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Die Vorteilhaftigkeit der vertikalen Integration von Touristikkonzernen

Eine transaktionskostentheoretische Analyse am Beispiel der Flugzeugflotten

©2003 Diplomarbeit 53 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit Ende der Neunzigerjahre gibt es in der deutschen und europäischen Reiseveranstalter-Branche einen zunehmenden Trend zu horizontaler und vertikaler Integration. Neben der Übernahme anderer Reiseveranstalter werden vermehrt vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufen, wie Hotels, Zielgebietsagenturen, Fluggesellschaften, Reisebüros und Reiseversicherer eingegliedert.
Bei Flugpauschalreisen ist ein Reiseveranstalter für die Beförderung der Urlauber in die jeweiligen Zielgebiete verantwortlich, wobei er seine Kunden von konzernunabhängigen Charterfluggesellschaften, Kooperationspartnern oder eigenen Flugzeugen in die Urlaubsgebiete transportieren lassen kann.
So befördert beispielsweise der Reiseveranstalter Öger Tours seine Kunden mit der konzernunabhängigen Fluggesellschaft Aero Lloyd, Rewe-Touristik transportiert seine Urlauber mittels seines Kooperationspartners LTU International Airways und TUI fliegt seine Gäste u.a. mit der konzerneigenen Fluggesellschaft Hapag-Lloyd in die jeweiligen Urlaubsgebiete.
Soll der Transport der Reisenden mit konzerneigenen Flugzeugen erfolgen, muss ein Reiseveranstalter eine Fluggesellschaft integrieren.
Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, ob für einen Reiseveranstalter die Integration einer Fluggesellschaft unter transaktionskostentheoretischen Gesichtspunkten vorteilhaft ist. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen:
In den Kapiteln 2, 3 und 4 wird untersucht, welche Transaktionskostenvor- bzw. -nachteile die interne Organisation im Rahmen der Vertrags-, Organisations- und Steuerungskosten gegenüber dem Markt und der Kooperation aufweist. Dabei werden die Transaktionskostenvor- und -nachteile danach beurteilt, in welchem Maße sie die Rentabilität der Integration beeinflussen.
In Kapitel 5 werden anschließend zusammenfassend alle analysierten Transaktionskostenvorteile der internen Organisation den Transaktionskostennachteilen gegenübergestellt.
Die Akquisition einer Fluggesellschaft erweist sich als vorteilhaft, wenn die interne Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation Transaktionskostenvorteile besitzt, die über die Kosten der Integration, bestehend aus Transaktionskostennachteilen und Investitionssumme, hinausgehen.
Bei der Analyse wird sich ausschließlich auf den deutschen Reiseveranstalter-Markt beschränkt, da sich eine Untersuchung mehrerer Länder als zu umfangreich erweisen würde.
Im Folgenden wird von „Reiseveranstalter“ gesprochen, wenn es sich […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

Kapitel 1: Einleitung

Kapitel 2: Vertragskosten
2.1 Vertragskonzeption
2.2 Vertragsrevision

Kapitel 3: Organisationskosten
3.1 Organisationsstruktur
3.2 Personalmanagement

Kapitel 4: Steuerungskosten
4.1 Auslastungsmanagement
4.2 Qualitätsmanagement

Kapitel 5: Zusammenfassung

ANHANG: Gesprächsprotokoll Herr Baake

LITERATURVERZEICHNIS

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Funktionale Organisationsstruktur eines Reiseveranstalters, der eine Kooperation mit einer Fluggesellschaft eingeht

Abbildung 2: Organisationsstruktur eines Touristikkonzerns, der eine Fluggesellschaft als eigenständigen Unternehmensbereich angliedert

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Im Rahmen der Vertragskosten anfallende Transaktionskostenvor- und ‑nachteile der internen Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation

Tabelle 2: Im Rahmen der Organisationskosten anfallende Transaktionskostenvor- und ‑nachteile der internen Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation

