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Wissensmanagement im Finanzdienstleistungsbereich

Ist Case-Based Reasoning eine geeignete Problemlösungsmethode für die Entscheidungsunterstützung in der Anlageberatung bei Finanzdienstleistungsunternehmen?

©2003 Masterarbeit 162 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Abstract:
Also banks have to explain with the topic of knowledge management, because they are exposed to changes with regard to the market, to customers and to competitors. Particularly in the investment advice knowledge management is of essential importance, because on the one hand explicit product knowledge and on the other hand implicit knowledge (unwritten experience knowledge) is needed to make an investment recommendation. Particularly the investment advisors see themselves confronted with a multiplicity of time-critical decision problems under uncertainty and high complexity. The investment advisor lives besides on the re-use of experiences from earlier consulting discussions. With case-based reasoning systems it is possible to cope a large part of the problem field complexity and the system is able to learn for new decision problems. The processing of the problem field of vague knowledge can be counteracted in combination with the fuzzy set theory. So the combination of case-based reasoning systems with the fuzzy set theory is a suitable problem solution method for the decision support in the investment advice. During the realization of a such system, always it is to give attention to the three dimensions human resource management, organization and information and communication technology.

Zusammenfassung:
Wissensmanagement ist eine Thematik mit der sich auch Finanzdienstleister auseinandersetzen müssen, da sie Veränderungen gegenüber dem Markt, dem Kunden und den Wettbewerbern ausgesetzt sind. Besonders in der Anlageberatung ist Wissensmanagement von essentieller Bedeutung, da einerseits explizites Produktwissen und andererseits implizites Wissen (undokumentiertes Erfahrungswissen) für die Erstellung von Produktempfehlungen benötigt wird. Besonders sehen sich die Anlageberater mit einer Vielzahl an zeitkritischen Entscheidungsproblemen unter Unsicherheit und hoher Komplexität konfrontiert. Die Anlageberatung lebt zudem von der Wiederverwendung von Erfahrungen aus früheren Beratungsgesprächen. Mittels CBR-Systemen ist es möglich, ein großer Teil des Problemfeldes Komplexität zu bewältigen und das System ist fähig für neue Entscheidungsprobleme zu lernen. Dem Problemfeld der Verarbeitung von vagem Wissen kann in Kombination mit der Fuzzy-Theorie entgegengewirkt werden. Die Kombination von CBR-Systemen mit der Fuzzy-Theorie ist somit eine geeignete Problemlösungsmethode für die Entscheidungsunterstützung in der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7032
Benz, Andreas: Wissensmanagement im Finanzdienstleistungsbereich: Ist Case-Based
Reasoning eine geeignete Problemlösungsmethode für die Entscheidungsunterstützung
in der Anlageberatung bei Finanzdienstleistungsunternehmen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Fachhochschule, MA-Thesis / Master, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

II
KURZZUSAMMENFASSUNG
Wissensmanagement ist eine Thematik mit der sich auch Finanzdienstleister auseinander-
setzen müssen, da sie Veränderungen gegenüber dem Markt, dem Kunden und den Wett-
bewerbern ausgesetzt sind. Besonders in der Anlageberatung ist Wissensmanagement von
essentieller Bedeutung, da einerseits explizites Produktwissen und andererseits implizites
Wissen (undokumentiertes Erfahrungswissen) für die Erstellung von Produktempfehlungen
benötigt wird. Besonders sehen sich die Anlageberater mit einer Vielzahl an zeitkritischen
Entscheidungsproblemen unter Unsicherheit und hoher Komplexität konfrontiert. Die Anla-
geberatung lebt zudem von der Wiederverwendung von Erfahrungen aus früheren Bera-
tungsgesprächen. Mittels CBR-Systemen ist es möglich, ein großer Teil des Problemfeldes
Komplexität zu bewältigen und das System ist fähig für neue Entscheidungsprobleme zu
lernen. Dem Problemfeld der Verarbeitung von vagem Wissen kann in Kombination mit der
Fuzzy-Theorie entgegengewirkt werden. Die Kombination von CBR-Systemen mit der Fuz-
zy-Theorie ist somit eine geeignete Problemlösungsmethode für die Entscheidungsunter-
stützung in der Anlageberatung. Bei der Umsetzung eines solchen Systems ist jedoch im-
mer den drei Dimensionen Human Resource Management, Organisation und Informations-
und Kommunikationstechnologie Beachtung zu schenken.
ABSTRACT
Also banks have to explain with the topic of knowledge management, because they are
exposed tp changes with regard to the market, to customers and to competitors. Particu-
larly in the investment advice knowledge management is of essential importance, because
on the one hand explicit product knowledge and on the other hand implicit knowledge
(unwritten experience knowledge) is needed to make an investment recommendation.
Particularly the investment advisors see themselves confronted with a multiplicity of time-
critical decision problems under uncertainty and high complexity. The investment advisor
lives besides on the re-use of experiences from earlier consulting discussions. With case-
based reasoning systems it is possible to cope a large part of the problem field complexity
and the system is able to learn for new decision problems. The processing of the prolem
field of vague knowledge can be counteracted in combination with the fuzzy set theory. So
the combination of case-based reasoning systems with the fuzzy set theory is a suitable
problem solution method for the decision support in the investment advice. During the
realization of a such system, always it is to give attention to the three dimensions human
resource management, organization and information and communication technology.

III
INHALTSVERZEICHNIS
ABSTRACT ... II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
... VI
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
...VII
TABELLENVERZEICHNIS
... IX
1
Einleitung... 1
1.1 Motivation und Zielsetzung ... 1
1.2 Aufbau der Arbeit... 2
2
Wissensmanagement und Entscheidungsunterstützung im
Finanzdienstleistungsbereich ... 4
2.1 Wissensmanagement und Handlungsbedarf für Finanzdienstleister ... 4
2.2 Gegenstand des Wissensmanagements ... 6
2.3 Modelle des Wissensmanagements ...14
2.3.1
Einleitung ...14
2.3.2
Ganzheitliche Modelle des Wissensmanagements ...15
2.3.3
Modelle mit Teilaspekten des Wissensmanagements ...20
2.3.4
Beurteilung...35
2.4 Dimensionen des Wissensmanagements ...37
2.5 Entscheidungsunterstützung in der Anlageberatung ...42
3
Ansätze der Wissensverarbeitung ... 49
3.1 Prozess der Wissensverarbeitung...49
3.2 Case-based reasoning...51
3.2.1
Der Prozess des case-based reasoning...51
3.2.2
Wissensrepräsentation ...57
3.2.3
Retrievalstrategien...60
3.2.4
Adaptionsstrategien ...63
3.2.5
Fazit ...65

