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Aufbau, Struktur und Bewertung von mechanischen Handelssystemen für Aktien- und Futuresmärkte

©2000 Diplomarbeit 111 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Ziel dieser Arbeit war es, den Aufbau eines Handelssystems sowie die verschiedenen Ansätze zu erläutern. Anhand eines Beispieles wurden die theoretischen Kenntnisse angewandt und ein System von der Idee bis zur Marktreife Schritt für Schritt entwickelt.
Zusammenfassend kann als Ergebnis der vorliegenden Arbeit behauptet werden, dass Handelssysteme eine gute Anlageform darstellen. Vor allem in trendstarken Wachstumsmärkten wie Neuer Markt oder Nasdaq bieten Handelssysteme eine sehr gute Alternative zu konventionellen Anlagestrategien. Da das computerized Trading auch bei professionellen Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften immer mehr Einzug hält, wird in naher Zukunft vielleicht der Computer dem Menschen mehr und mehr die Anlageentscheidungen abnehmen und so für ein ruhigeres, emotionsloseres und weniger volatileres Marktverhalten sorgen. Große Marktübertreibungen, verursacht von der Gier des Menschen sowie große Kurseinbrücke, ausgelöst von den panikartigen Verkäufen der verlustfürchtenden Anlegern könnten somit der Vergangenheit angehören.
Vollautomatische Handelssysteme, die nach fundamentalen Grundsätzen sowie technische Gesichtspunkten agieren, dürften schon bald das Börsengeschehen mitbestimmen. Das Berufsfeld des Fondsmanagers oder Anlageberaters würde sich zum Handelssystementwickler verlagern.
Eine Warnung sei hier jedoch ausgesprochen. All denjenigen, die nach einer Geldmaschine suchen, die gerade im Intraday-Bereich mit geringem Kapitaleinsatz hohe Gewinne erwirtschaftet, möchte ich eine Rat mitgeben.
Vor allem im Terminmarkt entsteht kein Geld. Das Geld, das ein Marktteilnehmer gewinnt, muss ein Anderer verlieren. Es findet keine Wertschöpfung statt und es wird keine Dienstleistung erstellt. Letzten Endes wird das Geld nur von einem zum nächsten „verschoben“.
Daher funktioniert es auch nicht, dass ein Großteil der Marktteilnehmer vom Trading leben kann, wie dies die aus dem Boden geschossenen Daytrading-Center propagieren. 95 Prozent aller Marktteilnehmer verlieren im Langzeitvergleich ihr Kapital im Futures-Trading. Diejenigen, die zu den 5 Prozent gehören die wirklich das große Geld machen, meinen Glückwunsch. Dem Rest möchte ich aber die Illusion vom schnellen Geld nehmen und den Trostspruch bei evtl. entstehenden Verlusten vor ab schon einmal mit auf den Weg geben : „Geld geht niemals verloren, es hat immer nur ein Anderer“.
Eine solide Anlagestrategie mit Aktien, die eventuell von einem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7022
Keller, Bernhard: Aufbau, Struktur und Bewertung von mechanischen Handelssystemen
für Aktien- und Futuresmärkte
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2000
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
Inhaltsverzeichnis
Seite I - 1
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
I ­ 1
Einführung
E ­1
1 Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
1 ­ 1
1.1 Systeme in unserer Gesellschaft
1 ­ 2
1.2 Der Handelsansatz in einem System
1 ­ 2
1.2.1
Charttechnische
Ansätze 1 ­ 2
1.2.2
Markttechnische
Ansätze
1 ­ 3
1.3 Die Konsequente Umsetzung eines Handelsansatzes
1 ­ 4
1.4 Die Subjektivität des Traders
1 ­ 5
1.5
Die
Psyche
des
Trades
1 ­ 6
1.6 Die Performance eines Handelsansatzes
1 ­ 7
Literatur ­ und Quellenverzeichnis für Kapitel 1
1 ­ 8
2
Das
Systemdesign
2 ­ 1
2.1
Die
Ansätze 2 ­ 1
2.2
Die
Idee
2 ­ 4
2.2.1
Try
and
Error-Verfahren 2 ­ 5
2.2.2
Vermutung
2 ­ 5
2.2.3
Grundsätzliches
2 ­ 6
2.3
Das
Regelwerk
2 ­ 7
2.4
Die
Software
2 ­ 8
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 2
2 ­ 9
3
Einstiegsstrategien
3 ­ 1
3.1
Verschiedene
Zeithorizonte
3 ­ 1
3.2 Einstieg durch ein Moving Average-System
3 ­ 3
4 Ausstiegsstrategien
4 ­ 1
4.1
Die
Stop-Problematik
4 ­ 1
4.2 Initial Risk Stop / Money-Management Stop
4 ­ 2
4.2.1
Dollar
Stop
4 ­ 2
4.2.2
Volatility
Stop
4 ­ 3
4.2.3 Zusammenfassung Initial Risk Stop
4 ­ 3
4.3
Break-Even
Stop
4 ­ 3
4.4
Target
Stop 4 ­ 4
4.5
Der
Timing
Stop
4 ­ 5
4.6
Der
Trailing
Stop
4 ­ 6
4.7
Momentum
Stop
4 ­ 6
4.8
Parabolic
Stop
4 ­ 7
4.9
Zusammenfassung 4 ­ 9
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 4
4 ­ 10
5 Testverfahren und Kennzahlen von Handelssystemen
5 ­ 1
5.1
Der
Systemtest
5 ­ 1
5.2
Das
Papertrading
5 ­ 2
5.3
Performancekennzahlen
5 ­ 3
5.3.1
Der
Nettogewinn 5 ­ 3
5.3.2
Return
on
account
5 ­ 3
5.3.3
Profit
Faktor
5 ­ 4

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
Inhaltsverzeichnis
Seite I - 2
5.3.4
Trefferquote
5 ­ 4
5.3.5
Risk-Reward-Ratio
5 ­ 4
5.4
Risikokennzahlen
5 ­ 5
5.4.1
Risk
of
Ruin-Ratio
5 ­ 5
5.4.2
Maximum
Intraday
Drawdown
5 ­ 5
5.5
Stabilitätskennzahlen
5 ­ 5
5.5.1
Durchschnittliche
Transaktionen
5 ­ 5
5.5.2
Größter
Einzelgewinn
5 ­ 6
5.5.3
Gewinn/Verlust
Verteilung
5 ­ 6
5.5.4
Equity-Analyse
5 ­ 6
5.6
Zusammenfassung 5 ­ 6
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 5
5 ­ 7
6
Systemoptimierung
6 ­ 1
6.1
Curve
Fitting
6 ­ 1
6.2
Der
Vorgang
einer
Optimierung
6 ­ 1
6.3
Der
Optimierungsreport
6 ­ 2
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 6
6 ­ 4
7
Money-
und
Riskiomanagement
7 ­ 1
7.1
Risiko-Management
7 ­ 1
7.2 Grundlagen des Money-Managements
7 ­ 2
7.3
Money-Management-Modelle
7 ­ 3
7.3.1 Gewinner- und Verlierer-Serien
7 ­ 3
7.3.1.1
Martingale
7 ­ 3
7.3.1.2
Anti-Martingale
7 ­ 3
7.3.1.3 Zusammenfassung Martingale / Anti-Martingale 7 ­ 3
7.3.2
Fixed
Unit
7 ­ 4
7.3.3
Fixed
Fractional
7 ­ 4
7.3.4
Optimal
f 7 ­ 4
7.3.5
Secure
f
7 ­ 6
7.3.6
Fixed
Ratio
Trading
7 ­ 7
7.3.7
Equity
Trading
7 ­ 8
7.3.7.1 Gleitende Durchschnitte auf Equity
7 ­ 8
7.3.7.2
Equity
Channel 7 ­ 8
7.3.7.3
Equity-Performance
7 ­ 9
7.3.7.4 Underwater-Equity-Shutdown
7 ­ 9
7.3.7.5 Zusammenfassung der Equity-Strategien
7 ­ 9
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 7
7 ­ 9
8
Trendfolgende
Systeme
8 ­ 1
8.1 Einfach gewichteter Gleitender Durchschnitt
8 ­ 1
8.2 Kombinationen aus Gleitenden Durchschnitten
8 ­ 2
8.3
Adaptive
Moving
Average 8 ­ 4
8.4
Indikatoren-Kombinationen
8 ­ 6
8.5
Zusammenfassung 8 ­ 8
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 8
8 ­ 9
9 Break-Out-Systeme
9 ­ 1
9.1
Envelope-Bänder
9 ­ 1
9.2
Bollinger
Bänder
9 ­ 2
9.3
Keltner
Channel
9 ­ 4
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 9
9 ­ 5
10 Volumen-Systeme
10 ­ 1
10.1
Umsätze
/
Volumen
10 ­ 1

