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Multi-Channel Marketing

Anforderungen, Chancen und Ausgestaltungen einer Geschäftserweiterungsstrategie

©2003 Diplomarbeit 99 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Mit den innovativen Technologien des stationären und mobilen Internets sind in den letzten Jahren neue Vertriebswege entstanden, von deren zunehmender Verbreitung und kommerziellen Nutzung heutzutage nahezu alle Unternehmen betroffen sind. Neben zahlreichen mit einem Internet-Engagement verbundenen Vorteilen wird eine Präsenz in den Kanälen des E- und M-Commerce von vielen Kunden als selbstverständlich erwartet. Aus diesem Grunde ist die Integration dieser neuen Kanäle in bestehende Absatzkanalsysteme für viele Unternehmen ein zentraler Aspekt ihrer Unternehmensstrategie. Die Bedeutung der Implementierung eines so genannten Multi-Channel-Vertriebs wird unterstrichen durch die Vielzahl an zusätzlichen Chancen und Potenzialen, welche sich durch die parallele und systematische Nutzung mehrerer Absatzkanäle eröffnen.
Diese Diplomarbeit hat zum Ziel, die Bedeutung des Multi-Channel-Marketings vor dem Hintergrund der Entstehung der neuen IuK-Technologien zu analysieren. Zudem sollen Ziele, Chancen und Risiken sowie die unterschiedlichen Ausprägungsformen von Mehrkanal-Systemen vorgestellt werden, um daraus folgernd Handlungsempfehlungen entwickeln zu können, mit deren Hilfe die Implementierung eines Mehrkanal-Vertriebs gelingen kann. Um für die Arbeit eine einheitliche begriffliche Basis und Wissensgrundlage zu schaffen umfasst Kapitel 2 Definitionen und Erläuterungen wichtiger Begriffe. Der Untersuchungsgegenstand von Kapitel 3 sind die Bedeutung, Ziele sowie Chancen und Risiken des Multi-Channel-Marketings. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Gründen für die zunehmende Bedeutung von Mehrkanal-Systemen. Darüber hinaus geht es ausführlich auf die mit Mehrkanal-Systemen verfolgten Ziele – Kundenorientierung und das Erreichen von Kostenvorteilen durch Ausnutzen von Synergieeffekten – im Allgemeinen ein und zieht anschließend für vier ausgewählte Branchen (Einzelhandel, Versandhandel, Finanzdienstleistungen und Tourismus ) Schlüsse für die Zielerreichung. Weiterhin findet eine Gegenüberstellung von Chancen und Risiken des Multi-Channel-Marketings statt. Die Analyse unterschiedlicher Ausprägungsformen von Mehrkanal-Systemen wird in Kapitel 4 vorgenommen. Es werden typische Ausprägungsformen vorgestellt und untersucht, in welchen Branchen und unter welchen unternehmensspezifischen Voraussetzungen sie auftreten. Dabei werden unterschiedliche Möglichkeiten vorgestellt, wie die neuen Kanäle stationäres und mobiles Internet in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Begriffliche Grundlagen und Definitionen
2
2.1 Definition der Begriffe Multi-Channel-Marketing und Absatzkanal...2
2.2 Beschreibung relevanter Absatzkanäle...3
2.2.1 Stationäre Vertriebswege...4
2.2.2 Versandhandel...5
2.2.3 Stationäres Internet...5
2.2.4 Mobiles Internet...6
2.2.5 Call Center...7
2.2.6 Fernsehen...7
2.3 Customer Relationship Management...8
3 Multi-Channel-Marketing: Bedeutung, Ziele, Chancen und Risiken
9
3.1 Gründe für die zunehmende Bedeutung von Mehrkanal-Systemen und
die Rolle der neuen Technologien Internet und Mobilfunk...9
3.2 Vor- und Nachteile von stationärem und mobilem Internet als neue
Vertriebswege...12
3.3 Ziele des Multi-Channel-Marketings...16
3.3.1 Kundenorientierung...16
3.3.2 Erreichen von Kostenvorteilen...17
3.3.3 Branchenspezifische Ziele des Multi-Channel-Marketings...18
3.3.3.1 Einzelhandelsbranche...18
3.3.3.2 Versandhandelsbranche...19
3.3.3.3 Finanzdienstleistungsbranche...20
3.3.3.4 Tourismusbranche...21
3.4 Chancen und Risiken von Mehrkanal-Systemen...21
3.4.1 Chancen...21
3.4.2 Risiken...22
4 Analyse der Ausprägungsformen des Multi-Channel-Marketings 24
4.1 Kombination der Kanäle stationärer Vertriebsweg, Internet und Call
Center...25
4.2 Kombination der Kanäle Katalogversandhandel, stationärer
Vertriebsweg und Internet ...28
4.3 Kooperationen...30
4.4 Kombination der Kanäle stationärer Vertriebsweg und Internet...32

4.5 Aufbau eines eigenen Internet-Direktvertriebs ...34
4.6 ,,online goes offline": Kombination der Kanäle Internet und stationärer
Vertriebsweg ...35
4.7 Vor- und Nachteile der Ausprägungsformen aus Kundensicht...39
5 Anforderungen an das Management von Mehrkanal-Systemen
40
5.1 Umweltanalyse ...41
5.1.1 Analyse der Umwelt I ...41
5.1.1.1 Kundenanalyse...41
5.1.1.1.1 Abgrenzung unterschiedlicher
Kundengruppen...41
5.1.1.1.2 Schaffung von nach Kundengruppen
differenzierten Kundenvorteilen mittels
einer Multi-Channel-Strategie...43
5.1.1.1.3 Instrumente der Kundenanalyse...47
5.1.1.2 Analyse der Wettbewerber...48
5.1.1.3 Analyse der Absatzmittler und Absatzhelfer...49
5.1.2 Analyse der Umwelt II...49
5.2 Analyse der unternehmensspezifischen Situation...50
5.2.1 Grad der Umsetzung einer Multi-Channel-Strategie...51
5.2.1.1 Geplante Erweiterung eines Single-Channel-Systems
zu einem Mehrkanal-System ...51
5.2.1.2 Geplante Integration eines neuen Kanals in ein
bestehendes Mehrkanal-System...51
5.2.2 Produktspezifische Faktoren ...53
5.2.3 Nachfragespezifische Faktoren...54
5.3 Folgerungen für die Gestaltung von Mehrkanal-Systemen: wesentliche
Erfolgsdeterminanten...55
5.3.1 Konzeptionelle und technische Integration der Kanäle...55
5.3.2 Kundenorientierung...57
5.3.3 Festlegung der Aufgabenverteilung im Mehrkanal-System...57
5.3.4 Erfolgreiches Management von Kanalkonflikten...60
5.3.5 Einheitliche Kommunikation...62
5.3.6 Wirtschaftlichkeit...62
5.4 Kontrolle der Erfolgswirksamkeit des Multi-Channel-Marketings...63
6 Fallbeispiel: Das Multi-Channel-Marketing des Otto-Konzerns
64
6.1 Überblick über den Otto-Konzern...64
6.2 Ziele und Erfolgsfaktoren der Multi-Channel-Strategie von Otto...65
6.3 Ausblick...69