Tabelle 3: Im Rahmen der Steuerungskosten anfallende Transaktionskostenvor- und ‑nachteile der internen Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation

Tabelle 4: Zusammenfassende Darstellung der Transaktionskostenvor- und ‑nachteile der internen Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation

Tabelle 5: Vergleich der Transaktionskostenvor- und -nachteile der internen Organisation unter Berücksichtigung des zeitlichen Aspekts und der Transaktionskostenhöhe

Tabelle 6: Vergleich der Transaktionskostenvor- und -nachteile, die maßgeblich die Rentabilität der Integration beeinflussen

Kapitel 1: Einleitung

Seit Ende der Neunzigerjahre gibt es in der deutschen und europäischen Reiseveranstalter-Branche einen zunehmenden Trend zu horizontaler und vertikaler Integration.[1] Neben der Übernahme anderer Reiseveranstalter werden vermehrt vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufen, wie Hotels, Zielgebietsagenturen, Fluggesellschaften, Reisebüros und Reiseversicherer eingegliedert.[2]

Bei Flugpauschalreisen ist ein Reiseveranstalter für die Beförderung der Urlauber in die jeweiligen Zielgebiete verantwortlich, wobei er seine Kunden von konzernunabhängigen Charterfluggesellschaften, Kooperationspartnern oder eigenen Flugzeugen in die Urlaubsgebiete transportieren lassen kann.

So befördert beispielsweise der Reiseveranstalter Öger Tours seine Kunden mit der konzernunabhängigen Fluggesellschaft Aero Lloyd,[3] Rewe-Touristik transportiert seine Urlauber mittels seines Kooperationspartners LTU International Airways[4] und TUI fliegt seine Gäste u.a. mit der konzerneigenen Fluggesellschaft Hapag-Lloyd in die jeweiligen Urlaubs­gebiete.[5]

Soll der Transport der Reisenden mit konzerneigenen Flugzeugen erfolgen, muss ein Reiseveranstalter eine Fluggesellschaft integrieren.

Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, ob für einen Reiseveranstalter die Integration einer Fluggesellschaft unter transaktionskostentheoretischen Gesichtspunkten vorteilhaft ist. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen:

In den Kapiteln 2, 3 und 4 wird untersucht, welche Transaktionskostenvor- bzw. ‑nachteile die interne Organisation[6] im Rahmen der Vertrags-, Organisations- und Steuerungskosten gegenüber dem Markt und der Kooperation aufweist. Dabei werden die Transaktionskostenvor- und ‑nachteile danach beurteilt, in welchem Maße sie die Rentabilität der Integration beeinflussen.

In Kapitel 5 werden anschließend zusammenfassend alle analysierten Transaktionskostenvorteile der internen Organisation den Transaktionskostennachteilen gegenübergestellt.

Die Akquisition einer Fluggesellschaft erweist sich als vorteilhaft, wenn die interne Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation Transaktionskostenvorteile besitzt, die über die Kosten der Integration, bestehend aus Transaktionskostennachteilen und Investitionssumme, hinausgehen.[7]

Bei der Analyse wird sich ausschließlich auf den deutschen Reiseveranstalter-Markt beschränkt, da sich eine Untersuchung mehrerer Länder als zu umfangreich erweisen würde.

Im Folgenden wird von „Reiseveranstalter“ gesprochen, wenn es sich um ein nicht-integriertes Unternehmen handelt, d.h., wenn ein Reiseveranstalter seine Flugkapazitäten über den Markt oder von einem Kooperationspartner bezieht. Der Begriff „Touristikkonzern“ wird verwendet, wenn auf einen Reiseveranstalter Bezug genommen wird, der über eine eigene Flugzeugflotte verfügt.[8]

Kapitel 2:Vertragskosten

Je nachdem, ob ein Reiseveranstalter sich entschließt, seine Kunden durch eine unabhängige Charterfluggesellschaft, einen Kooperationspartner oder eine eigene Fluggesellschaft zu befördern, wird ein Charter‑, Kooperations‑ oder Kaufvertrag für die Unternehmensübernahme abgeschlossen. Die Transaktionskosten, die beim Abschluss dieser Verträge anfallen, werden als Vertragskosten bezeichnet.

