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Betriebswirtschaftliche und technologische Aspekte der Kooperation in virtuellen Unternehmen

©2003 Diplomarbeit 182 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Diese Arbeit vermittelt einen umfassenden Überblick über Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht und zeigt darauf aufbauend technologische Aspekte dieser interorganisationalen Kooperationsform auf. Sie ist wie folgt gegliedert:
Im ersten Teil werden Virtuelle Unternehmen aus der Sicht der Betriebswirtschaftslehre dargestellt. Nach Klärung der Definitionsmerkmale von Virtuellen Unternehmen werden zentrale Charakteristika dieser Kooperationsform aufgezeigt und die verbreitetsten wissenschaftlichen Konzepte und Ansätze vorgestellt. Im Anschluss an die Diskussion rechtlicher Gesichtspunkte und Unklarheiten schließt das Kapitel mit drei Beispielen realer, überaus erfolgreicher Virtueller Unternehmen.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit den technologischen Aspekten der Kooperation in der operativen Phase, der Phase der eigentlichen Zusammenarbeit. Zunächst werden ausgewählte Formate, Standards und Protokolle, die für den Einsatz in Virtuellen Unternehmen geeignet erscheinen, in ihrer grundsätzlichen Funktionsweise beschrieben. Der Schwerpunkt der getroffenen Auswahl liegt auf neueren Entwicklungen, die auf der Extensible Markup Language (XML) basieren. Die Eignung für Virtuelle Unternehmen wird jeweils anhand eines Anforderungsprofils, das auf den Erkenntnissen aus dem ersten Teil aufbaut, überprüft. Zum Abschluss des Kapitels werden ausgewählte Technologien (Workflow Management Systeme, Groupware, B2B Integration-Lösungen und Grid Computing) im Hinblick auf ihre Einsatzmöglichkeiten in Virtuellen Unternehmen charakterisiert.
Das abschließende Fazit stellt zusammenfassend dar, wie sich das Konzept des Virtuellen Unternehmens seit seiner Entstehung entwickelt hat und wie parallel dazu die technologischen Realisierungsmöglichkeiten zugenommen haben. Abschließend wird ein kurzer Ausblick auf die weitere Entwicklung gegeben.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisI
AbkürzungsverzeichnisIII
SymbolverzeichnisVII
AbbildungsverzeichnisVIII
TabellenverzeichnisIX
1.Einleitung1
2.Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht4
2.1Grundlagen4
2.1.1Begriffsursprung und Entstehung des Konzeptes4
2.1.2Definitionen5
2.1.3Theoretische Fundierung13
2.2Abgrenzung gegenüber anderen Kooperationsformen16
2.3Grundlagen für die Entstehung und die Gestalt Virtueller Unternehmen19
2.3.1Fördernde Faktoren19
2.3.2Hemmende Faktoren21
2.4Die Rolle des Brokers23
2.5Typisierung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7219
Uebler, Harald: Betriebswirtschaftliche und technologische Aspekte der Kooperation in
virtuellen Unternehmen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität Passau, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis... I
Abkürzungsverzeichnis ... III
Symbolverzeichnis ...VII
Abbildungsverzeichnis ...VIII
Tabellenverzeichnis ...IX
1.
Einleitung ... 1
2.
Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht ... 4
2.1
Grundlagen ... 4
2.1.1
Begriffsursprung und Entstehung des Konzeptes ... 4
2.1.2
Definitionen ... 5
2.1.3
Theoretische Fundierung... 13
2.2
Abgrenzung gegenüber anderen Kooperationsformen ... 16
2.3
Grundlagen für die Entstehung und die Gestalt Virtueller
Unternehmen ... 19
2.3.1
Fördernde Faktoren... 19
2.3.2
Hemmende Faktoren... 21
2.4
Die Rolle des Brokers ... 23
2.5
Typisierung Virtueller Unternehmen ... 24
2.6
Grad der Virtualisierung ... 28
2.7
Lebenszyklusphasen Virtueller Unternehmen... 32
2.7.1
Identifikationsphase... 33
2.7.2
Anbahnungsphase ... 33
2.7.3
Vereinbarungsphase ... 35
2.7.4
Operative Phase... 37
2.7.5
Auflösungsphase... 39
2.8
Geschäftsprozesse in Virtuellen Unternehmen... 40
2.9
Vor- und Nachteile der Kooperation in Virtuellen Unternehmen . 42
2.10 Rechtliche Aspekte ... 48
2.11 Beispiele Virtueller Unternehmen ... 52
2.11.1 Klondyke Crossmedia GmbH ... 52
2.11.2 Puma AG ... 54
2.11.3 Entsorgernetzwerk Logex ... 57

Inhaltsverzeichnis
II
3.
Technologische Aspekte der Kooperation in der operativen
Lebenszyklusphase... 60
3.1
Ausgewählte Formate, Standards und Protokolle... 60
3.1.1
Elektronischer Datenaustausch ohne XML... 63
3.1.1.1
EDI und verwandte Standards... 63
3.1.1.2
J2EE... 68
3.1.1.3
CORBA ... 70
3.1.2
Elektronischer Datenaustausch auf XML-Basis... 75
3.1.2.1
XML-Grundlagen ... 75
3.1.2.2
XML/EDI ... 81
3.1.2.3
xCBL ... 86
3.1.2.4
cXML ... 90
3.1.2.5
BizTalk ... 92
3.1.2.6
RosettaNet ... 96
3.1.2.7
ebXML ... 99
3.1.3
Web Services ... 107
3.1.3.1
Grundlagen... 107
3.1.3.2
SOAP ... 109
3.1.3.3
WSDL ... 111
3.1.3.4
UDDI ... 113
3.1.3.5
BPEL4WS ... 115
3.1.3.6
Probleme und fehlende Features ... 119
3.1.3.7
Zukünftige Entwicklung ... 120
3.1.3.8
Web Services und Virtuelle Unternehmen... 121
3.2
Ausgewählte Technologien... 125
3.2.1
Workflow-Management-Systeme ... 125
3.2.2
Groupware und virtuelle Teamarbeitsräume ... 130
3.2.3
B2B Integration-Lösungen... 136
3.2.4
Grid Computing ... 142
4.
Fazit und Ausblick ... 148
Literaturverzeichnis ...X

Abkürzungsverzeichnis
III
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
ANSI
American
National
Standards
Institute
API
Application
Programming
Interface
ASC
Accredited
Standards
Committee
ASP
Application
Service
Providing
B2B
Business
to
Business
B2Bi
Business
to
Business
Integration
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BMWA
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
BPEL
Business Process Execution Language
BPEL4WS
Business Process Execution Language for Web
Services
BSR
Basic
Semantic
Repository
BSU
Basic
Semantic
Unit
bzw.
beziehungsweise
Co.
Compagnie
COBOL
Common Business Oriented Language
CORBA
Common Object Request Broker Architecture
CPA
Collaboration
Protocol
Agreement
CPP
Collaboration
Protocol
Profile
CPU
Central
Processing
Unit
cXML
Commerce
Extensible
Markup
Language
d.h.
das
heißt
DOM
Document
Object
Model
DTD
Document
Type
Definition
EAI
Enterprise
Application
Integration
ebXML
Electronic Business Extensible Markup
Language
ECIN
Electronic
Commerce
Info
Net
EDI
Electronic
Data
Interchange
EDIFACT
Electronic Data Interchange for Administration,
Commerce and Trade

Abkürzungsverzeichnis
IV
EJB
Enterprise
Java
Beans
E-Mail
Electronic
Mail
eMail
Electronic
Mail
ERP
Enterprise
Resource
Planning
et
al.
et
alii
etc.
et
cetera
EWIV
Europäische Wirtschaftliche Interessen-
vereinigung
f.
folgende
FAQ
Frequently
Asked
Questions
ff.
folgende
FTP
File Transfer Protocol
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GridFTP
Grid File Transfer Protocol
GTK Globus
Toolkit
GUI
Graphical User Interface
hrsg.
herausgegeben
HTML
Hypertext
Markup
Language
HTTP
Hypertext
Transfer
Protocol
HTTPS
Hypertext Transfer Protocol Secure
IDL
Interface
Definition
Language
IIOP
Internet
Inter-Object
Request
Broker
Protocol
IT
Informationstechnologie
J2EE
Java
2
Enterprise
Edition
JCA
Java 2 Enterprise Edition Connector
Architecture
JDBC
Java
Database
Connectivity
JSP
Java
Server
Pages
KG
Kommanditgesellschaft
Ltd.
Limited
Mgmt.
Management
MIME
Multipurpose
Internet
Mail
Extensions
NAICS
North American Industry Classification System

Abkürzungsverzeichnis
V
Nr.
Nummer
OASIS
Organisation for the Advancement of Structured
Information Standards
od.
oder
OGSA
Open
Grid
Services
Architecture
OHG
Offene
Handelsgesellschaft
OMG
Object
Management
Group
ORB
Object
Request
Broker
PDF
Portable
Document
Format
PIP
Partner
Interface
Process
ProdHaftG
Produkthaftungsgesetz
S.