7 Künftige Integration von mobilen Vertriebskanälen in Mehrkanal-
Systeme
69
8 Zusammenfassung
74
9 Literaturverzeichnis
78

Abkürzungs- und Begriffsverzeichnis
Absatzkanal: Abfolge von Institutionen, die Produkte oder Dienstleistungen vom
Hersteller zum Endverbraucher physisch bzw. akquisitorisch durchlaufen.
B-to-B: Business-to-Business. Nachfrager und Anbieter einer Leistung sind
Unternehmen.
B-to-C: Business-to-Consumer. Anbieter einer Leistung sind Unternehmen,
Nachfrager sind Konsumenten.
Btx: Bildschirmtext.
CHTML: Die von i-mode benutzte Auszeichnungssprache für das mobile Inter-
net.
CRM: Customer Relationship Management. Instrument zur Erhöhung der
Kundenorientierung.
E-Commerce: Electronic Commerce. Elektronischer Handel, d.h. elektronische
Anbahnung, Aushandlung und/oder Abwicklung von wirtschaftlichen
Transaktionen.
GfK: Gesellschaft für Konsumforschung in Nürnberg.
HTML: Hyper Text Markup Language. Auszeichnungssprache für das stationäre
Internet.
HTTP: Hyper Text Transfer Protocol. Protokoll zur Übertragung von Internet-
seiten.
i-mode: Der von dem japanischen Mobilfunknetz-Betreiber NTT DoCoMo
entwickelte mobile Datenservice mit datenvolumenabhängigem Abrechnungs-
verfahren.
IuK: Information und Kommunikation. Technologien wie stationäres und mobiles
Internet oder auch digitales Fernsehen werden als neue IuK-Technologien
bezeichnet.
LBS: Location-Based Services. Standortbezogene Datendienste für mobilfunk-
basierte Endgeräte.

Mass Customization: Die angestrebte Verbindung der Vorteile von Massen-
produktion mit denen einer Einzelanfertigung.
M-Commerce: Mobile Commerce. Anbahnung, Unterstützung, Abwicklung und
Aufrechterhaltung von Leistungsaustauschprozessen über elektronische Netze
und mobile Zugangsgeräte.
mp3: Komprimierungsverfahren und Format für Audiodateien.
Multi-Channel-Marketing: Paralleler Einsatz mehrerer Absatzkanäle.
One-to-One-Marketing: Unterbreitung eines individuell auf den Kunden zuge-
schnittenen Angebotes.
PDA: Personal Digital Assistant. Miniaturcomputer in Handflächengröße.
Smartphone: Symbiose aus Mobiltelefon und PDA.
SMS: Short Message Service. Kurznachricht, die von einem Mobiltelefon oder
dem Internet zu einem anderen Mobiltelefon versendet werden kann.
T-Commerce: Tele Commerce. Anbahnung, Unterstützung, Abwicklung und
Aufrechterhaltung von Leistungsaustauschprozessen über Breitbandtechno-
logien und TV-Endgeräte.
UMTS: Universal Mobile Telecommunications System. Der ­ mit Ausnahme der
USA ­ nahezu weltweit festgelegte kommende Mobilfunkstandard der dritten
Generation mit maximal 2 Mbit Datenübertragungsrate.
URL: Uniform Ressource Locator. Einheitliches Adressierungsschema für
Dokumente im Internet.
WAP: Wireless Application Protocol. Standard zur Übertragung speziell für das
mobile Internet aufbereiteter Seiten (entspricht dem HTTP-Standard des
stationären Internets).
WML: Wireless Markup Language. Auszeichnungssprache für das mobile
Internet.

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anforderungen an das Management von Mehrkanal-Systemen...40
Abbildung 2: M-Commerce-Umsätze weltweit und in Deutschland...70
Abbildung 3: Prognose der mobilen Internet-Nutzer nach Regionen weltweit...71
Abbildung 4: Prognose für den Umsatz aus M-Content...72
Abbildung 5: Umsätze aus M-Shopping in ausgewählten europäischen
Ländern...73

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kategorisierung relevanter Absatzkanäle...8
Tabelle 2: Gründe für die zunehmende Bedeutung des Multi-Channel-
Marketings...12
Tabelle 3: Vor- und Nachteile von stationärem und mobilem Internet...15
Tabelle 4: Chancen und Risiken von Mehrkanal-Systemen...23
Tabelle 5: Überblick über die unterschiedlichen Ausprägungsformen von
Multi-Channel-Systemen...38
Tabelle 6: Allgemeine Vor- und Nachteile der Ausprägungsformen von
Mehrkanal-Systemen aus Kundensicht...40
Tabelle 7: Übersicht über die Merkmale der Kundengruppen...46
Tabelle 8: E-Commerce-Nutzer und E-Commerce-Umsatzvolumen in
Europa. ...50
Tabelle 9: Fragenkatalog zur Analyse der unternehmensspezifischen Situation:
momentaner Grad der Umsetzung einer Multi-Channel-Strategie...53
Tabelle 10: Fragenkatalog zur Analyse der unternehmesspezifischen Situation:
produkt- und nachfragespezifische Faktoren. ...55
Tabelle 11: Kreuzungsraster...60
Tabelle 12: Instrumente zur Kontrolle des Multi-Channel-Marketings...64
Tabelle 13: Der Einsatz innovativer Technologien bei Otto...69