2.1 Vertragskonzeption

Im Folgenden wird untersucht, welche kurz- und langfristigen Vertragskosten in Form von Such-, Informations- und Vertragsverhandlungskosten bei der Suche nach einem Geschäftspartner anfallen. Dabei entstehen kurzfristige Vertragskosten, wenn es sich um den Erstabschluss eines Vertrages handelt und langfristige Vertragskosten, wenn wiederholt mit einem Geschäftspartner eine Vertragsbeziehung eingegangen wird.

Ein Reiseveranstalter hat die Wahl, seine Kapazitäten von konzern­unabhängigen Fluggesellschaften wie Air Berlin, Aero Lloyd, Germania oder Hamburg International zu beziehen oder auf die konzernabhängigen Fluggesellschaften Hapag-Lloyd (TUI), Thomas Cook Airlines[9] oder LTU (Rewe-Touristik) zu zugreifen. Außerdem stehen einem Reiseveranstalter ausländische Fluggesellschaften zur Verfügung. Dabei sind hier beispielhaft Air Malta, Dutch Bird, Royal Air Maroc und Spanair aufgeführt.[10] Aufgrund der vielen Anbieter erweist sich die Suche nach einem Geschäftspartner als nicht sehr problematisch.[11]

Ist ein passender Marktpartner identifiziert, werden allgemeine Regelungen zur Zahlungsabwicklung, Haftung bei Leistungsmängeln, Kündigungsmöglichkeiten etc. in einem Rahmenvertrag festgehalten, wobei ein weitgehend standardisierter Vertrag zwischen Vertretern deutscher Reiseveranstalter und Charterfluggesellschaften ausgehandelt wurde.[12] Für die einzelnen Flüge bzw. für Flugketten[13] werden Einzelverträge abgeschlossen,[14] die Angaben bezüglich der Größen der Flugkontingente, Flugtage, Flugstrecken, Flugzeugtypen und Preise enthalten.[15]

Durch den weitgehend standardisierten Chartervertrag fallen bei erstmaligem Abschluss eines Chartervertrages nur geringe bis mittlere Vertragskosten in Form von Such-, Informations- und Vertragsverhandlungskosten an. Vertragsverhandlungskosten entstehen durch die Vorbereitung der Vertragsverhandlung, durch die Vertragsverhandlung selbst und durch die Vertragsgestaltung.

Charterverträge werden jeweils zur Sommer- und Wintersaison zwischen Reiseveranstalter und Fluggesellschaft ausgehandelt.[16] Die im Verlauf dieser regelmäßigen Vertragsabschlüsse gewonnen Erfahrungen und Kenntnisse verkürzen bei wiederholtem Vertragsabschluss mit dem gleichen Vertragspartner die Verhandlungsdauer. Der Reiseveranstalter Alltours beispielsweise bezieht seine Kapazitäten schon seit mehreren Jahren von Air Berlin,[17] was zur Folge hat, dass langfristig nur noch geringe Vertragskosten anfallen.[18]

Alternativ zum Erwerb über den Markt kann ein Reiseveranstalter seine Flugkontingente von einem Kooperationspartner beziehen.[19] Dabei können Reiseveranstalter und Fluggesellschaft eine Kooperation in Form einer einfachen Absprache, eines langfristigen Vertrages sowie einer einseitigen oder beidseitigen Kapitalbeteiligung vereinbaren.[20]

Durch eine Kooperation sichert sich ein Reiseveranstalter langfristig Flugkapazitäten.[21] Für eine Fluggesellschaft dagegen besteht die Möglichkeit, die Auslastung ihrer Flugzeuge zu erhöhen.[22] Damit beide Vertragsparteien Kalkulationssicherheit erreichen, werden langfristige Abnahmegarantien vereinbart.[23]

