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Waveletanalyse von EEG-Zeitreihen

©2000 Diplomarbeit 81 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Seit fast 80 Jahren werden Elektroenzephalogramme (EEG) des Menschen aufgezeichnet. Diese Aufzeichnungen haben zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn in der medizinischen Forschung geführt, sei es bei der Diagnose und Therapie von Krankheiten, oder dem Verständnis über die Abläufe im Gehirn an sich. Die komplexe Struktur des EEGs, bestehend aus abwechselnd sehr aktiven und weniger aktiven Bereichen unterschiedlichster Dauer, die Störungen durch äussere Einflüsse und die begrenzte räumliche Zuordnung zu einem Hirnareal, stellen eine grosse Herausforderung für den Zeitreihenanalytiker dar. Er ist daran interessiert, mit Hilfe mathematischer und numerischer Methoden die Dynamik zu beschreiben, charakteristische Strukturen aufzuzeigen und neue Informationen zu gewinnen.
Auf diese Weise wird es möglich, eine numerische Vorverarbeitung des umfangreichen Datenmaterials vorzunehmen, und somit Diagnose und Therapie von Krankheiten zu beschleunigen. Die verwendeten Untersuchungsmethoden entstammen dabei sowohl aus der Statistik, als auch, in neuerer Zeit, aus der nichtlinearen Dynamik.
Die Wavelet-Transformation ist eine relativ neue Methode der Zeitreihenanalyse. Obwohl es bereits seit langem ähnliche Analyseverfahren gab, wurden die mathematischen Grundlagen erst in den achtziger Jahren entwickelt. Ziel der Forschung war es, eine Methode zu entwickeln, die das Zeit-Frequenz-Verhalten auf unterschiedlichen Zeitskalen so genau wie möglich darstellt.
Ihre schnelle Verbreitung verdankt die Wavelet-Transformation einer schnellen numerischen Berechnungsmethode, und der rasanten technischen Entwicklung bei der elektronischen Datenverarbeitung, die die effektive Analyse umfangreicher Datenmengen möglich macht.
In der vorliegenden Arbeit sollen EEGs mit Hilfe der Diskreten Wavelet-Transformation und davon abgeleiteter Methoden untersucht werden. Die Anwendung auf EEG-Zeitserien ist dabei auf zwei Schwerpunkte unterteilt: Im ersten Teil wird ein Algorithmus zur automatischen Detektion lokaler Strukturen in Schlaf-EEG-Zeitreihen, den Arousals, erarbeitet. Es wurde festgestellt, daß Arousals häufiger im Schlaf-EEG von Patienten mit Schlafstörungen auftreten als beim gesunden Menschen. Das Auftreten der Arousals gilt als Folge einer automatischen Weck-Reaktion, die das Gehirn aufgrund einer Beeinträchtigung der Atmung vornimmt. Die Anzahl der Arousals im EEG ist also für die Diagnose einer Schlafstörung von Interesse. Die Auswertung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7004
Hansen, Heiko: Waveletanalyse von EEG-Zeitreihen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Universität, Diplomarbeit, 2000
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Dynamische Systeme
3
3 Fourier- und Wavelet-Transformation
7
3.1
Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
3.2
Gefensterte Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
3.3
Wavelets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
3.4
Diskrete Wavelet-Transformation (DWT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3.5
Multiskalenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3.6
Pyramidenalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
4 Anwendung der DWT auf modellierte Zeitreihen
19
4.1
Modellierte Zeitreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.2
Bestimmung der Korrelationsdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.3
Waveletzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
5 Automatisierte Arousaldetektion in Schlaf-EEG-Zeitreihen
32
5.1
Elektroenzephalographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
5.2
Arousal in Schlaf-EEGs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
5.3
Arousalerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
5.4
Ein Algorithmus zur Arousal-Erkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
5.5
Systematische Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5.6
Ergebnis des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5.7
Der Schwellwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
5.8
Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
I

6 Fourier- und Wavelet-Entropie
51
6.1
Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
6.2
Entropie des Leistungsspektrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
6.3
Wavelet-Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
6.3.1
Definition 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
6.3.2
Definition 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
6.4
Parameter der verwendeten Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
6.5
Anwendung auf verrauschte Sinus-Zeitreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
6.6
Analyse von Zeitreihen des nicht-station¨aren Mackey-Glass-Systems . . . . 60
6.7
Anwendung auf Epilepsie-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
7 Zusammenfassung und Ausblick
67
A
70
A.1 Koeffizienten des Daubechies-Wavelets DB6 . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
A.2 Pyramidenalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Literaturverzeichnis
72

