Lade Inhalt...

Literaturrecherche zur Bewertung von dieselmotorischen Phänomenen der Einspritzung, Gemischbildung und Verbrennung

©2003 Studienarbeit 92 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Studienarbeit mit dem Titel „Literaturrecherche zur Bewertung von dieselmotorischen Phänomenen der Einspritzung, Gemischbildung und Verbrennung“ wurde am Institut für Technische Verbrennung, ITV, der Universität Hannover angefertigt. Sie beschreibt den derzeitigen Stand der Forschung und Technik bezüglich des dieselmotorischen Einspritzvorgangs sowie der Zündung und Verbrennung. Beschriebene und diskutierte Themen sind der Vergleich der Systemcharakteristika von Pumpe Düse und Common Rail Einspritzanlagen. Es wird ein derzeitiger Stand der Forschung und Technik bezüglich der Kavitationsentstehung im Injektor und den Einfluss der Kavitation auf das Strahlverhalten gegeben. Weiter wird die Gemischbildung behandelt, wobei insbesondere auf die verschiedenen Einflussfaktoren auf das Strahlverhalten bezüglich Eindringtiefe, Strahlkegelwinkel etc. eingegangen wird. Ebenfalls werden Zündung, Verbrennungsablauf und Schadstoffbildung beschrieben. Einen großen Bereich stellt die Darstellung und Diskussion des Potenzials der innermotorischen Schadstoffsenkung mittels Mehrfacheinspritzung und Einspritzverlaufsformung dar.
Die Arbeit wurde als Literaturrecherche unter Verwendung der neusten
Forschungsergebnisse durchgeführt.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
2.Kraftstoffeinbringung3
2.1Dieseleinspritzsysteme3
2.1.1Pumpe Düse (PD) und Pumpe Leitung Düse (PLD)4
2.1.2Common Rail (CR)5
2.1.3Funktionsweise des Common Rail Injektors7
2.1.4Systemcharakteristika der Einspritzsysteme8
2.2Düsengeometrie9
2.2.1Unterschiede Sitzloch-Sacklochdüse9
2.2.2Hydroerosive Verrundung11
2.3Kavitation11
2.3.1Allgemeine Kavitationsentstehung11
2.3.2Kavitationsentstehung im Nadelsitzbereich13
2.3.3Kavitationsentstehung am Spritzlocheinlauf14
2.3.4Definition der Kavitationszahl15
2.3.5Geometrieeinflüsse auf die Kavitation15
2.3.6Kavitationsformen17
3.Gemischbildung19
3.1Strahlaufbruch19
3.1.1Primärer und sekundärer Strahlzerfall19
3.1.2Zerfallsbereiche19
3.1.3Einfluss der Kavitation auf den Strahlaufbruch22
3.1.4Einfluss der Spritzlochkantenwinkel25
3.2Tropfengrößenverteilung und Tropfengeschwindigkeit25
3.2.1Einfluss des Kompressionsdrucks27
3.2.2Einfluss des Raildrucks29
3.3Strahlkegelwinkel und Eindringtiefe31
3.3.1Einfluss des Raildrucks auf den Strahlkegelwinkel31
3.3.2Einfluss des Raildrucks auf die Eindringtiefe33
3.3.3Einfluss des Kompressionsdrucks34
3.3.4Einfluss der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kraftstoffeinbringung
2.1 Dieseleinspritzsysteme
2.1.1 Pumpe Düse (PD) und Pumpe Leitung Düse (PLD)
2.1.2 Common Rail (CR)
2.1.3 Funktionsweise des Common Rail Injektors
2.1.4 Systemcharakteristika der Einspritzsysteme
2.2 Düsengeometrie
2.2.1 Unterschiede Sitzloch-Sacklochdüse
2.2.2 Hydroerosive Verrundung
2.3 Kavitation
2.3.1 Allgemeine Kavitationsentstehung
2.3.2 Kavitationsentstehung im Nadelsitzbereich
2.3.3 Kavitationsentstehung am Spritzlocheinlauf
2.3.4 Definition der Kavitationszahl
2.3.5 Geometrieeinflüsse auf die Kavitation
2.3.6 Kavitationsformen

3. Gemischbildung
3.1 Strahlaufbruch
3.1.1 Primärer und sekundärer Strahlzerfall
3.1.2 Zerfallsbereiche
3.1.3 Einfluss der Kavitation auf den Strahlaufbruch
3.1.4 Einfluss der Spritzlochkantenwinkel
3.2 Tropfengrößenverteilung und Tropfengeschwindigkeit
3.2.1 Einfluss des Kompressionsdrucks
3.2.2 Einfluss des Raildrucks
3.3 Strahlkegelwinkel und Eindringtiefe
3.3.1 Einfluss des Raildrucks auf den Strahlkegelwinkel
3.3.2 Einfluss des Raildrucks auf die Eindringtiefe
3.3.3 Einfluss des Kompressionsdrucks
3.3.4 Einfluss der Kompressionstemperatur
3.4 Lokales Luft/Kraftstoffverhältnis

4.Dieselmotorische Zündung, Verbrennung und Schadstoffentstehung
4.1 Zündung, Zündverzug
4.1.1 Zündverzug
4.1.2 Zündorte
4.2 Verbrennungsablauf
4.2.1 Premixed Verbrennung
4.2.2 Hauptverbrennung
4.2.3 Nachverbrennung
4.3 Schadstoffbildung
4.3.1 Stickoxide
4.3.2 Partikelbildung

5. Innermotorische Schadstoffsenkung durch Mehrfacheinspritzung und Einspritzverlaufsformung
5.1 Potential der Voreinspritzung
5.2 Potential der geteilten Haupteinspritzung
5.3 Potential der Nacheinspritzung
5.4 Potential der Einspritzverlaufsformung

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Verwendete Formelzeichen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

"Es wird Wagen geben, die von keinem Tier gezogen mit unglaublicher Gewalt daherfahren." Leonardo da Vinci, 1452 - 1519

Neben seiner vorherrschenden Stellung im Nutzfahrzeug- und Off-Highway-Bereich nimmt die Bedeutung des Dieselmotors als Pkw Antrieb stetig zu. Wurde er noch vor 20 Jahren eher als Arbeitsaggregat mit geringer Leistung aber dafür hoher Rußemission angesehen, stößt er heutzutage kontinuierlich in Bereiche vor, die bisher nur dem Otto-Motor vorbehalten waren, wie z. B. den Rennsport.

