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Kooperationen als Folge des Strukturwandels im Automobilhandel

©2003 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vor dem Hintergrund des Strukturwandels sollen im Rahmen dieser Diplomarbeit Potenziale einer Kooperation im Automobilhandel aufgezeigt sowie Risiken und Probleme analysiert werden. Zunächst wird der Strukturwandel im Automobilhandel dargestellt bevor Kooperationen allgemein vorgestellt werden. Danach werden Kooperationen im Automobilhandel vorgestellt. Hierfür wurden Interviews mit Mitgliedern der Automobilgruppe Nord AG (ANAG) geführt, um ihre Erfahrungen mit Kooperationen im Autohandel aufzuzeigen. Nachdem die Chancen und Risiken erläutert wurden, wird zum Schluss der Arbeit die ANAG als Beispiel für eine Kooperation im Automobilhandel vorgestellt.
Der Strukturwandel zeichnet sich vor allem durch die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) aus, die den Autohandel liberalisiert. Aber auch die Händlernetzrestrukturierungen, die strukturellen Ertragsprobleme der Autohändler, der Rückgang des Servicemarktvolumens und neue Anbieter, die in fast allen Geschäftsfeldern eines Autohauses in die Märkte treten, spielen eine Rolle.
Kooperationen von Unternehmen gewinnen bei der Wertschöpfung aus unterschiedlichen Gründen immer mehr an Bedeutung. Vor allem mittelständischen Unternehmen wird durch Kooperationen die Möglichkeit geboten, sich an veränderte Marktbedingungen anzupassen. Dabei lassen sich Kooperationen in die Dimensionen Richtung, zeitliche Dauer, Bindungen, Intensität, geographischer Bereich und Funktion charakterisieren. Zusätzlich existieren zahlreiche unterschiedliche Formen von Kooperationen, wie z.B. strategische Allianzen, Joint Ventures, strategische Netzwerke, Konsortien, Genossenschaften, Kartelle, virtuelle Unternehmen, Lizenzierungen, Franchising usw. Die Motive von Kooperationen reichen von der Erzielung von Kostensenkungspotenzialen über die Realisierung von Zeitersparnissen und dem Zugang zu Know-how bis hin zur Erschließung neuer Märkte.
Zur Zeit stellen Kooperationen im Automobilhandel eher eine Ausnahme dar, doch kleine und mittlere Automobilhändler können mit Kooperationen schlagkräftig in die Zukunft gehen. Mögliche Formen der Kooperation im Automobilhandel sind die punktuelle, geschäftsfeldbezogene und die geschäftsfeldübergreifende Kooperation.
Die Motive der Automobilhändler für Kooperationen im Automobilhandel sind vielfältig und Kooperationen sollten für alle Beteiligten solche Vorteile bringen, die als einzelner Betrieb nicht erreichbar wären. Die Ursachen für das häufige Scheitern von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7187
Russmeyer, Lars-Henrik: Kooperationen als Folge des Strukturwandels im
Automobilhandel
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität Lüneburg, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
II
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...V
TABELLENVERZEICHNIS ...VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...VII
1 EINLEITUNG... 1
1.1 Z
IELSETZUNG
... 1
1.2 V
ORGEHENSWEISE
... 2
2 STRUKTURWANDEL IM AUTOMOBILHANDEL... 3
2.1 A
KTUELLE
M
ARKTSITUATION DES
A
UTOMARKTES IN
D
EUTSCHLAND
... 4
2.2 S
TRUKTURVERÄNDERUNGEN IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 6
2.2.1 Neugestaltung der Vertriebsstrukturen im Automobilhandel... 6
2.2.2 Senkung der Vertriebskosten ... 7
2.2.3 Strukturelle Ertragsprobleme des Handels ... 8
2.2.4 Entbündelung der Funktionen des traditionellen Autohauses... 11
2.2.5 Rückgang des Servicemarktvolumens... 11
2.2.6 Neue Anbieter... 13
2.2.7 Gruppenfreistellungsverordnung ... 17
2.2.7.1 Alte Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 1475/95 ...18
2.2.7.2 Neue Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 1400/2002...19
2.2.7.3 Vergleich der alten und neuen Gruppenfreistellungsverordnung ...22
2.2.7.4 Zusammenfassung und Auswirkungen der neuen GVO ...23
3 KOOPERATIONEN... 25
3.1 T
REND ZUR
K
OOPERATION
... 25
3.2 B
EGRIFF UND
D
EFINITION DER
K
OOPERATION
... 27
3.3 C
HARAKTERISIERUNG DER
K
OOPERATION
... 30
3.3.1 Dimensionen von Kooperationen ... 30
3.3.1.1 Richtung ...30
3.3.1.2 Zeitliche Dauer ...31
3.3.1.3 Bindungen ...32
3.3.1.4 Intensität...33
3.3.1.5 Geographischer Bereich ...33
3.3.1.6 Funktion ...34
3.3.2 Kooperationsformen ... 35
3.3.2.1 Joint Venture ...35
3.3.2.2 Strategische Allianzen...36
3.3.2.3 Strategische Netzwerke ...38

Inhaltsverzeichnis
III
3.3.3 Kooperationsmotive... 40
3.3.3.1 Erzielung von Kostensenkungspotenzialen...40
3.3.3.2 Realisierung von Zeitersparnissen ...42
3.3.3.3 Zugang zu Know-how ...43
3.3.3.4 Erschließung neuer Märkte ...44
3.4 Ü
BERBLICK
... 46
4 KOOPERATIONEN IM AUTOMOBILHANDEL... 47
4.1 F
ORMEN VON
K
OOPERATIONEN IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 47