Seite
SAX
Simple Application Programming
Interface for Extensible Markup Language
SETI@home
Search for Extraterrestrial Intelligence at home
SGML
Standard
Generalized
Markup
Language
SMTP
Simple
Mail
Transfer
Protocol
SOAP
Simple
Object
Access
Protocol
SOX
Schema for object-oriented Extensible Markup
Language
SSL
Secure
Socket
Layer
SWAP Simple
Workflow
Access
Protocol
TCP/IP Transmission
Control
Protocol/Internet
Protocol
u.
und
u.a.
und
andere
UDDI
Universal Description, Discovery and
Integration
UMM
United Nations Centre for Trade Facilitation and
Electronic Business Modelling Methodology
UN/CEFACT
United Nations Centre for Trade Facilitation and
Electronic Business
UN/EDIFACT
United Nations Electronic Data Interchange for
Administration, Commerce and Trade

Abkürzungsverzeichnis
VI
UN/SPSC
United Nations Standard Product and Services
Classification Code
URL
Uniform
Resource
Locator
US
United
States
USA
United
States
of
America
v
Version
v.
vom
v.
von
VAN
Value
Added
Network
vgl.
vergleiche
W3C
World
Wide
Web
Consortium
WfMC
Workflow
Management
Coalition
WfMS
Workflow-Management-System
Wf-XML
Workflow Extensible Markup Language
WKN
Wertpapierkennnummer
WS
Web
Service(s)
WSCI
Web Service Choreography Interface
WSDL
Web Services Description Language
WSFL
Web Services Flow Language
WS-I
Web
Services
Interoperability
Organization
WWW
World
Wide
Web
xCBL
Extensible Markup Language Common
Business Library
XML
Extensible
Markup
Language
XPath
XML
Path
XSL
Extensible
Stylesheet
Language
XSLT
Extensible Stylesheet Language
Transformation
z.B.
zum
Beispiel

Symbolverzeichnis
VII
Symbolverzeichnis
@
at
§
Paragraf
§§
Paragrafen
%
Prozent
&
und

Abbildungsverzeichnis
VIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung eines Virtuellen
Unternehmens. ... 10
Abbildung 2: Vier-Merkmal-Schema für Virtuelle Unternehmen. ... 11
Abbildung 3: Typisierung Virtueller Unternehmen anhand der
Entstehung... 25
Abbildung 4: Typisierung Virtueller Unternehmen anhand der
Dauerhaftigkeit der Beziehungen... 26
Abbildung 5: Entwicklungsstufen im Rahmen der Virtualisierung... 29
Abbildung 6: Drei Stufen der Kopplung von Informations- und
Kommunikationssystemen. ... 31
Abbildung 7: Die Lebenszyklusphasen im Überblick... 32
Abbildung 8: Wertkette nach Porter. ... 41
Abbildung 9: Aktienkursentwicklung Puma AG seit 1993 (in Euro). ... 55
Abbildung 10: J2EE-Schichten... 68
Abbildung 11: Komponenten der Object Management Architecture... 71
Abbildung 12: Aufbau eines XML-Elements. ... 76
Abbildung 13: Beispiel eines hierarchischen XML-Elements. ... 76
Abbildung 14: Transformationsprozess. ... 79
Abbildung 15: EDIFACT-Nachricht und deren Pendant in XML. ... 82
Abbildung 16: Die drei logischen Schichten des BizTalk-Framework... 93
Abbildung 17: Komponenten des ebXML Messaging Service... 102
Abbildung 18: Struktur einer ebXML-Nachricht. ... 103
Abbildung 19: Chronologischer Überblick über eine Geschäfts-
beziehung auf ebXML-Basis. ... 104
Abbildung 20: Die Bausteine von Web Services im Überblick... 109
Abbildung 21: Aufbau einer SOAP-Message. ... 110
Abbildung 22: Struktur einer WSDL-Datei. ... 112
Abbildung 23: XML-Elemente in UDDI. ... 114
Abbildung 24: Einfaches BPEL-Beispiel... 117
Abbildung 25: Komponenten und Schnittstellen des WfMC-
Referenzmodells. ... 126
Abbildung 26: Das CrossFlow-Konzept... 128
Abbildung 27: Die CrossFlow-Architektur... 129
Abbildung 28: Betriebswirtschaftliche Auseinandersetzung und
Technologien zur Realisierung im Vergleich. ... 149

Tabellenverzeichnis
IX
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Merkmale und Realisierungsprinzipien Virtueller
Unternehmen nach Picot/Reichwald/Wigand. ... 7
Tabelle 2: Primäre und sekundäre Merkmale Virtueller Unternehmen... 13
Tabelle 3: Typen Virtueller Unternehmen... 28
Tabelle 4: Einordnung der Beispiele. ... 52
Tabelle 5: Einteilung der XML/EDI-Standardisierungsinitiativen. ... 86
Tabelle 6: Groupware-Elemente in der Zeit-Ort-Zusammenarbeit-
Matrix... 131
Tabelle 7: B2Bi-Produktübersicht... 140

Einleitung
1
1. Einleitung
Im frühen 20. Jahrhundert erreichte Henry Ford mit einem seiner Werke
den Höhepunkt der vertikalen Integration: Eisenerz und Gummi wurden
angeliefert und Automobile verließen die Fabrik. Auch wenn ein derart ho-
her Grad an Eigenfertigung bisher nur von wenigen Unternehmen erreicht
wurde, zeigt dieses extreme Beispiel doch sehr deutlich, wo im vergange-
nen Jahrhundert ein Schwerpunkt der Unternehmensstrategie lag ­ in der
vertikalen Integration. Hintergrund dafür war der Drang der Unternehmen
nach weitgehender Autarkie und die Angst davor, das eigene Schicksal in
die Hände anderer zu legen.
1
Diese Bestrebungen führten zu Organisationsformen, die sich durch hie-
rarchisch geprägte, starre Strukturen sowie einen damit einhergehenden
Mangel an Flexibilität auszeichnen.
2
Seit Henry Ford hat sich die Welt je-
doch entscheidend verändert: Globalisierung und der Wandel von Verkäu-
fer- zu Käufermärkten sind nur zwei wesentliche Faktoren, die den Wett-
bewerbs- und damit automatisch auch den Flexibilitätsdruck erhöht ha-
ben.
3
Letzterem können große Unternehmen aber naturgemäß schlechter
gerecht werden als kleine. Diese stehen wiederum dem Problem gegen-
über, dass sie oftmals nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen,
um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können.
4
Mit immer neuen Organisationsformen und ­prinzipien wurde in der Ver-
gangenheit versucht, identifizierten Nachteilen zu begegnen. Ein relativ
neuer Ansatz, der seit etwa zehn Jahren existiert, ist die Kooperation in
Virtuellen Unternehmen
5
. Dieser versucht, die Vorteile kleiner und großer
Unternehmen zu kombinieren und gleichzeitig deren jeweilige Nachteile zu
vermeiden.
6
1
Vgl. zu diesem Absatz Hammer (2000), S. 152.
2
Vgl. Krcmar (1999), S. 3.
3
Vgl. Müller-Stewens (1997), S. 29 und Schmalen (1999), S. 372 f.
4
Vgl. Byrne/Brandt/Port (1993), S. 99.
5
In der deutschsprachigen Literatur findet sich häufig auch der Begriff ,,Virtuelle Organi-
sation", im Englischen wird das Konzept als ,,Virtual Enterprise", ,,Virtual Corporation"
oder ,,Virtual Organization" bezeichnet. Im Rahmen dieser Arbeit findet ausschließlich
der Ausdruck ,,Virtuelles Unternehmen" Verwendung.
6
Vgl. Homann/Neumann (1999), S. 111.

Einleitung
2
Eine wesentliche Besonderheit dieser Art der Zusammenarbeit liegt darin,
dass es sich bei Virtuellen Unternehmen um die erste Organisationsform
handelt, die der Informations- und Kommunikationstechnologie ausdrück-
lich eine zentrale Rolle beimisst.
7
Gerade die in den letzten Jahren erziel-
ten rasanten Fortschritte auf diesem Gebiet machen Virtuelle Unterneh-
men zu einem äußerst interessanten Untersuchungsgegenstand. Außer-
dem eignen sich Virtuelle Unternehmen durch die Kombination aus Orga-
nisationslehre und Informatik besonders für eine Betrachtung im Rahmen
der Wirtschaftsinformatik.
8
Diese Diplomarbeit möchte einen umfassenden Überblick über Virtuelle
Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht vermitteln und darauf auf-
bauend technologische Aspekte der interorganisationalen Kooperation
aufzeigen. Dabei bezieht sich diese Arbeit auf die institutionelle Sichtwei-
se, die das Virtuelle Unternehmen als eine Kooperationsform zwischen
Unternehmen versteht, und nicht auf die eher seltene funktionale Sicht-
weise, die sich mit der Virtualisierung als unternehmensinternem Organi-
sationsprinzip beschäftigt.
9
Die Arbeit ist in folgende Kapitel gegliedert:
In Kapitel 2 werden Virtuelle Unternehmen aus der Sicht der Betriebswirt-
schaftslehre dargestellt. Nach Klärung der Definitionsmerkmale von Virtu-
ellen Unternehmen werden zentrale Charakteristika dieser Kooperations-
form aufgezeigt und die verbreitetsten wissenschaftlichen Konzepte und
Ansätze vorgestellt. Nach einem Eingehen auf rechtliche Gesichtspunkte
und Unklarheiten schließt das Kapitel mit drei Beispielen realer, überaus
erfolgreicher Virtueller Unternehmen.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit den technologischen Aspekten der Koopera-
tion in der operativen Phase, der Phase der eigentlichen Zusammenarbeit.
Zunächst werden ausgewählte Formate, Standards und Protokolle, die für
den Einsatz in Virtuellen Unternehmen geeignet erscheinen, in ihrer
grundsätzlichen Funktionsweise beschrieben. Der Schwerpunkt der getrof-
fenen Auswahl liegt auf neueren Entwicklungen, die auf der Extensible
7
Vgl. Arnold et al. (1995), S. 13.
8
Vgl. zu diesem Absatz Reiss (2002), S. 20 f.
9
Vgl. Klein (1997), S. 44 f.

Einleitung
3
Markup Language basieren. Auf ein Eingehen auf tiefgehende technische
Details wird dabei aufgrund des Überblickscharakters dieser Arbeit und
wegen der Konzentration auf die Verwendbarkeit in Virtuellen Unterneh-
men weitgehend verzichtet. Die Eignung für Virtuelle Unternehmen wird
jeweils anhand eines Anforderungsprofils, das auf den Erkenntnissen aus
Kapitel 2 aufbaut, überprüft. Zum Abschluss des Kapitels werden ausge-
wählte Technologien im Hinblick auf ihre Einsatzmöglichkeiten in Virtuel-
len Unternehmen charakterisiert. Auch hier richtet sich das Interesse in
erster Linie auf einen Überblick und die grundsätzliche Eignung für Virtuel-
le Unternehmen, weshalb konkrete Produkte nur am Rande angesprochen
werden.