Sein Vormarsch im Pkw-Sektor liegt vor allem in seiner Wirtschaftlichkeit begründet.

Die Defizite in den Fahrleistungen konnte der Dieselmotor in den letzten Jahren durch die Entwicklung der thermodynamisch günstigeren Direkteinspritztechnologie weitgehend wett machen und seinen Verbrauchsvorteil ebenfalls noch weiter ausbauen. Nachdem die Forschung und Entwicklung lange Zeit eine Steigerung der Fahrdynamik bei gleichzeitiger Senkung des Verbrauchs als Ziel verfolgte, zwang die Abgasgesetzgebung zu einem Umdenken. Primäres Ziel der heutigen Forschung und Entwicklung ist die Verbesserung der Abgasemissionen, um die zukünftigen strengen Abgasrichtlinien einzuhalten

(Abb. 1.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Entwicklung der Abgasgrenzwerte für Stickoxide und Ruß nach EU- Richtlinie für Nutzfahrzeuge

Beim Dieselmotor sind hauptsächlich die Reduzierung von Partikelausstoß und Stickoxidemission zwingend notwendig. Das im Abgas auftretende NO ist ein starkes Blutgift, NO2 bildet unter Sonnenlichteinwirkung bodennahes Ozon. Ruß steht im Verdacht, krebsverursachend zu sein. Vor allem Feinstpartikel wurden bei der Untersuchung der Auswirkungen auf den menschlichen Organismus als kanzerogen eingestuft. Es ist auch noch heute ein Diskussionsthema unter Wissenschaftlern, inwieweit die Verminderung des Dieselrußausstoßes der letzten Jahre auch eine Senkung der Gesundheitsgefährdung bewirkt hat, da hauptsächlich die Emission großer Partikel abnahm. Hingegen steht gerade der Feinststaub in Verdacht, Lungenkrebs hervorzurufen, da er in der Lage ist, über die Atemwege bis in die Lungenbläschen vorzudringen und dort seine Schadwirkung zu entfalten [72].

Die Reduzierung des Schadstoffausstoßes kann auf zweierlei Arten erfolgen: entweder außermotorisch, z. B. durch Partikelfilter und Stickoxidkatalysatoren, oder innermotorisch durch entsprechende Optimierung der Motorparameter. Aufgrund des zusätzlichen Aufwands der außermotorischen Maßnahmen, die auch mit erheblichen Kosten verbunden sind, versucht man auf innermotorischem Weg den Schadstoffausstoß auf einen aktzeptablen Wert zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, aufbauend auf dem heutigen Stand der Forschung, nach neuen, innermotorischen Maßnahmen zu suchen, um mit möglichst wenig konstruktivem Aufwand ein möglichst schadstoffarmes und effektives Antriebsaggregat zur Verfügung zu stellen.

Bei direkteinspritzenden Dieselaggregaten erhofft man sich durch Optimierung des Einspritzvorgangs die zukünftigen strengen Abgasgrenzwerte einhalten zu können. Insbesondere auf dem Gebiet der Einspritzverlaufsformung wird großes Potential zur Schadstoffsenkung vermutet. Um hier die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen ist eine genaue Kenntnis der innermotorischen Vorgänge von Nöten. Insbesondere die Einflüsse auf den Strahlaufbruch und die Vorgänge während und nach der Verbrennung sind außerordentlich wichtig zum Verständnis der Wirkmechanismen die zur Schadstoffentstehung führen. Über diese Themen wurden einige Forschungsberichte veröffentlicht, deren Kernaussagen und auch Widersprüche in dieser Studienarbeit, die am Institut für Technische Verbrennung der Universität Hannover entstanden ist, dargestellt werden sollen.

2. Kraftstoffeinbringung

2.1 Dieseleinspritzsysteme

Die kontrollierte Einbringung von Kraftstoff in die komprimierte Luft im Verbrennungsraum eines Dieselmotors ist eine Kernaufgabe der dieselmotorischen Entwicklung. Man kann zwischen zwei grundlegenden Prinzipien der Kraftstoffeinbringung in der Dieseltechnologie unterscheiden,

- der indirekten und
- der direkten Einspritzung.

Beim indirekten Vorkammerverfahren wird der einzubringende Kraftstoff in eine Vorkammer eingespritzt, in der aufgrund des kleinen Raumes von ca. 25-30 % des Kompressionsvolumens ein hochturbulentes Strömungsfeld herrscht. Nach einer relativ kurzen Zündverzugszeit entzündet sich das Gemisch an den heißen Vorkammerwänden und wird dadurch rasch in die Brennkammer ausgeblasen. Kammerverfahren haben aufgrund der kurzen Zündverzugszeit ein relativ niedriges Verbrennungsgeräusch und es sind nur geringe Kraftstoffdrücke um 350 bar notwendig, da die Kraftstoffzerstäubung durch Ausblasen aus der Vorkammer nach Zündbeginn erfolgt [4].

Bei direkten Einspritzverfahren wird der Kraftstoff direkt in den Zylinder eingespritzt. Die Einspritzdrücke müssen für diese Art der Kraftstoffeinbringung wesentlich höher sein (bis 2000 bar). Die Zerstäubung findet nur durch den Einspritzdruck und den damit verbundenen Impuls statt. Hierbei gilt die Grundregel, dass bei gleichem System die Kraftstoffzerstäubung sich mit zunehmendem Einspritzdruck verbessert. Die Direkteinspritzverfahren weisen einen deutlich niedrigeren Kraftstoffverbrauch (um 10%) auf, da keine Druckverluste durch Überströmvorgänge wie bei indirekten Verfahren entstehen. Aus diesem Grund sind direkte Einspritzverfahren heutzutage Stand der Technik [4].