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
Inhaltsverzeichnis
Seite I - 3
10.2
Open
Interest
10 ­ 2
10.3
On-Balance-Volume
10 ­ 2
10.4
Money-Flow-Index
10 ­ 4
10.5
Zusammenfassung
10 ­ 5
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 10
10 ­ 6
11 Pattern-Systeme
11 ­ 1
11.1
Seasonals 11 ­ 1
11.2
Time
Pattern
11 ­ 1
11.3
Candlestick-Pattern
11 ­ 2
11.3.1
Die
Candlestick-Formationen
11 ­ 4
11.3.2 Einsatz der Candlestick-Patterns
11 ­ 7
11.4
Zusammenfassung
11 ­ 8
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 11
11 ­ 8
12 Die Entwicklung eines Handelssystems
12 ­ 1
12.1
Grundüberlegung 12 ­ 1
12.2
Der
Indikator
12 ­ 2
12.3
Das
System
12 ­ 4
12.3.1
Die
Programmierung
12 ­ 4
12.3.2
Signalfilter
12 ­ 5
12.3.3
Stoptechniken
12 ­ 6
12.3.3.1
Verlustbegrenzungsstop
12 ­ 6
12.3.3.2
Gewinnabsicherung
12 ­ 7
12.4
Optimierung
und
Systemtest
12 ­ 8
12.4.1 Ergebnisse der Testreihen
12 ­ 9
12.4.2 Systemkennzahlen der Testreihen
12 ­ 11
12.5
Das
Money-Management 12 ­ 11
12.6
Die
Tradinginstrumente
12 ­ 12
12.7
Papertrading
12 ­ 13
12.8
Der
Einsatz
12 ­ 13
12.9 Resumeé des BK-Trendy-Systems
12 ­ 13
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 12
12 ­ 13
Zusammenfassung
und
Ausblick
Z ­ 1
Anhang
A ­ 1
1. Listings
A ­ 1
1.1 Listing für den KAMA­ Indikator
A ­ 1
1.2 Listing für den Aroon-Indikator
A ­ 1
1.3 Listing für den Keltner-Channel
A ­ 1
1.4 Listing für den Indikator BK-Trendy
A ­ 2
1.5 Listing für das System BK-Trendy
A ­ 2
2. Tabellenblätter für ein Berechnungsbeispiel von Optimal f
A ­ 2

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
Einführung
Seite E - 1
Einführung
Die Aktienkultur in Deutschland hat sich in den letzten 4-5 Jahren stark verändert. Vor allem
Privatanleger verwalten jetzt ihr Kapital selbst und legen dieses an der Börse an. Nicht zuletzt
das Wachstumssegment Neuer Markt hat hier eine entscheidende Rolle gespielt. Viele
Anleger wurden durch hohe Gewinne angelockt und manche von ihnen durch Verluste auch
wieder verscheucht.
Da viele Kleinanleger oftmals Aktien nach Sympathie kaufen und teilweise nicht einmal
näher Informationen über das Unternehmen haben, stellt sich die Frage, nach welcher
Strategie sollte man seine Kauf- und Verkaufsentscheidungen fällen ?
Hier kann die Technische Analyse eine gute Antwort bieten. Die wichtigste Grundtheorie in
der Technischen Analyse besagt, dass alle Informationen, die bekannt sind, schon in den
Kursverlauf eingepreist sind und somit nur noch der Chartverlauf betrachtet werden muss.
Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, im Prinzip befinden wir uns aber im heutigen
Internetzeitalter schon in einem sehr informationseffizienten Markt, d.h. die Marktteilnehmer
wissen binnen kurzer Zeit über die Neuigkeiten und Meldungen der börsennotierten
Unternehmen Bescheid und können daraufhin entsprechend handeln.
Nun spielt eigentlich nur noch die Psyche eine Rolle. Gier, Angst vor Verlusten oder das
Hoffen, die Aktien kommen schon wieder sind hier die zentralen Fehlerquellen und ver-
ursachen häufig ein irrationales Verhalten.
Aus dieser Überlegung heraus ist die Automatisierung der Technischen Analyse eine
vernünftige Konsequenz. Eben dies kann in einem Handelssystem realisiert werden.
Thema dieser Diplomarbeit ist es daher, wie sind Handelssysteme überhaupt aufgebaut ?
Welche Arten von Ansätzen für Handelssysteme gibt es und wie kann man einen
erfolgreichen Ansatz erkennen ? In Kapitel 12 dieser Arbeit wird anhand eines Beispieles
die Theorie der vorausgegangenen Kapitel umgesetzt und ein Handelssystem von der ersten
Idee bis zum Praxiseinsatz entwickelt.

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 1
1 Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
1.1 Systeme in unserer Gesellschaft
Rien ne va plus ­ Nichts geht mehr. Diese Phrase spricht der Croupier kurz bevor die Kugel
in den Kessel fällt, um dann über Gewinn oder Verlust zu entscheiden. Jeder, der das
Casinoflair schon einmal erlebt hat, wird diesen Spruch kennen. Roulette ist eines der
faszinierendsten Glücksspiele die es gibt. Die Höhe des Einsatzes und die Chance können frei
gewählt werden. Dies ermöglicht eine Vielzahl von Setzvarianten und Spielsystemen.
Es gibt ganze Firmen und Verlage, die sich ausschließlich mit der Entwicklung von Roulette-
systemen beschäftigen. Den Zufall ­ oder sagen wir Glück, denn das ist es letztendlich auch ­
zu berechnen, dieser Traum bewegt die Menschen schon seit langem.
Eine bekannte Spielvariante ist sicherlich das Progressieren auf einfache Chancen. Man setzt
beispielsweise auf Rot, doch es fällt Schwarz. Der Einsatz wird verdoppelt und wieder auf
Rot gesetzt. Dies wird solange wiederholt, bis tatsächlich Rot fällt oder die Progression
aufgrund des zu hohen Kapitalbedarfs oder des Tischlimits zu Ende ist. Dies würde dann
einen Totalverlust bedeuten. Bei einem Gewinn wird das Doppelte des Einsatzes ausbezahlt.
Zieht man nach dem positiven Ausgang des Spielsystems die Verluste ab, so bleibt noch der
Betrag, der beim ersten Mal gesetzt wurde, als Gewinn übrig. In der Regel entspricht dies
einem Stück.
Wartet man noch eine ,,Sonderchance" ab, bis beispielsweise 12-mal nacheinander Schwarz
gefallen ist, um dann mit einer Progression auf Rot das Spielsystem zu beginnen, so erscheint
dies als eine attraktive Gewinnchance.
Leider ist dem nicht so. Der Schein trügt. Es ist zwar richtig, dass alle Zahlen im Roulette, auf
eine längere Zeitperiode gesehen, gleich oft getroffen werden, sich somit normalverteilt
verhalten ­ dies kann aber im Casino aufgrund der zu kurzen Spielphasen nicht ausgenützt
werden. Statistisch betrachtet ist die Chance, dass nach einer Serie von 12-mal Schwarz
danach die Rot kommt, genauso groß, wie zu Beginn der Schwarzserie. Lediglich die Länge
der Serien nimmt ab ­ je länger eine Serie ist, desto seltener tritt sie auf. Die
Wahrscheinlichkeit, dass nach 12-mal Schwarz noch ein 13tes mal Schwarz kommt,
verringert sich bei jedem Wurf, um den Faktor von 0,5. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass
nach einer 12er Serie noch weitere 10-mal Schwarz folgt. Lange Serien sind selten, kommen
aber dennoch vor. Das ist eine statistische Gewissheit.
Deshalb können solche ,,Sonderchancen" langfristig nicht ausgenutzt werden, denn je mehr
Spiele gemacht werden, desto näher rückt die statistische Wahrscheinlichkeit eines
Totalverlustes ­ der Systemspieler ist dann auf der Verliererseite.
Der Hauptgrund, warum im Casino statistisch gesehen immer verloren wird, beruht auf der
Berechnung des Gewinns. Im Roulette gibt es 37 Zahlen, von 0-36. Wenn auf eine Zahl
(=Plain) gesetzt wird, dann erhält der Spieler bei einem Gewinn, nur das 36-fache des
gesetzten Betrages, das 37-fache würde ihm zustehen. Die Spielbank behält immer 1 Stück für
sich, dies entspricht 2,7 Prozent. Statistisch ausgedrückt verliert ein Spieler bei jedem Wurf,
im Roulette Coup genannt, 2,7 Prozent seines Einsatzes.
Bei einfachen Chancen, wie bei Schwarz und Rot, sieht es etwas besser aus. Hier verliert der
Spieler ,,nur" 1,35 Prozent seines Einsatzes.