IV
3.3 Regelbasierte Wissensverarbeitung...67
3.4 Wissensverarbeitung durch Objekte / Frames...70
3.4.1
Semantische Netze ...70
3.4.2
Frames ...72
3.5 Logikbasierte Wissensverarbeitung ...74
3.5.1
Aussagenlogik ...74
3.5.2
Prädikatenlogik ...76
3.6 Constraintbasierte Wissensverarbeitung ...77
3.7 Wissensverarbeitung von unscharfem Wissen...78
3.7.1
Unvollständiges Wissen ...78
3.7.2
Unsicheres Wissen ...80
3.7.3
Vages Wissen...81
4
Explorative Befragung... 87
4.1 Ausgangslage ...87
4.2 Definition des Problems und des Forschungsziels ...89
4.3 Konzeption des Forschungsplans ...90
4.3.1
Explorative Studie bei deutschsprachigen
Finanzdienstleistungsunternehmen ...91
4.3.2
Expertenbefragung ...96
4.4 Erhebung der Daten ...98
4.5 Auswertung der Daten ...99
4.6 Darstellung der Ergebnisse ...99
4.6.1
Einleitung ...99
4.6.2
Einsatz von wissensbasierten Systemen... 100
4.6.3
Konstruktive Aspekte von wissensbasierten Systemen ... 106
4.6.4
Nutzeffekte... 108
4.6.5
Fallbasiertes Schließen ... 112
5
Fazit ... 114

V
ANHANG A
... 124
ANHANG B
... 135
QUELLENVERZEICHNIS
... 139

VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ATMS
assumption based TMS
bzw. beziehungsweise
CBR Case-Based
Reasoning
CSCW
Computer supported cooperative work
d.h. das
heißt
EKP
Effective knowledge processes
EUS Entscheidungsunterstützung
GE Geldeinheit
HRM
Human Resource Management
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologie
IT Informationstechnologie
JTMS
Justification based TMS
KI Künstliche
Intelligenz
KM Knowledge-Management
MA Mitarbeiter
MRT
Management des Ressources Technologiques
OMS
Organisational Memory Systeme
TMS
Truth Maintenance Systeme
WM Wissensmanagement
z.B.: zum
Beispiel

VII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Überblick über den Aufbau der Arbeit...3
Abbildung 2: Beziehung zwischen Daten, Information und Wissen ...6
Abbildung 3: Perspektiven des Wissens... 11
Abbildung 4: Bausteine des Wissensmanagements ... 16
Abbildung 5: Das Wissensmarkt-Konzept ... 19
Abbildung 6: Organisationales Lernen als integratives Wissensmanagement . 21
Abbildung 7: Lebenszyklusmodell des Managements der Ressource Wissen... 24
Abbildung 8: Vier Akte zum Aufbau eines Wissensmanagements ... 25
Abbildung 9: Management technologischer Ressourcen ... 28
Abbildung 10: Komponenten einer organisationalen Wissensbasis ... 30
Abbildung 11: Formen der Wissensumwandlung... 31
Abbildung 12: Die Wissensspirale... 33
Abbildung 13: knowledge management cycle... 35
Abbildung 14: Dimensionen eines ganzheitlichen Wissensmanagements ... 38
Abbildung 15: Barrieren des Wissensmanagements ... 40
Abbildung 16: Kundenorientierte Organisationsstruktur... 43
Abbildung 17: knowledge Map eines Anlageberaters ... 44
Abbildung 18: Ganzheitliches Wissensmanagement ... 47
Abbildung 19: Knowledge Engineering ... 50
Abbildung 20: Vorgehensweise beim fallbasierten Schließen ... 53
Abbildung 21: Der CBR-Zyklus ... 55
Abbildung 22: Das MAC/FAC-Modell des ähnlichkeitsbasierten Retrievals ... 61
Abbildung 23: A task-method decomposition of CBR... 65
Abbildung 24: Beispiel Bankomatbehebung - Parameter und Werte ... 68
Abbildung 25: Vereinfachtes regelbasiertes Beispiel... 69
Abbildung 26: Beispiel eines semantischen Netzwerks ... 71
Abbildung 27: Struktur eines Frames... 72
Abbildung 28: Semantisches Netz und Frames... 74
Abbildung 29: Fuzzy-Zugehörigkeitsfunktionen für "Einkommen"... 82
Abbildung 30: Grobstruktur eines wissensbasierten Fuzzy-Systems ... 84

VIII
Abbildung 31: Einsatz von wirtschaftlichen Expertensystem-Anwendungen ... 87
Abbildung 32: Der Forschungsprozess ... 88
Abbildung 33: Konzeption des Forschungsplans ... 90
Abbildung 34: Einsatzstand von wissensbasierten Systemen bei
deutschsprachigen Banken ... 100
Abbildung 35: Anwendungsgebiete... 102
Abbildung 36: Einsatzfelder nach Aufgabentyp... 103
Abbildung 37: Praktischer Einsatz von konstruktiven Aspekten... 108
Abbildung 38: Nutzeffekte von wissensbasierten Systemen ... 110
Abbildung 39: Nutzeffekte von wissensbasierten Systemen
(Expertenbefragung) ... 111
Abbildung 40: Bekanntheitsgrad von CBR-Systemen in der Praxis ... 112

IX
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen ...9
Tabelle 2: Modelle mit Teilaspekten des Wissensmanagements ... 20
Tabelle 3: Beurteilung ausgewählter Modelle des Wissensmanagements ... 36
Tabelle 4: Anreizsysteme... 39
Tabelle 5: Werkzeuge für das Wissensmanagement... 41
Tabelle 6: Basistypen ... 58
Tabelle 7: Beispiel einer Wissensrepräsentation ... 59
Tabelle 8: Beispiel für eine Fallrepräsentation ... 59
Tabelle 9: Wahrheitstafel für logische Operatoren (Junktoren) ... 75
Tabelle 10: Unterscheidung Fallbeispiele und Regeln ... 86
Tabelle 11: Selektionsbedingungen für Adressmaterial... 92
Tabelle 12: Adressmenge für explorative Befragung ... 92
Tabelle 13: Verwendete Datenquelle für Experteninterviews ... 97
Tabelle 14: Fragen für Expertenbefragung... 98
Tabelle 15: Rücklauf der Studie ... 99
Tabelle 16: Aufgaben, welche mit wissensbasierten Systemen unterstützt
werden ... 101
Tabelle 17: konstruktive Aspekte von wissensbasierten Systemen ... 107
Tabelle 18: Nutzeffekte ... 109
Tabelle 19: Systematisierung finanzwirtschaftlicher und bankbetrieblicher
Einzelaufgaben ... 115
Tabelle 20: KI-relevante Problemstellungen in finanzwirtschaftlichen
Aufgabenbereichen... 117
Tabelle 21: Problemfelder der Anlageberatung... 118
Tabelle 22: Eignung von ausgewählten KI-Methoden für die Bewältigung
finanzwirtschaftlicher Problembereiche ... 120
Tabelle 23: CBR und Fuzzy-Theorie als wissensbasiertes System in der
Anlageberatung ... 121