Die Einspritzanlage muss zur besseren Zerstäubung und zum besseren Ausfüllen des Zylindervolumens zu einem definierten Zeitpunkt eine definierte Menge Kraftstoff unter hohem Druck in den Zylinder einspritzen. Je genauer die Einspritzmenge bemessen werden kann und je präziser die Festlegung des Einspritzzeitpunktes möglich ist, desto näher kann der Motor an der Rußgrenze und damit an einer optimalen Leistungsausbeute betrieben werden. Beim Dieselmotor darf ein Luftverhältnis von l » 1,2 nicht unterschritten werden, da sonst die Rußentstehung aufgrund örtlichen Luftmangels stark zunimmt. Diese Grenze bezeichnet man als Rußgrenze, sie verhindert eine Leistungssteigerung durch Annäherung an das stöchiometrische Luft-Kraftstoffgemisch. Außerdem ist es wichtig, dass signifikante Kenngrößen wie Spritzbeginn und Verlauf der zeitlichen Einbringung der Kraftstoffmasse bei jedem Arbeitsspiel reproduzierbar dargestellt werden. Durch Mehrfacheinspritzung und der Fähigkeit, auch kleinste Teilmengen einspritzen zu können, werden weitere Anforderungen an die Einspritzsysteme gestellt. Die heutzutage eingesetzten unterschiedlichen direkten Einspritzsysteme sind das Pumpe Düse (bzw. Pumpe Leitung Düse) System und das Common Rail System.

2.1.1 Pumpe Düse (PD) und Pumpe Leitung Düse (PLD)

Beim Pumpe-Düse System wird der Einspritzdruck, der bis zu 2000 bar betragen kann, in einer mechanischen Einheit, bestehend aus Hochdruckpumpe und Einspritzventil, direkt über eine Nockenwelle am Zylinderkopf erzeugt. Es handelt sich somit um ein System mit einspritzsynchronem Druckaufbau.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.1.1): Funktionsweise des Pumpe Düse Einspritzsystems [56]

Über die Nocke (2) und Kipphebel (3) wird je nach Kurbelwellenstellung ein Druck in der Druckerzeugungseinheit (1) aufgebaut. Das Magnetventil (4) steuert den Einspritzvorgang bzw. den Beginn des Druckaufbaus im Injektor durch Schließen eines Kraftstoffrücklaufs. Als Folge baut sich in der Einspritzdüse ein Druck auf, der nach Überschreiten des Öffnungsdrucks die Düsennadel entgegen der Verschlussfeder nach oben drückt und dadurch die Einspritzbohrungen freigibt.

Aufgrund der Zusammenlegung von Druckerzeugung und Einspritzventil wird ein relativ großer Platzbedarf am Zylinderkopf benötigt. Durch die Verlagerung der Pumpeneinheit an eine untenliegende Nockenwelle kann das Pumpe Leitung Düse (PLD) System realisiert werden, das in seiner Funktionsweise dem oben besprochenen Pumpe Düse System entspricht, allerdings durch seinen modularen Aufbau wesentlich wartungsfreundlicher ist und die Adaption an bestehende Motoren leichter ausgeführt werden kann. Pumpe Düse Systeme finden begünstigt durch die Motorkonzepte mit obenliegenden Nockenwellen überwiegend bei Pkw-Motoren Anwendung, während Pumpe Leitung Düse Systeme bei größeren Motoren, wie z.B. NKW- und Off-Highway-Applikationen (Schiffe, Generatoranwendungen, usw.) eingesetzt werden. Insbesondere Motoren in V-Bauform sind aufgrund einer untenliegenden zentralen Nockenwelle prädestiniert für PLD Applikationen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.1.2): PD Einheit und Messgrößen [56]

Spritzbeginn und -dauer können über die Bestromung des Hochdruckmagnetventils geregelt werden, dessen Öffnungs- und Verschlusszeiten durch das Motorsteuergerät bestimmt sind. Durch einen Ausweichkolben kann eine Voreinspritzung realisiert werden. Durch die anlagenbedingte Abhängigkeit des PD bzw. PLD Systems von der Kurbelwellenstellung ist eine sehr exakte und steife Konstruktion der Pumpennockenwelle und der Nocken notwendig. Dies erfordert einen hohen Fertigungsaufwand. Aufgrund des im Vergleich zum Common Rail System langsamen Druckanstiegs und der dreieckförmigen Einspritzrate während des Einspritzvorgangs ist das Verbrennungsgeräusch niedrig und die Stickoxidemission relativ günstig, da die Gemischbildung der Vormischverbrennung schlechter ist und damit der Druckanstiegsgradient als auch die Temperatur niedriger sind. Ein hoher Druckanstiegsgradient ist für das dieseltypische „Nageln“ verantwortlich und eine hohe Temperatur begünstigt die Stickoxidentstehung. Gerade im Bereich der Kleinstmengenzuführung weisen das PD und das PLD System aufgrund der schlechten Zerstäubung durch das niedrige Druckgefälle bei Öffnungsbeginn Mängel auf [2].

2.1.2 Common Rail (CR)

Um den Forderungen nach freier Formbarkeit des Einspritzverlaufs gerecht zu werden, wurde das Common Rail System entwickelt. Der entscheidende Unterschied zu anderen direkteinspritzenden Systemen besteht in der kompletten Trennung von Druckerzeugung und Einspritzung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.1.3): Funktionsweise des Common Rail Einspritzsystems [56]

Über eine Niederdruckleitung wird mit einer Niederdruckpumpe die Hochdruckpumpe mit Kraftstoff versorgt. In der Hochdruckpumpe, die in der Regel als Radialkolbenpumpe ausgeführt ist, wird der Kraftstoff unter hohem Druck (bis 1650 bar) einer Speicherkammer, dem Rail, zugeführt. Das Rail dient neben seiner Funktion als Speichereinheit auch zur Dämpfung von Druckschwingungen und zur Verminderung des Druckabfalls beim Öffnen der Injektoren. Die Injektoren sind über kurze Hochdruckleitungen mit dem Rail verbunden. Beim Einspritzvorgang werden die Injektoren geöffnet und beginnen damit, eine definierte Menge Kraftstoff zu einem bestimmten Zeitpunkt, dem Spritzbeginn, in den Brennraum einzuspritzen. Der Einspritzzeitpunkt sowie das Öffnungsverhalten der Injektoren wird durch das Motorsteuergerät geregelt. Es wird über Sensoren kontinuierlich mit Motordaten beliefert, wie z. B. der Motordrehzahl oder Motortemperatur. Hiermit können ein der momentanen Motorlast angepasster Einspritzbeginn und Einspritzmenge realisiert werden.

