Lade Inhalt...

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?

Börseneffekte von Unternehmenskäufen

©2003 Diplomarbeit 129 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Bekanntgabe von geplanten oder vollzogenen Zusammenschlüssen großer Unternehmen sorgt in den Wirtschafts- und Finanzrubriken der Medien regelmäßig für eine rege Berichterstattung. Oft rufen Meldungen dieser Art Angst vor einem Ausverkauf des Wirtschaftsstandortes Deutschland oder die Furcht vor bevorstehenden Massenentlassungen hervor. Nicht selten wird auch von einem Profitstreben der Konzerne auf Kosten der Kleinanleger gesprochen.
Spektakuläre Transaktionen wie das Zusammengehen der Daimler-Benz AG mit der Chrysler Corporation, die feindliche Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone AirTouch oder die Übernahme der Dresdner Bank durch den Allianz-Konzern haben das Geschehen auf den deutschen und internationalen Kapitalmärkten in den vergangenen Jahren geprägt. Zusätzliche Stimulation erfuhr der Markt für Unternehmenskontrolle durch das Bedürfnis zahlreicher Unternehmen aus traditionellen Industriebranchen, sich durch den Zukauf aufstrebender Firmen aus neuen Marktsegmenten wie Kommunikation, Biotechnologie, Medien oder Touristik vermeintlich zukunftsfähig zu positionieren.
Die dabei gezahlten Kaufpreise erscheinen aus heutiger Sicht nach Ende der Börseneuphorie der vergangenen Jahre nicht selten überhöht. Die daraus resultierenden Abschreibungen stellen oft eine erhebliche Belastung für die akquirierenden Unternehmen dar. Nicht selten gesellen sich zu diesen rein finanziellen Problemen auch Probleme bei der Festlegung einer gemeinsamen Unternehmens- und Marktstrategie, gravierende Widerstände bei der Zusammenführung der verschiedenen Unternehmenskulturen oder sonstige Integrationsschwierigkeiten.
Diese Arbeit stellt durch eine empirische Untersuchung fest, wie sich die Börsenkurse der beteiligten Unternehmen bei Ankündigung und Durchführung von Transaktionen auf dem deutschen Markt für Unternehmenskontrolle im Zeitraum von 1996 bis 2001 entwickelt haben. Auf diese Weise können wesentliche Erkenntnisse darüber gewonnen werden, ob Übernahmen und Fusionen von den Marktteilnehmern in diesem Zeitraum als schädlich oder gewinnbringend angesehen wurden.
Die zugrundeliegende Voraussetzung dieser Untersuchung ist, daß das akquirierende Unternehmen in Deutschland börsennotiert sein muß. Käufe ausländischer Aktiengesellschaften in Deutschland werden nicht betrachtet. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt bei der Betrachtung der akquirierenden Unternehmen. Es zeigt sich, daß es in Deutschland relativ wenig Transaktionen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7167
Walther, Wolfgang: Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen? - Börseneffekte von
Unternehmenskäufen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität Fridericiana Karlsruhe (TH), Technische Universität, Diplomarbeit,
2003
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis III
I
NHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis ... VI
Tabellenverzeichnis ... VII
Abkürzungsverzeichnis... VIII
1.
Einleitung... 1
1.1.
Aufgabenstellung und ­abgrenzung ... 1
1.2.
Gang der Untersuchung... 2
2.
Betrachtung bisheriger Untersuchungen in den USA und in
Deutschland ... 5
2.1.
Grundlegende Begriffe... 5
2.1.1. Der Markt für Unternehmenskontrolle ... 5
2.1.2. Arten von Unternehmenszusammenschlüssen... 6
2.2.
Gründe und Ziele für Unternehmenszusammenschlüsse ... 7
2.2.1. Synergieeffekte ... 8
2.2.2. Die Marktmacht-Hypothese ... 9
2.2.3. Wachstum und strategische Positionierung am Markt ... 10
2.2.4. Beseitigung von Ineffizienzen ... 10
2.2.5. Unterbewertung durch den Kapitalmarkt... 12
2.2.6. Corporate Raiding... 14
2.2.7. Theorie der überschüssigen Cash Flows... 17
2.2.8. Selbstüberschätzung des Managements ... 18
2.2.9. Nichtmonetäre Ziele... 21
2.2.10.
Zugang zu den Kapitalmärkten... 22
2.2.11.
Zusammenfassung... 23
2.3.
Vorgang der Übernahme ... 24
2.3.1. Gestaltung eines Übernahmeangebots... 24
2.3.2. Bezahlung der Übernahme ... 26
2.3.3. Übernahmeaufschlag... 27
2.3.4. Aktienerwerb vor Angebotsabgabe ... 29
2.3.5. Das Trittbrettfahrer-Problem (free-rider problem)... 30
2.3.6. Transaktionskosten der Übernahme ... 31

Inhaltsverzeichnis IV
2.3.7. Übernahmen auf dem US-amerikanischen Markt ... 34
2.3.7.1.
Die Bestimmungen des Williams Acts ... 34
2.3.7.2.
SEC 13d ... 36
2.3.8. Abwehr von Übernahmeversuchen und ihre Auswirkungen .. 37
2.3.8.1.
Maßnahmen zur direkten Verhinderung von Übernahmen .
... 40
2.3.8.2.
Maßnahmen zur Erhöhung der direkt mit einer Übernahme
verbundenen Kosten... 42
2.3.8.3.
Maßnahmen zur Erhöhung der Folgekosten einer
Übernahme für den Bieter... 43
2.3.8.4.
Verhinderung von Abwehrmaßnahmen ... 45
2.4.
Messung von Übernahmeeffekten ... 46
2.4.1. Größen zur Erfolgsmessung ... 46
2.4.1.1.
Marktmodell (Market and Risk Adjusted Returns)... 48
2.4.1.2.
Bereinigte Modelle ... 50
2.4.1.3.
Capital Asset Pricing Model (CAPM) ... 50
2.4.2. Mögliche Probleme bei der Untersuchung ... 51
2.4.2.1.
Auswahl eines geeigneten Modells zur Ermittlung von
abnormalen Renditen ... 51
2.4.2.2.
Statistische Signifikanz ... 51
2.4.2.3.
Fehler 1. und 2. Art ... 53
2.4.2.4.
Weitere zu berücksichtigende Punkte... 53
2.4.3. Effekte bei nicht vollendeten
Unternehmenszusammenschlüssen... 55
2.4.3.1.
Bei bietenden Unternehmen ... 55
2.4.3.2.
Bei Zielunternehmen... 56
2.4.4. Effekte bei erfolgreich durchgeführten
Unternehmenszusammenschlüssen ... 58
2.4.4.1.
Bei bietenden Unternehmen ... 58
2.4.4.2.
Bei Zielunternehmen... 60
2.4.4.3.
Einflüsse auf das Fremdkapital... 62
2.4.4.4.
Volkswirtschaftliche Effekte ... 63
2.5.
Unternehmenszusammenschlüsse in Deutschland ... 66
2.5.1. Deutsche Gesetzgebung ... 66