1
1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung
Ein Anlageberater für Privatkunden benötigt einerseits explizites
Produktwissen und andererseits besitzt er ein Großteil an implizi-
tem Wissen (undokumentiertes Erfahrungswissen), welches für
Produktempfehlungen benötigt wird. Die Anlageberatung lebt
von der Wiederverwendung von Erfahrungen aus früheren Bera-
tungsgesprächen. Das größte Potential für eine Bank liegt darin,
wenn diese Erfahrungen der Anlageberater explizit gemacht und
gesammelt werden und an die anderen Berater der Bank weiter-
gegeben werden können. Unter dem Einsatz eines wissensbasier-
ten Systems wäre es möglich, das undokumentierte Erfahrungs-
wissen der Mitarbeiter zu speichern und die zu bearbeitenden
Problemstellungen in der Kundenberatung somit zu standardisie-
ren.
Für die vorliegende Arbeit wurde die These aufgestellt, dass ca-
se-based reasoning (CBR) eine geeignete Problemlösungsmetho-
de für die Entscheidungsunterstützung (EUS) in der Anlagebera-
tung bei Finanzdienstleistungsunternehmen ist. Das Lernen von
den Erfahrungen von anderen Mitarbeitern ist ein bedeutender
Faktor. Es soll geprüft werden, ob es mit Hilfe von CBR-
Systemen möglich ist, das implizite Wissen (undokumentiertes
Erfahrungswissen) von erfahrenen Anlageberatern zu speichern
und für ,,weniger erfahrene" Anlageberater zugänglich zu ma-
chen. Zudem soll geprüft werden, ob die Unsicherheit und die
Komplexität der Entscheidungsfindung mit Hilfe von CBR unter-
stützt werden kann.

2
Ziel der Arbeit ist die Verifikation bzw. Falsifikation der aufge-
stellten Hypothese. Dabei soll die vorhandene Literatur analysiert
werden, Expertenmeinungen eingeholt und eigene Schlüsse ge-
zogen werden.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nach dieser Einleitung soll im ersten Teil der Arbeit auf die
Grundlagen des Wissensmanagements (WM) eingegangen wer-
den. Dabei ist der Begriff Wissensmanagement zu definieren und
eine klare Trennung der Begriffe explizites und implizites Wissen
herbeizuführen. Zudem sollen auf die verschiedenen Modelle und
Dimensionen des Wissensmanagements eingegangen werden.
Im dritten Kapitel werden die Ansätze der Wissensverarbeitung
diskutiert. Besonders sollen die Theorien des fallbasierten Schlie-
ßens (case-based reasoning) erarbeitet werden. Das fallbasierte
Schließen ist dabei zu anderen Ansätzen der Wissensverarbei-
tung abzugrenzen. Die Theorien sind in einer explorativen Studie
und mit Hilfe von Expertenmeinungen zu verifizieren. Der Ablauf
der Studie und dessen Ergebnisse sind in Kapitel vier dargelegt.
Zum Schluss ist in Kapitel fünf das Fazit aufzuzeigen. Die aufge-
stellte These, dass CBR eine geeignete Problemlösungsmethode
für die Entscheidungsunterstützung in der Anlageberatung bei
Finanzdienstleistungsunternehmen ist, soll in diesem Abschnitt
mit Hilfe der Theorie und der Studie verifiziert bzw. falsifiziert
werden. Der Aufbau der Arbeit wird in folgender Abbildung dar-
gestellt.

3
1. Einleitung
- Motivation und Zielsetzung
- Aufbau der Arbeit
2. Wissensmanagement und Entscheidungsunterstützung im
Finanzdienstleistungsbereich
- Wissensmanagement und Handlungsbedarf für Finanzdienstleister
- Gegenstand des Wissensmanagements
- Modelle des Wissensmanagements
- Dimensionen des Wissensmanagements
- Entscheidungsunterstützung in der Anlageberatung
3. Ansätze der Wissensverarbeitung
- case-based reasoning
- regelbasierte Wissensverarbeitung
- Wissensverarbeitung durch Objekte / Frames
- logikbasierte Wissensverarbeitung
- constraintbasierte Wissensverarbeitung
- Wissensverarbeitung von unscharfem Wissem
4. explorative Befragung
- Einsatz von wissensbasierten Systemen bei
deutschprachigen Finanzdienstleistungsunternehmen
- Expertenbefragung
5. Fazit
Abbildung 1: Überblick über den Aufbau der Arbeit

4
2 Wissensmanagement
und
Entscheidungsunterstützung im
Finanzdienstleistungsbereich
2.1 Wissensmanagement und Handlungsbedarf für
Finanzdienstleister
Auch Banken setzen sich mit der Thematik Wissensmanagement
vermehrt auseinander, denn sie sind Veränderungen gegenüber
dem Markt, dem Kunden und dem Wettbewerber ausgesetzt.
Besonders durch die rapiden Entwicklungen der Informations-
technologie wird das überwinden von räumlichen Distanzen und
somit die Globalisierung der Märkte ermöglicht. Geographi-
sche Distanzen spielen auch im Bankenbereich keine Rolle
mehr.
1
Der Finanzmarkt ist durch starken Wettbewerb, globali-
sierte und deregulierte Märkte mit hohem Innovationsdruck ge-
kennzeichnet. Es werden hohe Anforderungen an das Know-how
und die Fähigkeiten der Mitarbeiter im Finanzdienstleistungsbe-
reich gestellt. Die Entscheidungsträger sind in diesem Bereich
mit vielen zeitkritischen Entscheidungen unter Unsicherheit und
mit hoher Komplexität konfrontiert.
2
Das Kundenverhalten hat sich in den letzten Jahren sehr stark
geändert. Die Nähe zur Bank ist aufgrund von modernen Techno-
logien (z.B.: Internetbanking) nicht mehr so von Bedeutung.
3
1
Vgl. (Wilmes 2001), S. 91
2
Vgl. (Weinhardt et al. 1996), S. 8 ff.
3
Vgl. (Wilmes 2001), S. 91