Als Beispiel für Kooperationen können TUI und Rewe-Touristik genannt werden. Während TUI für den Transport seiner belgischen Kunden mit der Fluggesellschaft Sobelair einen Sechs-Jahresvertrag abschloss,[24] erwarb Rewe-Touristik 40% an der LTU International Airways.[25]

Ist ein Reiseveranstalter bestrebt, einen langfristigen Vertrag mit einer Fluggesellschaft abzuschließen oder sich an einer Fluggesellschaft zu beteiligen, sind genaue Analysen potenzieller Kooperationspartner erforderlich. Denn es besteht die Gefahr, dass sich eine Fluggesellschaft durch eine Kooperation spezifisches Wissen ihres Geschäftspartners aneignet und später selbst in dessen Stammgeschäft diversifiziert.[26]

Die Fluggesellschaft LTU etwa erwarb bereits 1969 mehrere Reiseveranstalter und entwickelte sich bis 1996 mit ihren Veranstalter-Marken Jahn-Reisen, Meier´s Weltreisen, THR Tours, Tjaereborg und Transair zum drittgrößten deutschen Reiseveranstalter.[27]

Ist ein geeigneter Kooperationspartner gefunden, wird ein Kooperationsvertrag geschlossen, dessen Abschluss sich angesichts der Individualität schwieriger gestaltet als der eines standardisierten Chartervertrages.

Genaue Analysen potenzieller Kooperationspartner und die Komplexität des Vertragsabschlusses verursachen hohe Vertragskosten in Form von Such-, Informations- und Vertragsverhandlungskosten.

Langfristig entstehen jedoch lediglich geringe Vertragskosten, da nach Abschluss eines Kooperationsvertrages nur wenige Einzelverträge mit anderen Fluggesellschaften ausgehandelt werden müssen.

Der Abschluss von Einzelverträgen ist nötig, da einige bilaterale Abkommen mit Nicht-EU-Ländern vorschreiben, dass ein bestimmter Anteil der Urlauber mit Fluggesellschaften des Ziellandes befördert werden muss. So ist Thomas Cook bei seinen Tunesien-Reisen verpflichtet, einen gewissen Anteil seiner Kontingente von Tunis Air zu beziehen.[28]

Genauso komplex wie der Abschluss eines Kooperationsvertrages gestaltet sich die Ausfertigung eines Kaufvertrages zur Übernahme einer Fluggesellschaft.[29] Es fallen daher hohe Vertragskosten an. Vor allem entstehen Kosten für die Unternehmensbewertung des Kaufobjektes (Due Diligence) sowie Kosten durch umfassende Vertragsverhandlungen und detaillierte Vertragsgestaltung.[30]

Ein Reiseveranstalter ist dabei bemüht, einen möglichst vollständigen Kaufvertrag abzuschließen, da eine Unternehmensübernahme mit hohen Kosten verbunden ist.[31] TUI (damals noch Preussag AG) bezahlte z.B. 1997 für die Übernahme von Hapag-Lloyd ca. 1,43 Mrd. Euro.[32]

Das Formulieren vollständiger Verträge ist jedoch nicht möglich, da die Vertragspartner aufgrund begrenzter Rationalität[33] nicht alle Umwelteinflüsse in ihren Verträgen berücksichtigen können.[34] Da die Vertragsgestaltung und Unternehmensbewertung i.d.R. nicht von dem Reiseveranstalter selbst durchgeführt werden können, fallen weitere Kosten für externe Berater an.[35]

Ist der Kaufvertrag lückenhaft, besteht die Gefahr, dass sich die Verkäufer einer Fluggesellschaft opportunistisch verhalten.[36] Zum Beispiel können die Eigentümer versuchen, einen höheren Preis für ihr Unternehmen zu erzielen, indem sie nur unzureichendes Zahlenmaterial bereitstellen und damit eine detaillierte Unternehmensanalyse erschweren.[37]