Inhaltsverzeichnis V
2.5.1.1.
Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und die Pflicht zur
Ad hoc-Publizität... 66
2.5.1.2.
Aktiengesetz (AktG)... 68
2.5.1.3.
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ... 69
2.5.1.4.
VW-Gesetz ... 72
2.5.1.5.
Übernahmekodex ... 72
2.5.1.6.
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz ... 74
2.5.2. Studien des deutschen Marktes... 76
2.5.2.1.
Bei bietenden Unternehmen ... 76
2.5.2.2.
Bei Zielunternehmen... 80
3.
Empirische Untersuchung von Unternehmenszusammenschlüssen
im deutschen Markt ... 82
3.1.
Datenerhebung und Datenzusammensetzung... 83
3.2.
Systematik des Vorgehens ... 86
3.2.1. Event Studies... 86
3.2.2. Vorgänge und Ereignisse... 88
3.2.3. Ermittlung von Überrenditen ... 88
3.2.4. Überprüfung der statistischen Signifikanz... 90
3.2.5. Datenauswertung... 92
3.3.
Ergebnis der empirischen Untersuchung ... 93
3.3.1. Ergebnis für akquirierende Unternehmen ... 93
3.3.2. Ergebnis für übernommene Unternehmen... 100
3.4.
Interpretation des Ergebnisses ... 107
4.
Gesamtergebnis und Zusammenfassung... 111
Literaturverzeichnis...i
Anhang ...v

Abbildungsverzeichnis VI
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Akquirierende Unternehmen ­ CAR (-40,+40) für
Gesamtheit der Transaktionen ... 96
Abbildung 2: Akquirierende Unternehmen ­ CAR (-40,+40) für
Transaktionen mit positiver CAR (-1,0)... 96
Abbildung 3: Akquirierende Unternehmen ­ CAR (-40,+40) für
Transaktionen mit negativer CAR (-1,0) ... 97
Abbildung 4: Akquirierende Unternehmen ­ CAR (-30,+10) für
Gesamtheit der Transaktionen ... 98
Abbildung 5: Akquirierende Unternehmen ­ CAR (-30,+10) für
Transaktionen mit positiver CAR (-1,0)... 99
Abbildung 6: Akquirierende Unternehmen ­ CAR (-30,+10) für
Transaktionen mit negativer CAR (-1,0) ... 100
Abbildung 7: Zielunternehmen ­ CAR (-40,+40) für Gesamtheit der
Transaktionen... 103
Abbildung 8: Zielunternehmen ­ CAR (-40,+40) für Transaktionen mit
positiver CAR (-1,0) ... 104
Abbildung 9: Zielunternehmen ­ CAR (-40,+40) für Transaktionen mit
negativer CAR (-1,0)... 105
Abbildung 10: Zielunternehmen ­ CAR (-30,+10) für Gesamtheit der
Transaktionen... 106
Abbildung 11: Zielunternehmen ­ CAR (-30,+10) für Transaktionen mit
positiver CAR (-1,0) ... 106
Abbildung 12: Zielunternehmen - CAR (-30,+10) für Transaktionen mit
positiver CAR (-1,0) ... 107

Tabellenverzeichnis VII
T
ABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Aufteilung der insgesamt ermittelten Ereignisse bei
akquirierenden Unternehmen ... 94
Tabelle 2: Aufteilung der Ereignisse für akquirierende Unternehmen nach
Ermittlung der Relevanz ... 95
Tabelle 3: Aufteilung der insgesamt ermittelten Ereignisse bei
Zielunternehmen... 101
Tabelle 4: Aufteilung der Ereignisse für Zielunternehmen nach Ermittlung
der Relevanz ... 103

Abkürzungsverzeichnis VIII
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
§, §§
Paragraph, Paragraphen
$ Dollar
Euro
a.a.O. am
angeführten
Ort
abgedr. abgedruckt
Abschn. Abschnitt
aF alte
Fassung
afp
Agence France-Press
AG Aktiengesellschaft
AktG Aktiengesetz
APT
Arbitrage Pricing Theory
AR
abnormal return, abnormale Rendite
Art. Artikel
Bd. Band
BGBl. Bundesgesetzblatt
BKartA Bundeskartellamt
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CAR(x,y)
cumulated abnormal return, kumulierte
abnormale Rendite (beginnend am Tag x,
endend am Tag y)
DAFOX Deutscher
Aktien-Forschungsindex
d.h. das
heißt
dpa Deutsche
Presseagentur

Abkürzungsverzeichnis IX
eds.
editors, Herausgeber
entspr. entspricht
EU Europäische
Union
ggf. gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GWB Gesetz
gegen
Wettbewerbs-
beschränkungen
Hrsg. Herausgeber
Jg. Jahrgang
Nr. Nummer
o.V. ohne
Verfasser
s. siehe
S. Seite
s.a. siehe
auch
SEC
Securites and Exchange Commission
Tab. Tabelle
u. und
US, USA
United States (of Amercia), Vereinigte
Staaten
von
Amerika
vgl. vergleiche
Vol.
Volume, Band
WKN Wertpapierkennummer
WpHG Wertpapierhandelsgesetz
WpÜG
Wertpapiererwerbs- und Übernahme-
gesetz
z.B. zum
Beispiel

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
1
1. E
INLEITUNG
1.1. Aufgabenstellung und ­abgrenzung
Die Bekanntgabe von geplanten oder vollzogenen Zusammenschlüssen
großer Unternehmen sorgt in den Wirtschafts- und Finanzrubriken der
Medien regelmäßig für eine rege Berichterstattung. Oft rufen Meldungen
dieser Art Angst vor einem Ausverkauf des Wirtschaftsstandortes
Deutschland oder die Furcht vor bevorstehenden Massenentlassungen
hervor. Nicht selten wird auch von einem Profitstreben der Konzerne auf
Kosten der Kleinanleger gesprochen.
Spektakuläre Transaktionen wie das Zusammengehen der Daimler-Benz
AG mit der Chrysler Corporation, die feindliche Übernahme der Mannes-
mann AG durch Vodafone AirTouch oder die Übernahme der Dresdner
Bank durch den Allianz-Konzern haben das Geschehen auf den deut-
schen und internationalen Kapitalmärkten in den vergangenen Jahren ge-
prägt. Zusätzliche Stimulation erfuhr der Markt für Unternehmenskontrolle
durch das Bedürfnis zahlreicher Unternehmen aus traditionellen Industrie-
branchen, sich durch den Zukauf aufstrebender Firmen aus neuen Markt-
segmenten wie Kommunikation, Biotechnologie, Medien oder Touristik
vermeintlich zukunftsfähig zu positionieren.
Die dabei gezahlten Kaufpreise erscheinen aus heutiger Sicht nach Ende
der Börseneuphorie der vergangenen Jahre nicht selten überhöht. Die
daraus resultierenden Abschreibungen stellen oft eine erhebliche Bela-
stung für die akquirierenden Unternehmen dar. Nicht selten gesellen sich
zu diesen rein finanziellen Problemen auch Probleme bei der Festlegung
einer gemeinsamen Unternehmens- und Marktstrategie, gravierende Wi-
derstände bei der Zusammenführung der verschiedenen Unternehmens-
kulturen oder sonstige Integrationsschwierigkeiten.
Diese Arbeit soll durch eine empirische Untersuchung feststellen, wie sich
die Börsenkurse der beteiligten Unternehmen bei Ankündigung und
Durchführung von Transaktionen auf dem deutschen Markt für Unterneh-
menskontrolle im Zeitraum von 1996 bis 2001 entwickelt haben. Auf diese
Weise können wesentliche Erkenntnisse darüber gewonnen werden, ob