5
Zudem spüren die Banken im Analgebereich auch einen Genera-
tionenwechsel. Die Jugendlichen wachsen mit der Kommunikati-
onstechnologie und dem Internet auf und haben eine andere Ein-
stellung zum Geld. Online-Broker im Internet werden vermehrt
von Jugendlichen genutzt und wurden zu bedeutenden Konkur-
renten für klassische Finanzdienstleistungsunternehmen.
Die Wettbewerbssituation ist auch bei den Banken intensiver
geworden. Wissen intern und extern zu akquirieren, zu generie-
ren, zu verteilen und effizient zu nutzen ist für eine gute Wett-
bewerbssituation notwendig. Es ist notwendig, dass die Mitarbei-
ter zu kompetenten Beratern entwickelt werden.
4
Dies ist insbesondere auch in der Anlageberatung von essentiel-
ler Bedeutung, da Kundenorientierung ein wesentlicher Faktor in
der Anlageberatung darstellt. Die Anlageberater müssen sich den
Kundenbedürfnissen ausrichten, damit die Banken wettbewerbs-
fähig bleiben. Der Service der Anlageberater wird zum
erfolgskritischen Wettbewerbsfaktor.
5
Die Beratungsqualität wird
somit zu einem sehr wichtigen Differenzierungsmerkmal, welches
nur in geringem Umfang durch Preisvorteile kompensierbar ist.
6
4
Vgl. (Wilmes 2001), S. 92
5
Vgl. (Droege & Comp. 1997), S. 14
6
Vgl. (Huther et al. 2001), S. 199

6
2.2 Gegenstand des Wissensmanagements
Seit Mitte der 80er Jahre kam der Begriff des Wissensmanage-
ments auf und heute ist es ein Schlagwort in aller Munde.
7
Das
Wissensmanagement besteht aus den beiden Teilbegriffen ,,Wis-
sen" und ,,Management". Beide Teilbegriffe werden in der Praxis
laufend verwendet, doch gerade der Begriff ,,Wissen" wird unter-
schiedlich interpretiert. Insbesondere wird in der Praxis oft der
Begriff ,,Information" synonym zum Begriff ,,Wissen" gesetzt.
Folgende Abbildung soll die Begriffe ,,Daten", ,,Information" und
,,Wissen" verdeutlichen.
Wissen
Information
Daten
Entschei-
dungs-
wissen
Gestaltungs-
wissen
Fakten-
wissen
Verstehen
Interpretieren
z.B.: 17,00
z.B.: Aktienkurs
1 Titel Wolford = 17,00 Euro
z.B.: Marktmechansimen
des Aktienmarktes
Abbildung 2: Beziehung zwischen Daten, Information und Wis-
sen
Quelle: Vgl. (Buch et al. 2001) S. 192
7
Vgl. (Lehner 2000), S. 225

7
Unter Daten wird eine Zeichenkette wie beispielsweise 17,00
verstanden. Durch die Interpretation dieser Zeichenkette ent-
steht Information. Somit wird interpretiert, dass ein Titel einer
speziellen Aktie zu einem Kurs von 17,00 Euro erworben werden
kann. Informationen sind immer für alle Mitarbeiter in gleicher
Weise zugänglich (z.B.: alle Anlageberater haben Zugriff auf die
nötigen Informationen innerhalb einer Bank ­ beispielsweise mit
Hilfe eines Dokumentenmanagementsystems). Nur wenn der Zu-
sammenhang verstanden wird, entsteht Wissen. Wissen ent-
steht somit durch die Vernetzung von Informationen. Sobald die
Zusammenhänge am Aktienmarkt bewusst bzw. verstanden wor-
den sind, kann mit der Vernetzung von Informationen Wissen
entstehen, und somit durch den Anlageberater eine Entscheidung
getroffen werden. Wissen ist für die Entscheidungsunterstützung
besonders wichtig.
Albrecht definiert den Begriff Wissen treffend als das ,,Ergebnis
der Verarbeitung von Informationen durch das Bewusstsein".
8
Das Wissen und somit die Interpretation dieser Informationen ist
immer an gewisse Personen bzw. an den jeweiligen Anlagebera-
ter gebunden. Da das Wissen an die einzelnen Personen gebun-
den ist, ist das Management dieses Produktionsfaktors sehr wich-
tig, da durch die Fluktuation dieser Anlageberater große Lücken
in einem Unternehmen entstehen.
8
(Albrecht 1993), S. 228

8
Wissen kann in explizites und implizites Wissen unterteilt wer-
den. Unter explizitem Wissen versteht man Wissen, welches in
verbal kommunizierbarer Form vorliegt. Explizites Wissen lässt
sich in Form von Fakten bzw. Regeln beschreiben oder als Erfah-
rungen dokumentieren.
9
Explizites Wissen ist somit artikulierbar
und bezeichnet das in Schriftform festgehaltene Wissen und das-
jenige Wissen, welches von Personen umgehend kommuniziert
werden kann.
Im Gegensatz dazu versteht man unter implizitem Wissen je-
nes Wissen, welches nicht in Worte gefasst werden kann bzw.
von der Qualität des Wissens auch nicht in Worte gefasst werden
kann. Das implizite Wissen wird als Erfahrungsschatz verstan-
den.
10
Oft handelt es sich in den Unternehmen dabei um prakti-
sches Wissen, welches nicht artikulierbar ist.
Folgende Tabelle zeigt die Unterschiede zwischen implizitem und
explizitem Wissen.
9
Vgl. (Schreyögg et al. 1997), S. 71
10
Vgl. (Schreyögg et al. 1997), S. 71

9
Implizites Wissen
Explizites Wissen
Eigenschaften
schwer sprachlich artiku-
lierbar, schwer formali-
sierbar, schwer kommu-
nizierbar, schwer teilbar
formal artikulierbar (Fak-
ten, Sätze, Texte, Re-
geln, mathematische
Ausdrücke, technische
Daten)
Wissensart Erfahrungswissen,
prak-
tisches Wissen, still-
schweigendes Wissen,
Fertigkeiten
Verstandeswissen, theo-
retisches Wissen
Wissensverteilung Weitergabe schwer mög-
lich
Weitergabe problemlos
möglich
Wissensträger
In den Köpfen von Per-
sonen gespeichert.
In Medien gespeichert,
mittels elektronischer
Datenverarbeitung ver-
arbeitbar
Explizierung
Aufwändiger Prozess der
Externalisierung
Dokumentation in Zah-
len, Texten und Bildern
Aneignung
durch gemeinsame Pra-
xis
durch gemeinsames Ler-
nen
Tabelle 1: Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem
Wissen
In der vorliegenden Arbeit ist unter explizitem Wissen sämtliches
Wissen zu verstehen, welches in entsprechender Form (z.B.: Ge-
spräch, Ton, Bild, Text, ... ) dokumentierbar ist. Am Beispiel ei-
nes Anlageberaters in einer Bank wären dies Produktbeschrei-
bungen bzw. Analystenempfehlungen über spezielle Fonds, Akti-
en usw.