Kapitel 1
Einleitung
Mir ist bis heute kein auch noch so kompliziertes Problem begegnet,
das nicht, richtig betrachtet, noch komplizierter wurde.
Poul Anderson
Seit fast 80 Jahren werden Elektroenzephalogramme (EEG) des Menschen aufgezeich-
net. Diese Aufzeichnungen haben zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn in der medizi-
nischen Forschung gef¨uhrt, sei es bei der Diagnose und Therapie von Krankheiten, oder
dem Verst¨andnis ¨uber die Abl¨aufe im Gehirn an sich. Die komplexe Struktur des EEGs,
bestehend aus abwechselnd sehr aktiven und weniger aktiven Bereichen unterschiedlich-
ster Dauer, die St¨orungen durch ¨außere Einfl¨usse und die begrenzte r¨aumliche Zuordnung
zu einem Hirnareal, stellen eine große Herausforderung f¨ur den Zeitreihenanalytiker dar.
Er ist daran interessiert, mit Hilfe mathematischer und numerischer Methoden die Dyna-
mik zu beschreiben, charakteristische Strukturen aufzuzeigen und neue Informationen zu
gewinnen. Auf diese Weise wird es m¨oglich, eine numerische Vorverarbeitung des umfang-
reichen Datenmaterials vorzunehmen, und somit Diagnose und Therapie von Krankheiten
zu beschleunigen. Die verwendeten Untersuchungsmethoden entstammen dabei sowohl aus
der Statistik, als auch, in neuerer Zeit, aus der nichtlinearen Dynamik.
Die Wavelet-Transformation ist eine relativ neue Methode der Zeitreihenanalyse. Ob-
wohl es bereits seit langem ¨ahnliche Analyseverfahren gab, wurden die mathematischen
Grundlagen erst in den achtziger Jahren entwickelt. Ziel der Forschung war es, eine Metho-
de zu entwickeln, die das Zeit-Frequenz-Verhalten auf unterschiedlichen Zeitskalen so ge-
nau wie m¨oglich darstellt. Ihre schnelle Verbreitung verdankt die Wavelet-Transformation
einer schnellen numerischen Berechnungsmethode, und der rasanten technischen Entwick-
lung bei der elektronischen Datenverarbeitung, die die effektive Analyse umfangreicher
Datenmengen m¨oglich macht.
In der vorliegenden Arbeit sollen EEGs mit Hilfe der Diskreten Wavelet-
Transformation und davon abgeleiteter Methoden untersucht werden. Die Anwendung
auf EEG-Zeitserien ist dabei auf zwei Schwerpunkte unterteilt: Im ersten Teil wird ein
Algorithmus zur automatischen Detektion lokaler Strukturen in Schlaf-EEG-Zeitreihen,
den Arousals, erarbeitet. Es wurde festgestellt, daß Arousals h¨aufiger im Schlaf-EEG von
Patienten mit Schlafst¨orungen auftreten als beim gesunden Menschen. Das Auftreten der
1

Kapitel 1. Einleitung
2
Arousals gilt als Folge einer automatischen Weck-Reaktion, die das Gehirn aufgrund einer
Beeintr¨achtigung der Atmung vornimmt. Die Anzahl der Arousals im EEG ist also f¨ur die
Diagnose einer Schlafst¨orung von Interesse. Die Auswertung der EEG-Zeitreihe wird durch
einen menschlichen Experten durchgef¨uhrt, der das gesamte EEG visuell inspiziert. Wie
man sich vorstellen kann, stellt die Auswertung einer viele Stunden umfassenden Zeitreihe
ein langwieriges und kostspieliges Unterfangen dar. Es w¨aren daher automatisierte Ver-
fahren zur Auswertung w¨unschenswert. Die Entwicklung solcher Verfahren befindet sich
jedoch noch in ihren Anf¨angen. Da die Bedeutung der Arousals erst seit wenigen Jahren
bekannt ist, existieren noch keine zuverl¨assigen Verfahren, die die automatische Detektion
durchf¨uhren k¨onnten. Es soll daher ein Ansatz f¨ur ein solches Verfahren erarbeitet werden.
Im zweiten Teil werden drei Verfahren zur quantitativen Bestimmung der Komplexit¨at
einer Zeitreihe verglichen. Diese Verfahren basieren dabei auf dem Entropie-Kalk¨ul und
werden auf eine EEG-Zeitreihe mit bekannter Dynamik angewendet. Da es sich bei den
drei Verfahren um lineare Methoden handelt, stellen sie eine Alternative zu den nichtli-
nearen Methoden der quantitativen Beschreibung, wie etwa der Bestimmung der Korrela-
tionsdimension, dar. Die EEG-Zeitreihe stammt von einem Epilepsiepatienten und wurde
im Rahmen einer Untersuchung der Bonner Klinik f¨ur Epileptologie untersucht.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt:
Im zweiten Kapitel werden kurz deterministische und stochastische dynamische Syste-
me besprochen. In Kapitel 3 wird die Theorie der Fourier- und der Wavelet-Transformation
erkl¨art und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Verfahren aufgezeigt. Die
Theorie der Diskreten Wavelet-Transformation (DWT) wird erl¨autert und der numerische
Algorithmus zur Berechnung dargestellt.
In Kapitel 4 werden einige Eigenschaften sowie die Verfahrensweise der DWT anhand
modellierter Zeitreihen demonstriert. Eine kurze Einf¨uhrung in das Gebiet der Bestim-
mung der Korrelationsdimension wird gegeben.
In Kapitel 5 werden die Aufnahme und Verwendung von Schlaf-EEG-Zeitreihen be-
sprochen. Die Definition des Arousals wird gegeben und einige Eigenschaften dargestellt.
Anschließend wird ein Algorithmus zur Detektion der Arousals besprochen und an EEG-
Zeitreihen aus dem Schlafmedizinischen Labor der CAU Kiel getestet.
In Kapitel 6 werden die Analysemethode der Entropie des Leistungsspektrums sowie
zwei Algorithmen der Entropie der Wavelet-Transformation beschrieben, und zun¨achst
auf modellierte Zeitreihen angewendet. Anschließend erfolgt der Vergleich anhand der
Analyse der EEG-Zeitserie des Epilepsiepatienten.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse beschließt die Arbeit.