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
2
Übernahmen und Fusionen von den Marktteilnehmern in diesem Zeitraum
als schädlich oder gewinnbringend angesehen wurden.
Die zugrundeliegende Voraussetzung dieser Untersuchung ist, daß das
akquirierende Unternehmen in Deutschland börsennotiert sein muß. Käufe
ausländischer Aktiengesellschaften in Deutschland werden also nicht be-
trachtet. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt bei der Betrachtung der akqui-
rierenden Unternehmen. Es zeigt sich, daß es in Deutschland relativ we-
nig Transaktionen gibt, bei denen auch das übernommene Unternehmen
an einer deutschen Börse notiert ist.
In dem ersten, hinführenden theoretischen Teil werden wie auch im zwei-
ten, empirischen Teil Bieterduelle vernachlässigt. Grund dafür ist, daß
Bieterduelle im Vergleich zu bilateralen Transaktionen wesentlich komple-
xere Handlungsmuster und Entscheidungsmodelle aufweisen, so daß die-
se ein weites, eigenes Themengebiet darstellen. Hinzu kommt, daß für
den betrachteten Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Markt nur
ein einziges Bieterduell identifiziert werden konnte, bei dem der konkurrie-
rende Bieter zudem nicht an einer deutschen Börse notiert war.
1
1.2. Gang der Untersuchung
Die Arbeit ist in einen theoretischen und einen empirischen Teil unterglie-
dert. Der theoretische Teil hat dabei die Funktion, den Leser über die öko-
nomischen und rechtlichen Grundlagen und Auswirkungen von Unterneh-
menszusammenschlüssen zu informieren. Er bildet somit die Grundlage
für die folgende empirische Untersuchung.
Nach einer Erläuterung der zum Verständnis der vorliegenden Arbeit wich-
tigen Begriffe im Abschnitt 2.1. behandelt der Abschnitt 2.2. die bei einem
Zusammenschluß treibenden Motive und Zielsetzungen, vor allem des ak-
quirierenden Unternehmens und seines Managements. Dabei kann es
sich um finanzielle als auch um strategische oder machtpolitische Aspekte
1
Es handelt sich hierbei um die Übernahme von Lloyds Chemists plc aus Großbritannien
durch die GEHE AG. Als konkurrierender Bieter trat die britische Gesellschaft UniChem
plc auf. Die GEHE AG gab ihr erstes Angebot am 7.2.1996 ab, die Übernahme wurde am
13.1.1997 abgeschlossen. Vgl. Anhang-CD, Verzeichnis ,,1 ­ Ermittlung der Übernahme-
daten aus Ad hoc-Meldungen", Datei ,,021105_adhoc_Übersicht_v1.xls", Tabellenblatt
,,Longlist 1", Zeile 846-850

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
3
handeln. Der dritte Abschnitt des zweiten Kapitels beschäftigt sich mit dem
Ablauf einer Übernahme. Dabei wird sowohl auf Finanzierung, Ausgestal-
tung und Abwicklung des Kaufangebots als auch auf die dabei möglichen
Probleme eingegangen. Dieser noch sehr auf die US-amerikanische Wirt-
schaft ausgerichtete Abschnitt gibt außerdem Auskunft über die dort gel-
tenden rechtlichen Bestimmungen für Unternehmenszusammenschlüsse.
Besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf die Möglichkeiten des Zielun-
ternehmens, eine feindliche Übernahme abzuwehren oder hinauszuzö-
gern, da auf diese Weise erheblichen Einfluß auf den Übernahmepreis
und auf die weiteren Kosten für das akquirierende Unternehmen genom-
men werden kann.
Abschnitt 2.4. enthält unter der Überschrift ,,Messung von Übernahmeef-
fekten" eine Darstellung der verschiedenen zur Erfolgsmessung anwend-
baren Modelle und der dabei zu beachtenden Besonderheiten. Daran
schließt sich eine Zusammenfassung der Ergebnisse bisheriger Studien
über Börseneffekte bei Unternehmenskäufen an, deren Schwerpunkt in
den USA liegt. Der fünfte und letzte Abschnitt des zweiten Kapitels
schließlich ist der Situation in Deutschland gewidmet. Nach einer Schilde-
rung der gesetzlichen Grundlagen und Regelungen für den relevanten
Zeitraum von 1996 bis 2001 folgt eine Übersicht über drei vorangehende
Studien, die sich ebenfalls mit der Börsenrelevanz von Unternehmens-
übernahmen in Deutschland beschäftigt haben.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der empirischen Untersuchung von
Unternehmenskäufen an deutschen Börsen notierter Gesellschaften in
den Jahren 1996 bis 2001. Es handelt sich um eine kapitalmarktorientierte
Untersuchung der Zusammenschlüsse, d.h. die Untersuchung erfolgt an-
hand der Reaktion der Kapitalmärkte zum Ereigniszeitpunkt. Diese Vorge-
hensweise ist auch als event study bekannt. Andere Verfahrensweisen zur
Untersuchung sind z.B. Fallstudien, die eine besondere Würdigung spe-
zieller Effekte und Gegebenheiten einzelner Zusammenschlüsse erlauben,
dafür aber eine deutlich verringerte empirische Aussagekraft aufweisen.
Bühner untersucht unter Verwendung der Fallstudientechnik die Zusam-
menschlüsse von VEBA und Gelsenberg (1984) sowie die Übernahme

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
4
von The Budd Company durch die Thyssen AG (1985).
2
Denkbar ist auch
die Bewertung von Zusammenschlüssen anhand der Veränderungen in
den Jahresabschlußrechnungen insbesondere der übernehmenden Un-
ternehmen, sogenannte jahresabschlußorientierte Untersuchungen. Als
Beispiel nennt Bühner (1990a) die Arbeit von Kumar (1981), der einen
Vergleich der Bruttoinvestitionen akquirierender Gesellschaften vor und
nach einer Transaktion vornimmt.
3
Eine weitere Möglichkeit ist die empiri-
sche Befragung der an der Durchführung von Zusammenschlüssen betei-
ligten Managementebenen, was zumindest theoretisch die Möglichkeit bie-
tet, auch unternehmensinterne Informationen in das Ergebnis der Unter-
suchung einfließen zu lassen. Bühner verweist hier auf eine Untersuchung
von Möller aus dem Jahre 1983, der 111 Interviews in Unternehmen
durchführte, die zuvor an einem Zusammenschluß beteiligt gewesen wa-
ren.
4
Der erste Abschnitt im dritten Kapitel beschreibt die Erfassung der für die
empirische Untersuchung notwendigen Daten. Im wesentlichen handelt es
sich um die beteiligten Unternehmen und die Termine wichtiger Meilen-
steine im Übernahmeprozeß. Der Abschnitt 3.2. enthält eine genaue Be-
schreibung der Untersuchungsmethodik und der Vorgehensweise zur
Auswertung der Ergebnisse. Eine graphische und textliche Darstellung der
Ergebnisse erfolgt im Abschnitt 3.3. Der vierte und letzte Abschnitt des
dritten Kapitels nimmt eine Interpretation der Resultate vor.
Die Arbeit endet mit einer abschließenden Betrachtung im vierten Kapitel.
2
Vgl. Bühner (1990a), S. 66ff und dort angegebene Quellen
3
a.a.O., S. 84ff und dort angegebene Quellen
4
a.a.O., S. 98ff und dort angegebene Quellen