10
Implizites Wissen ist im Gegensatz dazu sämtliches Wissen, wel-
ches sich nicht dokumentieren lässt. Das implizite Wissen wird
als undokumentiertes Erfahrungswissen bezeichnet, welches ein
Anlageberater in einer Bank mit langjähriger Kundenberaterer-
fahrung besitzt. Sobald sich implizites Wissen in Form von Tex-
ten, Fakten bzw. Regeln dokumentieren lässt, wird es in explizi-
tes Wissen gewandelt und als explizites Wissen gespeichert.
Implizites Wissen kann in den Unternehmen auch als praktisches
Wissen bezeichnet werden. Explizites Wissen wäre somit das
theoretische Wissen, welches in dokumentierter Form vorliegt.
Hat beispielsweise ein Anlageberater ein Kundenberatungsge-
spräch, so kann er seine Erfahrungen (implizites Wissen) prak-
tisch bei diesem Kunden anwenden. Hat er dabei verschiedene
Berechnungen durchzuführen oder braucht weitere Hilfsmittel, so
kann er auf das theoretische Wissen welches in dokumentierter
Form vorliegt zurückgreifen.
Zudem kann Wissen in privates und kollektives Wissen unter-
schieden werden. Privates Wissen (Individuelles Wissen) liegt
vor, wenn es sich nur bei einzelnen Individuen im Zugriff befin-
det (z.B. ein einzelner Anlageberater). Kollektives Wissen (Or-
ganisatorisches Wissen) ist für mehrere Benutzer zur gleichen
Zeit verfügbar.
11
Zuerst könnte festgestellt werden, dass implizi-
tes Wissen privates Wissen ist, da es in Form von Erfahrungen
vorliegt. Explizites Wissen ist meist auf verschiedenen Datenträ-
gern gespeichert und somit für alle abrufbar. Es könnte sich so-
mit um kollektives Wissen handeln. Es ist aber auch möglich,
dass implizites Wissen in mehreren Köpfen (z.B.: ein Team von
Anlageberatern) verfügbar ist und somit zum kollektiven Wissen
zählt. Explizites Wissen kann durch Verschlüsselung nur für ein
11
Vgl. (Rehäuser et al. 1996), S. 7

11
Individuum verfügbar sein. Es handelt sich somit um privates
Wissen.
12
Die folgende Abbildung zeigt diese verschiedenen Per-
spektiven von implizitem/explizitem und privatem/kollektivem
Wissen. Die Pfeile in der Grafik zeigen die Zielsetzung einer Wis-
sensbasis. Es sollte eine explizite, transparente Wissensbasis mit
einer hohen Verfügbarkeit geschaffen werden.
13
Individuelles Wissen Organisatorisches Wissen
Implizites Wis-
sen
· Expertenwissen
· Erfahrungen, Intu-
ition
· Wissen über Märk-
te, Unternehmen
und Technologien
· Ergebnisse von Mee-
tings, Workshops oder
Brainstorming
· Meta-Wissen: Wissen
über den Umgang mit
Wissen
Explizites Wis-
sen
· Fachzeitschriften
· Fachbücher
· Online-Patent-
Datenbanken
· CD-ROMs
· Lizenzen
· Vielschichtiges Wissen,
verschiedene Quellen
· formalisiert/strukturiert
· hohe Verfügbarkeit und
Transparenz
Abbildung 3: Perspektiven des Wissens
Quelle: (Gentsch 1999), S. 36
12
Vgl. (Rehäuser et al. 1996), S. 7
13
Vgl. (Gentsch 1999), S. 36

12
Zu den Managementaufgaben zählen vor allem: Planung, Or-
ganisation, Führung und Steuerung.
14
Da das Wissen in einem
Unternehmen ein sehr wertvoller Produktionsfaktor ist, muss
diese Ressource gemanagt werden. Deshalb ist Wissensmana-
gement eine neue und sehr wichtige Herausforderung in den Un-
ternehmen und somit auch in den Banken geworden.
Bei der Definition des Begriffes Wissensmanagement gibt es in
der Literatur eine Vielzahl an Definitionen von denen einige we-
sentliche aufgezeigt werden sollen.
,,Wissensmanagement als zielgerichtete Gestaltung organisatio-
naler Lernprozesse basiert darauf, erfolgsrelevantes Wissen zu
identifizieren, zu erzeugen bzw. zu entwickeln, in Verhalten um-
zusetzen, wobei dieses Wissen der Organisation durch geeignete
Diffusions- und Integrations- bzw. Modifikationsprozesse verfüg-
bar und damit nutzbar gemacht wird, woraus sich schließlich die
intendierten Verhaltensalternativen des gesamten Unternehmens
am Markt und die entsprechenden Wettbewerbsvorteile erge-
ben."
15
,,Wissensorientierte Unternehmensführung beinhaltet daher das
Gestalten, Lenken und Entwickeln der organisationalen Wissens-
basis zur Erreichung der Unternehmensziele. Diese Aufgabe bzw.
dieser Prozeß wird auch als Wissensmanagement bezeichnet."
16
14
Vgl. (Hellriegel et al. 1999), S. 8
15
(Reinhardt et al. 1997), S. 147
16
(North 1999), S. 145

13
,,KM is to maximize the enterprise's knowledge-related effective-
ness and returns from its knowledge assets and to renew them
constantly. KM is to understand, focus on, and manage system-
atic, explicit and deliberate knowledge buidling, renewal, and ap-
plication ­ that is, manage effective knowledge processes
(EKP)."
17
"Knowledge management is the process of capturing a com-
pany's collective expertise wherever it resides ­ in databases, on
paper, or in people's heads ­ and distributing it to wherever it
can help produce the biggest payoff."
18
"Knowledge Management involves the identification and analysis
of available and required knowledge, and the subsequent plan-
ning and control of actions to develop knowledge assets so as to
fulfil organisations objectives."
19
Die Definitionen zeigen deutlich, dass es überall um den Begriff
Wissen geht, welcher in entsprechender Form in Unternehmen
vorhanden ist. Bei einer kritischen Betrachtung von verschiede-
nen Definitionen ist bemerkenswert, dass es sich beim Wissens-
management um einen Prozess handelt, der sich meistens an
den Bausteinen des Wissensmanagements nach Probst et al
20
orientiert. Es kommt aus den Definitionen deutlich hervor, dass
das Wissen identifiziert, erworben, entwickelt, verteilt, genutzt
und bewahrt werden muss, um die Unternehmensziele zu errei-
chen.
17
(Wiig 1997), S. 2
18
(Hibbard 1997)
19
(Macintosh 1996)
20
siehe dazu Kapitel 2.3.2