4.1.1 Punktuelle Kooperation ... 48
4.1.2 Geschäftsfeldbezogene Kooperation ... 48
4.1.2.1 Vertriebsgemeinschaft ...49
4.1.2.2 Vertriebsgesellschaft...50
4.1.3 Geschäftsfeldübergreifende Kooperation... 51
4.1.3.1 Holding...51
4.1.3.2 Fusion ...52
4.2 F
ORSCHUNGSMETHODIK
... 53
4.2.1 Empirische Sozialforschung ... 54
4.2.2 Qualitative Forschung ... 54
4.2.3 Methodik ... 55
4.2.3.1 Form des Interviews...55
4.2.3.2 Vorgehen...57
4.2.3 Unternehmensbeschreibung ... 58
4.3 K
OOPERATIONSMÖGLICHKEITEN UND
­
BEREICHE IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 59
4.3.1 Motive für Kooperationen im Automobilhandel ... 59
4.3.2 Vorteile und Synergien durch Kooperationen ... 59
4.3.3 Marketing und Vertrieb ... 62
4.3.4 Gebrauchtwagen ... 63
4.3.5 Neuwagen ... 64
4.3.6 Ersatzteile... 65
4.3.7 Service... 66
4.3.8 Großkundenbetreuung ... 67
4.3.9 Verwaltung... 67
4.3.10 Strategie ... 68
4.3.11 Strukturen ... 70
4.3.12 Ergebnisauswertung und Darstellung von Zusammenhängen ... 71
4.4 C
HANCEN UND
Z
IELE VON
K
OOPERATIONEN IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 75
4.5 M
ÖGLICHE
R
ISIKEN UND
P
ROBLEME BEI
K
OOPERATIONEN IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 76

Inhaltsverzeichnis
IV
4.6 A
UTOMOBILGRUPPE
N
ORD
AG
ALS
B
EISPIEL FÜR EINE
K
OOPERATION
IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 78
4.6.1 Vorstellung der Automobilgruppe Nord AG... 78
4.6.2 Ziele... 79
4.6.3 Entwicklungspotenziale ... 81
4.6.4 Strategie ... 81
5 SCHLUSSBETRACHTUNG ... 83
LITERATURVERZEICHNIS... 85
GESPRÄCH ... 91

Abbildungsverzeichnis
V
Abbildungsverzeichnis
A
BB
. 1: E
NTWICKLUNG DER
N
EUZULASSUNGEN
... 5
A
BB
. 2: K
ONSOLIDIERUNG IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 9
A
BB
. 3: E
NTWICKLUNG DER
U
MSATZRENDITE IM DEUTSCHEN
A
UTOHANDEL
... 10
A
BB
. 4: M
ARKTENTWICKLUNG
S
ERVICE
-G
ESCHÄFT
... 12
A
BB
. 5: W
ETTBEWERBER FÜR DEN TRADITIONELLEN
A
UTOHANDEL
... 13
A
BB
. 6: S
TATUS
Q
UO
: P
LURALE
A
BSATZWEGE IM
A
UTOMOBILVERTRIEB
... 14
A
BB
. 7: D
IE VIER
S
ÄULEN DER
K
FZ
-GVO... 23
A
BB
.
8: K
OOPERATIONSRICHTUNGEN
... 31
A
BB
. 9: K
LASSIFIKATION UNTERSCHIEDLICHER
K
OOPERATIONEN NACH
DER
A
NZAHL DER
B
INDUNGEN
... 32
A
BB
. 10: I
NTENSITÄT UND
U
MFANG EINER
K
OOPERATION
... 47
A
BB
. 11: T
YPISCHE
V
ERTRIEBSGEMEINSCHAFT
... 49
A
BB
. 12: T
YPISCHE
V
ERTRIEBSGESELLSCHAFT
(V
ERTRETERMODELL
)... 50
A
BB
. 13: T
YPISCHE
H
OLDING
... 52
A
BB
. 14: T
YPISCHE
F
USION
... 53
A
BB
. 15: Z
USAMMENHANG DER
M
OTIVE FÜR
K
OOPERATIONEN IM
A
UTOMOBILHANDEL UND IHRER
B
EDEUTUNG
... 72
A
BB
. 16: S
YNERGIE
-P
ORTFOLIO VON
K
OOPERATIONEN IM
A
UTOMOBILHANDEL
... 73
A
BB
. 17: Z
USAMMENHANG DER
B
ETRIEBSGRÖßE UND DER
G
RÖßE DER
S
YNERGIEEFFEKTE EINER
K
OOPERATION
... 73
A
BB
. 18: Z
USAMMENHANG DER
M
ITARBEIT UND DEM
G
RAD DER
B
EZIEHUNG IN EINER
K
OOPERATION
... 74
A
BB
. 19: M
ÖGLICHE
R
ISIKEN UND
P
ROBLEME EINER
K
OOPERATION IM
Z
EITABLAUF
... 77

Tabellenverzeichnis
VI
Tabellenverzeichnis
T
AB
. 1: H
ÄNDLERGRUPPEN
: K
OSTENVORTEILE DURCH
B
ETRIEBSVERBUND
... 8
T
AB
. 2: V
ERGLEICH ALTE UND NEUE
GVO... 22
T
AB
. 3: Ü
BERBLICK ÜBER
K
OOPERATIONSDEFINITIONEN
... 28
T
AB
. 4: D
IMENSIONEN ZUR
B
ESCHREIBUNG DER
K
OOPERATIONSFORM
... 34
T
AB
. 5: Z
USAMMENFASSUNG
K
OOPERATIONSMERKMALE UND
-
CHARAKTERISTIKA
... 46
T
AB
. 6: Z
USAMMENFASSUNG DER
U
NTERNEHMENSBESCHREIBUNG DER INTERVIEWTEN
A
UTOHÄUSER
. 58

Abkürzungsverzeichnis
VII
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
AG Aktiengesellschaft
ALD
Auto Leasing Deutschland GmbH
ANAG
Automobilgruppe Nord AG
ATU Auto-Teile-Unger
AU Abgasuntersuchung
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CI Corporate
Identity
d.h.
das heißt
DAT
Deutsche Automobil Treuhand
EDV elektronische
Datenverarbeitung
et al.
et alli (lateinisch; und andere)
etc. et
cetera
EU Europäische
Union
evtl. eventuell
F & E
Forschung und Entwicklung
ggf. gegebenenfalls
GVO Gruppenfreistellungsverordnung
HIA Händlerimageanalyse
http
Hypertext Transfer Protocol
IFA
Institut für Automobilwirtschaft
KBA Kraftfahrt
Bundesamt
Kfz Kraftfahrzeug
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
Nr. Nummer
NW Neuwagen
Pkw Personenkraftwagen
PS Pferdestärke
S. Seite
s.o. siehe
oben
Tab. Tabelle
TSD Tausend
u.a. unter
anderem
URL
Uniform Resource Locator
usw.
und so weiter
Vgl. vergleiche
VIP
very important person
VW Volkswagen
z.B. zum
Beispiel
zfbf
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

1 Einleitung
1
1 Einleitung
Der markengebundene Autohandel wird von markenexklusiven Händlern betrieben, die
den Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen, das Werkstattgeschäft sowie den Ersatz-
teil- und Zubehörverkauf unter einem Dach vereinen. Dies wird auch als ,traditionelles
Autohaus' bezeichnet. Daneben existiert häufig noch ein sehr dichtes Händlernetz, in
dem der Intra-Brand-Wettbewerb hoch ist.
