wird bis zum Jahre 2050, bei einer Gesamtbevölkerungsanzahl von ca. 65 bis 70 Mio., auf ca. 12,5% ansteigen (vgl. Dritter Altenbericht 2001, S. 14-15).

Mit dem steigenden Alter der Bevölkerung wird auch die Morbidität steigen. Demzufolge werden auch die Bedarfe an ambulanter und stationärer Versorgungen ansteigen. Vorrangig chronische und degenerative Erkrankungen werden bei alten Menschen zu einer verstärkten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen führen (vgl. Statistisches Bundesamt 1998, S. 19).

Daten aus der Dokumentation der Expertentagung des internationalen Rates für soziale Wohlfahrt belegen, dass die Bundesrepublik Deutschland die erste Stelle unter den Staaten einnehmen wird, welche den größten Anteil innerhalb der Bevölkerungsgruppe der über 80jährigen stellen (vgl. Internationaler Rat für soziale Wohlfahrt 2000, S. 13).

Abbildung 4: Anteil der über 80jährigen/Landesgesamtbevölkerung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: UN, 1997, und International Database (US Bureau of the Census) (1997, 2025, 2050) in: Dokumentation der Expertentagung des Internationalern Rates für soziale Wohlfahrt. (vom Autor auf Europa begrenzt)

Bereits heute ist die Altergruppe der hundertjährigen die am stärksten anwachsende in Deutschland. Alle genannten Zahlen bestätigen die eindeutige Tendenz eines Anstiegs der Anzahl von alten Menschen in der Bundesrepublik Deutschland.

Der andauernde niedrige Geburtenrate und führt zu sinkender und alternder Bevölkerung. In Deutschland werden weit aus weniger Kinder geboren, als zu einer langfristigen Erhaltung der Bevölkerungsanzahl notwendig wäre (Statistisches Bundesamt 2000)

Für den Anstieg der Lebenserwartung ist u. a. der medizinische Fortschritt verantwortlich. Neuentwicklungen von diagnostischen Geräten oder Medikamenten, revolutionäre chirurgische Techniken, Organtransplantation aber auch die Gentechnologie tragen zu einer Verbesserung der Lebensqualität und sicherlich auch zur Verlängerung der Lebenserwartung bei (vgl. Ulrich 1998, S. 232).

Durch den allgemein angestiegenen Wohlstand haben sich die Ansichten bzgl. der individuellen Gestaltung des Lebens verändert. Alte wie auch junge Menschen leben vorzugsweise in ihrem eigenen Haushalt. Trotzdem "besteht zum einen das Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Beziehungen (im Sinne von Nähe) und zum anderen das Bedürfnis nach Autonomie (im Sinne von Distanz)." (Dritter Altenbericht 2001, S. 36-37)

Laut Vorwort des dritten Altenberichtes der Bundesregierung sind ca. 80% der Menschen mit einem Alter von 70 Jahren oder älter sind zu einer weitgehenden selbständigen Lebensführung in der Lage (vgl. Dritter Altenbericht 2001). Sie benötigen keine oder wenig Hilfe in ihrem Alltag. Der restliche Anteil gerät mit zunehmendem Alter in eine stärkere Abhängigkeit.

"Wenn es keine entscheidenden Verbesserungen bei der Prävention, Rehabilitation und dem Ausbau der Tagespflege gibt, werden Jahr für Jahr über 10.000 zusätzliche Pflegeplätze in den Heimen geschaffen werden müssen." (Rückert 2001, S. 1)

Dies alles hat zur Folge, dass nach Alternativen gesucht werden muss, welche kostengünstig eben solche Präventionen und Rehabilitationen unterstützen und gleichzeitig eine menschenwürdige Pflege und Leben alter Menschen gewährleisten. In dieser Arbeit soll untersucht werden inwiefern die Telematik dazu beitragen kann.

2.2 Entwicklungen im Telematik-Bereich

Die Anzahl und Qualität der telematischer Entwicklungen und Einsatzbereiche sind innerhalb der letzten Jahre immens angestiegen. Durch die Verbreitung von Computern und die elektronische Vernetzung wurden und werden zunehmend die technischen Voraussetzungen[8] geschaffen, um telematische Anwendungen überhaupt einsetzen zu können. Die Nutzungsbandbreite ist vielseitig. Von industriellen Anwendungen, welche System und Prozesse (fern)überwachen und steuern, bis hin zu Einsatzmöglichkeiten in der Wohnung privater Anwender, z. B. zur Erledigung von Geldangelegenheiten mittels Computer und Electronic-Banking von zu Hause, reichen die Möglichkeiten.

