Die Verbriefung von Krediten aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive
©2003
Diplomarbeit
92 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Vor wenigen Jahren noch war es ein Markt, ein Finanzinstrument für Eingeweihte. Forderungsunterlegte Wertpapiere, oder Asset Backed Securities (ABS) im englischen Pendant, das war keine Asset-Klasse, die der Anlageberater zur Depotbeimischung empfahl, das war und ist noch ein Finanzinstrument, das ausschließlich institutionelle Investoren adressiert. A $2.5 Trillion Market You Hardly Know titelte die Business Week vor annähernd fünf Jahren, und auch heute noch ist dies eine Zustandsbeschreibung, wie sie treffender nicht sein könnte.
Der Dynamik dieses Marktes tat dies, vor allem im Ursprungsland USA, jedoch keinen Abbruch. Seit dem Beginn der 1970er Jahre, als in den USA zum ersten Mal mit Hypotheken besicherte Wertpapiere zum Einsatz kamen, hat das Interesse an diesen Finanzinstrumenten rapide zugenommen. Finanzinstitute entdecken die Kreditverbriefung oder auch Credit Securitization bzw. nur Securitization als neue, attraktive Finanzierungsform. Investoren sehen eine renditestarke Möglichkeit zur Erweiterung ihres Anlageuniversums. Aus den bescheidenen Anfängen der 1970er Jahre ist mittlerweile ein billionenschwerer, globaler Markt entstanden.
Doch trotz des gewaltigen Ausmaßes ist das Verständnis für diese Finanzierungsform noch immer gering. Bestes Beispiel dafür ist die Debatte um die jüngst verkündete Initiative von Deutscher Bank, HypoVereinsbank, Dresdner Bank, DZ Bank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, eine gemeinsame Zweckgesellschaft zur Verbriefung und Veräußerung ihrer Kredite zu gründen. Ein verkapptes Hilfskonstrukt für die angeschlagensten der deutschen Kreditinstitute wird geargwöhnt, gar eine Bad Bank, eine staatliche Auffanggesellschaft für schlechte Kredite, befürchtet. Befürworter sehen dagegen die Vorteile, sprechen von einer Möglichkeit zur Entlastung des Eigenkapitals, zur Förderung der Kreditvergabe in schwierigen Zeiten.
Die Debatte wird sicher noch einige Zeit andauern, aber unabhängig von ihrem Ergebnis ist eines schon jetzt gewiss: das Interesse an der Kreditverbriefung wird weiter wachsen. Insbesondere daher ist es wichtig, das Phänomen Kreditverbriefung zu verstehen. Die akademische Forschung allerdings hat sich dabei bisher auf das betriebswirtschaftliche wie juristische Pro & Contra dieser Finanzierungsform beschränkt, die gesamtwirtschaftliche Perspektive blieb meist außen vor. Ein Indiz für deren Bedeutung ist das freilich nicht. Gerade im Hinblick auf die […]
Vor wenigen Jahren noch war es ein Markt, ein Finanzinstrument für Eingeweihte. Forderungsunterlegte Wertpapiere, oder Asset Backed Securities (ABS) im englischen Pendant, das war keine Asset-Klasse, die der Anlageberater zur Depotbeimischung empfahl, das war und ist noch ein Finanzinstrument, das ausschließlich institutionelle Investoren adressiert. A $2.5 Trillion Market You Hardly Know titelte die Business Week vor annähernd fünf Jahren, und auch heute noch ist dies eine Zustandsbeschreibung, wie sie treffender nicht sein könnte.
Der Dynamik dieses Marktes tat dies, vor allem im Ursprungsland USA, jedoch keinen Abbruch. Seit dem Beginn der 1970er Jahre, als in den USA zum ersten Mal mit Hypotheken besicherte Wertpapiere zum Einsatz kamen, hat das Interesse an diesen Finanzinstrumenten rapide zugenommen. Finanzinstitute entdecken die Kreditverbriefung oder auch Credit Securitization bzw. nur Securitization als neue, attraktive Finanzierungsform. Investoren sehen eine renditestarke Möglichkeit zur Erweiterung ihres Anlageuniversums. Aus den bescheidenen Anfängen der 1970er Jahre ist mittlerweile ein billionenschwerer, globaler Markt entstanden.
Doch trotz des gewaltigen Ausmaßes ist das Verständnis für diese Finanzierungsform noch immer gering. Bestes Beispiel dafür ist die Debatte um die jüngst verkündete Initiative von Deutscher Bank, HypoVereinsbank, Dresdner Bank, DZ Bank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, eine gemeinsame Zweckgesellschaft zur Verbriefung und Veräußerung ihrer Kredite zu gründen. Ein verkapptes Hilfskonstrukt für die angeschlagensten der deutschen Kreditinstitute wird geargwöhnt, gar eine Bad Bank, eine staatliche Auffanggesellschaft für schlechte Kredite, befürchtet. Befürworter sehen dagegen die Vorteile, sprechen von einer Möglichkeit zur Entlastung des Eigenkapitals, zur Förderung der Kreditvergabe in schwierigen Zeiten.