Kapitel 2
Dynamische Systeme
Ist es m¨oglich, ein System durch einen Satz von Variablen x
1
, x
2
, x
3
, . . . , x
n
, etwa von
meßbaren Gr¨oßen, zu beschreiben, und ist der Systemzustand eindeutig aus diesem Vek-
tor x := (x
1
, x
2
, . . . , x
n
) abzulesen, so bildet die Menge aller m¨oglichen Werte f¨ur x den
sogenannten Zustandsraum M . Man sagt, daß M die Dimension n besitzt. Ist der Sy-
stemzustand zeitabh¨angig, so spricht man von einem dynamischen System. Gehen alle
zuk¨unftigen Systemzust¨ande eindeutig aus einem momentanen Systemzustand x(t
0
) her-
vor, so spricht man von einem deterministischen dynamischen System.
Beispiel f¨ur ein deterministisches dynamisches System ist etwa ein ideales Pendel im
Schwerefeld der Erde. Sind Masse und Pendell¨ange konstant, und sind Auslenkung und
Geschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannt, so l¨aßt sich die Pendelbewegung
f¨ur alle Zeiten voraussagen.
Deterministische dynamische Systeme lassen sich durch Differentialgleichungen erster
Ordnung in der Zeit beschreiben:
x(t) = F (x(t), t)
(2.1)
F stellt dabei ein Geschwindigkeitsfeld im Zustandsraum dar.
Besteht zwischen einem momentanen Zustand und k¨unftigen Zust¨anden nur ein ein-
geschr¨ankter Zusammenhang oder sind alle Systemzust¨ande zuf¨alliger Natur, so spricht
man von einem stochastischen System. Bei einem rein zuf¨alligen Systemzustand besteht
kein Zusammenhang zwischen den Zustandswerten zu verschiedenen Zeiten. Man spricht
hier auch von reinem oder weißen Rauschen.
Die L¨osungen der Differentialgleichung 2.1 bilden Trajektorien im Zustandsraum. Der
Verlauf der Trajektorie ist dabei im Allgemeinen vom Startwert x(t
0
) abh¨angig. F¨ur ge-
wisse Randbedingungen, wie zum Beispiel die Erhaltung der Energie, verlaufen diese
Trajektorien auf bestimmten Mannigfaltigkeiten, die in M eingebettet sind. Die topo-
logische Dimension d der Mannigfaltigkeiten ist zumeist kleiner als die Dimension des
Zustandsraumes M .
In dissipativen Systemen konvergieren die Trajektorien im Verlauf der Zeit gegen eine
Teilmenge des Zustandsraum. Wegen des anziehenden Verhaltens wird diese Teilmenge
3

Kapitel 2. Dynamische Systeme
4
¢¡¤£¦¥¨§©§ "!"¢¢#$%
'&(£0)21435#$67¢¢#$%
'82£@9A'§ 34BBCD#E©F14
'G¨£0HI%P'14
Abbildung 2.1: Attraktoren in dissipativen Systemen [3].
Attraktor genannt [3]. (Abbildung 2.1) Es hat sich herausgestellt, daß es vier elementare
Typen von Attraktoren gibt. In Systemen mit Punktattraktor konvergiert der Systemzu-
stand gegen einen zeitlich konstanten Ruhezustand (Abbildung 2.1 (a)). Ein periodisches
Verhalten des Systemzustandes wird durch eine geschlossene Trajektorie, den Grenzzy-
klus, beschrieben (Abbildung 2.1 (b)). Kann der Verlauf der Trajektorie durch eine Super-
position inkommensurabler Frequenzen beschrieben werden, so ist die Trajektorie nicht
mehr geschlossen. Je nach Anzahl N der inkommensurablen Frequenzen hat der Attraktor
die Form eines N -Torus. In Abbildung 2.1 (c) ist als Beispiel ein 2-Torus dargestellt. Das
Verhalten des Systems wird als quasiperiodisch bezeichnet. Der vierte Attraktor-Typ ist
der Seltsame Attraktor. Er zeichnet sich dadurch aus, daß die Trajektorien eng benach-
barter Systemzust¨ande im Verlauf der Zeit auseinanderdriften. Zwei Systemzust¨ande, die
zu einem Zeitpunkt sehr ¨ahnlich sind, werden im Verlauf der Zeit zu sehr unterschiedli-
chen Endzust¨anden f¨uhren. Die Systemzust¨ande k¨onnen nicht durch ein periodisches oder
quasiperiodisches Verhalten beschrieben werden. Als Beispiel wird in Abbildung 2.1 (d)
der Attraktor des R¨ossler-Systems dargestellt [44].
In der Praxis ist die Art und die Anzahl der Freiheitsgrade des Systems zumeist
nicht bekannt, der Systemzustand also nicht direkt bestimmbar. Es ist jedoch meistens
m¨oglich, irgend eine Messung am System vorzunehmen. Ein Messung stellt mathematisch
betrachtet eine Abbildung des Zustandsraumes dar. Werden viele Messungen im zeitlichen
Verlauf durchgef¨uhrt, so spricht man von einer Zeitreihe:
y
i
= h(x(i T )) mit i
N, T > 0
(2.2)
Die Abbildung h ist eine Meßfunktion, in der die Systemvariablen x in zumeist unbe-
kannter Weise eingehen. Ohne die genaue Kenntnis, wie die Variablen in diese Funktion
eingehen, ist es jedoch kaum m¨oglich, die zugrundeliegende Dynamik direkt zu rekonstru-
ieren.
Es ist jedoch m¨oglich, anhand der Zeitreihe einen Vektorraum zu konstruieren, wel-
cher der zugrundeliegenden Dynamik topologisch ¨aquivalent ist. Eine Methode der Re-
konstruktion ist die der zeitverz¨ogerten Einbettung (engl. time-delay embedding ). Zu einer
gew¨ahlten Zeitverz¨ogerung und einem n
N wird ein Vektorraum aus zeitverz¨ogerten