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
5
2. B
ETRACHTUNG BISHERIGER
U
NTERSUCHUNGEN IN DEN
USA
UND
IN
D
EUTSCHLAND
2.1. Grundlegende
Begriffe
2.1.1. Der Markt für Unternehmenskontrolle
Allgemein lassen sich bei der Betrachtung von bilateralen Zusammen-
schlüssen börsennotierter Unternehmen vier unmittelbar beteiligte Partei-
en unterscheiden. Dies sind jeweils Management und Aktionäre des bie-
tenden Unternehmens und des Zielunternehmens. Dabei sind die aus-
schlaggebenden Entscheidungsträger bei solchen Transaktionen im we-
sentlichen das Management des bietenden Unternehmens, welches über
Abgabe und Höhe eines Kaufangebots entscheidet, und die Aktionäre des
Zielunternehmens. Diese entscheiden durch Annahme oder Ablehnung
des Angebots über den Zusammenschluß. Das Management des Zielun-
ternehmens wird versucht sein, die Entscheidung seiner Aktionäre in die
eine oder andere Richtung zu beeinflussen, ist aber letztendlich von den
Entscheidungen der Aktionäre abhängig.
5
Die Aktionäre des bietenden
Unternehmens haben den geringsten Einfluß auf den Ausgang der Ver-
handlungen. Ihre Einstellung zu der Transaktion spiegelt sich lediglich in
der Kursentwicklung ihres Unternehmens wider.
Jensen und Ruback (1983) hingegen beschreiben den Markt für Unter-
nehmenskontrolle als einen Wettbewerb verschiedener Management-
teams um Rechte über Unternehmensressourcen. In ihrem Modell gehen
sämtliche Aktivitäten in diesem Markt von den um Unternehmenskontrolle
ringenden Managementteams aus, die Aktionäre spielen eine eher passi-
ve Rolle. Sie haben keine Präferenzen für eine bestimmte Management-
gruppe und zeigen auch keine ausgeprägte Loyalität gegenüber dem ge-
genwärtig mit der Unternehmensführung betrauten Management. Für die
Aktionäre steht nach dem Modell von Jensen und Ruback einzig die Ma-
ximierung ihres Aktienwertes im Vordergrund, sie zögern daher nicht, ein
5
Vgl. Abschnitt 2.3.8.

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
6
gutes Angebot für ihre Unternehmensanteile anzunehmen.
6
Kommt es zu
einem Wettbewerb mehrerer Bieter, werden die Aktionäre jenes Manage-
mentteam favorisieren, das den höchsten Kaufpreis für verkaufte bzw. den
höchsten Kurs für nicht verkaufte Aktien verspricht. Aus diesem Grund
werden Aktionäre auch auf die Annahme eines Angebots verzichten, wenn
sie erwarten, daß der Aktienkurs bei Beibehaltung der Strategie des ge-
genwärtigen Managements bei Ablauf der Übernahmeofferte höher sein
wird als der gebotene Kaufpreis je Aktie.
7
Eine grundsätzliche Voraussetzung zur Existenz eines Marktes für Unter-
nehmenskontrolle ist die unbeschränkte Veräußerbarkeit von Unterneh-
mensanteilen zu geringen Kosten. Durch die Existenz dieses Marktcharak-
teristikums ist es unternehmensexternen Kaufinteressenten überhaupt erst
möglich, auch unter Umgehung des gegenwärtigen Managements in
Übernahmeverhandlungen einzutreten.
8
2.1.2. Arten von Unternehmenszusammenschlüssen
Grundsätzlich werden in der Literatur drei verschiedene Arten von Unter-
nehmenszusammenschlüssen unterschieden. Diese drei Typen unter-
scheiden sich durch die Vorgehensweise, die die an einer Unternehmung
interessierten Parteien anwenden, um in den Besitz der Stimmenmehrheit
zu gelangen. Zur Wahrung der Einheitlichkeit werden hier die in der an-
gloamerikanischen Literatur geprägten Begriffe verwandt.
Merger beschreibt einen Vorgang, bei dem das bietende Unternehmen in
Verhandlungen mit dem Management des zu kaufenden Unternehmens
eintritt. Beide Parteien legen gemeinsam einen Preis fest, der den Aktio-
nären des Übernahmekandidaten für ihre Unternehmensanteile angeboten
wird. Aufgrund der vorangegangenen Verhandlungen ist es üblich, daß
das Management des Zielunternehmens seinen Aktionären rät, das Ange-
bot anzunehmen. Im deutschsprachigen Raum wird dieser Vorgang als
,,freundliches Übernahmeangebot" bezeichnet. Ein merger entspricht in
der Regel einem Kaufangebot für alle Aktien des betreffenden Unterneh-
6
Vgl. Jensen, Ruback (1983), S. 6f
7
Vgl. Bradley (1980), S. 347f
8
Vgl. Smiley (1976), S. 24

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
7
mens. Ist das Angebot erfolgreich, werden alle Aktien des Zielunterneh-
mens gegen Aktien des Käufers bzw. Bargeld erworben und der Handel
mit ihnen eingestellt.
9
Scheitern die Verhandlungen oder soll das Management des zu kaufen-
den Unternehmens aus anderen Gründen umgangen werden, unterbreitet
das Käuferunternehmen den Aktionären des Zielunternehmens direkt ein
öffentliches Kaufangebot, das im angloamerikanischen Raum tender offer
genannt wird. Der Preis ist somit nicht mit dem Management des zu akqui-
rierenden Unternehmens abgestimmt. Die Reaktionen des Zielmanage-
ments auf dieses feindliche Übernahmeangebot können von einer Emp-
fehlung an die Aktionäre, dieses Angebot anzunehmen, bis zur Einleitung
ökonomischer, juristischer und administrativer Gegenmaßnahmen rei-
chen.
10
Tender offers enthalten üblicherweise die Klausel, daß ein bestimmter
Mindestanteil der gesamt vorhandenen Aktien dem Bieter angeboten wer-
den muß, um die Transaktion einzuleiten. Das erklärt sich daraus, daß die
Aktien erst ab Erreichen der Kontrollmehrheit, die für die Durchsetzung
der eigenen Managementziele nötig ist, eine sinnvolle Investition für den
Käufer darstellen.
11
Hauptsächlich auf den US-amerikanischen Markt beschränkt sind Stimm-
rechtskämpfe (proxy contests). Ein einzelner Aktionär oder eine Gruppe
von Aktionären versucht, genügend Stimmenanteile hinter sich zu verei-
nen, um durch eine Kampfabstimmung wichtige Sitze im Vorstand zu er-
ringen. Diese spezielle Form der Übernahme wird im Rahmen dieser Ar-
beit nicht weiter betrachtet.
2.2. Gründe und Ziele für Unternehmenszusammenschlüsse
Dieser Abschnitt gibt eine Übersicht über in der Literatur diskutierte Motive
für Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse. Generell können
Fusionen sowohl aus finanziellen als auch aus strategischen, strukturbe-
dingten oder persönlichen Gründen durchgeführt werden.
9
Vgl. Jensen (1984), S. 112
10
Vgl. Abschnitt 2.3.8.
11
Vgl. Bradley (1980), S. 349 u. 352f

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
8
2.2.1. Synergieeffekte
Bei vielen Unternehmenszusammenschlüssen werden erwartete Syner-
gieeffekte als Antrieb angegeben. Allgemein versteht man unter Synergie
,,das Zusammenwirken verschiedener Faktoren und Kräfte, bei dem die
gemeinsam erzielte Wirkung größer ist als die Summe der Einzelwirkun-
gen".
12
Synergien können dabei auf der gesamten Bandbreite der ökono-
mischen Aktivitäten der beteiligten Unternehmen auftreten. Bradley, Desai
und Kim (1988) definieren die bei einem Zusammenschluß erzielten Syn-
ergiegewinne als die absolute Veränderung des Gesamtvermögens von
Aktionären des kaufenden und des übernommenen Unternehmens. In ei-
ner Untersuchung von 236 Zusammenschlüssen auf dem US-ameri-
kanischen Markt von 1963 bis 1984 kommen sie zu dem Ergebnis, daß
der durchschnittliche Synergiegewinn einer Fusion US-$ 117 Mio. be-
trägt.
13
Wichtig ist hierbei, daß diese Wertsteigerung durch die Übertra-
gung der Managementbefugnisse auf das akquirierende Unternehmen
und nicht durch andere Effekte hervorgerufen wird.
14
Hirshleifer (1992) teilt die möglichen Synergiegewinne in vier Kategorien
ein:
15
Eine Größendegression der Kosten (economies of scale) entsteht durch
Rationalisierungsmöglichkeiten bei in beiden Unternehmen identischen
Prozessen, z.B. in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion
bzw. Vertrieb und Marketing. Dazu gehören auch die durch den Zusam-
menschluß möglichen Kombinationen von sich einander ergänzenden Un-
ternehmensressourcen aus Produktion und Organisation.
Der zweite Punkt betrifft Effekte durch eine Neugestaltung der finanziellen
Struktur der zusammengeschlossenen Unternehmen. So ist hier z.B. eine
Verringerung der kombinierten Steuerlast beider Unternehmen durch bes-
sere Inanspruchnahme eines bisher nicht optimal genutzten tax shields
12
Microsoft Encarta Online-Enzyklopädie 2002, ,,Synergie", Abruf vom 07.06.02
13
Vgl. Bradley, Desai, Kim (1988), S. 6f u. S. 31, bezogen auf Kaufkraft des US-Dollars
im Dez. 1984
14
Vgl. Bradley, Desai, Kim (1983), S. 184
15
Vgl. Hirshleifer (1992), S. 638f