Der entscheidende Unterschied des Common Rail Einspritzsystems gegenüber Systemen mit intermittierendem Druckaufbau, besteht in der vollständigen Trennung von Druckerzeugung und Motordrehzahl bzw. Kurbelwellenstellung. Das über das Steuergerät kontrollierte Druckregelventil bestimmt den benötigten Einspritzdruck, der je nach Umgebungsbedingung aus einem Kennfeld abgerufen wird. Große Einflüsse auf die Gemischbildung im Brennraum haben die Injektoren, da ihre Leistungsfähigkeit und Flexibilität entscheidend für eine optimale Kraftstoffeinbringung bei jedweder Motorlast und Drehzahl sind.

2.1.3 Funktionsweise des Common Rail Injektors

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.1.4): Schnittbild eines Common Rail Solenoid Injektors

Die Düsennadel wird durch den anliegenden Kraftstoffdruck geschlossen gehalten, da an der Stirnfläche des Kolbens durch seine größere Oberfläche eine wesentlich höhere Verschlusskraft wirkt als an der Düsennadel eine Öffnungskraft. Erfolgt nun eine Bestromung der Magnetspule, so wird der Ankerbolzen angezogen und gibt dadurch ein Ausgleichsvolumen frei. Durch den Druckabfall an der Oberseite des Ventilsteuerkolbens im Steuerraum kann der Druck an der Düsennadel diese nach oben bewegen und die Düsennadel öffnet die Einspritzöffnungen für den Kraftstoff. Bei Spannungsunterbrechung an der Magnetspule wird der Ventilsteuerkolben durch Federkraft wieder in seine Verschlussposition gedrückt.

Mit diesem System lassen sich nahezu beliebige Mehrfachinjektionen wie z. B. Vor- und Nacheinspritzung als auch eine geteilte Haupteinspritzung realisieren. Ferner können verschiedene Einspritzverlaufsformen dargestellt werden, mit deren Hilfe sich die Schadstoffemissionen schon innermotorisch drastisch reduzieren lassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.1.5): Common Rail Injektor [56]

Abb. (2.1.5) zeigt die Zusammenhänge zwischen Bestromung der Magnetspule, dem Ankerhub, Druck in der Druckkammer und im Steuerraum sowie dem Düsennadelhub, der letztendlich für die Einspritzrate und den Verlauf verantwortlich ist. Mit dieser Art von Injektor lassen sich Voreinspritzmengen von 1 mm3 erreichen.

Neuerdings werden Piezoeinspritzventile entwickelt, bei denen die Öffnung des Ausgleichsvolumens nicht mittels einer Magnetspule erfolgt, sondern mit einem sog. Piezoaktuator, einem Stapel von Piezoplättchen. Dies hat den Vorteil, dass der Öffnungsvorgang wesentlich schneller vonstatten geht und dadurch die kleinstmögliche Einspritzmenge sinkt, was vor allem bei der Darstellung von geteilten Einspritzvorgängen wichtig ist (siehe Kapitel 5).

2.1.4 Systemcharakteristika der Einspritzsysteme

Bei Untersuchungen gleicher Motoren mit PLD (bzw. PD) und CR System wurde festgestellt, dass der CR Motor einen wesentlich höheren Stickoxidausstoß besitzt als derselbe Motor, der mit einer PLD (od. PD) Einspritzanlage ausgerüstet ist [10]. Der CR Motor besitzt aufgrund des kurbelwellenstellungsunabhängigen, dauerhaft anliegenden, hohen Drucks einen wesentlich höheren Kraftstoffeintrag bei Einspritzbeginn [30], [10]. Infolge dieser hohen Energieumsetzung sind die Temperaturen im Brennraum signifikant höher als bei Motoren mit nockengesteuerten Einspritzanlagen. Dies führt aufgrund des Zeldovich-Mechanismus (Kapitel 4.3) zur vermehrten Bildung von Stickoxiden [4]. Die Teilöffnung der Nadel bei Einspritzbeginn führt zu einer starken Drosselung mit einhergehender Turbulenzvergrößerung, die durch die auftretende Kavitationsbildung noch unterstützt wird (Kapitel 2.3). Diese Turbulenz führt zu einem verstärkten Aufbrechen des Sprays und einer, was die Stickoxidemissionen anbelangt, ungünstigeren Gemischbildung [43], [29], [8].

Der Anteil an zündfähigem Gemisch bei Brennbeginn ist bei der CR Einspritzanlage wesentlich höher, was ein schlagartiges Durchbrennen mit sehr hohen Temperaturspitzen zur Folge hat und neben der oben erwähnten Begünstigung der Stickoxidbildung auch für das laute, dieseltypische Geräusch verantwortlich ist (der sogenannten Premixed- bzw. Vormischverbrennung, Kapitel 4.2) [44].

Der große Vorteil des Common Rail Systems aber besteht in der großen Anzahl an Freiheitsgraden, die zur Gestaltung des Einspritzverlaufs zur Verfügung stehen. In naher Zukunft werden unterschiedliche Einspritzverläufe und sogar Druckverläufe darstellbar sein, die ein großes Potential bezüglich der innermotorischen Schadstoffreduktion und Leistungsausbeute erwarten lassen [34], [10].