Kapitel 2. Dynamische Systeme
5
Meßwerten konstruiert. Die Anzahl der zeitverz¨ogerten Meßwerte m wird Einbettungsdi-
mension genannt:
s =
s
n
s
n-1
s
n-2
...
s
n-(m-1)
(2.3)
Nach einem Satz von Takens werden dazu im Allgemeinen 2d + 1 zeitverz¨ogerte Meß-
werte ben¨otigt [51]. Dies ist f¨ur fast alle Werte der Zeitverz¨ogerung m¨oglich. In der
Praxis stellt die Wahl f¨ur jedoch ein nicht unerhebliches Problem dar [37, 40]. Da die
Dimension d zumeist nicht bekannt ist, wird die Einbettung mit einer zunehmenden Zahl
m = 2, 3, . . . von zeitverz¨ogerten Koordinaten durchgef¨uhrt, bis die Topologie des Raumes
konvergiert.
Die Dimension des zur Zeitreihe geh¨orenden Attraktors stellt ein quantitatives Maß
der Komplexit¨at der Zeitreihe dar, da sie die Anzahl der aktiven Freiheitsgrade der Dy-
namik enth¨alt [20]. Es gibt jedoch verschiedene Definitionen des Dimensionsbegriffes. Zur
Untersuchung der Komplexit¨at einer Zeitreihe wird meist die sogenannte Korrelations-
dimension angewendet, da hier ein effektiver Algorithmus zur Berechnung bekannt ist.
Die Bestimmung und Untersuchung der Korrelationsdimension ist mittlerweile eine Stan-
dardmethode der Zeitreihenanalyse geworden [18, 54]. Auf den Dimensionsbegriff wird in
Kapitel 4 kurz eingegangen.
Meßwerte sind zumeist durch systemfremde St¨orungen, etwa durch Rauschen, beein-
flußt, es ist daher notwendig die Zeitreihen zun¨achst zu bearbeiten. Bekannte und unbe-
kannte St¨orungen m¨ussen untersucht, erkannt und wenn m¨oglich bereinigt werden.
Methoden zur Untersuchung von Zeitreihen sind etwa das Erkennen eines Trends in der
Zeitreihe, die Fourieranalyse, die Bildung der Autokorrelationsfunktion sowie zus¨atzlich
statistische Methoden wie etwa die Varianzanalyse.
Bei der sp¨ateren Modellierung liegt die Annahme zu Grunde, daß das System sich
station¨ar verh¨alt, das heißt, daß sich die Systemparameter w¨ahrend der gesamten Messung
nicht ¨andern. Einfache Maße f¨ur Stationarit¨at sind zum Beispiel der Mittelwert oder die
Varianz. Ver¨andern sich diese Werte im Verlauf der Zeit, so spricht man von einer nicht-
station¨aren Zeitreihe. Die Untersuchung der Stationarit¨at ist wesentlicher Bestandteil der
Zeitreihenanalyse [47].
Die Untersuchung von Zeitreihen aus der Natur, wie zum Beispiel die des EEGs, er-
fordert h¨aufig die Entwicklung neuer Analysemethoden. Es ist sinnvoll, diese Methoden
zun¨achst an simulierten Zeitreihen zu testen, um anhand der Resultate einen R¨uckschluß
auf die Eigenschaften der Analysemethoden zu erhalten. Die Ergebnisse der Analysen
bekannter Zeitreihen k¨onnen mit den Resultaten der Analyse unbekannter Zeitreihen ver-
glichen werden. Die numerische L¨osung bekannter Differentialgleichungen, wie zum Bei-
spiel das Lorenz-System, das R¨ossler-System oder das Mackey-Glass-System, liefern diese
Zeitreihen [30, 44, 36].