1 Einleitung
Mit den innovativen Technologien des stationären und mobilen Internets sind in
den letzten Jahren neue Vertriebswege entstanden, von deren zunehmender Ver-
breitung und kommerziellen Nutzung heutzutage nahezu alle Unternehmen betrof-
fen sind. Neben zahlreichen mit einem Internet-Engagement verbundenen Vortei-
len wird eine Präsenz in den Kanälen des E- und M-Commerce von vielen
Kunden als selbstverständlich erwartet. Aus diesem Grunde ist die Integration
dieser neuen Kanäle in bestehende Absatzkanalsysteme für viele Unternehmen ein
zentraler Aspekt ihrer Unternehmensstrategie. Die Bedeutung der Imple-
mentierung eines so genannten Multi-Channel-Vertriebs wird unterstrichen durch
die Vielzahl an zusätzlichen Chancen und Potenzialen, welche sich durch die par-
allele und systematische Nutzung mehrerer Absatzkanäle eröffnen.
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist die Analyse der Bedeutung des Multi-Channel-
Marketings vor allem vor dem Hintergrund der Entstehung der neuen Informa-
tions- und Kommunikations-Technologien und, aufbauend auf einer Darstellung
der mit einem Mehrkanal-System angestrebten Ziele, die Entwicklung von Hand-
lungsempfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung einer Mehrkanal-Strategie.
Dazu müssen neben den bereits erwähnten Chancen auch die Risiken von Mehr-
kanal-Systemen bekannt sein. Weiterhin werden unterschiedliche Ausprägungs-
formen des Multi-Channel-Marketings untersucht.
Um für den weiteren Verlauf der Arbeit eine einheitliche begriffliche Basis und
Wissensgrundlage zu schaffen umfasst Kapitel 2 Definitionen und Erläuterungen
wichtiger Begriffe. Der Untersuchungsgegenstand von Kapitel 3 sind die Bedeu-
tung, Ziele sowie Chancen und Risiken des Multi-Channel-Marketings. Dabei
beschäftigt sich Kapitel 3.1 mit den Gründen für die zunehmende Bedeutung von
Mehrkanal-Systemen und setzt sich in diesen Zusammenhang mit der Rolle von
stationärem und mobilem Internet auseinander, welche eng mit den in Kapitel 3.2
erläuterten Vorteilen verknüpft sind. An dieser Stelle werden auch Nachteile des
Internets genannt. Das nachfolgende Unterkapitel 3.3 geht zuerst ausführlich auf
die mit Mehrkanal-Systemen verfolgten Ziele im Allgemeinen ein und zieht an-
schließend für vier ausgewählte Branchen Schlüsse für die Zielerreichung. Eine
Gegenüberstellung von Chancen und Risiken des Multi-Channel-Marketings folgt
1

in Kapitel 3.4. Die Analyse unterschiedlicher Ausprägungsformen von Mehrka-
nal-Systemen wird in Kapitel 4 vorgenommen. Es werden typische Ausprägungs-
formen vorgestellt und untersucht, in welchen Branchen und unter welchen unter-
nehmensspezifischen Voraussetzungen sie auftreten. Anhand von Unternehmens-
beispielen aus der Praxis wird dies belegt. Zusätzlich findet eine Betrachtung der
Vor- und Nachteile der Ausprägungsformen aus Kundensicht statt. Auf Basis der
in Kapitel 3 erörterten theoretischen Grundlagen und der praxisnahen Ausfüh-
rungen des Kapitel 4 werden in Kapitel 5 Folgerungen bezüglich der An-
forderungen bei der Umsetzung eines Mehrkanal-Vertriebs dargestellt. Diese An-
forderungen umfassen neben einer Analyse der Umweltfaktoren und einer Analy-
se der unternehmensindividuellen Situation auch die Beachtung wesentlicher Er-
folgsdeterminanten des Multi-Channel-Marketings sowie die Erfolgskontrolle.
Darauf aufbauend wird in Kapitel 6 anhand eines Fallbeispiels gezeigt, inwieweit
die theoretischen Erkenntnisse der bisherigen Arbeit in der Unternehmenspraxis
umgesetzt werden. Den Schluss der Arbeit bildet Kapitel 7 mit einem Ausblick
auf potenzielle zukünftige Anwendungsformen des mobilen Internets und
Möglichkeiten, diese in Multi-Channel-Systeme zu integrieren.
2 Begriffliche Grundlagen und Definitionen
2.1 Definition der Begriffe Multi-Channel-Marketing und
Absatzkanal
Multi-Channel-Marketing
1
bezeichnet den parallelen Einsatz mehrerer Absatz-
kanäle sowie die damit verbundenen Überlegungen zur Ausarbeitung diffe-
renzierter Strategien zur Gewinnung neuer bzw. Bindung bereits existierender
Kundengruppen.
2
Seit der Verbreitung des Internets wird dieser Begriff häufig gleich gesetzt mit der
Nutzung des Internets als zusätzlichen Absatzkanal.
3
Die neuen Informations- und
1
Es werden synonym auch die Begriffe Mehrkanal-System oder Mehrkanal-Vertrieb
verwendet. W
IEDMANN
, F
RENZEL
und B
UXEL
sprechen auch von Hybrid Commerce als
,,systematische Kombination von Online- und Offline-Ansätzen [entlang der gesamten
Kundenwertschöpfungskette] vor dem Hintergrund konkreter Kundenbedürfnisse.",
Wiedmann, K./ Frenzel, T./ Buxel, H. (2001), S. 420f.
2
Vgl. Zentes, J./ Schramm-Klein, H. (2001), S. 290 und Arnold, U. (1995), Sp. 34.
3
Vgl. Ladwig, F. (2002), S. 16 und Hurth, J. (2001), S. 463.
2

Kommunikations-Technologien (IuK), insbesondere das stationäre Internet, haben
zwar bedeutenden Einfluss auf das Multi-Channel-Marketing (vgl. Kapitel 3.1),
allerdings handelt es sich bei Mehrkanal-Systemen um keine neuartige, durch das
Internet entstandene, Distributionsform
4
. Bereits lange vor dem Aufkommen des
Internets betrieben viele Unternehmen Multi-Channel-Systeme.
5
Beispielhaft für
eine klassische Ausprägung eines Mehrkanal-Vertriebs ist der Otto Versand zu
nennen, dessen Multi-Channel-System vor dem Internet auf dem Katalogversand-
handel und den Otto-Shops basierte.
6
Ein Absatzkanal
7
ist die Abfolge von Institutionen, welche Produkte oder Dienst-
leistungen vom Hersteller zum Endverbraucher physisch bzw. akquisitorisch
8
durchlaufen.
9
Ein Vertriebsweg muss dem Kunden in allen Phasen eines Kaufpro-
zesses zur Verfügung stehen.
10
Die Phasen eines Kaufprozesses lassen sich eintei-
len in die ­ vor dem eigentlichen Kauf stattfindende ­ Such-, Bewertungs- und
Auswahlphase sowie in die Kaufaktphase und in die Nachkaufphase.
11
2.2 Beschreibung relevanter Absatzkanäle
Beim Aufbau eines Mehrkanal-Vertriebs sind Entscheidungen bezüglich der Art
der Absatzwege zu treffen. Im Folgenden werden deshalb verschiedene relevante
Absatzkanäle vorgestellt. Der Fokus liegt dabei neben typischen klassischen
Vertriebskanälen insbesondere auf den neu entstandenen Vertriebskanälen statio-
näres und mobiles Internet.
Tabelle 1 fasst anschließend auf Seite 8 die unterschiedlichen Vertriebswege in
einer Übersicht zusammen und ordnet sie den Kategorien direkter/indirekter
Vertrieb, klassischer/ neuer Kanal sowie Online-/Offlinekanal zu. Außerdem
4
Unter dem Begriff Distribution werden alle Maßnahmen der räumlichen, zeitlichen,
quantitativen und qualitativen Übermittlung von Produkten und Leistungen vom Hersteller
bis zum Endabnehmer verstanden. Vgl. Meffert, H. (2000), S. 600 und Wirtz, B. (2001),
S. 376.
5
Vgl. Zentes, J./ Schramm-Klein, H. (2001), S. 290.
6
Vgl. Otto (2002).
7
Im Rahmen dieser Arbeit wie auch in der Fachliteratur werden die Begriffe Absatzkanal,
Absatzweg, Vertriebsweg, Vertriebskanal synonym verwendet. Vgl. Arnold, U. (1995),
Sp. 29, Hurth, J. (2001), S. 463 und Wirtz, B. (2001), S. 377.
8
Vgl. Fritz, W./ Oelsnitz, D. (1998), S. 154.
9
Vgl. Schögel, M./ Sauer, A. (2002), S. 27 und Evanschitzky, H. (2002), S. 224.
10 Vgl. Wirtz, B. (2002), S. 677.
11 Vgl. Fritz, W./ Oelsnitz, D. (1998), S. 44.
3