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
9
denkbar, also die Verrechnung von erzielten Gewinnen und Verlusten bei
der Ermittlung des insgesamt zu versteuernden Betrags.
Diversifikation ist die dritte mögliche Quelle von Synergieeffekten. Hirshlei-
fer führt aus, daß die in einem Unternehmensbereich erwirtschafteten ho-
hen Gewinne genutzt werden können, um einen neuen, aufstrebenden
Produktzweig zu unterstützen. Er schränkt aber ein, daß aus dieser Stra-
tegie erwachsende Vorteile leicht durch dabei eintretende Ineffizienzen
zunichte gemacht werden können. Außerdem ist es für einen auf Diversifi-
kation bedachten Aktionär in der Regel einfacher, diese durch eine geeig-
nete Portfoliozusammenstellung zu erreichen als für ein Unternehmen
durch eine Erweiterung der Produktbandbreite.
Der letzte von Hirshleifer genannte Synergieeffekt entsteht bei der Aus-
dehnung des originären Produktspektrums auf ähnliche Produkte. Die
hierbei möglichen Einspareffekte ähneln denen des ersten Punktes, so
können z.B. zwei ähnliche Produkte gemeinsam vermarktet werden.
2.2.2. Die Marktmacht-Hypothese
Die Marktmacht-Hypothese geht von einer durch die Unternehmen ange-
strebten Monopolisierung ihrer Teilmärkte aus. Die Unternehmen wollen
durch die im Zuge einer Konsolidierung des Marktes steigenden Preise
höhere Gewinne erzielen. Von den steigenden Preisen müßten sowohl
das durch den Zusammenschluß neu entstandene Unternehmen als auch
seine Konkurrenten profitieren.
Tatsächlich können auch unbeteiligte Konkurrenten bei Ankündigung ei-
nes Zusammenschlusses in ihrer Branche Überrenditen verzeichnen. Der
Theorie widerspricht aber, daß die Überrenditen von Dritten auch dann
Bestand haben, wenn der angekündigte Zusammenschluß nicht zustande
kommt, eine Monopolisierung des Marktes also unterbleibt. Ebenso müß-
ten bei Einleitung von kartellrechtlichen Untersuchungen gegen einen ge-
planten Zusammenschluß positive Überrenditen von Konkurrenzunter-
nehmen wieder eliminiert werden. Dies ist aber auch nicht der Fall. Jensen
(1984) folgert daher, daß Gewinne bei Unternehmensfusionen nicht auf
Erwartungen steigender Absatzpreise, sondern auf der Wahrnehmung tat-

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
10
sächlich vorhandener Einsparpotentiale durch brancheninterne Zusam-
menschlüsse beruhen. Konkurrierende Unternehmen verzeichnen deshalb
positive Überrenditen, weil der Kapitalmarkt davon ausgeht, daß auch in
diesen Unternehmen ähnliche Potentiale vorhanden sind, unabhängig von
der erfolgreichen Durchführung der ursprünglichen Transaktion.
16
2.2.3. Wachstum und strategische Positionierung am Markt
Bühner (1990a) sieht in Akquisitionen ein wichtiges Instrument zum Aus-
bau und zur Verstärkung der Position des eigenen Unternehmens am
Markt. Die Übernahme direkter Mitbewerber dient der Entschärfung der
Konkurrenzsituation und dem Erwerb von wichtigem Produkt- und Pro-
zeßwissen. Akquisitionen entlang der Wertschöpfungskette verringern die
Abhängigkeiten von Zulieferern oder externen Vertriebsstrukturen und füh-
ren zu einer Erhöhung der Fertigungstiefe. Bei der Expansion in neue Re-
gional- oder Produktmärkte senken Akquisitionen von bereits in den be-
treffenden Märkten aktiven Marktteilnehmern die existierenden Eintritts-
barrieren.
17
2.2.4. Beseitigung von Ineffizienzen
Shleifer und Vishny (1988) bezeichnen eine feindliche Übernahme als den
besten Weg für Aktionäre, sich von einem Management zu trennen, das
nicht in der Lage ist, den Unternehmenswert optimal zu steigern.
18
Ihrer
Meinung nach kann der Aufsichtsrat (board of directors) seiner Aufgabe,
die Handlungen des Managements auf ihre Vorteilhaftigkeit für die Aktio-
näre zu überprüfen, unter Umständen nicht ausreichend nachkommen.
Hierfür kann es verschiedene Ursachen geben: In vielen Fällen bestehen
zwischen Management und Aufsichtsrat enge personelle Verknüpfungen
durch ein Überwechseln ausscheidender Manager in den Aufsichtsrat, so
daß aus Gründen der Loyalität eine Kritik an den ehemaligen Kollegen
oder auch an eigenen Entscheidungen aus der Vergangenheit unterbleibt.
Andere Mitglieder des Aufsichtsrates sind Vertreter externer Unterneh-
men, z.B. von Banken, die zur Beibehaltung ihrer Geschäftsbeziehungen
16
Vgl. Jensen (1984), S. 114 und Jensen, Ruback (1983), S. 24ff
17
Vgl. Bühner (1990a), S. 1
18
Vgl. Shleifer, Vishny (1988), S. 8ff

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
11
ein Interesse an einer Kontinuität im Management haben und so ebenfalls
keine objektive Beurteilung der Unternehmensführung vornehmen.
Durch dieses partielle Versagen des Aufsichtsrates fehlt den Aktionären
ein wichtiges Kontrollorgan bezüglich der Entscheidungen des Manage-
ments. Für das Unternehmen schädliche Managemententscheidungen
werden so unter Umständen nicht verhindert oder revidiert. Sinkende Akti-
enkurse als Folge von für das Unternehmen als schädlich angesehenen
Managemententscheidungen erhöhen jedoch die latente Gefahr einer
feindlichen Übernahme. Somit wird das Management eines Unternehmens
bedacht sein, keine Entscheidungen zu treffen, die einen zu starken Kurs-
verfall durch Verkäufe nach sich ziehen, denn nach einer dadurch ermög-
lichten Übernahme wird das Management in aller Regel von seinen Auf-
gaben entbunden. Auf diese Weise wird auch das Interesse der Aktionäre
an einem zumindest konstanten Aktienkurs gewahrt.
Jensen und Ruback (1983) kommen in einer Betrachtung verschiedener
Studien zu diesem Thema zu dem Schluß, daß akquirierte Unternehmen
in den sechs Monaten vor der Übernahme eine negative Überrendite auf-
weisen. Diese Feststellung unterstützt die oben ausgeführte These von
Übernahmen aufgrund von Ineffizienzen, allerdings kann sie nicht als di-
rekter Beleg dienen. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen negati-
ven Überrenditen und vorhandenen Ineffizienzen kann nicht nachgewie-
sen werden.
19
Löffler (1991) weist zusätzlich darauf hin, daß die Übernahmegefahr auch
für Managementteams mit schlechten Leistungen nur sehr geringfügig er-
höht wird und Aktionäre keinesfalls von einem automatisch einsetzenden
Schutzmechanismus ausgehen dürfen. In der Regel müssen Aktionäre
auch nach einer aufgrund ineffizienter Unternehmensführung erfolgten
Übernahme deutliche Vermögensverluste hinnehmen. Gegen eine Schutz-
funktion des Kapitalmarktes vor ineffizientem Management spricht auch,
daß in diesem Falle der zu erwartende Übernahmeaufschlag aus einer mit
Sicherheit erfolgenden Übernahme bereits in den Aktienkursen enthalten
19
Vgl. Jensen, Ruback (1983), S.25