Hinweise und besondere
Bezeichnungen
Im folgenden ist eine Liste h¨aufig verwendeter Symbole und Abk¨urzungen dargestellt.
Mengen
C Menge der komplexen Zahlen
R Menge der reellen Zahlen
R
R \ {0}
Z Menge der ganzen Zahlen
N Menge der positiven ganzen Zahlen incl. Null
Vereinbarungen
Eine Zeitfunktion f
ist eine Funktion f :
R R
f
2
:=
|f(t)|
2
dt Bezeichnet die Euklidische Norm
L
2
:=
{f | f
2
<
} und l
2
:= c
k
C|k Z ,
k=-
|c
k
|
2
<
-
f (t) dt wird abgek¨urzt als
f (t) dt ebenso wird
k=-
teilweise abgek¨urzt als
k
h
k
, g
k
, d
k
, a
k
, k
Z bezeichnen unendliche Folgen in l
2
. Dabei k¨onnen alle
bis auf endlich viele Folgenglieder Null sein.
Ein Strich ¨uber der Funktion f (t) bezeichnet die Komplex-Konjugierte der Funktion.
Ein Dach
^
f () bezeichnet die Fourier-Transformierte der Funktion.
6

Kapitel 3
Fourier- und
Wavelet-Transformation
3.1
Fourier-Transformation
Die Suche nach periodischen Abl¨aufen ist eine grundlegende Methode bei der Untersu-
chung von Zeitreihen. In der Physik wird ein periodisches Verhalten stets mit dem Vorhan-
densein eines Oszillators assoziiert, und ist dementsprechend leicht zu modellieren. Maß-
zahlen eines periodischen Signals sind Amplitude, Phase und Frequenz. Zur Untersuchung
von Periodizit¨aten wird das bekannte mathematische Kalk¨ul der Fourier-Transformation
benutzt.
Die Fourier-Transformierte eines Zeitsignals f
^
f () =
1
2 f(t)e
-it
dt
(3.1)
ist eine Abbildung in die komplexe Zahlenebene. Aus ^
f kann die urspr¨ungliche Funk-
tion durch die Umkehrung
f (t) =
1
2
^
f () e
it
d
(3.2)
ohne Informationsverlust rekonstruiert werden. f (t) und ^
f () sind also ¨aquivalente
Darstellungen. Zumeist wird lediglich das Frequenzverhalten betrachtet, die Phase wird
vernachl¨assigt. Dazu wird das sogenannte Leistungsspektrum
|
^
f ()
|
2
gebildet.
Der Ausdruck
|f(t)|
2
dt wird manchmal als Energie bezeichnet. Das Parsevalsche
Theorem besagt, daß die Energie der Zeitfunktion in der Frequenzdarstellung erhalten
bleibt:
|f(t)|
2
dt =
|
^
f ()
|
2
d
(3.3)
7

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
8
Die Zeitfunktion f heißt bandbegrenzt, wenn in ihr nur Frequenzen endlicher Gr¨oße
auftreten, daß heißt ^
f () ist nur auf einem Intervall (
-
0
, +
0
),
0
> 0 ungleich Null.
0
wird Nyquist-Frequenz genannt [38].
F¨ur bandbegrenzte Signale gilt das Abtasttheorem von Shannon, wonach ein solches
Signal aus diskret abgetasteten Werten y
k
= f (k ), > 0, k = 1, . . . , N rekonstruiert
werden kann, wenn die Frequenz der Abtastrate mindestens doppelt so hoch wie die
h¨ochste im Signal vorkommende Frequenz ist, daß heißt 1/
2
0
.
Wird bei einer Zeitreihe y
k
= f (k ), > 0, k = 1 . . . N jeder zweite Wert gestrichen,
so entspricht dies einer Zeitserie mit einer um den Faktor zwei niedrigeren Abtastrate
1/(2 ). Die Nyquist-Frequenz halbiert sich in diesem Fall, das heißt, die H¨alfte der Fre-
quenzinformation geht verloren. Dieser Vorgang wird Sub-Sampling genannt [28].
Diskrete Zeitsignale y
k
werden mit der diskreten Version der Fourier-Transformation
analysiert. Die analysierenden Frequenzen werden dabei als ganzzahlige Vielfache n einer
Grundfrequenz
0
= 2/T ausgedr¨uckt, wobei T = N die Dauer der Zeitreihe ist. Die
diskrete Fourier-Transformation lautet:
c
n
=
N
k=1
y
k
e
-2i(k-1)(n-1)/N
mit der Umkehrung y
k
=
1
N
N
n=1
c
n
e
2i(k-1)(n-1)/N
(3.4)
Falls N gerade ist, ist die Nyquist-Frequenz
0
= N
0
/2.
Zur numerische Berechnung der diskreten Fourier-Transformation steht ein schneller
Algorithmus, die FFT (Fast-Fourier-Transform) zur Verf¨ugung.
3.2
Gefensterte Fourier-Transformation
Der Nachteil der Fourier-Transformation ist, daß lokale ¨
Anderungen des Signals, wie
etwa ein pl¨otzliches Ansteigen der Frequenz oder eine einzelne Spitze aus der Fourier-
Transformierten nicht ersichtlich sind. Um dieses Problem zu beheben wurde die gefenster-
te Fourier-Transformation eingef¨uhrt. Dazu wird die Zeitreihe in Intervalle aufgegliedert
und pro Intervall die FFT gebildet. Diese Intervalle werden Fenster genannt. Realisiert
wird diese Intervallbildung mit Hilfe sogenannter Fensterfunktionen. Fensterfunktionen
sind zu den aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung bekannten Verteilungen ¨aquivalent [26].
Beispiel f¨ur eine Fensterfunktion ist daher etwa die Gauß-Funktion:
g(t) =
1
2
e
-
1
2
(
t
)
2
(3.5)
wird Varianz genannt, sie stellt hier ein Maß f¨ur die Fensterbreite dar. Die gefensterte
Fourier-Transformation f¨ur eine Zeitfunktion f lautet dann:
G(, t
0
) =
1
2 f(t)g(t - t
0
) e
-it
dt
(3.6)
=
1
2
f (t) e
-
1
2
(
t-t0
)
2
e
-it
dt
(3.7)