Die Debatte wird sicher noch einige Zeit andauern, aber unabhängig von ihrem Ergebnis ist eines schon jetzt gewiss: das Interesse an der Kreditverbriefung wird weiter wachsen. Insbesondere daher ist es wichtig, das Phänomen Kreditverbriefung zu verstehen. Die akademische Forschung allerdings hat sich dabei bisher auf das betriebswirtschaftliche wie juristische Pro & Contra dieser Finanzierungsform beschränkt, die gesamtwirtschaftliche Perspektive blieb meist außen vor. Ein Indiz für deren Bedeutung ist das freilich nicht. Gerade im Hinblick auf die […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 7183
Birke, Thorsten: Die Verbriefung von Krediten aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Ludwig-Maximilians-Universität München, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... I
Abbildungsverzeichnis...III
Abkürzungsverzeichnis... IV
Symbolverzeichnis... VI
1. Einleitung
... 1
2. Das Phänomen Securitization ein Überblick
... 3
2.1 Begriffsabgrenzung... 3
2.2 Entstehungsgründe und historische Entwicklung ... 5
2.2.1 Historie der Securitization in den USA ... 6
2.2.2 Historie der Securitization in Europa... 11
2.2.3 Neuer
Wachstumsmotor
Kreditderivate ... 13
2.3 Darstellung des Verbriefungsprozesses ... 15
2.3.1 Funktionsweise ... 15
2.3.2 Charakteristika ... 17
2.3.3 Fallbeispiel ABSC, Series 1-Emission ... 18
2.4 Zusammenfassung... 20
3. Auswirkungen der Securitization auf die Bank als Intermediär
... 22
3.1 Dogmenhistorie der Bank als Intermediär ... 23
3.2 Disintermediation
und
Verbriefung... 26
3.3 Rationalität der Kreditverbriefung das Signalling-Modell... 31
von Greenbaum / Thakor (1987)
3.3.1 Modellrahmen ... 32
3.3.2 Entscheidungsirrelevanz bei symmetrischer Information... 34
3.3.3 Vorteil der Securitization bei ungleicher Informationsverteilung ... 38
3.3.4 Rationalität des Verkaufs guter und Bilanzierung schlechter Assets ... 43
3.3.5 Weitere
Modellimplikationen ... 44
3.3.6 Fazit... 45
3.4 Ausgewählte Probleme und mögliche Konsequenzen der... 47
Securitization für die Bank als Intermediär
Inhaltsverzeichnis
II
3.4.1 Probleme der Glaubwürdigkeit und des Commitments ... 48
3.4.2 Das
Liquiditätsproblem... 50
3.4.2.1 Steigendes Illiquiditätsrisiko durch Kreditportfolioverschlechterung ... 50
3.4.2.2 Stabilisierungswirkung liquiderer Assets vs. endogene Liquidität... 51
3.4.3 Das Problem des ,,Delegated Monitoring" ... 54
3.4.4 Das Problem des ,,Monitoring of the Monitor" ... 56
4. Folgen der Securitization für die Geldpolitik
... 58
4.1. Geldpolitische Ziele und Transmissionskanäle... 58
4.2. Auswirkungen der Securitization auf die Transmission monetärer Impulse .. 62
4.2.1 Wirkungsänderung
des
Zinskanals ... 62
4.2.2 Wirkungsänderung des Balance Sheet Channel ... 64
4.2.3 Wirkungsänderung des Bank Lending Channel ... 64
4.3. Implikationen der Securitization für die Geldpolitik... 68
4.3.1 Wirkungsänderung
monetärer
Impulse... 68
4.3.2 Probleme verstärkter Kurzfristorientierung ... 70
4.3.3 Systemisches
Risiko... 71
4.3.3.1 Traditionelle
Sichtweise... 72
4.3.3.2 Reallokation systemischen Risikos durch Securitization ... 72
5. Schlussbetrachtung
... 75
6. Bibliographie
... 77
7. Appendix
...VIII
Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung internationaler öffentlicher und privater... 6
Asset Backed Bond-Emissionen getrennt nach Asset-Arten
in Mrd. US-$ von 1985 bis 1996
Abbildung 2: Entwicklung öffentlicher und privater Asset Backed ... 11
Anleihe-Emissionen in den USA in Mrd. US-$ von 1985 bis 1996
Abbildung 3: Entwicklung des europäischen Securitization-Marktes ... 13
von 1996 bis 2002 in Mrd. Euro.
Abbildung 4: Grundmodell des Verbriefungsprozesses ... 16
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Asset-Backed Securities... 19
Corporation, Series 1-Emission
Abbildung 6: Schematik der beiden Finanzierungsarten im Signalling-Modell... 34
von Greenbaum / Thakor
Abbildung 7: Schematische Darstellung der beiden unterschiedlichen Wege ... 42
zur Überwindung des Informationsgefälles bei asymmetrischer
Information
Abbildung 8: Wachstumsraten von Bankdepositen, (staatlicher) Mortgage Pools ... 66
und privater ABS-Emissionen im Zeitraum von 1960 bis1998
Abkürzungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
ABS
Asset Backed Securities
ABSC
Asset-Backed Securities Corporation
AG
Aktiengesellschaft
Bio.
Billionen
BIS
Bank for International Settlements
bzw.
beziehungsweise
CLO
Collateralized Loan Obligation
CMO
Collateralized Mortgage Obligation
c.p.
ceteris paribus, alles Übrige konstant
CP
Commercial
Paper
DF
Depositenfinanzierung
ESF
European Securitisation Forum
etc.
et
cetera
evtl.
eventuell
f
und folgende Seite
ff
und folgende Seiten
FHLMC
Federal Home Loan Mortgage Corporation
FNMA
Federal National Mortgage Association
FRBNY
Federal Reserve Bank of New York
FRBSF
Federal Reserve Bank of San Francisco
GIC
Guaranteed Investment Contract
GMAC
General Motors Acceptance Corporationa
GNMA
Government National Mortgage Association
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
i.w.S.
im weitesten Sinne
IS
Interest Rate - Savings
L/C
Letter of Credit
Lfz.
Laufzeit
LTCM
Long Term Credit Management
MBS
Mortgage Backed Securities
Abkürzungsverzeichnis
V
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
NBFI
Non-Bank Financial Intermediary
OECD
Organisation for Economic Co-Operation and Development
S. Seite
sog.
sogenannte(r / n)
SPV
Special Purpose Vehicle
USA
United States of America
US-$
amerikanische(r)
Dollar
u. a.
unter anderem
u. U.
unter Umständen
Ü.d.V.
Übersetzung des Verfassers
VF
Verbriefungsfinanzierung
vgl.
vergleiche
z.B.
zum
Beispiel
ZB
Zentralbank
Symbolverzeichnis
VI
Symbolverzeichnis
B
C
Screening-Kosten der Bank
[Chi]
Auszahlung
N
C
Screening-Kosten von Depositären bzw. Investoren
[Delta] Wahrscheinlichkeit des Projekterfolgs des Kreditnehmers
durchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts
K
(fixe) Kapitalausstattung einer Bank
( )
[Lambda] definitorische Begrenzung der Bankgarantie auf ihr Eigenkapital
( )
,
p
Prämie für Bankgarantie
q Dichtefunktion
von
( )
Q
Verteilungsfunktion von
R
Auszahlung des Projekts im Erfolgsfall
( )
r
Einlagenzinsfaktor
f
R
Faktor des risikolosen Zinses
( )
[Tau]
Kreditzinsfaktor
[Theta] Teil des Kredites, dessen Rückzahlung die Bank garantiert
( )
den Erwartungsnutzen des Kreditnehmers maximierender
Versicherungsgrad
u
Reservationsnutzen
( )
U
Nutzen aus der Auszahlung
( )
[Xi] Zinsmarge bzw. Managementgebühr, die die Bank verlangt
Kapitel 1
Einleitung
1
1. Einleitung
Vor wenigen Jahren noch war es ein Markt, ein Finanzinstrument für ,,Eingeweihte".