2.2 Düsengeometrie

Es kommen insbesondere bei CR Systemen in der Pkw Anwendung unterschiedliche Arten von Mehrlochdüsen zum Einsatz. Es gibt Düsen mit unterschiedlicher Anzahl von über dem Umfang verteilten Einspritzlöchern (meistens 5-12), deren Lochanzahl sich auf die Gemischbildung auswirkt [27], [23]. Wird bei konstantem hydraulischen Durchfluss die Anzahl der Düsenlöcher erhöht, aber dafür der Lochdurchmesser verkleinert, so ergibt sich eine Verringerung der mittleren Tröpfchengröße [27], [23]. Durch die Verkleinerung des Tröpfchendurchmessers sinkt die Eindringtiefe, die Verdampfungsrate steigt und die Zündung setzt früher ein. Durch die verbesserte Gemischbildung aufgrund des kleineren Tröpfchendurchmessers steigt insbesondere die Stickoxidemission stark an. Durch eine gleichzeitige Druckerhöhung, mit der die gleiche Eindringtiefe wie bei einer Vergleichsdüse kleinerer Lochzahl erreicht wird, kann die Senkung des Partikelausstoßes aufgrund eines besseren Russabbrands erreicht werden. Allerdings erhöht sich aufgrund der gestiegenen Brennraumtemperatur die NOx Entstehung (siehe Kapitel 4.3) [23].

2.2.1 Unterschiede Sitzloch – Sacklochdüse

Es sind zwei Düsenarten mit prinzipiell unterschiedlichem Nadelsitz im Einsatz, die Sitzloch- und die Sacklochdüse.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.2.1): Vergleich des Aufbaus Sitzloch und Sacklochdüse [8]

Bei der Sitzlochdüse verschließt die Düsennadel direkt die Spritzlöcher, bei der Sacklochdüse hingegen befinden sich die Spritzlöcher nicht direkt am Nadelsitz, sondern in einem Sackloch unterhalb.

Unterschiede zwischen Sitz- und Sacklochdüse zeigen sich sehr deutlich in der Strahlsymmetrie [19], [14].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.2.2): Unterschiede der Strahlausbreitungssymmetrie von Sitz- und Sackloch- düse bei einem Raildruck von 1300 bar zu den Zeitpunkten 200, 400 und 600 ms nach Spritzbeginn [19]

Die Aufnahmen zeigen aufeinander gelegte Konturen des flüssigen Sprays von jeweils 24 verschiedenen Einspritzungen zu verschiedenen Zeitpunkten nach Spritzbeginn.

Die Konturen wurden mit dem Streulichtverfahren ermittelt. Zu erkennen ist ein deutlicher Unterschied der Gleichmäßigkeit der Einspritzkeulen der Sitzlochdüse im Vergleich zur Sacklochdüse. Diese schlechtere Strahlsymmetrie rührt im Wesentlichen von Nadeldeachsierungen beim Öffnungsvorgang her, die sich gemäß [19] auch durch eine doppelte Nadelführung bei Sitzlochdüsen nicht gänzlich vermeiden lassen. Die Sacklochdüse hingegen weist ein gleichmäßiges und reproduzierbares Spritzbild auf. Nachteil der Sacklochdüse im Vergleich zur Sitzlochdüse ist der höhere Ausstoß an unverbrannten Kohlenwasserstoffen aufgrund von sog. Nachspritzern, d.h. dem Ausdampfen des im Sackloch befindlichen Kraftstoffrests nach vollständigem Schließen der Düsennadel. Diesen Nachteil versucht man durch Reduktion des Sacklochvolumens zu relativieren, was zur Entwicklung von sogenannten Mini- und Mikrosacklochdüsen führte [19], [14].

2.2.2 Hydroerosive Verrundung

Bedeutenden Einfluss auf das Verhalten der Einspritzstrahlen haben die Spritzlöcher beider Düsenarten. Um verschleißbedingte Änderungen des Durchflusses zu vermindern, werden die Düsen hydroerosiv (HE) bearbeitet. Hierbei wird eine mit abrasiven Partikeln durchsetzte Flüssigkeit durch die Düse gefördert, um die Kanten zu verrunden und einen definierten Durchflusswert einzustellen und das Einlaufverhalten in die Spritzlöcher zu optimieren. Eine Düse mit der Bezeichnung HE 10 % weist einen um 10 % erhöhten Durchflusswert gegenüber der unverrundeten Originaldüse auf. Dieses Verfahren hat auch einen sehr starken Einfluss auf die im nächsten Abschnitt beschriebene Kavitation [8].

2.3 Kavitation

Beim Einspritzvorgang öffnet sich die Düsennadel und gibt einen immer größer werdenden Ringspalt im Nadelsitzbereich frei. Dadurch strömt Kraftstoff in das Spritzloch ein und füllt es aus. Bereits wenige Mikrosekunden später dringt der Kraftstoff in die Brennkammer und zerfällt unter Wechselwirkung mit der komprimierten Luft durch Impulsaustausch in Tröpfchen.

Bei CR Einspritzsystemen wurde festgestellt, dass der Kraftstoff wesentlich besser zerstäubt und damit die Gemischbildung in der Zündverzugsphase und bei Verbrennungsbeginn bedeutend besser ist als bei nockengesteuerten Anlagen wie z. B. Pumpe Düse [10]. Untersuchungen ergaben, dass dies auf das Auftreten von Kavitation aufgrund des beim Nadelöffnungsvorgang anliegenden hohen Drucks zurückgeführt werden kann. Die Entstehungsmechanismen und die Auswirkungen der Kavitation auf den Strahlzerfall sind neuerdings Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, da man sich von einem besseren Verständnis der Vorgänge eine Optimierung bezüglich des Einspritzvorgangs erhofft.

2.3.1 Allgemeine Kavitationsentstehung

Unter Kavitation versteht man die Ausbildung und Vergrößerung von Gas- oder Dampfblasen in Flüssigkeiten. Diese entstehen durch Druckabsenkung bei konstanter Temperatur sobald ein kritischer Schwellenwert unterschritten wird. Dies hat zur Folge, dass, ausgehend von Keimen, schlagartig Flüssigkeit verdampft (Zustandsänderung im 3-Phasenschaubild von A nach B).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.3.1): Dreiphasenschaubild mit Zustandsänderung bei Kavitationsauftritt

Diese Druckminderung kann nach [62] durch 4 verschiedene Effekte verursacht werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Kavitationsbildung in Dieseleinspritzanlagen ist hauptsächlich die hydrodynamische Kavitation verantwortlich [8].