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 2
Somit spielt es keine Rolle, ob auf Plain, Transversalen, Kolumnen, Dutzende oder einfache
Chancen gesetzt wird. Statistisch gesehen verliert man immer.
Glücksspiele können nicht mit einem System berechnet werden, da der Zufall nicht
ausgenutzt werden kann.
Dieses Beispiel soll zeigen, dass überall dort, wo in unserer Gesellschaft Unsicherheiten
herrschen, Systeme zum Einsatz kommen. In Systemen können Strategien entwickelt und
erprobt werden. Das Testergebnis aus der Vergangenheit ist bei einem richtigen Systemdesign
in vielen Fällen auch auf die Zukunft übertragbar. Der Unsicherheitsfaktor kann durch eine
statistische Größe ersetzt werden. Durch das gelieferte Systemergebnis wird die Rentabilität
der Systeme und des Einsatzgebietes abgewogen und ein Engagement eingegangen ­ oder
nicht.
Hauptziel der Systeme ist es somit, das Risiko zu vermindern, die Trefferquote zu erhöhen
und den Gewinn zu steigern.
An der Börse sind die Aussichten für ein erfolgreiches Handelssystem gut, da die Börse nicht
auf Zufall, sondern zu 90 Prozent auf Psychologie, Phantasie, Erwartungen und zu 10 Prozent
auf wirtschaftlichen Zusammenhängen basiert. Diese sind in einem Chart dargestellt und
können in Gesetzmäßigkeiten abgeleitet werden. Das ist die Grundlage für Handelssysteme in
Aktien, Derivaten und Futuresmärkten.
1.2 Der Handelsansatz in einem System
Um an der Börse langfristig erfolgreich zu sein, bedarf es eines Handelsansatzes.
Börsianer, die intuitiv und emotional agieren, sind vom Glück abhängig ­ und das verlässt
jeden einmal.
Nur derjenige, der ein Konzept und eine klare Vorgehensweise hat, kann langfristig
erfolgreich sein. Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch erfolgreiche
intuitiv agierende Trader gibt, aber solche Menschen sind und bleiben Unikate.
Denn Glück oder Unglück liegt nirgends näher beieinander wie an der Börse. Das Glück und
das Können des Traders stehen hier täglich auf dem Prüfstand.
An dieser Stelle soll nur kurz auf den Bereich eingegangen werden, aus dem die wichtigsten
mechanischen Handelsansätze stammen ­ der Bereich der Technischen Analyse.
Aus der Entwicklung vergangener Kurszeitreihen die zukünftige Entwicklung abzuleiten ­
das ist die Aufgabe der Technischen Analyse.
Die Technische Analyse gliedert sich in zwei Hauptbereiche
1
:
Charttechnik und Markttechnik.
1.2.1 Charttechnische Ansätze
Die Charttechnik beschäftigt sich mit Kurs-Formationen. Dies sind im Wesentlichen
Trendlinien, Widerstände und Unterstützungen. Ebenso zählen verschiedene Chartmuster wie
Kopf-Schulter-Formationen, Doppel-Top, Doppel-Bottom sowie Candle-Stick-Formationen
1
Vgl. T. Müller, H. Nietzer : Das große Buch der Technischen Indikatoren, TM-Börsenverlag, Rosenheim 1997,
S. 20

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 3
dazu. Die Charttechnik erkennt aufgrund definierter Regeln solche Kursmuster und handelt
danach.
Sobald sich ein Trend in einem Markt etabliert hat, kann eine Trendlinie in den Chart
eingezeichnet werden. In einem Aufwärtstrend werden die Tiefpunkte - in einem
Abwärtstrend die Hochpunkte dieser Zeitreihe miteinander verbunden. Ein Trend gilt solange
als intakt, bis er gebrochen wird.
Als Beispiel für einen Handelsansatz, der auf Trendlinien basiert, dient der untenstehende
Dax-Chart in Abbildung 1.1.
Abbildung 1.1 Dax-Index, daily
In dem dargestellten Zeitraum konnte ein klarer Aufwärtstrend etabliert werden. In dieser
Marktphase hätte der Trend mit dem Kauf von Aktien, Call-Optionen oder einem Dax-Future
ausgenutzt werden können. Bei dem Bruch dieser Trendlinie im Juli ´98 wurde das chart-
technische Verkaufssignal generiert und die Position hätte mit einem Gewinn verkauft bzw.
glattgestellt werden können.
Der Gewinn betrug 1710 Punkte im Dax-Future. Bei der damaligen Berechnung von 100 DM
pro Punkt wäre ein Gewinn von 171.000 DM zu Stande gekommen.
Im Index selbst ergab sich ein prozentualer Kursgewinn von 40 Prozent.
In Optionen/Optionsscheinen hätte dies je nach Hebel 400-1000 Prozent bedeutet.
Dies ist ein Musterbeispiel der Charttechnik und soll nur zeigen, wie erfolgreich manche
Strategien sein können.
1.2.2 Markttechnische Ansätze
Die Markttechnik widmet sich der Berechnung von Indikatoren und Oszillatoren. Unter
Einbeziehung der vergangenen Kurse wird beispielsweise für jeden Tag ein Wert berechnet,
der Aussage über den Zustand des Marktes trifft. Ist der Kurs einer Aktie oder eines Index in