Forderungsunterlegte Wertpapiere, oder Asset Backed Securities (ABS) im englischen
Pendant, das war keine Asset-Klasse, die der Anlageberater zur Depotbeimischung
empfahl, das war und ist noch ein Finanzinstrument, das ausschließlich institutionelle
Investoren adressiert. ,,A $2.5 Trillion Market You Hardly Know" titelte die Business
Week (Silverman / Sparks, 1998) vor annähernd fünf Jahren, und auch heute noch ist dies
eine Zustandsbeschreibung, wie sie treffender nicht sein könnte.
Der Dynamik dieses Marktes tat dies, vor allem im Ursprungsland USA, jedoch keinen
Abbruch. Seit dem Beginn der 1970er Jahre, als in den USA zum ersten Mal mit
Hypotheken besicherte Wertpapiere zum Einsatz kamen, hat das Interesse an diesen
Finanzinstrumenten rapide zugenommen. Finanzinstitute entdeckten die
Kreditverbriefung oder auch (Credit) Securitization als neue, attraktive
Finanzierungsform. Investoren sahen eine renditestarke Möglichkeit zur Erweiterung
ihres Anlageuniversums. Da verwundert es kaum, dass aus den bescheidenen Anfängen
der 1970er Jahre mittlerweile ein billionenschwerer, globaler Markt entstanden ist.
Doch trotz des gewaltigen Ausmaßes ist das Verständnis für diese Finanzierungsform
noch immer gering. Bestes Beispiel dafür ist die Debatte um die jüngst verkündete ,,True
Sale Initiative" von Deutscher Bank, HypoVereinsbank, Dresdner Bank, DZ Bank und
der Kreditanstalt für Wiederaufbau, eine gemeinsame Zweckgesellschaft zur Verbriefung
und Veräußerung ihrer Kredite zu gründen. ,,Ein verkapptes Hilfskonstrukt für die
angeschlagensten der deutschen Kreditinstitute" (Clausen, 2003, S. 27) wird geargwöhnt,
gar eine ,,Bad Bank", eine staatliche Auffanggesellschaft für schlechte Kredite, befürchtet
(Lebert et al., 2003, S. 1). Befürworter sehen dagegen die Vorteile, sprechen von einer
Möglichkeit zur Entlastung des Eigenkapitals, zur Förderung der Kreditvergabe in
schwierigen Zeiten.
Die Debatte wird mit Sicherheit noch einige Zeit andauern, aber unabhängig von ihrem
Ergebnis ist eines schon jetzt gewiss: das Interesse an der Kreditverbriefung wird weiter
wachsen. Insbesondere daher ist es wichtig, das Phänomen ,,Kreditverbriefung" in all
seinen Facetten zu verstehen. Die akademische Forschung allerdings hat sich bisher auf
das betriebswirtschaftliche wie juristische Pro & Contra dieser Finanzierungsform
beschränkt, die gesamtwirtschaftliche Perspektive blieb meist außen vor. Ein Indiz für
Kapitel 1
Einleitung
2
deren Bedeutung ist das freilich nicht. Gerade im Hinblick auf die Ausgestaltung der
institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen dieses Marktes ist das Verständnis
für Ursachen und Folgen der Kreditverbriefung aus ökonomischer Perspektive von
immenser Bedeutung. Genauso gilt dies für aufsichtsrechtliche oder geldpolitische
Belange. So scheint die gesamtwirtschaftliche Perspektive von elementarer Bedeutung
für alle Nutzergruppen der Verbriefungsfinanzierung. Die vorliegende Arbeit will
deswegen einen ersten Schritt tun, um diesen gewichtigen Raum zu füllen.
Die Gliederung des vorliegenden Textes stellt sich deswegen wie folgt dar. Kapitel 2 gibt
einen groben Überblick über das Phänomen Securitization. Dazu zählt eine
Begriffsabgrenzung, die Darstellung der Gründe für das Erwachen des Securitization-
Trends sowie seine historische und gegenwärtige Entwicklung in den USA und Europa.
Darauf folgt eine schematische Darstellung des Verbriefungsprozesses mit einer
Beschreibung der Funktionsweise, der teilhabenden Parteien und der speziellen
Merkmale. Am Beispiel der ABSC, Series-1 Emission sollen die theoretischen
Ausführungen schließlich nochmals verdeutlicht werden. Das Kapitel 3 widmet sich den
Auswirkungen der Kreditverbriefung auf die Rolle der Bank. Dabei wird der Frage
nachgegangen, warum die Kreditverbriefung speziell für Banken folgenreiche
Änderungen und potentielle Probleme bedeutet, welche Gründe es für Banken gibt, sich
für diese neue Finanzierungsform zu entscheiden und welche Konsequenzen sich daraus
für die Bank und damit auch zwangsläufig für das Finanzsystem ergeben. Im Mittelpunkt
der Untersuchung stehen dabei die aufgrund unvollkommener Märkte entstehenden
Probleme. Behandelt wird insbesondere die Frage nach möglichen
Glaubwürdigkeitsproblemen, Liquiditätsproblemen, aber auch verschiedenen
Anreizproblematiken, die durch die Kreditverbriefung entstehen. Kapitel 4 widmet sich
den Konsequenzen der Securitization, die sich für die Geldpolitik ergeben. Dabei wird
untersucht, ob und in welchem Ausmaß Wirkungsänderungen in der Transmission
monetärer Impulse erkennbar sind. Daran schließt sich die Erörterung, welche
Implikationen die Auswirkungen der Kreditverbriefung für die Geldpolitik haben
könnten. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf der veränderten Bedeutung der
verschiedenen monetären Transmissionskanäle, genauso wie auf möglichen
Veränderungen hinsichtlich der Finanzmärkte und insbesondere auf einer möglichen
Stabilitätsänderung von Bank- und Finanzsystem sowie deren Konsequenzen für das
Handeln der Geldpolitik. Kapitel 5 fasst schließlich die wichtigsten Erkenntnisse
nochmals zusammen und stellt sie in einen weiter gefassten Kontext.
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
3
2.