In den letzten Jahren ist nun Bewegung in die Automobilbranche gekommen. Nachdem
die Automobilhersteller in den neunziger Jahren ihre Beschaffung und Produktion effi-
zienter gestaltet haben, werden nun die Händlernetze restrukturiert. Daneben finden
sich weitere Gründe für einen Wandel im Automobilhandel wie abnehmende Renditen
im Automobilhandel, Markteintritt neuer Anbieter, zunehmender Wettbewerb, veränder-
tes Kundenverhalten, Diversifikation der Modellpalette der Hersteller, Rückgang des
Servicemarktes und hauptsächlich die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) seit
dem 1. Oktober 2002, die eine Liberalisierung des Automarktes zur Folge hat.
Dieser Strukturwandel vollzieht sich immer schneller, wird noch einige Zeit andauern
und zwingt die einzelnen Automobilhändler rationeller zu wirtschaften. Um diesem als
alleiniger Vertragshändler zu begegnen, bietet sich als probates Mittel die Bildung von
Kooperationen mit Händlerkollegen an, da so die unternehmerischen Chancen wachsen
und die Risiken auf mehrere Partner verteilt werden. Neben den Kooperationen gibt es
selbstverständlich noch andere Möglichkeiten sich für die Zukunft im Automobilhandel
zu rüsten.
Über den Erfolg von bisher geschlossenen Kooperationen im Automobilhandel ist bis
heute zu wenig bekannt, doch lässt sich feststellen, dass der Trend zu Kooperationen
im Automobilhandelsbereich zunimmt. Mit Kooperationen soll versucht werden eine
Verknüpfung der Vorteile inhabergeführter Autohäuser mit denen großer Händlergrup-
pen zu erreichen.
1.1 Zielsetzung
Aufgrund des Strukturwandels in der Automobilbranche ist es abzusehen, dass kleine
und mittlere Autohäuser Schwierigkeiten haben werden diesen Wandel allein zu bewäl-
tigen. Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll dargelegt werden, inwieweit es notwendig
und sinnvoll ist mit Kooperationen auf den strukturellen Wandel zu reagieren. Hierbei
sollen Kooperationsmöglichkeiten und Synergien im Automobilhandel aufgezeigt wer-
den.

1 Einleitung
2
Als praktisches Beispiel wird die Automobilgruppe Nord AG (ANAG) herangezogen. In
der ANAG haben sich 30 VW/Audi-Händler und zwölf Renault-Händler in Schleswig-
Holstein, Hamburg und Nord-Niedersachsen zusammengeschlossen, um gemeinsam
eine größere Marktstärke zu erringen, günstigere Einkaufskonditionen zu erlangen
sowie Synergieeffekte zu realisieren. Dabei ist die ANAG eine Service- und Dienstleis-
tungsgesellschaft, die ihre Anteilseigner unterstützt. Hierzu zählen günstigerer Einkauf,
Beratung, Aufbau eines Netzwerkes, administrative Aufgaben und Errichtung einer
flächendeckenden Vertriebs- und Marketingstruktur.
Vor dem Hintergrund des Strukturwandels und der erarbeiteten Kriterien von Kooperati-
onen sollen Potenziale einer Kooperation im Automobilhandel aufgezeigt sowie Risiken
und Probleme analysiert werden.
Im praktischen Teil (vgl. Kapitel 4.3) werden die Ergebnisse von zuvor geführten Inter-
views mit einigen Mitgliedern der ANAG präsentiert. Hierfür wurde ein einheitlicher
Interview-Leitfaden entwickelt (siehe Anhang).
1.2 Vorgehensweise
Als Ausgangspunkt wird in Kapitel 2 der Strukturwandel im Automobilhandel dargestellt.
Nach der Beschreibung der aktuellen Marktsituation des Automarktes in Deutschland
beschäftigt sich der Verfasser mit aktuellen und zukünftigen Strukturveränderungen.
Hierbei kommt der GVO eine besondere Bedeutung zu, so dass diese ausführlicher
erläutert wird.
Kapitel 3 hat Kooperationen zum Inhalt. Nachdem ein Trend zu Kooperationen darge-
stellt wurde, wird vor dem Hintergrund der Vielfalt von Kooperationsdefinitionen ver-
sucht, ein einheitliches Verständnis über den Kooperationsbegriff für die weitere
Diplomarbeit herauszuarbeiten. Im Anschluss werden Kooperationen charakterisiert,
indem Dimensionen, drei unterschiedlichen Kooperationsformen sowie verschiedene
Kooperationsmotive vorgestellt werden.
Im vierten Kapitel stehen Kooperationen im Automobilhandel im Zentrum der Betrach-
tung. Zunächst werden Formen von Kooperationen im Automobilhandel dargestellt. An-
schließend findet eine Analyse der Kooperationsmöglichkeiten und ­bereiche im Auto-
mobilhandel statt. Hierfür wurden Interviews mit Mitgliedern der ANAG geführt, um ihre
Erfahrungen mit Kooperationen im Autohandel aufzuzeigen. Die Ergebnisse der Inter-
views werden in Kapitel 4.3 dargestellt. Nachdem die Chancen und Risiken erläutert
wurden, wird zum Schluss dieses Kapitels noch die ANAG als Beispiel für eine Koopera-
tion im Automobilhandel vorgestellt.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
3
2 Strukturwandel im Automobilhandel
Seit dem Jahr 2000 befindet sich der deutsche Automobilhandel in einem noch nie da-
gewesenen Strukturwandel. Das negative Konsumklima und der damit verbundene
Rückgang der Inlandsnachfrage bewirken einen ruinösen Wettbewerb zwischen den
Unternehmen des markengebundenen Autohandels. Die Konsequenzen dieses ,Inter-
und Intra-brand-Wettbewerbs', gepaart mit den Auswirkungen der durch die Hersteller
forcierten Reorganisation der Händlernetze, die Vertragskündigungen und eine Kon-
zentration auf zentrale Händler zur Folge haben, führen zu einer rapiden Verschlechte-
rung der Margen im Automobilhandel. Zugleich hat die EU-Kommission als Nachfolge-
regelung zur bestehenden Gruppenfreistellungsverordnung 1475/95 die neue GVO
Nr. 1400/02 mit Wirkung zum 1.10.2002 verabschiedet. Diese neue GVO enthält ein
Bündel von Neuregelungen, die große Automobilhandelshäuser und -ketten im interna-
tionalen Wettbewerb gegenüber dem traditionellen Handelshaus begünstigen.