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 4
den letzten Tagen stark gestiegen, so steht der Indikator in einem überkauften, ist der Kurs
dagegen stark gefallen, befindet er sich in einem überverkauften Bereich. Wenn bestimmten
Voraussetzungen erfüllt sind, dann wird ein Kauf- bzw. Verkaufssignal generiert.
Auf die Berechnung, Darstellung und Signalgenerierung eines Indikators oder Oszillators
wird in den nachfolgenden Kapiteln noch genau eingegangen.
Handelssysteme beinhalten einen Ansatz, eine klare definierte Vorgehensweise, wann ein
Wert gekauft und wann er verkauft werden soll.
Ein Handelsansatz oder eine Strategie kann durch eine empirische Beobachtung des Marktes
festgelegt werden. Ein Ansatz wäre beispielsweise, wenn der Kurs eines Wertes den Gleiten-
den Durchschnitt von unten nach oben durchkreuzt. Dies wäre ein Kaufsignal. Doch nicht alle
Ansätze sind so trivial. Manche Handelsstrategien erfordern umfangreiche Berechnungen,
oder bestehen aus mehreren Indikatoren mit verschiedenen Ein- und Ausstiegsstrategien. Es
fällt oftmals schwer, dieses am Bildschirm mit dem Auge zu verfolgen.
Und genau dort kommen Handelssysteme zum Einsatz, die dem Trader diese zeitraubende
und aufwändige Arbeit abnehmen. Der Handelsansatz muss entsprechend programmiert
werden. Die Beobachtung und Signalgenerierung übernimmt dann der Computer. Der Trader
bekommt nur noch eine Benachrichtigung vom System und wird daraufhin aktiv.
Handelssysteme sind daher die Automatisierung des verfolgten Tradingkonzeptes.
1.3 Die konsequente Umsetzung eines Handelsansatzes
2
Um erfolgreich im Terminmarkt oder im Aktienmarkt tätig zu sein, bedarf es einer guten
Strategie. Diejenigen Trader, die aus dem ,,Bauch heraus" oder nach Gefühl handeln, gehören
langfristig gesehen zu den Verlierern. Deshalb darf ein Tradingkonzept nicht auf Gefühle oder
Ahnungen aufbauen. Es muss klare Regeln beinhalten.
Dies ist die Grundlage für ein erfolgreiches Engagement im Trading-Geschäft.
Das Hauptproblem besteht darin, dass viele Trader, die nach einem Handelsansatz vorgehen,
die Regeln nicht konsequent umsetzen. Zu häufig fließt ein emotionaler Aspekt in die Analyse
mit ein. Angst oder Euphorie bewirken ein Abweichen von der festgelegten Strategie.
Verheerend kann sich dies auf Stoppkurse auswirken. Bei dem Positionsaufbau werden die
Stopps festgelegt. Sobald diese erreicht werden, beachtet der emotionale Trader den
festgelegten Ausstiegspunkt zur Verlustbegrenzung nicht mehr. Es wird auf eine Gegen-
reaktion des Marktes gehofft. Phrasen wie: ,,Die Werte kommen schon wieder", ,,der Markt
übertreibt", ,,man muss das Investment langfristig sehen" oder ,,die nächste Unterstützung
hält", beeinflussen den Trader, die wichtigen Stoppkurse nicht einzuhalten.
Einen Verlust zu realisieren ist schwer. Aus diesem Grund gibt es Positionen, die mit 50
Prozent und mehr im Verlust liegen. Hier hat das Risikomanagement aufgrund des
emotionalen Handelns und des Faktors Hoffnung total versagt.
Sogar wenn der Handelsansatz ein Gegensignal liefert, wird trotzdem an der Verlustposition
festgehalten. Es wird argumentiert, der Indikator habe auch keine 100-prozentige
Trefferquote und dieses Mal laufe der Markt noch einmal in die gewünschte Richtung.
2
R. Wittmer: Systematisch zum Erfolg, in Optionsschein-Magazin, 09/98, S. 96 ff

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 5
Manchmal wird auch willkürlich eine Position glattgestellt, obwohl noch kein Signal
entstanden ist. ,,Die Gewinne reichen aus". ,,Der Markt könnte wieder drehen".
Die Angst, Gewinne wieder abgeben zu müssen, verursacht dieses inkonsequente Verhalten.
In solchen Situationen gleitet das Traden von einer kalkulierbaren Handelsstrategie in ein
Glücksspiel ab.
Jedem, der am Terminmarkt tätig ist, sollte klar sein, dass ein Handelsansatz konsequent
umgesetzt werden muss. Wenn in eine Analyse und eine daraus resultierende Entscheidungs-
findung emotionale Faktoren hinzukommen, dann wäre ein Casinobesuch empfehlenswerter.
Hierin besteht der Vorteil eines mechanischen Handelssystems. Grundvoraussetzung ist
zunächst das Vertrauen in das System und ein striktes Befolgen der Signale.
Ein System entscheidet nicht nach emotionalen Bedingungen oder wägt ab. Es arbeitet exakt
nach dem festgelegten und bewährten Regelwerk. Dadurch ist es berechenbar und es kann
eine Aussage über die erwartete Gewinnentwicklung und über die Performance getroffen
werden. Ebenso können vom System Stopps festgelegt werden, die dann auch eingehalten
werden.
Wenn die Signale durch den Trader strikt befolgt werden und keine weiteren Faktoren in den
Kauf oder Verkauf mit einfließen, dann kann man von einer konsequenten Umsetzung eines
Handelsansatzes sprechen ­ und das sollte das Ziel jedes Traders sein.
1.4 Die Subjektivität des Traders
3
Man sieht nur das ­ was man sehen will. Diese altbekannte psychologische Gesetzmäßigkeit
bewahrheitet sich auch an der Börse immer wieder.
Als Beispiel sei hier ein frisch verliebter Mann genannt, der seine Auserkorene durch eine
rosarote Brille sieht. Negative Charaktereigenschaften werden nur unbewusst wahr-
genommen, verdrängt oder gar negiert.
Dieses Problem beschäftigt viele Börsianer, die emotional oder intuitiv agieren und keinen
klaren Ansatz für den Markt besitzen
Häufig sind Trader ,,verliebt" in ihre Marktmeinung. Durch eine bullische Einstellung wird
der Chart anders betrachtet, als dies bei einer objektiven Analyse der Fall wäre. Indikatoren
werden positiv bewertet, die eigentlich eher negativ einzustufen wären. Die Charteinstellung
und die Analysemethoden werden so lange verstellt, bis der Trader seine Marktmeinung
bestätigt sieht.
Analysen, die mit dieser Befangenheit erstellt werden, sind häufig verfehlt und führen zu
Verlusten.
Noch schlimmer äußert sich dieses Phänomen, wenn ein Marktteilnehmer bereits in einer
Position investiert ist.
Stoppkurse, die bei Eingehen des Engagements gesetzt wurden, werden ignoriert, da der
Investor nicht akzeptieren möchte, dass seine Meinung und somit seine Analyse falsch war.
3
Ebenda

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 6
Warnsignale werden nicht beachtet. Der Trader hofft auf ein Aussitzen der ,,momentanen"
Schwäche des Marktes. Im Terminmarkt, vor allem bei Optionen kann dies sehr gefährlich
sein, da sich der Zeitwertverlust bei Optionen oft erheblich auswirken kann.
Letztendlich ist es durchaus denkbar, dass die Position mit einem Verlust von 50-80 Prozent
verkauft wird. Auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann nicht ausgeschlossen
werden.
Dies passiert vor allem denjenigen, die gar keine Stopps gesetzt haben oder diese nicht
beachten und dadurch von dem Verlust des Zeitwertes oder der gefallenen implizierten
Volatilität überrascht werden.
Noch verheerender wirkt sich dies bei Futures oder Stillhaltergeschäften von Optionen aus, da
man bei diesen Spekulationen mehr als sein eingesetztes Kapital verlieren kann und
unbegrenzt nachschusspflichtig ist. Wenn hier Stopps nicht eingehalten werden, kann
tatsächlich ,,Haus und Hof" verloren gehen.
Deshalb ist es außerordentlich wichtig, ein Handelskonzept zu haben, welches genau befolgt
wird. Da dieses aber noch einer Interpretation bedarf und somit wieder der Entscheidungs-
freiheit und der Subjektivität des Traders unterliegt, kann nur ein mechanisches und
computergesteuertes Handelssystem die Subjektivität des Traders vollständig ausschließen.
1.5 Die Psyche des Traders
4
Das größte Problem beim Handeln ist die psychische Belastung. Jeder, dessen Position schon
einmal im Minus lag und im Tagesverlauf weiter gegen ihn lief, kennt die nervliche
Anspannung, die auf den Trader in solch einem Moment wirkt.
Positiv ausgedrückt könnte man es als Nervenkitzel oder Adrenalinstoß bezeichnen. Solche
Verharmlosungen werden benützt, um das Trading zu publizieren, vernebeln aber den Ernst
der Situation. Es geht hier um Geld, um eine Existenz ­ um das Überleben ­ und nicht um
einen Freizeitspaß oder einen Abenteuer-Kick wie beim Bungeejumping.
Die psychische Schwäche ist die Hauptursache, warum die meisten Marktteilnehmer
verlieren. Zum einen gibt es Trader, die eine Position, die im Verlust liegt, verfrüht glatt
stellen, obwohl der Stopp noch nicht erreicht ist. Die psychische Anspannung und die Angst
vor weiteren Verlusten ist zu groß. Selbst wenn der Markt dann wieder in die gewünschte
Richtung dreht, wird dies nicht mehr zum Wiedereinstieg genutzt, da der Trader verunsichert
und irritiert ist.
Eben solche Faktoren, wie Verunsicherung und Irritation führen dazu, dass die Handels-
strategie verlassen wird. Die Angst vor weiteren Verlusten lässt Zweifel aufkommen, und
verursacht möglicherweise sogar ein unrationelles und falsches Verhalten im Markt.
Noch schlimmer wird es, wenn eine Serie von Verlusten eintritt. Es ist durchaus möglich, dass
10-mal hintereinander Positionen immer mit Verlust geschlossen werden. Solche Phasen,
Drawdowns genannt, lassen große Zweifel an der benutzten Handelsstrategie aufkommen.
In solchen Situationen brechen viele das Trading ab oder geraten in Panik und handeln nach
Kurzschlussreaktionen.
In dieser Phase hat der Trader bereits verloren. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er sein
gesamtes Tradingkapital ,,verspielt" hat.
4
Ebenda und eigene Überlegungen des Diplomanten