Das Phänomen Securitization ein Überblick
,,Securitization ist eine der wichtigsten und herausragendsten Innovationen, die die
Finanzmärkte seit den 30er Jahren hervorgebracht haben" konstatiert Kendall (1998, S. 1,
Ü.d.V.). Obay (2000, S. 17, Ü.d.V.) hält Asset Securitization für ,,eine Technik, die
sowohl das Konzept der Bankenintermediation als auch das der
Finanzierungsmechanismen revolutioniert hat" und Paul (1994, S. VII) erwartet gar, dass
durch den Trend zur ABS-Finanzierung ,,das jetzige Bankensystem der Vereinigten
Staaten noch im Laufe dieses Jahrzehnts obsolet werden könnte".
Viele Autoren zeigen sich bei der Darstellung des seit den 1970er Jahren besonders in den
USA permanent gewachsenen Trends zur Verbriefung von Kreditforderungen (Ranieri,
1998) deutlich euphorisch. Eine beachtliche Entwicklung ist zweifelsohne festzustellen
1
.
Aber was hat es tatsächlich auf sich mit der so genannten Credit Securitization? Was ist
darunter zu verstehen, und wie ist es einzuordnen? Um diesen Fragen nachzugehen, soll
im Folgenden ein Überblick über das Thema der Verbriefung von Kreditforderungen bzw.
Credit Securitization gegeben werden. Der einleitenden Begriffsabgrenzung folgt die
Darstellung der historischen Entwicklung dieser Finanzierungstechnologie bezogen auf
den US-amerikanischen sowie den europäischen Markt, mit einem Ausblick auf den
jüngst gewachsenen Trend zur Nutzung von Kreditderivaten. Daran schließt sich eine
schematische Erklärung der Funktionsweise und Charakteristika der Kreditverbriefung,
die am Beispiel der ABSC, Series-1-Emission verdeutlicht werden soll.
2.1 Begriffsabgrenzung
Für den Begriff ,,Securitization
2
" oder genauer ,,Credit Securitization
3
", der in der
Literatur allgemein als englisches Pendant zur deutschen Bezeichnung
,,Kreditverbriefung" verwendet wird, hat sich keine einzelne Definition etabliert.
Vielmehr lässt sich eine Vielzahl an Begriffsbestimmungen finden, die sich auf einen
1
Siehe dazu das nachfolgende Kapitel 2.2
2
Darunter ist allgemein die Verbriefung von Finanzierungen zu verstehen (Arbeitskreis ,,Finanzierung" der
Schmalenbach-Gesellschaft, 1992), d.h. sowohl die Verbriefung von Forderungen, als auch von anderen,
einen (zukünftigen) Zahlungsstrom generierenden Vermögensgegenständen. Dies wird auch als ,,Asset
Securitization" bezeichnet (Lakshman, 1999).
3
Die Bezeichnung Credit Securitization gilt natürlich nur, sofern es sich auch um die Verbriefung von
Kreditforderungen handelt (Rosenthal / Ocampo, 1988).
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
4
bestimmten Aspekt fokussiert
4
. Eine umfassende und daher auch häufig zitierte Definition
formuliert dabei die Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD).
Laut OECD (Lumpkin, 1999, S. 25, U.d.V.) hat der Begriff Securitization genau
genommen zwei grundsätzliche Bedeutungen. Zu Beginn der Entwicklung stand der
Terminus Securitization demnach für den ,,Prozess der Disintermediation oder der
Substitution von Bankkrediten durch die Ausgabe von Wertpapieren." Seit Mitte der
1980er Jahre wird der Begriff allerdings in einem weit engeren Sinn verstanden. Er
bezieht sich nun eher auf den Bereich des ,,Structured Finance". Adressiert wird jetzt der
,,Prozess, mit dem (relativ) homogene aber illiquide Vermögensgegenstände gebündelt
und neu zusammengestellt werden" (Lumpkin, 1999, S. 25, Ü.d.V.). Der Wertpapierzins
stelle dabei einen Anspruch an den aus den Forderungen generierten Cash-Flow und
anderer aus dem Kredit-Pool entstehenden ökonomischen Vorteile, die in Form von
Wertpapieren an dritte Investoren verkauft werden. Der Verbriefungsprozess wandelt
folglich illiquide Einzelkredite oder Kreditinstrumente in liquide, marktfähige
Wertpapiere (Kendall, 1998). Entscheidender Bestandteil der Securitization gemäß der
OECD-Definition ist schließlich die Tatsache, dass die betreffenden Forderungen aus den
Bilanzen des Originators über die rechtliche Verselbständigung durch Zwischenschaltung
eines speziellen Vehikels ,,herausgenommen" werden bzw. nach der Forderungsbildung
gar nicht erst dort erscheinen. Dies wird auch als Off Balance Sheet-Finanzierung
5
bezeichnet.
Die durch den Prozess der Securitization
6
geschaffenen Wertpapiere werden in der
englischen Literatur als Asset-Backed Securities (ABS) bezeichnet, was am ehesten mit
,,durch Vermögensrechte gesicherte Wertpapiere" (Feldbausch et al., 1997, S. 216) zu
übersetzen ist. Diese Wertpapiere sind dabei nicht mit einer generellen Sicherungszusage
der emittierenden Einheit, sondern durch den spezifischen Pool an
Vermögensgegenständen / Krediten als Unterlage (Collateral) gesichert. Investoren
erwerben daher einen proportionalen Anteil an den Assets und den damit verbundenen
Ansprüchen, nicht aber einen generellen Anspruch an den Originator, wie es bei der
traditionellen Unternehmensfinanzierung üblich ist (Kendall, 1998). Gemäß dem
4
Vgl. zum Beispiel Ohl (1994, S. 1), Rosenthal / Ocampo (1988, S. 3), BIS (1992, S. 1), Greenbaum /
Thakor (1987, S. 379), Obay (2000, S. 51f)
5
Eine ausführliche Erläuterung des Terminus bieten Freixas / Rochet (1998, S. 6f). Der Off Balance Sheet-
Finanzierung gegenüber steht die On Balance Sheet-Finanzierung, bei der sich Kreditgeber durch die
Begebung von Anleihen, zwar gedeckt durch Assets, aber ohne Zwischenschaltung von weiteren Vehikeln
selbst finanzieren (Lumpkin, 1999; Paul, 1994).
6
Die Begriffe ,,Securitization" und ,,Credit Securitization" sollen im Folgenden als englisches Synonym zu
,,Kreditverbriefung" und entsprechend der angegebenen Definition der OECD verwendet werden.