Telematik kann in unserem Gesundheitswesen übergreifend einen großen Beitrag leisten, z. B. um die dort anfallende Informations- und Datenflut zu bewältigen. Die Datenverarbeitung im Gesundheitswesen und die Möglichkeiten unterschiedliche Rechnersysteme miteinander zu vernetzen, haben sich deutlich weiterentwickelt (vgl. Goetz 1998, S. 22). In diesem Zusammenhang sind wichtige Impulse der Telematik bei der Verzahnung von der stationären und ambulanten Versorgung zu erwarten.

Hier werden im Augenblick besondere Augenmerke auf die telematischen Entwicklungen der Datenübertragung und der Kommunikation im Trias der Krankenkassen, Ärzte und Apotheker gelegt (vgl. E-Health soll auch in der EU möglich sein... 2001, S. 19-20 und Sendatzki 2001, S. 45-49).

Die Zukunft verspricht weitere und ausgedehntere Möglichkeiten. Jeder private Anwender soll die Errungenschaften telematischer Anwendungen für sich nutzen und z. B. in einer multimedialen „intelligenten“ Wohnung, sei es zur Unterhaltung, zur Aufrechterhaltung von Kontakten oder seiner Gesundheit, davon profitieren.

Durch die häusliche Unterstützung mittels Home-Monitoring und Telecare kann auch die Lebensqualität der alten Menschen erhöht und die Möglichkeit geschaffen werden, länger in der eigenen Wohnung zu verbleiben (vgl. Friede-Mohr, Sachse 1998, S. 6).

Die Einführung der Telematik im deutschen Gesundheitswesen ist allerdings von Zurückhaltung geprägt. Einerseits geht es in der Diskussion um die Zusammenführung von Daten, insbesondere um die persönlichen Patientendaten. Andererseits wird die Einführung, durch die Struktur des Gesundheitswesens und den unterschiedlichen Interessenslagen der verschiedenen Professionen bzw. deren Machtverteilung, behindert (vgl. Fischer 1999, S. 10-12).

Letztlich soll die Einführung von Telematik dazu dienen, die Qualität der Versorgung zu optimieren, die Betreuung des Patienten zwischen dem Versorgungssektoren besser abzustimmen, die Effizienz des Gesundheitswesens zu steigern und die verfügbaren Ressourcen gezielter zu verteilen (vgl. Vorwort Telematik im Gesundheitswesen 1998).

Frau Andrea Fischer (Gesundheitsministerin a. D.) sieht in Ihre Rede vom 19.08.1999 anlässlich der ersten öffentlichen Zusammenkunft des Aktionsforums Telematik im Gesundheitswesen die Chance durch Telematik, für die am Versorgungsprozess beteiligten Professionen, einen Zugewinn an eigener Kompetenz zu erlangen. Sie betont auch, den Kompetenzgewinn des Patienten selbst:

"Telematik soll den Patientinnen und Patienten nützen, in dem die Behandlung besser koordiniert wird. Sie ermöglicht ihnen darüber hinaus mehr Wissen über ihre persönliche Situation sowie Zugang zu neuen Gesundheits- und Behandlungsinformationen. Informierte Patienten können schließlich aktiver in das Behandlungsgeschehen einbezogen werden. [...] Telematik trägt dazu bei, dass Ärzte und Vertreter anderer Gesundheitsberufe die Patienten besser und kostengünstiger versorgen können, wenn sie auf alle wichtigen Informationen aus der Krankengeschichte Zugriff erhalten.“ (Fischer 1999, S. 11)

Ein Patient – und das gilt auch für einen alten Menschen – , der aktiv am Prozess seiner Genesung, dem Leben mit einer Krankheit oder Einschränkung beteiligt ist, kann durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien in seiner Autonomie und Selbständigkeit unterstützt werden.

Um dies zu gewährleisten sind allerdings diese beiden Faktoren von entscheidender Bedeutung:

- Die Telematik bedarf absoluter Sicherheit und Verlässlichkeit der Funktionalität.
- Die Telematik muss von allen Menschen angewendet und bedient werden können.