Nach der Integration hingegen fallen nur noch geringe Vertragskosten an. Denn wie bei der Kooperation muss ein Touristikkonzern nur im Falle besonderer bilateraler Abkommen einen kleinen Teil seiner Kapazitäten von konzernfremden Fluggesellschaften beziehen.[38]

Da die Ausfertigung eines Chartervertrages wegen seiner weitgehenden Standardisierung weniger komplex ist als der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung oder die Ausfertigung eines Kaufvertrages, besitzt der Markt gegenüber der Kooperation und der internen Organisation einen Transaktionskostenvorteil. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass dieser Transaktionskostenvorteil lediglich einmalig entsteht und daher die Rentabilität der Integration tendenziell nur geringfügig beeinflusst.

Nach Abschluss eines Kaufvertrages bzw. nach Vereinbarung einer Kooperation fallen bei der internen Organisation bzw. Kooperation nur noch geringe Vertragskosten an. Ein Reiseveranstalter, der seine Kapazitäten über den Markt erwirbt, muss hingegen jede Saison erneut Charterverträge abschließen.

Unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Vertragskosten ergibt sich folglich für die Kooperation und die interne Organisation ein Transaktionskostenvorteil gegenüber dem Markt. Da davon auszugehen ist, dass die langfristigen Vertragskosten des Marktes mit zunehmender Häufigkeit der Vertragsabschlüsse sinken, ist dieser Transaktionskostenvorteil tendenziell gering.

2.2 Vertragsrevision

Obwohl Reiseveranstalter und Fluggesellschaft bemüht sind, möglichst vollständige Verträge abzuschließen, kann es vorkommen, dass Vertragsanpassungen vorgenommen werden müssen.[39]

Beispielsweise machte der dritte Irak-Krieg Vertragsan­passun­gen erforderlich. Da die Nachfrage nach Pauschalreisen u.a. in den Nahen Osten und in die Türkei in dieser Zeit einbrach, mussten Reiseveranstalter und Fluggesellschaften über alternative Zielgebiete, Flugrouten und Kontingentgrößen verhandeln.[40]

Erfolgt die Anpassung eines Charter- bzw. Kooperationsvertrages relativ schnell, entstehen lediglich geringe Vertragskosten in Form von Vertragsanpassungskosten (“kooperative Anpassung“).[41]

Schätzen jedoch Reiseveranstalter und Fluggesellschaft Umweltsituationen unterschiedlich ein, fallen hohe Vertragsanpassungskosten in Form von Verhandlungs-, Koordinations- und Kompromisskosten an.[42]

So könnte sich Aero Lloyd beispielsweise weigern, wegen des Irak-Krieges ausgesetzte Flüge wieder in die süd-östliche Türkei aufzunehmen, da das Unternehmen die Region noch als zu instabil einschätzt. Öger Tours dagegen könnte bestrebt sein, möglichst schnell wieder Urlauber in diese Region fliegen zu lassen, da der Reiseveranstalter die Lage als stabil beurteilt.

Im Gegensatz zum Markt und zur Kooperation sind in einem Touristikkonzern keine Vertragsanpassungen nötig.[43] Vielmehr werden Anpassungsmaßnahmen durch die Unternehmensleitung per Anweisung vorgenommen.[44]

Folglich besitzt die interne Organisation einen dauerhaften Transaktions­kostenvorteil in Form von nicht anfallenden Vertragsanpassungskosten. Die Höhe dieses Transaktionskostenvorteils ist davon abhängig, wie schnell die Markt- bzw. Kooperationspartner ihre Verträge anpassen.

Unter der Annahme, dass beide Vertragsparteien sich im Interesse der Fortführung ihrer Geschäftsbeziehung kooperativ verhalten, ist davon auszugehen, dass i.d.R. Vertragsanpassungen relativ schnell vorgenom­men werden. Der Transaktionskostenvorteil der internen Organisation ist daher eher gering.