Das Fazit in Kapitel 4 stellt zusammenfassend dar, wie sich das Konzept
des Virtuellen Unternehmens seit seiner Entstehung entwickelt hat und
wie parallel dazu die technologischen Realisierungsmöglichkeiten zuge-
nommen haben. Abschließend wird ein kurzer Ausblick auf die weitere
Entwicklung gegeben.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
4
2. Virtuelle Unternehmen aus betriebs-
wirtschaftlicher Sicht
In diesem Kapitel wird nach einer Erläuterung des Begriffs ,,Virtuelle Un-
ternehmen", der verschiedenen existierenden Definitionen und der theore-
tischen Grundlagen ein Überblick über zentrale Charakteristika und Prin-
zipien Virtueller Unternehmen aus Sicht der betriebswirtschaftlichen Lite-
ratur gegeben. Abschließend werden drei reale Virtuelle Unternehmen
vorgestellt.
2.1 Grundlagen
2.1.1 Begriffsursprung und Entstehung des Konzeptes
Der Begriff ,,Virtuelles Unternehmen" geht zurück auf das Konzept der Vir-
tualität. ,,Virtuell" bedeutet laut Duden ,,der Kraft od. Möglichkeit nach vor-
handen, scheinbar"
10
. Häufig wird in der Literatur zur Erklärung des be-
grifflichen Ursprungs Virtueller Unternehmen der Vergleich mit dem virtuel-
len Speicher in der Informatik herangezogen, dessen grundsätzliche Idee
ähnlich ist. Dieser wird verwendet, um schnellen (und somit teuren und
knappen) Arbeitsspeicher zu substituieren und unter Nutzung billigerer
und langsamerer physischer Speicherkapazitäten ,,virtuell", also scheinbar,
zu erweitern.
11
Analog versucht jedes der zu einem Virtuellen Unternehmen zusammen-
geschlossenen Partnerunternehmen, sich auf seine Kernkompetenzen zu
konzentrieren und nur diese in den Verbund einzubringen. Benötigt ein
Partner zusätzliche Kompetenzen oder Ressourcen, die er selbst nicht
besitzt, so kann er auf das Virtuelle Unternehmen zurückgreifen, da diese
Kompetenzen und Ressourcen dort ,,virtuell" vorhanden sind.
Die Urheberschaft des Begriffs ,,Virtuelles Unternehmen" (bzw. der engli-
schen Entsprechungen) ist nicht eindeutig geklärt.
12
Erste Ansätze des
Konzeptes finden sich bereits 1984 bei Miles und Snow, die in ihrer Vision
des Unternehmens des 21. Jahrhunderts als dynamisches Netzwerk zwar
Kernmerkmale des Virtuellen Unternehmens ansprechen, aber keinen
10
Bibliographisches Institut (1996), S. 807.
11
Vgl. z.B. Becker (1999), S. 8 f. und Möslein (2001), S. 16 f.
12
Vgl. Fink (1998), S. 29.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
5
Namen dafür entwickeln.
13
Häufig wird Mowshowitz die erstmalige Ver-
wendung des Begriffs ,,Virtual Enterprise"
14
in seinem 1986 erschienenen
Beitrag ,,Social Dimensions of Office Automation" zugeschrieben.
15
Die
erste intensive und stark beachtete Auseinandersetzung mit dem Thema
Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht geht jedoch auf
Davidow und Malone zurück, die 1992 ihr Buch ,,The Virtual Corporation:
Structuring and Revitalizing the Corporation for the 21st Century"
16
veröf-
fentlichten. Im Februar 1993 folgte eine Cover Story der Business Week
mit dem Titel ,,The Virtual Corporation"
17
, die das noch relativ neue Kon-
zept einer breiteren Öffentlichkeit vorstellte. Seit dieser Zeit gab es eine
Vielzahl von Veröffentlichungen, die sich mit den unterschiedlichsten As-
pekten Virtueller Unternehmen beschäftigen. Allerdings bestand in den
ersten Jahren das Problem, dass das Konzept relativ wenig umgesetzt
wurde, da zu dieser Zeit die technologischen Möglichkeiten der Integration
noch fehlten. Erst mit den technologischen Fortschritten Ende der 90er
Jahre fand das Konzept vermehrte Akzeptanz.
18
2.1.2 Definitionen
Ein Problem in der Auseinandersetzung mit Virtuellen Unternehmen ist die
Tatsache, dass man sich in der Literatur nicht wie bei anderen Organisati-
onsformen auf eine allgemein gültige und einheitliche Definition geeinigt
hat.
19
Vielmehr existiert eine Vielzahl von Definitionen, die aber oftmals
große Ähnlichkeiten aufweisen. Im Rahmen dieser Einführung kann nur
eine Auswahl der am häufigsten diskutierten Definitionen vorgestellt wer-
den.
Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erwähnt, bildete das Buch von
Davidow und Malone (1992) den Beginn der intensiven Beschäftigung
mit dem Konzept des Virtuellen Unternehmens. Die Autoren umschreiben
dieses folgendermaßen:
13
Vgl. Miles/Snow (1984), S. 26 f.
14
Mowshowitz (1986), S. 397.
15
Vgl. Reiss (2002), S. 22.
16
Der deutsche Titel lautet: ,,Das Virtuelle Unternehmen: Der Kunde als Co-Produzent"
(Davidow/Malone (1993)).
17
Byrne/Brandt/Port (1993), S. 98-102.
18
Vgl. Binstock (2000), S. 141.
19
Vgl. Bauer (2000), S. 3 und Dierkes (2001), S. 19.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
6
,,Der außenstehende Betrachter sieht ein fast konturloses Gebilde mit
durchlässigen und ständig wechselnden Trennlinien zwischen Unterneh-
mung, Lieferanten und Kunden. Von innen ist das Bild nicht weniger form-
los: Herkömmliche Arbeitsgruppen, Abteilungen und Unternehmensberei-
che reformieren sich ständig je nach Bedarf. Aufgaben und Einflußberei-
che verschieben sich immer wieder ­ selbst der Begriff des Mitarbeiters
gewinnt eine neue Facette, weil einige Kunden und Lieferanten mehr Zeit
im Unternehmen verbringen als manche Betriebsangehörige."
20
Das Werk von Davidow und Malone präzisiert das Virtuelle Unternehmen
jedoch nicht im Sinne einer klaren Definition, sondern beschreibt lediglich
­ mitunter sehr euphorisch ­ die Kombination verschiedener bereits be-
kannter Managementprinzipien zu einem Gesamtkonzept.
21
Diese Tatsa-
che sowie ein Mangel an konkreten Umsetzungsvorschlägen und eine zu
vage Fundierung führten zu zahlreicher Kritik an dem Werk, die seinen
Erfolg allerdings nicht schmälerte.
22
Eine im Vergleich zu Davidow und Malone deutlichere Begriffsbestimmung
liefern Byrne, Brandt und Port (1993) in ihrem in der Business Week er-
schienenen und seither sehr häufig zitierten Artikel. Dort heißt es:
,,The virtual corporation is a temporary network of independent companies
­ suppliers, customers, even erstwhile rivals ­ linked by information tech-
nology to share skills, costs, and access to one another's markets. It will
have neither central office nor organization chart. It will have no hierarchy,
no vertical integration. Instead, proponents say, this new, evolving corpo-
rate model will be fluid and flexible ­ a group of collaborators that quickly
unite to exploit a specific opportunity. Once the opportunity is met, the
venture will, more often than not, disband. (...) In the concept's purest
form, each company that links up with others to create a virtual corporation
will (...) contribute only what it regards as its `core competencies' (...).
Technology will play a central role in the development of the virtual corpo-
ration."
23
Wesentliche Charakteristika Virtueller Unternehmen werden in diesem
Artikel zum Teil erstmals angeführt: Es handelt sich um eine zeitlich befris-
tete Zusammenarbeit unabhängiger Partner, bei der auf eine Hierarchie
oder eine Institutionalisierung zentraler Funktionen verzichtet wird. Eine
maßgebliche Rolle spielen bei dieser Kooperation Flexibilität, der Einsatz
moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zur Überwin-
dung räumlicher Trennung sowie die Konzentration auf die jeweiligen
20
Davidow/Malone (1993), S. 15.
21
Vgl. Becker (1999), S. 19 f. und Davidow/Malone (1993), S. 28.
22
Vgl. Becker (1999), S. 20 f. und Scholz (1997), S. 327.
23
Byrne/Brandt/Port (1993), S. 99 f.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
7
Kernkompetenzen, die zu einer ,,best-of-everything"
24
-Organisation führen
kann. Auch auf die große Bedeutung von Vertrauen aufgrund der starken
gegenseitigen Abhängigkeit der Kooperationspartner weisen die Autoren
hin.
25
Picot, Reichwald und Wigand (1996) unterscheiden bei der Definition
Virtueller Unternehmen drei Merkmale sowie drei unmittelbar mit diesen
zusammenhängende Realisierungsprinzipen, wie in Tabelle 1 dargestellt.
Merkmale Realisierungsprinzipien
Modularität:
Das Virtuelle Unternehmen besteht
aus kleinen, rechtlich selbstständi-
gen Einheiten mit eigener Ent-
scheidungskompetenz und Ergeb-
nisverantwortung.
Offen-Geschlossen-Prinzip:
Während das Virtuelle Unterneh-
men dem Markt gegenüber als ge-
schlossenes System auftritt, bleibt
es intern offen (bzw. dynamisch),
um sich je nach Kundenauftrag neu
konfigurieren zu können.
Heterogenität:
Die Partner müssen über unter-
schiedliche Stärken und Kernkom-
petenzen verfügen.
Komplementaritätsprinzip:
Durch die Heterogenität ihrer Stär-
ken und Kernkompetenzen ergän-
zen sich die Partner zu einer sym-
biotischen Gemeinschaft.
Räumliche und zeitliche Verteiltheit:
Räumliche Verteiltheit entsteht
durch unterschiedliche Standorte
der Partner, zeitliche durch Auf-
nahme und Ausscheiden von Part-
nern des Virtuellen Unternehmens.