Soweit Telematik gerade zur Unterstützung alter Menschen eingesetzt werden soll, ist es besonders wichtig, die oben genannten Faktoren zu beachten. Erfolgt dies nicht, werden gerade Personengruppen ausgeschlossen, die aufgrund körperlicher Einschränkungen, wie z.B. Seh- oder Hörbehinderungen telematische Geräte nicht bedienen können oder die es nicht gelernt haben, mit neuen Medien umzugehen. Dies trifft insbesondere auf zahlreiche alte Menschen zu.

Eine Nichtbeachtung dieser Anforderungen würde bewirken, dass Telematik auch nicht zur Hilfe seiner Selbständigkeit beitragen kann. Zu einem späteren Zeitpunkt wird auf diese und weitere Aspekte noch differenzierter eingegangen werden.

Einige marktgängige telematische Systeme weisen ein spezifisches Potential auf, wodurch sie sich besonders auch zum interaktiven Nutzung durch alten Menschen eignen. Dies setzt jedoch voraus, dass soweit Sie den oben skizzierten Nutzungsanforderungen dieser Zielgruppe angepasst werden.

Die nachfolgend beschriebenen Telematik-Anwendungen wurden bereits mit unterschiedlichen Zielsetzung Rahmen der Pflege alter Menschen erprobt und dienen in dieser Arbeit zur Prüfung der Hypothesen. Sie sollen im Folgenden sollen sie definiert und beschrieben werden.

2.2.1 Videotelephonie

Für das Wort „Bildtelephonie“ oder andere artverwandte Begriffe der Videotelephonie sind in der Literatur nur schwer Definitionen zu finden. Das Wort ist eine Zusammensetzung aus den Begriffen Video und Telephonie. In der Literatur tauchen Synonyme wie Bildkommunikation, Videophonie oder Videokommunikation auf, die eine Technik umschreiben, die es ermöglicht, räumlich entfernte Gesprächspartner nicht nur zu hören (wie beim Telefon) sondern auch zu sehen. Ein Fachlexikon der Elektrotechnik der ehemaligen DDR definiert die Videotelephonie folgendermaßen:

„Videotelefonie, Fernsehtelefonie: Fernsprechen über ein (zukünftiges) Fernmeldenetz zur gleichzeitigen Sprach- und Bildübertragung [...]“ (Rohr, Wiele 1983, S. 605)

Ein „Bild“ ist in den Kommunikationswissenschaften ein: „visuelles Zeichen zur Bedeutungsübermittlung in Ausdruck, Aufforderung oder Darstellung unvermittelt durch Mimik, Gestik, Haltung (Körpersprache), vermittelt durch Abbildung oder Aufzeichnung von Umwelt [...]“ (Brockhaus 1998d, S. 317). Ein Bild ist also auch im Sinne eines Eindrucks zu verstehen.

Der Begriff „Video“ dagegen wird folgendermaßen definiert: „[...] lateinisch video >ich sehe< ist ein Wortbildungselement mit der Bedeutung: die Bildaufzeichnung (Magnetband, CD, DVD) betreffend auf das (Fernseh-)bild bezogen, mit einem Bildschirm arbeitend, z. B. Videorekorder, Videokamera. [...]“ (Brockhaus 1998e, S. 286).

Beide Begriffe „Bild“ und „Video“ lassen sich im Sinne der Übertragung nicht von einander abgrenzen. Die Tonübertragung wird mit dem Begriff „Phon“ eingeschlossen.

Der Begriff Bildtelephonie kann also synonym mit dem Begriff Videophonie benutzt werden. Das Wort „Videotelephonie“ trifft nach Meinung des Autors den Aspekt bewegter Bildübertragung besser, so dass diese Bezeichnung innerhalb dieser Arbeit Verwendung finden soll.

Die Bildtelefoniesysteme unterscheiden sich prinzipiell: So gibt es sogenannte „stand alone“ Geräte, die einem Telefon mit Bildschirm gleichen. Es gibt aber auch Komponenten, die einen PC um die Bildkommunikationskomponente erweitern können oder sogenannte Set-Top-Boxen, die es ermöglichen über das herkömmliche TV Gerät zu kommunizieren. Je nach System erfolgt die Bedienung über Tastatur oder Fernbedienung. Auch die Leistungsfähigkeit und die Einzelkomponenten der Systeme variieren. Einige sind geeignet auch Videos zu senden, einige bieten zusätzliche Kameras für Standbilder zur Darstellung von Schriftstücken und einige sind für Videokonferenzen geeignet.