Nach [57] können 3 Arten von Kavitationskeimen auftreten, an denen die Kavitation initiiert wird:

- luft- oder gasgefüllte Mikroblasen
- Verunreinigungen in der Flüssigkeit
- Gasbläschen, die sich in Unebenheiten der Wand befinden

Bei Kavitationsvorgängen im dieselmotorischen Prozess sind Mikroblasen die am häufigsten auftretenden Kavitationskeime [8]. Sie sind der ungelöste Gasanteil einer Flüssigkeit.

2.3.2 Kavitationsentstehung im Nadelsitzbereich

In einer Einspritzdüse befinden sich zwei Drosselstellen, an denen sich aufgrund der Umgebungsbedingungen im Strömungsfeld Kavitationsblasen bilden können. Dies sind zum einen der Nadelsitz, der abhängig vom Nadelhub eine mehr oder weniger starke Drossel darstellt, als auch die Einlasskanten der Spritzlöcher, an denen die Strömung stark umgelenkt wird [63], [29], [8].

Beim Öffnungs- und Schließvorgang der Nadel, insbesondere bei Vor- und Nacheinspritzvorgängen, befindet sich die Hauptdrosselstelle im Nadelsitzbereich. Hierbei wird die Flüssigkeitsströmung zwischen Nadel und Nadelsitz sehr stark gedrosselt und es bilden sich Kavitationsblasen. Diese können nach [63] implodieren. Durch diese Implosionsvorgänge kann der Nadelsitz geschädigt werden (Abb. 2.3.3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.3.2): Kavitationserosion an der Düsennadel und am Nadelsitz [63]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.3.3): Aufnahmen der Kavitation im Nadelsitzbereich beim Öffnungsvorgang

(dunkle Bereiche)[63]

In Abb. 2.3.2 ist zu erkennen, dass bei vollständig geöffneter Düse (nach 3600 ms) keine Kavitation (dunkle Bereiche) mehr auftritt, da aufgrund des größeren Ringspalts die Strömungsgeschwindigkeit und damit der Druck sinkt. Wegen der Schädigung des Nadelsitzbereiches ist es vorteilhaft, den Nadelsitzdrosselungsbereich möglichst schnell zu durchlaufen. Das Problem der Nadelsitzerosion tritt laut [63] hauptsächlich bei Common Rail Einspritzdüsen auf, da hier systembedingt schon beim Öffnungsvorgang ein sehr hoher Druck anliegt, der eine sehr starke Drosselung hervorruft. Aufgrund der geometrischen Berechnung des engsten Querschnittes des Nadelsitzes kann der wahrscheinlichste Bereich für das Auftreten von Kavitation bestimmt werden [63], [8].

2.3.3 Kavitationsentstehung am Spritzlocheinlauf

An der Einlaufkante des Einspritzlochs wird die Strömung stark umgelenkt und löst sich in Folge dessen unter Bildung von Kavitationsgebieten, in denen der lokale statische Druck unter den Dampfdruck fällt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.3.4): Kavitationsentstehung am Spritzlocheinlauf [8]

In beiden Drosselstellen der Einspritzdüse, dem Nadelsitz und dem Spritzlocheinlauf, bilden sich Bereiche mit niedrigem Druck in der Flüssigkeit aus, in denen sich Kavitationsblasen bilden. Allerdings ist das Auftreten der Kavitation gerade im Bereich des Spritzlocheinlaufs nicht nur alleine auf das Auftreten von niedrigem statischem Druck aufgrund Strömungsumlenkung zurückzuführen. Weitere Einflussfaktoren sind neben der Geschwindigkeitsverteilung auch Turbulenzeffekte. Geschwindigkeitsänderungen des turbulenten Geschwindigkeitsfeldes führen örtlich zu niedrigem statischen Druck. Es bilden sich Kavitationsblasen, obwohl der mittlere statische Druck noch oberhalb des Dampfdrucks liegt.

2.3.4 Definition der Kavitationszahl

Um die Entstehung der Kavitation und deren Intensität abschätzen zu können, wurde von [51] eine Kavitationszahl speziell für Einspritzdüsen vorgeschlagen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Hilfe der Kavitationszahl kann durch einen düsenabhängigen Grenzwert bestimmt werden, ob Kavitation zu erwarten ist oder nicht. Es existieren noch weitere Definitionen der Kavitationszahl, die zusätzliche Parameter wie Fluideigenschaften und Geschwindigkeitsfeld berücksichtigen. Da es keine einheitliche Festlegung der Kavitationszahl gibt, wird auf weitere Definitionen nicht eingegangen.

2.3.5 Geometrieeinflüsse auf die Kavitation

Die Geometrie der Einspritzdüse beeinflusst wesentlich die Bildung von Kavitation und als Folge davon auch den Strahlzerfall. Haupteinflussfaktoren sind die Konizität der Einspritzbohrungen sowie den Grad der hydroerosiven Verrundung.

Unter dem Konizitätsfaktor K versteht man das Verhältnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalte

Spritzlöcher mit negativem Konizitätsfaktor weisen demnach einen größeren Außen- als Innendurchmesser auf.

Durch Untersuchungen an Acrylglasdüsen konnte der starke Einfluss der Konizität auf das Kavitationsverhalten von [63], [29], [8] bestätigt werden.

Von [29] wurden drei verschiedene Konizitätsvarianten ausgewählt (K=-2,5, K= 0, K=2,5) und Aufnahmen über die Dauer eines kompletten Einspritzvorgangs angefertigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.3.5): Kavitationsbildung in Abhängigkeit der Konizität [29]

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Düse mit dem niedrigsten Konizitätsfaktor (K = -2,5) die stärkste Kavitationsneigung zeigt (dunkle Bereiche im Spritzloch). Die Düse mit zylindrischem Spritzloch (K=0) weist ebenfalls starke Kavitation auf, während des Öffnungsvorganges (50 ms nach Einspritzbeginn) entsteht Kavitation im Zentrum der Einspritzbohrung. In der Düse mit Konizitätsfaktor 2,5 bildet sich über fast den gesamten Einspritzvorgang keine Kavitation. Diese Ergebnisse werden von [63] und [8] bestätigt.