werden für jeden Kanal typische Angebotsumgebungen und Kontaktformen ge-
nannt.
12
Beim
Direktvertrieb werden Güter ­ vor allem erklärungsbedürftige Produkte und
Dienstleistungen ­ ohne die Zwischenstufe des Handels direkt von den Herstellern
an die Endverbraucher transferiert. Hingegen ist der
indirekte Vertrieb durch die
Übermittlung der Waren bzw. Dienstleistungen an die Endkonsumenten über Ab-
satzmittler
13
oder Absatzhelfer
14
charakterisiert.
15
Unter
klassischen Kanälen werden diejenigen verstanden, die bereits vor der Ver-
breitung der neuen IuK-Technologien existierten, während
neue Kanäle die durch
die IuK-Technologien entstandenen Kanäle stationäres und mobiles Internet
sind.
16
Ob ein Kanal als Online- oder Offlinekanal anzusehen ist, hängt von der Art der
Umgebung ab, in welcher die Produkte und Dienstleistungen angeboten werden.
Online-Kanäle bedienen sich hierbei Online-Medien wie dem stationären Inter-
net, dem mobilem Internet, dem Telefon oder Fernsehen.
Offline-Kanäle sind da-
durch gekennzeichet, dass sie Produkte und Dienstleistungen ,,offline", also in
einem Geschäft, Katalog oder auf CD-ROM, anbieten.
17
2.2.1 Stationäre Vertriebswege
Stationäre Vertriebswege sind Einrichtungen, die vom Kunden an bestimmten
Orten aufgesucht werden müssen, um Leistungen beziehen zu können. Dazu zäh-
len neben Geschäften, Supermärkten, Warenhäusern, Filialen u.ä.
18
auch ­ haupt-
sächlich von Banken zur Verfügung gestellte ­ Selbstbedienungs-Einrichtungen.
19
12 Vgl. Cambridge Technologie Partners (2001), S. 5.
13 D.h. rechtlich und wirtschaftlich selbständige Institutionen, Handelsbetriebe.
14 Zum Beispiel Handelsvertreter.
15 Vgl. Evanschitzky, H. (2002), S. 224, Fritz, W./ Oelsnitz, D. (1998), S. 38 und 154ff. und
Fritz, W. (2001b), S. 158f.
16 Vgl. Schögel, M./ Sauer, A. (2002), S. 26 und Schögel, M. (2002).
17 Vgl. Wirtz, B./ Krol, B. (2002), S. 97 und Fritz, W. (2001b), S. 22.
18 Vgl. Ergenzinger, R./ Krulis-Randa, J. (2002), S. 43, Möhlenbruch, D./ Schmieder, U.
(2002a), S. 68 und 70f., Yulinsky, C. (2000), S.1 und Wirtz, B. (2001a), S. 29.
19 Beispielsweise Geldautomaten oder Informations- und Service-Terminals. Vgl. Brunner, W./
Lutz, S. (2001), S. 258f.
4

Der stationäre Vertrieb gehört zu den klassischen Offline-Absatzkanälen und tritt
sowohl in Ausprägungen des direkten
20
als auch des indirekten Vertriebs
21
auf.
22
2.2.2 Versandhandel
Der katalogbasierte
23
Versandhandel weist grundlegende Unterschiede zum Ein-
kauf im Stationärhandel auf. Vorteilhaft für die Kunden ist, dass die Ware von zu
Hause aus bestellt werden kann und dorthin geliefert wird. Allerdings können auf
diese Art spontane Kaufimpulse nicht unmittelbar befriedigt werden, was sich
nachteilig auf das emotionale Kaufempfinden auswirken kann.
Es handelt sich hierbei um Distanzgeschäfte, während bei stationären Vertriebs-
formen von Kontaktgeschäften gesprochen wird.
24
Ebenso wie der Stationärhandel zählt auch der katalogbasierte Versandhandel zu
den klassischen Vertriebswegen und wird sowohl für den Direktvertrieb als auch
für den indirekten Vertrieb genutzt, je nachdem, ob der Hersteller den Katalog so-
wie die bestellte Ware direkt an den Endkunden versendet
25
oder ob der Katalog-
versender ein breites Sortiment unterschiedlicher Produkte anbietet und als Zwi-
schenhändler
26
auftritt.
2.2.3 Stationäres Internet
Mit dem Internet ist ein neuer Absatzweg entstanden, der sich ebenso wie der Sta-
tionär- und Versandhandel sowohl für direkten als auch für indirekten
27
Vertrieb
eignet.
28
Elektronische Geschäfte können über diesen interaktiven
29
Kanal orts-
und zeitunanhängig getätigt werden.
30
Die Vertriebsform des Internets gehört
ebenfalls zu den Distanzgeschäften.
31
20 Beispielsweise Factory Outlets (Fabrikverkauf). Vgl. Fritz, W./ Oelsnitz, D. (1998), S. 156.
21 Beispielsweise Groß- und Einzelhändler. Vgl. Fritz, W./ Oelsnitz, D. (1998), S. 157.
22 Vgl. Hurth, J. (2001), Abb. 1, S. 464.
23 Damit sind sowohl Printkataloge als auch Kataloge auf CD-ROM gemeint.
24 Vgl. Otto, M. (2001), S. 592 und Wirtz, B./ Büttner, T./ Schwarz, J. (2003), S. 69.
25 Beispielsweise der Kosmetikartikelhersteller Yves Rocher.
26 Beispielsweise der Otto Versand.
27 Beispielsweise können Bücher entweder bei einem Online-Buchhändler (indirekt) oder beim
Verlag im Internet (direkt) gekauft werden. Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 159.
28 Vgl. Ergenzinger, R./ Krulis-Randa, J. (2002), S. 43, Möhlenbruch, D./ Schmieder, U.
(2002a), S. 68 und 70f., und Becker, J. (2001), S. 641.
29 Unter interaktiven Systemen werden in dieser Diplomarbeit Systeme verstanden, die auf
Benutzereingaben reagieren können.
30 Vgl. Ambros, H. (2001), S. 194ff.
31 Vgl. Wirtz, B./ Büttner, T./ Schwarz, J. (2003), S. 69.
5