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 7
Der große Vorteil bei Handelssystemen liegt darin, das die Psyche ausgeklammert werden
kann. Natürlich muss dazu ein unerschütterliches Vertrauen in das System vorausgesetzt
werden. Dieses kann durch ausgiebige Systemtests und Erprobungen in der Praxis gewonnen
werden.
Durch Testverfahren kann der maximale Verlust in Folge ermittelt werden. Der Trader weiß
dadurch, wie weit der Depotwert im Rahmen der normalen Schwankung ins Minus laufen
kann und behält weiterhin das essentielle Vertrauen in das System.
Die Trefferquote, die aus den Tests der Vergangenheit ermittelt wurde, sollte sich dann auch
beim Systemtrading in einer ähnlichen Größenordnung bewegen.
Der Trader muss den Signalen ,,blind" vertrauen und alle psychischen Belastungen und
Anspannungen von sich weisen. Er muß wie eine Maschine die Signale umsetzen. Nur so
kann ein dauerhafter Erfolg beim Trading ermöglicht werden.
1.6 Die Performance eines Handelsansatzes
5
In den vorhergehenden Kapiteln wurde dargelegt, weshalb ein guter Handelsansatz und ein
striktes Befolgen der Signale so entscheidend über Gewinn oder Verlust sein kann.
Bevor allerdings ein Handelskonzept zum Einsatz kommt, sollte es auf ,,Herz und Nieren"
geprüft werden, um einen Schiffbruch mit dem eingesetzten Kapital zu vermeiden.
Nun ist es äußerst mühsam und zeitaufwändig Charts per Hand zu überprüfen, wie und wo die
Einstiegs­ und Ausstiegskriterien gegriffen hätten und welches Gesamtergebnis erzielt
worden wäre.
Durch die Benutzung von Handelssystemen kann das Ergebnis einer Handelsstrategie schnell
und komfortabel ermittelt werden.
Auf der entsprechenden Software können Indikatoren und Systeme programmiert werden.
Nach der Programmierung wird der zu handelnde Markt und die Zeiteinheit gewählt auf die
das System angewandt werden soll. Das System generiert dann die Signale anhand der
vergangenen Kurszeitreihen. Es zeigt sich, ob die Strategie in diesem Markt und in dieser
Zeitspanne erfolgreich gewesen wäre. Das System kann in beliebig vielen Märkten und
verschiedenen Zeitspannen getestet werden. Die Wertentwicklung der Signale, auch
Performance genannt, besagt, wie erfolgreich die Strategie ist.
So kann festgestellt werden, ob die verfolgte Strategie realisierbar ist oder wieder
verworfen werden sollte.
Handelssysteme setzen die Trading-Strategie in Signale exakt um, wobei das Regelwerk
genau befolgt wird. Eine menschliche Fehlinterpretation und ein Abschweifen der Strategie
durch Inkonsequenz, Subjektivität oder Angst kann vermieden werden.
Die schwierigste Aufgabe besteht allerdings darin, profitable Handelsansätze zu entwickeln,
und diese erfolgreich anzuwenden.
Dies ist das Hauptthema der vorliegenden Arbeit.
5
R. Wittmer: Systematisch zum Erfolg, in Optionsschein-Magazin, 09/98, S. 96 ff

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
1. Kapitel - Die Stärken eines mechanischen Handelssystems
Seite 1 - 8
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 1
Müller, Thomas; Nietzer Harald: Das große Buch der Technischen Indikatoren, TM-
Börsenverlag, Rosenheim 1997
Wittmer, Rudolf
:
Systematisch zum Erfolg, in: Optionsschein-Magazin 09/98

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 1
2 Das Systemdesign
Durch die rasante Entwicklung im Computerbereich und den immer schnelleren Rechner-
kapazitäten wachsen auch die Möglichkeiten der Technischen Analyse.
Früher wurden die verschiedenen Indikatoren von Hand berechnet und dann in den Chart
eingezeichnet. Heute gibt es dafür sehr leistungsfähige Analyseprogramme, die fortlaufend
alle benötigten Indikatoren oder komplexe mathematische Funktionen berechnen, diese sofort
darstellen und über Handelssysteme ein konkretes Kauf- oder Verkaufssignal erzeugen.
Doch so schön die Technik unserer heutigen Zeit auch sein mag, sie kann immer nur so gut
sein, wie der Mensch, der sie anwendet.
Deshalb ist die Strategie, die hinter einem Handelssystem steht, das eigentlich Entscheidende.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Handelsstrategien
1
.
Bei der diskretionären Strategie werden viele Faktoren in die Entscheidung mit einbezogen,
wie Fundamentaldaten, Marktpsychologie, Kaufempfehlungen, Meinungen und Ergebnisse
aus der Technischen Analyse. Aus dieser Mixtur wird dann die Kauf- oder Verkauf-
entscheidung getroffen. Viele Investoren und Trader haben einen diskretionären Ansatz und
wägen die Argumente gegeneinander ab. Dabei ist die Entscheidungsgrundlage von Fall zu
Fall unterschiedlich. Die Entscheidung ist subjektiv und häufig von der Stimmung des Traders
abhängig.
Die mechanisch systematische Strategie beinhaltet dagegen nur wenige Regeln, die zuvor
festgelegt wurden. Die Gewinnchance und Trefferquote werden durch ein Backtesting
ermittelt. Darauf aufbauend kann ein gezieltes Risiko- und Money-Management etabliert
werden. Die Entscheidung bei einem mechanisch systematischen Ansatz wird objektiv und
ohne Emotionen getroffen.
Die beiden Ansätze verdeutlichen zwei komplett unterschiedliche Verhaltensweisen von
Marktteilnehmern. Der diskretionäre Ansatz stellt eher den Spekulanten dar, der mechanisch
systematische Ansatz den berechnenden Investor, der seiner festgelegten Marktstrategie
vertraut und danach handelt.
Die erfolgreichsten aber auch die erfolglosesten Börsianer sind sicherlich Marktteilnehmer
mit einem diskretionären Handelsansatz. Hierbei verhält es sich ähnlich wie im Sport. Fuß-
baller gibt es viele, Profis, die in der Bundesliga spielen und viel Geld verdienen, nur wenige.
Daher sollten die meisten Trader, die nicht in der ersten Bundesliga spielen, ihre
Erfolgschancen durch den Einsatz mechanischer Handelssysteme überproportional erhöhen.
2.1 Die Ansätze
2
Ein Handelssystem beginnt als Idee!
Vor jedem System steht immer zuerst ein Indikator oder eine festgelegte Regel.
1
Vgl R. Wittmer: Systematisch zum Erfolg, in: Optionsschein-Magazin 09/98, S. 98
2
Vgl R. Wittmer: Das System-Design, in Optionsschein-Magazin 10/98, S. 107