Der hauptsächliche Einfluss der Einlaufkantenverrundung des Spritzlochs auf die Kavitationsbildung liegt in der Verlagerung des Entstehungsortes Richtung Spritzlochausgang. [8] und [63] stellten fest, dass die Kavitation, bei gleichen Düsen mit unterschiedlich stark verrundetem Einlauf, bei denjenigen mit größerem HE Wert später einsetzt. Dies ist auf die Notwendigkeit eines stärkeren Druckgefälles durch höheren Nadelhub zurückzuführen. Daraus folgt, dass die Kavitation in Düsen mit starker HE Verrundung und hohem Konizitätsfaktor weniger stark ausgeprägt ist und zu einem späteren Zeitpunkt des Nadelöffnungsvorganges einsetzt [63], [29], [8].

2.3.6 Kavitationsformen

[50] hat an einer 20-fach vergrößerten Sacklochdüse und unter Einsatz einer Ersatzflüssigkeit, welche die Dieseleigenschaften auch bei den veränderten Größenverhältnissen berücksichtigen soll, zwischen 2 sich beeinflussenden Formen der Kavitation unterscheiden können. An der Oberkante der Einspritzbohrung bilden sich kleine Bläschen einheitlicher Größe. Diese schließen sich mit steigender Kavitationszahl zu dichten Wolken zusammen, in denen keine Einzelblasen mehr erkannt werden können. Sie vereinigen sich und führen zu einem lokalen Dampffilm, der sich bei weiterer Erhöhung der Kavitationszahl (mit fortgeschrittener Nadelöffnung) an die Oberseite des Einspritzlochs anlegt und dort einen stabilen Kavitationsschlauch ausbildet. Dieser kann bis zur Hälfte des Spritzlochs ausfüllen.

[63], [29], [8] konnten diesen Zustand anhand von Acrylglasdüsen in Realgeometrie ebenfalls beobachten. [63] erklärt die Entstehung der Kavitation an der Oberseite der Einspritzdüsenbohrung mit dem spitzeren Winkel des Einspritzlochs an dieser Stelle, da hier die Strömungsumlenkung wesentlich größer ist als am stumpfen Winkel der Unterkante.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (2.3.6): Kavitationsentstehung im Spritzloch [63]

Des Weiteren bilden sich zwischen 2 angrenzenden Löchern transiente Kavitationsfäden aus. Sie entstehen durch Wirbel im Volumen zwischen Nadel, Nadelsitz und den beiden aneinander grenzenden Bohrungen. Diese Strömungswirbel mit hohem Impuls überlagern sich mit zirkulierender Flüssigkeit, wodurch im Wirbelkern Zonen niedrigen statischen Drucks auftreten. In diesen Wirbelkernen bilden sich Kavitationsblasen aus, die sich zu einem Kavitationsfaden vereinigen. Dieser Faden wird von 2 angrenzenden Löchern eingesogen und dringt in die Kavitationsschläuche im Düsenloch ein. Je größer der Nadelhub und damit das Druckgefälle ist, desto mehr Kavitationsfäden bilden sich. Diese Fäden treten in Wechselwirkung mit den Kavitationsschläuchen des Einspritzlochs und brechen auf. Die Lebensdauer solcher Kavitationsfäden beträgt nur einige Mikrosekunden. Danach bilden sich zwischen 2 beliebigen anderen Spritzlöchern Kavitationsfäden. [63], [50], [29], [8] stellten fest, dass mit zunehmendem Nadelhub die Kavitationsschläuche wesentlich stabiler sind.

3. Gemischbildung

In Verbrennungskraftmaschinen wird die im Kraftstoff gespeicherte Energie durch Oxidation freigesetzt. In realen Motoren ist diese Verbrennung unvollständig, weshalb im Abgas Schadstoffe wie HC, NOx oder Ruß zu finden sind. Beim Dieselmotor erfolgt die chemische Umsetzung durch gleichzeitiges Vermischen, Verdampfen, Zünden und schließlich Verbrennen des in den Brennraum eingebrachten Kraftstoffs.

Die Grundlage für eine möglichst hochwertige Verbrennung und damit Leistungsausbeute des Kraftstoffs bildet hierbei die Gemischbildung.

3.1 Strahlaufbruch

Bei der dieselmotorischen Verbrennung laufen die entscheidenden Vorgänge Einspritzung, Gemischbildung, Zündung und Verbrennung simultan im Brennraum ab. Dieser Vorgang ist sehr komplex und weiterhin der wichtigste Forschungsschwerpunkt, um die heutigen Dieselmotoren nicht nur in ihrer Leistung und Effizienz zu steigern, sondern auch um den Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen zu senken. Zum Erreichen dieser Ziele ist es wichtig, den Strahlzerfall und dessen Auswirkungen auf die Verbrennung zu verstehen.

3.1.1 Primärer und sekundärer Strahlzerfall

Als primären Strahlzerfall bezeichnet man das Aufbrechen des Strahls in kleine Tröpfchen beim Eintritt in den Brennraum. Grund für den primären Strahlzerfall sind der Impulsaustausch zwischen dem flüssigen Strahl und der komprimierten Luft. Hierbei werden die Strahlränder wellig und durch Scherkräfte kommt es zum Ablösen von Tropfen und Flüssigkeitsschlieren, die als Ligamente bezeichnet werden. Der primäre Strahlzerfall ist im Gegensatz zum sekundären Strahlzerfall stark von der Düseninnenströmung und der dort erzeugten Turbulenz abhängig.

Unter sekundärem Strahlzerfall versteht man das weitere Aufbrechen der Tröpfchen und Ligamente zu noch kleineren Tropfen durch Impulsaustausch mit dem umgebenden, komprimierten Gas.

3.1.2 Zerfallsbereiche

Nach [60] kann man den Strahlzerfall mit zunehmender Ausströmgeschwindigkeit in 4 Zerfallsbereiche einteilen:

1. Rayleigh-Zerfall:

Ausströmen der Flüssigkeit unter anschließendem Zertropfen. Eine Vorstufe hierzu ist das sogenannte Abtropfen. Die Flüssigkeit wird durch Oberflächenkräfte solange am Rand einer Öffnung gehalten, bis der sich ausbildende Tropfen, aufgrund der Gewichtszunahme durch nachströmende Flüssigkeit, sich löst. Das Abtropfen tritt in dem Moment ein, indem die Gewichtskraft größer als die Oberflächenkraft wird. Wird die Strömungsgeschwindigkeit größer, so zertropft die Flüssigkeit direkt nach dem Ausströmen.