Das Internet steht in engem thematischen Zusammenhang mit dem Begriff des
Electronic Commerce (E-Commerce), welcher in der Literatur in unterschiedli-
cher Weise definiert wird. Im Rahmen dieser Arbeit wird E-Commerce
32
mit
,,elektronischem Handel, d.h. der elektronischen Anbahnung, Aushandlung
und/oder Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen gleichgesetzt. Hiermit sind
Austauschprozesse angesprochen, durch die Leistungs- und Zahlungsverpflich-
tungen ausgelöst werden."
33
Wenn von E-Commerce gesprochen wird, ist damit meist der elektronische
Handel über das Internet gemeint. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass
E-Commerce auch auf anderen technischen Plattformen als der des Internets statt-
finden kann, beispielsweise auf der Plattform des interaktiven Fernsehens (vgl.
Kapitel 2.2.6).
34
2.2.4 Mobiles Internet
Mit der Verbreitung mobiler Endgeräte
35
wird durch die kommerzielle Nutzung
der Mobilfunkzugänge zum Internet sowie durch eigenständige Geschäfts-
möglichkeiten im Mobilfunk mit dem mobilen Internet
36
ein neuer, mobiler
Vertriebskanal geschaffen. Im Unterschied zum stationären Internet ist der Kunde
bei der Nutzung des mobilen Internet jedoch nicht an einen bestimmten Ort ge-
bunden, sondern kann eine mobile Verbindung von jedem beliebigen Ort aufbau-
en.
37
Nicht alle mobilen Datendienste beruhen auf der Nutzung des mobilen Internets
bzw. internetspezifischer Übertragungsprotokolle.
38
Da diese Unterscheidungen
für die Überlegungen im Rahmen dieser Arbeit jedoch keine signifikante Rele-
vanz aufweisen, werden für die bessere Übersichtlichkeit unter dem Begriff des
32 Diese Definition beschreibt den E-Commerce im engeren Sinn. Im weiteren Sinn umfasst E-
Commerce alle auf Basis elektronischer Verbindungen stattfindenden wirtschaftlichen
Aktivitäten. Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 22f. und Fritz, W. (2001), S. 126.
33 Fritz, W. (2001), S. 126.
34 Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 22f.
35 In dieser Diplomarbeit werden unter mobilen Endgeräten beliebige tragbare Geräte mit
Zugang zu einem Mobilfunknetz wie internetfähige Mobiltelefone, PDAs (Personal Digital
Assistant), Smartphones oder tragbare Computer verstanden.
36 D.h. Internettransaktionen via Mobiltelefon.
37 Vgl. Möhlenbruch, D./ Schmieder, U. (2002a), S. 68, Wirtz, B./ Büttner, T./ Schwarz, J.
(2003), S. 69ff. und Ambros, H. (2001), S. 192ff.
38 Beispielsweise i-mode: nutzt CHTML statt WML/HTML.
6

mobilen Internets auch mobile Datendienste subsummiert, die nicht auf internetty-
pischen Übertragungsverfahren basieren.
Die Nutzung des mobilen Internets, d.h. die Anbahnung, Unterstützung, Abwick-
lung und Aufrechterhaltung von Leistungsaustauschprozessen über elektronische
Netze und mobile Zugangsgeräte wird als Mobile Commerce (M-Commerce) be-
zeichnet.
39
2.2.5 Call Center
Einen weiteren Kommunikations- und Vertriebskanal stellt das Call Center dar.
40
Neben dem Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen werden mittels Telefon
auch Serviceangebote wie Informations- und Beratungsdienstleistungen angebo-
ten. Eine besonders wichtige Rolle kommt der telefonischen Kundenbetreuung im
After-Sales-Bereich zu. Dazu gehören die Beantwortung von Fragen, die Auf-
nahme und Weiterleitung von Beschwerden an zuständige Mitarbeiter bzw. Abtei-
lungen und die Durchführung von Kundenumfragen.
41
Call Center werden sowohl als Instrument des direkten Vertriebs
42
als auch des in-
direkten Vertriebs
43
eingesetzt.
2.2.6 Fernsehen
Der elektronische Einkauf im Fernsehen (TV-Shopping) wird in Deutschland
schon seit Mitte der 80er-Jahre angeboten und stellt einen eigenständigen
Vertriebskanal dar. Durch die Digitalisierung der Fernseh-Technologie können
Fernsehen und Internet zu einer gemeinsamen Diensteplattform konvergieren.
Endgeräte diesen interaktiven Fernsehens können Nutzereingaben verarbeiten und
individuell angeforderte Inhalte via eines Rückkanals zur Verfügung stellen.
Durch das interaktive Fernsehen wird das klassische Fernsehangebot um einige
Funktionen ergänzt, welche bisher nur über einen an das Internet angeschlossenen
39 Vgl. Wirtz, B. (2001), S. 45 und Fritz, W. (2001b), S. 36.
40 Vgl. Yulinsky, C. (2000), S. 1.
41 Vgl. Ambros, H. (2001), S. 192ff. und Biesel, H. (2002), S. 45.
42 Herstellereigenes Call Center, das aktiven Verkauf betreibt (zum Beispiel der Verkauf von
Aktien im Call Center einer Bank).
43 Beispielsweise das Call Center eines katalogbasierten Versandhändlers zur Aufnahme von
Bestellungen.
7