Grundsätzlich muss zwischen einem Videotelephoniedialog und einer Video(telephonie)konferenz unterschieden werden. Mit Hilfe von Videokonferenzen können sich virtuelle Gesprächstreffen bilden. Teilnehmer können einen bestimmten „Host“ anwählen, um dort unter der Leitung eines Moderators an einer Konferenzschaltung teilzunehmen. Der wortführende Gesprächspartner, wird nach drei Sekunden auf allen der Konferenz angeschlossenen Systemen gezeigt. Dies hat den Sinn Nebengeräusche, wie eventuelle kurze verbale Bestätigungen oder Husten eines Teilnehmers nicht als Wortnahme zu deuten und somit ein verwirrendes Umschalten der Bilder zu verhindern.

2.2.2 Internet

Das Wort Internet setzt sich aus zwei Teilbegriffen zusammen, zum einen aus dem Wort „inter“ (lateinisch für „zwischen“) und zum anderen aus dem Wort „net“, der Abkürzung für „networking“ (englisch für „vernetzen“). Im Computerbereich bedeutet der Begriff Internet die Vernetzung zwischen Computernetzen. (vgl. Leustik, Dörr 2002)

Unter dem Internet wird im Allgemeinen ein Informations- und Kommunikationssystem verstanden, welches bekannte Dienste, wie die E-Mail und das World Wide Web (WWW)[9] beinhaltet. Zur Navigation innerhalb des WWWs ist ein sogenannter „Browser“ möglich. Mit diesen Programmen ist es möglich, auf die enthaltenen Informationen aller Art zuzugreifen. Der Zugriff erfolgt z. B. durch Eingabe einer Internetadresse.

Die E-Mail ist als elektronische Post zu bezeichnen. Damit ein Empfänger eine E-Mail erhalten kann, braucht er eine E-Mail-Adresse und damit verbunden, ein sogenanntes elektronisches Postfach. Eine elektronische Nachricht kann kostengünstig an ein anderes Postfach versendet werden. Dies ist innerhalb von kurzer Zeit ausführbar. Die Entfernung spielt hierbei keine Rolle. Eine weltweite Kommunikation mit anderen ist möglich.

Weitere Computerprogramme, die es ermöglichen außerdem mit anderen Nutzern im Internet kommunizieren können, sind z. B. sogenannte Instant Messenger.[10] Mit Hilfe Ihres Einsatzes wird es möglich Nachrichten direkt auszutauschen. Der mit dem Internet verbundene Anwender erhält die entsprechende Nachricht sofort wenn er online ist, ohne zuvor seinen elektronischen Briefkasten geleert zu haben.[11] So wird es möglich ein interaktives Gespräch[12] kostengünstig zu führen Der Partner kann sich an einem anderen weltweit angesiedelten Ort befinden.

Die Entwicklung dieser Programme schreitet stetig voran, so dass mittlerweile auch, bei entsprechendem breitbrandigem Anschluss, zusätzlich hierzu Telephonie und Videotelephonie betrieben werden kann. Sie sind, im Gegensatz zum E-Maildienst, schneller durch Ihre direkte Übermittlung der Nachricht.

Würde man die E-Mail als elektronische Version des normalen Briefes bezeichnen, so könnten die Instant Messenger als elektronisches Telegramm angesehen werden. Nachrichten für den Empfänger sind sofort verfügbar, wenn der Nutzer sich mit dem Internet verbunden und seinen Instant Messenger gestartet hat.

Der Chat oder Chat-Room ermöglicht den Nutzern, an Unterhaltungen mit mehreren Personen gleichzeitig teilzunehmen. Ein Moderator oder hier „SysOP“ (Systemoperator) überwacht die vorher festgelegten, einzuhaltenden Konversationsregeln. Bei einem Verstoß droht dem entsprechenden Teilnehmer die Verbannung aus dem Gesprächskreis.

Des Weiteren gibt es sogenannte Newsgroups. Newsgroups sind Foren. Sie sind i. S. „schwarzer Bretter“ zu verstehen. Hier können Teilnehmende auf Fragen antworten und Fragen stellen. Sie sind oft durch den Namen der Newsgroup an ein vorgegebenes Thema gebunden. Newsgroups gibt es in verschiedenen Sprachen. Es sind z. Z. fast 20.000[13] und das Spektrum ihrer Themengebiete ist weit gestreut. Krankheits-, hobby- und berufsbezogene Foren können abonniert werden. Sie sind durch Vielzahl und Unterschiedlichkeit in der Lage, die Interessen von vielen Menschen zu anzusprechen.