Durch zusätzliche branchenspezifische Erschwernisse, wie z.B. zu geringe Eigenkapi-
talquoten, zurückgehende Renditen, schwierige Kapitalbeschaffung, Investitionsaufla-
gen der Hersteller und Mangel an qualifiziertem Management, sind viele Automobilhan-
delsunternehmen in ihrer Existenz bedroht.
Einige Handelsbranchen waren in den letzten Jahren durch einen erheblichen Wandel in
Bezug auf neue Angebotsformen sowie Angebotsbündelungen geprägt. So wurden
neben den expandierenden Fachmärkten neue innovative Betriebsformen, wie z.B. Fac-
tory Outlets, immer bedeutender. Dagegen hat sich der Automobilhandel in den letzten
30 Jahren so gut wie gar nicht verändert und weist eine eher evolutionäre Entwicklung
der bestehenden Strukturen und Betriebsformen auf. Die kleinen und mittleren Unter-
nehmen, die von Generation zu Generation als Familienbetriebe geführt werden, domi-
nieren in der Branche. Viele Vertragshändler agieren auf lokalen bzw. regionalen Märk-
ten und sind somit nicht in der Lage Größenvorteile in Form von ,economies of scale'
(vgl. Kapitel 3.3.3.1) zu realisieren.
1
Seit Mitte der 90er Jahre wandelt sich aber nun auch die Vertriebspolitik der Hersteller
und damit verbunden der Automobilhandel. Dies zeigt sich durch die Konsolidierung der
Händlernetze, neue Margen- und Bonussysteme sowie die Gründung neuer
Betriebstypen. Jahrelang wurde das flächendeckende Vertriebssystem mit den kleinen
kompletten Autohäusern als ideal angesehen. Heute geht der Trend hin zum System-
händler (vgl. Kapitel 2.2.1).
2
1
Vgl. Diez (2001), S. 464, 466; KPMG Consulting GmbH (2000), S. 5.
2
Vgl. Diez (2001), S. 466.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
4
2.1 Aktuelle Marktsituation des Automarktes in Deutschland
Dass der Automobilmarkt in Deutschland ein reifer Markt ist, zeigt die Höhe des Fahr-
zeugbestandes
3
, der seit den 70er Jahren kontinuierlich von 13,9 Mio. auf 44,4 Mio.
Pkws im Januar 2002 gestiegen ist.
4
Die Entwicklung des Fahrzeugbestandes verdeut-
licht, dass sich die Zunahme des Bestandes mit der Zeit eher abgeschwächt hat und
sich einem Sättigungsniveau von ca. 50 Mio. Pkw nähert.
5
Ein weiterer Indikator für den hohen Reifegrad des Marktes ist die Ausstattung der
privaten Haushalte mit einem Pkw. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes be-
trägt der Pkw-Ausstattungsgrad von Haushalten mit mittlerem und höherem Einkommen
96 bzw. 98 Prozent. Mehr als einem Fünftel aller Haushalte stehen zwei oder mehr
Pkws zur Verfügung.
6
Dies zeigt, dass das Wachstumspotenzial, bezogen auf die Stückzahlen, auf dem deut-
schen Automarkt begrenzt ist. Wachstum kann seitens der Hersteller nur noch durch
stärkere Marktdurchdringung mit zusätzlichen Modellen, technologischen Innovationen
und einer Ausdehnung der Wertschöpfungskette erzielt werden.
7
Der deutsche Automarkt in Deutschland ist auch ein zyklischer Markt, da er konjunktur-
bedingten Nachfrageschwankungen ausgesetzt ist. Nach ständig steigenden Verkäufen
von Neuwagen und einer damit verbundenen Verjüngung des Fahrzeugbestandes be-
findet sich der Automarkt seit dem Jahr 2000 in einer Rezession. Diese ist durch einen
normalen Konjunkturabschwung bedingt, aber auch durch steigende Kraftstoffpreise
8
sowie die allgemein steigende finanzielle Belastung der Autofahrer (Kfz-Steuer, Versi-
cherungen, etc.), Abschwächung des Wirtschaftswachstums, Einbruch am Aktienmarkt
9
,
Sorge um den Arbeitsplatz und politische Krisenherde.
10
Diese Rezession spiegelt sich in den Statistiken der Neuzulassungen wieder. So
wurden im Jahr 2000 schon deutlich weniger Neuzulassungen registriert als 1999 (vgl.
Abb. 1). Im Jahr 2001 gab es einen erneuten Rückgang in den Neuzulassungsstatisti-
ken. Es wurden lediglich 3,34 Mio. Neuwagen verkauft. Dieses entspricht einem Rück-
gang gegenüber 2000 von 1,1 Prozent bzw. 36.625 Stück. Im Vergleich zu 1999 fällt der
Rückgang der Neuzulassungen noch deutlicher aus. So wurden 2001 460.458 Neuwa-
gen, dies entspricht 11,4 Prozent, weniger zugelassen als im Jahr 1999.
11
Aber auch im
3
Vgl. Diez (2001), S. 29.
4
Vgl. o.V. (2002).
5
Vgl. Diez (2001), S. 29.
6
Vgl. Diez (2001), S. 30.
7
Vgl. Diez (2001), S. 30.
8
Vgl. Diez (2001), S. 31.
9
Vgl. o.V. (2001), S. 8.
10
Vgl. Reinking (2002), S. 9.
11
Vgl. DAT-Veedol-Report 2002, S. 6.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
5
dritten Rezessionsjahr (2002) ist kein Aufschwung zu verzeichnen. Es wurden nur 3,25
Mio. Neuwagen im Jahr 2002 zugelassen. Dies entspricht einem Minus von 2,7 Prozent
gegenüber 2001. Damit liegt die Zahl der Neuanmeldungen im Jahr 1999 um 500.000
Neuwagen höher als im Jahr 2002.