Im Rahmen einer Geschäftsbeziehung besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dass ein Geschäftspartner Vertragslücken zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt (Hold-up).[45]

Zu einer Hold-up-Situation kam es vor einigen Jahren zwischen dem Reiseveranstalter Alltours und der Fluggesellschaft Aero Lloyd. Alltours konnte wegen eines unvollständigen Chartervertrages sämtliche Kontingente an Aero Lloyd zurückgeben, als der Reiseveranstalter einen günstigeren Anbieter gefunden hatte. Aero Lloyd entstanden dadurch hohe Kosten, da angesichts der Kurzfristigkeit der Kontingentrückgabe keine anderen Abnehmer gefunden werden konnten.[46]

Da Vertragslücken nicht nur von einem Reiseveranstalter, sondern auch von einer Fluggesellschaft ausgenutzt werden können, sollte sich ein Reiseveranstalter gegen opportunistisches Verhalten absichern.[47] Dabei hat er die drei folgenden Alternativen:

Zum einen kann er versuchen, möglichst vollständige Verträge abzu­schließen, wobei Vertragsabsicherungskosten in Form von Vertragsgestaltungskosten anfallen.

Zum anderen kann ein Reiseveranstalter sein Lieferungsrisiko streuen, indem er Kapazitäten nicht nur von einer Flugge­sellschaft bezieht, sondern von mehreren (Multiple Sourcing).[48] Allerdings entstehen dadurch Vertragsabsicherungskosten in Form von zusätzlichen Koordinationskosten und geringeren Skalenerträgen (Economies of Scale).[49] So bezieht Alltours z.B. nicht nur von seinem Hauptcarrier Air Berlin seine Kontingente, sondern auch von Aero Lloyd, Hapag-Lloyd, LTU und Thomas Cook Airlines.[50]

Als dritte Alternative kann ein Reiseveranstalter die Wahrscheinlichkeit opportu­nistischen Verhaltens durch die Wahl einer renommierten Fluggesellschaft reduzieren.[51] Wird in der Reisebranche bekannt, dass sich eine Fluggesell­schaft opportunistisch verhält, muss sie damit rechnen, bei zu­künftigen Geschäften nicht mehr berücksichtigt zu werden, oder es entste­hen ihr bei zukünftigen Vertragsabschlüssen höhere Kosten, da sie Si­cherheiten stellen muss.[52] Allerdings verursacht die Wahl einer re­nommierten Fluggesellschaft Vertragsabsicherungskosten durch höhere Kontingent­preise.

Im Vergleich zum Markt und zur Kooperation fallen bei der internen Organisation keine Vertragsabsicherungs­kosten an.

Durch die Integration erhöht sich allerdings die Gefahr, dass sich Mitarbeiter opportunistisch verhalten, da die Unternehmensabläufe komplexer werden und die Mitarbeiter einfacher ihre persönlichen Ziele unentdeckt verfolgen können (Moral Hazard).[53]

Aufgrund dieser gestiege­nen Gefahr opportunistischen Verhaltens müssen umfassende Mitarbei­terkontrollen durchgeführt werden (Monitoring),[54] wodurch hohe Kontroll­kosten anfallen.[55]

An dieser Stelle ist die Frage zu klären, welche Vertragskosten am höchsten sind: die Vertragsabsicherungskosten des Marktes, die Vertragsabsicherungs­kosten der Kooperation oder die Kontrollkosten der internen Organisation.

Im Gegensatz zur internen Organisation ist bei der marktlichen Koordina­tion die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sich eine Fluggesellschaft op­portunistisch verhält, da durch die hohe Wettbewerbsintensität auf dem Chartermarkt,[56] die weitgehend standardisierten Charterverträge und die relativ kurzen Vertragslaufzeiten ein Vertrags­partner ohne große Schwierigkeiten gewechselt werden kann.[57]

Die Ver­tragsabsicherungskosten des Marktes sind folglich geringer als die Kon­trollkosten der internen Organisation.