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
5
Arbeitskreis ,,Finanzierung" der Schmalenbach-Gesellschaft (1992, S. 497) sind die
beiden wichtigsten Definitionselemente von ABS deshalb die ,,ausdrückliche
Kennzeichnung bestimmter Vermögenswerte durch rechtliche Verselbständigung und ihre
Nutzung als Unterlage für Wertpapiere".
Die bei vielen Autoren verbreitete Unterscheidung zwischen Mortgage Backed Securities
(MBS), also Wertpapieren, die durch Hypothekendarlehen gesichert sind, und Asset
Backed Securities als Oberbegriff für die Verbriefung aller anderen Asset-Arten soll in
Anlehnung an Paul (1994) nicht übernommen werden. Hypothekendarlehen stellen seiner
Ansicht nach ebenfalls Vermögensgegenstände dar, die in verbriefter Form auch zu den
durch Vermögenswerte gesicherten Wertpapieren, also Asset Backed Securities, gezählt
werden sollten. Der Terminus ,,Asset Backed Securities" wird daher im Weiteren als
Oberbegriff dieser Asset-Klasse verwendet. Erst in der weiteren Systematisierung soll
zwischen Mortgage und Nonmortgage Backed Securities unterschieden werden.
Nach der Begriffsabgrenzung werden im nachfolgenden Kapital nun Entstehungsgründe
und historische Entwicklung der Securitization vom unbekannten Begriff zum weltweiten
Trend dargestellt. Die Ausführungen werden sich dabei auf den nordamerikanischen und
europäischen Raum beschränken. Mit einem kurzen Überblick über das Phänomen
synthetische Verbriefungen soll ferner dem sprunghaft gestiegenen Einsatz von
Kreditderivaten bei Securitization-Transaktionen Rechnung getragen werden.
2.2
Entstehungsgründe und historische Entwicklung
Die Finanzmärkte haben seit Beginn der 1980er Jahre einen nachhaltigen Strukturwandel
erlebt. Herausragendes Merkmal davon ist insbesondere die in den USA anhaltende
Zunahme der Substitution klassischer Kreditfinanzierungen durch Kreditverbriefungen,
mit anderen Worten eine Verlagerung der Geldmittelaufnahme weg von klassischen
Bankkrediten hin zur Nutzung der Geld- und Kapitalmärkte (Ohl, 1994). In den USA hat
dieser Trend bereits beachtliche Ausmaße angenommen. Das Volumen neuer
Hypothekendarlehen lag in den USA im Jahr 2002 bei 2,46 Bio. US-$, demgegenüber
stand eine Ausgabe hypothekenbezogener Wertpapiere in Höhe von 2,27 Bio. US-$.
Zusätzlich dazu wurden Nonmortgage Backed Securities im Wert von weiteren 420 Mrd.
US-$ ausgegeben, womit beide Male neue Höchststände markiert wurden (The Bond
Market Association, 2003). Auch das European Securitisation Forum (2003) kann neue
Spitzenwerte vermelden. Das europäische Emissionsvolumen von Nonmortgage Backed
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
6
Securities kletterte im Jahr 2002 auf 79,2 Mrd. Euro, im Mortgage Bereich auf 78,5 Mrd.
Euro. All diese gewaltigen Summen sind Zeugen einer signifikanten,
länderübergreifenden Entwicklung, das zeigt Abbildung 1 sehr anschaulich. Die Anfänge
jedoch waren bescheiden.
Abbildung 1: Entwicklung internationaler öffentlicher und privater Asset Backed Bond
7
-Emissionen
getrennt nach Asset-Arten in Mrd. US-$ von 1985 bis 1996
(Quelle: BIS, 1996)
2.2.1 Historie der Securitization in den USA
Der Ursprung der Credit Securitization geht zurück auf die 1970er Jahre. Zu dieser Zeit
wurden sämtliche US-Hypothekendarlehen durch die amerikanischen Spar- und
Bausparkassen (Thrift Institutions) finanziert. Mit der steigenden Nachfrage nach
Hausbau-Krediten standen die Institute jedoch vor einem wachsenden
Finanzierungsproblem, da die Einlagen der Depositäre nicht in gleichem Maße wie die
Kreditnachfrage zunahmen (Ranieri, 1998). Aus diesem Dilemma heraus begannen US-
Investmentbanken erstmals mit der Verbriefung von Hypothekenkrediten höchster Bonität
7
Forderungsunterlegte Wertpapiere (ABS) werden hauptsächlich als Asset Backed Commercial Paper,
Asset Backed Notes und Asset Backed Bonds ausgestaltet, abhängig von Laufzeit und Strukturierung (BIS,
1996).
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
7
und schufen so das neue Finanzierungsinstrument Mortgage Backed Securities (Ohl,
1994).
Ein Mitgrund des aufgetretenen Finanzierungsproblems ist in den Spezifika des
amerikanischen Finanzsystems zu sehen. So war u. a. die Geschäftstätigkeit eines
Kreditinstituts auf einen bestimmten Bundesstaat beschränkt. Ein Kapitalausgleich
zwischen Bundesstaaten mit hoher Kapitalnachfrage und solchen mit hohem
Kapitalangebot war dadurch nicht möglich. Hinzu kam die Tatsache, dass in den USA
Hypotheken mit einer Festzinszusage von bis zu 30 Jahren ausgestattet waren. Die
Refinanzierung erfolgte dagegen durch kurzfristige Einlagen (Paul, 1994).
Al folgenschwer entpuppte sich dabei die im Rahmen der Deposit Deregulation
abgeschaffte Zinsdeckelung für Einlagen. Der Wettbewerbsdruck, vor allem durch Nicht-
Banken, wuchs dadurch. Um dem zu entgegnen, ließen sich viele Thrift Institutions zu
immer risikoreicheren Geschäften hinreißen. Dies führte Anfang der 1980er Jahre
schließlich zur so genannten Savings & Loans-Krise
8
. Infolge des plötzlich vorhandenen
Zinsänderungsrisikos
9
äußerte sich dies in gewaltigen Verlusten der Sparkassen. Die
Schaffung eines Sekundärmarktes
10
für Hypothekarkredite war daher nicht nur - wie
bereits angesprochen - wegen der Möglichkeit zum dringend benötigten Kapitalausgleich
essentiell, sondern auch und vor allem um eine Übertragung des Bonitäts
11
- und
Zinsänderungsrisikos zu ermöglichen (Arbeitskreis ,,Finanzierung" der Schmalenbach-
Gesellschaft, 1992).