14
Werden diese Definitionen auf die Anlageberatung der Bank an-
gewendet, so hat das Management dafür zu sorgen, dass das
notwendige Wissen zum richtigen Zeitpunkt in der nötigen Men-
ge und Qualität am richtigen Ort verfügbar ist. Zudem muss da-
für gesorgt werden, dass die langjährigen Erfahrungen der Anla-
geberater gespeichert werden um somit einem Wissensverlust
durch Fluktuation der Wissensträger entgegenzuwirken. Um das
Wissensmanagement in der Praxis umzusetzen, wurden ver-
schiedene Konzepte bzw. Modelle des Wissensmanagements
entwickelt, welche im folgenden Abschnitt erläutert werden sol-
len.
2.3 Modelle des Wissensmanagements
2.3.1 Einleitung
Neben den zahlreichen Definitionen von Wissensmanagement
wurden auch zahlreiche Modelle des Wissensmanagements ent-
wickelt. Modelle haben das Ziel, Anhaltspunkte zu geben, damit
man sich den Begriff Wissensmanagement besser vorstellen
kann. Durch die Modelle soll die Komplexität verringert werden
und Orientierung für die Überbrückung von der Theorie bis zur
operativen Einführung geschaffen werden.
21
In diesem Abschnitt soll ein Überblick über die Modelle des Wis-
sensmanagements dargelegt werden, welche in der Praxis be-
reits getestet und auch angewendet wurden.
22
Bei der Betrach-
tung der Modelle wurde festgestellt, dass einzelne Modelle unter-
schiedliche Sichtweisen auf das Wissensmanagement zeigen. Die
verschiedenen Modelle wurden in folgende Cluster eingeteilt:
21
Vgl. (Hilse 2000), S. 72
22
Mit der Auswahl der Modelle wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erho-
ben. Weitergehende Modelle sind in (Hilse 2000), S. 72 ff.; (Lehner 2000), S.
261 ff. zahlreich aufgeführt.

15
· Ganzheitliche Modelle des Wissensmanagements
· Modelle mit Teilaspekten des Wissensmanagements
2.3.2 Ganzheitliche Modelle des Wissensmanagements
Es gibt ganzheitliche Modelle des Wissensmanagements, welche
ein Modell als Gesamtkonzeption der Ressource Wissen im Un-
ternehmen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten se-
hen. In diesem Cluster der ganzheitlichen Modelle werden fol-
gende Modelle näher beschrieben:
· Bausteine des Wissensmanagements nach Probst et al.
(1997)
· Wissensmarkt-Konzept nach North (1999)
Bausteine des Wissensmanagements
Hier handelt es sich um eines der bekanntesten Modelle des Wis-
sensmanagements, welches sich einem klassischen Manage-
mentprozess anlehnt, der sich in drei Teile gliedert:
23
1. Wissensziele definieren
2. Prozess um Wissensbasis transparent zu machen
3. Ergebnis bewerten
Folgende Abbildung verdeutlicht diesen Kreislauf des Wissens-
managements nach Probst et al.
23
Vgl. (North 1999), S. 153

16
Wissens-
identifikation
Wissensziele
Wissens-
bewahrung
Wissens-
erwerb
Wissens-
nutzung
Wissensent-
wicklung
Wissens-
(ver)teilung
Wissens-
bewertung
Feedback
Abbildung 4: Bausteine des Wissensmanagements
Quelle: (Probst et al. 1997a), S. 56
Die Bildung von Wissenszielen definiert richtungsweisende Ak-
tivitäten des Wissensmanagements. Es wird festgelegt, auf wel-
chen Ebenen welche Fähigkeiten aufgebaut werden sollen. Nor-
mative Wissensziele beziehen sich auf eine geeignete und wis-
sensbewusste Unternehmenskultur. Strategische Wissensziele
definieren das Kernwissen und den zukünftigen Kompetenzbedarf
von Unternehmen. Operative Wissensziele dienen der operativen
Umsetzung des Wissensmanagements und somit in der Konkreti-
sierung der normativen und strategischen Ziele.
24
24
Vgl. (North 1999), S. 153

17
Die Wissensidentifikation dient dazu, interne und externe
Transparenz zu schaffen. Diese Transparenz ist notwendig, um
einen Überblick über interne und externe Daten, Informationen
und Fähigkeiten zu bekommen. Dies kann mittels Wissensland-
karten
25
unterstützt werden. Beim Wissenserwerb werden ex-
terne Fähigkeiten eingekauft. Dies erfolgt beispielsweise durch
Rekrutierung von Spezialisten, Kooperationen mit innovativen
Firmen usw. Die Wissensentwicklung ist das Gegenteil vom
Wissenserwerb, denn bei diesem Baustein geht es darum, neues
Wissen, Fähigkeiten, neue Produkte, bessere Ideen und effizien-
tere Prozesse im Unternehmen aufzubauen. Der Baustein der
Wissensverteilung beschäftigt sich mit der Frage, wie das Wis-
sen an den richtigen Ort gebracht wird. Dabei ist zu klären, wel-
che Mitarbeiter welches Wissen in welchem Umfang benötigen,
und wie der Prozess der Wissensverteilung erfolgen kann. Erfah-
rungen müssen verteilt werden, damit sie von der gesamten Or-
ganisation genutzt werden können. Bei der Wissensnutzung
muss sichergestellt werden, dass die organisationale Wissensba-
sis auch genutzt wird. Zum Schluss muss noch die Frage geklärt
werden, wie sich das Unternehmen von Wissensverlusten schüt-
zen kann. Dies ist Aufgabe der Wissensbewahrung. Durch Re-
organisationen, Entlassungen, Pensionierungen und fehlende Ak-
tualisierung des Wissens kann Wissen aus dem Unternehmen
verloren gehen. Dazu ist es notwendig, dass das Wissen bzw. die
Erfahrungen der Mitarbeiter in einer Wissensbasis aufbewahrt
werden.
26
In der Wissensbewertung werden die gesetzten normativen,
strategischen und operativen Wissensziele auf deren Erreichbar-
keit gemessen.
25
Vgl. (Probst et al. 1997), S. 135
26
Vgl. (Probst et al. 1997a), S. 52 ff.