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
9
Gleichung 3.6 heißt auch Gabor-Transformation. [22]
g(t
-t
0
) ist eine auf der Zeitachse um t
0
verschobene Version von g(t). Man spricht hier
von Translation. Analysiert wird auf diese Weise ein Zeitbereich um t
0
mit der Fenster-
breite . F¨ur andere Fensterfunktionen mit anderen Verteilungen im Zeitbereich sprechen
wir von
t
.
Je nach Fensterbreite k¨onnen so Aussagen ¨uber das Frequenz-Zeitverhalten der Zeitse-
rie gemacht werden. Jedoch bewirkt die starre Fensterbreite auch hier, daß nur einge-
schr¨ankt Aussagen ¨uber das lokale Verhalten der Zeitreihe gemacht werden k¨onnen. Lokale
¨
Anderungen der Frequenz sind wiederum nur mit der Genauigkeit der Fenstergr¨oße de-
tektierbar. Verringert man die Fenstergr¨oße, k¨onnen langfristige Perioden nicht detektiert
werden.
Das Problem der Fenstergr¨oße ist grundlegender Natur, und spiegelt sich in der Hei-
senbergschen Unsch¨arferelation wieder.
t
ist gleichzeitig der Fehler, mit dem Aussagen
im Zeitbereich gemacht werden k¨onnen. Zu ihm geh¨ort im Frequenzbereich ein Fehler
.
F¨ur eine normierte Zeitfunktion
|f(t)|
2
dt = 1 folgt aus allgemeinen ¨
Uberlegungen:
2
t
2
1
4
(3.8)
Im Falle der Gabor-Transformation wird die Frequenzfunktion wiederum von einer
glockenf¨ormigen Gaußfunktion eingeh¨ullt deren Varianz
ist (Abbildung 3.2). Nur in
diesem Fall gilt die Gleichheit
2
t
2
=
1
4
[50].
Um einerseits tiefe Frequenzen detektieren zu k¨onnen, andererseits eine m¨oglichst hohe
Zeitaufl¨osung zu erhalten, w¨are es notwendig, mit mehreren verschiedenen Zeitfenstern
zu arbeiten. Dies ist jedoch eine rechenintensive und aufwendige Methode.
Des weiteren geht ein Vorteil der Fouriertransformation bei der gefensterten Fourier-
Transformation verloren: W¨ahrend die Fourier-Transformation die Rekonstruktion des
Signals erm¨oglicht, ist dies bei der gefensterten Fourier-Transformation im allgemeinen
nicht m¨oglich. Die Filterung der Fourier-Transformierten mit anschließender R¨ucktrans-
formation in den Zeitbereich ist jedoch h¨aufig n¨utzlich und notwendig.
Um einerseits das Zeit-Frequenzverhalten so genau wie m¨oglich zu studieren, ande-
rerseits die Vorteile der Rekonstruktion zu verbinden, wurde die Wavelet-Transformation
entwickelt.
3.3
Wavelets
W¨ahrend bei der Fourier-Transformation mit harmonischen Frequenzen analysiert wird,
erfolgt die Analyse bei der Wavelet-Transformation durch Wavelets [46]. Wavelets sind
gedehnte und gestauchte Versionen einer einzelnen Funktion . wird Mutter-Wavelet
oder einfach Wavelet genannt. Der Name Wavelet stammt vom franz¨osischen `ondelette`
ab, und bedeutet `kleine Welle` [23].
Die Wavelet-Transformation f¨ur eine Zeitfunktion f ist definiert zu:

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
10
Zeit-Bereich
a)
t
Frequenz-Bereich
FT
--->
-->
Phasenraum
t
b)
t
FT
--->
-->
t
t
c)
FT
--->
-->
t
Q
Q
Q
R
R
R
Abbildung 3.1: Gabor-Transformation mit zunehmenden Fensterbreiten im Zeit-Bereich
f¨uhren zu abnehmenden Fensterbreiten im Frequenzbereich. Im Phasenraum, der durch
Zeit und Frequenz aufgespannt wird, kann ein Zustand nur mit der Genauigkeit, die sich
aus der Unsch¨arferelation ergibt, beschrieben werden. Der Fehler entspricht im Phasen-
raum einer rechteckigen Phasenzelle. Bei konstanter Fenstergr¨oße der Analysefunktion ist
die Phasenzelle immer gleich.
W f (a, b) :=
1
|a|
1
2
f (t)
t
- b
a
dt mit (a = 0)
(3.9)
Die Wavelet-Analyse stellt einen Basiswechsel dar. Die Zeitfunktion f wird auf die
neue Basis projiziert.
Formal hat die Transformation ¨
Ahnlichkeit mit der Gabor-Transformation. Der Para-
meter b wird Translationsparameter genannt. Der Parameter a bewirkt die Dehnung oder
Stauchung des Wavelets und heißt Dilatationsparameter.
Wavelets sind meist lokal konzentriert, das heißt, außerhalb eines Intervalls ist ihr
Funktionswert nahe Null. Die Gr¨oße des Intervalls entspricht somit der Fenstergr¨oße der
Gabor-Transformation. Die Intervallgr¨oße kann mit dem Dilatationsparameter kontinu-
ierlich variiert werden. Der Vorteil der Wavelet-Transformation ist also, daß mit allen
Fenstergr¨oßen gearbeitet wird. F¨ur 0 < a < 1 wird das Wavelet gestaucht. So k¨onnen
hohe Frequenzen detektiert werden (Abbildung 3.3). Im Fall a > 0 erfolgt eine Dehnung
des Wavelets und somit Detektion niedriger Frequenzen. a < 0 bewirkt die Spiegelung des
Wavelets an der Ordinate. Dieser Fall wird meist vernachl¨assigt. Ist der Funktionswert
des Wavelets außerhalb eines kompakten Intervalls identisch gleich Null, so spricht man
von einem Wavelet mit kompakten Tr¨ager.
Eine solche Transformation ist zun¨achst mit jeder Funktion m¨oglich. F¨ur feste Werte
von a ist die Gleichung 3.9 eine Faltungsgleichung. Um die Rekonstruktion der Urspr¨ung-

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
11
Zeit-Skalen-Bereich
t
Dilatation
--->
Phasenraum
t
S
Abbildung 3.2: Bei der Wavelet-Transformation ist die Gr¨oße der Phasenraumzelle
nicht konstant, sondern vom gew¨ahlten Dilatationsparameter abh¨angig.
lichen Funktion f aus der Menge W f (a, b) zu erm¨oglichen, muß gewissen Bedingungen
gehorchen:
= 1 und
(t) dt = 0
(3.10)
F¨ur die Rekonstruktion gilt dann:
f (t) =
1
C
R
R
W f (a, b)
t
- b
a
da db
|a|
2
(3.11)
Dabei ist C =
R
| ^
(t)|
2
|a|
da eine vom verwendeten Wavelet abh¨angige Konstante.
Abbildung 3.3 zeigt einige h¨aufig verwendete Wavelets.
· Das Haar-Wavelet. Die Funktion
(t) =
1 (0
t <
1
2
)
-1 (
1
2
t < 1)
0 sonst
gilt als das einfachste Wavelet, es ist aber im Gegensatz zu den meisten anderen
Wavelets nicht stetig.
· Der sogenannte Mexikanerhut: Die Funktion
(t) =
2
3
1
4
(1
- t
2
) e
-t
2
2
.

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
12
0
0.5
1
-1
-0.5
0
0.5
1
a)
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
5
-0.5
0
0.5
1
b)
-0
-0.5
-1
-1.5
-2
2.5
3
-1
0
1
2
c)
Abbildung 3.3: Einige h¨aufig benutzte Wavelets: a) Das Haar-Wavelet. b) Der soge-
nannte Mexikanerhut. c) Das zweite Wavelet der Daubechies-Familie.
(t) ist proportional zur zweiten Ableitung der Gauß-Funktion e
t
2
2
. Eine Anwendung
dieses Wavelets findet sich in [16].
· Das zweite Wavelet der Daubechies-Familie. Die Daubechies-Wavelets sind L¨osun-
gen eines Iterations-Prozesses, und nicht analytisch darstellbar. Das Zustandekom-
men und die Verwendung dieses Wavelets wird sp¨ater deutlich.
Ebenso wie bei der Fourier-Transformation bleibt die Energie der Zeitfunktion f unter
der Wavelet-Transformation erhalten, daß heißt f¨ur die Wavelet-Transformierte W f (a, b)
einer Zeitfunktion gilt:
R
R
|Wf(a,b)|
2
da db
|a|
2
= C
R
|f(t)|
2
dt
(3.12)
Die Energieerhaltung wird bei der sp¨ateren Einf¨uhrung des Entropie-Kalk¨uls in Ka-
pitel 6 verwendet werden.
3.4
Diskrete Wavelet-Transformation (DWT)
Die kontinuierliche Wavelet-Transformation ist f¨ur die Zeitreihenanalyse nur einge-
schr¨ankt verwendbar, da einerseits die numerische Berechnung von Integralen zeitauf-
wendig ist, andererseits nur eine diskrete Teilmenge der Wavelet-Transformation berech-
net werden kann. Es ist jedoch mit speziellen Wavelets m¨oglich eine diskrete Wavelet-
Transformation durchzuf¨uhren.