Wesentlichen Anteil am erfolgreichen Wachstum des US-amerikanischen
Sekundärmarktes für Hypothekarkredite hatte die Intervention staatlicher und quasi-
staatlicher Einrichtungen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die staatliche
Government National Mortgage Association (GNMA oder auch ,,Ginnie Mae")
12
sowie
8
Für eine genaue Darstellung von Gründen und Verlauf der Krise der Savings & Loans Associations sei auf
Paul (1994, S. 61ff) bzw. Ohl (1994, S. 24ff) verwiesen.
9
Das Zinsänderungsrisiko ist dem Kreditrisiko zuzuordnen, also dem Risiko, das dem Kreditgeber durch
die Kreditvergabe entsteht. Das Zinsänderungsrisiko gehört dabei zu den derivativen Risiken, die aus der
Refinanzierung resultieren, und gibt diesbezüglich die Gefahr einer Änderung der Zinsspannen wieder. Dies
könnte z.B. so aussehen, dass das allgemeine Zinsniveau über den im Kreditvertrag vereinbarten Zins steigt
(Bestmann, 1998).
10
Sekundärmarkt ist die Bezeichnung für den Markt (i.d.R. eine Börse), an dem umlaufende Titel gehandelt
werden (Bestmann, 1998).
11
Das Bonitätsrisiko gehört zu den originären Risiken des Kreditgebers und ist damit kundendeterminiert.
Beschrieben wird das Risiko, dass durch die Insolvenz des Kapitalnehmers der in Anspruch genommene
Kredit einschließlich Zinsen, Gebühren und Provisionen nicht oder nur zum Teil zurückgezahlt wird
(Bestmann, 1998).
12
GNMA ist eine US-bundesrechtliche Körperschaft, die zum Wohnungsbauministerium gehört. Aufgabe
der Körperschaft war der Ankauf von Hypothekendarlehensforderungen aus kapitalarmen Gebieten sowie
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
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die durch Konzessionen mit einem quasi-staatlichen Status versehenen Agenturen
(Government Sponsored Agencies) Federal National Mortgage Association (FNMA oder
auch ,,Fannie Mae")
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und Federal Home Loan Mortgage Corporation (FHLMC oder auch
,,Freddie Mac"). Erst die von ihnen gestellten staatlichen Garantien ließen einen liquiden
Sekundärmarkt für Hypotheken entstehen (Paul, 1994).
Auf dem Gebiet der Securitization gilt die 1960 gegründete Ginnie Mae dabei als Pionier,
weil sie es war, die die erste MBS-Konstruktion veranlasste. Das dabei verwandte Prinzip
sah vor, dass private Emittenten Hypothekarkredite aufkaufen, zusammenfassen und
anschließend Wertpapiere ausgeben, die mit diesem Pool besichert und zusätzlich mit
einer Staatsgarantie ausgestattet sind, welche Zins- und Tilgungszahlungen sichert. Die
Zahlungsstruktur der ersten MBS wurde so gewählt, dass die Zins- und
Tilgungszahlungen aus den Hypothekendarlehen direkt an die Investoren weitergegeben
wurden. Dies wird auch als Pass-Through-Struktur
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bezeichnet. Mit Hilfe der staatlichen
Sicherung galten die Wertpapiere selbst ohne Rating als Titel erster Bonität (Ohl, 1994).
Freddie Mac und Fannie Mae, die zwar als eigenständige Emittenten auftraten,
gleichzeitig aber ebenfalls über die Möglichkeit der Staatsgarantien verfügten,
übernahmen diese Konstruktion in den Anfängen.
Der MBS-Markt entwickelte sich in den 1970er Jahren trotz der Staatsgarantien aber eher
zögerlich. Dies insbesondere auch deswegen, weil Investoren bei der angewendeten Pass-
Through-Struktur dem Risiko vorzeitiger Tilgung (Prepayment Risk) und damit dem
Wiederanlagerisiko
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ausgesetzt waren (Ohl, 1994). Mit der Entwicklung der so
genannten Collateralized Mortgage Obligation (CMO)
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tat Freddie Mac 1983 daher einen
die Absicherung von Mortgagedarlehen, die von anderen staatlichen Agenturen besichert waren (Ohl,
1994).
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FNMA wurde 1938 als staatliches Unternehmen gegründet und 1968 in eine private Gesellschaft mit
staatlicher Konzession umgewandelt. Bis 1970 durfte FNMA nur Darlehen von Hypothekenbanken
aufkaufen. Erst danach war auch der Kauf konventioneller Hypotheken anderer Geschäftsbanken erlaubt.
14
Eine genaue Darstellung der Pass-Through-Struktur ist bei Rosenthal / Ocampo (1988, S. 49ff) zu finden.
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Die genaue Lebensdauer der Mortgage Backed Securities konnte praktisch nicht vorhergesagt werden, da
die Hypothekendarlehensnehmer das Recht auf Umschuldung bzw. Tilgung besaßen, das besonders in
Zeiten sinkender Zinsen in Anspruch genommen wurde (Ohl, 1994).
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Hypothekenunterlegte Obligationen (CMOs) sind eine Variation der kreditunterlegten Obligationen
(CLOs) und in ihrer Ausgestaltung identisch. Unter CLOs versteht man strukturierte Finanztransaktionen,
bei denen Kreditforderungen treuhänderisch verwahrt und als Besicherung für zwei oder mehr geratete
Schuldtitel oder ungeratete eigenkapitalähnliche Tranchen dienen. Die typische Struktur einer
bilanzwirksamen CLO-Transaktion sieht dabei so aus, dass, genau so wie bei einer klassischen ABS-
Transaktion auch, zunächst ein Pool von Kreditforderungen an eine Zweckgesellschaft übertragen wird.
Diese emittiert dann Wertpapiere, die mit den Krediten besichert sind. Entscheidender Unterschied zur
normalen ABS-Transaktion ist die Tatsache, dass die Wertpapiere bei einer CLO-Transaktion in
verschiedenen Tranchen mit unterschiedlicher Laufzeit und Verzinsung begeben werden, die nacheinander
zu tilgen sind. Für die Investoren sinkt dadurch die Unsicherheit bezüglich der Amortisationszeiträume bzw.
das damit verbundene Zinsänderungsrisiko. Erreicht wird dies, indem die rangniedrigeren (Junior-)
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
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entscheidenden Schritt nach vorne. Bei dieser Konstruktion fand erstmals ein
Management der Zahlungsströme statt, bei der die Zins- und Tilgungszahlungen nicht
mehr direkt von den Kreditnehmern an die Investoren weitergereicht wurden, sondern nun
entsprechend der festgelegten Rückzahlungstermine (Paul, 1994).