18
Das Wissensmarkt-Konzept
Das Modell nach North basiert auf der Annahme, dass das Wis-
sen ,,als knappe Ressource nur unter Betrachtung von marktori-
entierten Mechanismen innerhalb von Unternehmen und unter-
nehmensübergreifend wettbewerbwirksam entwickelt und ge-
nutzt werden kann."
27
Das Modell beinhaltet die Gestaltung der
Rahmenbedingungen, baut Marktmechanismen auf und definiert
die Medien und Träger des operativen Wissensmanagements.
28
Bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen müssen das Unter-
nehmensleitbild, Führungsgrundsätze und Anreizsysteme die
Werte des Unternehmens wiederspiegeln. Wichtig ist dabei, dass
die Unternehmenswerte vom Management der Firma über alle
Führungskräfte bis hin zu allen Mitarbeitern gelebt werden. Da-
mit die Werte des Unternehmens täglich gelebt werden können,
wird das erwünschte Führungskräfteverhalten beschrieben und
das Ist-Verhalten an der Soll-Vorstellung gemessen. Im Beurtei-
lungs- und Vergütungssystem soll der Gesamterfolg des Unter-
nehmens honoriert werden (z.B.: Vergütung mit Hilfe von Akti-
enoptionen auf das Unternehmen). Bei der Definition der Spiel-
regeln wird ein Wissensmarkt geschaffen (Zusammenwirken von
Wissensnachfragern und Wissensanbietern) und anspruchsvolle
Ziele gesetzt (z.B.: 25 % des Umsatzes muss von Produkten
stammen, die jünger als 5 Jahre sind). Aufgrund dieser ehrgeizi-
gen Unternehmensziele werden mitunter neue Lösungen entwi-
ckelt und Innovationen ausgelöst. Als Prinzipien für die Schaf-
fung des Wissensmarktes können drei verschiedene Spielregeln
entwickelt werden. Das Interessen-Cluster-Prinzip dient dazu,
gemeinsame Interessen zu finden. Beim Leuchtturm-Prinzip wird
27
(North 1999), S. 160
28
Vgl. (North 1999), S. 160

19
Wissenstransparenz sowie Best Practices geschaffen. Das Push-
and Pull-Prinzip ermöglicht es, das Wissen nutzerspezifisch ver-
fügbar zu machen. Zur operativen Umsetzung des Wissensmark-
tes werden Träger (Personen, Netzwerke, Prozesse, Organisati-
onseinheiten) sowie Medien, welche Informationen speichern und
transportieren definiert.
29
Folgende Abbildung zeigt diese drei
Schritte nochmals in übersichtlicher Form.
Rahmenbedingungen
gestalten und steuern
Spielregeln des Wis-
sensmarktes anwenden
Prozesse, Strukturen des
operativen Wissens-
managements gestalten
und steuern
,,Unternehmensleitbild, Füh-
rungsgrundsätze und Anreiz-
systeme"
1.1 Verankerung des Wissens-
managements im Unter-
nehmensleitbild
1.2 Erwünschtes Führungskräf-
teverhalten beschreiben,
Ist-Verhalten daran mes-
sen, Auswahl und Förde-
rung gemäß erwünschtem
Verhalten
1.3 Im Beurteilungs- und Ver-
gütungssystem Kooperation
und Gesamterfolg des Un-
ternehmens honorieren
,,Marktwert für Wissen"
2.1 Wissensmarkt
schaf-
fen: anspruchsvolle
Ziele setzen und Er-
füllung messen
2.2 Marktausgleichme-
chanismen wirksam
werden lassen
· Interessen-
cluster-Prinzip
· Leuchtturm-
Prinzip
· Push- und Pull-
Prinzip
,,Träger und Medien"
3.1 Konzeption von Wis-
sensintegrationspro-
zessen
3.2 Umsetzen der Prozes-
se durch
· Akteure des Wis-
sensmanagements
· Medien und Orga-
nisationsstrukturen
(insbesondere
Netzwerke)
· Informationstech-
nische Infrastruk-
tur
Abbildung 5: Das Wissensmarkt-Konzept
Quelle: (North 1999), S. 223
29
Vgl. (North 1999), S. 223 ff.

20
2.3.3 Modelle mit Teilaspekten des Wissensmanagements
Die Mehrheit der dargestellten Konzepte konzentrieren sich auf
einzelne ausgewählte Teilaspekte des Wissensmanagements und
der Prozess des Wissensmanagements wird nicht ganzheitlich
betrachtet. Folgende Modelle sollen näher beschrieben werden
und es soll gezeigt werden, dass einzelne Teilaspekte des Wis-
sensmanagements nicht bzw. zu wenig berücksichtigt werden.
Modell
Fehlender Teilaspekt des WM /
Konzentration auf Teilaspekte
Modelleigner
Modell des integra-
tiven Wissensma-
nagements
-
wenig Hilfestellung für operatives
Wissensmanagement
Reinhardt &
Pawlowsky
(1997)
Lebenszyklusmodell
des Managements
der Ressource Wis-
sen
-
technokratisches Wissensmanage-
ment (IT steht im Vordergrund)
Rehäuser &
Krcmar (1996)
Vier Akte zum Wis-
sensmanagement
-
Zusammenhang zwischen Unter-
nehmenszielen und Wissenszielen
kaum dargestellt
Schüppel (1996)
Management nicht-
finanzieller Res-
sourcen
-
strategisches Management steht im
Vordergrund
Morin (1985)
Systemisches Wis-
sensmanagement
-
Modell zur Schaffung einer
organisationalen Wissensbasis
Willke (1998)
Die Spirale des Wis-
sens
-
Modell der Wissensgenerierung
Nonaka & Ta-
keuchi (1995)
The knowledge
management cycle
- Modell des organisationalen Ler-
nens
Van der Spek &
Spijkvert (1999)
Tabelle 2: Modelle mit Teilaspekten des Wissensmanagements