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
12
sein müßte. Statistisch signifikante Überrenditen bei Übernahmen dürften
somit im Durchschnitt nicht vorkommen. Da dennoch signifikante Über-
renditen bei Unternehmensübernahmen auftreten, wertet Löffler dies als
Anzeichen, daß der Markt für Unternehmenskontrolle nur sehr einge-
schränkte Fähigkeiten zur Verhinderung von eignerschädigendem Verhal-
ten des Managements hat.
20
2.2.5. Unterbewertung durch den Kapitalmarkt
Die Undervalued Target Theory geht von einer Unterbewertung des Ziel-
unternehmens durch den Kapitalmarkt aus. Diese liegt vor, wenn das Ma-
nagement, anders als im Abschnitt 2.2.4., keine offensichtlichen Fehler in
der Unternehmensführung gemacht hat, nach Ansicht einiger Marktteil-
nehmer der Aktienkurs aber dennoch nicht den angemessenen Unter-
nehmenswert widerspiegelt, sondern deutlich darunter notiert.
21
Unter die-
sen Umständen kann es einem Käufer möglich sein, auch nach Zahlung
eines Übernahmeaufschlags auf den derzeitigen Aktienkurs das Unter-
nehmen zu einem Preis zu erwerben, der immer noch unter dem vom
Käufer angenommenen ,,wahren" bzw. zukünftigen Wert liegt.
Jensen (1988) geht der Frage nach, ob diese These dadurch zu belegen
ist, daß die Finanzmärkte eine deutliche Präferenz für in naher Zukunft zu
erwartende Cash Flows gegenüber weiter in der Zukunft liegenden Cash
Flows haben.
22
Dies würde bedeuten, daß ein Unternehmen mit einer
langfristig angelegten Strategie Abschläge in den Aktienkursen zu erwar-
ten hätte. Generell impliziert diese Annahme eine Verletzung der von Fa-
ma aufgestellten Hypothese der effizienten Kapitalmärkte. In effizienten
Kapitalmärkten sind alle öffentlich verfügbaren Informationen in den Akti-
enkursen enthalten, also auch die in weiterer Zukunft liegenden Cash
Flows.
23
Jensen legt dar, daß der gesamte Wertpapiermarkt für Wach-
stumswerte auf in unbestimmter Zukunft liegende Cash Flows setzt. Au-
20
Vgl. Löffler (1991), S.155f
21
Vgl. Easterbrook, Fischel (1981), S. 1165 - Andere Autoren gehen davon aus, daß eine
Aktie keinen intrinsischen Wert hat, sondern sich eine Über- oder Unterbewertung nur
auf zukünftige Preise bezieht.
22
Vgl. Jensen (1988), S. 25f
23
Zur Theorie der effizienten Kapitalmärkte vgl. Fama, Eugene F. (1991): Efficient Capi-
tal Markets: II. In: The Journal of Finance 46, S. 1575-1617

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
13
ßerdem weist er auf Studien hin, die belegen, daß Unternehmensmeldun-
gen über eine Erhöhung der Investitionsausgaben zu steigenden Aktien-
kursen führen, umgekehrt lassen sinkende Investitionsausgaben auch die
Aktienkurse des betreffenden Unternehmens sinken. Von einer kurzfristi-
gen Orientierung der Aktienmärkte kann also nicht ausgegangen werden.
Auch Scherer (1988) beschäftigt sich mit Fehlbewertungen am Aktien-
markt als Ursache für Unternehmenskäufe. Seiner Ansicht nach ist es ,,all-
gemein akzeptiert, daß sich Aktienkurse über den Zeitablauf an eine Zu-
fallsbewegung angenähert bewegen."
24
Somit kann es vorkommen, daß
Aktien eines Unternehmens unterbewertet werden und dieses Unterneh-
men dadurch ein potentielles Übernahmeziel wird. Andererseits ist es aber
auch denkbar, daß Aktien überbewertet werden und ein solches überbe-
wertetes Unternehmen diesen Umstand dazu nutzt, Akquisitionen durch-
zuführen und mit den eigenen Aktien zu finanzieren. Folglich hält Scherer
es für möglich, daß Unternehmen günstige Konstellationen auf dem Akti-
enmarkt für Akquisitionen nutzen, auch wenn durch die Übernahme eines
gegenwärtig schlecht bewerteten Ziels zunächst gar keine Effizienzgewin-
ne erwartet werden. Die Annahme von auftretenden Über- und Unterbe-
wertungen steht in seiner Argumentation auch nicht im Widerspruch zu
der Theorie der Markteffizienz. Scherer verweist auf eine Faustregel von
Black, nach der Markteffizienz dann vorliegt, wenn der bezahlte Preis um
nicht mehr als die Hälfte nach unten bzw. das Doppelte nach oben, bezo-
gen auf den wahren Wert des Gutes, abweicht.
25
Hirshleifer (1995) führt aus, daß das bietende Unternehmen in der Regel
einen Informationsvorsprung dadurch besitzt, daß es besser als alle ande-
ren Marktteilnehmer über die geplante Verwendung des zu akquirierenden
Unternehmens informiert ist. Es kann somit am besten den zu erwarten-
den Marktwert des Zielunternehmens nach erfolgter Transaktion abschät-
zen. Im Falle einer Unterbewertung des Zielunternehmens durch den Ka-
pitalmarkt ist das akquirierende Management in der Lage, die Höhe des
Übernahmeangebotes so zu steuern, daß auch unter Einbeziehung des
24
,,It is well accepted that stock prices move over time in something approximating a
random walk". Scherer (1988), S. 72
25
Vgl. Black (1986), S. 533