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Der angesprochene
Investorenkreis weitete sich mit dieser Neuerung drastisch aus, die Liquidität stieg. 1985
schließlich wurde die nun ausgereifte Verbriefung von Finanzaktiva auf den
Nonmortgage-Bereich ausgeweitet und die staatlichen Sicherungszusagen erstmals durch
private Kreditbesicherungen
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ersetzt. Verbrieft wurden nun u. a. auch
Leasingforderungen, Forderungen aus Automobilfinanzierung, Kreditkartenforderungen
sowie ungesicherte Konsumentenkredite (Rosenthal / Ocampo, 1988).
Zusammenfassend ist die Erfolgsgeschichte der Securitization in den USA auf ein
günstiges Zusammenspiel konjunktureller, struktureller und idiosynkratischer Faktoren
zurückzuführen. Dazu zählen die regionale Begrenzung der Bankaktivitäten, passende
rechtliche Rahmenbedingungen, der Katalysatoreffekt der staatlichen und quasi-
staatlichen Agenturen, eine wachsende Rolle institutioneller Investoren als Zielgruppe der
verbrieften Wertpapiere sowie die Probleme der Thrift Institutions (BIS, 1996).
Ein weiteres wesentliches Element, dass den Trend zur Verbriefung von Krediten
insbesondere seit Ende der 1980er Jahre weiter verstärkte, ist in den
Eigenkapitalrichtlinien des ersten Baseler Abkommens zur Regulierung und Aufsicht von
Banken (Basel I) zu sehen. Diese wurden vom Basel Komitee zur Bankenaufsicht der
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) erarbeitet und 1988 von den
Tranchen die Kreditverluste vor ranghöheren (Senior-) Tranchen auffangen, wobei die ranghöchste
Tranche(n) Investment-Grade Status hat, also erstklassiger Bonität ist. Das Rating hängt dabei maßgeblich
von der Fähigkeit niedriger gerateter Tranchen ab, Kreditverluste abzufangen. Als erster Puffer dient dabei
eine Position mit Eigenkapitalcharakter, die sog. Equity-Tranche, oder eine Barreserve, mit der erste
Ausfälle für alle höherrangigen Tranchen abgefangen werden. Diese auch First-Loss-Position genannte, in
ihrem Volumen immer kleinste Tranche, bleibt i.d.R. bei der Bank und dient dort als Signal der Bank, die
Kredite weiterhin sorgfältig zu verwalten (bezüglich des Problems Adverser Selektion bei der
Verbriefungsfinanzierung siehe auch Abschnitt 3.4.1). Die wesentliche Konsequenz der Tranchierung einer
ABS-Transaktion ist in der damit möglichen Effizienzsteigerung der Risikoallokation zu sehen. Je nach
individueller Risikopräferenz können Investoren gezielt in eine Tranche investieren, deren Charakteristik
ihren Vorgaben entspricht. Das Kreditrisiko, das die Bank vorher alleine zu tragen hatte, wird damit
effizient auf die verschiedenen Investorengruppen verteilt (Herrmann, 2000; Paul, 1994; Ohl, 1994). Die in
Kapitel 2.3.3 vorgestellte ABSC-Emission soll dabei als Beispiel einer CLO-Transaktion dienen.
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Dies wird auch als Pay-Through-Struktur bezeichnet.
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Unterschieden wird hier in Besicherungen aus der Cash Flow-Struktur der Transaktion, wie z.B. die
wirtschaftliche Übersicherung, die Subordination oder der Reservefonds, Besicherungen durch Garantien
des Forderungsveräußerers oder einer verbundenen Gesellschaft, wie z.B. den beschränkten
Rückkaufzusagen oder der Patronatserklärung, und schließlich der Besicherung durch Erklärungen
außenstehender Dritter, wie z.B. den verpfändeten Geldeinlagen und Kreditlinien, Bürgschaften oder
Akkreditiven (BIS, 1996). Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Sicherungsmechanismen findet sich
bei Ohl (1994, S. 85ff).
Kapitel 2
Das Phänomen Securitization ein Überblick
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Zentralbanken der zehn weltweit führenden Volkswirtschaften (G-10) - darunter die USA
genauso wie Deutschland - als neue Mindesteigenkapitalanforderungen für Banken
übernommen (Stevens, 2000). Ziel von Basel I war es, Banken durch die
Eigenkapitalunterlegung ihrer Forderungen resistenter gegen Forderungsausfälle zu
machen und damit das Finanzsystem im Ganzen zu stabilisieren (Dionne / Harchaoui,
2002). Als problematisch stellte sich allerdings schon bald die kaum differenzierte
Anforderung einer 8%igen Eigenkapitalunterlegung von Krediten heraus. Speziell
Kredite, deren Ausfallwahrscheinlichkeit eigentlich eine geringere Unterlegungsquote
erfordert hätte, waren mit den vorgeschriebenen 8% übersichert. Daher wurde zunehmend
versucht, diese Vorschrift zu umgehen. Als besonders geeignet für diese so genannte
,,Capital Arbitrage" (Stevens, 2000) galt dabei die Credit Securitization. Durch die
Verbriefung konnte das für diese Kredite zu unterlegende Eigenkapital gesenkt werden.
Dadurch, dass die Banken vorwiegende jene Kredite verbrieften, deren Risiko eine
niedrigere Sicherung gerechtfertigt hätte, sank die durchschnittliche Kreditqualität des
restlichen Kreditportfolios, womit die Effizienz der Eigenkapitalunterlegung wieder
erhöht wurde.
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Allerdings waren nicht nur Effizienz- bzw. Renditegesichtspunkte für die verstärkte
Verbriefung im Zusammenhang mit der Einführung von Basel I verantwortlich. Die neuen
Vorschriften brachten insbesondere jene Banken unter Zugzwang, die an der Grenze der
Mindestanforderungen operierten. Um den Vorschriften zu entsprechen sahen sich diese
Banken gezwungen, entweder auf weiteres Geschäft zu verzichten oder aber zusätzliches
Eigenkapital aufzunehmen. Bereits unterkapitalisierte Banken mussten sogar Kredite
aufgeben, um die Höhe der geforderten Kapitalunterlegung an ihre Möglichkeiten
anzupassen. Die Verbriefung ihrer Kredite bot daher auch diesen Banken einen eleganten
Ausweg aus der beschriebenen Engpasssituation (Bär, 1997). Die von Stanton (1998)
durchgeführte Analyse unterstreicht dabei die angeführte Rationalität. Ihre
modelltheoretische und empirische Analyse zeigt, dass insbesondere Banken mit geringer
Liquidität und niedriger Eigenkapitalquote zur Verbriefung der vergebenen Kredite
tendieren.