Die Überwindung dieser beiden
Aspekte erfolgt durch den Einsatz
moderner Informations- und Kom-
munikationstechnologien.
Transparenzprinzip:
Der Kunde nimmt die räumliche
und zeitliche Verteiltheit nicht wahr,
für ihn erscheint das Virtuelle Un-
ternehmen als ,,black box"
26
und ist
aus seiner Sicht speziell an seine
Bedürfnisse angepasst.
Tabelle 1: Merkmale und Realisierungsprinzipien Virtueller Unternehmen
nach Picot/Reichwald/Wigand.
27
Zu den wesentlichen Charakteristika des Virtuellen Unternehmens nach
Picot, Reichwald und Wigand zählen Flexibilität, dynamische Anpassun-
gen an Umwelt- und Bedürfnisveränderungen, Nutzung von Informations-
24
Byrne/Brandt/Port (1993), S. 98.
25
Vgl. zu diesem Absatz Byrne/Brandt/Port (1993), S. 98-100.
26
Picot/Reichwald/Wigand (1996), S. 398.
27
Eigene Darstellung basierend auf den Ausführungen bei Picot/Reichwald/Wigand
(1996), S. 396-398.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
8
und Kommunikationstechnologie sowie zeitliche Befristung der Kooperati-
on.
28
Eine sehr umfassende und häufig zitierte Definition liefern Arnold und
Härtling (1995) in einem Arbeitspapier:
,,Ein Virtuelles Unternehmen (...) ist eine Kooperationsform rechtlich un-
abhängiger Unternehmen, Institutionen und/oder Einzelpersonen, die eine
Leistung aufgrund eines gemeinsamen Geschäftsverständnisses erbrin-
gen. Die kooperierenden Einheiten beteiligen sich an der horizontalen
und/oder vertikalen Zusammenarbeit vorrangig mit ihren Kernkompeten-
zen und wirken bei der Leistungserstellung gegenüber Dritten als ein ein-
heitliches Unternehmen. Dabei wird auf die Institutionalisierung zentraler
Funktionen weitgehend verzichtet und der notwendige Kommunikations-
und Abstimmungsbedarf durch geeignete Informations- und Kommunikati-
onssysteme realisiert. Das Virtuelle Unternehmen besteht solange, bis
sein Geschäftszweck erfüllt oder hinfällig geworden ist."
29
Da diese Definition sehr umfassend ist, soll sie als Grundlage für die wei-
teren Betrachtungen dieser Arbeit dienen. Aus diesem Grund wird nach-
folgend auf einige zentrale Punkte näher eingegangen:
Horizontale und/oder vertikale Zusammenarbeit: Im Falle einer ho-
rizontalen Kooperation sind Unternehmen involviert, die auf der glei-
chen Stufe der Wertschöpfungskette tätig sind. Dieser Weg wird häufig
eingeschlagen, wenn die Kapazität der einzelnen Partner allein nicht
ausreicht. Besteht ein Virtuelles Unternehmen aus Partnern unter-
schiedlicher Wertschöpfungsstufen, so ist die Zusammenarbeit vertika-
ler Natur. Dies soll nicht nur einer Sicherstellung von Zulieferung und
Absatz dienen, sondern auch der Aufteilung von Kosten und Risiken,
falls diese ein einzelnes Unternehmen nicht tragen kann oder möch-
te.
30
Denkbar ist auch ein Virtuelles Unternehmen, in dem beide beschrie-
benen Fälle der Kooperation gleichzeitig auftreten.
Gemeinsames Geschäftsverständnis: Um die Flexibilität des Virtuel-
len Unternehmens zu gewährleisten, sollte die Kooperation auf Ver-
trauen sowie formlosen Vereinbarungen basieren und so weit wie mög-
lich auf Verträge verzichten (siehe auch Abschnitt 2.10). Ein gemein-
28
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1996), S. 396-398.
29
Arnold/Härtling (1995), zitiert nach Kemmner/Gillessen (2000), S. 11; in nahezu identi-
schem Wortlaut findet sich diese Definition auch bei Arnold et al. (1995), S. 10.
30
Vgl. zu diesem Absatz Arnold et al. (1995), S. 11 f.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
9
sames Geschäftsverständnis in Kombination mit gewissen Grundre-
geln des Verhaltens ist dafür eine unabdingbare Voraussetzung.
31
Kernkompetenzen: Unter Kernkompetenzen versteht man grundsätz-
lich besondere Ressourcen oder Fähigkeiten, deren Besitz einem Un-
ternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten
verschafft und es von seinen Mitbewerbern unterscheidbar macht.
32
Da
die Partner eines Virtuellen Unternehmens über unterschiedliche Kern-
kompetenzen verfügen und nur diese in die Kooperation einbringen,
entsteht ein sehr effizientes und wettbewerbsfähiges Gesamtgebilde.
33
Verzicht auf Institutionalisierung zentraler Funktionen: Für organi-
satorische Aufgaben sollte in Virtuellen Unternehmen idealerweise kei-
ne zentrale Instanz eingerichtet werden, da diese die Flexibilität ein-
schränken und zu einer unerwünschten Bürokratisierung führen könn-
te. Vielmehr sollte eine dezentrale Managementstruktur geschaffen
werden, die sich zur Wahrnehmung der Koordinationsaufgaben so weit
wie möglich moderner Informations- und Kommunikationstechnologien
bedient.
34
Erfüllung bzw. Hinfälligkeit des Geschäftszwecks: Da ein Virtuelles
Unternehmen in der Regel zur Erfüllung eines bestimmten Geschäfts-
zwecks gebildet wird, endet mit dieser auch die Grundlage der Zu-
sammenarbeit. Allerdings sind auch Konstellationen denkbar, in denen
ein Virtuelles Unternehmen nach Erfüllung des Geschäftszwecks fort-
besteht, zum Beispiel weil Folgeaufträge es ermöglichen bzw. erfor-
dern oder weil die Zusammenarbeit so erfolgreich verlaufen ist, dass
die Partner weiterhin davon profitieren wollen.
35
Abbildung 1 zeigt beispielhaft ein Virtuelles Unternehmen, das sich aus
vier Partnern (d.h. Unternehmen, Institutionen und/oder Einzelpersonen)
zusammensetzt, von denen jeder entlang der Wertschöpfungskette Kern-
kompetenzen und Kompetenzen besitzt sowie teilweise auch Fremdleis-
tungen bezieht. Zum Erstellen der gemeinsamen Leistung, zu der keiner
31
Vgl. Arnold et al. (1995), S. 12.
32
Vgl. Hitt/Ireland/Hoskisson (2001), S. 113.
33
Vgl. Arnold et al. (1995), S. 12.
34
Vgl. zu diesem Absatz Arnold et al. (1995), S. 12.
35
Vgl. zu diesem Absatz Bauer (2000), S. 18.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
10
der Beteiligten allein in der Lage wäre, bringt jeder Partner ausschließlich
Kernkompetenzen in die Wertschöpfungskette des Virtuellen Unterneh-
mens ein. Diese werden aber nicht zwangsläufig in vollem Umfang zur
Verfügung gestellt. Auch ein teilweises Einbringen ist denkbar und wird
durch die Apostrophe symbolisiert. Den Kunden gegenüber tritt das Virtu-
elle Unternehmen als eine geschlossene Einheit auf.
36
Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung eines Virtuellen Unternehmens.
37
Die Definition von Scholz (1996) betrachtet Virtuelle Unternehmen folgen-
dermaßen:
,,Sie sind ein künstliches Unternehmen, das basierend auf individuellen
Kernkompetenzen eine Integration unabhängiger Unternehmen entlang
der gesamten Wertschöpfungskette realisiert, ohne daß ein entsprechen-
der zusätzlicher Koordinationsaufwand notwendig wäre."
38
Zur Verdeutlichung weiterer wesentlicher Merkmale, die für die Gestaltung
Virtueller Unternehmen Bedeutung haben, wird ein Schema vorgestellt,
das in Abbildung 2 wiedergegeben ist.
36
Vgl. zu diesem Absatz Arnold et al. (1995), S. 11.
37
Arnold et al. (1995), S. 11.
38
Scholz (1996), S. 208.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
11
Konstituierende Charakteristika
- Einheitliches Auftreten gegenüber dem Kunden
- Gesamtoptimierung der ganzen
Wertschöpfungskette
Physikalische Attribute
- Keine gemeinsame Verwaltungseinheit
- Dominante juristische Klammer
Spezielle Zusatzspezifikationen
- Ausgereifte Informationstechnologie
- Gegenseitiges absolutes Vertrauen
- Vorhandensein individueller Kernkompetenzen
- Keine aktuelle Konkurrenzsituation
Nutzeneffekte
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
- Nutzung eines gemeinsamen Synergiepotentials
Abbildung 2: Vier-Merkmal-Schema für Virtuelle Unternehmen.
39
Im Wesentlichen ähneln die darin angegebenen Merkmale denen der be-
reits vorgestellten Definitionen. Allerdings ist festzuhalten, dass Scholz,
abweichend von anderen Autoren, den temporären Charakter Virtueller
Unternehmen ausdrücklich vernachlässigt und nicht als zwingende Vor-
aussetzung für diese erachtet.
40
Stellvertretend für einige mehrdimensionale Modelle sei an dieser Stelle
noch eines der bedeutendsten angesprochen: Venkatraman und Hen-
derson (1998) sehen Virtualität nicht als eigene Organisationsform, son-
dern als ein organisatorisches Charakteristikum, das auf jede Organisation
angewandt werden kann.
41
In ihren Augen ist Virtualität eine Strategie, die
man am besten anhand dreier unterschiedlicher, aber voneinander ab-
hängiger Vektoren darstellt:
Customer Interaction (Virtual Encounter): Dieser Vektor bezieht sich
auf die neuen Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen, im Ver-
hältnis der Unternehmen zu den Kunden, da letztere mittels Informati-
ons- und Kommunikationstechnologie verstärkt in die Unternehmen
eingebunden werden.
42
Asset Configuration (Virtual Sourcing): Beim zweiten Vektor geht es
um den gemäß der anderen Definitionen zentralen Aspekt Virtueller
Unternehmen, nämlich die Integration eines Unternehmens in ein
39
Scholz (1996), S. 208.