Bei der Kooperation dagegen ist die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens höher, da ein Wechsel des Geschäftspartners angesichts des langfristigen Kooperationsvertrages nicht ohne weiteres möglich ist.

Die Vertragsabsicherungskosten bewegen sich daher über dem Niveau des Marktes. Sie werden sich jedoch unter dem Niveau der Kontrollkosten der internen Organisation befinden, da eine Fluggesellschaft i.d.R. an einer Vertragsverlängerung interessiert ist und ihr Verhalten dementsprechend anpassen wird.

Der Markt weist folglich einen dauerhaften Transaktionskostenvorteil in Form von geringeren Vertragsabsicherungskosten auf.[58] Tendenziell ist dieser Transaktionskostenvorteil gering, da trotz niedrigerer Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens nicht vollständig auf die Absicherung von Verträgen verzichtet werden kann.

Hält sich ein Markt- oder Kooperationspartner nicht an Verträge, können Gerichte zur Durchsetzung der vertraglichen An­sprüche angerufen werden.[59] Allerdings ist es mit Kosten verbunden, ein Gericht über ein Vertragsproblem zu informieren.[60] Zudem könnte es ei­nem Gericht Schwierigkeiten bereiten, den wahren Sachverhalt einer Streitfrage festzustellen.[61] Beispielsweise könnten die Qualität der erbrach­ten Beförderungsleistung oder die Anstrengungen für die Entwicklung eines gemeinsamen Buchungs- oder Kapazitätsmanagementsystems nur schwer oder gar nicht zu ermitteln sein.[62]

Folglich ist die Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen mit hohen Vertragsdurchsetzungskosten in Form von Beweisführungskosten, Anwalts- und Gerichtskosten verbun­den.

Das Problem der Vertragsdurchsetzung entsteht hingegen bei einem Touristikkon­zern nicht. Streitigkeiten werden nicht von Gerichten gelöst, sondern von der Unternehmensleitung oder den jeweiligen Vorgesetzten.[63]

In einem Touristikkonzern fallen folglich keine Vertragskosten in Form von Ver­tragsdurchsetzungskosten an.

Demnach besitzt die interne Organisation gegenüber dem Markt und der Kooperation einen Transaktionskostenvorteil. Diesem Transaktions­kostenvorteil sollte als Entscheidungskriterium für die Vorteilhaftigkeit der Integ­ration nur geringes Gewicht beigemessen werden, da Vertrags­durchsetzungskosten bei der marktlichen Koordination und der Kooperation nicht regelmäßig anfallen.

[...]


[1] Vgl. Kirstges (2000), S. 34, Mundt (2000), S. 32 und Pompl (2002b), S. 37.

[2] Vgl. Freyer (2000), S. 36.

[3] Vgl. ÖGER TOURS (2003).

[4] Vgl. REWE (2003).

[5] Vgl. TUI (2003).

[6] WILLIAMSON bezeichnet die Koordinationsform der internen Organisation als „internal organization“ oder „hierarchy“ (WILLIAMSON (1975), S. 9).

[7] Vgl. JONES / HILL (1988), S. 163.

[8] Vgl. LUFT (1996), S. 125.

[9] Thomas Cook Airlines war vorher Condor.

[10] Vgl. THOMAS COOK (2003), S. 14.

[11] Vgl. Führich (2000), S. 156 und Kirstges (2000), S. 235.

[12] Vgl. Pompl (1997), S. 218 f.

[13] Flugketten sind während einer Saison regelmäßig stattfindende Charterflüge in die gleichen Zielgebiete (vgl. HOFMANN (2000b), S. 156).

[14] Vgl. Pompl (1997), S. 218.

[15] Vgl. Gansfort (1991), S. 78 und Schwenk (o.J.), S. 23 f., Randnr. 78.

[16] Vgl. HOFMANN (2000b), S. 149 und POML / DREYER (1997), S. 301.