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
13
1
1/2
1/4
a
b
ß
1/2ß
1/4ß
Abbildung 3.4: Bei der Diskreten Wavelet-Transformation wird das Wavelet jeweils um
einen diskreten Faktor dilatiert. Die Verschiebung auf der Zeitachse erfolgt mit ganzen
Schritten.
Dazu wird die Wavelet-Transformation mit einem Wavelet durchgef¨uhrt, welches
einen kompakten Tr¨ager besitzt. Bei einem festen Dilatationsparameter a
0
wird eine
Zeitfunktion f analysiert, indem das Wavelet auf der Zeitachse jeweils um seine volle
Tr¨agerl¨ange verschoben wird. Der Dilatationsparameter a
n
, n
Z wird exponentiell va-
riiert. Meist w¨ahlt man a
n
= 2
n
. Der Translationsparameter ist dann von a
n
abh¨angig:
b
m,n
= a
n
m, m
Z. Die Transformation ergibt sich mit a
n
= 2
n
zu:
W f (a
n
, b
m,n
) = 1/a
1/2
n
f (t)
t
- b
n
m
a
n
dt
= 2
-n/2
f (t)
t
- 2
n
m
2
n
dt
= 2
-n/2
f (t) (2
-n
t
- m)dt m,n Z
(3.13)
3.5
Multiskalenanalyse
Die Wavelet-Analyse stellt einen Basiswechsel dar. Die Zeitfunktion f wird auf die neue
Basis projiziert. Die Vektoren der Basis sind dabei die (2
-n
t
-m). Um eine eindeutige
umkehrbare Abbildung zu gew¨ahrleisten, m¨ussen die Basisvektoren orthogonal sein, das
heißt f¨ur alle m, n, p, q
Z gilt:
(2
-n
t
- m)(2
-p
t
- q)dt =
1
falls
n = p und m = q
0 sonst
(3.14)

Kapitel 3. Fourier- und Wavelet-Transformation
14
Bei konstanter Dilatation n = p wird die Orthogonalit¨at durch den kompakten Tr¨ager
von erreicht.
Um die Orthogonalit¨at zwischen verschiedenen Dilatationsstufen zu erreichen muß
aus einer Skalierungsfunktion konstruiert werden. heißt Skalierungsfunktion, wenn sie
eine Gleichung der Form
(t) = 2
k=-
h
k
(2t
- k)
(3.15)
erf¨ullt.
Gleichung 3.15 heißt Skalierungsgleichung. Besitzt einen kompakten Tr¨ager, so sind
nur endlich viele h
k
von Null verschieden. Das Intervall, auf dem ungleich Null sein
kann, hat die L¨ange einer ganzen Zahl. Die Funktion und ihre Ganzzahlig-Translatierten
spannen wiederum einen Vektorraum V
0
auf.
V
0
=
f
L
2
|f(t) =
k=-
c
0
k
(t
- k), c
0
k
l
2
(3.16)
Der hochgestellte Wert
±0,1,2,...
einer Koeffizientenmenge bezeichnet im folgenden den
dazugeh¨origen Vektorraum.
V
-1
ist der Vektorraum, der aus dem um den Faktor zwei gestauchten hervorgeht:
V
-1
= g
L
2
| g(t) =
c
-1
k
(2t
- k), c
-1
k
l
2
(3.17)
Die Funktionen f
V
0
und g
V
-1
sind dabei vergleichbar mit Zeitsignalen unter-
schiedlicher Abtastrate. g hat eine um den Faktor zwei h¨ohere Abtastrate als f . Die
Abtastung erfolgt dabei durch Skalarproduktbildung mit .
f (t) =
k
c
k
(t
- k)
(3.18)
mit c
k
=
f (t) (t
- k)dt
Aus der Skalierungsfunktion folgt, daß
V
0
V
-1
(3.19)
W¨ahlt man ein Zeitsignal g
V
-1
und projiziert es auf den Raum V
0
, so geht im allge-
meinen Information verloren. Dies ist dem Sub-Sampling vergleichbar. Die beim ¨
Ubergang
verlorengegangene Information kann in einem Vektorraum W
0
angenommen werden. Die
Vereinigung von V
0
und W
0
bildet dann V
-1
:
V
-1
= V
0
W
0
(3.20)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832470043
ISBN (Paperback)
9783838670041
DOI
10.3239/9783832470043
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel – Physik
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
schlafapnoe arousal epilepsie entropie elektroenzephalogramm
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Titel: Waveletanalyse von EEG-Zeitreihen
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