Das Internet bedeutet aber auch die potentielle Vernetzung von vielen unterschiedlichen mikroelektronikbestückten Geräten, die einer internetbasierten Kommunikation fähig sind. Das bedeutet, dass die Nutzung des Internets nicht nur der Nutzung durch PCs vorbehalten ist. Andere Telephoniegeräte z. B. für den IP-fähigen Einsatz funktionieren analog zu Telefonen. Sie nutzen das Internetprotokoll TCP/IP für eine Verbindung. In dieser Form wäre auch eine Nutzung von Videotelephonie denkbar.[14]

2.2.3 Intelligente Haustechnologie / Domotik

Begriffe wie „intelligentes Haus“, „Smart Home“, „intelligenter Haushalt“, „In-House-Vernetzung“ meinen die kommunikative Vernetzung von Geräten und Bereichen im Haushalt mittels zentraler Steuerung (vgl. Meyer et al. 1997, S. 21):

Über eine Zentraleinheit und sogenannte „Aktoren“ und „Sensoren“ kann die elektronische Steuerung und Kontrolle von Einzelmodulen in Bezug auf Sicherheit, Kommunikation, Komfort, Alltagsorganisation, und Ökologie programmiert werden.

In diesem Zusammenhang muss auch der Begriff „Domotik“ erläutert werden. „Domotik“ ist ein Kunstwort und wurde zusammengesetzt aus „Domus“ lateinisch für „Das Haus“ und „Motorik“ (Lehre der Bewegungsfunktionen).Die Technik für Sensoren in Verbindung mit Computersystemen z. B. in der Gebäudeautomatisierung werden mit dem Begriff der Domotik beschrieben. Sensoren messen Daten über Druck, Kraft, Dehnung oder Beschleunigung. Diese werden von einem Modem über ein Bus-System an eine zentrale Stelle, z. B. einem Computer, zugeleitet und von dort ausgewertet.

Als „intelligentes Haus“ bezeichnet man also ein Gebäude oder einen Wohnraum, in dem einzelne Geräte oder Bereiche auf der Basis eines hausinternen, digitalen Kommunikationsnetzes (Bus-System) „intelligent“ miteinander verknüpft und bedarfsgerecht programmiert sind. Über Datenleitungen werden jeweils Informationen gesendet und empfangen, die so einzelnen Modulen oder Geräten Handlungsbefehle geben. Die Möglichkeit zur Kommunikationsaufnahme ist in jedem, am Bus angeschlossenen Gerät, durch Mikroelektronik implementiert (vgl. Meyer, Schulze, Müller 1997, S. 23-29).

Die Kommunikation erfolgt auf zwei Arten:

Zentral: Hierbei erfolgt die Steuerung der Technologie von einem zentralen Rechner aus.

Dezentral: Hierbei ist die „Intelligenz“ auf jedes einzelne am Bus angeschlossene Gerät verteilt.

Die Informationen können auf verschiedenen Wegen transportiert werden:

- Kabelgebundene Wege, wie Stromleitung, Telefonleitung, Koaxialkabel, z. B Fernsehkabel, Glasfaserkabel
- Drahtlose Wege, also über Infrarot- und Radiowellen

Diese Systeme könnten es z.B. ermöglichen, dass Schlösser elektronisch überwacht und zu einprogrammierten Zeiten geöffnet werden. Die intelligente Heizung könnte so programmiert werden, dass – anders als sonst - die Temperatur sinkt, wenn der Befehl „Fenster öffnen“ gegeben wird. Wohnungstüren könnten sich auf den verbalen Befehl des Bewohners „Tür zu“ automatisch schließen, Telefone könnten über Spracheingabe bedient werden uvm.

3. Telematik für alte Menschen

Die vielfältigen, sich ständig weiterentwickelnden telematischen Innovationen im Gesundheitswesen könnten relevant für alle Beteiligten sein, nicht zuletzt auch für den Patienten. Die frühere Bundesgesundheitsministerin Frau Andrea Fischer sprach in ihrer Rede beim Aktionsforum „Telematik im Gesundheitswesen“ von aktiven Patienten, die wissen wollen, was mit ihnen warum gemacht wird und die auf dieser Grundlage eigenständige Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen möchten (vgl. Fischer 1999, S. 12). Telematik-Anwendungen sollten unter anderem nicht zuletzt auch alte Patienten dabei unterstützen, dieses Bedürfnis zu befriedigen.