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 2
Aus den vergangenen Kursen wird ein Wert berechnet, der einen bestimmten Zustand des
Marktes darstellt. Dabei kann es sich um einen ,,überkauften", ,,überverkauften" oder
,,neutralen" Markt handeln, der in der Vergangenheit gestiegen, gefallen oder gleichgeblieben
ist. Daraus entnimmt der Betrachter eines Indikators die Information, in welchem Zustand
sich der Markt in diesem Moment befindet.
Hierbei sind verschiedene Handelsansätze zu unterscheiden.
Trendfolgende Ansätze:
Bei dieser Art der Analyse wird ein Indikator oder ein Oszillator errechnet.
Der Indikator bezieht die vergangenen Kurszeitreihen (z.B. die letzten 20 Tage) in die
Rechnung mit ein und bildet daraus einen Durchschnitt.
Das Momentum
3
ist ein typischer trendfolgender Ansatz. Es vergleicht den Schlussstand
(Close) des heutigen Tages mit dem Schlussstand vor n-Tagen.
Momentum = C
t
- C
t-n+1
Es gibt Aufschluss über die Kursdynamik eines Chart, wie stark sich der Markt gegenüber der
Vergleichsperiode bewegt hat. Das Momentum entspricht der Steigung des Kursverlaufs.
Indikatoren sind gegenüber Oszillatoren unbegrenzt und werden absolut angegeben, d.h.
Indikatoren könnten rein theoretisch bis ins Unendliche ansteigen. Oszillatoren werden in
Prozent angegeben und können sich daher nur in einem Bereich von +100 bis -100 bewegen.
Die Formel für den Momentum-Oszillator
4
lautet:
Momentum-Osz=[(C
t
/C
t-n+1
)-1]*100
Alle Indikatoren und Oszillatoren haben einen entscheidenden Nachteil.
Sie können nur trendfolgend arbeiten, d.h. der Indikator oder Oszillator liefert erst dann ein
Kauf- oder Verkaufssignal, wenn der Kurs bereits schon gestiegen oder gefallen ist. Das
Signal entsteht verspätet und der Markt hat schon eine Bewegung vollzogen, die der
Systemtrader nicht mehr ausnutzen kann.
Break-Out-Ansätze
Break-Out-Systeme basieren auf dem Ansatz, dass sich der Markt in einem bestimmten
Bereich oder Kanal bewegt und bei einem Ausbruch aus diesem, ein Signal generiert wird.
Der Ausbruch nach oben liefert ein Kaufsignal, nach unten ein Verkaussignal.
Countertrend-Ansätze
Die Countertrend-Systeme beschäftigen sich mit der Thematik, dass ein Markt, nach einem
kräftigen Kursanstieg wieder abfällt, bedingt durch Gewinnmitnahmen oder Ermüdungs-
erscheinungen der Marktteilnehmer.
Vollzieht beispielsweise der Dax einen fulminanten Anstieg und der beobachtete Oszillator
oder Indikator befindet sich in einem überkauften Bereich, dann geht das Countertrend-
System short, obwohl der Aufwärtstrend noch nicht gebrochen ist.
Da ein Spekulieren gegen den Trend riskant ist, muss hier unbedingt mit einem engen Stopp
gearbeitet werden.
3
Vgl. T.Müller, H. Nietzer: Das große Buch der Technischen Indikatoren, TM-Börsenverlag, Rosenheim 1997,
S. 168
4
Ebenda

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 3
Im Idealfall generiert das Countertrend-System genau an der Stelle ein Signal, bei der ein
Trendwechsel stattfindet und ist genau dann zur richtigen Zeit in dem Markt positioniert.
Im schlechtesten Fall geht es short, und der Markt bewegt sich weiter nach oben. Die Position
muss mit Verlust glattgestellt werden.
Support-und Resistance-Ansätze
Widerstände (engl. Resistance) und Unterstützungen (engl. Support) sind in der Charttechnik
sehr beliebte und häufig angewandte Techniken. Da sich viele Marktteilnehmer an diese
Kurslevels halten, bei denen der Kursverlauf häufig ,,abprallt" und in die Gegenrichtung
dreht, funktionieren diese charttechnischen Methoden. Kritiker bezeichnen die Charttechnik
auch als selbsterfüllende Prophezeiung (Self-fullfilling-prophecy). In Handelssystemen finden
diese Ansätze selten Verwendung, da Systeme meistens markttechnisch, mit Indikatoren und
Oszillatoren, arbeiten.
Kursmuster
Die japanischen Candlesticks erfreuen sich immer mehr Beliebtheit. Bei den Candlestick-
Formationen werden aus dem Kursverlauf heraus verschiedene Muster erkannt und diese als
Kauf- oder Verkaufssignal gewertet. Doch nicht nur Candlesticks arbeiten mit Kursmustern
sondern auch die Charttechnik kennt Formationen wie Schulter-Kopf-Schulter oder
Doppeltiefs. Ebenso beruhen verschiedene Pattern-Recognition oder statistische Wahr-
scheinlichkeiten auf der Tatsache, dass sich bestimmte Kursverläufe ähneln oder sich
wiederholen.
Buy and Hold
Der bekannte Börsentipp, des verstorbenen Börsengurus Andre Kostolany lautete: ,,Aktien
kaufen und Schlaftabletten nehmen".
Gemeint war damit die Tatsache, dass Aktien langfristig steigen, da Unternehmen Gewinne
machen müssen, um ihre Existenz zu sichern. Der Wert eines Unternehmens steigt durch die
erwirtschafteten Gewinne und getätigten Reinvestitionen. Der Aktienkurs ,,sollte" diese
Wertentwicklung widerspiegeln und ebenfalls langfristig steigen.
Diese Betrachtungsweise bringt aber 2 Probleme mit sich.
1. Ein Unternehmen kann auch Verluste erwirtschaften und sogar Pleite gehen. Die
Aktien würden damit wertlos werden.
2. Die Marktkapitalisierung eines Unternehmens entspricht nur in den seltensten Fällen
dem fairen Unternehmenswert. Wie kann der faire Wert eines Unternehmens
überhaupt ermittelt werden? Je nach Börsenphase können Unternehmen mit einem
hohen KGV oder niedrigem KGV bewertet werden.
Ein Anleger, der Aktien kauft und diese 10 oder 20 Jahre in seinem Depot liegen lässt, dessen
Depotwert muss nicht unbedingt im Gewinn liegen.
Welche Werte, in welcher Börsenphase und zu welchem Kurs? - lautet bei dieser
Investmentstrategie die entscheidende Frage. Sollten die Aktien vor einem Crash gekauft
worden sein, so kann es manchmal mehrere Jahre dauern, bis die Aktien überhaupt wieder
den Einstiegskurs erreicht haben.
Bei Wachstumswerten und einer guten Streuung des Portfolios kann diese Strategie allerdings
als erfolgreich erachtet werden.
Doch ist diese ,,Börsenweisheit" nur eine mögliche Investmentstrategie von vielen.
Die entscheidende Frage ist sicherlich, mit welcher Strategie kann der größtmögliche Gewinn
erwirtschaftet werden?

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 4
2.2 Die Idee
Grundlage eines Handelssystems ist immer eine Idee oder eine Handelsstrategie.
In Abbildung 2.2.1 ist der Dax mit einem Gleitenden Durchschnitt dargestellt.
Bei einem Gleitenden Durchschnitt (engl. Moving Average)
5
werden die Schlusskurse der
letzten n-Tage zusammenaddiert und durch n geteilt. Der Gleitende Durchschnitt (GD) stellt
den durchschnittlichen Kursverlauf der letzten n-Tage dar.
GD=(C
t
+C
t-1
+C
t-2
+...+C
t-n+1
)/n
Die ,,Idee" des Betrachters ist nun, bei einem Schnitt des Kursverlaufs über den GD, den
Index zu kaufen und sobald der Kurs wieder unter den GD fällt, den Index zu verkaufen.
Der Pfeil nach oben verdeutlicht einen Kauf, der Pfeil nach unten einen Verkauf.
Abbildung 2.2.1: Dax-Chart daily mit 25-Tage GD
Bei dieser qualitativen Betrachtung wird deutlich, dass mit dem Ansatz in dieser Marktphase
gute Gewinne hätten erwirtschaftet werden können.
In einem späteren Kapitel werden wir die GD-Systeme noch genauer behandeln.
Ähnliche Vorgehensweise trifft auch auf einen Indikator oder Oszillator zu.
In Abbildung 2.2.2 ist der Dax mit dem Stochastik-Oszillator dargestellt. Ein Kaufsignal
ergibt sich immer dann, wenn die Stochastik mit der Trigger-Linie schneidet. Die Trigger-
Linie stellt den Gleitenden Durchschnitt der Stochastik dar.
5
Vgl. T.Müller, H. Nietzer: Das große Buch der Technischen Indikatoren, TM-Börsenverlag, Rosenheim 1997,
S. 133