PC möglich waren. Somit können auch solche Nutzer für Internetangebote er-
reicht werden, welche über keinen Zugang zum Internet über einen PC verfügen.
44
Die Konvergenz von TV-Shopping und Internetanwendungen ermöglicht die An-
bahnung, Unterstützung, Abwicklung und Aufrechterhaltung von Leistungsaus-
tauschprozessen über Breitbandtechnologien und TV-Endgeräte und wird mit dem
Begriff T-Commerce umschrieben.
45
Der Online-Kanal Fernsehen ist ein klassisches Vertriebsmedium, welches in
erster Linie für den indirekten Vertrieb genutzt wird.
direkter/ in-
direkter
Vertrieb
klassisch/
neu
Online/
Offline
Umgebung
des
Angebots
Kontakt-
form
stationäre
Vertriebs-
wege
beides
klassisch
Offline
Geschäfte
persönlicher
Kontakt
Versand-
handel
beides
klassisch
Offline
Katalog/CD-
ROM
Brief/Fax,
Telefon
Stationäres
Internet
beides
neu
Online
Webseite
Webseite,
E-Mail
Mobiles In-
ternet
beides
neu
Online
WAP-Seite
mobile End-
geräte
Call Center
beides
klassisch
Online
Katalog,
Fernsehen
Telefon
Fernsehen
indirekt
klassisch
Online
Fernsehen
Telefon
Tabelle 1: Kategorisierung relevanter Absatzkanäle.
2.3 Customer Relationship Management
In Zusammenhang mit Multi-Channel-Marketing kommt der Kundenorientierung
eine besondere Rolle zu. (Kapitel 3.1 und 3.3.1 gehen darauf ausführlich ein.) Das
Customer Relationship Management (CRM) wird hierbei als Instrument zur
Erhöhung der Kundenorientierung eingesetzt.
44 Vgl. Wirtz, B. (2001), S. 75 und Möhlenbruch, D./ Schmieder, U. (2002a), S. 68 und 70f.
45 Vgl. Wirtz, B. (2001), S. 80.
8

Besonders im Internet stellen stabile und langfristige Kundenbeziehungen für
viele Unternehmen ein wichtiges Betriebskapital dar.
46
Um eine langfristige
Kundenbindung zu erreichen, reichen jedoch reine Produktorientierung im Ab-
satzbereich sowie eine unpersönliche Kundenansprache auf den Massenmärkten
oftmals nicht aus. Die Gründe hierfür sind in einem wachsenden Konkurrenz-
druck sowie in gestiegenen Kundenerwartungen zu suchen (vgl. Kapitel 3.1). Des-
wegen ist es wichtig, den Kunden durch eine differenzierte und individuelle An-
sprache Zusatzleistungen zu bieten. Dies setzt allerdings voraus, dass die Unter-
nehmen ihre Kunden genau kennen.
47
Das CRM hat zum Ziel, Kundendaten unter Zuhilfenahme moderner IuK-Techno-
logien zu sammeln und zu analysieren, um die Bedürfnisse existierender und po-
tenzieller Kunden antizipieren und verstehen zu können (vgl. Kapitel 5.1.1.1.3).
Darauf aufbauend können den Kunden individuell für sie erstellte Angebote un-
terbreitet werden.
48
Auf diesem Wege sollen längerfristige Geschäftsbeziehungen
mit den Kunden auf- und ausgebaut werden sowie eine Steigerung der Kundenzu-
friedenheit und Kundenloyalität erreicht werden.
49
3 Multi-Channel-Marketing: Bedeutung, Ziele,
Chancen und Risiken
3.1 Gründe für die zunehmende Bedeutung von
Mehrkanal-Systemen und die Rolle der neuen
Technologien Internet und Mobilfunk
Multi-Channel-Marketing ist kein neuer Trend. Produkte und Dienstleistungen
über Mehrkanal-Systeme zu vertreiben war schon vor der Entwicklung des Inter-
nets ein wichtiges Instrument der Distributionspolitik, um in den verschiedenen
Kanälen unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen und deren Bedürfnisse zu
46 Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 118f.
47 Vgl. Hippner, H./ Wilde, K. (2001), S. 5f.
48 Vgl. Wittmann, H. (2002), S. 150, Hippner, H./ Wilde, K. (2001), S. 6 und Oggenfuss, C./
Peter, S. (2001), S. 326.
49 Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 118f.
9

erfüllen.
50
In letzter Zeit ist der Begriff jedoch verstärkt in den Mittelpunkt des In-
teresses von Fachliteratur und Praktikern gerückt.
51
Ein wesentlicher Grund für die zunehmende Relevanz von Multi-Channel-Marke-
ting ist die stark gestiegene kommerzielle Nutzung des stationären Internets
52
wie
auch die wachsende Bedeutung des mobilen Internets.
53
Diese neuen technolo-
gischen Entwicklungen spielen eine bedeutende Rolle in Zusammenhang mit
Multi-Channel-Marketing. Darauf wird im Folgenden eingegangen.
Das stationäre Internet ist mittlerweile ein fester Bestandteil von Wirtschaft und
Gesellschaft
54
und hat starke strukturelle Veränderungen hervorgerufen. Diese
lassen den meisten Unternehmen ­ ungeachtet der mit einem Internet-Engagement
verbundenen Chancen und Vorteile (vgl. Kapitel 3.2) ­ keine andere Wahl als das
Internet in ihre Vertriebsstrukturen zu integrieren. Eine Beschäftigung mit dem
Thema Mehrkanal-Vertrieb ist in diesem Fall also unerlässlich.
55
Als erste der oben genannten Strukturveränderungen durch das Internet ist die
zunehmende Intensivierung des Wettbewerbs zu nennen. Die Kosten eines An-
bieterwechsels im Internet fallen deutlich geringer aus, was eine sinkende
Kundenloyalität zur Folge hat. Eine Möglichkeit, dieser Entwicklung zu be-
gegnen, ist das Anstreben einer stärkeren Kundenbindung und -orientierung, wie
sie das Multi-Channel-Marketing zum Ziel
56
hat. Auch gegenüber zusätzlichen
Konkurrenten, die aufgrund geringerer Markteintrittsbarrieren
57
im Internet in grö-
ßerer Zahl auftreten und deren Geschäftsmodell meist auf das Internet beschränkt
50 Vgl. Wirtz, B./ Büttner, T./ Schwarz, J. (2003), S. 67. Es existiert schon Literatur zu Multi-
Channel-Systemen aus den 70er-Jahren. Vgl. Weigand, R. (1977).
51 Vgl. Hurth, J. (2001), S. 463 und Zentes, J./ Schramm-Klein, H. (2001), S. 290.
52 Die Bedeutung des Internet für die Wirtschaft und die Zahl der Internet-Nutzer wachsen
ständig. Laut Prognosen führender Marktforschungsinstitute wird der E-Commerce
spätestens ab 2002 überproportional wachsen. Für das Jahr 2003 wird von einem weltweiten
E-Commerce-Umsatz von 1.300 bis 1.500 Milliarden US-Dollar ausgegangen, der sich bis
2005 vermutlich auf 5.000 bis 7.000 Milliarden US-Dollar vervielfachen wird. Die Zahl der
Internet-Nutzer wird in wenigen Jahren die Eine-Milliarde-Grenze übersteigen und sich dann
im Vergleich zu 2002 verdoppelt haben. Vgl. Fritz, W. (2002), S. 18 und Fritz, W. (2002a).
53 Vgl. Wirtz, B./ Büttner, T./ Schwarz, J. (2003), S. 66.
54 Vgl. dazu die Analyse der Umwelt II in Kapitel 5.1.2.
55 Vgl. Fritz, W. (2001), S. 123, Moosmayer, D./ Gronover, S./ Riempp, G. (2001), S. 75 und
Hurth, J. (2001), S. 463.
56 Auf das Ziel der Kundenorientierung geht Kapitel 3.3.1 ein.
57 Beispielsweise geringere Investitionserfordernisse oder Umgehung von Importrestriktionen.
Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 113.
10