12
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Entwicklung der Neuzulassungen
in Mio. St ck
*
* Prognose nach AutoFuture
Abb. 1: Entwicklung der Neuzulassungen
13
Die negativen Konjunkturaussichten beeinträchtigten die Ausgabefreudigkeit der
privaten Haushalte im Jahr 2001 und die Sparquote nahm zum ersten Mal seit zehn
Jahren wieder zu. Auch beim Autokauf sparten die privaten Haushalte, indem sie oft
Pkws mit Kurzzulassungen oder junge Gebrauchtwagen erwarben.
14
Dies zeigt auch der
Anteil der privaten Neuwagenkäufer, der im Jahr 2001 unter die 50-Prozent-Marke
gerutscht ist.
15
Heutzutage spielt der Wettbewerb zwischen dem Verkauf von Neu- und Gebrauchtwa-
gen eine bedeutende Rolle. Kunden, die sich ein ,neues' Auto kaufen möchten,
schwanken zwischen den Optionen eines Neu- oder Gebrauchtwagens, wobei in
Deutschland die Hälfte der Gebrauchwagen privat verkauft werden. So lässt sich der
gegenwärtige Rückgang des Neuwagenabsatzes in Deutschland durch die hohen steu-
erlichen Belastungen sowie durch die jungen und attraktiven Gebrauchtwagen
begründen.
16
12
Vgl. o.V. (2003).
13
Quelle: In Anlehnung an DAT-Veedol-Report 2002, S. 45.
14
Vgl. Verband der Automobilindustrie e.V. (2002), S. 40.
15
Vgl. Ganzer (2002), S. 24.
16
Vgl. Verband der Automobilindustrie e.V. (2002), S. 82.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
6
Diese Anzeichen lassen befürchten, dass die Kunden ihren Autokauf aufgrund der sehr
schwierigen Konjunkturlage und der hohen Unsicherheit der Verbraucherweiter in die
Zukunft verschieben werden.
17
Im Jahr 2003 erwarten die bedeutenden Automobilmärkte weltweit weiterhin rückläufige
Zahlen, doch es wird angenommen, dass ab 2004 der Abwärtstrend beendet sein wird.
Allein durch die evtl. Erhöhung der Dienstwagensteuer könnte sich der Neuwagenab-
satz um 100.000 Pkw reduzieren. Das Institut AutoFuture erwartet in einer neuen Prog-
nose für das Jahr 2003 ca. 3,2 Mio. verkaufte Neuwagen (siehe Abb. 1). Erst in 2004
rechnet AutoFuture mit einem Wachstum von 7,81 Prozent auf 3,45 Mio. verkaufte Neu-
fahrzeuge.
18
2.2 Strukturveränderungen im Automobilhandel
Die Strukturveränderungen im Automobilhandel sind durch mehrere Faktoren determi-
niert. Die Reorganisation der Händlernetze, der Markteintritt neuer Anbieter und vor
allem die Liberalisierung des Autohandels durch die neue GVO sind die hauptsächlichen
Kriterien, welche die strukturellen Veränderungen kennzeichnen.
2.2.1 Neugestaltung der Vertriebsstrukturen im Automobilhandel
In den 90er Jahren haben die Automobilhersteller ihre Produktions- und Beschaffungs-
strukturen durch den Lopez-Effekt
19
, Lean Management
20
und Lean Production
21
restrukturiert und in der Folge die Kosten erheblich reduziert. Diese Kostendegressionen
wollen die Automobilhersteller nun auch im Vertrieb realisieren und straffen deshalb ihre
Vertriebsnetze.
22
Die Neugestaltung der Vertriebsstrukturen ist durch mehrere Aspekte begründet. Auf
der einen Seite hat der Automobilhandel in den letzten Jahrzehnten keine dynamischen
Entwicklungen hin zu anderen Betriebsformen, wie z.B. in anderen Einzelhandels-
17
Vgl. o.V. (2002a), S. 46; Reinking (2002), S. 9.
18
Vgl. o.V. (2002b).
19
In der Automobilbranche ist der Lopez-Effekt zu einem Begriff des Wirtschaftens geworden.
Dieser steht für den immensen Kostendruck, den der ehemalige VW-Manager auf die Zulieferer
ausübte.
20
Der Managementansatz Lean Management verfolgt die Ziele Kundenorientierung sowie Kos-
tendegression, die durch die Prinzipien Dezentralisierung und Simultanisierung erreicht werden
sollen. Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon (2000a), S. 1950.
21
Unter dem Begriff Lean Production wird die sparsame und zeiteffiziente Verwendung der Pro-
duktionsfaktoren verstanden. Es sollen die Produktivität der Produktionsfaktoren, die Qualität
der Produkte sowie die Flexibilität des Produktionsapparates optimiert werden. Vgl. Gabler
Wirtschafts-Lexikon (2000a), S. 1951.
22
Vgl. Schmelzer (1999), S. 42; Diez (2001a), S. 81.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
7
branchen, erfahren. Auf der anderen Seite führen die hohe Netzdichte bei einigen
Automarken, aber auch der zu geringe Neuwagenabsatz einiger Händler zu einer Neu-
ordnung der Händlernetze und zu einem Konzentrationsprozess im Automobilhandel.
23
Beispielsweise vertreibt jeder Autohändler in den Vereinigten Staaten durchschnittlich
619 Neuwagen im Jahr; in Deutschland sind es dagegen nur 183 Neufahrzeuge.
24
Die Ausdünnung der Händlernetze verfolgt zwei Ziele: Zum einen soll der Intra-Brand-
Wettbewerb verringert werden, um die Bruttoerträge bzw. Renditen im Neuwagenge-
schäft zu steigern, denn hohe Rabatte beim Neuwagenverkauf schmälern die Bruttoer-
träge. Zum anderen soll die Straffung der Händlernetze zu einer Senkung der Vertriebs-
kosten führen. Besonders die Reduktion der Transaktionskosten steht dabei im Vorder-
grund.
25
Wie bereits erwähnt zeichnet sich ein Trend zum Systemhändler ab. Diese Variante des
Vertragshändlers betreut ein relativ großes Marktverantwortungsgebiet, welches mit
eigenen Zweigstellen oder in Zusammenarbeit mit anderen Händlern bearbeitet wird.
Der Systemhändler hat eine wesentlich größere Verantwortung als ein traditioneller
Händler und ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Direkter Kontakt mit dem
Hersteller, Satellitenkonzept (Filialnetz, welches eine räumliche und funktionale Tren-
nung von Verkauf und Service aufweist), Zusammenarbeit mit anderen Händlern oder
Werkstätten im großen Marktverantwortungsgebiet und Neuwagenverkauf aller Marken
eines Konzerns. Es können nationale, regionale und lokale Systemhändler unterschie-
den werden.