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 5
Abbildung 2.2.2: Dax daily mit Stochastic slow
Bei einem ersten Betrachten kann man mit der Entwicklung der Kauf- und Verkaufssignale
zufrieden sein. Es ergab sich in dieser Zeitspanne nur ein Fehlsignal, das zu einem Verlust
geführt hat.
Die Entwicklung einer Idee für einen mechanisch systematischen Handelsansatz kann auf
zwei Arten erfolgen
6
:
2.2.1 Try and Error-Verfahren
Die Kauf- bzw. Verkaufssignale eines Indikators werden optisch und qualitativ verfolgt.
Eventuelle Kombinationen zwischen verschiedenen Indikatoren und Oszillatoren können
betrachtet und analysiert werden. Somit können Einstiegs- und Ausstiegsregeln festgelegt
werden.
In dem obigen Beispiel könnte eine weitere Einstiegsregel lauten, dass das Kaufsignal nur
dann generiert werden darf, wenn sich die Stochastik unterhalb der 30 Prozent-Linie befindet.
Dadurch wäre das Fehlsignal vermieden worden. Analog dazu dürfen Verkaufssignale nur
überhalb der 70 Prozent-Linie erzeugt werden.
Durch solche Überlegungen kann ein Regelwerk, die unerlässliche Basis für ein Handels-
system, erstellt werden.
2.2.2 Vermutung
Haben Sie sich nicht auch schon öfter gefragt, ob am Freitag die Kurse eher die Tendenz zum
Fallen haben ? Oder ob nach einem 10 Prozent-Anstieg eine 5 Prozent-Korrektur kommt? In
welcher Relation steht die Schwankungsbreite (Hochkurs ­ Tiefkurs) zu dem weiteren
Kursverlauf? Welchen Einfluss hat der Eröffnungskurs auf den Tagesverlauf?
Solche Vermutungen können in einem Handelssystem programmiert und anhand der
vergangenen Kurszeitreihen auf ihre Profitabilität hin getestet werden.
6
Eigene Überlegung des Diplomanten

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 6
2.2.3 Grundsätzliches
7
:
Bei der Entwicklung von Handelssystemen empfiehlt es sich, den Chart immer in
Candlestick-Darstellung zu wählen.
Dies hat den Vorteil, dass der Betrachter immer Eröffnungs-, Hoch-, Tief- und Schlusskurs
auf einen Blick erkennen kann. Ebenso kann sofort abgelesen werden, ob der Markt in der
entsprechenden Zeitperiode gestiegen oder gefallen ist.
In Abbildung 2.2.3 sind zwei Candles (dt. Kerzen) abgebildet.
Abbildung 2.2.3 Candlesticks
Eine ausgefüllte Kerze bedeutet, dass der Kurs gefallen ist. Eine nichtausgefüllte - der Kurs
ist gestiegen.
Ein Candle stellt eine bestimmte Zeitperiode oder Anzahl an Ticks dar.
Weit verbreitet sind Tagescharts, dies bedeutet, ein Candle stellt einen ganzen Tag dar. Die
Dochte entsprechen somit dem Tageshoch- bzw. Tiefpunkt. Im Intradaybereich sind auch 60-
min-, 15-min- oder 5-min-Candles sehr beliebt.
Eine zeitunabhängige Variante ist die Darstellung der Candles auf Tickbasis. Ein Tick ist die
kleinste Kursveränderung des Marktes. Der Kurs verändert sich beispielsweise von 7155 auf
7153. Dies ist ein Tick. Je schneller der Markt ist, desto mehr Ticks entstehen.
Die Darstellung eines Candles auf Tickbasis hat den entscheidenden Vorteil, dass bei
ruhigeren Handelszeiten, wie in der Mittagszeit, das Handelssystem auch weniger Signale
liefert. Der Kursverlauf bewegt sich nur aufgrund der Kursveränderungen und richtet sich
nicht nach der Zeit.
Eine Kerze ist erst dann vollendet, wenn z.B. 55 Ticks, entspricht 55 Kursbewegungen,
erfolgt sind.
Nach Vollendung der Kerze werden die Werte (Open, High, Low, Close) in die Berechnung
der Indikatoren und Oszillatoren miteinbezogen und es wird überprüft, ob ein Handelssignal
entsteht oder nicht. Dies bedeutet, dass eine Position immer erst zum Schlusskurs der Kerze
oder zeitgleich zur Eröffnung der neuen Kerze entstehen kann.
7
Eigene Überlegung des Diplomanten

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 7
Dies muss bei der Suche nach einer Handelsstrategie beachtet werden. Hier wird manchmal
bei der qualitativen Überprüfung der Signale fälschlicherweise der Einstiegspunkt irgendwo
in der Kerze genommen, und nicht der maßgebliche Schlusskurs. Dies führt zu einer
Idealisierung der Signale.
In Abbildung 2.2.4 ist ein Gleitender Durchschnitt dargestellt.
Abbildung 2.2.4 Dax-Chart 1min-Basis mit einem GD
Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass eine neue Position frühestens zum Schlusskurs des letzten
Candles eingegangen werden kann und dieser Punkt ist leider nicht dort, wo der GD schneidet
sondern darunter bzw. darüber.
Das Gewinnpotential fällt somit geringer aus.
2.3 Das Regelwerk
Es gibt nahezu unbegrenzt viele Varianten, die Ein- und Ausstiegsregeln zu gestalten. Ein
zweiter Indikator oder Oszillator als Signalfilter ist ebenso denkbar, wie eine Mindeststeigung
der Signallinie oder auch die Signalgenerierung in einer vordefinierten Zone, wie in
Abbildung 2.2.2. Ein Einstieg nach einer Signalgenerierung kann aber auch über zwei
Zeitfenster oder über einen sehr kurzen GD stattfinden.
Der Ausstieg aus einer Position lässt ebenso viele Möglichkeit offen, wie der Einstieg. Ein
Gegensignal oder das Greifen von Stopps sind ebenso denkbar wie ein Indikator, der in einer
Extremzone angelangt ist.
Bei all den vielen Möglichkeiten der Systemgestaltung darf eines nicht aus den Augen
verloren werden: Das KISS-Prinzip
8
. KISS steht für ,,Kepp it simple stupid" ­ Halte es so
einfach wie möglich. Deshalb dürfen die Systemregeln nicht überhand nehmen.
8
Vgl C. LeBeau, D. Lucas: Börsenanalyse mit dem Computer, Hoppenstedt-Verlag, Darmstadt 1992, S. 8