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
14
Übernahmeaufschlages ein Gewinn verbleibt. Hirshleifer wendet hierge-
gen aber selbst ein, daß bei einer systematischen Verfolgung dieser Stra-
tegie durch akquirierende Unternehmen dieser Umstand den anderen
Marktteilnehmern nicht verborgen bleibt. Aktionäre eines Zielunterneh-
mens würden dann dazu übergehen, Übernahmeangebote nicht mehr an-
zunehmen, da diese regelmäßig unter dem maximal erzielbaren Preis lie-
gen würden.
26
Jarrell, Brickley und Netter (1988) kommen ebenfalls zu dem Schluß, daß
eine Unterbewertung aufgrund eines einseitigen Informationsvorsprungs
wenig plausibel ist. Bei einer Untersuchung von nicht durchgeführten Un-
ternehmensfusionen stellen sie fest, daß eine vermeintliche Unterbewer-
tung der Zielunternehmen langfristig nicht korrigiert wird. Den Unterneh-
men ist es nicht möglich, im Laufe der Übernahmeverhandlungen auftre-
tende Kurssteigerungen dauerhaft zu halten. Angesichts des durch das
Kaufangebot deutlich erhöhten Interesses der Marktteilnehmer an dem
Zielunternehmen und den dabei auftretenden hohen Informationsflüssen
wäre zu erwarten, daß die Marktteilnehmer eine Unterbewertung realisie-
ren und eine Korrektur vornehmen. Dieses Modell ist als Informations-
hypothese bekannt. Offensichtlich ist diese These aber nicht zutreffend.
27
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß es für eine Gültigkeit der
Theorie der Unterbewertung durch die Kapitalmärkte wenig empirische
Beweise gibt.
2.2.6. Corporate Raiding
Corporate Raiding bezeichnet die Beteiligung oder Übernahme zur Reali-
sierung einer kurzfristigen Rendite durch einen Finanzinvestor ohne die
Zustimmung des betroffenen Managements. Raider müssen zur Verfol-
gung dieser Strategie dazu in der Lage sein, attraktive Zielobjekte am
Markt zu identifizieren und die für den Unternehmenskauf benötigten Mit-
tel, oft aus dem eigenen Vermögen, kurzfristig bereitzustellen. Attraktiv für
Raider sind solche Unternehmen, deren Wert sich durch Änderungen in
der Unternehmensführung, in der Organisation oder in der Unterneh-
26
Vgl. Hirshleifer (1995), S. 845
27
Vgl. Jarrell, Brickley, Netter (1988), S. 55f

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
15
mensstruktur kurzfristig steigern läßt. Dazu kann z.B. auch die Zerschla-
gung und stückweise Veräußerung des Unternehmens gehören. Ein typi-
sches Beispiel für das Engagement eines Raiders ist ein Unternehmen,
das durch eine oder mehrere zu teuer bezahlte Akquisitionen die Summe
der beteiligten Firmenwerte signifikant gesenkt hat, für das aber noch die
Möglichkeit besteht, daß durch die Zerschlagung des Konzerns ein Groß-
teil der Verluste kompensiert werden kann. Das alte Management wird nur
sehr zögerlich diesen Schritt ergreifen, weil dies dem Eingeständnis einer
fehlgeschlagenen Unternehmensführung gleichkommt. Ein Raider braucht
darauf keine Rücksicht zu nehmen. Er kann bei einer feindlichen Über-
nahme von der augenblicklich niedrigen Bewertung profitieren und durch
den Verkauf der einzelnen Unternehmensteile zu einem Gesamtpreis, der
über dem Kaufpreis liegt, einen Gewinn realisieren.
28
Der Gewinn eines Raiders ist also die Differenz aus dem Verkaufspreis
des restrukturierten Unternehmens oder seiner Einzelteile und dem zuvor
geleisteten Kaufpreis. Das Problem für den Raider liegt aber in der Identi-
fizierung geeigneter Objekte. Eine systematische Untersuchung potentiel-
ler Übernahmekandidaten verursacht Kosten, die durch den erzielten Ge-
winn gedeckt werden müssen. Mit der Abgabe eines Übernahmeangebots
oder auch der Bekanntgabe der Überschreitung einer Beteiligungsgrenze
ist der Raider gezwungen, sein erworbenes Wissen über ein lukratives
Zielunternehmen öffentlich zu machen. Es ist auch denkbar, daß das
Zielmanagement gezielt Informationen veröffentlicht, um ein Bieterduell
auszulösen und den Übernahmepreis zu steigern. Andere Bieter können
in beiden Fällen nahezu kostenlos von diesen Informationen profitieren.
Sie sind dadurch in der Lage, bei gleichem angestrebten Gewinn einen
höheren Kaufpreis zu bieten, da für sie die Suchkosten nicht angefallen
sind. Der Erstbieter läuft Gefahr, das Bieterduell zu verlieren und einen
Verlust in Höhe seiner Suchkosten zu erleiden. Eine systematische Suche
der Corporate Raider nach ineffizienten Unternehmensstrukturen wird so-
mit unterbleiben.
29
28
Vgl. Jensen (1984), S. 115
29
Vgl. Löffler (1991), S. 152f und Easterbrook, Fischel (1981), S. 1178f

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
16
Jensen (1984) weist darauf hin, daß der in diesem Zusammenhang ge-
brauchte Begriff ,,Raider", also ,,Gangster" oder ,,Plünderer", ein falsches
Bild der Vorgänge vermittelt. Dieser vom Management des Zielunterneh-
mens geprägte Begriff soll den Aktionären den Eindruck vermitteln, sie
würden beraubt und seien die Leidtragenden bei einem solchen Vorgang.
Der Raider verschaffe sich ,,gewaltsam", also ohne Zustimmung des Ma-
nagements, Zugang zum Unternehmen, plündere es durch den Verkauf
aller wertvollen Betriebsteile und lasse die Aktionäre dann mit einer lee-
ren, wertlosen Hülle zurück. Tatsächlich profitieren Aktionäre aber von
dem Engagement eines Corporate Raiders. Jensen führt an, daß bereits
eine fünfprozentige Beteiligung eines als Raider bekannten Investors eine
positive Überrendite von sechs Prozent hervorruft. Bei einer Übernahme
durch einen Raider können Aktionäre Überrenditen von bis zu 30 Prozent
realisieren. Jensen neigt daher dazu, die Bezeichnung ,,Raider" durch den
positiveren Begriff ,,takeover artist" zu ersetzen.
30
Auch Bradley (1980) weist in seinen Untersuchungen nach, daß Raider
keinen Gewinn aus dem Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung und anschlie-
ßender systematischer Ausbeutung des Unternehmens realisieren kön-
nen. Er kommt zu dem Ergebnis, daß Aktionäre, die nicht auf das Kaufan-
gebot eingegangen sind und ihre Unternehmensanteile behalten haben,
eine positive Überrendite von 36 Prozent bezogen auf den Zeitpunkt vor
Bekanntgabe des Übernahmeangebots verzeichnen können. Eine aktive
Raiding-Strategie des Käufers sollte hingegen einen deutlichen Kursverfall
erwarten lassen.
31
Am Beispiel des Gefangenendilemmas illustriert Bradley außerdem, wie
ein aktiver Wettbewerb im Markt für Unternehmenskontrolle zumindest
theoretisch einen Gewinn für Corporate Raider verhindert. In seinem Bei-
spiel geht er von einem Bieter aus, der mit 51 Prozent die Kontrollmehrheit
eines Unternehmens erwerben und dann das Unternehmen durch Verkäu-
fe völlig auflösen will, so daß der Wert des Unternehmens am Ende Null
betragen wird. Die Aktionäre stehen vor der Entscheidung, ob sie das
30
Vgl. Jensen (1984), S. 112f u. 119
31
Vgl. Bradley (1980), S. 347 u. S. 364f