26
2.2.2 Senkung der Vertriebskosten
Die hohen Vertriebskosten sollen durch schlankere Vertriebsstrukturen gesenkt werden.
Schätzungen zufolge liegt der Vertriebskostenanteil der Automobilhersteller zwischen 25
und 30 Prozent des Jahresumsatzes.
27
Nach Auffassung der Hersteller sollen sich mehrere regionale Autohändler zu System-
händlern zusammenschließen.
28
Die Entwicklung zum Systemhändler reduziert die
Ansprechpartner auf der Handelsebene für die Automobilhersteller und somit können
die Transaktionskosten, wie z.B. für die Händlerbetreuung und die Belieferung der Au-
tomobilhändler, gesenkt werden (vgl. Kapitel 2.2.1).
23
Vgl. Diez (2001a), S. 82; KPMG Consulting GmbH, (2000), S. 5.
24
Vgl. Schmelzer (1999), S. 42.
25
Vgl. Diez (2001a), S. 83.
26
Vgl. Diez (2001a), S. 84-85.
27
Vgl. o.V. (2002c), S. 11.
28
Vgl. o.V. (2002c), S. 11.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
8
Das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) hat in Modellrechnungen (siehe Tab. 1) ver-
deutlicht, dass sich durch Systemhändler und Händlergruppen unter bestimmten Vor-
aussetzungen Kosten senken lassen.
29
Szenario A
Marktbearbeitung
durch vier Kom-
plettbetriebe
Szenario B
Marktbearbeitung
durch Betriebsver-
bund
Kostendifferenz
- in Prozent -
Kosten Neuwagenverkauf
darin: Präsentationskosten
1.914
1.020
1.653
623
./. 13,7
./. 38,9
Kosten Gebrauchtwagenver-
kauf
darin: Präsentationskosten
895
222
826
185
./. 7,8
./. 16,8
Kosten Kundendienst
1.937 1.913 ./.
1,3
Kosten Ersatzteile
536 523
./.
2,5
Gesamtkosten
(ohne Verwaltungskosten)
5.283
4.915
./. 7,0
Tab. 1: Händlergruppen: Kostenvorteile durch Betriebsverbund
30
, in TSD Euro
Die Kostendegressionen sind in den einzelnen Bereichen unterschiedlich hoch, aber je
größer ein Betriebsverbund wird, desto höher sind auch die Kostenvorteile. In der
Modellrechnung wird leider nicht erwähnt, wie viele Händler dem Szenario B angehören.
2.2.3 Strukturelle Ertragsprobleme des Handels
Aufgrund des dritten Rezessionsjahres in Folge kommt es im deutschen Autohandel zu
einer Konkurswelle. Die dünnen Eigenkapitaldecken der Autohändler sind nach drei
verlustreichen Jahren aufgezehrt. Der sinkende Absatz an Neuwagen, die höheren
Rabattforderungen der Kunden und die hohen finanziellen Belastungen, wie z.B. Zins-
und Tilgungszahlungen für neu gebaute oder renovierte Autohäuser, sowie der verlust-
reiche Abbau der Gebrauchtwagenlager enden oft in einer Liquiditätskrise. Die Finanzie-
rung wird generell schwieriger, da viele Banken immer vorsichtiger mit der Vergabe von
Krediten werden, so dass mangelnde Liquidität zu wirtschaftlichen Problemen führen
kann.
31
Die VW Financial Services verzeichnet seit dem Herbst 2001 eine deutliche
Zunahme an Insolvenzen von VW/Audi-Händlern. Ähnlich sieht es bei Opel aus.
32
Im Jahr 2001 mussten ca. 1.100 Vertragshändler schließen; das waren 4,6 Prozent
der22.600 vertragsgebundenen Händler. Dadurch verloren im Jahr 2001 ca. 12.000
Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz.
33
29
Vgl. Diez (2002), S. 83.
30
Quelle: Diez (2002), S. 83.
31
Vgl. o.V. (2002d), S. 15; o.V. (2002e), S. 11.
32
Vgl. o.V. (2002f), S. 10.
33
Vgl. o.V. (2002c), S. 11.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
9
Laut einer Prognose des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) aus dem Jahr 2000 wird
die Anzahl der selbstständigen Autohändler in Deutschland von zur Zeit ca. 17.000 auf
8.000 Unternehmen im Jahr 2010 abnehmen. Die neue GVO beschleunigt den Struk-
turwandel im Automobilhandel, wodurch die Konsolidierung auch eher erreicht werden
könnte (vgl. Kapitel 2.2.7).
34
Aber auch die Vertragskündigungen durch die Automobil-
hersteller und die andauernde desolate Ertragssituation der Händler tragen zu dieser
Entwicklung bei.
35
In Abbildung 2 wird die Entwicklung zu großen Händlergruppen und
Systemhändlern deutlich, denn die Eigentümer der Betriebe werden voraussichtlich von
16.500 auf 5.000 im Jahr 2010 sinken. Kleine und mittlere Betriebe werden aus dem
Markt gedrängt, schließen sich zusammen oder werden von anderen Automobilhändlern
übernommen. Doch die Zahl der Betriebe reduziert sich laut Prognose nur von 26.000
im Jahr 2000 auf 23.500 in 2010.
Abb. 2: Konsolidierung im Automobilhandel
36
In der Vergangenheit konnte ein Vertragshändler einer Volumenmarke, wie z.B. VW,
Opel oder Ford, mit dem Verkauf von 200 bis 300 Neuwagen pro Jahr noch ein positives
Jahresergebnis erzielen. Heute stellt sich für viele Händler die Überlebensfrage. Nur
über das Volumen lassen sich zukünftig im Neuwagenbereich noch ausreichende Erträ-
ge erwirtschaften. So wird geschätzt, dass hierfür ein Absatz von 750 bis 1.000 Neuwa-
gen pro Jahr in Zukunft nötig sein wird.
37
34
Vgl. Diez (2002), S. 71.
35
Vgl. o.V. (2002g), S. 7.
36
Quelle: Diez (2002), S. 71.
37
Vgl. HypoVereinsbank (2000), S.10.
Eigentümer
16.500
Eigentümer
5.000
Unternehmen
17.000
Unternehmen
8.000
Betriebe
26.000
Betriebe
23.500
Heute
2010

2 Strukturwandel im Automobilhandel
10
Die durchschnittliche Umsatzrendite betrug im Jahr 2001 gerade einmal 0,5 Prozent
(vgl. Abb. 3).