ist, können durch das Verfolgen einer Multi-Channel-Strategie Wettbewerbsvor-
teile erzielt werden.
Zudem sind durch das Internet Veränderungen der Kundenerwartungen und
-wünsche zu beobachten. Die Kunden werden unter anderem aufgrund der ge-
stärkten Position der Nachfrager anspruchsvoller, die durch die höhere Markt-
transparenz
58
im Internet entsteht. Die Kunden sehen es als selbstverständlich an,
aus den verschiedenen klassischen und neuen Kommunikations- und Vertriebs-
kanälen stets denjenigen auswählen und nutzen zu können, der den momentanen
Bedürfnissen entspricht (,,anytime, anywhere, anyway"). Da diese Bedürfnisse je
nach Situation variieren, muss ein Unternehmen jederzeit in der Lage sein, ihnen
zu entsprechen. Ansonsten besteht die Gefahr, Kunden an die Wettbewerber zu
verlieren.
59
Durch die zunehmende Verbreitung des Mobilfunks sowie die prognostizierten
Erfolgspotenziale des mobilen Internets (vgl. Kapitel 7) wird auch der M-Com-
merce großen Einfluss auf die gesamte Wirtschaft haben. Unternehmen, die eine
Multi-Channel-Strategie betreiben, werden sich auch mit diesem Thema beschäf-
tigen und bei Bedarf das mobile Internet in ihr Mehrkanal-System integrieren
müssen. Zwar wird der endgültige Durchbruch wahrscheinlich erst mit einem
Markterfolg von UMTS
60
und den entsprechenden Endgeräten erfolgen, trotzdem
erscheint es sinnvoll, das eigene Vertriebssystem allmählich auf das neue mobile
Zeitalter vorzubereiten.
61
Tabelle 2 fasst die Gründe für die zunehmende Bedeutung des Multi-Channel-
Marketings zusammen und geht dabei auch auf die Rolle der neuen IuK-Techno-
logien ein.
58 Preise sind durch verschiedene Suchhilfen für die Kunden im Internet transparenter und
leichter vergleichbar. So bietet www.traveloverland.de einen Preisvergleich für Flugticktes
aller Airlines an.
59 Vgl. Fritz, W. (2002), S. 19ff., Wirtz, B./ Krol, B. (2002), S. 92, Möhlenbruch, D./
Schmieder, U. (2002a), S. 69f., Hurth, J. (2001), S. 463, Großweischede, M. et al. (2001),
S. 1, Hoppen, G. (2001), S. 145 und Zentes, J./ Schramm-Klein, H. (2001), S. 292ff.
60 Universal Mobile Telecommunications System. Der ­ mit Ausnahme der USA ­ nahezu
weltweit festgelegte kommende Mobilfunkstandard der dritten Generation mit maximal 2
Mbit Datenübertragungsrate. Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 228.
61 Vgl. Möhlenbruch, D./ Schmieder, U. (2002), S. 29 und Herrmann, P./ Wurdack, A. (2002),
S. 132.
11

Gründe für die Bedeutung des Multi-Channel-Marketings
stark gestiegene Nutzung des stationären Internets und damit verbunden struk-
turelle Veränderungen:
- Intensivierung des Wettbewerbs
- gestiegene Kundenerwartungen
wachsende Bedeutung von M-Commerce und mobilem Internet
Tabelle 2: Gründe für die zunehmende Bedeutung des Multi-Channel-Marketings.
Ein Beleg für die Bedeutung einer ganzheitlichen Multi-Channel-Strategie ist in
dem Scheitern vieler Internet-StartUp-Unternehmen
62
und des Neuen Marktes ins-
gesamt zu sehen. Während der ersten Erfolgswelle wurde das Internet vielfach für
das Geschäftsfeld der Zukunft gehalten, welches die traditionellen Geschäfts-
felder überflüssig machen würde. Diese Annahmen haben sich jedoch als un-
richtig herausgestellt. Ein wichtiger Grund für das Ausbleiben des wirtschaftli-
chen Erfolgs der Pure Internet Player ist neben dem Fehlen eines tragfähigen Ge-
schäftsmodells deren ausschließliche Konzentration auf das Internet als einzigen
Vertriebskanal. Nach dem Ende der ersten ,,Internet-Euphorie" wird nun deutlich,
dass langfristig nur diejenigen Unternehmen erfolgreich sein werden, die alle für
sie relevanten Vertriebskanäle in einem Mehrkanal-System integrieren. Multi-
Channel-Unternehmen sind im Markt vorteilhafter positioniert, da sie die Bedürf-
nisse der Kunden nach Einkaufsmöglichkeiten in mehreren Kanälen besser zu
erfüllen in der Lage sind. Zudem wirken sie mit dem Einsatz der neuen Medien
und vielfältiger Kanäle sowohl der Verdrängung durch neue Wettbewerber ent-
gegen, binden Kunden dauerhaft an das Unternehmen und nutzen gleichzeitig die
Vorteile der neuen Vertriebswege, welche im nachfolgenden Kapitel erläutert
werden.
63
3.2 Vor- und Nachteile von stationärem und mobilem
Internet als neue Vertriebswege
Vertriebswege auf Basis neuer IuK-Technologien wie das stationäre oder mobile
Internet gewinnen mehr und mehr an Bedeutung und sollten wegen der mit ihrem
62 Synonym wird auch der Begriff Pure Internet Player verwendet.
63 Vgl. Dach, C. (2002), S. 10, Brunner, W./ Lutz, S. (2001), S. 256, Center for Multi-Channel-
Management (2001) und Cambridge Technologie Partners (2001), S. 4f.
12