Der Einsatz der Telematik im Gesundheitswesen scheint sich z. Z. jedoch hauptsächlich an Ärzten und Krankenhäusern zu orientieren (vgl. u. a. Schweikart 1998, S. 91), deren Informationsaustausch u. a. für Kostenabrechnungen im Gesundheitswesen wichtig ist. Die Rolle der Pflege und insbesondere die Bedürfnisse alter Menschen treten häufig nur am Rande in das Bewusstsein der Diskussion.

[...]


[1] empirica Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung mbH

[2] In den Projekten wurde die vorhandene Breitbandtechnologie des rückkanaltauglichen Fernsehkabelnetzes der Nassauischen Heimstätte e. V. in Frankfurt Westhausen genutzt. Die Übertragungsrate der Technologie liegt um ein vielfaches höher als bei ISDN und lässt eine weitaus höhere Übertragungsqualität zu. Sie basiert auf dem internetüblichen TCP/IP Protokoll, allerdings in einem Intranet ohne direkte Verbindungsmöglichkeit in das Internet.

Die Teilnehmer nutzen ihren eigenen Fernseher für die Darstellung des übertragenen Bildes. Für die im Verhältnis zu z. B. einem Computermonitor schlechtere Bildqualität wurden die Inhalte in ihrer Darstellung angepasst.

In Zusammenarbeit mit anderen europaweiten Technikherstellern wurden Geräte, sogenannte Set-Top-Boxen (STB) entwickelt, welche es erlauben, multimediale Anwendungen in das Wohnzimmer der größtenteils älteren Teilnehmer zu transportieren. Die STBs sind mit Videokamera und Mikrofonen ausgestattet und nutzen, wie bereits erwähnt, den vorhanden Fernseher der Teilnehmer als Bildausgabedarstellung.

[3] Hier sei vom Autor noch einmal ausdrücklich angemerkt, dass bei der verwendeten Schreibweise die weiblichen und männlichen Personen gleichermaßen angesprochen sein sollen.

[4] The correct bibliographic citation for the definition is:

Preamble to the Constitution of the World Health Organization as adopted by the International Health Conference, New York, 19-22 June, 1946; signed on 22 July 1946 by the representatives of 61 States (Official Records of the World Health Organization, no. 2, p. 100) and entered into force on 7 April 1948

[5] Eigene Übersetzung.

[6] Das Verständnis zur Telematik in der Pflege, „Telenursing“ oder „Telecare“, wie die Telematik in der Pflege in anderen Ländern genannt wird, ist in Deutschland nicht weit verbreitet. Dies mag u. a. auch mit dem allgemeinen Berufs- aber auch Selbstverständnis der Pflege zusammenhängen, welches hier in Deutschland die Pflege immer noch als „Restkategorie“ im Gesamt der Gesundheitsberufe und deren Aufgaben betrachtet. (vgl. Bartholomeyczik 1993, S. 107)

[7] Da Demenz als ein fortschreitender Prozess bezeichnet werden kann (vgl. Bosch 1998), soll der Begriff „dementierende Menschen“ als Sammelbegriff für die Menschen verwendet werden, welche an einer Demenz erkrankt sind. Der Begriff soll weiterhin alle Formen der Demenz einschließen.

[8] Hier seien als Beispiel die Vernetzung durch Breitbandkabel aufgeführt.

[9] Ältere Dienste wie Archie oder Gopher werden von der breiten Anwendermasse nicht genutzt.

[10] Als Beispiel seien hier ICQ (I seek You) (WWW.ICQ.COM) genannt.

[11] Vgl. hier mit den bekannten SMS Diensten bei Mobiltelefonen.

[12] Unter der zu Hilfenahme einer Tastatur und dem Bildschirm als Ein- und Ausgabeinstrument.

[13] Diese Zahl bezieht sich auf den Newsserver der deutschen Telekom.

[14] Dies passiert auch in den Westhausenener Projekten, allerdings in einem eigenen vom Internet getrennten Breitbandnetz. Es wird jedoch als Basis das TCP/IP Protokoll, wie im Internet genutzt.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832472870
ISBN (Paperback)
9783838672878
DOI
10.3239/9783832472870
Dateigröße
1002 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main – Soziale Arbeit und Gesundheit, Pflege
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
telemedizin ethik telepflege kontrolle aedl
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Titel: Telematik in der Pflege alter Menschen
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