38
Im automobilen Handelsbereich sollte die Branchennorm bei drei Prozent
Umsatzrendite liegen.
39
Dies zeigt, dass im Jahr 2001 sowohl mit Neuwagen als auch
mit Gebrauchtwagen so gut wie kein Geld verdient worden ist. Durch diese kritische
Ertragslage haben viele Autohäuser Schwierigkeiten notwendige und zukünftige Investi-
tionen in Sach- und Humankapital zu tätigen.
40
Einzig im Servicegeschäft konnte eine
Umsatzrendite vor Steuern von über zwei Prozent erreicht werden. Im Jahr 2001 redu-
zierte sich der Gesamtumsatz der 45.800 Betriebe, im Vorjahr waren es noch 47.000
Betriebe, um 0,6 Prozent auf 126,5 Mrd. Euro.
41
Die Eigenkapitalquote der Betriebe ist
im Jahr 2001 auf 15,5 Prozent gesunken. Somit hat sich diese in den letzten fünf Jahren
auf die Hälfte reduziert.
42
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001
in Prozent
Entwicklung der Umsatzrendite im deutschen Autohandel
Abb. 3: Entwicklung der Umsatzrendite im deutschen Autohandel
43
Die Margenkürzungen im Neuwagengeschäft seitens der Hersteller/Importeure sowie
die hohen Rabatte beim Neuwagenkauf sind die Gründe für die Ertragsmisere. So wie
einst die Automobilzulieferer durch den Lopez-Effekt von den Herstellern fast an den
Rand des Ruins gedrängt wurden, so verlagern heute die Automobilhersteller ihre Ver-
triebskosten auf den Autohandel, um eigene Kosten zu senken. Hinzu kommen der
depressive Preiswettbewerb und die zu geringe Eigenkapitalquote der Automobilbran-
che.
44
38
Vgl. Wolf (2002), S. 13.
39
Vgl. Brachat (2002), S. 22.
40
Vgl. Diez (2001a), S. 82.
41
Vgl. Ganzer (2002), S. 24; Friedel-Beitz (2002), S. 14.
42
Vgl. Meunzel (2001), S. 38.
43
Quelle: In Anlehnung an Wolf (2002), S. 12.
44
Vgl. Brachat (2002), S. 22.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
11
2.2.4 Entbündelung der Funktionen des traditionellen Autohauses
Nach der Auffassung von Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Unterneh-
mensführung an der Fachhochschule Gelsenkirchen, wird das traditionelle Autohaus
zukünftig seltener und Schritt für Schritt durch modular aufgebaute Unternehmen substi-
tuiert werden. Einzelne Bereiche eines Autohauses werden ausgegliedert und von spe-
zialisierten Betrieben übernommen. Der Verkauf von Neuwagen mit den exklusiven und
repräsentativen Ausstellungen wird sich in den attraktiven Lagen der Innenstädte etab-
lieren. Mercedes-Benz baut in europäischen Metropolen Erlebniswelten, um mit seinen
Kunden zu kommunizieren und diese an die Marke zu binden. Im Gegensatz dazu wird
sich der Gebrauchtwagenverkauf an die Ränder der Städte verlagern. Dort sind die
Grundstückspreise und somit der Kostenfaktor geringer, da die Präsentation von Ge-
brauchtwagen viel Platz braucht. Werkstätten werden sich im Umland von Städten und
in der Nähe von Einkaufszentren, die eine hohe Kundenfrequenz gewährleisten, etablie-
ren. In diesem Bereich werden aber zunehmend Werkstattketten und Franchiser, wie
Auto-Teile-Unger (ATU), Pit-stop usw., Marktanteile gegenüber den Vertragswerkstätten
gewinnen.
45
(Vgl. Kapitel 2.2.6)
2.2.5 Rückgang des Servicemarktvolumens
Trotz leicht zunehmendem Fahrzeugbestand wird in Zukunft das Servicevolumen stark
abnehmen. Der Grund dafür liegt in der immer weiter steigenden Wartungsfreundlichkeit
und der immer längeren Wartungsintervalle der Fahrzeuge. So haben einige Hersteller
die Wartungsintervalle bei Pkws mit Benzinmotoren auf 30.000 Kilometer und bei Die-
selmotoren auf 50.000 Kilometer ausgedehnt.
46
Nach einer Prognose der IFA aus dem
Jahr 2001 wird geschätzt, dass das Servicevolumen bis zum Jahr 2010 um 18 bis 30
Prozent sinken wird.
47
Die Abbildung 4 verdeutlicht diesen Trend. Ausgehend vom
Basisjahr 2000 werden ein Offensiv- und ein Defensiv-Modell unterschieden. Beim
Offensiv-Modell liegt der Rückgang des Servicemarktvolumens nur bei 18 Prozent bis
zum Jahr 2010. Im Gegensatz dazu beträgt die Reduzierung des Service-Geschäftes
beim Defensiv-Modell sogar 31 Prozent im Vergleich zum Jahr 2000. Ob nun das Offen-
siv- oder Defensiv-Modell eintreten wird, ist derzeit leider noch nicht absehbar. Die bei-
den Modelle sollen nur eine mögliche Entwicklungstendenz aufzeigen.
45
Vgl. Dudenhöffer (1999), S. 100-101.
46
Vgl. HypoVereinsbank (2000), S. 7-8.
47
Vgl. Diez (2002), S. 72.

2 Strukturwandel im Automobilhandel
12
Marktentwicklung Service-Gesch ft
100
120
140
160
180
200
220
240
1995
2000
2005
2010
Reparatur und Wartungsarbeiten in Mio. Stunden
Abb. 4: Marktentwicklung Service-Geschäft
48
In den ersten vier Jahren eines ,Fahrzeugslebens' wird dieses aufgrund der komplizier-
ten und spezifischen Technik meist bei den Vertragshändlern gewartet. Dabei spielt
auch die Tatsache eine Rolle, dass der Anspruch auf Garantie und Kulanz nur dann
gegeben ist, wenn das Fahrzeug regelmäßig in der Vertragswerkstatt gewartet worden
ist. Nach vier Jahren werden die Autos vermehrt zu Systemwerkstätten (z.B. ATU, Pit-
Stop usw.) gebracht, die Inspektionen und Verschleißreparaturen meist günstiger anbie-
ten als Vertragshändler. Die Vertragshändler erleiden dadurch erhebliche Umsatzverlus-
te,
49
denn die mittelständischen Unternehmen erwirtschaften mehr als 50 Prozent ihres
Gewinns mit der Werkstatt.