Einsatz verbundenen Vorteile ­ für die Kunden gleichermaßen wie für die Unter-
nehmen ­ Bestandteil einer jeden Unternehmensstrategie sein.
Die Kunden profitieren bei der Nutzung des stationären Internets zum einen aus
der daraus resultierenden größeren Transparenz und damit Vergleichbarkeit von
Informationen, Preisen, Konditionen usw. Des Weiteren bietet ein Einkauf im In-
ternet oftmals Preisvorteile, wenn die niedrigeren Vertriebskosten
64
des Internets
an die Kunden weitergegeben werden. Auch Orts- und Zeitunabhängigkeit, Be-
quemlichkeit und Zeitersparnis eines Einkaufs von zu Hause sowie die Aktualität
des Angebots sind für viele Kunden Gründe, das Internet als Vertriebsweg zu
nutzen.
Auf der Unternehmensseite ergeben sich aus einem Internet-Engagement eben-
falls vielfältige Vorteile. Neben den oben bereits erwähnten niedrigeren Vertriebs-
kosten gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Rationalisierungspotenziale zu
erschließen, beispielsweise durch die geringeren Kosten der Kundenakquisition
im Internet. Kunden können über das Internet weniger aufwändig und kosten-
intensiv als über ein traditionelles Filialnetz erreicht werden. Zudem bietet das In-
ternet neue Geschäfts- und Servicemöglichkeiten und somit die Chance, den
Kunden neue Leistungen und Zusatznutzen anzubieten. Das Internet eignet sich
also gut, um als Instrument der Neukundengewinnung und Kundenbindung einge-
setzt zu werden.
65
Der Einsatz des Internets als Absatzkanal hat allerdings auch Nachteile. Einige
Kunden haben Hemmschwellen, einen PC zu bedienen oder scheuen die hohen
Anschaffungskosten eines PC. Hinzu kommt, dass viele Kunden einem Einkauf
im Internet aufgrund von Unsicherheiten bezüglich der Zahlungsmethoden skep-
tisch gegenüber stehen. Dadurch verkleinert sich für Unternehmen im Gegensatz
zu anderen Vertriebswegen die Gruppe der potenziellen Kunden. Außerdem wir-
ken sich die durch das Internet entstehende Intensivierung des Wettbewerbs sowie
die gestiegenen Kundenerwartungen nachteilhaft für die Unternehmen aus.
Einige der hier erläuterten Nachteile des stationären Internets können jedoch
durch den Einsatz des mobilen Internets überwunden werden. Dieses weist ins-
64 Beispielsweise eröffnet der Online-Vertrieb von Software Einsparungspotenziale von bis zu
99 Prozent der herkömmlichen Vertriebskosten. Mit dem Online-Vertrieb von Lebensver-
sicherungen lassen sich bis zu 50 Prozent einsparen. Vgl. Fritz, W. (2002a).
65 Vgl. Schögel, M. (2002), Lintner, A./ Rasch, S. (2001), S. 7 und 11f., Wirtz, B./ Büttner, T./
Schwarz, J. (2003), S. 66 und Abend, J./ Tischmann, C. (2000) , S. 1f. und 8f.
13

besondere dort große Chancen auf, wo seine Anwendungen und Merkmale sich
deutlich von denen des stationären Internets abheben. Bedeutende Vorteile des
mobilen gegenüber dem stationären Internet sind dabei die höhere Sicherheit im
Zahlungsbereich, Benutzerfreundlichkeit und einfache Bedienbarkeit sowie Lo-
kalisierungsfunktionen und Mobilität. Die damit verbundene Ortsunabhängigkeit
macht spontane Reaktionen und Impulskäufe möglich. Weitere Vorteile des M-
Commerce sind Personalisierbarkeit, Erreichbarkeit und Bequemlichkeit und sei-
ne ­ gegenüber dem stationären Internet ­ potenziell höhere Verbreitung
66
auf-
grund der größeren Anzahl von Mobilfunknutzern im Vergleich zu Nutzern des
stationären Internets.
Der M-Commerce birgt neben all diesen Chancen jedoch auch einige Risiken, die
eine erfolgreiche Nutzung des mobilen Internets als Vertriebskanal gefährden. In
diesem Zusammenhang werden oft zu teure und langsame Funkverbindungen ge-
nannt.
67
Ein weiterer wichtiger Vorteil sowohl des stationären wie auch des mobilen Inter-
nets für die Unternehmen besteht in den Möglichkeiten zur Umsetzung eines dif-
ferenzierten CRM. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der gestiegenen
Erwartungen der Kunden an Service und Betreuung von Bedeutung. So können
im Internet durch Auswertung des Kundenkontakts
68
sehr viele individuelle In-
formationen über die Kunden in Erfahrung gebracht werden. Mit Hilfe diesen
Wissens kann durch kundenindividuelles One-to-One-Marketing und Mass Custo-
mization-Strategien zusätzlicher Kundennutzen generiert werden. Mass Customi-
zation hat die Verbindung der Vorteile einer Massenproduktion mit denen einer
Einzelanfertigung zum Ziel. Den Kunden sollen so individuelle Wünsche und Be-
dürfnisse zum Preis von Standardprodukten erfüllt werden.
69
Ziel des One-to-One-
Marketings ist es, dem Kunden ein auf ihn zugeschnittenes Angebot zu unterbrei-
ten. Außerdem stellen derartige personalisierte Angebote eine Maßnahme dar, der
66 Schon im Jahr 1997 gab es in Europa mehr Mobilfunknutzer als PCs. Vgl. Wirtz, B. (2001),
S. 43.
67 Vgl. Möhlenbruch, D./ Schmieder, U. (2001), S. 16 und 18f., Horster, B. (2002), S. 61f. und
64, Brunner, W./ Lutz, S. (2001), S. 254ff. und Buse, S. (2002), S. 92ff.
68 Beispielsweise mit Hilfe von Cookies, d.h. Dateien, die individuelle Informationen über den
Nutzer auf dessen PC speichern. Vgl. Fritz, W. (2001b), S. 222.
69 So können die Kunden von Dell sich bei der Bestellung ihren PC im Internet ohne Aufpreis
individuell konfigurieren.
14

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783842803763
ISBN (Paperback)
9783832471064
DOI
10.3239/9783842803763
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig – Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (August)
Note
1,3
Schlagworte
electronic commerce mehrgleisiger vertrieb vertriebsorganisation marketing e-commerce m-commerce mehrkanal-vertrieb internet
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Titel: Multi-Channel Marketing
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