[17] Vgl. ALLTOURS (2002).

[18] Vgl. Williamson (1979), S. 240.

[19] Vgl. ALCHIAN (1984), S. 37.

[20] Vgl. KLEIN (1996), S. 446 und MÜLLER-STEWENS / LECHNER (2001), S. 222.

[21] Vgl. DETTMER (2001), S. 65 und HARRIGAN (1985), S. 402.

[22] Vgl. BORYS / JEMISON (1989), S. 241 und STERZENBACH (1996), S. 56.

[23] Vgl. POMPL (2000), S. 111.

[24] Vgl. BERNINGER (2001).

[25] Vgl. Steinbach (2003), S. 94.

[26] Vgl. MÜLLER-STEWENS / LECHNER (2001), S. 221.

[27] Vgl. POMPL (1998), S. 119.

[28] Vgl. BAAKE (2003), Anhang, S. IV f.

[29] Vgl. Klein (1996), S. 447, Searby (1969), S. 5 und WILLIAMSON (1981a), S. 553.

[30] Vgl. LEIGHTON / TOD (1969), S. 93 f. und OUCHI (1980), S. 130 f.

[31] Vgl. Ouchi (1980), S. 131.

[32] Vgl. o.V. (1998), S. 47.

[33] Vgl. WILLIAMSON (1981a), S. 554.

[34] Vgl. Grossmann / Hart (1986), S. 696 und Williamson (1979), S. 237.

[35] Vgl. Ottersbach / Kolbe (1990), S. 147 und Ouchi (1980), S. 131.

[36] Vgl. WILLIAMSON (1975), S. 75.

[37] Vgl. Ottersbach / Kolbe (1990), S. 141.

[38] Vgl. BAAKE (2003), Anhang, S. IV f.

[39] Vgl. Williamson (1989), S. 139 f.

[40] Vgl. LINDNER / REUTER (2003), S. 14 und BAAKE (2003), Anhang, S. VI f.

[41] Wielenberg (1999), S. 309.

[42] Vgl. MÜLLER-STEWENS / LECHNER (2001), S. 220 f.

[43] Vgl. Simon (1991), S. 31.

[44] Vgl. Williamson (1991a), S. 280.

[45] Vgl. KLEIN (1996), S. 444 f.

[46] Vgl. BAAKE (2003), Anhang, S. VI.

[47] Vgl. ALCHIAN (1984), S. 37.

[48] Vgl. ARNOLD (1995), S. 93 und Thorelli (1986), S. 38.

[49] Vgl. WILLIAMSON (1989), S. 150 f.

[50] Vgl. ALLTOURS (2003).

[51] Vgl. TIROLE (1995), S. 79 f., Williamson (1991a), S. 291 und WINDSPERGER (1996b), S. 970.

[52] Vgl. Klein (1996), S. 449.

[53] Vgl. Ouchi (1980), S. 130, WILLIAMSON (1975), S. 98 f. und WINDSPERGER (1996a), S. 89.

[54] Vgl. Williamson (1991a), S. 280.

[55] Vgl. Alchian / Demsetz (1972), S. 780 und BARZEL (1982), S. 40.

[56] Vgl. HOFMANN (2000a), S. 125 und MUNDT (2002), S. 133.

[57] Vgl. WILLIAMSON (1979), S. 249.

[58] Vgl. Williamson (1991b), S. 83.

[59] Vgl. WILLIAMSON (1975), S. 101.

[60] Vgl. WILLIAMSON (1975), S. 31.

[61] Vgl. Hart (1987), S. 754 und TEECE (1976), S. 31.

[62] Vgl. Wielenberg (1999), S. 307.

[63] Vgl. WILLIAMSON (1991a), S. 275.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832472702
ISBN (Paperback)
9783838672700
DOI
10.3239/9783832472702
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – Betriebswirtschaftslehre, Organisation und Personalwesen
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
transaktionskosten reiseveranstalter tourismus strategie unternehmensintegration
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