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
17
Übernahmeangebot annehmen oder nicht. Jeder Aktionär trifft seine Ent-
scheidung allein, er weiß also nicht, wie die anderen Aktionäre entschei-
den und hat für sich allein keinen Einfluß auf den Erfolg des Angebots.
Entscheidet er sich dafür, seine Aktien nicht zu verkaufen, und die Trans-
aktion kommt trotzdem zustande, haben seine Unternehmensanteile zum
Schluß den Wert Null. Nimmt er das Angebot an, hat er die Möglichkeit,
mindestens 51 Prozent seiner Investition zu retten, da der Käufer die Akti-
en von jedem Anbieter anteilig erwerben muß. Einen Vermögensverlust
können die Aktionäre nur verhindern, wenn der Verkauf der Mehrheit der
Anteile abgelehnt wird. Da aber kein Aktionär weiß, wie die Entscheidung
ausgehen wird, besteht die rationale Handlungsweise darin, das Angebot
anzunehmen, um den Vermögensverlust zu minimieren. Der Corporate
Raider hätte nunmehr die Möglichkeit, das gesamte Unternehmen für 51
Prozent des Wertes zu erwerben. Hier setzen aber die Marktkräfte ein: Da
die Übernahmeverhandlungen ein öffentlicher Vorgang sind, werden an-
dere Marktteilnehmer auf diese vermeintlich günstige Gelegenheit auf-
merksam und geben ihrerseits ein Kaufangebot ab. Der daraus entste-
hende Bieterwettbewerb wird den Kaufpreis dergestalt in die Höhe treiben,
daß kein Arbitragegewinn für den Käufer mehr möglich ist.
32
2.2.7. Theorie der überschüssigen Cash Flows
Die Theorie der überschüssigen Cash Flows (Free Cash Flow Theory)
geht der Frage nach, inwieweit Unstimmigkeiten zwischen Aktionären und
Management in einem Unternehmen mit überschüssigen Cash Flows Ein-
fluß auf das Auftreten von Akquisitionen haben. Überschüssige Cash
Flows sind Cash Flows, die nicht zur Finanzierung aller vom Unternehmen
mit positivem Kapitalwert betriebenen Projekte benötigt werden.
33
32
a.a.O., S. 356.
Im klassischen Fall des Gefangenendilemmas geht es um zwei Angeklagte, die vor der
Entscheidung stehen, eine Aussage zu machen und damit ihr eigenes Strafmaß zu ver-
kleinern und den jeweils anderen zu belasten. Die für beide optimale Lösung wäre, wenn
keiner von beiden eine Aussage macht, da es dann für keinen zu einer Verurteilung
kommen kann. Da eine Absprache zwischen den beiden aber nicht möglich ist und keiner
sicher sein kann, daß der andere keine Aussage macht, werden beide aussagen. Somit
werden beide verurteilt und es tritt damit der aus Gefangenensicht am wenigsten effizien-
te Fall ein, nämlich das volle Strafmaß für beide Angeklagten.
33
Vgl. Jensen (1988), S. 28ff

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
18
Im Idealfall für die Aktionäre werden diese Cash Flows an sie ausbezahlt,
da das Unternehmen das Geld keiner wertsteigernden Verwendung mehr
zuführen kann. Die Aktionäre haben dann die Möglichkeit, nach eigenen
Vorstellungen Investitionen am Kapitalmarkt durchzuführen. Eine Auszah-
lung läuft aber den Interessen des Managements entgegen, da dieses
dann die Verfügungsgewalt über diese Ressourcen verliert. Es tendiert
eher dazu, überschüssige Cash Flows in Projekte zu investieren, die kei-
nen positiven Kapitalwert mehr einbringen und somit einen Vermögens-
verlust für die Aktionäre darstellen. Jensen (1988) entwickelt daraus ein
Paradoxon: Die große Verfügbarkeit von freien finanziellen Mitteln verleitet
Manager dazu, den Wert des Unternehmens zu reduzieren.
Ein über liquide Mittel bzw. über eine Erhöhung des Verschuldungsgrades
finanzierter Unternehmenskauf kann somit sowohl Merkmal oder aber
auch Lösung des Problems der überschüssigen Cash Flows sein. Handelt
es sich um eine Akquisition, bei der der Kaufpreis über dem erworbenen
Unternehmenswert liegt, so mißbraucht das Management die Verfügbar-
keit der für den Kauf eingesetzten Finanzmittel zu einer Reduzierung des
Unternehmenswertes. Kann der Unternehmenswert hingegen gesteigert
werden, folgt aus der Reduzierung der überschüssigen Cash Flows eine
Entschärfung der Problematik. Jensen führt an, daß Zusammenschlüsse
innerhalb einer Branche im allgemeinen eher wertsteigernd wirken, Zu-
sammenschlüsse über Branchengrenzen hinweg wegen der geringen
Kenntnisse des Managements im fremden Markt eher schädliche Auswir-
kungen haben. Der Theorie zufolge müssen als Käufer auftretende Unter-
nehmen in der Zeit vor einer Akquisition überdurchschnittlich gute Ergeb-
nisse aufweisen, die die hohen freien Cash Flows generieren. Tatsächlich
kann Jensen hierzu auf empirische Untersuchungen verweisen, die seine
These stützen.
34
2.2.8. Selbstüberschätzung des Managements
Die Hubris Hypothesis geht auf einen Artikel von Roll (1986) zurück. Er
untersucht die Fragestellung, warum Unternehmenskäufe auch dann
34
a.a.O., S. 35f

Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
19
durchgeführt werden, wenn für das akquirierende Management eigentlich
offensichtlich sein müßte, daß der gezahlte Preis über dem tatsächlichen
Wert des Unternehmens liegt. Seine zentrale Hypothese ist, daß Gewinne
aus Unternehmenszusammenschlüssen von Managern generell zu hoch
eingeschätzt werden. Es ist seiner Ansicht nach sogar fraglich, ob solche
Gewinne überhaupt existieren.
Bei der Kalkulation der Höhe eines Kaufangebots für ein Unternehmen
bildet die aktuelle Bewertung durch die Aktienmärkte eine untere Grenze.
Kein Übernahmeangebot, das den Aktionären einen geringeren Kaufpreis
als den derzeitigen Aktienkurs bietet, wird erfolgreich sein. Roll geht in
seinen Betrachtungen von einem Fall aus, bei dem der Zusammenschluß
zweier Unternehmen keine Effizienzsteigerungen oder sonstige Gewinne
zur Folge hätte. Die Schätzungen der Marktteilnehmer über den Wert des
Unternehmens liegen dann um den gegenwärtigen Marktpreis als Mittel-
wert verteilt. Zu niedrige Schätzungen des Unternehmenswertes haben
keine weiteren Konsequenzen, sie werden nicht öffentlich, da die Interes-
senten mit einer zu niedrigen Schätzung auf die Abgabe eines Kaufange-
bots verzichten. Überschätzungen führen hingegen dazu, daß diese
Interessenten der Meinung sind, eine Unterbewertung des Marktes ent-
deckt zu haben, und ein Kaufangebot abgeben, um davon zu profitieren.
In Rolls Betrachtungen ist der Übernahmeaufschlag in diesen Fällen nur
ein Zufallsfehler des bietenden Managements. Die beschriebene Situation
führt allerdings dazu, daß diese zufälligen Abweichungen immer nur in ei-
ner Richtung, nämlich nach oben, auftreten.
35
Für Roll ergibt sich hieraus auch kein Widerspruch zur Theorie der effi-
zienten Kapitalmärkte. Seiner Ansicht nach entsteht Markteffizienz nur
durch das Agieren einer großen Anzahl von Marktteilnehmern, von denen
jeder für sich gesehen allerdings irrational handelt. Insgesamt heben sich
die Abweichungen vom effizienten Verhalten aber gegeneinander auf, so
daß der Markt als Ganzes betrachtet effizient erscheint. Im Durchschnitt
wird jeder Manager in seinem Berufsleben nur sehr wenige Übernahme-
entscheidungen treffen, so daß er kaum Gelegenheit hat, aus seinen Feh-
35
Vgl. Roll (1986), S. 198ff

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832471675
ISBN (Paperback)
9783838671673
DOI
10.3239/9783832471675
Dateigröße
864 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Wirtschaftswissenschaften, Entscheidungstheorie und Unternehmensforschung Abteilung Finanzwirtschaft und Banken
Erscheinungsdatum
2003 (September)
Note
1,0
Schlagworte
mergers acquisitions aktienkurse übernahmeangebot aktiengesellschaft fusion
Zurück

Titel: Wer gewinnt bei Unternehmensfusionen?
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
129 Seiten
Cookie-Einstellungen