40
Vgl Scholz (1996), S. 208.
41
Vgl. Venkatraman/Henderson (1998), S. 34.
42
Vgl. Venkatraman/Henderson (1998), S. 34 f.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
12
Netzwerk von Beziehungen, die es ihm erlauben, zur Befriedigung von
Kundenbedürfnissen auf Ressourcen zurückzugreifen, die es selbst
nicht besitzt. Diese Art der Integration unterscheiden die Autoren deut-
lich von der klassischen vertikalen Integration.
43
Knowledge Leverage (Virtual Expertise): Der dritte Vektor repräsen-
tiert die Vernetzung und Nutzung von Know-how über Unternehmens-
grenzen hinweg unter Verwendung von Informations- und Kommunika-
tionstechnologie.
44
Jeder dieser drei Vektoren besteht wiederum aus drei Stufen, von denen
sich die jeweils erste auf Einheiten innerhalb eines Unternehmens bezieht,
die zweite auf das Gesamtunternehmen und nur die dritte auf die unter-
nehmensübergreifende Kooperation.
45
Um der Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen zu begegnen, haben
Bultje und van Wijk (1998) in einer Literaturanalyse insgesamt 27 Defini-
tionsmerkmale identifiziert und diese anhand von sechs realen Virtuellen
Unternehmen validiert.
46
Dabei wurden zwölf der Merkmale als wesentlich
charakterisiert. Von diesen waren aber nur sieben bei allen untersuchten
Unternehmen zu finden (primäre Merkmale), die restlichen fünf tragen
zwar zur Virtualisierung bei, müssen aber nicht notwendigerweise vorhan-
den sein (sekundäre Merkmale).
47
Die identifizierten Merkmale decken
sich weitgehend mit den in diesem Abschnitt beschriebenen Charakteristi-
ka und sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
43
Vgl. zu diesem Absatz Venkatraman/Henderson (1998), S. 34 und S. 39 f.
44
Vgl. Venkatraman/Henderson (1998), S.34 und S. 43 f.
45
Vgl. Venkatraman/Henderson (1998), S. 34.
46
Vgl. Bultje/Wijk (1998), S. 7.
47
Vgl. Bultje/Wijk (1998), S. 16.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
13
Primary characteristics
Secondary characteristics
Partial mission overlap
Customer based &
mass-customisation
Network of independent
organisations
Semi-stable
relations
Geographical
dispersed
Based on core competencies
Dependent on innovation
One
identity
Based on trust
Shared
loyalty
Based on information tech-
nology
Distinction between a
strategical and operational
level
Tabelle 2: Primäre und sekundäre Merkmale Virtueller Unternehmen.
48
2.1.3 Theoretische Fundierung
Eine Vielzahl theoretischer Ansätze wird in der Literatur auf Virtuelle Un-
ternehmen angewandt. Einige von ihnen sollen hier kurz vorgestellt wer-
den.
Die Systemtheorie verwendet Regelkreise aus der Naturwissenschaft
und überträgt deren Prinzipien auf betriebswirtschaftliche Organisatio-
nen.
49
Sie basiert auf sechs Prinzipien, mit deren Hilfe man Anhaltspunkte
für die Realisierung Virtueller Unternehmen erhält.
50
Die Spieltheorie, die sich mit Entscheidungssituationen und Strategien
von Spielern beschäftigt, lässt sich vor allem hinsichtlich des erforderli-
chen Vertrauens auf Virtuelle Unternehmen übertragen.
51
Ausgehend von
der Ungewissheit über ein möglicherweise opportunistisches Verhalten
der Partner lassen sich mithilfe dieser Theorie geeignete Strategien sowie
das Entstehen von Vertrauen untersuchen.
52
Die Spieltheorie kann auch
dabei helfen, festgestellte oder angenommene Gesetzmäßigkeiten der
Kooperation zu analysieren.
53
Zu den Ansätzen der Neuen Institutionenökonomik zählen die Theorie der
Property Rights, die Agency-Theorie sowie die Transaktionskostentheorie.
Die Property Rights-Theorie, die Eigentums- und Verfügungsrechte in
Organisationen zum Inhalt hat und von Beteiligten ausgeht, die ihren per-
48
Bultje/van Wijk (1998), S. 16.
49
Vgl. Bühner (1999), S. 113.
50
Vgl. Scholz (1997), S. 330-333.
51
Vgl. Scholz (1997), S. 339 f.
52
Vgl. Scholz (1997), S. 340 f.
53
Vgl. Reiss (2002), S. 94.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
14
sönlichen Nutzen maximieren,
54
lässt sich folgendermaßen auf Virtuelle
Unternehmen anwenden: Da die einzelnen Partner rechtlich unabhängig
sind, bleiben die Verfügungsrechte in der Regel in ihrer Hand, aber zwi-
schen den Partnern bestehen Rechte zur Nutzung der in das Virtuelle Un-
ternehmen eingebrachten Kernkompetenzen. Aus Sicht der Property
Rights-Theorie kann das Anwendungsspektrum Virtueller Unternehmen in
Zukunft wachsen, da durch den Einsatz moderner Informations- und Kom-
munikationstechnologien eine schnellere und bessere Anpassung
vorhandener Ressourcen an neue Anforderungen erzielt werden kann.
Dies hat zur Folge, dass gemäß dieser Theorie eine verstärkte Disintegra-
tion von Verfügungsrechten (z.B. in Form Virtueller Unternehmen) erfolgen
sollte.
55
Die Agency-Theorie befasst sich mit dem Verhalten und den Interessen-
konflikten eines Auftragnehmers (Agent), der von einem Auftraggeber
(Prinzipal) gegen Bezahlung eine Aufgabe übernimmt.
56
Die Mitglieder
eines Virtuellen Unternehmens befinden sich in einer solchen Situation, da
sie füreinander arbeiten, dabei aber oftmals unterschiedliche Ziele und
Risikoneigungen haben und zwischen ihnen außerdem meist eine Infor-
mationsasymmetrie vorliegt.
57
Daher ist in diesem Zusammenhang die
Rolle von Vertrauen von Bedeutung, da besonders durch Vertrauen po-
tenzielle Konflikte vermieden werden können.
58
Aus Sicht der Agency-
Theorie ist es auch sinnvoll, nach Möglichkeit Partner mit einer guten Re-
putation in eine Kooperation aufzunehmen.
59
Da Virtuelle Unternehmen in der Literatur am häufigsten aus transaktions-
kostentheoretischer Sicht betrachtet werden, soll im Folgenden auf diesen
Ansatz etwas ausführlicher eingegangen werden. Die Transaktionskos-
tentheorie wurde bereits 1937 durch Coase begründet und später von
Williamson wesentlich weiterentwickelt.
60
Soll eine Organisationsform bzw.
deren Überlegenheit anhand dieser Theorie beurteilt werden, so betrach-
54
Vgl. Bühner (1999), S. 116.
55
Vgl. zu diesem Absatz Zimmermann (1999), S. 124 f.
56
Vgl. Bühner (1999), S. 117.
57
Vgl. Zimmermann (1999), S. 122 f.
58
Vgl. Zimmermann (1999), S. 124.
59
Vgl. Zimmermann (1999), S. 124.
60
Vgl. grundlegend Coase (1937), Williamson (1975), Williamson (1981) und
Williamson (1985).

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
15
tet man hierfür die verursachten Transaktionskosten, die minimal sein sol-
len. Transaktionskosten entstehen bei Anbahnung, Durchführung, Kontrol-
le und Anpassung arbeitsteiliger Prozesse, wobei sich ihre Höhe aus den
Faktoren Unsicherheit, Häufigkeit der Transaktion, Anzahl der Vertrags-
partner sowie Spezifität der verbundenen Investitionen ergibt.
61
Bei einem Virtuellen Unternehmen handelt es sich um eine hybride Ko-
operationsform, da es zwischen den beiden Extrema Markt (vollständig
externe Leistungserbringung) und Hierarchie (vollständig interne Leis-
tungserbringung) angesiedelt ist. Gemäß der Transaktionskostentheorie
ist ein Virtuelles Unternehmen nur vorteilhaft, wenn es zu Transaktions-
kosten führt, die im Vergleich zu anderen Lösungen minimal sind.
62
Dies
ist nach herrschender Meinung der Fall, wenn Spezifität und Unsicherheit
weder extrem hoch noch extrem niedrig sind.
63
Im Falle der Spezifität be-
deutet dies, dass die benötigte Leistung weder in standardisierter Form
über den Markt bezogen werden kann noch mit äußerst spezifischen In-
vestitionen verbunden ist.
64
Auch hohe Spezifität kann bei einem Virtuellen
Unternehmen unter Umständen in Kauf genommen werden, allerdings
sollte dann eine längerfristige Kooperation zu Grunde liegen.
65
Hinsichtlich der mit den Partnern verbundenen Unsicherheit kann ein Vir-
tuelles Unternehmen auch bei hoher Ausprägung dieses Faktors noch
sinnvoll sein, da im Gegenzug eine im Vergleich zur internen Leistungser-
stellung deutlich bessere Risikoverteilung erreicht wird.
66
Im vorangegan-
genen Abschnitt wurde bereits die Bedeutung von Vertrauen in Virtuellen
Unternehmen angesprochen. Dieses kann maßgeblich zur Reduzierung
der Transaktionskosten beitragen, da es die Unsicherheit zwischen den
Partnern vermindert und somit Kosten für Kontrolle, Überwachung und
eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung (z.B. bei vorzeitigem Aus-
scheiden eines Partners wegen Vertrauensmissbrauchs) vermeidbar
macht.
67
61
Vgl. Bühner (1999), S. 121 f.
62
Vgl. Specht/Kahmann (2000), S. 28 f.
63
Vgl. Zimmermann (1999), S. 118.
64
Vgl. Zimmermann (1999), S. 118 f.
65
Vgl. Zimmermann (1999), S. 119.
66
Vgl. Zimmermann (1999), S. 119.