2. Erster Wind-induzierter Zerfall:

Mit steigender Ausströmgeschwindigkeit verringert sich die Strahlkernlänge und es lösen sich aufgrund der Oberflächenspannung Tropfen in der Größenordnung des Strahlkerns von diesem ab. Der Strahl tritt in zunehmendem Maß in Wechselwirkung mit der umgebenden Gasphase.

3. Zweiter Wind-induzierter Zerfall:

Größter Unterschied zum ersten Wind-Induzierten Zerfall ist der Beginn des Zerfallens am Strahlrand. [60] unterscheidet zwischen der Länge der ungestörten Strahloberfläche und der Länge des intakten Strahlkerns. Dessen Länge nimmt nun wieder zu.

4. Zerstäuben:

Mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit beginnt der Zerfallsprozess nun am Strahlrand nahe dem Düsenaustritt. Nicht nur die Länge der ungestörten Strahloberfläche nimmt ab, sondern auch die Länge des intakten Strahlkerns. Es ist noch nicht endgütig erforscht, ob der Strahlaufbruch direkt am Düsenaustritt beginnt und damit die Kurve in Abb. (3.1.2) rechts gegen null geht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (3.1.1): Graphische Veranschaulichung der verschiedenen Zerfallsbereiche [63]

Die Dieseleinspritzung ist dem Zerfallsbereich der Zerstäubung zuzuordnen [63], [60].

Abb.(3.1.2) zeigt nochmals die Abhängigkeit von Zerfallsbereich und Strahlaufbruchlänge von der Strömungsgeschwindigkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (3.1.2): Zerfallsbereichseinteilung über die Strömungsgeschwindigkeit

Die oben beschriebene Einteilung geht nur von unterschiedlichen Zerfallseigenschaften aufgrund unterschiedlicher Strömungsgeschwindigkeit aus. Nach [49] kann man die Zerfallsbereiche auch über die Ohnesorge-Zahl definieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ohnesorge-Zahl beschreibt das Verhältnis aus Zähigkeitskräften und Oberflächenkräften. Mit dieser Einteilung werden weder Geometrie noch Einflüsse der Gaseigenschaften berücksichtigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (3.1.3): Einteilung der Zerfallsbereiche [49], [8]

In Abb. (3.1.3) ist die Zuordnung der Zerfallsbereiche nach [49] dargestellt. Es ist logarithmisch die Ohnesorge-Zahl über der Reynoldszahl aufgetragen. Der Bereich, in dem ich die dieselmotorischen Einspritzvorgänge befinden, ist rot unterlegt [8].

Da die Dieseleinspritzung dem Zerstäubungsbereich zuzuordnen ist, beginnt der in den Brennraum eingespritzte Kraftstoff unmittelbar nach der Düsenöffnung in flüssige Tröpfchen zu Zerstäuben. Wie nahe bei der Düsenöffnung die Zerstäubung einsetzt ist laut [8] weiterhin noch nicht endgültig erforscht. Die Zerstäubung und Durchmischung mit Luft ist am Strahlrand wesentlich ausgeprägter als im Kern.

3.1.3 Einfluss der Kavitation auf den Strahlaufbruch

Aufgrund des hohen Einspritzdrucks heutiger Einspritzanlagen stellt sich in der Düse eine sehr hohe Strömungsgeschwindigkeit ein, die das Auftreten von Kavitation fördert. Die Kavitation beeinflusst maßgeblich den Strahlaufbruch, auch wenn die Zusammenhänge noch nicht endgültig geklärt sind.

Es existieren 2 Theorien, inwiefern die Kavitation den Strahlaufbruch beeinflusst:

1. Kavitationsblasen, die sich durch die in Kapitel 2.3 beschriebenen Vorgänge im Inneren der Düse bilden, implodieren beim verlassen des Düsenlochs und reißen dabei - sofern sie sich in Oberflächennähe befinden - diese auf und erhöhen dadurch den Lufteintrag in den Strahl.
2. Das Auftreten von Kavitation bewirkt durch Querschnittsverengungen und Beeinflussung des Strömungsfeldes eine Turbulenzerhöhung. Dadurch treten mehr Oberflächenstörungen auf, die als Folge einen verstärkten Lufteintrag und dadurch einen verbesserten Strahlaufbruch bewirken.

[8] hat die Kavitationsblasen mittels Durchlichttechnik innerhalb einer Acrylglasdüse untersucht. Die Durchlichttechnik erlaubt aufgrund der Totalreflexion an den Kraftstoff-Luft-Übergängen keine Aufnahmen von Blasen im Freistrahl. Aus diesem Grund wurde der Einfluss der Blasenimplosion auf das Aufbrechen des Strahls mittels Korrelationsversuchen überprüft. Die Blasengeschwindigkeit kann innerhalb des Einspritzlochs bestimmt werden, da hier die Durchlichttechnik angewendet werden kann. Der wahrscheinliche Aufenthaltsort der Blase kann durch Extrapolation errechnet und dann mit Unregelmäßigkeiten am Strahlrand verglichen werden. Hierbei stellt sich das Problem, dass die Auswirkungen eines Blasenkollaps sehr stark vom Abstand der Blase zur Strahloberfläche abhängig sind. Je weiter die Blase im Strahlinnern implodiert, desto weniger wird dies aufgrund der Flüssigkeitsdämpfung eine Auswirkung auf den Strahlrand haben [8].

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832471972
ISBN (Paperback)
9783838671970
DOI
10.3239/9783832471972
Dateigröße
12.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Maschinenbau
Erscheinungsdatum
2003 (September)
Note
1,3
Schlagworte
dieselmotor schadstoffe common rail kavitation einspritzverlaufsformung
Zurück

Titel: Literaturrecherche zur Bewertung von dieselmotorischen Phänomenen der Einspritzung, Gemischbildung und Verbrennung
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
92 Seiten
Cookie-Einstellungen