21
Modell des integrativen Wissensmanagements
Mit diesem Modell von Reinhardt und Pawlowski sollen die kon-
zeptionellen Voraussetzungen für ein integratives Wissensmana-
gement gesetzt werden. Das Modell des integrativen Wissens-
managements beschreibt in vier Phasen den Kreislauf vom orga-
nisationalen Lernen. Dieser Kreislauf soll folgende Abbildung ver-
deutlichen.
Identifikation
Messen /
Überwachen
Generierung
Integration
Modifikation
Aktion
Diffusion
Abbildung 6: Organisationales Lernen als integratives Wis-
sensmanagement
Quelle: (Reinhardt et al. 1997), S. 148
Die Phase 1 beinhaltet die Identifikation und Generierung von
relevantem organisationalen Wissen. Dabei wird das Unterneh-
mensumfeld und die Nutzung der gewonnenen Informationen
analysiert. Zudem wird neues Wissen innerhalb der Organisation
generiert. Dies erfolgt durch Kombination von verteiltem indivi-
duellem Wissen, was eine Kernkompetenz im Hinblick auf die
Entwicklung von Lösungen für Kundenbedürfnisse darstellt. In
der Phase 2 erfolgt die Diffusion organisationalen Wissens. Da-
mit Wissen in der Organisation zugänglich gemacht werden kann
muss ein Austausch dieses Wissens erfolgen. Deshalb wird in
dieser Phase untersucht, welche Kommunikationskanäle inner-

22
halb der Organisation existieren und wie diese Kommunikations-
kanäle genutzt werden. Außerdem wird analysiert, welche Kom-
munikationsformen den Austausch innerhalb der Organisation
prägen und welche Kommunikationsbarrieren vorhanden sind.
30
Die Modifikations- bzw. Integrationsphase (Phase 3) beschäftigt
sich mit der Frage, ,,wie viel Abweichungen von den eigenen
Handlungstheorien bzw. Widerspruch ein Wissenssystem ,,ertra-
gen" kann, ohne sich verändern zu müssen".
31
Informationen
bzw. Wissenselemente können ignoriert werden (Wissenssystem
wird nicht verändert), integriert werden (als neue Prinzipien in
die Handlungstheorie der Organisation aufgenommen) oder sie
geben Anlass zur Modifikation des gesamten Wissenssystems. In
Phase 4 entscheidet sich, ob bzw. welche Verhaltenskonsequen-
zen die Wissenssysteme aus dem neuen Wissen ziehen. In dieser
Aktionsphase muss geklärt werden, wie das Wissen in Verhalten
umgesetzt werden kann, wie Einsichten und Erkenntnisse hand-
lungswirksam werden, welche Blockaden möglicherweise existie-
ren, so dass Ideen und Erneuerungen nicht in Verhalten umge-
setzt werden kann, ob beispielsweise das betriebliche Anreizsys-
tem die Umsetzung der Neuerungen blockiert und inwieweit die
Möglichkeit besteht, neuere Verhaltensweisen zu erproben.
32
Aufgrund der Komplexität dieses Modells soll ein Beispiel von R.
Reinhardt und P. Pawlowsky wiedergegeben werden.
30
Vgl. (Reinhardt et al. 1997), S. 149 ff.
31
(Reinhardt et al. 1997), S. 150
32
Vgl. (Reinhardt et al. 1997), S. 149 ff.

23
,,1. Ein Mitglied der Geschäftsleitung identifiziert aufgrund von Marktdaten einen
Handlungsbedarf, um die eigene Wettbewerbssituation zu sichern.
2. In mehreren Meetings mit seinen Kollegen
3. wird ein Konsens über einzuleitende Massnahmen erzielt.
4. Im Mittelpunkt dieser Massnahme steht die Einbeziehung aller Mitarbeiter in der
Gesamtorganisation,
5. um deren spezifisches Know-how systematisch nutzen und ­ zumindest für die
Geschäftsleitung ­ neues Wissen generieren zu können.
6. Auf der Basis der Daten einer unternehmensweit durchgeführten Mitarbeiterbefra-
gung erarbeiten alle Gruppen jeweils gemeinsame Vorstellungen für notwendige
Verbesserungen,
7. setzen diese, soweit sie in ihrem Verantwortungsbereich liegen, selbst um
8. und machen Vorschläge für bereichsübergreifende Verbesserungsprozesse, die an
die Geschäftsleitung weitergeleitet werden,
9. die auf der Basis einer gemeinsamen Perspektive über unterschiedliche Verbesse-
rungsprojekte beschliesst,
10. die wiederum von den betroffenen Abteilungen bzw. Bereichen umgesetzt werden,
11. was nachhaltig von einer Modifikation der organisationalen Wissensbasis und
12. zu einer Verbesserung der Wahrnehmungsfähigkeit der Organisation führt."
33
Lebenszyklusmodell des Wissensmanagements
Dieses Modell ist vor allem ein technokratisches Modell zur Ver-
arbeitung von explizitem Wissen und wurde deshalb den Model-
len der Informations- und Kommunikationstechnologie zugeord-
net. Das Lebenszyklusmodell organisiert das Management der
Ressource Wissen in einem typischen Lebenszyklus, welcher sich
in fünf Phasen unterteilt. Hinter diesen fünf Managementphasen
stehen mehrere Prozesse. Die Inhalte werden in einer prozessua-
len, technikgetriebenen Sichtweise aufgezeigt, um deren Zu-
sammenhänge und deren einsetzbaren Werkzeuge im Prozessab-
lauf darstellen zu können. Folgende Abbildung zeigt das Lebens-
zyklusmodell des Wissensmanagements.
34
33
(Reinhardt et al. 1997), S. 152
34
(North 1999), S. 157

24
Abbildung 7: Lebenszyklusmodell des Managements der Res-
source Wissen
Quelle: Vgl. (Rehäuser et al. 1996), S. 20
Der Lebenszyklus beginnt mit der Phase des Managements der
Wissens- und Informationsquellen. Dies beinhaltet das Er-
kennen und Erheben von Wissen, welches noch nicht in die Wis-
sensträger und Informationsressourcen eingegangen ist. Das
Management der Wissensträger und Informationsressour-
cen dient zur Darstellung und Speicherung des aufgespürten
Wissens. Spätestens mit der Wissensrepräsentation sind
Zugriffsmöglichkeiten (physischer und intellektueller Zugang) zu
definieren. Zudem ist für die Pflege des Wissens und die In-
standhaltung der elektronischen Wissensträger zu sorgen. In der
Phase des Managements des Wissensangebotes ist das Wis-
sen bereitzustellen, welches für die Lösung auftretender wis-
sensorientierter Probleme notwendig ist. Es wird ein Wissensan-
gebot erzeugt, welches an potentielle Wissensbenutzer weiterge-
geben wird. Bei der Weitergabe werden die Wissenselemente
und Informationen aufbereitet und erhalten durch analysieren,
umordnen, reproduzieren, reduzieren und verdichten eine Wert-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832470326
ISBN (Paperback)
9783838670324
DOI
10.3239/9783832470326
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Liechtenstein – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,8
Schlagworte
expertensystem erfahrungsmanagement
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