67
Vgl. Specht/Kahmann (2000), S. 29.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
16
Ein gewichtiger Vorteil für Virtuelle Unternehmen liegt im Einsatz moder-
ner Informations- und Kommunikationstechnologien, der Transaktionskos-
ten deutlich verringern kann und so dazu beiträgt, dass Leistungen, deren
Erstellung aus transaktionskostentheoretischer Sicht vormals nur intern
sinnvoll war, inzwischen auch in hybriden Organisationsformen erbracht
werden können.
68
Der in vielen Definitionen enthaltene temporäre bzw. kurzfristige Charakter
Virtueller Unternehmen ist aus transaktionskostentheoretischer Sicht eher
von Nachteil, da der Aufbau der Kooperation (nicht zuletzt wegen der
Kopplung der Informations- und Kommunikationstechnologie) hohe Kosten
mit sich bringt. Daher wäre eine längerfristige Kooperation hier vorzuzie-
hen.
69
Auch Skalen- und Lerneffekte, die mit steigender Häufigkeit einer
wiederkehrenden Transaktion zunehmen und so die Transaktionskosten
senken, sprechen gegen eine kurzfristige Partnerschaft.
70
Eine abschließende Beurteilung Virtueller Unternehmen aus transaktions-
kostentheoretischer Sicht ist sicherlich nur unter Berücksichtigung der in-
dividuellen Umstände des Einzelfalls möglich, doch prinzipiell weisen hyb-
ride Organisationsformen wie das Virtuelle Unternehmen gegenüber rein
internen und rein externen Lösungen deutliche Vorzüge auf.
2.2 Abgrenzung gegenüber anderen Kooperationsformen
Da das Virtuelle Unternehmen kein vollkommen eigenständiges und neu-
es Konzept darstellt, sondern mit einigen anderen Kooperationsformen
eine gewisse Verwandtschaft aufweist, wird eine Abgrenzung des Konzep-
tes vorgenommen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Virtuellen Un-
ternehmen und allen in diesem Abschnitt aufgeführten Kooperationsfor-
men besteht in der zentralen Rolle, die die Nutzung von Informations- und
Kommunikationstechnologie in Virtuellen Unternehmen per definitionem
einnimmt.
71
Jede der anderen Formen kann auf ihren Einsatz auch ver-
zichten, bei Virtuellen Unternehmen ist sie aber in der Regel ein fester Be-
standteil.
68
Vgl. Littmann/Jansen (2000), S. 67.
69
Vgl. Specht/Kahmann (2000), S. 30.
70
Vgl. Bühner (1999), S. 121.
71
Vgl. Arnold et al. (1995), S. 13.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
17
Im Vergleich zum Outsourcing geht das Virtuelle Unternehmen wesent-
lich weiter, indem es nicht nur relativ unwesentliche Bereiche (z.B. Kanti-
nenbetrieb) an externe Dienstleister auslagert, sondern durchaus kritische
Bereiche oder Prozesse an Partnerunternehmen vergibt.
72
Dies deutet
bereits an, dass beim Outsourcing das vergebende Unternehmen eine
übergeordnete Rolle einnimmt, während beim Virtuellen Unternehmen ei-
ne gleichgeordnete Partnerschaft das Ziel ist.
73
Darüber hinaus liegen
dem Outsourcing Verträge mit nur einem Partner zu Grunde, während ein
Virtuelles Unternehmen häufig vertrauensbasiert ist und eine größere Zahl
von Beteiligten umfasst.
74
Hauptgemeinsamkeit von Virtuellen Unterneh-
men und Outsourcing ist die Grundidee der Konzentration auf Kernkompe-
tenzen.
75
Die Strategische Allianz ist auf die Errichtung einer längerfristigen und
formalisierten Zusammenarbeit ausgerichtet, die sich durch vergleichswei-
se geringe Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit von Virtuellen Unter-
nehmen unterscheidet.
76
Ihr gehören meist größere Unternehmen an,
77
während Virtuelle Unternehmen für kleine und mittlere Unternehmen be-
sonders geeignet sind. Zudem steht das Virtuelle Unternehmen in der Re-
gel in engem Zusammenhang mit den Kerngeschäftsfeldern der Beteilig-
ten, während dies bei Strategischen Allianzen seltener anzutreffen ist.
78
Bei einem Joint Venture, das eigentlich eine Form der strategischen Alli-
anz darstellt, gründen zwei oder mehr Unternehmen gemeinsam ein wei-
teres Unternehmen, in das die Gründer Teile ihrer Ressourcen einbrin-
gen.
79
Wie in Abschnitt 2.10 näher erläutert wird, erfolgt im Unterschied
dazu bei einem Virtuellen Unternehmen keine bewusste Neugründung
eines eigenen Unternehmens.
80
Die Schaffung eines eigenständigen Un-
ternehmens bedeutet auch eine Institutionalisierung zentraler Funktionen
72
Vgl. Hammer (2000), S. 152.
73
Vgl. Schräder (1996), S. 39.
74
Vgl. Wüthrich (1997), S. 99 und S. 101.
75
Vgl. Wüthrich (1997), S. 99.
76
Vgl. Becker (1999), S. 51.
77
Vgl. Faisst (1998), S. 6.
78
Vgl. Arnold et al. (1995), S. 13.
79
Vgl. Hitt/Ireland/Hoskisson (2001), S. 362 f.
80
Vgl. Arnold et al. (1995), S. 13.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
18
wie sie im Virtuellen Unternehmen nach Möglichkeit vermieden wird.
81
In
Übereinstimmung mit Virtuellen Unternehmen werden auch Joint Ventures
häufig genutzt, um eine sich ergebende Marktchance möglichst schnell zu
erschließen.
82
Das Konsortium (in der Baubranche: Arbeitsgemeinschaft) beschreibt im
Gegensatz zum Virtuellen Unternehmen einen Zusammenschluss mit ei-
gener Rechtsform. Demzufolge ist auch hier ein Hauptunterschied zum
Virtuellen Unternehmen die Notwendigkeit vertraglicher Regelungen. Zu-
dem spielen die zur Verfügung gestellten Kernkompetenzen beim Virtuel-
len Unternehmen eine zentralere Rolle als beim Konsortium. Es existiert
aber auch eine Ähnlichkeit: Beide Formen der Kooperation stellen eine
eher lose und zeitlich befristete Form des Zusammenschlusses dar.
83
Dem Kartell liegt im Kontrast zum Virtuellen Unternehmen die Intention
der Wettbewerbsbeschränkung und Marktbeherrschung als maßgebliche
und mitunter illegale Motivation zu Grunde. Aufgrund dieser Zielsetzung
handelt es sich bei einem Kartell in der Regel um einen horizontalen Zu-
sammenschluss, während einem Virtuellen Unternehmen Partner jeder
Wertschöpfungsebene angehören können. Auch wenn das Kartell wie an-
dere Kooperationsformen auf Verträgen basiert, hat es mit Virtuellen Un-
ternehmen den Verzicht auf die Gründung eines eigenständigen Unter-
nehmens gemeinsam.
84
Ein zentraler Unterschied des japanischen Prinzips der Keiretsu zum Vir-
tuellen Unternehmen ist dessen starke Einbindung von Banken und Versi-
cherungen in ein umfangreiches Verflechtungssystem, das hierarchisch
strukturiert und auf langfristige Zusammenarbeit ausgelegt ist. Überdies
erfolgt im Keiretsu kein Verzicht auf vertragliche Bindungen.
85
Das Franchising-Prinzip ist langfristig orientiert und sehr stark auf den
Vertrieb zugeschnitten. Auch die Tatsache, dass es nicht ein Netzwerk
von Partnern schafft, sondern lediglich ein hierarchisches Verhältnis zwi-
schen Franchisegeber und einer Vielzahl an Franchisenehmern darstellt,
81
Vgl. Schräder (1996), S. 39.
82
Vgl. Schräder (1996), S. 39.
83
Vgl. zu diesem Absatz Arnold et al. (1995), S. 13 und Becker (1999), S. 48.
84
Vgl. zu diesem Absatz Becker (1999), S. 46 f.
85
Vgl. zu diesem Absatz Schräder (1996), S. 40 und Wüthrich (1997), S. 98.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
19
in dem Verträge eine bedeutende Rolle spielen, unterscheidet Franchising
von Virtuellen Unternehmen. Übereinstimmungen mit der Grundidee Vir-
tueller Unternehmen sind bei diesem Konzept somit kaum vorzufinden.
86
Zum Konzern sind die Unterschiede offensichtlich: Dieser ist stark hierar-
chisch geprägt und verfügt über eine zentrale Leitung, die es für das Vir-
tuelle Unternehmen nicht gibt. Außerdem ist ein Konzern langfristig ange-
legt und nicht nur temporärer Natur. Darüber hinaus charakterisiert den
Konzern eine mit der Idee des Virtuellen Unternehmens unvereinbare star-
ke rechtliche und finanzielle Verflechtung unter einem gemeinsamen
juristischen Dach.
87
2.3 Grundlagen für die Entstehung und die Gestalt
Virtueller Unternehmen
Die folgenden beiden Abschnitte widmen sich Faktoren, die fördernden
bzw. hemmenden Einfluss auf die Entstehung der Idee Virtueller Unter-
nehmen sowie auf deren Ausgestaltung hatten.
2.3.1 Fördernde Faktoren
Da die Ursachen für die Entstehung neuer Unternehmenskonzepte in der
Regel auf konkreten Veränderungen und Herausforderungen beruht, sol-
len die fördernden Faktoren für die Bildung Virtueller Unternehmen hier
näher beleuchtet werden.
Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Druck zu höherer Flexibilität, der
sich sowohl aus sich wandelnden Wettbewerbsbedingungen als auch aus
veränderten Kundenbedürfnissen ergibt. Durch die zunehmende Globali-
sierung treten einerseits zusätzliche Wettbewerber in den heimischen
Markt ein, andererseits sollten Unternehmen auch die Chance nutzen und
selbst neue Märkte erschließen. Dies führt zu einem aggressiveren Wett-
bewerb, der vor dem Hintergrund von Marktsättigung, Überkapazitäten
und rückläufigem Wirtschaftswachstum in einen Preiswettkampf mündet.