50
Die längere Lebensdauer moderner Autos ist ein Grund für die Abnahme hinsichtlich
des Wartungsaufwands. Ein weiterer liegt in der durchschnittlich abnehmenden Jahres-
fahrleistung pro Pkw, begründet durch den immer weiter steigenden Fahrzeugbestand,
der schneller zunimmt als die Gesamtfahrleistung.
51
Dieses führt zusätzlich zu einem
weiter abnehmenden jährlichen Wartungsaufwand je Fahrzeug. Auf der anderen Seite
ist aber auch zu bedenken, dass der Aufwand an Wartungsarbeiten und Verschleißrepa-
48
Quelle: Diez (2002), S. 72.
49
Vgl. HypoVereinsbank (2000), S. 7-8; Diez/Reindl (2002), S. 7.
50
Vgl. Schmelzer (1999), S. 42.
51
Vgl. Verband der Automobilindustrie e.V. (2002), S. 84.
Offensiv-Modell
- 15 %
bis
- 24 %
- 18 %
bis
- 31 %
Defensiv-Modell
Basisjahr 2000

2 Strukturwandel im Automobilhandel
13
raturen mit dem Alter des Fahrzeuges zunimmt. Aufgrund der längeren Lebensdauer
der Automobile wird der Wartungsaufwand bei den über Vierjährigen steigen.
52
Diese
aufwendigen und kostenintensiven Arbeiten werden aber, wie bereits erwähnt, bei den
,freien' Werkstätten in Auftrag gegeben.
2.2.6 Neue Anbieter
In fast allen Geschäftsfeldern eines Autohauses treten neue Anbieter in die Märkte.
Diese spezialisieren sich auf einzelne Marktsegmente des traditionellen Autohauses,
was auch als ,Cherry Picking' bezeichnet wird.
53
Die Abbildung 5 zeigt Wettbewerber
des traditionellen Autohauses, auf die im Folgenden teilweise näher eingegangen wird.
Abb. 5: Wettbewerber für den traditionellen Autohandel
54
In Folge der zunehmenden Liberalisierung des europäischen Automobilmarktes (vgl.
Kapitel 2.2.7) werden Mehrmarkenhändler, Internetanbieter sowie andere Handelsun-
ternehmen, die bis dato noch keinen Autovertrieb betrieben haben, in den Markt eintre-
ten. Diese neuen Anbieter intensivieren den Wettbewerb mit den kleinen und mittleren
traditionellen Autohäusern, welche gegen die großen Ketten kaum eine Chance haben
werden.
55
Einige Anbieter wie Auto-Teile-Unger (ATU) oder Pit-Stop konzentrieren sich hauptsäch-
lich auf Verschleißreparaturen an Auspuff, Bremsen und Stoßdämpfern. Aufgrund dieser
52
Vgl. Diez/Reindl (2002), S. 8.
53
Vgl. Diez/Schwarz (2001), S. 416.
54
Quelle: Diez/Schwarz (2001), S. 416.
55
Vgl. KPMG Consulting GmbH, (2000), S. 13.
Neuwagen
· Werkseigene Nieder-
lassungen
· Electronic Commerce
· Preisagenturen
· Re-Importeure
· Leasing- und Fuhrpark-
Management-
Gesellschaften
Gebrauchtwagen
· Used Car Superstores
· Vermiet- und Leasing-
gesellschaften, z.B.
Sixt, Hertz
· Auktionen
After Sales
· Freie Werkstätten
und Systemkonzepte
· Fast Fits

2 Strukturwandel im Automobilhandel
14
neuen Anbieter erzielen die Autohändler im Ersatzteil- und Servicebereich heute 30
Prozent weniger Umsatz als noch Anfang der neunziger Jahre.
56
Im Folgenden werden weitere Vertriebswege und Anbieter vorgestellt:
· Direktvertrieb der Automobilhersteller
Der Direktvertrieb der Hersteller kann entweder über werkseigene Niederlassungen
oder über Verkaufsabteilungen erfolgen. Verkaufsabteilungen verkaufen die Fahrzeuge
an spezielle Abnehmergruppen, wie eigene Mitarbeiter, Journalisten, VIPs oder Groß-
abnehmer, beispielsweise Vermiet- und Leasinggesellschaften oder Großunternehmen.
Bedeutender ist der Verkauf von Neuwagen über Niederlassungen, die für ein zugewie-
senes Marktverantwortungsgebiet zuständig sind.
57
Der Status Quo im Automobilvertrieb beinhaltet plurale Absatzwege. In Anbetracht von
Abbildung 6 wird deutlich, dass ein großer Teil des Absatzes von Fahrzeugen über
alternative Vertriebswege und damit vorbei am traditionellen Autohaus vertrieben wird.
58
Abb. 6: Status Quo: Plurale Absatzwege im Automobilvertrieb
59
Im Zusammenhang mit dem Direktvertrieb der Hersteller bzw. Importeure kann eine
Erosion der traditionellen Aufgabengebieten des Händlers gesehen werden. Großab-
nehmer, wie Mietwagenfirmen- oder Flotten-Management-Gesellschaften, kaufen ihre
Fahrzeuge direkt beim Hersteller bzw. Importeur. Dieses Marktvolumen schwankt in
Europa je nach Absatzmarkt zwischen 10 und 20 Prozent. Hinzu kommt, dass die Fahr-
56
Vgl. Schmelzer (1999), S. 42.
57
Vgl. Diez (2001), S. 313.
58
Vgl. Diez/Schwarz (2001), S. 418.
59
Quelle: In Anlehnung an Diez/Schwarz (2001), S. 418.
Geschäftswagen,
Jahreswagen etc.
Großkunden incl.
Mietwagen
Mittlere Flotte
Kleinere Flotte
,Retail'-Verkäufe
Abnehmer
Vermiet-
firmen
Handels-
ketten
H
Ä
N
D
L
E
R
H
E
R
S
T
E
L
L
E
R

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832471873
ISBN (Paperback)
9783838671871
DOI
10.3239/9783832471873
Dateigröße
644 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (September)
Note
1,7
Schlagworte
strukturveränderungen gruppenfreistellungsverordnung kooperationsformen ford
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Titel: Kooperationen als Folge des Strukturwandels im Automobilhandel
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