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 8
Der Systementwickler sollte immer den ,,roten Faden" im Auge behalten und das System
logisch ausgestalten. Ein Systemansatz sollte nicht mehr als 6-8 Regeln beinhalten und nicht
mehr als 8 Variablen.
Außerdem empfiehlt es sich, bei jeder festgelegten Regel eine Plausibilitätsüberprüfung
durchzuführen, indem die Regel auf verschiedene Zeitebenen und Marktphasen auf Gültigkeit
überprüft wird.
Dadurch kann ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Regelwerk nur um eine zufällige
Anordnung von Ansätzen handelt, die eben in dieser Situation erfolgreich gewesen wäre.
Bei einer Systemgestaltung sind folgende Dinge festzulegen
9
:
1. In welcher Fristigkeit soll das System handeln: im Daytrading-Bereich, auf Tagesbasis
oder auf Wochenbasis?
2. Welcher Markt eignet sich für dieses System? Grundsätzlich sollten nur Märkte gehandelt
werden, die über ausreichende Liquidität verfügen.
3. Wie ist die Renditeerwartung des Traders? Je höher die Renditeerwartung, desto höher ist
natürlich auch das Risiko. Solche Überlegungen müssen beim Money-Management mit
berücksichtigt werden.
4. Die Größenordnung des Tradingkapitals. Sie richtet sich nach dem max. Drawdown, der
Betrag, der in Summe hintereinander verloren wurde.
5. Welches Tradinginstrument soll benutzt werden: Aktien, Optionsscheine, Optionen oder
Futures. Mit welchem Leverage (Hebel) soll am Markt gearbeitet werden?
6. Die Persönlichkeitsstruktur des Traders: Das System muss zu dem Anwender passen. Die
Signalhäufigkeit und die Gewinn- und Verlustphasen sollten mit der Mentalität des
Traders übereinstimmen. Denn nur, wenn sich der Anwender mit dem System ,,wohl-
fühlt", kann er das eminent wichtige Vertrauen in das System entwickeln.
7. Das System muss einen positiven Erwartungswert haben, d.h. es müssen über einen
längeren Testzeitraum Gewinne erwirtschaftet worden sein. Die Trefferquote der Signale
sollte stets größer als 30 Prozent sein.
Nach dem Festlegen der Systemstrategie, welche alle Ein- und Ausstiegsregeln beinhaltet,
erfolgt die Programmierung in ein Handelssystem.
2.4 Die Software
Leider gibt es nur wenige Softwarelösungen auf dem Markt, die sich mit der Thematik
,,Handelssysteme" intensiv beschäftigen.
Es werden zwar mehrere Programme angeboten, die verschiedene Indikatorenkombinationen
ermöglichen, allerdings sind die Möglichkeiten sehr beschränkt. Die Tradingidee kann nicht
frei programmiert werden. Auch in Beziehung auf Stopp-Techniken und Money-Management
enttäuschen solche Programme.
Es gibt nur zwei Programme, die den Anforderungen eines Systementwicklers gerecht
werden. Dies ist zum einen ,,Meta Stock" von Equis und die professionelle Lösung ist die
,,Trade Station" von Omega Research.
Meta Stock ist schon seit mehr als 10 Jahren als Chartanalyse-Tool erhältlich. Es ist leicht zu
bedienen und bietet alles, was für einer Analyse benötigt wird. Die Systementwicklung wird
über einen Systemeditor vollzogen. Darin können alle Regeln für Ein- und Ausstieg
9
Vgl. R. Wittmer: Vertrauen durch Systemtests, in Optionsschein-Magazin, 11/98, S. 100

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
2. Kapitel ­ Das Systemdesign
Seite 2 - 9
eingegeben werden. Durch eine Systemoptimierung kann die optimale Einstellung für die
beobachtete Kurszeitreihe einer Variablen ermittelt werden. Alle gängigen Stopptechniken
können über ein Kontextmenü direkt ausgewählt und optimiert werden. Durch den Systemtest
werden die Performance und die Trefferquote eines Systems erstellt.
Meta Stock bietet alles, was für die Erstellung von Handelssystemen nötig ist. Der Preis für
die Version Meta Stock 7.0 beträgt 1250 $. Mehr Informationen unter:
www.equis.com
.
Eine professionellere Alternative zu Meta Stock ist die Trade Station von Omega Research.
Die Möglichkeiten der Trade Station gegenüber Meta Stock sind wesentlich besser.
Die Handelssysteme können auf zweierlei Weisen erstellt werden.
Zum einen durch den Systembuilder, in dem per Mausklick die Systeme sehr einfach aus den
verschiedenen Indikatoren zusammengestellt werden können. Zum anderen, für komplexere
Strategien, in einer eigens entwickelten Programmiersprache, Easy Language.
Easy Language ist leicht zu erlernen und ähnelt der Sprache Basic. Auf dieser Plattform
können alle nur erdenklichen Systemideen und Strategien programmiert werden.
Des Weiteren verfügt die Trade Station über einen ausführlichen Systemreport, der die
Kennzahlen des getesteten Systems genau ermittelt. Der Optimierungsreport zeigt den
Optimierungsverlauf an, wodurch das Curve fitting vermieden werden kann.
Die einfache Handhabung und die hohe Leistung haben dieses Tool zu der Standardplattform
im Bereich Handelssysteme gemacht.
Die Trade Station kostet derzeit 2.400 $. Leistung hat eben seinen Preis. Mehr Informationen
über die Trade Station unter
www.omegaresearch.com
Alle Systeme, die in diesem Buch vorgestellt und entwickelt wurden, sind auf der Trade
Station 2000i erstellt worden. Ebenso beziehen sich alle Reports und die Programmierungen
auf diese Plattform.
Literatur- und Quellenverzeichnis für Kapitel 2
LeBeau, Charles; Lucas, David: Börsenanalyse mit dem Computer, Hoppenstedt-Verlag,
Darmstadt 1992
Müller, Thomas; Nietzer Harald: Das große Buch der Technischen Indikatoren, TM-
Börsenverlag, Rosenheim 1997
Wittmer, Rudolf
:
Systematisch zum Erfolg, in: Optionsschein-Magazin 09/98
Wittmer, Rudolf: Das System-Design, in Optionsschein-Magazin 10/98
Wittmer, Rudolf: Vertrauen durch Systemtests, in Optionsschein-Magazin, 11/98

Aufbau, Struktur und Bewertung von Handelssystemen
3. Kapitel ­ Einstiegsstrategien
Seite 3 - 1
3 Einstiegsstrategien
Gewinn laufen lassen und Verluste begrenzen.
Dieser bekannte Börsenspruch wird von vielen Lehrbüchern und Börsianern immer wieder
propagiert.
Wenn der Trader im Gewinn liegt, dann die Gewinne einfach weiter laufen lassen und den
Stopp nachziehen. Sollte der Trader im Verlust liegen, dann sofort aussteigen.
Diese Regel klingt einfach, ist aber schwer umzusetzen.
Es gibt dabei folgende Probleme:
Verlustbegrenzung:
· Das Signal kommt zu spät und der Markt hat die eigentliche Kursbewegung schon
vollzogen. Der Stopp greift.
· Das Signal kommt zu früh, der Turnaround fand noch nicht statt. Der Verlustbe-
grenzungsstopp zwingt den Trader zum Aussteigen, bevor die erwartete
Kursbewegung kommt.
· Das Signal war ein Fehlsignal. Der Verlust wird durch einen Stopp realisiert.
Gewinnabsicherung:
· Eine Position, die bereits im Gewinn lag, wird durch eine Kursschwankung ausge-
stoppt. Der Markt wäre vielleicht noch weiter gelaufen und die Position hätte mehr
Gewinn bringen können, aber der Stopp hat zum Verlassen des Marktes geführt.
Wo man die Stopps setzt, ist eine heikle Frage.
Werden sie zu nah gesetzt, dann wird man zu schnell ausgestoppt. Werden sie zu weit entfernt
gesetzt, dann ist der Verlust, der bis zu dem Greifen des Stopps entstanden ist, hoch.
Dieser Problematik wollen wir uns in den nächsten beiden Kapiteln zuwenden.
Wo der Stopp gesetzt wird, hängt häufig vom Einstiegszeitpunkt ab.
Um einen günstigen Moment zu finden, bei dem eine Position eröffnet wird, gibt es diverse
Strategien.
3.1 Verschiedene Zeithorizonte
1
Die benutzte Handelsstrategie hat ein Signal geliefert, woraufhin eine Position aufgebaut
wird.
Es stellt sich nun aber die Frage, wie soll die Position eröffnet werden?
· Es kann ein Limit in den Markt gestellt und auf Orderausführung gewartet werden.
Hierbei kann es aber passieren, dass der Markt nicht mehr zu dem Limit
zurückkommt, und das Einstiegssignal verpasst wird.
· Eine Marketorder kann platziert werden, d.h. der jeweilige Kontrakt oder die Aktie
wird zum nächsten Angebot gekauft bzw. verkauft. Hier stellt sich das Problem, dass
1
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832470227
ISBN (Paperback)
9783838670225
DOI
10.3239/9783832470227
Dateigröße
3.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Rosenheim – Wirtschaftsingenieurwesen
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
börse handelssysteme technische analyse futures trading
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