Eine Konsequenz aus diesen verschärften Rahmenbedingungen ist die
Sicherstellung von Flexibilität, Kostenführerschaft und Wettbewerbsfähig-
86
Vgl. zu diesem Absatz Schräder (1996), S. 39.
87
Vgl. zu diesem Absatz Schräder (1996), S. 40.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
20
keit durch die Konzentration auf Kernkompetenzen, wie sie im Virtuellen
Unternehmen erfolgt.
88
Hinzu kommen Kunden, deren Anforderungen stetig gestiegen sind und
weiter steigen. So werden statt Einzelprodukten verstärkt umfassende und
komplexe Systemlösungen verlangt, die ein ,,one-stop shopping"
89
ermög-
lichen.
90
Da dies eigentlich im Widerspruch zur Konzentration auf Kern-
kompetenzen steht, sind die Anbieter gezwungen, ihr Leistungsspektrum
durch Partnerschaften und Kooperationen wie zum Beispiel Virtuelle Un-
ternehmen zu erweitern. Darüber hinaus haben sich auch die Lebenszyk-
len der meisten Produkte wesentlich verkürzt, was zur Folge hat, dass ei-
ne Komplettlösung aus eigener Hand bei der Nutzung einer identifizierten
Marktchance zeitlich betrachtet kaum eine Chance hat.
91
Wenn man zu-
sätzlich berücksichtigt, dass sich die Entwicklungszeiten parallel dazu ver-
längert haben,
92
so empfiehlt es sich sehr, eine Chance zusammen mit
Partnern zu nutzen anstatt deren knappes Zeitfenster wegen eines Allein-
gangs zu verpassen.
93
Es sind aber auch Fortschritte und Veränderungen im Bereich der Infor-
mations- und Kommunikationstechnologie, die die Entstehung Virtueller
Unternehmen nicht nur gefördert, sondern zum Teil erst ermöglicht haben.
In der Telekommunikation wurden sowohl die Datenkompressionsverfah-
ren verbessert als auch die Bandbreiten wesentlich erhöht. In Kombination
mit der Deregulierung der Telekommunikationsmärkte und den damit ein-
hergehenden drastischen Preissenkungen führten diese Entwicklungen
dazu, dass eine interorganisationale Vernetzung inzwischen relativ prob-
lemlos und kostengünstig möglich ist.
94
Auch die rasanten Entwicklungen in der Informationstechnologie haben
die Entstehung Virtueller Unternehmen begünstigt. Abgesehen von der
gestiegenen Leistungsfähigkeit hat vor allem der verstärkte Einsatz von
88
Vgl. zu diesem Absatz Müller-Stewens (1997), S. 29.
89
Byrne/Brandt/Port (1993), S. 101.
90
Vgl. Faisst (1998), S. 9 und Müller-Stewens (1997), S. 29.
91
Vgl. Müller-Stewens (1997), S. 29.
92
Vgl. Faisst (1998), S. 8.
93
Vgl. Müller-Stewens (1997), S. 30.
94
Vgl. zu diesem Absatz Müller-Stewens (1997), S. 30.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
21
Standardsoftware anstelle proprietärer Lösungen zu einer verbesserten
Vernetzbarkeit von Systemen geführt.
95
2.3.2 Hemmende Faktoren
Neben den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen fördernden
Faktoren gibt es auch einige Einflussgrößen, die sich hemmend auf die
Entstehung Virtueller Unternehmen auswirken.
Zu ihnen zählt die Zunahme großer Fusionen in den vergangenen Jahren
(zuletzt z.B. Hewlett Packard und Compaq). Dieser ­ auch öffentlichkeits-
wirksame ­ Trend zur Größe (mit ihren Vorteilen wie Synergieeffekte und
Marktmacht) steht dem zur Virtualisierung deutlich entgegen.
96
Aber nicht nur externe Trends, sondern auch interne Schwierigkeiten und
Gefahren mögen gegen die Kooperation in einem Virtuellen Unternehmen
sprechen. Es ist nachvollziehbar, dass ein Unternehmen Angst davor hat,
gerade seine Kernkompetenzen preiszugeben und sie so sukzessive an
andere Beteiligte zu verlieren. Besonders durch den temporären Charak-
ter Virtueller Unternehmen ist eine Kooperation oft nur von kurzer Dauer
und ein heutiger Partner kann bald als Konkurrent in Erscheinung treten ­
wenn er es nicht ohnehin schon vor der Kooperation war. Dieses Problem
kann ein erhebliches Hindernis für den wichtigen Vertrauensaufbau und
somit auch für die Entfaltung der Potenziale eines Virtuellen Unterneh-
mens darstellen.
97
Die temporäre Auslegung vieler Virtueller Unternehmen birgt aber noch
ein weiteres Risiko: Die Partner können den Fokus auf essenzielle länger-
fristige Ziele (z.B. Ausbau der Marktposition) verlieren und sich zu sehr auf
kurzfristige Ziele konzentrieren.
98
Auch Führungskräfte und Mitarbeiter können sich gegen eine Kooperation
in einem Virtuellen Unternehmen versperren oder ihr nicht gewachsen
sein. Möglicherweise möchten einige ihre Entscheidungsbefugnisse und
95
Vgl. Müller-Stewens (1997), S. 31.
96
Vgl. zu diesem Absatz Faisst (1998), S. 11 und Mertens/Griese/Ehrenberg (1998),
S. 128.
97
Vgl. zu diesem Absatz Faisst (1998), S. 12 und Mertens/Griese/Ehrenberg (1998),
S. 129.
98
Vgl. zu diesem Absatz Faisst (1998), S. 13 und Mertens/Griese/Ehrenberg (1998),
S. 130.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
22
Kompetenzen nicht nach außen abgeben oder interpretieren die Koopera-
tion mit anderen gar als eine Schwäche des eigenen Unternehmens. Wei-
terhin stellt ein Virtuelles Unternehmen auch höhere Anforderungen, da
zum einen die Leitung schwieriger wird und zum anderen neben der ei-
gentlichen Tätigkeit zusätzliche Abstimmungs- und Kommunikationsauf-
gaben übernommen werden müssen. Dazu kommen kulturelle Unter-
schiede zwischen den Partnern, die es zu überwinden gilt. Durch den
temporären Charakter fühlen sich Mitarbeiter weniger an ihr Unternehmen
gebunden und möglicherweise auch weniger abgesichert, was die Motiva-
tion beeinträchtigen kann. Auch die Überwindung der räumlichen Distanz
stellt hohe Anforderungen an die Mitarbeiter, die nur mit besonderen
Kommunikations- und Koordinationsfähigkeiten erfüllt werden können.
99
Aus steuerlicher und rechtlicher Sicht existieren oftmals keine klaren Re-
gelungen. Dies kann zu Unsicherheiten führen, die die Entstehung Virtuel-
ler Unternehmen behindern (auf rechtliche Aspekte wird in Abschnitt 2.10
näher eingegangen). Besteht Kreditbedarf, so stehen Virtuelle Unterneh-
men (besonders wenn sie aus kleineren Partnern bestehen) im Vergleich
zu Großunternehmen vor größeren Hindernissen, da keine gemeinsame
Haftungsmasse vorhanden ist. Es kann also nur jeder Partner für sich und
in seinem Kreditrahmen Darlehen in Anspruch nehmen. In puncto Subven-
tionen haben Virtuelle Unternehmen meist dahingehend ein Problem, dass
sie nicht über die personellen Ressourcen größerer Unternehmen verfü-
gen, um die mitunter sehr komplexen Vorschriften zu überblicken. Daher
entgehen ihnen eventuell Fördermittel, die ihnen eigentlich zustünden.
100
99
Vgl. zu diesem Absatz Faisst (1998), S. 11-13 und Mertens/Griese/Ehrenberg (1998),
S. 129 f.
100
Vgl. zu diesem Absatz Mertens/Griese/Ehrenberg (1998), S. 131 f.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
23
2.4 Die Rolle des Brokers
Der Begriff des Brokers
101
tauchte bereits vor dem Konzept des Virtuellen
Unternehmens in der Literatur auf, nämlich 1984 bei Miles und Snow, die
ihn im Zusammenhang mit der Koordination von Unternehmensnetzwer-
ken benutzten.
102
Die Übertragung dieser Idee auf das Virtuelle Unter-
nehmen könnte als Widerspruch zur Arbeitsdefinition des Virtuellen Unter-
nehmens gesehen werden, da diese einen Verzicht auf die Institutionali-
sierung zentraler Managementfunktionen fordert. Trotzdem kann, beson-
ders im Aufbaustadium, auch im Virtuellen Unternehmen auf eine gewisse
Koordination nicht verzichtet werden.
Zunächst nimmt der Broker häufig die Rolle des Initiators eines Virtuellen
Unternehmens ein, er entwickelt eine Idee und versucht, für deren Umset-
zung geeignete Partner mit entsprechenden Kernkompetenzen zu einem
Verbund zusammenzuführen. Nach Gründung
103
des Virtuellen Unter-
nehmens schafft er die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit,
zum Beispiel durch Festlegung des Material- und Informationsflusses, Klä-
rung von Finanzierungsfragen und Definition gewisser Regeln, die den
Vertrauensaufbau fördern. Während der operativen Phase fungiert er als
Koordinator sowie als Vermittler bei eventuell auftretenden Konflikten.
Nach Beendigung der Zusammenarbeit archiviert der Broker das erwor-
bene Wissen und stellt es den Partnern zur Verfügung. Außerdem ist er
der verbleibende Ansprechpartner (z.B. für weitere Ansprüche) nach der
Auflösung.