Abbildung 2 verdeutlicht noch einmal graphisch die Entwicklung öffentlicher und privater
Platzierungen von Asset Backed-Anleihen in den USA. Gut zu erkennen ist dabei die
Dominanz der MBS-Titel sowie die rasche Zunahme der Emissionen im Nonmortgage-
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Theoretische Rationalitäten für die Verbriefung guter Kredite, sowie den damit verbundenen Problemen,
werden in Kapitel 3.3 bzw. 3.4 vorgestellt.
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Das Phänomen Securitization ein Überblick
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Bereich. Der Rückgang der Emissionstätigkeit Mitte der 1990er Jahre ist dabei im
Wesentlichen auf das starke Wachstum des Commercial Paper-Marktes sowie auf einen
allgemeinen Rückgang der privaten Bautätigkeit zurückzuführen (Paul, 1994).
Abbildung 2: Entwicklung öffentlicher und privater Asset Backed Anleihe-Emissionen in den USA in
Mrd. US-$ von 1985 bis 1996
(Quelle: BIS, 1996)
2.2.2 Historie der Securitization in Europa
Jene Gründe, die als Auslöser für den amerikanischen Trend zur Securitization gelten,
lagen in Europa zu Beginn der 1980er Jahre jedoch nicht vor. Weder litten die
europäischen Länder unter eklatanten geographischen und strukturellen
Kapitalungleichgewichten wie die USA, noch stellte sich damals die finanzielle
Engpasssituation der meisten europäischen Banken als akut bedrohlich dar. Hemmend für
eine schnelle Etablierung wirkten lange Zeit auch Rechtsunsicherheiten bezüglich der
aufsichtsrechtlichen
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, aber auch der steuerlichen Konsequenzen von Verbriefungen (Ohl,
1994). Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIS, 1996) führt darüber hinaus
die bislang vorherrschende Rolle der Universalbanken und die damit verbundene
untergeordnete Rolle von institutionellen Investoren als Grund an. Daneben wird die
20
Erste Ansätze, um dieses Problem zumindest in aufsichtsrechtlicher Hinsicht anzugehen, wurden 2001
vom Basel Komitee für Bankenaufsicht unternommen, indem die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die
Asset Securitization erörtert wurden (BIS, 2001).
Kapitel 2
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konservative Einstellung des Adressatenkreises, zu wenig Auswahl an unterlegbaren
Vermögensgegenständen sowie eine hinderliche konjunkturelle Entwicklung in den
1990er Jahren für die eher moderate Entwicklung verantwortlich gemacht. Dabei muss
natürlich angemerkt werden, dass der Druck der neuen Eigenkapitalrichtlinien zum Ende
der 1980er Jahre und Anfang der 1990er Jahre auch auf den europäischen Banken lastete.
Die schwierige Situation an den Aktienmärkten Anfang der 1990er Jahre und die damit
verbundene erschwerte Eigenkapitalaufnahme sorgte insbesondere deswegen auch in
Europa für ein wachsendes Interesse an der Möglichkeit der Kreditverbriefung (Bär,
1997).
Die nun folgende kurze Darstellung der europäischen Entwicklung soll sich aus
Platzgründen auf die damals wichtigsten Märkte England, Frankreich und Deutschland
beschränken. Die Vorreiterrolle in der Verbriefung von Krediten muss dabei eindeutig
Großbritannien zugesprochen werden. Hier wurden Anfang 1985 zum ersten Mal
verbriefte Hypothekenkredite öffentlich platziert. Zu Beginn der 1990er Jahre bereitete
die Bank of England schließlich auch den Weg für die Verbriefung von Assets aus dem
Nonmortgage-Bereich (Arbeitskreis ,,Finanzierung" der Schmalenbach-Gesellschaft,
1992). Nach Großbritannien hat Frankreich den am weitesten entwickelten Markt für
Asset Backed Securities in Europa. Weil dort bereits Ende der 1980er Jahre die
rechtlichen Grundlagen für Verbriefungen geschaffen wurden, konnte sich der Markt
entsprechend gut entwickeln (Ohl, 1994).
Als dritter der hier exemplarisch aufgeführten Staaten sei Deutschland genannt. Dort
findet zwar ein reger Handel mit der schon über hundert Jahre alten Form des
Hypothekenpfandbriefs statt
21
, der vom Prinzip her ähnlich einer Mortgage Backed
Transaktion gestaltet ist
22
, neuere Verbriefungsformen haben in Deutschland aber bisher
eine eher untergeordnete Rolle gespielt (Deutsche Bundesbank, 1995). Als eines der
wenigen herausragenden Beispiele deutscher ABS-Transaktionen gilt bislang die
Verbriefung von Teilzahlungskrediten in Höhe von 150 Mio. Euro, die die frühere KKB-
Bank AG (jetzt Citibank Privatkunden AG) 1990 durchführte.
Untenstehende Abbildung 3 verdeutlicht noch einmal die Entwicklung der europäischen
Securitisation von 1996 bis 2002. Auffällig ist dabei die starke Entwicklung in den letzten
beiden Jahren. Die deutliche Zunahme dürfte dabei vornehmlich auf die schwache
21
2002 wurden europaweit Pfandbriefe im Wert von 223,3 Mrd. Euro emittiert, davon allein in Deutschland
Pfandbriefe in Höhe von 190, 8 Mrd. Euro (ESF, 2003).
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Für eine ausführliche Gegenüberstellung der beiden Finanzinstrumente sei auf Paul (1994, S. 216ff)
verwiesen.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2003
- ISBN (eBook)
- 9783832471835
- ISBN (Paperback)
- 9783838671833
- DOI
- 10.3239/9783832471835
- Dateigröße
- 764 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Ludwig-Maximilians-Universität München – VWL
- Erscheinungsdatum
- 2003 (September)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- kreditverbriefung securitization makroökonomie asset backed seurities banken
- Produktsicherheit
- Diplom.de