104
Als eine der wichtigsten Aufgaben des Brokers werden das Repräsentie-
ren des Virtuellen Unternehmens gegenüber den Kunden sowie die Ak-
101
In der Literatur finden zum Teil abweichende Bezeichnungen Verwendung, z.B. ,,Ko-
ordinator", ,,Leader", ,,Promotor", ,,Information Broker" oder ,,fokales Unternehmen" (ei-
ne Übersicht hierzu bietet Faisst (1998), S. XXIII). Diese Bezeichnungen sind aber
weitgehend synonym und werden hier alle unter dem Begriff ,,Broker" zusammenge-
fasst. Die in diesem Abschnitt vorgestellten Aufgaben eines Brokers werden bei man-
chen Autoren auch auf mehrere Rollen verteilt, wobei dem Broker dann lediglich die
Verantwortung für Akquisition und Betreuung von Kunden zukommt (vgl. z.B. Becker
(1999), S. 104-113).
102
Vgl. Miles/Snow (1984), S. 19.
103
Vgl. zu den Details der hier angesprochenen Lebenszyklusphasen eines Virtuellen
Unternehmens Abschnitt 2.7.
104
Vgl. zu diesem Absatz Faisst (1997), S. 4.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
24
quisition neuer Kunden und Aufträge angesehen.
105
Die Kunden sollen
meist nicht mit dem erklärungsbedürftigen Konstrukt des Virtuellen Unter-
nehmens konfrontiert werden und nur einem Ansprechpartner gegenüber-
stehen, der ihnen die Gesamtleistung aus einer Hand anbietet.
106
Dies
erleichtert auch die Koordination innerhalb des Virtuellen Unternehmens,
da der Kunde so nicht ohne Wissen der anderen Partner an einer Stelle
(d.h. bei einem der beteiligten Unternehmen) in einen laufenden Prozess
eingreifen und diesen dadurch stören kann.
107
Im Verhältnis zu den anderen Mitgliedern des Virtuellen Unternehmens ist
der Broker derjenige, der bei Bedarf Mitglieder ersetzt bzw. neue hinzu-
nimmt oder, falls erforderlich, auch das gesamte Projekt beendet.
108
Au-
ßerdem schlichtet er Interessenkonflikte und sorgt gegebenenfalls für eine
erforderliche Sanktionierung, indem er beispielsweise Informationen über
eine mangelnde Kooperationsfähigkeit oder einen Vertrauensbruch eines
Mitglieds weitergibt und so dessen Chancen auf eine zukünftige Einbin-
dung in andere Projekte in einer bestimmten Branche oder Region schmä-
lert.
109
2.5 Typisierung Virtueller Unternehmen
In der Literatur existieren verschiedene Ansätze zur Typisierung Virtueller
Unternehmen, von denen die wichtigsten hier vorgestellt werden sollen.
Zunächst besteht die Möglichkeit, Virtuelle Unternehmen anhand des Er-
füllungsgrades bezüglich der Definitionsmerkmale zu typisieren, was aber
aufgrund der Ungenauigkeiten bei der Quantifizierung
110
sowie wegen der
zahlreichen unterschiedlichen Definitionen relativ selten angewandt wird
und daher an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden soll.
Ein weiterer Ansatz findet sich bei Albers et al., die drei Typen Virtueller
Unternehmen unterscheiden. Typ 1 besteht aus einem Hauptunterneh-
men, das einseitig und unter starkem Einsatz von Informations- und
Kommunikationstechnologie sämtliche Leistungen von Lieferanten bezieht
105
Vgl. Mertens/Griese/Ehrenberg (1998), S. 14.
106
Vgl. Simon (1998), S. 139 f.
107
Vgl. Simon (1998), S. 139.
108
Vgl. Mertens/Griese/Ehrenberg (1998), S. 13.
109
Vgl. Mertens/Griese/Ehrenberg (1998), S. 14.
110
Vgl. Mertens/Griese/Ehrenberg (1998), S. 9 f.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
25
und diese dann kombiniert und vermarktet. Typ 2 und 3 sind dagegen
durch gegenseitige Austauschbeziehungen charakterisiert. Typ 2 beinhal-
tet Partner mit ganz oder teilweise homogenen Kompetenzen, die zwar
zueinander im Wettbewerb stehen, sich aber aus Kapazitätsgründen ge-
genseitig unterstützen. Typ 3 hat eine Erweiterung des Leistungsspekt-
rums zum Ziel und setzt sich daher aus Partnern zusammen, die über un-
terschiedliche und komplementäre Kompetenzen verfügen.
111
Eine äußerst logische Art der Typisierung ist die nach dem Ursprung der
beteiligten Partner (siehe Abbildung 3). Diese können einerseits aus der
Aufspaltung eines vormals großen Unternehmens (,,Modularisierung"
112
oder ,,Quasi- Externalisierung"
113
) hervorgegangen sein, andererseits aber
auch vollkommen eigenständige (meist kleine und mittelgroße) Einheiten
sein, die über verschiedene Kernkompetenzen verfügen (,,Spezialisie-
rung"
114
oder ,,Quasi-Internalisierung"
115
).
116
Bei der letztgenannten Mög-
lichkeit handelt es sich um den klassischen Fall des Virtuellen Unterneh-
mens.
(Groß-)
Unternehmen
(kleine und mittlere)
Unternehmen
Modularisierung
Spezialisierung
Virtuelles
Unternehmen
Virtuelles
Unternehmen
Abbildung 3: Typisierung Virtueller Unternehmen anhand der Entstehung.
117
111
Vgl. zu diesem Absatz Albers et al. (2002), S. 16 f.
112
Zimmermann (1999), S. 100.
113
Faisst (1998), S. 15.
114
Zimmermann (1999), S. 101.
115
Faisst (1998), S. 15.
116
Vgl. Faisst (1997), S. 3 und Zimmermann (1999), S. 100-102.
117
Vgl. Zimmermann (1999), S. 101.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
26
Sehr verbreitet ist auch der Ansatz, Virtuelle Unternehmen nach der Art
der zu Grunde liegenden Beziehung zu typisieren, wobei drei Arten unter-
schieden werden können (siehe Abbildung 4).
Einzelunternehmen
Verbindung zu einem
Virtuellen Unternehmen
Pool
B
C
A
Abbildung 4: Typisierung Virtueller Unternehmen anhand der
Dauerhaftigkeit der Beziehungen.
118
Typ A stellt ein Virtuelles Unternehmen dar, das ausschließlich aus Part-
nern besteht, die bereits einem ,,Pool"
119
potenzieller Mitglieder angehören.
Je nach benötigter Kernkompetenz schließen sich die Einzelunternehmen
projektbezogen zu Virtuellen Unternehmen zusammen. Dieser Typ bietet
Transaktionskostenvorteile, da bei wiederholter Kooperation zwischen den
gleichen Mitgliedern Skaleneffekte erzielt werden können und in die Ko-
operation getätigte Investitionen leichter amortisierbar sind. Außerdem
gestaltet sich der wichtige Aufbau von Vertrauen innerhalb eines Pools
leichter als mit völlig unbekannten Partnern.
120
Ein möglicher Ursprung des Partnerpools könnte, anders als bei Zimmer-
mann impliziert,
121
die oben angesprochene Modularisierung eines Groß-
unternehmens in selbstständige Einheiten sein.
Bei einem Virtuellen Unternehmen vom Typ B schließen sich ebenfalls
bevorzugt Mitglieder aus dem Pool zusammen, allerdings werden hier
118
Vgl. Faisst (1997), S. 3.
119
Faisst (1997), S. 3.
120
Vgl. zu diesem Absatz Faisst (1997), S. 3.
121
Vgl. Zimmermann (1999), S. 102.

Virtuelle Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
27
auch fremde Unternehmen vorübergehend hinzugezogen, wenn eine
Kernkompetenz benötigt wird, die im Pool nicht oder nur begrenzt zur Ver-
fügung steht.
122
Es ist auch denkbar, dass auf diese Weise kurzfristige
Kapazitätsengpässe überbrückt werden können oder ein Fremder wesent-
lich schneller oder kostengünstiger arbeiten kann als infrage kommende
Poolmitglieder. Ein so zum Pool gestoßenes fremdes Unternehmen hat
bei erfolgreicher Kooperation die Chance, in den Pool aufgenommen und
an zukünftigen Virtuellen Unternehmen beteiligt zu werden.
123
Typ C basiert im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Typen nicht auf
bestehenden Beziehungen, sondern zeichnet sich durch einen spontanen
Zusammenschluss fremder Unternehmen aus.
124
Dieser Fall ist in der Re-
alität jedoch kaum vorzufinden, da sich nicht nur aufgrund der fehlenden
Vertrauensbasis, sondern auch wegen des notwendigen Aufbaus einer
Kooperationsinfrastruktur für ein einziges Projekt die Zusammenarbeit
zwischen den unbekannten Partnern sehr schwierig gestalten würde.
125
Es ist jedoch denkbar, dass Typ C in Zukunft häufiger Anwendung findet,
wenn die Technologie der Web Services weiter entwickelt wird und eine
leichtere Kopplung von Unternehmen möglich macht (vgl. Abschnitt 3.1.3).
In diesem Zusammenhang könnte zukünftig insbesondere der UDDI-
Dienst (Universal Description, Discovery and Integration) interessant wer-
den, der ein Auffinden potenzieller Partner mittels einer Art elektronischer
Gelber Seiten möglich macht (vgl. Abschnitt 3.1.3.4). Damit wäre zumin-
dest die technologische Hürde des Typs C leichter zu überwinden, eine
Vertrauensgarantie kann aber auch diese Lösung nicht bieten.
Die beiden Typisierungsmöglichkeiten nach Entstehung und Dauerhaftig-
keit der Beziehung lassen sich in einer Matrix kombinieren (siehe Ta-
belle 3). So können insgesamt fünf Typen Virtueller Unternehmen unter-
schieden werden, da Typ C wegen der Unbekanntheit der Partner nur in
Kombination mit der Quasi-Internalisierung auftreten kann.
122
Vgl. Faisst (1997), S. 3 und Mertens/Griese/Ehrenberg (1998), S. 14.
123
Vgl. Faisst (1997), S. 3.
124
Vgl. Faisst (1997), S. 3.
125
Vgl. Kemmner/Gillessen (2000), S. 12.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832472191
ISBN (Paperback)
9783838672199
DOI
10.3239/9783832472191
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
services groupware
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Titel: Betriebswirtschaftliche und technologische Aspekte der Kooperation in virtuellen Unternehmen
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